Götterboten
Titel: Schicksalsbande
Teil: 1/? (Es werden viele. Nur so eine Warnung.)
Autor: Wolfsorceress
Fandom: Naruto
Rating: PG-14(?)
Warning: AU, Fantasy
Pairing: Neji x TenTen und noch ein paar.
Disclaimer: 'Naruto' gehört nicht mir und ich verdiene kein Geld mit dem Quatsch hier.
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Sooo~o. Eine neue FF. >_< Dabei sollte ich erst die Alten beenden bzw. die FF anfangen, die ich eigentlich versprochen hatte... Egal, jetzt hab ich halt zuerst mit dieser angefangen und im Moment bin ich (noch) ziemlich zufrieden mit dem, was ich zustande gebracht habe. (Aber wir haben auch halb eins in der Nacht und ich bin totmüde und von daher nicht ganz zurechnungsfähig... Oò)
Jedenfalls... ist das hier meine neue FF, ein größeres Projekt und Fantasy, was schon immer mein Hauptgenre war.
Und noch was... zu den Pairings. Wie oben und in der Kurzbeschreibung stehen, wird es außer meinem Hauptpairing NejiTen noch weitere geben. Nur am Rande oder etwas intensiver behandelt, dass sehe ich dann. Ich hab 'ne schöne (lange) Liste von Pairings, die ich gerne einbringen würde, nur weiß ich nicht, inwiefern mir das möglich sein wird.
Nur eine Warnung: Bis auf NejiTen und ein weiteres werden diese Pairings Crack!Pairngs (d. h. Pairings, die nicht beliebt/bekannt sind) sein. Wer also unbedingt Person A mit Person B sehen muss, der sollte sich eine andere FF suchen. Außerdem könnten 3 Pairs Shounen-ai sein und eines davon wird sicher auftauchen. Ich will nachher keine Beschwerden hören.
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Götterboten
Rumpelnd ratterte der kleine Eselskarren den Weg entlang und hüpfte über jeden noch so kleinen Stein, der unter seine Räder geriet, und warf die beiden Insassen des Wagens hin und her. TenTen hasste das. Aber sie konnte nicht absteigen und nebenher laufen, dazu war der Wagen viel zu schnell, da der Esel ein flottes Tempo vorlegte.
Außerdem konnte sie unmöglich Lee die Zügel überlassen. Sie erinnerte sich noch an das letzte Desaster, zu dem eine solche Aktion geführt hatte. Nur mit Schaudern dachte sie daran. Sie hatten Stunden gebraucht, um die Ladung wieder einzusammeln und die gebrochene Achse zu reparieren. Das war kein Spaß gewesen. Da erlitt sie doch lieber das Stoßen des Wagens, so unbequem es auch war.
Zum Glück war dies die einzige Unannehmlichkeit, die sie heute erleiden musste. Das Wetter war schön; die Sonne schien hell und warm, der Himmel war strahlend blau. Die Bäume setzten die ersten Blätter an und das Gras sah nicht mehr ganz so braun aus wie im vergehenden Winter.
Sie konnte es sogar in der Luft riechen, dass der Frühling kam und zwar mit aller Macht. Nicht wie der kurze Wärmeeinbruch vor drei Wochen, nach dem es noch einmal geschneit hatte.
Tief sog sie die frische Luft ein, während sie sich eine braune Haarsträhne, die sich aus einem ihrer Haarknoten gelöst hatte, aus dem Gesicht strich, und ließ dem Esel noch etwas Zügel, der daraufhin noch einen Schritt schneller lief. Er hatte es anscheinend eilig, nach Hause zu kommen.
TenTen hatte nichts dagegen, denn sie waren sowieso schon etwas spät, aber noch nicht zu spät. Lee neben ihr hielt sich am Rand des Kutschbocks fest und genoss ganz offensichtlich die Fahrt, wenn man nach seinem Gesichtsausdruck ging. Sein breites Grinsen ließ ein Lächeln auf ihr Gesicht treten, während sie den Blick von seinem Gesicht zurück auf den Esel lenkte.
„Mutter wird zufrieden sein.“, sagte er plötzlich und riss sie aus ihrer Verträumtheit. „Hm?“
„Weil die Sachen sich so gut verkaufen ließen.“ Sein Grinsen wurde noch breiter.
TenTen wusste, dass er und seine Mutter Chi auf das Geld, das sie auf dem Markt verdienten, angewiesen waren. Chi und Lee wohnten in einem kleinen Haus etwas abseits des Dorfes und waren nicht sehr reich. Ihre Haupteinnahmequelle waren die Stoffe, die Chi webte, und die Holzgegenstände und kleinen Figuren, die Lee schnitzte.
Darin bewies er ungeahntes Geschick und TenTen hatte eine Sammlung von Tieren auf ihrem Regal stehen, die er ihr im Laufe der Jahre geschenkt hatte. Die ältesten waren plump und mit unbeholfener Hand gefertigt, aber man konnte Lees Fortschritt mit jeder Figur beobachten. Inzwischen gab es schon regelrechte Prügeleien um die Ergebnisse seiner Arbeit – zumindest unter den Kindern des Dorfes, die ihn immer wieder aufsuchten, auch wenn ihre Eltern dies nicht gerne sahen.
Immerhin war er der Sohn von Chi. Der Bastard, der Hurensohn, der ‚Bengel von der da’. Es gab im Dorf nur wenige Leute, die auf menschlichem Niveau mit Chi und ihrem Sohn sprachen. Kein Wunder, immerhin war die Frau keine Einheimische und den Vater ihres Sohnes kannte sie auch nicht. Diese Tatsache half nicht gerade dabei, ihr Ansehen im Dorf zu heben, im Gegenteil, ‚Flittchen’ war noch das harmloseste, was man über sie zu hören bekam.
TenTens Vater Wong hörte solche Worte über Chi nicht gern. Er mochte und bewunderte die Frau, die nicht verheiratet war und besser auf eigenen Füßen stand als mancher Mann, den er auf seinen Reisen durch Konoha und den Rest des Kontinents getroffen hatte.
Doch die Leute hörten nicht auf mit dem Geschwätz über Chi. Ihr Vater sagte, sie hätten einfach Angst. Angst vor dieser starken, selbstbewussten Frau, die so ganz anders war als die Frauen des Dorfes.
Dabei gehörte sie wie alle hier zu dem Volk der Toukin, wenn auch aus einer Gegend viel weiter im Süden. Auch TenTens Familie lebte nicht bereits seit Generationen hier, sondern war sieben Jahre nach ihrer Geburt hierher gezogen, weil man ihrem Vater gesagt hatte, hier fehle es an guten Schmieden.
Das Mädchen konnte sich noch an die misstrauischen Blicke der Einheimischen erinnern, mit denen sie zu Anfang bedacht worden waren. Doch die waren schnell verschwunden, als man gemerkt hatte, dass Wong bald eine unentbehrliche Stellung im Dorf eingenommen hatte.
Chi dagegen war nicht nötig. Es war leicht, sie und ihren Sohn zu schneiden und aus der Dorfgemeinschaft auszuschließen. Selbst Wongs Beistand konnte ihnen dies nicht nehmen.
Es hielt TenTen jedoch nicht davon ab, regelmäßig Lee zu besuchen und mit ihm zusammen auf den Markt zu gehen um zu verkaufen. Doch es brachte alle anderen Jugendlichen dazu, Lee zu schneiden.
Was TenTen an der ganzen Sache am wenigsten verstand, war, dass Lee niemals aufzugeben schien. Er hoffte und lachte und half und freute sich und wartete darauf, dass man ihn und seine Mutter vielleicht doch in die Gemeinschaft aufnahm. Doch niemand kümmerte sich um diese Hoffnung; nur TenTen war da und wusste nie, was sie dazu sagen sollte, wenn diese Hoffnung einmal mehr zerschlagen wurde. Sie wusste ja, dass Lee nie eine Chance gehabt hätte.
Sie seufzte und zügelte den Esel, der nur wiederwillig langsamer wurde und schließlich in zockelnden Trab fiel. Kurz darauf kamen hinter einer Biegung und einem Hain die ersten Häuser in Sicht, ordentliche, kleine Hütten aus Holz und Stein, kleine Gärten davor oder dahinter. Sie drängten sich um den Dorfplatz, auf dem sich ein großer, steinerner Brunnen befand, um den stets rege Geschäftigkeit herrschte.
Hinter dem Dorf erstreckten sich die noch braunen und unbeackerten Felder und die langsam grün werdenden Weiden, auf denen Ziegen und Kühe grasten, hin und wieder auch ein Esel. Etwas abseits des Dorfes erhob sich die kleine Hütte, die Lee und Chi bewohnten, während TenTens Vater seine Schmiede in der Mitte des Dorfes betrieb.
Eine friedliche Atmosphäre herrschte über der Gegend, die Leute gingen ihren täglichen Arbeiten nach, TenTen konnte sie zwischen den Häusern und auf den Feldern herumhuschen sehen. Irgendwo sang der Vogel, den sie hier öfter hörte.
Es war alles wie immer, wie jedes Mal wenn sie nach einem Tag vom Markt nach Hause kam. Und trotzdem – etwas war falsch.
Ohne weitere Worte lenkte TenTen den Esel vom Weg ab um erst vor Lees Haus zu fahren. Chi war nicht da. Lee blickte TenTen über die Schulter hinweg an und die zuckte die Schultern, ehe er die Tür zur der kleinen Hütte ganz aufstieß.
„Vielleicht ist sie bei uns drüben. Lass uns schnell euer Zeug abladen und nachschauen.“ Das Mädchen sprang vom Kutschbock und ging um den Wagen herum, um die Schnüre zu lösen, die die Ladung an ihrem Platz hielten. Lee kam ihr rasch zur Hilfe und schnell hatten sie ihre Arbeit erledigt.
TenTen brauchte einige Zeit, um den Esel von dem Busch wegzukriegen, an dem er sich gerade gütlich tat sowie den Wagen herumzulenken, während Lee in der Hütte herumwerkelte, ehe er wieder zu ihr auf den Kutschbock sprang. Der Esel zockelte etwas schneller dahin, als sie ihn antrieb, und der Karren rumpelte über die unbefestigte Straße.
Das erste, was ihr auffiel und das zeigte, dass wirklich etwas nicht stimmte, war, dass die Leute begannen zu tuscheln und auf sie zu zeigen, sobald sie sie bemerkten. TenTen kam sich unbehaglich vor, unter diesen Blicken, die sie nicht deuten konnte, und unter den nahezu anklagenden Fingern, die sich auf sie und Lee richteten.
Der blickte sich unruhig um und begann, auf seinem Sitz hin und her zu rutschen. „Wa…was haben sie?“, murmelte er leise und machte Anstalten, die Frage laut zu stellen, damit jeder sie hören und er eine Antwort verlangen konnte.
Doch TenTen hielt ihn am Arm fest und fragte sich gleichzeitig, warum sie ihn aufhielt und nicht selbst eine Antwort auf das seltsame Verhalten der anderen Dorfbewohner, die sie seit ihrer Kindheit kannte und mit denen – zumindest den meisten – sie eine freundschaftliche Beziehung aufgebaut hatte. Aber aus einem Grund, der ihr ebenfalls nicht klar war, hatte sie Angst vor der Antwort.
Schließlich erreichten sie den Marktplatz und kurz darauf kam auch Wongs Schmiede in Sicht, die direkt an der Hauptstraße – wenn man den größten Weg, der quer durch das Dorf führte, überhaupt so nennen konnte – lag.
Das zweite, was TenTen auffiel, war, dass der vertraute Klang des Hammers, der auf Metall traf, nicht zu hören war. Das dritte, dass das Schmiedefeuer nicht einmal brannte und der für sich sprechende Geruch des Rauches nicht in der Luft hing. Das vierte war, dass sich in der Schmiede zu viele Leute befanden, die nicht dort hinein gehörten.
Sie war es gewohnt, dass sie immer wieder Gäste hatten oder einfach nur Personen, die für einen kurzen Plausch in die zur Straße offene Schmiede kamen. Aber – es waren niemals so viele.
Sie schluckte und schaute Lee an, der ihren Blick erwiderte, aber einen ebenso verwirrten Ausdruck auf dem Gesicht trug und ratlos die Schultern zuckte. „Ich frag mich, was die alle bei uns machen.“, murmelte sie und brachte den Esel zum Stehen, während Bewegung in die kleine Menge in der Schmiede kam.
„Da ist sie.“, rief jemand und TenTen erkannte sie als eine der Freundinnen ihrer Mutter, Chouka. „TenTen, es tut mir so Leid.“ Ihre Stimme klang…traurig, beinahe gebrochen. Sie erreichte den Wagen und blickte das Mädchen, das inzwischen vom Kutschbock gesprungen war, direkt an.
Die Braunhaarige starrte zurück. Choukas dunkle Augen waren erfüllt von Trauer und Schmerz und ihr sonst lächelnder Mund zitterte, als müsste sie Tränen zurückhalten. „Wa...was ist den...passiert?“ Sie wagte kaum zu fragen, aus Angst vor der Antwort.
War jemand verletzt? Krank geworden? Das etwas ganz und gar nicht mehr stimmte und die Veränderung nicht zum Positiven gewesen war, war ihr längst klar. Sie fragte sich, wie schlimm es war. In ihrem Bauch bildete sich ein Knoten von Angst, doch der Rest ihres Körpers war seltsam taub.
„Es war schrecklich. Sie kamen, gestern und dann... Wong hat sich geweigert ihren Forderungen... und PeiPei…“ Chouka schien nach den richtigen Worten zu suchen und TenTen riss der Geduldsfaden, als die Frau den Namen ihrer geliebten älteren Schwester nannte.
Ihre Schwester, die Perle, das Schmuckstück der Familie. So schön, so gütig, so wunderbar, so liebenswürdig. TenTen verehrte sie mit aller Kraft, die sie hatte, liebte sie und würde alles tun, um sie zu schützen.
PeiPei war nicht – im Gegensatz zu ihr, TenTen – das Mädchen, das mit den Traditionen brach, in dem sie in der Schmiede herumwerkelte und Waffen schwang, und damit die Eltern enttäuschte, die es zwar dudelten, aber niemals wirklich guthießen. TenTen wusste, dass sie es lieber gesehen hätten, wenn sie sich auch mit Kochen und Nähen, statt Metal und Klingen auseinander gesetzt hätte.
PeiPei dagegen war die perfekte Tochter, die Schönheit, die den Haushalt und ihre weiblichen Pflichten unter Kontrolle hatte, die elegant und anmutig war wie eine Tänzerin und nicht plump herumtrampelte wie eine Kuh. Die beiden Schwestern – so wusste jeder im Dorf – waren so unterschiedlich wie Tag und Nacht, wie Sonne und Mond. Und doch waren sie unzertrennlich und standen sich so nahe wie kaum ein anderes Geschwisterpaar.
„Was ist mit PeiPei?“, fragte sie und ihre Stimme war schärfer, als sie es eigentlich wollte. Chouka blickte sie an und öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch kein Wort kam von ihren Lippen. TenTen starrte sie an und zuckte zusammen, als die Frau ihre Hände nahm. Sie hatte die Bewegung der anderen nicht wahrgenommen.
„Sie…“, begann die Ältere schließlich. „Sie… Es war absolut schrecklich. Und…und… Wong wollte es verhindern. Also… haben sie… Deine Mutter warf sich dazwischen… Shou war…“
Sie verstummte wieder und TenTen fühlte sich, als drücke ihr die Angst mit einer eiskalten Hand die Kehle zu. Noch nie, nie in ihrem Leben hatte sie derartige Angst gehabt. Ihr gesamter Körper begann heftig zu zittern, als hätte sie Schüttelfrost.
Sie zuckte erneut zusammen, als sie eine Bewegung neben sich spürte und blickte erschrocken auf, nur um in das Gesicht von Choukas Mann zu sehen. Er war groß und bärig und dunkel und jagte vielen Leuten immer wieder Schrecken ein. Auch er blickte traurig drein und seine Hand wog schwer auf ihrer Schulter, als er mit bekümmerter Stimme sagte, was seine Frau nicht aussprechen konnte: „Sie…haben deine Eltern getötet und PeiPei mitgenommen.“
Chouka hielt ihre Hände fest und drückte sie mitfühlend. TenTen erstarrte, innerlich wie äußerlich. Dann kam Bewegung in ihre kräftige Gestalt und sie stieß die Frau zur Seite um an ihr vorbei ins Haus zu stürzen.
Dort würde ihre Mutter am Herd stehen und ihr entgegenlächeln und ihr Vater würde am Tisch sitzen und lachen über den dummen Scherz, den man sich mit ihr erlaubt hatte. Ein sehr, sehr dummer Scherz. Aber TenTen würde ihnen nicht böse sein, nicht…
Durch die offene Tür fiel helles Licht in die Küche, das Herz des Hauses. Schuhe waren an der Wand fein säuberlich aufgereiht, darüber hingen die dicken Jacken. Die Sonne malte ein goldenes Viereck auf den Boden und ein der spitzen Ecken berührte das Bein des großen Tisches, den ihre Mutter so liebte.
Darauf lagen sie aufgebahrt, ihre Eltern. Man hatte sie bereits für die Beerdigung hergerichtet, so dass sie friedlich aussahen und fein, als wollen sie gleich aufstehen und auf ein Fest gehen. Doch das war alles nur eine Illusion.
Sie lagen so still – totenstill. Sie würden nie mehr aufstehen.
TenTen stand in der Tür und starrte, starrte und konnte sich nicht rühren, so sehr sie innerlich auch zitterte und weinte und schrie und in die Knie brach vor Trauer und Verzweiflung und Verlust.
Es war nicht der Anblick von Toten. Nicht einmal, dass es sich bei diesen Toten um ihre Eltern handelte. Es war eine einfache Tatsache, die sie getroffen hatte wie ein Blitz.
Sie waren jetzt nicht mehr da.
Nicht mehr für sie, nicht mehr für PeiPei, nicht mehr für einander, nicht mehr für das Dorf. Sie würde nie wieder die Klöße ihrer Mutter essen, nie wieder die tiefe Stimme ihres Vaters hören, nie wieder ihrem Vater zusehen, wie er in der Schmiede arbeitete, nie wieder den zarten Duft im Haar ihrer Mutter riechen, wann immer sie sie umarmte.
Nie wieder die Wärme der Familie spüren. Der Familie, die am letzten Tag zerschlagen worden war wie eine Vase, die man mit einem Hammer zertrümmerte. Nur noch sie war hier. Ihre Eltern waren gegangen. Ihre Schwester entführt. Wann hatte es begonnen? Und wann – fragte sie sich – würde es enden?
Mit entschlossenen Handgriffen packte sie die letzten Bündel in die große Satteltasche, die auf dem Tisch lag, auf dem sie vor drei Tagen noch ihre Eltern gesehen hatte, und schloss die großen Schnallen an den Gurten.
Dann blickte sie sich noch einmal in der Küche um, verdrängte gewaltsam die Erinnerungen, die zurückkamen und eng mit ihren Eltern und PeiPei verbunden waren. Und das waren Gedanken, die sie im Moment nicht ertragen konnte.
Die letzten drei Tage waren an ihr vorbei gezogen wie hinter einem Nebel. Sie hatte sich seltsam taub und entfernt gefühlt. Vielleicht war es ein Schock. Chi glaubte das jedenfalls. Lees Mutter und Chouka hatten sich um sie gekümmert, nachdem sie weinend im Türrahmen ihres Hauses zusammengebrochen war.
Als sie wieder aufgewacht war, war es bereits dunkel gewesen und sie hatte sich im Haus von Chouka und ihrem Mann befunden, die ihr auf ihr energisches Verlangen hin alles erzählt hatten, was geschehen war. Es war eine dumme Verkettung von Zufällen gewesen und noch nicht einmal eine große Sache.
Weil die gepflasterte Straße nach Rinkan versperrt war, waren sie hier entlang gekommen – die große Karawane unter dem Wappen einer adligen Familie. Und weil PeiPei so schön war und zufällig den Weg eines der mitreisenden Hochgeborenen gekreuzt hatte, wollten sie sie mitnehmen. Um sie zur Kurtisane zu machen, zur zeitweiligen Bettgefährtin zu missbrauchen, ehe man sie wieder wegwerfen konnte – entehrt und gedemütigt.
Wong hatte es nicht erlauben wollen und es war zum Kampf gekommen, in den auch Shou geraten war. Das Ergebnis war, dass Shou und Wong beide tot, ihre ältere Tochter entführt und ihre jüngere am Boden zerstört war.
Diese Nacht war die erste Nacht, in der TenTen sich in den Schlaf geweint hatte.
Was in der Zeit ihrer Ankunft im Dorf und dieser Nacht noch geschehen war, an das konnte TenTen sich nicht mehr erinnern, es waren nur verschwommene Fetzen und scharfe Splitter von Gedanken und Ereignissen.
Nur eines wusste sie: dass sich in ihr der Gedanke geformt hatte, PeiPei zurückzuholen und die Adligen, die ihrer Familie dies angetan hatten, zu … bestrafen. Oder was auch immer man dazu sagen konnte.
Sie wusste nicht genau, was sie dachte oder wollte. Vielleicht wollte sie Rache. Oder dafür sorgen, dass niemand anderem so etwas geschah. Oder wirklich eine Strafe, eine göttliche, eine himmlische Strafe. Oder einfach nur zeigen, dass… dass etwas falsch war, an ihrem System, an dem System, nach dem dieser Kontinent funktionierte.
Es konnte doch nicht sein, dass eine kleine Oberschicht die absolute Macht hatte, dass sie tun konnten, was sie wollten, und dass das Volk ihnen gehorchen musste. Auch wenn alles von den Göttern bestimmt war und darum richtig sein musste.
Aber… warum konnten sich Götter nicht auch einmal irren?
Oder war es richtig, dass Wong und Shou gestorben waren? Oder all die, die bereits ein ähnliches Schicksal erlitten hatten oder erleiden würden? TenTen machte sich keine Illusionen. Sie wusste, dass solche Dinge überall auf Xian-sha’o geschahen. Und das niemand etwas dagegen tat.
Sie schüttelte den Kopf und nahm ihre Tasche auf. Sie wollte etwas tun. Sie wollte es nicht einfach so hinnehmen, dass Menschen herumgehen und andere Menschen töten konnten ohne dafür bestraft zu werden. Das war doch nicht gerecht!
Sie schniefte und wischte mit der Hand über ihre Nase, während sie die Tür ihres Elternhauses hinter sich schloss und leise zum Stall hinüberschlich, wo der Esel untergebracht war. Das Tier war erstaunt über den nächtlichen Besuch, rührte sich aber nicht, als sie ihm die Tasche umschnallte und ihm einmal kurz auf den Hals klopfte, ehe sie noch einmal in der Schmiede verschwand und das lederne Bündel mit ihren Werkzeugen aufnahm, das ihr Vater ihr einmal geschenkt hatte.
„Du könntest ein richtig guter Schmied werden mit deinem Gefühl für Metall und den richten Schlag. Manchmal wünschte ich, du wärst ein Junge…“ Die letzte Bemerkung hatte sie gefreut und gekränkt. Gefreut, weil er ihr das zutraute. Gekränkt, weil er sie nicht so nahm, wie sie war. Ein Mädchen mit Talent fürs Schmieden und für Waffen.
Ihr zweiter Griff ging zu einem zweiten Bündel, dass sie am Tag zuvor sorgsam eingewickelt hatte. Darin befanden sich die besten Klingen, die Wong je geschmiedet hatte. Derartig ausgerüstet ging sie zurück zu dem Esel, dem sie die zusätzliche Last auf den Rücken band, ehe sie ihren Umhang anzog und das Tier hinausführte.
Die kleinen Hufe waren laut auf dem erdigen Boden und sie machte sich ganz klein, doch niemand streckte den Kopf zum Fenster hinaus und fragte, wer denn da war, oder verlangte, dass sie wieder ins Bett sollte und das sinnlose Vorhaben einfach vergessen und weiterleben sollte.
Aber das konnte sie nicht. Außerdem war sie wütend auf all die Leute hier, die trauerten und weiterlebten und nichts taten und all die Ungerechtigkeit schweigend über sich ergehen ließen. Wie Schafe waren sie und TenTen war es Leid ein Schaf zu sein. Und sie wollte sich auch nicht mehr zu einem machen lassen, von niemandem.
Sie atmete erleichtert auf, als sie die letzten Häuser hinter sich ließ. Einen Blick über die Schulter wagte sie nicht. Sie wollte es auch nicht tun. Einen Blick über die Schulter hieße zu zögern. Ihre eigene Entscheidung in Frage zu stellen. Sie konnte sich kein Zögern, kein Zaudern leisten. Sie wollte nach vorne blicken, aber anders als die anderen Menschen.
Das Knacken eines Astes ließ sie zusammenzucken und herumwirbeln. Nervös suchte sie nach jemandem – oder etwas – der das Geräusch verursacht hatte, doch ihre Augen durchdrangen die Dunkelheit nicht weit genug.
„Wer… wer ist da?!“, rief sie leise. Sie wollte niemanden wecken. Aber sie wollte auch nicht, dass sich da jemand an ihn heranschlich. Antwort erhielt sie keine. Vielleicht war es doch nur ein Tier gewesen… „Ist da niemand?“
Diesmal krachte es laut im Gebüsch und jemand fluchte. Ziemlich laut. Erst wollte sie losschimpfen, dann erkannte sie die Stimme. „…Lee?“ Sie klang ungläubig. Was tat Lee mitten in der Nacht hier?
„Hey, TenTen.“ Lee klang so, als wolle er wie gewöhnlich klingen, doch sein Unterton straften der Bemühungen Lügen. „Was tust du denn hier? Es ist schon spät und…“
„Lee.“, unterbrach sie ihn. „Wo bist du?“
„Moment.“ Es ertönte erneutes Splittern, dann stand er plötzlich neben ihr und grinste sie an. Einen Moment starrte sie ihn an, dann bemerkte sie seinen Umhang, den großen Rucksack auf seinem Rücken und den Stab, den er in der Hand hielt.
„Lee… Wo willst du hin?“
„Ich komme mit dir, ist doch klar!“ Er strahlte.
Sie war entsetzt. „Nein!“ Einen Moment herrschte Stille. „Nein, Lee.“, wiederholte sie fest. „Du kannst nicht mitkommen. Das ist viel zu gefährlich und sowieso… ich will dich da nicht mit hineinziehen. Und…“
Lee, der seinen Stab fallen ließ und sie an den Schultern packte, unterbrach sie. „Nein, TenTen.“ Seine Augen waren ernst und sein Gesicht ohne das übliche Lächeln. „Alleine ist es viel gefährlicher. Vor allem für ein Mädchen, so gut es auch mit Waffen umgehen kann. Und du ziehst mich auch nicht in etwas hinein. Das hier war ganz allein meine Entscheidung.
Sprich mir bitte nicht ab, dich begleiten zu dürfen. Du bist meine beste, meine einzige Freundin. Ich will dich nicht verlieren. Und Wong und Shou… waren mir auch sehr wichtig. Und es gilt, PeiPei zu retten!“ Er stieß eine Faust in Siegerpose in die Luft und sah so energisch aus wie immer.
Sie seufzte und fragte sich, warum sie gar nicht mehr wollte, dass er hier blieb. Es würde ihn nur in Gefahr bringen. Aber sie hatte auch nicht mehr die Kraft, zu widersprechen. „Und deine Mutter?“
„Sie…weiß es. Ich habe ihr eine Nachricht hinterlassen.“ Also hatte er ihr nichts gesagt, hatte sich so heimlich davongestohlen wie sie selbst. Was sollte sie schon dagegen sagen? Sie war ja auch nicht besser.
Schweigend half sie ihm, seinen Rucksack auf dem Esel festzubinden, ließ es sich aber nicht nehmen, das Grautier selbst zu führen. Dann hörte man nur noch ihre Schritte auf dem steinigen Weg, eine Eule und den Wind in den Bäumen. Und irgendwie war sie froh, dass er bei ihr war.
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Also...
Prolog beendet.
Da ich hier im 'Naruto'-Bereich noch keine Fantasy-FF in diesem Stil hier gesehen habe und ich keine Ahnung habe ob sowas hier überhaupt gelesen wird, bitte ich um ein paar Kommentare (und ja, ich bin auch kommisüchtig, also lasst mich nicht hängen, bitte. XD") damit ich weiß, ob sowas hier überhaupt ankommt.
Ich bemüh mich mit dem ersten Kapitel...
Bis dann
Sorca~