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Schicksalsbande

[NejiTen]
von

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Götterboten

Titel: Schicksalsbande

Teil: 1/? (Es werden viele. Nur so eine Warnung.)

Autor: Wolfsorceress

Fandom: Naruto

Rating: PG-14(?)

Warning: AU, Fantasy

Pairing: Neji x TenTen und noch ein paar.

Disclaimer: 'Naruto' gehört nicht mir und ich verdiene kein Geld mit dem Quatsch hier.
 

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Sooo~o. Eine neue FF. >_< Dabei sollte ich erst die Alten beenden bzw. die FF anfangen, die ich eigentlich versprochen hatte... Egal, jetzt hab ich halt zuerst mit dieser angefangen und im Moment bin ich (noch) ziemlich zufrieden mit dem, was ich zustande gebracht habe. (Aber wir haben auch halb eins in der Nacht und ich bin totmüde und von daher nicht ganz zurechnungsfähig... Oò)

Jedenfalls... ist das hier meine neue FF, ein größeres Projekt und Fantasy, was schon immer mein Hauptgenre war.
 

Und noch was... zu den Pairings. Wie oben und in der Kurzbeschreibung stehen, wird es außer meinem Hauptpairing NejiTen noch weitere geben. Nur am Rande oder etwas intensiver behandelt, dass sehe ich dann. Ich hab 'ne schöne (lange) Liste von Pairings, die ich gerne einbringen würde, nur weiß ich nicht, inwiefern mir das möglich sein wird.

Nur eine Warnung: Bis auf NejiTen und ein weiteres werden diese Pairings Crack!Pairngs (d. h. Pairings, die nicht beliebt/bekannt sind) sein. Wer also unbedingt Person A mit Person B sehen muss, der sollte sich eine andere FF suchen. Außerdem könnten 3 Pairs Shounen-ai sein und eines davon wird sicher auftauchen. Ich will nachher keine Beschwerden hören.
 

~~~~~~~
 

Götterboten
 

Rumpelnd ratterte der kleine Eselskarren den Weg entlang und hüpfte über jeden noch so kleinen Stein, der unter seine Räder geriet, und warf die beiden Insassen des Wagens hin und her. TenTen hasste das. Aber sie konnte nicht absteigen und nebenher laufen, dazu war der Wagen viel zu schnell, da der Esel ein flottes Tempo vorlegte.

Außerdem konnte sie unmöglich Lee die Zügel überlassen. Sie erinnerte sich noch an das letzte Desaster, zu dem eine solche Aktion geführt hatte. Nur mit Schaudern dachte sie daran. Sie hatten Stunden gebraucht, um die Ladung wieder einzusammeln und die gebrochene Achse zu reparieren. Das war kein Spaß gewesen. Da erlitt sie doch lieber das Stoßen des Wagens, so unbequem es auch war.
 

Zum Glück war dies die einzige Unannehmlichkeit, die sie heute erleiden musste. Das Wetter war schön; die Sonne schien hell und warm, der Himmel war strahlend blau. Die Bäume setzten die ersten Blätter an und das Gras sah nicht mehr ganz so braun aus wie im vergehenden Winter.

Sie konnte es sogar in der Luft riechen, dass der Frühling kam und zwar mit aller Macht. Nicht wie der kurze Wärmeeinbruch vor drei Wochen, nach dem es noch einmal geschneit hatte.

Tief sog sie die frische Luft ein, während sie sich eine braune Haarsträhne, die sich aus einem ihrer Haarknoten gelöst hatte, aus dem Gesicht strich, und ließ dem Esel noch etwas Zügel, der daraufhin noch einen Schritt schneller lief. Er hatte es anscheinend eilig, nach Hause zu kommen.
 

TenTen hatte nichts dagegen, denn sie waren sowieso schon etwas spät, aber noch nicht zu spät. Lee neben ihr hielt sich am Rand des Kutschbocks fest und genoss ganz offensichtlich die Fahrt, wenn man nach seinem Gesichtsausdruck ging. Sein breites Grinsen ließ ein Lächeln auf ihr Gesicht treten, während sie den Blick von seinem Gesicht zurück auf den Esel lenkte.

„Mutter wird zufrieden sein.“, sagte er plötzlich und riss sie aus ihrer Verträumtheit. „Hm?“

„Weil die Sachen sich so gut verkaufen ließen.“ Sein Grinsen wurde noch breiter.

TenTen wusste, dass er und seine Mutter Chi auf das Geld, das sie auf dem Markt verdienten, angewiesen waren. Chi und Lee wohnten in einem kleinen Haus etwas abseits des Dorfes und waren nicht sehr reich. Ihre Haupteinnahmequelle waren die Stoffe, die Chi webte, und die Holzgegenstände und kleinen Figuren, die Lee schnitzte.
 

Darin bewies er ungeahntes Geschick und TenTen hatte eine Sammlung von Tieren auf ihrem Regal stehen, die er ihr im Laufe der Jahre geschenkt hatte. Die ältesten waren plump und mit unbeholfener Hand gefertigt, aber man konnte Lees Fortschritt mit jeder Figur beobachten. Inzwischen gab es schon regelrechte Prügeleien um die Ergebnisse seiner Arbeit – zumindest unter den Kindern des Dorfes, die ihn immer wieder aufsuchten, auch wenn ihre Eltern dies nicht gerne sahen.

Immerhin war er der Sohn von Chi. Der Bastard, der Hurensohn, der ‚Bengel von der da’. Es gab im Dorf nur wenige Leute, die auf menschlichem Niveau mit Chi und ihrem Sohn sprachen. Kein Wunder, immerhin war die Frau keine Einheimische und den Vater ihres Sohnes kannte sie auch nicht. Diese Tatsache half nicht gerade dabei, ihr Ansehen im Dorf zu heben, im Gegenteil, ‚Flittchen’ war noch das harmloseste, was man über sie zu hören bekam.
 

TenTens Vater Wong hörte solche Worte über Chi nicht gern. Er mochte und bewunderte die Frau, die nicht verheiratet war und besser auf eigenen Füßen stand als mancher Mann, den er auf seinen Reisen durch Konoha und den Rest des Kontinents getroffen hatte.

Doch die Leute hörten nicht auf mit dem Geschwätz über Chi. Ihr Vater sagte, sie hätten einfach Angst. Angst vor dieser starken, selbstbewussten Frau, die so ganz anders war als die Frauen des Dorfes.

Dabei gehörte sie wie alle hier zu dem Volk der Toukin, wenn auch aus einer Gegend viel weiter im Süden. Auch TenTens Familie lebte nicht bereits seit Generationen hier, sondern war sieben Jahre nach ihrer Geburt hierher gezogen, weil man ihrem Vater gesagt hatte, hier fehle es an guten Schmieden.

Das Mädchen konnte sich noch an die misstrauischen Blicke der Einheimischen erinnern, mit denen sie zu Anfang bedacht worden waren. Doch die waren schnell verschwunden, als man gemerkt hatte, dass Wong bald eine unentbehrliche Stellung im Dorf eingenommen hatte.
 

Chi dagegen war nicht nötig. Es war leicht, sie und ihren Sohn zu schneiden und aus der Dorfgemeinschaft auszuschließen. Selbst Wongs Beistand konnte ihnen dies nicht nehmen.

Es hielt TenTen jedoch nicht davon ab, regelmäßig Lee zu besuchen und mit ihm zusammen auf den Markt zu gehen um zu verkaufen. Doch es brachte alle anderen Jugendlichen dazu, Lee zu schneiden.

Was TenTen an der ganzen Sache am wenigsten verstand, war, dass Lee niemals aufzugeben schien. Er hoffte und lachte und half und freute sich und wartete darauf, dass man ihn und seine Mutter vielleicht doch in die Gemeinschaft aufnahm. Doch niemand kümmerte sich um diese Hoffnung; nur TenTen war da und wusste nie, was sie dazu sagen sollte, wenn diese Hoffnung einmal mehr zerschlagen wurde. Sie wusste ja, dass Lee nie eine Chance gehabt hätte.

Sie seufzte und zügelte den Esel, der nur wiederwillig langsamer wurde und schließlich in zockelnden Trab fiel. Kurz darauf kamen hinter einer Biegung und einem Hain die ersten Häuser in Sicht, ordentliche, kleine Hütten aus Holz und Stein, kleine Gärten davor oder dahinter. Sie drängten sich um den Dorfplatz, auf dem sich ein großer, steinerner Brunnen befand, um den stets rege Geschäftigkeit herrschte.
 

Hinter dem Dorf erstreckten sich die noch braunen und unbeackerten Felder und die langsam grün werdenden Weiden, auf denen Ziegen und Kühe grasten, hin und wieder auch ein Esel. Etwas abseits des Dorfes erhob sich die kleine Hütte, die Lee und Chi bewohnten, während TenTens Vater seine Schmiede in der Mitte des Dorfes betrieb.

Eine friedliche Atmosphäre herrschte über der Gegend, die Leute gingen ihren täglichen Arbeiten nach, TenTen konnte sie zwischen den Häusern und auf den Feldern herumhuschen sehen. Irgendwo sang der Vogel, den sie hier öfter hörte.

Es war alles wie immer, wie jedes Mal wenn sie nach einem Tag vom Markt nach Hause kam. Und trotzdem – etwas war falsch.

Ohne weitere Worte lenkte TenTen den Esel vom Weg ab um erst vor Lees Haus zu fahren. Chi war nicht da. Lee blickte TenTen über die Schulter hinweg an und die zuckte die Schultern, ehe er die Tür zur der kleinen Hütte ganz aufstieß.

„Vielleicht ist sie bei uns drüben. Lass uns schnell euer Zeug abladen und nachschauen.“ Das Mädchen sprang vom Kutschbock und ging um den Wagen herum, um die Schnüre zu lösen, die die Ladung an ihrem Platz hielten. Lee kam ihr rasch zur Hilfe und schnell hatten sie ihre Arbeit erledigt.
 

TenTen brauchte einige Zeit, um den Esel von dem Busch wegzukriegen, an dem er sich gerade gütlich tat sowie den Wagen herumzulenken, während Lee in der Hütte herumwerkelte, ehe er wieder zu ihr auf den Kutschbock sprang. Der Esel zockelte etwas schneller dahin, als sie ihn antrieb, und der Karren rumpelte über die unbefestigte Straße.

Das erste, was ihr auffiel und das zeigte, dass wirklich etwas nicht stimmte, war, dass die Leute begannen zu tuscheln und auf sie zu zeigen, sobald sie sie bemerkten. TenTen kam sich unbehaglich vor, unter diesen Blicken, die sie nicht deuten konnte, und unter den nahezu anklagenden Fingern, die sich auf sie und Lee richteten.

Der blickte sich unruhig um und begann, auf seinem Sitz hin und her zu rutschen. „Wa…was haben sie?“, murmelte er leise und machte Anstalten, die Frage laut zu stellen, damit jeder sie hören und er eine Antwort verlangen konnte.

Doch TenTen hielt ihn am Arm fest und fragte sich gleichzeitig, warum sie ihn aufhielt und nicht selbst eine Antwort auf das seltsame Verhalten der anderen Dorfbewohner, die sie seit ihrer Kindheit kannte und mit denen – zumindest den meisten – sie eine freundschaftliche Beziehung aufgebaut hatte. Aber aus einem Grund, der ihr ebenfalls nicht klar war, hatte sie Angst vor der Antwort.
 

Schließlich erreichten sie den Marktplatz und kurz darauf kam auch Wongs Schmiede in Sicht, die direkt an der Hauptstraße – wenn man den größten Weg, der quer durch das Dorf führte, überhaupt so nennen konnte – lag.

Das zweite, was TenTen auffiel, war, dass der vertraute Klang des Hammers, der auf Metall traf, nicht zu hören war. Das dritte, dass das Schmiedefeuer nicht einmal brannte und der für sich sprechende Geruch des Rauches nicht in der Luft hing. Das vierte war, dass sich in der Schmiede zu viele Leute befanden, die nicht dort hinein gehörten.

Sie war es gewohnt, dass sie immer wieder Gäste hatten oder einfach nur Personen, die für einen kurzen Plausch in die zur Straße offene Schmiede kamen. Aber – es waren niemals so viele.

Sie schluckte und schaute Lee an, der ihren Blick erwiderte, aber einen ebenso verwirrten Ausdruck auf dem Gesicht trug und ratlos die Schultern zuckte. „Ich frag mich, was die alle bei uns machen.“, murmelte sie und brachte den Esel zum Stehen, während Bewegung in die kleine Menge in der Schmiede kam.
 

„Da ist sie.“, rief jemand und TenTen erkannte sie als eine der Freundinnen ihrer Mutter, Chouka. „TenTen, es tut mir so Leid.“ Ihre Stimme klang…traurig, beinahe gebrochen. Sie erreichte den Wagen und blickte das Mädchen, das inzwischen vom Kutschbock gesprungen war, direkt an.

Die Braunhaarige starrte zurück. Choukas dunkle Augen waren erfüllt von Trauer und Schmerz und ihr sonst lächelnder Mund zitterte, als müsste sie Tränen zurückhalten. „Wa...was ist den...passiert?“ Sie wagte kaum zu fragen, aus Angst vor der Antwort.

War jemand verletzt? Krank geworden? Das etwas ganz und gar nicht mehr stimmte und die Veränderung nicht zum Positiven gewesen war, war ihr längst klar. Sie fragte sich, wie schlimm es war. In ihrem Bauch bildete sich ein Knoten von Angst, doch der Rest ihres Körpers war seltsam taub.

„Es war schrecklich. Sie kamen, gestern und dann... Wong hat sich geweigert ihren Forderungen... und PeiPei…“ Chouka schien nach den richtigen Worten zu suchen und TenTen riss der Geduldsfaden, als die Frau den Namen ihrer geliebten älteren Schwester nannte.
 

Ihre Schwester, die Perle, das Schmuckstück der Familie. So schön, so gütig, so wunderbar, so liebenswürdig. TenTen verehrte sie mit aller Kraft, die sie hatte, liebte sie und würde alles tun, um sie zu schützen.

PeiPei war nicht – im Gegensatz zu ihr, TenTen – das Mädchen, das mit den Traditionen brach, in dem sie in der Schmiede herumwerkelte und Waffen schwang, und damit die Eltern enttäuschte, die es zwar dudelten, aber niemals wirklich guthießen. TenTen wusste, dass sie es lieber gesehen hätten, wenn sie sich auch mit Kochen und Nähen, statt Metal und Klingen auseinander gesetzt hätte.

PeiPei dagegen war die perfekte Tochter, die Schönheit, die den Haushalt und ihre weiblichen Pflichten unter Kontrolle hatte, die elegant und anmutig war wie eine Tänzerin und nicht plump herumtrampelte wie eine Kuh. Die beiden Schwestern – so wusste jeder im Dorf – waren so unterschiedlich wie Tag und Nacht, wie Sonne und Mond. Und doch waren sie unzertrennlich und standen sich so nahe wie kaum ein anderes Geschwisterpaar.

„Was ist mit PeiPei?“, fragte sie und ihre Stimme war schärfer, als sie es eigentlich wollte. Chouka blickte sie an und öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch kein Wort kam von ihren Lippen. TenTen starrte sie an und zuckte zusammen, als die Frau ihre Hände nahm. Sie hatte die Bewegung der anderen nicht wahrgenommen.
 

„Sie…“, begann die Ältere schließlich. „Sie… Es war absolut schrecklich. Und…und… Wong wollte es verhindern. Also… haben sie… Deine Mutter warf sich dazwischen… Shou war…“

Sie verstummte wieder und TenTen fühlte sich, als drücke ihr die Angst mit einer eiskalten Hand die Kehle zu. Noch nie, nie in ihrem Leben hatte sie derartige Angst gehabt. Ihr gesamter Körper begann heftig zu zittern, als hätte sie Schüttelfrost.

Sie zuckte erneut zusammen, als sie eine Bewegung neben sich spürte und blickte erschrocken auf, nur um in das Gesicht von Choukas Mann zu sehen. Er war groß und bärig und dunkel und jagte vielen Leuten immer wieder Schrecken ein. Auch er blickte traurig drein und seine Hand wog schwer auf ihrer Schulter, als er mit bekümmerter Stimme sagte, was seine Frau nicht aussprechen konnte: „Sie…haben deine Eltern getötet und PeiPei mitgenommen.“

Chouka hielt ihre Hände fest und drückte sie mitfühlend. TenTen erstarrte, innerlich wie äußerlich. Dann kam Bewegung in ihre kräftige Gestalt und sie stieß die Frau zur Seite um an ihr vorbei ins Haus zu stürzen.
 

Dort würde ihre Mutter am Herd stehen und ihr entgegenlächeln und ihr Vater würde am Tisch sitzen und lachen über den dummen Scherz, den man sich mit ihr erlaubt hatte. Ein sehr, sehr dummer Scherz. Aber TenTen würde ihnen nicht böse sein, nicht…

Durch die offene Tür fiel helles Licht in die Küche, das Herz des Hauses. Schuhe waren an der Wand fein säuberlich aufgereiht, darüber hingen die dicken Jacken. Die Sonne malte ein goldenes Viereck auf den Boden und ein der spitzen Ecken berührte das Bein des großen Tisches, den ihre Mutter so liebte.

Darauf lagen sie aufgebahrt, ihre Eltern. Man hatte sie bereits für die Beerdigung hergerichtet, so dass sie friedlich aussahen und fein, als wollen sie gleich aufstehen und auf ein Fest gehen. Doch das war alles nur eine Illusion.

Sie lagen so still – totenstill. Sie würden nie mehr aufstehen.

TenTen stand in der Tür und starrte, starrte und konnte sich nicht rühren, so sehr sie innerlich auch zitterte und weinte und schrie und in die Knie brach vor Trauer und Verzweiflung und Verlust.
 

Es war nicht der Anblick von Toten. Nicht einmal, dass es sich bei diesen Toten um ihre Eltern handelte. Es war eine einfache Tatsache, die sie getroffen hatte wie ein Blitz.

Sie waren jetzt nicht mehr da.

Nicht mehr für sie, nicht mehr für PeiPei, nicht mehr für einander, nicht mehr für das Dorf. Sie würde nie wieder die Klöße ihrer Mutter essen, nie wieder die tiefe Stimme ihres Vaters hören, nie wieder ihrem Vater zusehen, wie er in der Schmiede arbeitete, nie wieder den zarten Duft im Haar ihrer Mutter riechen, wann immer sie sie umarmte.

Nie wieder die Wärme der Familie spüren. Der Familie, die am letzten Tag zerschlagen worden war wie eine Vase, die man mit einem Hammer zertrümmerte. Nur noch sie war hier. Ihre Eltern waren gegangen. Ihre Schwester entführt. Wann hatte es begonnen? Und wann – fragte sie sich – würde es enden?
 


 


 

Mit entschlossenen Handgriffen packte sie die letzten Bündel in die große Satteltasche, die auf dem Tisch lag, auf dem sie vor drei Tagen noch ihre Eltern gesehen hatte, und schloss die großen Schnallen an den Gurten.

Dann blickte sie sich noch einmal in der Küche um, verdrängte gewaltsam die Erinnerungen, die zurückkamen und eng mit ihren Eltern und PeiPei verbunden waren. Und das waren Gedanken, die sie im Moment nicht ertragen konnte.

Die letzten drei Tage waren an ihr vorbei gezogen wie hinter einem Nebel. Sie hatte sich seltsam taub und entfernt gefühlt. Vielleicht war es ein Schock. Chi glaubte das jedenfalls. Lees Mutter und Chouka hatten sich um sie gekümmert, nachdem sie weinend im Türrahmen ihres Hauses zusammengebrochen war.

Als sie wieder aufgewacht war, war es bereits dunkel gewesen und sie hatte sich im Haus von Chouka und ihrem Mann befunden, die ihr auf ihr energisches Verlangen hin alles erzählt hatten, was geschehen war. Es war eine dumme Verkettung von Zufällen gewesen und noch nicht einmal eine große Sache.

Weil die gepflasterte Straße nach Rinkan versperrt war, waren sie hier entlang gekommen – die große Karawane unter dem Wappen einer adligen Familie. Und weil PeiPei so schön war und zufällig den Weg eines der mitreisenden Hochgeborenen gekreuzt hatte, wollten sie sie mitnehmen. Um sie zur Kurtisane zu machen, zur zeitweiligen Bettgefährtin zu missbrauchen, ehe man sie wieder wegwerfen konnte – entehrt und gedemütigt.
 

Wong hatte es nicht erlauben wollen und es war zum Kampf gekommen, in den auch Shou geraten war. Das Ergebnis war, dass Shou und Wong beide tot, ihre ältere Tochter entführt und ihre jüngere am Boden zerstört war.

Diese Nacht war die erste Nacht, in der TenTen sich in den Schlaf geweint hatte.

Was in der Zeit ihrer Ankunft im Dorf und dieser Nacht noch geschehen war, an das konnte TenTen sich nicht mehr erinnern, es waren nur verschwommene Fetzen und scharfe Splitter von Gedanken und Ereignissen.

Nur eines wusste sie: dass sich in ihr der Gedanke geformt hatte, PeiPei zurückzuholen und die Adligen, die ihrer Familie dies angetan hatten, zu … bestrafen. Oder was auch immer man dazu sagen konnte.

Sie wusste nicht genau, was sie dachte oder wollte. Vielleicht wollte sie Rache. Oder dafür sorgen, dass niemand anderem so etwas geschah. Oder wirklich eine Strafe, eine göttliche, eine himmlische Strafe. Oder einfach nur zeigen, dass… dass etwas falsch war, an ihrem System, an dem System, nach dem dieser Kontinent funktionierte.
 

Es konnte doch nicht sein, dass eine kleine Oberschicht die absolute Macht hatte, dass sie tun konnten, was sie wollten, und dass das Volk ihnen gehorchen musste. Auch wenn alles von den Göttern bestimmt war und darum richtig sein musste.

Aber… warum konnten sich Götter nicht auch einmal irren?

Oder war es richtig, dass Wong und Shou gestorben waren? Oder all die, die bereits ein ähnliches Schicksal erlitten hatten oder erleiden würden? TenTen machte sich keine Illusionen. Sie wusste, dass solche Dinge überall auf Xian-sha’o geschahen. Und das niemand etwas dagegen tat.

Sie schüttelte den Kopf und nahm ihre Tasche auf. Sie wollte etwas tun. Sie wollte es nicht einfach so hinnehmen, dass Menschen herumgehen und andere Menschen töten konnten ohne dafür bestraft zu werden. Das war doch nicht gerecht!

Sie schniefte und wischte mit der Hand über ihre Nase, während sie die Tür ihres Elternhauses hinter sich schloss und leise zum Stall hinüberschlich, wo der Esel untergebracht war. Das Tier war erstaunt über den nächtlichen Besuch, rührte sich aber nicht, als sie ihm die Tasche umschnallte und ihm einmal kurz auf den Hals klopfte, ehe sie noch einmal in der Schmiede verschwand und das lederne Bündel mit ihren Werkzeugen aufnahm, das ihr Vater ihr einmal geschenkt hatte.
 

„Du könntest ein richtig guter Schmied werden mit deinem Gefühl für Metall und den richten Schlag. Manchmal wünschte ich, du wärst ein Junge…“ Die letzte Bemerkung hatte sie gefreut und gekränkt. Gefreut, weil er ihr das zutraute. Gekränkt, weil er sie nicht so nahm, wie sie war. Ein Mädchen mit Talent fürs Schmieden und für Waffen.

Ihr zweiter Griff ging zu einem zweiten Bündel, dass sie am Tag zuvor sorgsam eingewickelt hatte. Darin befanden sich die besten Klingen, die Wong je geschmiedet hatte. Derartig ausgerüstet ging sie zurück zu dem Esel, dem sie die zusätzliche Last auf den Rücken band, ehe sie ihren Umhang anzog und das Tier hinausführte.

Die kleinen Hufe waren laut auf dem erdigen Boden und sie machte sich ganz klein, doch niemand streckte den Kopf zum Fenster hinaus und fragte, wer denn da war, oder verlangte, dass sie wieder ins Bett sollte und das sinnlose Vorhaben einfach vergessen und weiterleben sollte.
 

Aber das konnte sie nicht. Außerdem war sie wütend auf all die Leute hier, die trauerten und weiterlebten und nichts taten und all die Ungerechtigkeit schweigend über sich ergehen ließen. Wie Schafe waren sie und TenTen war es Leid ein Schaf zu sein. Und sie wollte sich auch nicht mehr zu einem machen lassen, von niemandem.

Sie atmete erleichtert auf, als sie die letzten Häuser hinter sich ließ. Einen Blick über die Schulter wagte sie nicht. Sie wollte es auch nicht tun. Einen Blick über die Schulter hieße zu zögern. Ihre eigene Entscheidung in Frage zu stellen. Sie konnte sich kein Zögern, kein Zaudern leisten. Sie wollte nach vorne blicken, aber anders als die anderen Menschen.

Das Knacken eines Astes ließ sie zusammenzucken und herumwirbeln. Nervös suchte sie nach jemandem – oder etwas – der das Geräusch verursacht hatte, doch ihre Augen durchdrangen die Dunkelheit nicht weit genug.

„Wer… wer ist da?!“, rief sie leise. Sie wollte niemanden wecken. Aber sie wollte auch nicht, dass sich da jemand an ihn heranschlich. Antwort erhielt sie keine. Vielleicht war es doch nur ein Tier gewesen… „Ist da niemand?“
 

Diesmal krachte es laut im Gebüsch und jemand fluchte. Ziemlich laut. Erst wollte sie losschimpfen, dann erkannte sie die Stimme. „…Lee?“ Sie klang ungläubig. Was tat Lee mitten in der Nacht hier?

„Hey, TenTen.“ Lee klang so, als wolle er wie gewöhnlich klingen, doch sein Unterton straften der Bemühungen Lügen. „Was tust du denn hier? Es ist schon spät und…“

„Lee.“, unterbrach sie ihn. „Wo bist du?“

„Moment.“ Es ertönte erneutes Splittern, dann stand er plötzlich neben ihr und grinste sie an. Einen Moment starrte sie ihn an, dann bemerkte sie seinen Umhang, den großen Rucksack auf seinem Rücken und den Stab, den er in der Hand hielt.

„Lee… Wo willst du hin?“

„Ich komme mit dir, ist doch klar!“ Er strahlte.

Sie war entsetzt. „Nein!“ Einen Moment herrschte Stille. „Nein, Lee.“, wiederholte sie fest. „Du kannst nicht mitkommen. Das ist viel zu gefährlich und sowieso… ich will dich da nicht mit hineinziehen. Und…“
 

Lee, der seinen Stab fallen ließ und sie an den Schultern packte, unterbrach sie. „Nein, TenTen.“ Seine Augen waren ernst und sein Gesicht ohne das übliche Lächeln. „Alleine ist es viel gefährlicher. Vor allem für ein Mädchen, so gut es auch mit Waffen umgehen kann. Und du ziehst mich auch nicht in etwas hinein. Das hier war ganz allein meine Entscheidung.

Sprich mir bitte nicht ab, dich begleiten zu dürfen. Du bist meine beste, meine einzige Freundin. Ich will dich nicht verlieren. Und Wong und Shou… waren mir auch sehr wichtig. Und es gilt, PeiPei zu retten!“ Er stieß eine Faust in Siegerpose in die Luft und sah so energisch aus wie immer.

Sie seufzte und fragte sich, warum sie gar nicht mehr wollte, dass er hier blieb. Es würde ihn nur in Gefahr bringen. Aber sie hatte auch nicht mehr die Kraft, zu widersprechen. „Und deine Mutter?“

„Sie…weiß es. Ich habe ihr eine Nachricht hinterlassen.“ Also hatte er ihr nichts gesagt, hatte sich so heimlich davongestohlen wie sie selbst. Was sollte sie schon dagegen sagen? Sie war ja auch nicht besser.

Schweigend half sie ihm, seinen Rucksack auf dem Esel festzubinden, ließ es sich aber nicht nehmen, das Grautier selbst zu führen. Dann hörte man nur noch ihre Schritte auf dem steinigen Weg, eine Eule und den Wind in den Bäumen. Und irgendwie war sie froh, dass er bei ihr war.
 

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Also...

Prolog beendet.

Da ich hier im 'Naruto'-Bereich noch keine Fantasy-FF in diesem Stil hier gesehen habe und ich keine Ahnung habe ob sowas hier überhaupt gelesen wird, bitte ich um ein paar Kommentare (und ja, ich bin auch kommisüchtig, also lasst mich nicht hängen, bitte. XD") damit ich weiß, ob sowas hier überhaupt ankommt.
 

Ich bemüh mich mit dem ersten Kapitel...

Bis dann

Sorca~

Ankunft in Rinkan

Titel: Schicksalsbande

Teil: 2/?

Autor: Wolfsorceress

Fandom: Naruto

Rating: PG-14(?)

Warning: AU, (Am Rande wird Shounen-ai vorkommen)

Pairing: Neji x TenTen und noch ein paar.

Disclaimer: 'Naruto' gehört nicht mir und ich verdiene kein Geld mit dem Quatsch hier.
 

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Ich glaub, so schnell war ich noch nie mit dem nächsten Kapitel. Oder vielleicht kommt's mir auch nur so vor? =/ Naja, egal... Jedenfalls gab's für mich beim Prolog/1. Kapitel auch noch nie so viele Kommentare! O___O Ich mein, 17 Stück sind eine Menge, mehr als ich für die meisten meiner Kapitel kriege. *freu*

Ich danke noch einmal allen meinen Kommentarschreiben. :3 (Vielleicht war ich deswegen so schnell? Kommentare sind doch der größte Antrieb für einen Schreiberling... Zumindest mir geht's so. u_u)
 

Zu dem Kapitel... Es ist viel inhaltsloser geworden, als ich gedacht habe. *lol* Eigentlich wollte ich da noch den Besuch mit einbeziehen und einige Dinge in die Wege leiten, aber... Das Kapitel war schon so lang und dann hab ich's eben beendet. *drop*

Noch ein Kapitel mehr auf Neji warten. ;__; Und auf Hidan ♥. Arg. >_< Okay, da bin ich wohl selber Schuld... >__>
 

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Ankunft in Rinkan
 

Rinkan war eine große Stadt, genauer gesagt, die größte dieser Gegend. Und die einzige, die wirklich bedeutend genug war, in den Landkarten angezeigt zu werden. TenTen war nur selten hier gewesen, hin und wieder mit ihrem Vater, um besonders wertvolle und kunstfertige Stücke an den Mann zu bringen.

Wong war ein sehr guter und dementsprechend auch bekannter Schmied gewesen. Manche reichen Leute schickten ihre Diener extra in das kleine Dorf oder kamen gar höchstpersönlich um Waffen und Schmuck bei ihm zu bestellen – beides Gebiete, auf denen Wong sich ausgekannt hatte. TenTen hatte ihm stets nachgeeifert, doch seine Meisterschaft hatte sie nie auch nur annähernd erreicht.

Wong hatte diese bestellten Waren stets persönlich abgeliefert, um sich davon zu überzeugen, dass seine Kunden auch wirklich zufrieden damit waren. Diese reichen Leute brachten viel Geld und ihre mündliche Werbung war für ihn beinahe ebensoviel wert.

Er war gut und machte erstklassige Ware. Sie empfohlen ihn weiter. Er bekam mehr Kunden. So einfach war das. Oder war es gewesen. TenTen verwarf den Gedanken. Sie durfte nicht diesen Erinnerungen nachhängen, denn das würde sie töten, innerlich und sehr, sehr langsam.
 

Auf den meisten von Wongs Ausflügen in die Stadt hatte sie ihn begleitet. Er wusste, wo ihre Begabungen lagen und auch wenn er wünschte, sie wäre ein Junge oder mehr wie PeiPei – er ignorierte es nicht.

TenTen war froh und dankbar darum, auch wenn sie sich wünschte, er würde sie gänzlich so akzeptieren, wie sie war, nicht wollen, dass da etwas anders war. Trotzdem – es war mehr, als andere Mädchen von ihren Eltern erwarten konnten. TenTen war dankbar gewesen, jedes Mal, wenn ihre Eltern sie auf den Markt geschickt hatten, jedes Mal, wenn sie in der Schmiede half, jedes Mal, wenn Shou sie hinausschickte um dort Dinge zu erledigen, jedes Mal, wenn Wong sie mit nach Rinkan nahm.

Die Stadt selbst war riesig. Nirgendwo anders sah TenTen derartige Menschenmengen, die sich gegenseitig durch die Straßen schoben. Tiere, Wagen, Marktstände dazwischen. Die Stadt umfasste einige hundert Häuser und ihr Mittelpunkt bildete der riesige Marktplatz mit dem Stadthaus des Fürsten, der dieses Gebiet beherrschte, sowie die Markthalle.

Jedes Mal, wenn TenTen in die Stadt kam, so erschien sie ihr aufregend neu und unbekannt und interessant. Trotz des Lärms und Gestanks der vielen Tiere und Menschen und der Massen an Leuten – es war aufregend. Abenteuerlich. Etwas anderes als der normale Trott zuhause im Dorf.
 

Heute erschien es ihr jedoch nur trist und gehetzt. Was würde sie alles eintauchen, im Dorf zu sein, ihrer Mutter in der Küche oder ihrem Vater in der Schmiede zu helfen oder bei PeiPei zu sitzen und zu nähen und sich wie immer in den vielen Fäden zu verheddern. Wie immer, wie eh und je, wie ‚seit sie sich erinnern konnte’. Den Alltagstrott wollte sie zurück.

Doch sie wusste, dies war jetzt nicht mehr ihres. Der Weg zurück war verschlossen, die Zeit ließ sich nicht zurückdrehen. Wie sehr man Dinge zu schätzen wusste, wenn sie erst einmal dabei waren… Wie sehr Wünsche schmerzen konnten, wenn sie erst einmal erfüllt waren. Wie sehr man es sich zurückwünschte, wenn das Alte verloren und das Neue gewonnen war.

Sie seufzte und starrte zur Stadt hinüber, die dort unschuldig und doch so sündig inmitten einer Talmulde lag, umgeben von Feldern, Weiden und Wald. Alle Wege führten auf die große Stadt zu, die offen und schutzlos mitten in der Gegend stand.
 

„TenTen?“ Lees Stimme war leise neben ihr, aber laut genug um sie aus den Gedanken zu reißen.

Sie fuhr zu ihm herum. „Was?“ Ihre Stimme klang bissiger, als sie beabsichtig hatte und Lee zuckte zusammen, als hätte er etwas falsch gemacht. TenTen ließ die Schultern hängen. „Tut... Tut mir Leid. Ich bin nur... etwas... etwas...“

„Traurig?“, fragte Lee. TenTen nickte und schluckte die aufsteigenden Tränen hinunter. Sie wollte nicht weinen. Nicht hier und nicht jetzt und auch nicht aus diesem Grund. Die letzten Tage hatte sie lange und oft genug geweint.

Fünf Tage hatten sie gebraucht vom Dorf bis auf die Hügelkuppe um Rinkan. Es waren eintönige Tage gewesen, an denen sie nur gelaufen waren. Abends hatten sie meiste einen freundlichen Bauern gefunden, der ihnen die Scheune – oder, wenn sie Glück hatten, sogar eine Kammer – zur Verfügung gestellt hatte.

Sie hatten bei den stets gastfreundlichen Familien gegessen, die sie zuvorkommend behandelt hatten. In dieser Gegend gab es nicht viele Fremde und Reisende, aber die Gastfreundschaft wurde noch groß geschrieben.
 

Sie hatten nicht einmal einen Grund angeben müssen, warum sie nach Rinkan wollten. TenTen hatte ihnen allen trotzdem dieselbe Geschichte aufgetischt. Vor einigen Tagen, so hatte sie erzählt, war eine Karawane in ihrem Dorf vorbeigekommen. Adlige, die Herren von Soundso. Man wüsste hier bestimmt von ihnen.

Auf das Nicken ihrer Gastwirte hin hatte sie weitererzählt: „Sie...nun, sie haben etwas liegen lassen. Ich bringe es ihnen hinterher. Vielleicht erwische ich sie noch in Rinkan.“ Dass das die Adligen – Angehörige des Hauses Terouk – nicht mehr in Rinkan waren und man ihr sagte, dass sie besser umkehren sollten – die Adligen hatten doch sicher Ärger gemacht, das taten sie schließlich überall – hatte TenTen nicht gelten lassen wollen.

Sie waren ehrliche Leute. Sie mussten es zumindest versuchen. Immerhin – was würde geschehen, wenn es jemand herausfand? Darauf folgte stets ein verstehendes Nicken und die ganze Sache war vom Tisch. Ansonsten gab es keine Fragen, die ihren Gastgebern ins Gesicht geschrieben standen und niemand bemerkte, dass TenTen trauerte.
 

Der Schmerz, der ihr Innerstes auffraß wie ein Parasit, der in ihr wühlte wie ein Wolf in dem Gedärm seiner Beute, war so übermächtig, dass sie Angst hatte. Angst um sich selbst, dass sie sich verlor in all der Trauer und dem Schmerz und der Verzweiflung und dem Hass.

Dem Hass, der manchmal so übermächtig war, dass er sie drohte zu verschlingen.

Die Verzweiflung, die manchmal so tief war, dass sie drohte, hineinzufallen wie in einen bodenlosen Abgrund.

Der Schmerz, der manchmal so stark war, dass sie sich wunderte, warum sie nicht aus allen Poren blutete.

Manchmal hatte sie das Gefühl nicht mehr atmen oder sich nicht mehr auf den Beinen halten zu können.

Manchmal hatte die das Gefühl, sie müsste schreien und toben, damit alles aus ihr herauskam.

Manchmal hatte sie das Gefühl, dass sie still und heimlich weinen und jammern musste, damit niemand von ihrer Trauer erfuhr.

Manchmal hatte sie das Gefühl, sie müsste auf irgendetwas oder irgendjemanden einprügeln, bis sie vor Erschöpfung zusammenbrach.

Sie tat nichts von alledem.
 

Nur Lee. Lee war immer für sie da, hielt sie nachts, wenn sie von Schluchzern geschüttelt wurde, keine leisen, still und heimlich, sondern laut und klagend, unterstützte sie tags, wenn sie drohte, zusammenzubrechen. Er war bei ihr, ihre Stütze, ihr Helfer, ihr Retter.

Ohne ihn hätte sie es nicht geschafft. Sie wäre wohl irgendwann zusammengebrochen und wäre einfach liegengeblieben. Der Tod hätte sie schon irgendwann geholt, er holte jeden. Er kümmerte sich um jeden. Wie viel einfacher wäre es, sich einfach in die warmen Arme des Todes zu begeben und zu warten, bis sie vergaß?

Doch Lee war da und Lee erwartete von ihr, dass sie stark war und nicht aufgab, denn er vertraute auf sie. Und auf ihre Stärke, nie aufzugeben, wie sie es immer tat. Oder eben nicht tat.

TenTen, Tochter von Shou, gab nicht auf. Das hatten sie im Dorf alle gewusst und darauf hatten sie alle vertraut, Lee am meisten. Und darum war er jetzt hier und unterstützte sie, damit sie weitermachte.

Dabei wusste sie, dass er selbst ebenfalls trauerte. Shou und Wong waren wie enge Verwandte für ihn gewesen und PeiPei brachte er eine seltsame Art von Verehrung entgegen. Es war nicht wie Liebe, es war eher… Bewunderung.

TenTen hatte sich bereits des öfteren gefragt, wo das herkam und wo es enden würde und was es überhaupt bedeutete. Doch sie hatte ihn nie darauf angesprochen und auch ihre Schwester – die den vaterlosen Jungen auf ihre eigene Art bewunderte – nicht. Und weder Lee noch PeiPei hatten je von sich aus darüber gesprochen, also hatte sie darüber geschwiegen und gegrübelt und war zu keinem Ergebnis gekommen.

Wenn sie es von dieser Seite her betrachtete, war es kein Wunder, dass Lee sich ihr angeschlossen hatte.
 

„Lee…“, begann sie und starrte weiterhin auf die Stadt, die Zügel des Esels fest in der Hand.

„Ja?“ Er sah sie an, doch sie erwiderte den Blick nicht, sondern schien die Häuser Rinkans und die scheinbar nie versiegenden Menschenströme unglaublich faszinierend zu finden.

„Lee… Woher…woher wusstest du, dass ich… ihnen folgen würde?“

Lee sagte einen Moment nichts. Er senkte nachdenklich den Kopf und sie hörte, wie er mit den Füßen scharrte. Stille herrschte zwischen ihnen und auch der Esel und der Wind und die Vögel und der ferne Lärm der Stadt konnten diese Ruhe nicht zerstören.

TenTen fühlte sich, als müsse sie sich auf der Stelle ins Gras fallen lassen und den Moment einfach genießen, diesen Moment, der so ohne Sorgen und Trauer und Hass schien. So wunderbar einfach, dass es ihr fast die Tränen in die Augen trieb.
 

Aber gleichzeitig hatte sie ein schlechtes Gewissen. Ihre Eltern waren tot und ihre Schwester entführt und entehrt und ihr bester Freund befand sich wegen ihr in Gefahr und sie selbst war auf einer Reise, die kein Ziel hatte und keine Hoffnung, zu einem erfolgreichen Ende zu kommen.

Sie befand sich auf einer Reise in den Tod. Und Lee und PeiPei würden sie begleiten, wenn sie versagte, was sein würde. Denn niemand, niemand hatte eine Chance gegen die, gegen die TenTen anging. Denn all das… All das waren göttliche Gesetze.

Sie zuckte zusammen, als Lee neben ihr anfing zu sprechen, seine Stimme fest und klar und ernst. Und vollkommen von dem überzeugt, was er sagte. „Weil ich dich kenne, TenTen. Weil du nicht sitzen bleiben und darauf warten kannst, dass sie deine Schwester zurückbringen. Weil du keine Ungerechtigkeit einfach so hinnimmst, ohne etwas zu tun. Weil du TenTen bist.“
 

Sie blickte zu ihm auf und senkte dann den Kopf wieder. Das Lächeln auf ihrem Gesicht war nicht glücklich oder fröhlich, das wusste sie, sondern eher… resignierend. Lee glaubte wohl immer an das Gute im Menschen.

Dabei wusste sie nicht einmal selbst, warum sie aufgebrochen war. Natürlich wollte sie PeiPei zurückholen. Aber… war es wirklich der Grund, warum sie aufgebrochen war? Vielleicht wollte sie auch nur etwas anders. Rache. Gerechtigkeit. Ihre Wut auslassen. Sie wusste es nicht.

Sie wusste nicht einmal mehr, wie sie zu dem Entschluss gekommen war, aufzubrechen. Vielleicht war es tatsächlich der Gedanke daran gewesen, dass PeiPei dort draußen in den Händen von Leuten war, die sie zu Dingen zwingen würden, die niemand ertragen sollte. Wer konnte, wer würde ihr helfen, wenn nicht TenTen? Sie hatten doch sonst niemanden mehr.

Beinahe hätte sie Lee gefragt, warum er glaubte, dass sie tatsächlich so… makellos war, wie er glaubte und sie es ganz sicher nicht war. Aber dann schüttelte sie nur den Kopf und ging ohne ein Wort los. Ihr Freund blickte ihr für einen Moment verdutzt nach, dann rannte er hinter ihr her.

„Hey! TenTen!“ Er hatte sie rasch eingeholt und fiel neben ihr wieder zu einem normalem Tempo zurück. „TenTen?“, fragte er vorsichtig. Sie schüttelte nur den Kopf, sie wollte jetzt nicht darüber reden. Vielleicht später, wenn sich alles etwas beruhigt hatte. Vielleicht gar nicht. Aber auf jeden Fall nicht jetzt.
 

Lee verstand. „Keine Sorge, TenTen!“, erklärte er ihr strahlend. „Wir holen PeiPei zurück!“ Irgendwie zumindest.

Sie lächelte hin sich hinein und setzte ihren Weg zur Stadt fort. Rinkan hatte keine Tore, aber vor den ersten Häusern waren in einer kleinen Hütte ein paar Wachposten in den schwarzroten Uniformen der Stadt stationiert, die mit gelangweilten Blicken die Menschen beobachteten, die in die und aus der Stadt strömten.

TenTen beobachtete die drei Männer, die an einem kleinen Tisch saßen und Karten spielten, bedächtig. Noch ehe der Plan ganz in ihrem Kopf ausgereift war, hatte sie die Zügel des Esels fester gepackt und marschierte auf die Soldaten zu. Lee folgte ihr verdutzt, stellte aber keine Fragen. Er wusste, dass sie weder dumm noch voreilig war und für diese Handlung einen Grund hatte.

Die Wächter blickten erst zu ihr, als sie zwei Meter entfernt war. Sie wirkten freundlich, aber nicht so, als hätten sie erwartet, dass jemand zu ihnen kam. Einer von ihnen – groß, dunkelhaarig, gutaussehend – erhob sich und kam zwei Schritte auf sie zu. „Gibt es ein Problem?“, wollte er wissen und seine Stimme war tiefer, als TenTen gedacht hatte.
 

Einen Moment zögerte sie. Was, wenn sie ihr die Lüge nicht abnahmen? Dann straffte sie die Schultern und verwarf die Gedanken. Was hatten sie für einen Grund, zu zweifeln? Es war nicht so, als ob TenTen ihre Absichten im Gesicht geschrieben hatte.

„Verzeihung.“, begann sie und verbeugte höflich. „Wir sind auf der Suche nach Karawane des Hauses Terouk. Sie ist hier doch vorbeigekommen?“

Der Soldat hob eine Augenbraue und wirkte etwas verwirrt, meinte aber freundlich: „Vor ein paar Tagen sind sie hier vorbeigekommen, stimmt schon.“ Er nickte bekräftigend. „Gibt es einen besonderen Grund für eure Reise?“ Er blickte von ihr zu Lee und wieder zurück.

„Sie haben vor einigen Tagen bei uns im Dorf Rast gemacht. Und etwas vergessen.“, log TenTen und hoffte, dass man ihr diese Lüge nicht ansehen würde. Aber scheinbar klappte es. Sie schien Übung zu haben nach den letzten Tagen, an denen sie diese Geschichte mehreren Leuten aufgetischt hatte. „Man hat uns losgeschickt, es hinterher zu bringen.“

„Dann tut es mir Leid, euch sagen zu müssen, dass sie schon weitergezogen sind. Vor zwei Tagen um genau zu sein. Soweit ich weiß, wollten die wieder nach Teroukan zurück.“
 

„Oh…“, machte TenTen enttäuscht und wechselte einen Blick mit Lee, der genauso mutlos aussah wie sie in diesem Moment. Eigentlich hatten sie gehofft, die Karawane in Rinkan einzuholen und dann…

Ja. Was dann? Was hatten sie eigentlich vorgehabt? Es war nicht so, als ob sie es zu zweit mit dem Haus Terouk aufnehmen konnten. Oder gar mit dem gesamten Adel, worauf es hinauslaufen konnte. Oder – wenn TenTen die Sache realistisch betrachtete – hinauslaufen würde.

Wie hatten sie vorgehabt, PeiPei zu befreien und dem Adel eine Lektion zu erteilen? Sie waren bestimmt nicht die ersten, die es versucht hatten. Aber sie hatte nie von irgendwelchen erfolgreichen Aktionen gehört. Hieß das, dass ihre Reise von vornherein zum Scheitern verurteilt war? Weil es einfach keine Möglichkeit gab, gegen ihre Obrigkeit anzukommen? Sie seufzte.

Ihr Gegenüber fasste ihre Besorgnis etwas anders auf, als sie eigentlich gemeint war. „Ich würde euch vorschlagen, kehrt wieder um und geht nach Hause.“ Er blickte kurz über die Schulter zurück. „Die werden das, was sie vergessen haben, sicher nicht vermissen.“ Seine Tonlage ließ keinen Zweifel daran, was er von dem Adel hielt. „Zumindest nicht allzu früh.“
 

„Ja… Ja, wahrscheinlich.“, murmelte TenTen. „Dann… Vielen Dank.“ Sie verbeugte sich. „Auf Wiedersehen.“ Zusammen mit Lee, der dem Soldaten noch kurz zuwinkte, kehrte sie dem Wachhaus den Rücken und reihte sich wieder in die Menschenmassen auf der Straße ein.

Sie waren wieder zwei Menschen unter vielen. Sie würden nicht auffallen.

TenTen seufzte erneut. „Und was jetzt?“, fragte Lee neben ihr.

Sie zuckte die Schultern. „Ich…ich weiß nicht. Ich weiß nicht einmal, was ich vorgehabt hätte, wenn sie noch da gewesen wären. Ich weiß gar nichts mehr.“ Es war ihr, als müsste sie sich einfach hinsetzen und losheulen.

Sie schluckte und drängte mühsam die aufkommenden Tränen zurück. Es war einfach zu viel für diesen Moment. Zu viel für sie. Sie bemerkte nicht Lees mitleidigen Blick, aber sie war froh um den Arm, den er um sie legte.

„Weiß du was? Wir gehen jetzt erst Mal etwas essen. Es ist Mittag und ich habe Hunger und danach sieht die Welt sieht nachher sicher etwas besser aus!“ Er grinste sie aufmunternd an und sie konnte sehen, dass auch er nicht mit der Lage klar kam. Aber er versuchte es wenigstens.
 

„In…Ordnung.“, murmelte sie und ließ sich von ihm mitziehen. Lee fragte sich zu einem Gasthaus durch, in dem man gut speisen konnte, weil sie, wie er sagte, sich nach all dem etwas verdient hatten. Es dauerte allerdings seine Zeit, ehe sie etwas gefunden hatten, das zwar gut, aber nicht zu teuer war.

Nun befanden sie sich in einem großen, gepflasterten Hinterhof, der mit Tischen und Bänken ausgefühlt war. Die meisten der Tische waren besetzt und der Lärm von fröhlichen, lauten Menschen beim Mittagessen hing über dem Hof und drang bis auf die Straße. Hohe Mauern umgaben ihn, von denen eine zum Gasthof gehörte.

Eine weitere war mit Efeu bewachsen, dessen dicke Stränge, bewachsen mit dunkelgrünen Blättern über die Tische hingen, die direkt daneben standen. TenTen fegte einige beiseite und klemmte sie hinter weitere Äste, damit sie sie nicht beim Essen störten. Der Esel stand angebunden zwischen weiteren Tieren, ein paar Mulis, sowie zwei Ponys, alle bewacht von einem großen Hund, der wohl zum Wirtshaus gehörte und den Gästen zeigen sollte, dass ihr Besitz vor Diebstahl geschützt war.
 

Lee bestellte bei einem jungen, hübschen Schankmädchen für sie beide und TenTen versuchte, ihre Gedanken zu ordnen und sich auf ihre Aufgabe zu konzentrieren. Wenn man überhaupt von einer ‚Aufgabe’ sprechen konnte. Hatte sie es sich nicht selbst auferlegt? War sie nicht selbst zu dem Entschluss gekommen, sich dieser…Angelegenheit anzunehmen?

Sie seufzte und rieb sich die Schläfen. Es war alles so viel und so groß und so verwirrend. Was konnte sie allein schon ausrichten? Sie war nur ein Mädchen, das nicht so war, wie es sein sollte. Bei sich hatte sie nur einen verrückten Freund, der auch nicht so war, wie er sein sollte.

Und wer stand ihnen gegenüber? Adlige. Mehr noch, ein gesamtes Adelshaus, denn das war es, was sie gegen sich aufbringen würden, wenn sie PeiPei zurückholen wollten. Und das wollten sie.

Sie konnte es in Lees funkelnden Augen sehen, in seinen Bewegungen und seinen Gesichtsausdrücken. Er war entschlossen, ihre Schwester zu befreien und würde er dabei sterben. Sie wollte es auch. Auch wenn sie im Moment zweifelte und sich fühlte, als würde sie unter all der Last zusammenbrechen.
 

Tief im Inneren spürte sie, dass sie nicht aufgeben und an dieser…Aufgabe scheitern wollte. PeiPei war ihr viel zu wichtig. Und sie selbst – wie würde sie sich selbst in Zukunft in die Augen schauen können, wenn sie jetzt aufgab ohne es wirklich versucht zu haben? Wie konnte sie noch an ihre Schwester denken, ohne deren Erinnerung zu beschmutzen?

Außerdem – es gab für sie keinen Weg darum herum, denn nur der Gedanken, PeiPei in den Händen dieser…dieser Monster zu lassen, schüttelte sie. Das konnte sie nicht. Das wollte sie nicht. Nicht PeiPei. Wie viel mochte sie bis zum jetzigen Zeitpunkt schon ertragen haben? TenTen wollte dafür sorgen, dass ihr so wenig angetan wurde, wie möglich. Und dafür musste sie sie da raus holen. Aber wie? Was konnten sie zu zweit schon ausrichten? Sie merkte selbst, dass ihre Gedanken sich im Kreis drehten.

„TenTen?“ Lees Stimme riss sie aus den Gedanken und sie zuckte heftig zusammen. „Tut mir Leid.“, meinte er. „Was… was werden wir jetzt tun? Wie können wir mit ansehen, wie…“

„Shhh.“, machte sie. „Ich war am Überlegen.“

„Und?“ Sein Gesicht wirkte erwartungsvoll.

„Nichts.“, murmelte sie betrübt. „Wir… wir können nichts tun.“

„Aber…!“, begann er, doch TenTen unterbrach ihn scharf: „Ich habe nicht vor, jetzt umzudrehen. Ich bin nur realistisch.“
 

Sie legte die Hände flach auf die Tischplatte und blickte ihn ernst an. Wenn er sie weiterhin begleiten wollte, musste er begreifen, wie die Dinge standen. Er konnte nicht weiterhin so tun, als wäre alles in Ordnung, als müssten sie nur an die Tür klopfen um PeiPei zurückzuverlangen. Und glauben, ihrer Forderung würde man nachkommen.

„Wir sind zu zweit. Unsere…“ Sie warf einen Blick um sich, damit sie sicher war, dass niemand in Hörweite war. Sie senkte die Stimme etwas. „Unsere Gegner gehören zum Haus Terouk. Wir wissen beide, dass sie nicht zu den mächtigsten Adligen Konohas gehören. Aber sie sind dennoch Adlige und stehen damit weit über uns. Nicht nur im Rang, auch in der Macht. Sie haben mehr Möglichkeiten und mehr Fähigkeiten als wir. Sie haben Geld und Macht. Wir haben gar nichts. Sie werden PeiPei nicht einfach so herausgeben. Sie haben das Recht dazu, sie festzuhalten und mit ihr zu tun, was sie wollen.“

Lees Gesichtsausdruck verlor diesen Enthusiasmus, den sie so an ihm schätzte, und er wirkte, als hätte man ihm mit einem Stock eines übergezogen. Fast bereute sie es, was sie gesagt hätte. Fast hätte sie etwas hinzugefügt, das ihm die Sorgen wieder nehmen sollte. Aber sie schwieg. Sie durfte nicht unrealistisch werden. Optimismus war nicht angebracht, nicht jetzt und nicht hier.
 

Die Kellnerin unterbrach ihr Gespräch, indem sie ankam und ihnen das Essen brachte. Es waren zwei große Schüsseln mit Reis, Gemüse und Fleisch und TenTen war erleichtert, sich für einen Moment ablenken zu können. Auch Lee schwieg, während er sich das Essen in den Mund schaufelte.

Erst, als sie ihre Schüssel halb geleert hatte, erlaubte sie sich, wieder an die bevorstehende Aufgabe zu denken. „Du weißt, dass das alles bedeutet, dass wir zwei keine Chance haben.“

„Aber…“, begann Lee, doch sie unterbrach ihn ein weiteres Mal. „Wir müssen uns halt überlegen, wie wir das angehen können, ohne dass es zum Selbstmordkommando wird.“

„Wir müssen uns halt jemanden suchen, der uns helfen kann.“, erklärte der Junge.

Sie starrte ihn an. Das war ein Gedanke, der ihr noch nicht gekommen war. Sie wollte auch niemand anderen dabei haben. Niemand sollte sich wegen ihr einer solchen Gefahr aussetzen. Dass Lee dabei war, war schon an der äußersten Grenze. Aber noch mehr Unbeteiligte? Nein. Sie schüttelte den Kopf und setzte zum Sprechen an.
 

„Nein, hör zu, TenTen.“ Jetzt war er es, der ihr das Wort abschnitt. „Du hast recht. Ich bin dumm, dass ich noch nicht daran gedacht habe. Aber… Mir fällt nichts anderes ein, als um Hilfe zu bitten. Lass uns zum Tempel gehen.“

„Zum Tempel?“, wiederholte sie verdutzt. „Was sollen wir da?“

„Wir erbitten den Beistand der Götter.“ Er strahlte. „Ich weiß, dass das Dreigestirn selbst diese Gesetze ins Leben gerufen haben, die den Adligen uneingeschränkte Macht verleihen. Nur sie können diese Gesetze wieder aufheben.“

Vielleicht…sah Lee doch mehr, als sie gedacht hatte. Denn soweit waren ihre Gedanken nicht gegangen.

„Nun?“ Er strahlte und TenTen nickte. Fürs erste war es keine schlechte Möglichkeit. Der Beistand der Götter konnte nie schlecht sein.
 

~~~~~~~
 

Also gut...

Noch eine Sache: es wird kein Lee x PeiPei geben. Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich Pairs mit OCs absolut verabscheue. Außerdem kriegt Lee schon jemand anderen. :3
 

Das nächste Kapitel wird hoffentlich etwas länger...

Um Kommentare bitte ich auch wieder. ^^~
 

Sorca~

Vor den Toren des Himmels (Part I) - Die Anklage

Titel: Schicksalsbande

Teil: 3/?

Autor: Wolfsorceress

Fandom: Naruto

Rating: PG-14(?)

Warning: AU, (Am Rande wird Shounen-ai vorkommen)

Pairing: Neji x TenTen und noch ein paar.

Disclaimer: 'Naruto' gehört nicht mir und ich verdiene kein Geld mit dem Quatsch hier.
 

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Ein neues Kapitel. ^___^ Tut mir Leid, dass das jetzt recht lange gedauert hat, aber ich hab in letzter Zeit total viel zu tun mit diesem Latein-Kurs. ~___~

Naja... Aber letztendlich hab ich's doch hingekriegt, das Kapitel zu schrieben bzw. einen Teil davon.

Aber das alles ist doch recht lang geworden, darum hab ich mich dazu entschieden, es zu teilen. *drop* War nicht wirklich meine Absicht. Darum ist das hier jetzt auch etwas kürzer als die letzten beiden Teile, aber es schien mir am besten, es an dieser Stelle zu trennen, wo ich's halt getan hab. XD"
 

BTW, durch die neuen Naruto-Manga-Kapitel hab ich ein schönes neues Pair in meine Wunsch-Pair-Liste aufnehmen können. X3 Sie wird immer länger. *drop*

Apropos neueste Naruto-Kapitel. Ich werde die neuen Personen auch hier auftreten lassen... Oò So eine Warnung. Natürlich gibt es durch das AU keine Spoiler direkt, aber - *shrug*
 

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Vor den Toren des Himmels - Part I: Die Anklage
 

Der erste Tempel, den sie fanden, befand sich direkt am Großen Platz der Stadt, der den Mittelpunkt bildete. Etwas weiter entfernt konnte man die anderen beiden Tempel sehen, so dass sie zusammen ein Dreieck um den Marktplatz formten. Aber sie blieben bei diesem, von dem TenTen auch annahm, dass er der beste für sie war.

Es war der Tempel der Göttin, die Herrin der Frauen, der Heilkunst, der Gerechtigkeit und des Kampfes. Tsunade die Schöne, die Starke, die Gerechte. Sie hatte noch viel mehr Attribute und Gebiete, auf denen man zu ihr betete, doch dies waren ihre Haupteigenschaften.

Zu wem sollte man sonst beten, wenn es um eine Frau ging, der Unrecht widerfahren war? Dazu gab es jedoch noch einen weiteren Grund. Denn die Göttin war TenTens Schutzpatronin. Sie würde sie wohl eher erhören als einer der beiden Götter es tun würden, zu denen sie keinerlei Verbindung hatte.

Doch – wieso sollte eine hohe Herrin wie die Oberste Göttin jemanden wie sie, TenTen, eine kleine Bäuerin, eine Schmiedin, erhören? Sie hatte sicherlich andere Dinge zu tun, was auch immer Götter den lieben langen Tag taten. Sie hatten bestimmt genug zu tun.
 

TenTen seufzte. Wieder einmal. An diesem Tag gingen ihr die finsteren Gedanken sicher nicht aus. Wie konnten sie auch, so kurz nach… Sie riss sich los.

Der Tempel der Göttin war ein imposantes, rechteckiges Gebäude aus weißem Marmor. Das Gebäude schrie den Reichtum des Kultes nahezu in die Welt hinaus mit den riesigen Säulen, den Glasfenstern, den Wasserspeiern und den riesigen seidenen Bannern, die zwischen den Säulen herabhingen und Tsunades Symbole trugen.

Auch wenn TenTen Rinkan schon öfter besucht hatte, hier war sie noch nie gewesen. Allerdings hatte sie schon viel von den prächtigen Tempeln hier gehört. Wer hatte dies nicht? Rinkan war berühmt für seine Tempel, mehr als für alles andere. Für einen Besuch hatten sie jedoch nie Zeit gehabt, außerdem war ihr Vater auf die Götter nie sonderlich gut zu sprechen gewesen. Warum hatte sie nie begriffen.

Sie seufzte und verdrängte die erneute Erinnerung an Wong. Anscheinend lauerte das Andenken an ihre Vergangenheit, an ihre Eltern, überall. Sie konnte dem nicht entfliehen, so sehr sie es sich auch wünschte.
 

Mit einer fahrigen Bewegung strich sie sich die Haare aus der Stirn und versuchte, sich zu sammeln. Es war nicht so, dass sie sich der Trauer hingeben konnte, denn sie hatte noch etwas zu tun. Es war nicht so, dass sie sich der Trauer hingeben durfte, denn dann würde sie wahnsinnig werden.

Sie war froh, dass Lee bei ihr war, denn ihr Freund würde sie nicht fallen lassen, dorthin, wo sie nichts mehr erwartete.

„Also schön.“, sagte sie und straffte die Schultern. „Lass uns hinein und Tsunade-hime um ihren Beistand bitten.“

„Dann auf geht’s!“, rief Lee und stieß die Faust in die Luft, was ihm die Blicke mehrerer Passanten einbrachte. TenTen lächelte sie entschuldigend an und schob ihren Freund an, damit er sich in Bewegung setzte. Sie war es gewohnt, dass er sich so verhielt. Dass er all die Blicke der Leute auf sich zog, selbst wenn sie ihn nicht als ‚den Bastard’ kannten. Es war einfach Lee.

Ihr erster Weg führte sie durch das kleine Tor, das in der Hofmauer eingelassen war, auf einen kleinen, gepflasterten Platz, der von hohen Mauern umgeben war. Die Mauern sowie die Pflastersteine waren hell, teilweise sogar weiß und kein Grün zeigte sich zwischen den Ritzen.
 

In der Mitte des Platzes erhob sich allerdings ein riesiger Baum aus einer kleinen Grünfläche. Die mächtigen Äste streckten sich weit in den Himmel, der von ihrem Standpunkt aus als ein riesiges Viereck zu sehen war, eingegrenzt von den Bauten des Tempels. In der Mauer, die am weitesten von dem Hauptgebäude entfernt war, war eine Reihe eiserner Ringe eingelassen, an die Reit- und Lasttiere gebunden werden konnten.

TenTen führte ihren Esel hinüber und knüpfte die langen Zügel an einen der freien. Sie klopfte ihm kurz auf den Hals und folgte dann Lee, der aufgeregt zu dem Eingang hinüberging.

Auch er war noch nie hier gewesen, allerdings kam er noch seltener als TenTen in eine so große Stadt wie Rinkan. War er überhaupt je hier gewesen? Und wo kamen diese Gedanken auf einmal her?

„Na, los, komm schon, TenTen!“ Lees aufgeregte Stimme riss sie erneut aufs den Gedanken und sie richtete ihre Aufmerksamkeit auf das, was vor ihnen lag: den Tempel und ihre Bitte an Tsunade-sama. Was würde sie ihr sagen, wenn sie erst einmal dort drinnen war und vor dem Altar kniete? Hatte sie ihr überhaupt etwas zu sagen?
 

Vom Hof kamen sie direkt in einen langen Gang, auf den auch die große Eingangstür, an der sie vorher vorbeigelaufen warne, führte. Die Wände waren weiß gekachelt und Säulen waren in sie eingelassen, so dass man nur einen Teil von ihnen sehen konnte, ein Halbrund, der mit den Mauern verschmolz.

An der hohen Decke hingen lange Baldachine aus himmelblauer Seide, die mit silbernen Fäden bestickt war. TenTen konnte nicht erkennen, was diese Fäden darstellten – falls sie etwas darstellten – denn die Farbe verschmolz nahezu mit dem blassen Hintergrund, so dass es nur ein Gewirr aus Blau und Silber war.

Durch die hoch oben angebrachten Fenster fiel mattes Sonnenlicht in den Gang, abgedunkelt von dem Dach des Bogenganges vor dem Gebäude, aber hell genug, dass die Fackelhalter an den Wänden nicht genutzt zu werden brauchten.

Der Flur bog scharf nach links ab, als sie in den Bereich um das große Eingangstor kamen, und TenTen und Lee folgten ihm einige Meter in das Gebäude herein, bis sie den Hauptraum, das heiligste Innere des Tempels erreicht hatten.
 

Sie blieben stehen und staunten. Es war ein riesiger, halbrunder Saal, an dessen flacher Seite sie standen, mit einer enormen Kuppeldecke, die beinahe ganz aus Glas bestand. Streben, die zu dünn schienen um das Dach zu tragen, zogen sich in einem verwirrenden, aber gleichmäßigen Muster hindurch.

Eine Gruppe von Säulen, von denen lange Banner mit Tsunades Symbolen hingen, bot noch weitere Stütze an. Die goldene Nachmittagssonne erhellte den Saal und vertrieb die Dunkelheit, die den meisten Räumen dieser Größe anhaftete, effektiv.

Die Wände waren bedeckt mit Gobelinen und weiteren Tüchern, die Szenen aus den Heiligen Schriften zeigten oder aus den Legenden, die mit der Göttin in Verbindung gebracht wurden. Reihen von Bänken standen im Raum, alle in dieselbe Richtung gerichtet, weg von ihnen, vom Eingang.

Gegenüber desselben, direkt vor der größten Rundung der Wände stand der Altar, hinter dem sich die mächtige Statue einer hochgewachsenen Frau erhob. Sie bestand aus Alabaster, hatte TenTen gehört, doch die Farbe verdeckte den weißen Stein völlig.
 

Die Göttin war eine wunderschöne Frau mit langem, blondem Haar, die in weite, wallende Gewänder gekleidet war, die sogar in Stein gehauen leichter aussahen als die grobe Tracht, die TenTen und Lee trugen. Sie fielen ihr über die Füße, zu denen eine riesige goldrote Löwin lag, die sie anzugrinsen schien.

In der rechten Hand hielt Tsunade ein langes Schwert, dessen Spitze auf dem Boden stand, in der anderen eine kleine violette Blume. Auf ihrer Stirn prangte hell ein violetter, facettierter Juwel, der das Licht der Sonne widerspiegelte und zu leuchten schien.

Das war sie also. Die berühmte Statue der Göttin Tsunade, die so weithin in Konoha und auch über dessen Grenzen hinweg bekannt war. Es hießt, sie wäre über zweitausend Jahre alt und durch sie hätte Tsunade schon öfter zu den Menschen gesprochen als durch alle die anderen.

Diese Statue war einer der wenigen Gründe – vielleicht sogar der einzige – , warum Rinkan die größte Stadt der Umgebung war. Ihre Berühmtheit zog die Menschen von nah und fern an, auch wenn sich eine längere Reise nur Adlige oder andere mächtige Leute leisten konnten.

Selbst TenTen und Lee, die nicht weit entfernt gelebt hatten, hatten sie noch nie gesehen. Und so standen sie in atemlosen Staunen Meter entfernt von der überlebensgroßen Figur. TenTen konnte die göttliche Macht, die von ihr ausging, spüren, sie schien den gesamten Raum zu erfüllen, jede Ritze, jede Lücke, jeden Spalt und auch die Menschen, die sich hier versammelt hatten und deren flüsternde Stimmen wie ein leises Raunen in der Luft hing.
 

Jemand rempelte sie an, als er sich ungeduldig an ihr vorbeidrängte, und riss sie aus ihrer ehrfürchtigen Erstarrung. Beinahe nervös zupfte sie Lee am Ärmel, damit sie weitergehen und den Durchgang in die Halle freimachten. Der Junge folgte ihr, wirkte aber eher wie ein Schlafwandler denn jemand, der mitbekam, was um ihn herum geschah.

Erst, als sie nur wenige Meter vor der Statue standen, dort, wo rote und goldene Teppich für die zahlreichen Betenden auf dem Boden ausgebreitet waren, riss er sich zusammen und in die Wirklichkeit zurück. Sie fragte sich, an was er gedacht hatte, was er in der Statue gesehen hatte. Und… was sie selbst gesehen hatte.

„Gl…glaubst du… sie … wird uns erhören?“, fragte Lee leise, seine Stimme ungewöhnlich weit gesenkt, so dass sie ihn kaum verstehen konnte.

Sie zuckte die Schultern. „Ich… weiß es nicht. Aber sie ist die Göttin der Gerechtigkeit. Wie kann sie zusehen, während solches Unrecht geschieht?“ TenTen wartete nicht auf seine Antwort, obwohl sie wusste, dass dies nicht nett war, sondern kniete sich zwischen andere Gläubige auf den Teppich, der vor den Altarstufen auf dem Boden lag.
 

Sie senkte den Kopf und legte die Hände zum Beten zusammen. Mit geschlossenen Augen fragte sie sich, warum ihre Antwort vorher so geklungen hatte, als sei sie tatsächlich überzeugt, die Gebete würden etwas helfen.

Warum sollte Tsunade das tun, jetzt, ganz plötzlich, nur weil ein kleines Mädchen sie darum bat? Diese Ungerechtigkeiten gab es nicht erst seit gestern. Und schließlich – hatten die Götter diese Gesellschaft selbst so aufgebaut, wie sie war. Warum sollten sie sie ändern? Nur wie kam Tsunade dann zu ihrem Namen ‚Göttin der Gerechtigkeit’?

TenTen wusste es nicht und all die tiefgreifenden Fragen, all die Dinge verwirrten sie mehr und mehr und ihre Gedanken ordneten sich einfach nicht, so sehr sie sich auch anstrengte. Alles was sie tat, warf noch mehr Fragen auf, brachte mehr Verwirrung und Irrsinn.

Neben ihr folgte Lee ihrem Beispiel, das wusste sie, auch wenn sie es nicht sehen konnte. Aber die Bewegungen, die sie spürte, und die Geräusche, die sie hörte, sagten genug. Sie hörte, wie er leise vor sich hinmurmelte, die Göttin um Beistand, um Stärke, Kraft und Weisheit bat, darum, die Aufgabe erledigen zu können und PeiPei sicher nach Hause zu bringen. Darum PeiPei und sie zu schützen.

TenTen schlug die Augen wieder auf. Über ihre Lippen kam kein Wort und sie richtete den Blick auf das hübsche Gesicht der Göttin; die rotbemalten Lippen, die blauen Augen, den hellen Juwel auf ihrer Stirn. Steinern, unbewegt, emotionslos, tot. Eine Göttin aus Stein.
 

„Warum tust du nichts?“, fragte sie, bemerkte nicht einmal, dass sie diese Worte aussprach, nicht laut, aber sie flüsterte auch nicht. „Warum lässt du das zu?“

Lee neben ihr und einige andere wandten sich ihr zu. Sie sah es nicht, alles, was ihr Blickfeld ausfüllte, war die regungslose Miene der Statue.

„Warum lässt du zu, dass sie das tun? All diese Ungerechtigkeit? Bist du nicht dafür da, dass so etwas nicht geschieht als Göttin der Gerechtigkeit?!“ Ihre Stimme wurde immer lauter, so dass sich mehr und mehr Leute zu ihr umdrehten, sie anstarrten, sie, das kleine Mädchen in der Bauernkleidung, die es wagte, die Göttin anzuklagen, auf den Knien, aber dennoch stolz und selbstbewusst. Sie bemerkte es nicht einmal.

„Wie konntest du zulassen, dass sie meine Schwester mitnahmen und meine Eltern umbrachten? Wie kannst du es zulassen, dass sie es wieder und wieder tun? Morden und brandschatzen und stehlen und entführen? Sich über die Gesetze hinwegsetzen, die für alle gleich gelten sollten? Dass sie so tun, als seien sie anders, besser als wir anderen? Dass sie sich wie die Herren, ja, fast wie Götter aufführen, sich einbilden, bestimmen zu können, was mit uns geschieht, wie es mit uns geschieht?! Wie kannst du zulassen, dass dies GESCHIEHT!? Wie kannst du das!
 

Das Gesicht der Göttin blieb steinern und unbewegt und nichts geschah, außer dass sich atemlose Stille über den Raum gelegt hatte wie eine dicke Decke, die alle Geräusche dämpfte und sie mit erstickender Hitze umfing und ihr die Luft zum Atmen nahm.

Sie merkte es kaum. Ihre Wut und ihr Zorn und ihre Verwirrung und ihre Angst waren einfach explodiert, als sie auf dieses ruhige, schöne Gesicht aus Stein gesehen hatte; als sie daran dachte, dass es der Wille der Götter war, dass die Adligen über sie herrschten; als sie sich an all die Ungerechtigkeiten erinnerte, die sie erlebt und von denen sie gehört hatte.

Aber es gab keine Reaktion. Was hatte sie erwartet? Dass die Statue begann, sich zu bewegen und von ihrem Sockel herunterstieg? Dass ihr ein göttlichen Zeichen zuteil wurde? Hilfe oder – wahrscheinlicher – ein Blitzschlag, der sie sofort tötete, vom Himmel kam? Vielleicht wäre diese letzte Möglichkeit sogar die beste. Dann wäre alles vorbei und sie musste nicht mehr trauern und weinen und zornig sein.

Aber – nein. So durfte sie nicht denken. Wenn sie tot war, was wurde dann aus PeiPei? Lee? Wong und Shou? Der … Gerechtigkeit? Aus ihr selbst?
 

„Du… du stehst nur da auf deinem hohen Sockel und tust nichts! Du lässt zu, dass all diese Dinge geschehen! Warum bist du nur so grausam? Oder bist du blind? Ungerecht? Siehst du all diese Dinge gar nicht? Willst du vielleicht sogar, dass sie geschehen? Dass die Leute getötet werden und ihre Mörder nicht dafür bestraft werden? Was bist du für eine Göttin! Ich hielt dich für gerecht, für weise und gütig! Aber das bist du gar nicht. Du tust gar nichts. Tu was! Ich will, dass du etwas tust!“

Wer war sie, dass sie es wagen konnte, etwas von einer Göttin zu verlangen, die so viel mächtiger und übermenschlicher – unmenschlicher – war als sie selbst? Und doch stand sie hier und hielt sich nicht auf, als ihr all diese Worte über die Lippen sprudelten wie das Wasser aus einer Quelle.

Sie hörte nicht das Raunen der Stimmen, als die Leute miteinander zu tuscheln begannen über diese Verrückte, die dort vor dem Altar stand und die mächtige Göttin des Dreigestirns anklagte.

Sie bemerkte nicht die Unruhe der Priester, die nicht wussten, was sie tun sollten um sie aufzuhalten und zum Schweigen zu bringen.

Auch Lee ignorierte sie völlig, der hilflos neben ihr auf den Knien saß und nicht wusste, was tun oder wohin.
 

„Tu was!“, brüllte sie. „Sorg dafür, dass die, die meine Eltern ermordet und meine Schwester entführt haben, bestraft werden! Sorg dafür, dass die, die dieselben Verbrechen begehen, bestraft werden! Sorg dafür, dass die, die überhaupt Verbrechen begehen, bestraft werden! Lass sie nicht ungeschoren davonkommen! Warum tust du das!? Lass es nicht zu, bitte.“

Resignation stieg in ihr auf. All das Schreien und Wüten und Beschuldigen nutzte nichts. Sie sackte in sich zusammen wie eine Marionette, der man die Fäden durchgeschnitten hatte. „Wieso lässt du das nur zu? All dieser Schmerz? All diese Toten? All dieser Zwang? All diese Verbrechen?“

Sie schluchzte und fühlte, wie heiße Tränen über ihre Wangen rannen. Sie hatte gar nicht bemerkt… gar nicht bemerkt, dass sie begonnen hatte, zu weinen. Sie schluchzte laut auf. Ihre Stimme überschlug sich, klang halb nach einem erstickten Keuchen, halb nach einem strangulierten Schrei.
 

„Sorg dafür! Sorg für Gerechtigkeit! Das ist doch deine Aufgabe!? Oder bist du nicht die Göttin des Rechts? Warum tust du nichts?! Bitte, bitte, tu etwas!“

Sie schluchzte und schrie und schlug mit den Fäusten auf den Teppich ein und die raunenden Stimmen um sie herum bemerkte sie nicht. Auch nicht die mitleidigen Blicke, die verständnisvollen, die wütenden. Auch nicht Lees, der hilflos neben ihr saß und nicht wusste, was er tun sollte.

Sie bemerkte auch nicht die Tempelwächter, die auf sie zukamen. Die Priester, die empört waren, dass sie solch einen Aufstand in einem Tempel veranstalten konnte. Sie bemerkte nicht einmal mehr die Göttin, die Regungslose. Da war nur Schmerz und Wut. Und eine schreckliche Leere, die sich langsam in ihr ausbreitete und sie zu verschlingen drohte.

Die beiden Tempelwachen, die sich links und rechts von ihr aufbauten, um sie notfalls mit Gewalt hinauszuschaffen, entgingen ihrer Aufmerksamkeit. Ebenso wie Lee, der nun versuchte, sie auf die Beine und weit weg von hier zu bringen.

Aber sie bemerkte die sanfte Frauenstimme, die sagte: „Ich werde mich darum kümmern. Tretet zurück. Es ist alles in Ordnung. Kehrt zurück zu euren Angelegenheiten.“ Kleiderrascheln und wieder die Stimme. „Izumo?“ Jemand nahm sie sanft am Arm und half ihr aufzustehen, führte sie weg, tiefer in den Tempel herein.

Und es war ihr egal.
 

~~~~~~~
 

TenTen knallt mir durch. O__O;

Aber es ... gefällt mir irgendwie. XD" (Und es passt. u_u Sie darf das im Moment.)
 

Der nächste Part kommt dann in zwei bis drei Wochen oder so. u_u

Ich wünsch mir ein paar Kommis von euch! Ich mein, bei 36 Favos können sich doch ein paar Leute dazu herablassen, etwas dazu zu schreiben, oder? ~___~ (Merkt man, dass es mich nervt, wenn Leute meine Sachen favorisieren, aber nicht sagen, warum?)

Für alle, die bereits was gesagt: Ich bin euch wirklich dankbar! Da sieht man erst, wie rar Kommentarschreiber wirklich sind. u_u
 

Naja, bis dann ^^~

Sorca~

Vor den Toren des Himmels (Part II) - Shizune

Titel: Schicksalsbande

Teil: 4/?

Autor: Wolfsorceress

Fandom: Naruto

Rating: PG-14(?)

Warning: AU, (Am Rande wird Shounen-ai vorkommen)

Pairing: Neji x TenTen und noch ein paar.

Disclaimer: 'Naruto' gehört nicht mir und ich verdiene kein Geld mit dem Quatsch hier.
 

~~~~~~~
 

Sorry, dass ihr so lange warten musstet, aber wie gesagt, mein PC war kaputt (Mein PC ist übrigens schon wieder unpässlich. >__>" Wenigstens komm ich wieder an meine Daten. >_<) und ich muss noch meine Hausarbeiten fertig machen.

Dafür ist das Kapitel jetzt länger als die vorherigen, weil ich's auch nicht mehr teilen wollte. >D Wäre dumm und unpassend. *shrug*
 

Ich weiß nicht genau, ob ich mit dem Kapitel zufrieden sein soll, weil er sozusagen frisch aus der Feder kommt, aber passt schon... Ich will es jetzt nicht mehr verändern, weil ich auch nicht mehr weiß, wie. u_u
 

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Vor den Toren des Himmels - Part II: Shizune
 

Als TenTen erwachte, saß Lee neben ihr und starrte blicklos aus dem Fenster. Sein Gesicht hatte das übliche Lächeln verloren und wirkte ernst und verschlossen. Sie fragte sich, was er gerade dachte. Wenn er überhaupt etwas dachte.

Ihr Blick löste sich von ihm und wanderte durch den unbekannten Raum. Er war nicht groß und in der Ecke, die am weitesten von ihre entfernt war, befand sich eine Tür. Nur wenige Möbel befanden sich hier, ein Schrank an der Wand, zwischen einem kleinen Kachelofen und der Tür, ein Tisch, ein paar Stühle.

In der Wand über ihrem – was? Bett? – war eine Reihe Fenster eingelassen, durch die dunkelgoldenes Licht fiel. Sie konnte Dächer sehen, Häuser und einen flüchtigen Blick auf die Sonne selbst erhaschen, die sich bereits dem Horizont zuneigte. An den anderen Wänden hingen leichte, rote Gobeline, die mit goldenen Symbolen bestickt waren. Tsunades Symbolen.
 

War sie noch immer im Tempel? Aber – sollte man sie nicht hinausgeworfen haben? Nach allem, was geschehen war, nach allem, was sie getan hatte? Sie hatte die Göttin angeklagt! Sie hatte sie beschuldigt, nicht die zu sein, die sie war. Ihrer Rolle nicht würdig zu sein.

Mit einem Mal überkam sie tiefe Scham. Wie hatte sie das nur tun können? Ihr ganzes Leben hatte sie an Tsunade geglaubt, zu ihr gebetet, ihr Vertrauen in sie gesetzt. Sie war nie enttäuscht worden. Natürlich hatte sie nicht alles bekommen, um was sie gebeten hatte, aber es war auch nie wichtig gewesen.

Doch dann war die Katastrophe über sie hineingebrochen und jetzt fragte sie sich – war Tsunade jemals da gewesen? Hatte sie je die Stimme TenTens vernommen, wenn sie zu ihr gebetet hatte? Hatte sie überhaupt jemals jemanden gehört? Gab es sie denn?

Der letzte Gedanke traf sie wie ein Blitz und die darauf folgenden Gedanken waren schlimmer als alles andere.

War das nicht Blasphemie? So etwas auch nur zu denken? Natürlich gab es die Götter! Ihr ganzes Leben hatte sie von ihnen gehört, nach ihren Gesetzen gelebt, zu ihnen gebetet. TenTen weigerte sich, zu glauben, dass die Götter nichts taten, weil es sie nicht gab.
 

Es war leichter zu ertragen, wenn sie daran dachte, dass die Götter nichts taten, weil es ihnen egal war oder weil für sie alles nur ein Spiel war und die Menschen keine Bedeutung hatten für sie. Alles war leichter zu nehmen, zu verstehen, als diese Gedanke. Sie konnte nicht zusehen, wie die letzten Reste ihres Weltbildes zu Nichts wurden. Es war mehr, als sie würde ertragen können.

Sie drängte den Gedanken und die Zweifel weg. Es war besser, sie auf die bevorstehenden Aufgaben zu lenken. Auf ihre Familie, auf PeiPei, auf Lee. Auf Hilfe. Ganz egal, ob die Götter existierten oder nicht – ihre Aufgabe hatte nichts mit ihnen zu tun. Ihre Aufgabe lag darin PeiPei zurückzuholen.

Sie setzte sich auf. Ihr ging es, wie sie beinahe erstaunt feststellte, gut. Besser als in den letzten Tagen. Sie fühlte sich ausgeruht und wach, so, als könne sie aufspringen und große Taten vollbringen. Beinahe hätte sie über sich gelacht, denn dies alles erschien er wie ein großer Witz.

Vielleicht taten die Götter tatsächlich nicht, weil sie einfach viel zu viel Spaß daran hatten, die Menschen leiden zu sehen.

Vielleicht waren sie derartig grausam.
 

TenTen ließ resigniert ihren Kopf nach hinten sinken und riss sich aus ihren Gedanken, um sich auf ihre Umgebung zu konzentrieren. Sie lag auf einer Bank, bemerkte sie jetzt, und Lee hatte sich ihr zugewandt, sobald sie sich bewegt hatte.

Über sein Gesicht breitete sich sofort das altbekannte Lächeln aus, breit und strahlend. „TenTen!“ Er sprang auf wie von einer Sehne geschossen. „Du bist wieder wach! Ich hab mir schon Sorgen gemacht! Im Tempel, da hast du wirklich Staub aufgewirbelt und…!“

„Ja. Ja.“, unterbrach sie ihn und sie wusste nicht, ob sie sich schämen oder stolz darauf sein sollte, wegen dem, was sie im Tempel gesagt hatte. Sie hatte nicht nur sich in Gefahr gebracht damit, sondern auch Lee, der ihr Begleiter war.

Nicht auszudenken, was geschehen wäre, wenn die Leute aggressiver gewesen wären. Sie hätten sie in Stücke reißen können dafür, dass sie die beliebteste Göttin überhaupt beschuldigte, nicht das zu sein, was sie vorgab. Und die Tempelwachen… Sie wollte gar nicht daran denken.
 

Aber jetzt, wo sie zu diesem Punkt zurückgekehrt war – was war geschehen? Sie erinnerte sich noch an ihren Wutanfall, an ihre zornigen Worte, aber nicht mehr daran, was danach geschehen war. War nicht jemand gekommen, der sie weggeführt hatte? Oder war das nur eine Einbildung?

„Was ist geschehen, nachdem… na ja, nachdem ich…“ Sie schämte sich doch. Es war nicht recht gewesen, was sie getan und gesagt hatte. Tsunade konnte nichts dafür, dass die Leute sich derartig benahmen und die Würde, das Leben und die Rechte anderer Menschen in den Staub traten.

„Die hübsche Dame hat uns weggebracht. Hierher, wir sind immer noch im Tempel.“ Lee grinste.

„Welche Dame?“ TenTen war sich sicher, dass ihr die Verwirrung deutlich ins Gesicht geschrieben stand. Es war, als hätte sie eine riesige Lücke im Gedächtnis, als hätte ihr jemand die Erinnerungen gestohlen. Alles wirkte wie hinter dickem Nebel und jedes Mal, wenn sie darauf zuging oder danach griff, wich es wieder zurück.
 

„Eine Priesterin.“, erklärte Lee und holte damit weiter aus. „Sie kam plötzlich mit einer Wache an und hat alle anderen verscheucht. Sie sagte, sie würde sich um uns kümmern. Ihre Wache hat dich weggeführt und uns hierhin gebracht.“

Er zuckte die Schultern, das Lächeln war aus seinem Gesicht verschwunden und hatte einem ernsteren Ausdruck Platz gemacht. „Du bist dann einfach zusammengebrochen.“ Er klang besorgt. „Es ist doch alles in Ordnung mit dir?“

Es hätte nicht mehr viel gefehlt und er hätte geprüft, ob sie Fieber hatte oder so etwas, hatte sie das Gefühl, und nickte eilig. „Mir geht es gut. Sogar besser als gestern. Ich bin ausgeruht.“ Sie schwang die Beine von der Bank und stand auf, auch wenn Lee erschrocken meinte: „Vielleicht solltest du noch etwas langsamer ma…!“

„Blödsinn.“ Sie winkte ab. Ihr ging es hervorragend. Wenn man von der Tatsache absah, dass ihre Familie tot, ihre Schwester entführt und ihr eine riesige, unlösbare Aufgabe bevorstand, war die Welt absolut in Ordnung. Sie konnte Berge versetzen!
 

Lee wirkte trotzdem nicht überzeugt und sie ließ sich ihm zuliebe wieder auf die Bank sinken. „Hör zu, Lee.“, begann sie und nahm seine Hand. „Mit mir… ist wirklich alles in Ordnung. Ich bin nur etwas durcheinander und ich habe immer noch nicht überwunden, was mit meiner Familie geschehen ist. Aber es geht mir besser als … als vorher. Mir tut es auch nicht leid, dass ich … Tsunade angeschrieen habe.“ Trotz ihrer Scham. Nein, ihr tat es ganz sicher nicht leid.

Seine Augen weiteten sich, aber sie ließ ihn nicht zu Wort kommen, der zornige Funken kam zu ihr zurück. „Weil ich recht habe. Sie müssen etwas tun oder nicht?“ Sie schloss die Finger fester um seine Hand; sie bemerkte es nicht einmal. Lee verzog das Gesicht, sagte aber nichts.

„… Vielleicht müssen sie auch nichts tun, aber ich muss etwas tun. Und das werde ich. Dafür brauche ich alle Kraft, die ich habe und ich habe jetzt mehr als gestern.“ Und dennoch wusste sie, dass es nicht ausreichen würde. Wer war stark genug, sich gegen die Weltordnung aufzulehnen?

TenTen wurde mit einem Schlag klar, dass dies eines bedeutete: eine Person, die ihre Aufgabe vollbringen wollte, musste zu allem bereit sein. Wenn sie nicht genug Kraft hatte, sich allem zu stellen oder alles auszunutzen, was sich ihr bot, würde sie verlieren. Dann würde sie zu schwach sein. Sie fragte sich, ob sie sich für die richtige Entscheidung treffen würde, wenn es soweit war, und was überhaupt die richtige Entscheidung war.
 

Lee legte seine zweite Hand über ihre. „TenTen.“ Sie blickte auf, hatte gar nicht gemerkt, dass sie mit den Gedanken wieder abgeschweift war. „Ich werde dich begleiten. Was es auch kosten mag.“ Es klang wie ein Versprechen und sie fragte sich, ob er dieses Versprechen geben sollte.

Ein hartes Klopfen an der Tür ließ sie scharf zusammenzucken und Lee sprang auf wie von der Tarantel gestochen. Für einen Moment war es still im Zimmer, dann klopfte es noch einmal und die dunkle Stimme eines Mannes drang durch das Holz. „Ich komm rein…“

Die Person, die die Tür aufstieß, war ein junger Mann, ein Stück größer als TenTen, mit glattem, braunem Haar, das ihm über das rechte Auge fiel, und einem freundlichen, offenen Gesicht. Er trug einfache Kleidung aus Leinen und Wolle und an seinem ledernen Gürtel hing ein Dolch. Seine dunkelbraunen Augen blickten sie freundlich, aber prüfend an, als er sie kurz musterte.
 

Lee fing währenddessen an zu grinsen. Anscheinend kannte er ihn und seine nächsten Worte bestätigten ihren Verdacht: „TenTen, das ist Izumo. Er hat dich hierher getragen, nachdem du zusammengebrochen bist.“ Er klang fröhlich wie immer.

„Oh.“, machte sie und wusste nicht genau, was sie sagen sollte. Das Ganze war ihr peinlich, weil sie völlig die Kontrolle über sich verloren hatte. Es war nichts, was sie erneut erfahren wollte.

Izumo winkte ab und half ihr über ihre Verlegenheit hinweg. „Kein Problem. Sprechen wir lieber über etwas anderes. Zum Beispiel, was ihr jetzt macht. Shizune-o-nee-san wird gleich kommen.“ Er kratzte sich nachdenklich an der Stirn. „Ihr werdet ihr wohl das eine oder andere zu erklären haben.“ Er zuckte die Schultern.

TenTen senkte schuldbewusst den Kopf. Natürlich würden diese Leute sie nach ihrem Ausbruch fragen. Es gehörte sich einfach nicht, eine Göttin anzuklagen. Vor allem nicht in ihrem eigenen Tempel.

Izumo räusperte sich. „Nicht deswegen. Oder doch, auch deswegen, aber nicht…“ Er schien nach den richtigen Worten zu suchen.
 

Ein weiteres Klopfen half ihm darüber hinweg und er öffnete die Tür für eine junge, schlanke Frau und ihren Begleiter. Sie war hübsch, trotz des ungewöhnlich kurzen Haares, mit großen dunklen Augen und einem freundlichen Lächeln. Sie trug eine einfache, schwarze Tunika, die mit einer hellen Schärpe zusammengehalten wurde, über dem weißen Kleid und lederne Stiefel, die zwar von Qualität, aber nicht verziert waren.

Diese Frau verwirrte TenTen. Auf der einen Seite schien sie – musste sie – eine hohe Stellung einnehmen und viel zu sagen haben. Immerhin hatte sie ihnen aus der Misere geholfen bei einer Angelegenheit, die sie eigentlich in große Schwierigkeiten hätte bringen können.

Andererseits wirkte sie nicht wie eine hochgestellte Persönlichkeit in der Hierarchie des Tempels in dieser einfachen, unverzierten Kleidung und mit dem freundlichen Lächeln und Izumo hatte sie ‚Nee-san’ genannt, was nicht darauf hinwies, dass man ihr den Respekt einer mächtigen Person entgegenbrachte. Außerdem stand sie hier, in diesem kleinen Zimmer und hatte ihnen geholfen – welcher hohe Priester würde das schon tun?

Was also hatten TenTen und Lee von ihr zu halten?
 

Ihren Begleiter, der hinter ihr in das kleine Zimmer trat, das nun langsam überfüllt wirkte, bemerkte sie erst mit einiger Verspätung. Er war ein Stück größer als Izumo und sein Haar von beinahe der selben Farbe. Dort hörten die Ähnlichkeiten allerdings auf.

Der Neuankömmling wirkte lauter und impulsiver als Izumo, seine Haare standen wirr in alle Richtungen ab und seine dunklen Augen waren schmaler, misstrauischer. Gekleidet war er ähnlich wie Izumo, allerdings trug er nicht nur einen Dolch, sondern auch ein Schwert und er wirkte, als wüsste er genau, wie er mit der Waffe umzugehen hatte – und als würde er es mit Freuden tun, falls es nötig war.

Die Frau trat auf TenTen zu und neigte den Kopf zur Begrüßung. „Willkommen im Tsunadetempel von Rinkan. Ich hoffe, es geht dir gut?“ Ihre Stimme war dunkel und sanft und weckte sofort Vertrauen.

Die Angesprochene erwiderte den Gruß, auch wenn sie sich ungeschickt und tappig dabei vorkam. Aber die Frau lächelte nur. „Das ist schön. Mein Name ist Shizune und eine Priesterin hier. Dein Begleiter hat mich schon über dich aufgeklärt. Auch über dein Anliegen.“ Ihr Blick war scharf.
 

TenTen zuckte bei dem letzten Satz zusammen und richtete sich gerade auf, alarmiert und vorsichtig. Sie warf Lee einen scharfen Blick zu. Lee antwortete mit einem verlegenen Lächeln und rieb sich den Hinterkopf.

Hatten sie nicht ausgemacht, ihre … Angelegenheit für sich zu behalten? Sie konnten nicht herumgehen und es herausschreien! Sie konnten auch niemandem davon berichten, nicht einmal einer Person wie Shizune, die ihnen geholfen hatte und freundlich wirkte.

Shizune schüttelte den Kopf. „Du solltest ihm nicht böse sein. Es ist meine Schuld. Ich weiß, welche Fragen man stellen muss, damit man die gewünschten Antworten kennt.“ Sie seufzte und blickte einen Moment auf den Boden. „Ich weiß, es bringt nichts, aber ich möchte dir sagen, dass es mir Leid tut, was mit deiner Familie geschehen ist. Das hast du nicht verdient. Niemand hat das verdient.“

TenTen schwieg. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, wie sie reagieren sollte, auf diese plötzliche Freundlichkeit, die ihr einfach so angeboten wurde, von einer Frau, die sie gerade erst getroffen hatte.
 

„Ich kann auch verstehen, warum du im Tempel zusammengebrochen bist und sagtest, was du sagtest.“

TenTen wurde rot. „Ich… ich werde das nicht zurücknehmen, wisst Ihr?“, sagte sie leise, auch wenn ihre Worte provozierend waren, und scharrte unruhig mit den Füßen.

„Das erwarte ich auch nicht von dir. Zumindest jetzt noch nicht.“ Shizunes Stimme war ernst und kühl, aber nicht kalt. Sie drehte sich um und zog sich einen Stuhl heran. „Setz euch bitte, im Sitzen redet es sich leichter.“

TenTen folgte der Aufforderung ohne zu überlegen. Ihre Gedanken waren woanders. Bei allem was geschehen war – und bei dem, was geschehen sollte. Sie brauchte mächtige Hilfe. Tempel hatten Macht. Viel, vor allem die Tempel des Dreigestirns.

Sie warf der Frau einen Blick zu, dann einen zu den beiden Männern, die neben der Tür an die Wand gelehnt standen und so taten, als ginge sie alles nichts an. Fragen konnte nicht schaden, oder? Und auch, wenn sie doch in Gefahr lief, hinausgeworfen zu werden… Es war ihr egal. Sie musste jede Gelegenheit nutzen.
 

„Ich weiß, dass ist jetzt etwas unverschämt.“, platzte sie heraus, kaum dass Shizune sie wieder anblickte. „Aber ich möchte Euch um Hilfe bitten. Für meine Aufgabe. Bitte, ich wer…“

Die Priesterin hob die Hand und unterbrach sie. „Hier werdet ihr keine Hilfe bekommen.“ Ihre Stimme war ausdruckslos, so dass TenTen nicht sagen konnte, wie sie selbst darüber dachte. „Niemand wird auf euch hören und ihr habt weder Geld noch etwas anderes, was euch Vorteile bieten könnte. Die Priester sind fett und reich. Sie profitieren selbst von den Gesetzen und dem System. Wer nichts davon hat, ist nicht mächtig genug. So einfach ist das.“

Das Mädchen starrte sie an, den Mund halb offen, ehe sie die Lippen zu einem dünnen Strich zusammenpresste, während sie nach einer Antwort suchte. Sie wusste nicht, was sie fühlen sollte. Wahrscheinlich sollte sie enttäuscht sein oder wütend oder etwas anderes. Dabei fühlte sie sich einfach nur leer. Wo war die Energie hin, die sie vorhin noch erfüllt hatte? War sie einfach davon geflossen durch ein paar einfache Worte einer Frau?
 

„Aber…! Aber ich weiß nicht, wen ich sonst fragen soll!“ Es war nicht das, was sie hatte sagen wollen. Sie hatte sie beschuldigen wollen, anklagen, anschreien. Und jetzt klang sie wie ein kleines Kind, dass keinen Ausweg wusste. Wobei letzteres, wie ihr klar wurde, tatsächlich so war.

„Ich weiß auch nicht, zu wem du gehen kannst.“, erklärte Shizune. „Ich kann dir diese Entscheidung nicht abnehmen, aber du kannst einen Weg finden. Diese Tempel sind die falschen, denn sie sind schon lange selbst verfallen. Unser System ist schlecht und es verfault von Innen heraus und macht auch nicht vor diesen göttlichen Institutionen halt, bei denen du anscheinend Hilfe suchen wolltest.“

Shizune blickte sie an, als würde sie glauben, dass TenTen etwas darüber verstand. Das war jedoch nicht der Fall. Das Mädchen hatte keine Ahnung von Gesellschaft und Politik und Korruption. Sie war einfach nur dazwischen geraten, weil jemand ihre Schwester hübsch gefunden und sich dazu entschieden hatte, sie mitzunehmen.

„Mir tut es leid, was dir geschehen ist – und was überall in Konoha, in Xian-sha’o geschieht. Aber auch mir sind die Hände gebunden und ich kann nur begrenzt Dinge tun. Das, was du von mir verlangst, kann ich dir nicht geben. Wenn man euch erwischen würde und die Spur zu mir zurückverfolgt – was so sein wird – was glaubst du, was hier für eine Hölle los wäre?“
 

Sie schwieg und TenTen fragte sich, wie sie so unverschämt hatte sein können, diese Frage – diese Forderung – zu stellen. Die Priesterin hatte natürlich recht. Es war zu gefährlich, zu viel sprach dagegen, zu viel konnte schief gehen.

Aber… Aber trotzdem! Shizune sagte, sie täte ihr leid und sie wolle helfen und die Gesellschaft verfaule. Aber warum tat sie denn nichts dagegen? Würde sie einfach nur da sitzen und die Hände falten?

Die Stimme der Frau riss sie aus den Gedanken. „Aber das hast du nicht wissen können.“ Sie lächelte das Mädchen an. „Mach dir keine Sorgen.“ Sie erhob sich und strich ihre Tunika glatt. „Ihr könnt für einige Tage hier bleiben, bis ihr bereit für die Weiterreise seid. Macht euch keine Sorgen, niemand wird euch hinauswerfen.“

Sie blickte sich im Zimmer um. „Falls ihr noch etwas braucht, dann sagt jemandem bescheid.“ Ihr Lächeln war freundlich. „Wir werden noch einmal miteinander sprechen, wenn du etwas weniger aufgeregt bist.“

Als die Priesterin den Raum verließ, mit Izumo und Kotetsu im Schlepptau, wusste TenTen noch immer nicht, was sie von ihr halten sollte. Shizune war ihr ein Rätsel.
 


 


 

Sie blieben mehrere Tage im Tempel. Shizune bestand darauf; TenTen wusste nicht, wieso, aber sie war dankbar und froh darum. Es kam ihr zwar alles sehr seltsam vor, dass man ihr, dem Mädchen, das eine Göttin angeklagt hatte, einen Raum gewährte in dem Haus eben jener Göttin. Aber sie sagte nichts. Man sollte den Dämon nicht an die Wand malen, sonst kam er vorbei, sagte ein altes Sprichwort und sie hielt sich daran.

Das angekündigte Gespräch führten sie zwei Tage später, als Shizune ihr zufällig im Gang über den Weg lief. TenTen erinnerte sich nachher kaum mehr über das Gespräch, nur, dass die Priesterin sich nach ihrem früheren Leben erkundigt hatte, nach Lee und PeiPei, nach dem Vorfall.

Sie war nett und freundlich und danach fühlte TenTen sich so viel besser, dass sie sich fragte, ob Shizune eine Art Zauber über sie verhängt hatte, während sie redeten. Oder ob es eine so große Erleichterung war, mit jemand anderem als Lee darüber zu sprechen.
 

Sie verbrachte Stunden um Stunden an dem Fenster in dem kleinen Raum, in dem sie schlief, und wollte nicht einmal Lee als Gesellschaft haben. Der Junge bemerkte dies schnell und ließ sie allein. Stunden um Stunden, nur manchmal kam er vorbei und setzte sich zu ihr.

Sie fragte sich jedes Mal, wie er es machte, genau zu diesen Zeitpunkten die Tür zu öffnen und sich leise in das kleine Zimmer zu stehlen, wenn sie sich einsam und verzweifelt fühlte, dass sie schreien wollte. Aber ihn fragte sie nie. Sie saßen nur zusammen und schwiegen. Manchmal redeten sie, meistens, während sie mit den Bediensteten des Tempels und den Priesternovizen beim Essen in der großen Halle saßen, die alle nutzten.

Zu Beginn grübelte sie danach, wie man sich Mensch nennen konnte und diese Grausamkeiten zuließ, die die Hohen und Edlen begingen.

Dann ging sie dazu über, sich in Gedanken darüber zu beschweren, das niemand etwas tat, nicht einmal jemand wie Shizune. Sie musste Einfluss im Tempel haben. Sie sagte, sie würde mit TenTen und PeiPei und all den anderen Opfern fühlen. Aber warum tat sie dann nichts?! Es musste doch etwas zu tun sein!

Man konnte sich nicht einfach die Situation ansehen und sagen, dass man sowieso nichts tun konnte, lassen wir es! Irgendwas musste man doch tun! Irgendwas…! Aber niemand tat etwas, keine hohe Person, die die Ungerechtigkeit sah und Mensch sein wollte und eben nicht nur so tat, als wäre sie menschlich. Konnte jemand, der so etwas zuließ, menschlich sein?
 

Diese gesamte Situation machte TenTen sprachlos. Sie verstand es einfach nichts, wie man alles sehen und registrieren und wissen konnte und nichts dagegen tat. Die einzigen, die wirklich handelten waren Leute wie sie und Lee. Bauern, halbe Kinder noch. Sie waren machtlos und TenTen wurde sich langsam dem ganzen Ausmaß ihrer Schwäche und Hilflosigkeit bewusst, je länger sie hier am Fenster saß und darüber nachdachte.

Wie konnte sich jemals etwas ändern, wenn alle so handelten? Aus Angst oder Gier oder Hass oder Selbstsucht – wo würde das alles enden? Aber andererseits ging sie das nichts an. Sie wollte nur PeiPei zurück und vielleicht Genugtuung über den Tod der Eltern. Letzteres war jedoch zweitrangig geworden, was zählte, war einfach nur noch ihre große Schwester, die immer für sie da gewesen war, wenn sie sie gebraucht hatte.

Was mochte sie ertragen in den Händen dieser Adligen? Lebte sie überhaupt noch? TenTen hoffte es. Ging es ihr gut? TenTen bezweifelte es. War sie glücklich? TenTen wusste, dass es nicht so war, nicht so sein konnte.

Aber sie wollte es ändern. PeiPei war stets für sie da gewesen, jetzt wollte sie hingehen und für ihre Schwester da sein. Wenn sie nur nicht so verdammt schwach wäre. Schließlich kam sie erneut zu der Idee, dass sie Hilfe brauchte.

Hier im Tempel würde sie keine finden, das hatte Shizune ihr deutlich klar gemacht. Aber wenigstens konnte sie hier ihren nächsten Schritt planen, denn die Priesterin hatte auch gesagt, sie würde die beiden Jugendlichen nicht vor die Tür setzen.
 

Wenn sie nicht hier Hilfe bekommen würde, musste sie woanders hin. Wo gab es Menschen, Mächte, die stark genug für diese Aufgabe waren? Sie mussten Kraft haben, Einfluss, Geld. Oh, TenTen konnte eine Reihe von Leuten nennen, die diesen Kriterien entsprachen. Aber sie musste sich auch sicher sein, dass ihre Hilfe sie auch wirklich unterstützen würde. Das schränkte ihre Liste sehr ein. So sehr, dass niemand mehr übrig blieb?

Also – wo ging jemand wie sie hin, um machtvolle Helfer zu bekommen?

TenTen starrte über die Dächer und grübelte nach. Tagelang. Der Gedanke, der ihr zuerst gekommen war, hatte sie so erschreckt, dass sie ihn sofort wieder hatte fallen lassen. Es war eine Ungeheuerlichkeit und sie wagte nicht einmal zu überlegen, wie er gekommen war, wie sie daran hatte denken können.

Sie schob ihn weg und wollte ihn vergessen und nie mehr darauf zurückkommen, aber es half nicht. Langsam, aber stetig und beinahe unsichtbar schob er sich in ihre Gedankengänge zurück, drängte sich auf, unauffällig, aber immer stärker. Und TenTen schob ihn irgendwann nicht mehr von sich. Sondern zog ihn an sich, wälzte ihn im Kopf hin und her und grübelte darüber nach.
 

Sie erschrak erneut über sich, als sie daran dachte, dass sie so etwas überhaupt in Betracht zog. Aber dann – was hatte sie jetzt noch für eine andere Wahl? Natürlich, sie konnte nach Hause gehen und alles auf sich beruhen lassen, aber sie würde eher freiwillig sterben als das geschehen lassen, darum dachte sie über diese andere Möglichkeit nach.

Es war die einzige realistische Lösung, die ihr einfiel. Und sie gefiel ihr. Immer besser, je länger sie darüber nachdachte. Der Himmel hatte sie abgewiesen… Niemand durfte sich darüber beschweren.

Sie suchte sich eine Karte – Izumo war immer freundlich zu ihr und Lee und lieh ihr eine – und saß brütend darüber, maß Entfernungen, grub in ihren Erinnerungen nach den paar Dingen, die sie über die möglichen Ziele ihrer nächsten Etappe wusste.

Bald war ihr klar, welche Richtung die schnellste war, vielleicht sogar die beste. Die Reise würde länger sein als jeder Weg, den sie je in Betracht gezogen hatte, viel länger. Auch schwieriger, sie war bodenständig genug, das zu sehen. Auch, dass ihr Gefahren bevorstehen würden, von denen sie kaum träumen konnte, zog sie in Betracht.

Sie hoffte das Beste und schickte ein Stoßgebet zu Tsunade, ehe ihr bewusst wurde, wie lächerlich und ironisch dies war, also ließ sie es bleiben, das Gebet unbeendet. Tsunade würde ihr wohl jetzt nicht mehr beistehen, nicht nach diesem Entschluss.

Sie stand auf und brachte Izumo die Karte zurück. Dann kehrte sie in das kleine Zimmer zurück und fragte sich, wie sie es Lee beibringen konnte.

Ob er es ihr verzeihen würde?
 


 


 

„Lee, ich habe meinen Entschluss gefasst.“ Sie blickte aus dem Fenster, aber sie bemerkte die Dächer, über die sie hinweg sah, nicht. Sie erkannte kaum etwas, denn ihre gesamte Aufmerksamkeit wurde von Lee eingenommen, der hinter ihr saß. Sie drehte sich um. Sie wollte ihn ansehen, wenn sie ihm sagte, was sie tun würde, sie wollte seine Reaktion sehen.

„Ich gehe zum Wassertempel. Ich weiß,… dass das nicht… richtig ist, aber ich werde es dennoch tun. Ich verstehe, wenn du mich jetzt verlassen wirst und ins Dorf zurückkehrst. Tut mir Leid, dass unsere gemeinsame Reise so schnell zu Ende ging.“

„Aber…“, begann der Junge und klang nahezu verzweifelt. Wollte er nicht, dass sie ging? Sich dieser Gefahr aussetzte? Oder bei diesen Mächten um Hilfe bat? Sie hatte diese Entscheidung aber schon getroffen. Sie hatte lange darüber nachgedacht. Sie würde ihre Meinung nicht mehr ändern. Ihr Entschluss stand fest.

„Bitte, Lee, unterbrich mich nicht, es ist schon so schwer genug, dir das zu sagen. Ich hoffe, dass du nicht allzu schlecht von mir denkst und…“
 

„Aber ich werde dich nicht allein lassen!“ Er war lauter geworden, dass sie ihn nicht mehr einfach übergehen konnte. „Es ist mir egal, wo du hingehst, ob in einen Tempel, zur Wasserschule oder direkt in die Unterwelt, es ist mir ganz egal! Ich hab dir gesagt, ich gehe mit dir und ich werde meine Meinung nicht ändern. TenTen, lass mich nicht zurück, ja?! Du bist doch meine Schwester. Und PeiPei ist… mir auch wichtig. Ich will aber nicht, dass du alleine gehst, schon gar nicht dahin und so eine weite Reise! Ich will dich begleiten. Lass mich jetzt nicht zurück.“ Den letzten Satz hatte er beinahe geflüstert.

Sie starrte ihn an und wusste nicht, was sie denken sollte. „Aber…“ Nach Luft schnappend suchte sie nach den richtigen Worten. „Das ist viel zu gefährlich, Lee! Und … dieser Weg, den ich gewählt habe, diese Entscheidung… Lee, du kannst nicht alles aufs Spiel setzen deswegen und…“

Lees plötzliches Grinsen überraschte sie so sehr, dass sie verstummte. „TenTen, das hatten wir doch alles schon. Ich habe gesagt, ich gehe mit dir.“

Sie blinzelte und dachte an das Gespräch zurück, in jener Nacht, als sie sich aus dem Dorf davon gestohlen hatte. Er hatte recht. Sie hatte ihre Worte wiederholt. Und er wiederholte seine. Er würde sich nicht zurückschicken lassen und wieder hatte sie dieses Gefühl, dass sie verdammt froh darum war, dass er bei ihr war und sie begleiten würde. Bis zum Ende…

Jetzt hatte sie wirklich die Gewissheit, dass er immer bei ihr sein würde, bis sie PeiPei wieder hatten.
 


 


 

Shizune kam so schnell ihre Pflichten es zuließen. Sie ließ kurz ihren Blick über die gepackten Bündel gleiten, über die säuberlich zusammengefalteten Decken, die sie in der Nacht benutzt hatten, und über ihre entschlossenen Gesichter. „Ihr brecht also auf.“ Es war keine Frage. Sie lächelte. Erleichtert? „Darf ich erfahren, welches Ziel ihr habt?“

Lee warf seiner Freundin einen kurzen, fragenden Blick zu und bemerkte das trotzige Blitzen in ihren Augen. Sie reckte das Kinn vor und erklärte provozierend: „Wir gehen zum Wassertempel.“ Sie schwieg und auch Shizune sagte kein Wort, ihr Gesicht unleserlich. Was dachte sie jetzt wohl über sie beide?

„Es ist mir egal, ob Ihr mich jetzt verachtet.“, erklärte TenTen, obwohl sie dachte, eigentlich wäre eher das Gegenteil der Fall. Trotz allem war Shizune eine Hilfe gewesen und freundlich und TenTen mochte sie. Die Achtung der Priesterin bedeutete ihr etwas. Dennoch ließ sie sich ihre Gefühle nicht anmerken.

„Das war mein Entschluss und meine Entscheidung. Lee begleitet mich, weil er mich nicht allein lassen will.“ Sie warf ihrem Freund einen kurzen dankbaren Blick zu. „Also denkt nicht schlecht über ihn. Es ist mir völlig egal, was Ihr von mir denkt, ob Ihr mich jetzt verachtet oder hasst oder…!“ Sie schwieg einen Moment. Nicht, weil sie die Worte bereute „Vielleicht solltet Ihr wissen, dass ich auf Eure Meinung nichts zähle, wo Ihr hier steht und anscheinend Macht habt und sie nicht für das nutzt, was richtig ist. Ich…!“
 

Shizune hob die Hand und unterbrach sie. „Du musst nichts sagen, TenTen.“ Ihre Stimme war sanft und ruhig und ohne jegliche Spur von Abscheu oder Geringschätzung. „Es ist deine Entscheidung. Ich respektiere und verstehe sie. Und ich verachte dich nicht, wer wäre ich, wenn eich es täte? Wer bin ich, dir dein Recht auf freie Entscheidungen absprechen zu können? Aber ihr müsst euch im Klaren sein, dass dieser Weg äußerst gefährlich ist. Mit den Mächten der Vier Elementtempel spielt man nicht.“ Sie verstummte und blickte sie beide ernst an.

„Wir…“, begann TenTen zu protestieren, aber die Priesterin unterbrach sie erneut.

„Ich bin sicher, ihr werdet das richtig handhaben.“ Ihre dunklen Augen wandten sich zu Lee. „Pass gut auf deine Freundin auf, mein Junge. Es wird schwer werden für euch. Und du, TenTen… Verliere nicht den Weg aus den Augen, den du dir gewählt hast.“

Das Mädchen begegnete ihrem Blick fest und nickte. Vielleicht verstand sie jetzt noch nicht ganz, wohin dieser Weg, der vor ihr lag, führte, wie schwer und steinig er werden würde.

Aber sie wusste, sie wollte nicht daran scheiten.

Sie wollte nicht aufgeben und einen anderen wählen. Sie hatte sich dafür entschieden, ihre Meinung zu vertreten, sich für Dinge einzusetzen, die die Welt scheinbar schon lange vergessen hatte, die untergegangen waren durch die Herrschaft der Adligen über die Bauern, die ärmere Bevölkerung.

Auch wenn dies bedeutete sich gegen die Götter selbst zu stellen.

Aber Shizune, die eine direkte Unterstellte von einem dieser Götter war, schien sie zu verstehen. Versuchte nicht, sie aufzuhalten und umzustimmen, auch nicht, sie in ihr Dorf zurückzuschicken. Im Gegenteil, TenTen hatte eher das Gefühl, dass Shizune wollte, dass sie ging. Dass sie ihrem Weg folgte und nicht abwich. Sich gegen die göttlichen Gesetze einsetzte.
 

„Ich habe eine Bitte an euch.“

TenTen schreckte auf, als Shizune erneut sprach. „We…wenn wir helfen können…?“, begann sie unsicher und misstrauisch, doch die Priesterin winkte lachend ab.

„Es wird euch wohl eher zu Gunsten kommen und keine Probleme bescheren. Ich habe einen Brief an den Wasserlord und da ihr sowieso auf dem Weg zum Nördlichen Tempel seid… Würdet ihr ihn für mich überbringen?“

„A…aber natürlich!“, rief Lee und strahlte. „Mit Vergnügen!“

Shizune lächelte über seinen Enthusiasmus und verbeugte sich leicht. „Vielen Dank.“ Sie griff in ihren weiten Ärmel und zog einen sauberen, weißen Umschlag heraus. Ein goldenes Wachssiegel verschloss ihn.

TenTen nahm ihn zögernd entgegen. „Der Wasserlord wird schon bescheid wissen und ich denke, wenn ihr ihm den Brief übergeben habt, wird er eher bereit sein, euch zu helfen.“

Wieder einmal fragte TenTen sich, wer Shizune überhaupt war. Eine normale Priesterin konnte sie doch nicht sein? Immerhin kannte sie den Wasserlord und dies scheinbar persönlich!

Und der Wasserlord war nicht irgendwer. Er war der Oberste Hexenmeister der Wasserschule, ein Mann, der über enorme Magie verfügte und über die Fähigkeiten, diese Magie auch richtig anzuwenden. Er hatte Macht – gefährliche Macht, die selbst den Adligen schaden konnte.

Dies war auch der Grund, warum TenTen sich auf den Weg in den Norden machte, um den Wassertempel aufzusuchen. Sie barg Shizunes Brief in ihrer Tasche und folgte der Priesterin auf den Hof hinaus, wo der Esel bereits auf sie wartete.
 

~~~~~~~
 

Wer errät, wer der Wasserlord ist, kriegt was von mir. |D Ich mag die Besetzung dieser Rolle. *lol*
 

Jedenfalls...

Das nächste Kapitel kommt dann irgendwann in 3 - 4 Wochen oder so, ich weiß noch nicht, weil ich noch 'ne andere Fic anfangen werde, weil ich einen Narren an einem gewissen Pair *coughPeinKonanchough* gefressen habe und unbedingt etwas Längeres dazu schreiben will.
 

Wünsch mir trotzdem ein paar Kommentare. :D
 

Bis dann

Sorca~

Auf der Straße

Titel: Schicksalsbande

Teil: 5/?

Autor: Wolfsorceress

Fandom: Naruto

Rating: PG-14(?)

Warning: AU, (Am Rande wird Shounen-ai vorkommen)

Pairing: Neji x TenTen und noch ein paar.

Disclaimer: 'Naruto' gehört nicht mir und ich verdiene kein Geld mit dem Quatsch hier.
 

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Soooo...

Letztes Kapitel für heute, das ich hochlade. :D *noch zwei andere Sachen geupdatet hat.

Jedenfalls... Das Kapitel ist schon wieder länger als das letzte. *nervnerv* Und Lee ist an einer Stelle OOC. >_<

Sorry, dass es so langweilig ist, aber ich musste euch erst einmal etwas über die Welt erzählen, bevor das richtig losgehen kann. *drop* Vielleicht interessiert sich ja jemand dafür. Karte wird's wohl - im Gegensatz zur Saga - keine geben, es sei denn, es beisst mich irgendwann und ich schaffe es tatsächlich, das Ding irgendwo zu scannen...
 

Wie auch immer...
 

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Auf der Straße
 

Der Wind blies durch ihre Haare und Kleidung und spielte mit den jungen Blättern der Bäume und Sträucher, die die Wegränder zierten. Das Land war hier flach und größtenteils beackert oder wurde als Weide genutzt. Wassergräben und Zäune teilten die Flächen in unregelmäßige Vierecke ein.

Menschen arbeiteten darauf, Tierherden – vor allem Kühe – fraßen das junge Gras ab und die Sonne schimmerte auf den Wasserflächen, die die Reisfelder bedeckten, in denen Menschen herumwateten und ihrer Arbeit nachgingen.

Der Esel folgte ihnen willig und ohne Trödeleien, die er sonst gerne an den Tag legte. In den letzten zwei Wochen, in denen sie Rinkan, den Tsunadetempel und Shizune hinter sich gelassen hatten, hatte er sie oft genug spüren lassen, dass er auch einen Kopf hatte, den er gerne einmal durchsetzte. TenTen war froh, dass er meistens freiwillig mit ihnen kam.

So kamen sie rasch voran, rascher, als sie geglaubt hatte, als sie ihren Weg auf Izumos Karte verfolgt hatte. Sie hatte gedacht, sie würden mindestens vier Wochen brauchen, um an ihr Ziel zu kommen. Jetzt revidierte sie ihrer Meinung und tippte auf drei.

Aber das war ihr ganz recht so. Sie waren einige Zeit in Rinkan geblieben, auch wenn sie das Verstreichen der Tage kaum bemerkt hatte. Nicht einmal an die Frühlingstagundnachtgleiche hatte sie sich erinnert, sondern sie in ihrem Zimmer im Tempel verbracht, während sie sich wunderte, warum es auf den Straßen so laut war.
 

Lee dagegen hatte sich Kotetsu und Izumo angeschlossen, die sich ohne ihre ‚Nee-san’ auf den Weg und die Straßen unsicher gemacht hatten. Zuhause hatten sie den Beginn des Frühlings stets mit einem großen Fest gefeiert, auf dem Dorfplatz, mit einem riesigen Feuer, über dem blutiges Fleisch briet, dass das Fett in das Feuer tropfte, und mit den letzten Kartoffeln vom Vorjahr, die in Erde gepackt in der Glut schmorten.

Sie hatten getanzt und gesungen, stets war das gesamte Dorf anwesend, selbst Chi und Lee wurden niemals ausgeschlossen. In Rinkan wurde das Fest ähnlich abgehalten, nur ungleich größer, mit Jahrmarksständen, die die Straßen säumten, Gauklern und ziehenden Schaustellern, die den Leuten ihre besten Kunststücke vorführten. Fahrende Musikanten und Barden hatten zum Tanz aufgespielt und das Lachen und Singen der Leute trug bis zum Himmel.

So zumindest hatte Lee es beschrieben, mit begeisterten Worten, weiten Gesten und schnellen Bewegungen. TenTen selbst hatte es kam mitbekommen. Einerseits war sie beleidigt, weil Lee sie nicht abgeholt hatte, bevor er mit Kotetsu und Izumo im Gassengewirr verschwunden war, andererseits war es ihr ganz recht so, denn sie hätte sich sicher nicht dazu in der Lage gefühlt zu feiern.
 

Gewissermaßen ging es ihr noch immer so. Die Trauer um ihre Eltern und der Zorn und das Verlustgefühl, das sie wegen PeiPei empfand, lagen ihr noch immer schwer im Magen. Sie hätte den dreien wahrscheinlich nur das Fest verdorben und sie wollte keine Spielverderberin sein.

So dagegen hatte sie vor sich hin brüten und nachdenken können, ohne das sie jemand störte, und war zu einigen Schlüssen gekommen neben dem Entschluss den Wassertempel aufzusuchen und die Hexenmeister dort zu bitten, das Tor für sie zu öffnen. Es war jetzt alles leichter zu ertragen und ihr Kopf war wieder klar.

Sie konnte sogar über Lees lebendige Beschreibungen von dem Fest und den Ereignissen –währenddessen lachen, wie sie es früher getan hatte, wenn er erzählte. Das war etwas, was er wirklich gut konnte.

Er war ihr wie ein Licht in der Dunkelheit. Das war vielleicht etwas drastisch ausgedrückt, aber ohne ihn wäre diese Reise zu etwas verkommen, was sie nicht erleben wollte. Langeweile, ungewollte Avancen und gewalttätige Übergriffe waren nicht das, was auf ihrer Wunschliste der Erlebnisse standen, die sie durchmachen wollte.
 

Auch so hatten sie mit genug Problemen zu kämpfen. Sei es das Wetter, das sich zeitweise verschlechtert hatte, die Straßen, die überfüllt waren von Menschen, das Geld, das ihnen knapp zu werden drohte, weil TenTen ihre Reserven nicht anrühren wollte – sie hatten immerhin noch einen langen, langen Weg vor sich – oder Pöbeleien von Männern, die sicher nicht die großen Krieger waren, für die sie sich hielten. Ihre abgerissene, zusammengewürfelte Kleidung und die alten, wenn auch gut in Stand gehaltenen Waffen sprachen davon, dass sie Söldner waren.

Die Straße, die TenTen und Lee nutzten, war eine der größeren Handelsstraßen, die sich quer durch den Kontinent zogen, und das Volk, das sich darauf tummelte, gehörte allen Standesschichten, Nationen und Arten an. Der Abschaum der Gesellschaft fand man hier und TenTen und Lee waren keineswegs erpicht darauf, Bekanntschaft damit zu schließen.

Dennoch, es waren weniger ungehobelte Personen, als TenTen gedacht und befürchtet hatte. Die meisten Leute waren freundlich zu ihnen, wann immer man ihnen begegnete, selbst ohne ihre Geschichte von den armen Waisengeschwistern, die auf dem Weg zu entfernten Verwandten im Norden waren.
 

Öfters bot ihnen ein Bauer an, sie auf seinem Heuwagen oder Ochsenkarren mitzunehmen und sie nahmen stets dankend an. Das brachte sie schneller voran, außerdem war es mehr oder weniger bequem und der Esel machte niemals Zicken, wenn er hinter einem Karren herlief.

Ihr Weg hatte sie sehr strikt nach Norden geführt.

Konoha war das Land, das zwischen Iwa im Osten und Suna im Westen lag und im Norden die Grenze mit Mizu teilte. Diese vier Großmächte beherrschten den Kontinent. Daneben gab es noch eine Reihe von kleineren Ländern, die nahezu abhängig waren von den größeren um sie herum.

Natürlich kannte TenTen die Witze über die ‚drei Großmächte und Mizu’, aber die Realität sah dennoch so aus, dass auch das nördlichste, ärmste und kleinste Land in der Außenpolitik etwas zu sagen hatte. Davon wiederum verstand sie so gut wie gar nichts, aber das machte nichts. Einige Dinge konnte sie doch sehen.

Das mächtigste Land von Xian-sha’o war Konoha selbst mit seinen weiten Gebieten, die für die Landwirtschaft gebraucht wurden, den hellen Laubwäldern und den niedrigen Bergen an der nördlichen und östlichen Grenze. Es nahm auch die größte Fläche ein, aber wichtiger war, dass es die reichere Fläche war.
 

Bodenschätze und gute Böden für den Ackerbau sowie hervorragende Grundlagen für Viehzucht, das bot Konoha. Im Süden deckte es beinahe den gesamten Küstenstreifen ab und auch die Inselkette davor gehörte zu dem Festland. Damit boten sich auch riesige Fischgründe an ebenso wie die Muschelgebiete, wo auch Perlen gewonnen wurden.

Mehrere Volksgruppen lebten vereint unter einer Herrschaft. Die Sukari nahmen den größten Teil der Bevölkerung ein und auch die meisten Adligen – darunter die kaiserliche Familie – gehörten dieser Herkunft an.

Im Süden gab es viele Jhorsgader – sie sollten goldene Haare haben, hatte TenTen gehört – aber von denen hatte sie noch nie einen gesehen. Sie hatte auch nie geglaubt, es jemals zu tun. Aber ebenso hatte sie geglaubt, bis an ihr Lebensende in dem kleinen Ecken Konohas zu verbringen, in dem sie geboren und aufgewachsen war. Jetzt fragte sich, wie sich ihre Welt noch vergrößern würde, denn das tat sie Tag für Tag.

Das Gebiet, in dem TenTen gelebt hatte, zeichnete sich durch seine hohe Zahl an Toukin aus, dem Volk, dem auch sie und Lee angehörten. Es gab noch mehr Volksgruppen in Konoha, doch im Grunde hatte sie bis jetzt nur zwei davon gesehen, Toukin und Sukari. Im Osten gab es viele Jinkaya, denn dieses Volk machte den größten Teil der Bevölkerung in Iwa aus und die Grenzen auf dieser Seite Konohas hatten sich so oft verschoben, dass manche Leute keine Ahnung hatten, welchem Reich das Land, auf dem ihre Hütten standen, angehörten.
 

Iwa war ein bergiges, zerklüftetes Land voller Wind und Stein und Wäldern. Es war nicht so groß wie Konoha, aber größer als die anderen beiden. Seinen Reichtum gewann es vor allem durch Holzverarbeitung und Bodenschätze – der größte Teil der verbrauchten Metalle kam aus Iwa und diese waren auch die einzigen Vorteile, die die bergige Landschaft zu bieten hatte.

Das Leben dort sollte hart sein, hatte TenTen gehört, aber natürlich würde sie nicht darauf schwören. Sie war nie dort gewesen, sondern hatte nur die Geschichten der durchreisenden Händler gehört. Denn trotz allem – Rinkan und ihr Dorf hatten nicht so weit von der Grenze nach Iwa entfernt gelegen, wie es sich angefühlt hatte. Natürlich war sie unerreichbar für sie gewesen, aber sie war näher als der Weg nach Mizu und dem Wassertempel. Die Ausläufer des Gebirges, das Iwa zum größten Teil einnahm – die Krone der Ewigkeit – erstreckten sich teilweise bis nach Konoha.
 

Suna im Westen des mittleren Reiches war beinahe ebenso groß wie Iwa, aber bedeutend ärmer, wenn die Bevölkerung auch zu stolz war, das jemals zuzugeben. Stolz, aggressiv und von hoher Kultur, dies sagte man über die Al Shar, die im Grunde das einzige Volk war, das dieses Reich bewohnte.

Einige kleine Stammesgruppierungen, deren Ahnen dort schon gelebt hatten, als die Welt noch nicht einmal von den Al Shar, den Sukari und all den anderen Völkern geträumt hatte, gab es auch noch, aber diese wurden meistens so schnell übergangen wie die Ratten in einem Stall.

Die Grenze zwischen Suna und Konoha bildete der größte Fluss Xian-sha’os, der Tir’kesh, der in den Bergen entsprang und sich von Norden nach Süden durch den Kontinent arbeitete. Burgen und Festungen saßen an seinen Ufern und bewachten ihr jeweiliges Gebiet eifersüchtig gegenüber den Nachbarn.

Früher hatte es dort so viele Kriege gegeben, dass man das Flussufer beinahe zu einer ständigen Kriegszone erklärt hatte. Schließlich hatten sich der Kaiser von Konoha und der Kalif von Suna zusammengesetzt und einen Vertrag ausgearbeitet. Seitdem herrschte Waffenruhe am Tir’kesh, wenn man von kleineren Scharmützeln hin und wieder absah, denen man kaum Beachtung schenkte.
 

Für Suna bedeutete der Tir’kesh Leben. Suna war eine Wüste, wenn man sich zu weit von dem Fluss entfernte und manche sagten, dass das Land auf der einen Seite so grün und fruchtbar und auf der anderen Seite des Wassers so trocken und leer war, war eine Strafe der Götter.

Es gab einige Legenden darüber, Chi hatte sie alle gekannt. Ob dies wirklich so war oder die trockenen Bedingungen des Landes nur von der Natur abhing – vielleicht den Bergen im Norden, die nicht bis nach Suna reichten oder den Wasserströmungen des Meeres auf der westlichen Seite des Reiches – wusste TenTen nicht.

Im Süden und Westen zog sich eine zerklüftete Gebirgskette an der Küste entlang, deren Stein rot und gelb sein sollte und aus dem man das begehrte schwarze Metall barg, das man Hrilem nannte. Daraus und aus der Pferdezucht gewann Suna sein Geld, denn außer goldenem Sand und scharfem Wind hatten sie nicht mehr zu bieten.

Im Nordwesten, beinahe auf gleicher Höhe mit Mizu, wo das Land kälter, aber nicht weniger rau und trocken war, erhob sich eine ganz besondere Burg, von der TenTen schon geträumt hatte.
 

Jedes Mal, wenn jemand sie beschuldigt hatte, den Männern ihre Arbeit wegzunehmen. Jedes Mal, wenn ihre Eltern enttäusch darüber waren, dass sie nicht wie PeiPei und auch kein Junge war. Jedes Mal, wenn man ihr gesagt hatte, dass sie sich nicht wie ein richtiges Mädchen benahm.

Dort stand Hakka’Tha, die Festung der Amazonen, jener Frauen, die sich von ihren Familien, ihren Völkern, ihrer Herkunft losgesagt hatten und sich den wilden Kriegerinnen angeschlossen hatten, die die Burg ursprünglich erbaut hatten. TenTen wusste nicht viel darüber, nur, dass es ein Traum war.

Die Amazonen beanspruchten einen Teil Sunas für sich, bebauten ihn, pflegten ihn, beschützten ihn. Der Kalif von Suna sollte nicht ganz so begeistert davon sein, sollte es nie gewesen sein, dennoch ließ er sie gewähren, denn er konnte sich keinen Krieg in seinem eigenen Land leisten, vor allem nicht gegen Gegner wie diese, die sich nicht wirklich als Gegner sahen, eher als eine Art seltsamer Verbündeter. Jedenfalls hatten sie nie gegen den Willen des Kalifes gehandelt, auch wenn sie auf ihre eigenen Rechte bestanden.
 

Eingeklemmt zwischen Suna, Iwa und Konoha lag Mizu. Es war bei Weitem das kleinste und ärmste der vier großen Reiche. Sturmumtoste Hochebenen zwischen einer Kette von Bergen, einen Streifen dichter Nadelwälder und eine endlos erscheinende Tundra machten dieses Land aus.

TenTen hatte selten etwas gutes über dieses Land gehört, das sich nur mit Mühe seinen Platz unter den vier Großmächten behauptete und auch nur in dieser Stellung geduldet wurde, weil einer der Vier Tempel der Elemente sich dort befanden, der Tempel des Wassers. Er lag weit im Süden, noch in dem Gebirge, die Mizu von dem südlicher gelegenen Land trennten, den Blaukristallbergen, die im Grunde noch zu der Krone der Ewigkeit gehörten.

Die anderen drei Tempel erhoben sich in den anderen drei großen Ländern. Ganz im Süden Konohas, über dem Meer und neben einem Vulkan erhob sich der Tempel des Feuers. Der Tempel der Erde lag in Iwa, tief eingegraben in den Felsen der sturmzerklüfteten Klippen. In Suna lag der Tempel des Windes, hoch in den Gipfeln jenes Gebirges, das man die Drachenklippen nannte, gelb und rot und mit schwarzmetallenem Herzen.

Der Wassertempel war der, den sie von Rinkan aus am leichtesten und schnellsten hatten erreichen können, das war der einzige Grund, warum TenTen ihn gewählt hatte. Natürlich gab es Unterschiede bei den Tempeln, das lag in ihrer Natur, denn sie bedienten sich hauptsächlich jenen Elementen, für die sie standen, dennoch machte es für sie keine Differenz. Macht war Macht und das war das einzige, was für sie im Moment zählte.
 

Auch Lee hatte nie gefragt, warum sie genau diesen Tempel genommen hatte. Wahrscheinlich dachte er sich seinen Teil, denn auch wenn manche Leute es glaubten, er war keineswegs dumm.

Im Gegensatz zu dem größten Teil der Toukin – TenTen eingeschlossen – konnte er sogar schreiben und lesen. Chi hatte es ihm beigebracht, allerdings wusste TenTen nicht, wo diese es gelernt hatte. Das war eine der wenigen Sachen, die Chi tatsächlich von den anderen Frauen des Dorfes unterschieden hatte.

Das Mädchen lächelte leise vor sich hin, während sie an Lees freundliche, starke Mutter zurückdachte und hob den Kopf um in den Himmel zu blicken. Dieser war strahlend blau und die schwache Frühlingssonne schien ungehindert hinab.

Allerdings war es dennoch kälter, als TenTen gedacht hatte. Immerhin wurde es Frühling, der Saatmond war schon angebrochen. Vielleicht lag es daran, dass sie nach Norden gingen. Oder daran, dass sie höher stiegen, je weiter sie gingen. Sie bemerkten es kaum, aber einer der Bauern, mit denen sie gefahren waren, hatte es ihnen gesagt.
 

„TenTen!“ Lees Ruf schreckte sie auf und sie blickte nach vorn, wo Lee an einem Wegstein stand und ihr winkte. „Da vorne ist ein Dorf.“, rief er ihr zu. „Lass uns dort Rast machen und etwas essen, ja? Dort gibt es bestimmt ein Gasthaus!“

Sie setzte sich in Trapp und lief ihm entgegen, hinter ihr klapperten die Hufe des Esels auf den harten Boden des Weges. Kurz darauf hatten sie Lee erreicht, der ihr entgegen strahlte. „Nur noch bis hinter den Hügel.“, erklärte er und wedelte mit den Händen in der Luft herum. „Ich kann wirklich etwas zum Essen gebrauchen, du auch?“ Sie nickte.

Sie setzten sich wieder in Bewegung, schneller diesmal. Es schien, als beflügelte die Aussicht auf Essen tatsächlich die Füße. Kurz darauf kamen die Häuser des kleinen Dorfes in Sicht. Sie waren an der Straße entlang gruppiert worden und auf der rechten Seite davon befand sich noch eine Ansammlung um einen Dorfplatz, dessen Mitte ein Brunnen bildete.

Menschen bevölkerten das Dorf und gingen ihren täglichen Pflichten nach. Aus der Ferne konnte TenTen eine Schmiede sehen, vor der zwei schwere Ackergäule standen, die beschlagen werden mussten, ein Korbmacher, der es sich vor seinem Haus bequem gemacht hatte, und eine Herberge, vor der Tische und Bänke auf dem Platz errichtet worden waren. Ein Sonnendach war über der kleinen Ansammlung Möbel gespannt worden. Anscheinend machten Reisende öfter hier halt um einen kleinen Imbiss zu sich zu nehmen.
 

Auf den zweiten Blick fielen ihr die Sänften auf, die recht von dem Wirtshaus standen, und die Pferde am Brunnen, die von edler Herkunft waren. Einige bewaffnete Männer hatten sich unter die normalen Dorfbewohner gemischt.

Sie wechselte einen Blick mit Lee. Sie beide wussten, was das zu bedeuten hatte. Adlige. Es war das erste Mal seit dem Ereignis, dass sie derartig direkt mit ihnen konfrontiert wurden. Zwar war es nie häufig vorgekommen, dass sie wirklich mit Hochgeborenen in Kontakt gekommen waren, aber hin und wieder waren da doch Berührungspunkte.

Wenn Wong seine Arbeiten abgeliefert hatte, wenn sie auf der Straße aneinander vorbeigelaufen waren, wenn sie in die Schmiede kamen. Immer wieder, kleine Begegnungen, doch TenTen war ihnen am liebsten ausgewichen. Jetzt noch mehr, zu frisch war noch die Trauer um ihre Eltern, zu tief saß noch die Angst um PeiPei.

Lee blickte sie an. „Sollen wir weitergehen und im nächsten Dorf…?“

Sie unterbrach ihn. „Nein. Wir wissen nicht wann ein nächstes Dorf kommt, außerdem scheinen sie nicht in der Herberge zu sein. Wir…gehen einfach hin und essen. Sie werden uns nicht einmal ansehen.“
 

Sie hatte recht, das wusste sie. Wenn man das so bedachte – was kümmerten ein paar dahergelaufene Kinder diese Hochgestellten? Sie würden ihnen nicht einmal einen zweiten Blick gönnen. Nicht einmal, wenn es dieselben waren, die PeiPei entführt hatten. Oder wenn sie sie kennen würden. Für die Adligen gab es einfach keinen Grund, sie zu beachten.

TenTen sah in das Tal hinunter, wo das Dorf lag, und schluckte hart. Sie würde es schaffen. Wenn sie nicht einmal so in die Nähe einer Gruppe Adliger kam, die sie noch nicht einmal kannte, wie würde sie dann je hoffen können, PeiPei aus den Händen der Mörder ihrer Eltern zu befreien?

Sie ging wieder los, nicht so schnell wie vorher, aber stetig. Lee und der Esel folgten ihr. Man beachtete sie kaum, als sie das Dorf betraten. Warum auch? Sie waren nur zwei Reisende und ein Esel unter vielen. Rasch suchten sie sich den Weg zum Dorfplatz, wo reger Betrieb herrschte.
 

Plappernde Menschen, Tiere und Kinder, die einem zwischen den Beinen herumrannten. Die Soldaten, die ein Wappen trugen, das TenTen nicht kannte, hatten sich unter die Leute gemischt und sprachen gemütlich mich ihnen. Anscheinend waren ihre Herren nicht in der Nähe, sonst könnten sie sich ein solches Verhalten nicht leisten. Sie atmete auf und hörte, wie Lee ihre Gedanken in Worte fasste: „Ein Glück…“

Die Herberge lag nicht weit entfernt und das beflickte, rote Sonnendach davor warf einen großen Schatten auf den Boden. Die Tische und Bänke waren aus rötlichem Holz und völlig verschrammt, was auf häufige Nutzung schließen ließ. Um die Ecke befand sich ein langer Zaun, der sich an der Mauer entlang zog und an den Tiere gebunden waren, Esel, Maultiere, zwei Ponys.

Ihr erster Weg führte zu dem Brunnen, wo sie den Esel tränkten, der begeistert sein Maul in den Viehtrog senkte, als sie ihm Gelegenheit dazu boten. Lee überließ TenTen dieser Arbeit und ging zu dem Wirtshaus hinüber, um sich um ihr Essen zu kümmern.
 

Eines der Schankmädchen, eine dralle Brünette, wies ihm einen Platz in einer Ecke neben einer Hecke zu und er winkte seiner Freundin, ehe er sich dorthin trollte. Bald darauf gesellte sie sich zu ihm. Sie legte die Tasche, in der sie ihre Wertsachen zusammengepackt hatten, neben sich auf die Bank und kletterte darauf, gerade als die braunhaarige Kellnerin ihnen ihr Mittagessen brachte.

TenTen zog es vor, sofort zu bezahlen und das Mädchen wünschte ihnen einen guten Appetit. Einen Moment blieb sie noch bei ihnen stehen, dann blickte sie sich hastig um, ehe sie sich zu ihnen beugte. „Ihr seid fremd hier, oder? Ich habe euch noch nie hier gesehen.“

TenTen nickte. „Wir sind auf dem Weg zu unserem Onkel, weiter oben im Norden. Er soll uns aufnehmen.“

Sie blickte verständnisvoll drein und schenkte den beiden ein freundliches Lächeln. „Ihr solltet euch vielleicht beeilen mit dem Essen. Ich will euch ja nicht hetzen, aber…“ Sie warf einen Seitenblick auf die Tür, die ins Innere des Wirtshauses führte, und dann auf die Sänften. TenTen verstand. Sie wollte ihnen raten, den Adligen nicht in die Quere zu kommen. Was sie auch ganz sicher nicht vorgehabt hatte.
 

„Oder wenn ihr es nicht schafft, bleibt ruhig hier sitzen, bis sie weg sind. Sie…können sehr ungemütlich sein.“

„Vielen Dank.“, antwortete TenTen. „Wir werden uns daran halten.“

Das Schankmädchen lächelte und nickte, ehe sie verschwand um weiterhin ihrer Arbeit nachzugehen. Die beiden Zurückbleibenden wechselten einen Blick, der mehr besagte als sie in Worte fassen konnten. Dann wandten sie sich ihren Schüsseln zu, um den Rat der Kellnerin zu befolgen und so schnell wie möglich wieder zu verschwinden.

Trotzdem genoss TenTen das Essen, es war warm, beinahe heiß, dicke Brocken Fleisch schwammen zwischen den Nudeln in der Suppe, dazu gab es Brot, das beinahe frisch war, und Tee.

Sie waren nicht die einzigen, die sich zu einem kleinen Mittagsmahl in dem Wirtshaus eingefunden hatten und es sich schmecken ließen. Um sie herum herrschte geschäftiges Treiben, aber keine Hetze, eher gemütliches vor sich hin arbeiten.

Das Gewirr von Stimmen hing in der Luft, Kinderlachen und Hufgeklapper, wann immer eines der Pferde am Brunnen unruhig wurde. Irgendwo sang ein Vogel und der Wind spielte mit einer losen Ecke des Sonnendaches, dass es hin und wieder laut knallte.
 

Das war etwas, was TenTen ohne Vorbehalte Idylle nennen konnte. Sie konnte für einen Moment ihre Familie vergessen, ihre Eltern, PeiPei, ihre Aufgabe, ihre Zukunft und auch den Wassertempel und alles, was diesen begleitete. Beinahe wünschte sie, es könnte ewig so weitergehen, aber das Paradies machte nur dann einen Sinn, wenn sie es bloß besuchen, nicht bewohnen konnte. Ruhe, Zufriedenheit, Frieden, das waren die Worte, die ihr zu diesem Augenblick einfielen, trotz der drohenden Schatten, die ihre Vergangenheit und ihre Zukunft warfen.

Sie fuhr heftig zusammen, als die Tür in das Gebäude mit einem Knall aufflog. Jemand wurde hinausgeschleudert und ein Mann brüllte mit einer dröhnenden, tiefen Stimme: „Was glaubst du eigentlich, wer du bist, du Schlampe?!“

Einen Moment herrschte Stille, dann sprangen einige Leute erschrocken auf, auch Lee. TenTen starrte mit weit aufgerissenen Augen zu der Tür hinüber, erkannte mit einem Blick die Situation.

Ein großer Mann mit langem, schwarzem Haar, das er ihm Nacken zusammengebunden hatte, trat aus dem Inneren des Gebäudes hinaus. Er trug reich bestickte Kleidung aus Leder und feinem Leinen, die Säume waren mit Pelz und Borten verbrämt und an der Hüfte trug er ein Schwert und einen langen Dolch.

Es gab keinen Zweifel, dieser Mann musste der Adlige sein, der seine Reisegesellschaft durch dieses Dorf führte oder ihr zumindest angehören. Wahrscheinlich war er ein Fürst oder dergleichen.
 

Sein Umhang wallte um seine Füße, als er stehen blieb und verächtlich auf das zusammengekauerte Mädchen hinunterblickte, das er vorhin zur Tür hinausbefördert hatte. Sie war schlank und zierlich und ihr langes, blauschwarzes Haar fiel ihr wie Seide über den Rücken.

Ihre bunte Kleidung wies sie als einfaches Mädchen aus, wahrscheinlich die Tochter des Wirtes, wenn man mit einbezog, wo sie gerade herauskam. Ihr Hemd war zerrissen und sprach Bände davon, warum der Adlige so wütend war.

Er starrte aus flammenden Augen auf sie herunter, während sie zitternd und beinahe weinend auf dem Boden saß und herumstotterte: „Nei…nein, bi…itte… i…ich…“ Er ließ sie nicht weiter zu Wort kommen, sondern spuckte ihr ins Gesicht, so dass sie zusammenzuckte, als hätte er sie geschlagen, ehe er sie am Kragen ihres Hemdes packte und auf die Beine zerrte.

„Hä? Ich habe dich etwas gefragt, du kleines Miststück.“ Die Ohrfeige hallte über den Platz wie ein Donnerschlag. Der Kopf des Mädchens wurde zur Seite gerissen und TenTen sah von ihrem Platz aus genug, um zu wissen, dass sie am nächsten Tag eine geschwollene Wange haben würde. Vorausgesetzt, sie würde diese ganze Situation überhaupt überleben.
 

Die Braunhaarige fragte sich, was sie jetzt tun sollte. Sie konnte doch nicht einfach sitzen bleiben und nichts tun, oder? Aber sie konnte auch nicht aufspringen und verlangen, dass er aufhörte, denn das würde seine Wut nur auf sie lenken und nachdem er das Mädchen verprügelt hatte, sie zu Brei schlagen und keinem wäre geholfen.

Sie sah sich um, vielleicht entdeckte sie etwas, was helfen würde? Aber alles was sie sah, waren geschockte Gesichter von Handwerkern und Bauern, die sich nicht zu rühren wagten, obwohl sie in jedem einzelnen Gesicht sehen konnte, wie sehr sie es störte, was dieser Adlige herausnahm.

TenTen fragte sich, warum sie nichts taten. Es waren erwachsene Männer! Kräftige Männer, die durchaus in der Lage waren diesen Mann dort vorne festzuhalten. Aber sie rührten sich einfach nicht! Empörung und Zorn stieg in ihr hoch.

Was hatte dieses Mädchen verbrochen? Genauso viel wie PeiPei; sie hatte sich geweigert, den Annäherungsversuchen dieses Hochgeborenen nachzugeben. Ihr war klar, warum sie nichts taten, denn die Bedrohung der Soldaten war gegenwärtig, seit der Fürst das Haus verlassen hatte. Sie hatten Angst. Dennoch konnte, wollte sie nicht verstehen, warum niemand aufstand.
 

Das Geräusch eines zweiten Schlages riss sie aus den Gedanken und sie blickte wieder zu dem Mädchen zurück. „Nun? Schlampe, ich rede mit dir!“ Der Adlige ließ das Mädchen los und stieß sie von sich, dass sie zurückstolperte und schwer über die Bank und gegen den Tisch fiel. Sie schrie auf und sackte zusammen.

TenTen sprang auf. Sie wollte etwas sagen, etwas tun, sie wollte verhindern, dass dem Mädchen noch mehr Schmerzen zugefügt wurden und der Fürst oder was auch immer er war, noch länger seinen Willen bekam ohne jemals die Quittung dafür zu bekommen.

Doch ihr Ruf wurde von einer schwieligen Hand erstickt, die sich über ihren Mund legte und ihre Bewegung nach vorn gekontert mit einem heftigen Stoß, der sie und Lee zu Boden gehen ließ, wobei sie ihre Schüsseln vom Tisch rissen.

Sie spürte Äste und Blätter im Gesicht, weil sie in das Gebüsch gefallen waren, das neben ihrem Tisch wuchs, und Lees Körper lag schwer auf ihrem, ehe er sich zur Seite rollte, ohne sie jedoch loszulassen oder die Hand von ihrem Mund zu nehmen.

Sie funkelte ihn wütend an und ihre Augen waren hart. Er sollte sie loslassen! Er sollte sie etwas tun lassen! Ihr Denken war vernebelt von rotem, lodernden Zorn und im Moment spürte sie derartigen Hass auf den Adligen, die Menschen, die nichts taten, die Soldaten, Lee, der sie nichts tun ließ.
 

Nur von Ferne hörte sie, wie der Schwarzhaarige das Mädchen anschrie, dann das Stottern und Flehen eines Mannes, wahrscheinlich ihr Vater, der Wirt, die Unruhe der Zuschauer. Sie konnte die gespannte Atmosphäre beinahe greifen. Niemand kümmerte sich um sie, wie sie am Boden miteinander rangen.

„Lass das!“, verlangte Lee und sein Gesicht hatte den sonst so fröhlichen Ausdruck vollkommen verloren. Ernst und mit vor Zorn blitzenden Augen starrte er sie an, doch sie wusste, dass seine Wut nicht ihr galt. „Willst du unbedingt sterben?! Er wird dich einfach umbringen und das Mädchen dazu!“

Sie bäumte sich unter ihm auf. Sie konnte nicht einfach liegen bleiben und das geschehen lassen, wofür sie auszog um es zu verhindern. Wie konnte er nur!

„TenTen! Was wird aus PeiPei, wenn du jetzt schon versagst?“ Damit packte er seine stärkste Waffe aus und tatsächlich trug sie Früchte.
 

Der Name ihrer Schwester beruhigte sie beinahe sofort und die Sorge um sie kam zurück. Sie hörte auf sich zu wehren und erschlaffte, so dass Lee die Hand von ihrem Mund nahm und sich aufsetzte.

„Tut mir leid.“, murmelte er. „Aber so können wir nichts erreichen.“

Sie wusste, dass er das Richtige getan hatte. Ihr zorniges Eingreifen hätte nichts als Ärger gebracht. Sie wollte trotzdem etwas tun.

Von ihrem Platz am Boden konnte sie zwischen den Beinen von Tischen, Bänken und Menschen hindurch sehen zu dem Schauspiel, das sich dort vor der Herbergstür abspielte. Das seidenhaarige Mädchen lag am Boden und zuckte bei jedem Tritt zusammen, schrie… Der Mann würde sie zu Tode prügeln.

Sie wandte den Blick ab, starrte Lee wieder an. „Hast du eine bessere Idee?“ Es klang feindseliger, als sie gewollt hatte.

Lee kümmerte sich gar nicht um ihren Ton. „Die hab ich.“ Er zeigte nach oben, auf das geflickte Sonnensegel. Das Tuch war schwer, fiel ihr auf und im gleichen Moment wunderte sie sich, wie ihr das in dieser Situation nur auffallen konnte! Hatte sie nichts besseres zu tun?! Dann traf es sie wie ein Schlag. Das meinte ihr schwarzhaariger Freund also. „Lee. Das ist genial!“, stieß sie atemlos hervor.

Er grinste triumphierend. „Holen wir es herunter.“
 

Sie blickten nach oben, musterten das Sonnendach und seine Befestigungen. Das riesige Tuch war an der Hauswand und zwei hohen Stangen befestigt, die mit mehreren Leinen gesichert waren. Wenn sie diese Leinen durchtrennten, würde es hinunterfallen und bestimmt genug Verwirrung stiften, die Aufmerksamkeit des Adligen von dem Mädchen abzulenken.

Sie nickte Lee zu und kroch rasch auf die äußere Stange zu. Der Junge übernahm die andere Seite. Niemand beachtete sie, alle waren zu sehr gebannt. Es war leichter, die dünnen Taue zu zerschneiden, als sie gedacht hatte. Sie hielt die durchtrennten Enden mit einer Hand fest, was allerdings schwerer war als sie befürchtet hatte.

Trotzdem konnte sie sie halten und sie ließ ihr Messer in den Sand fallen, sobald die letzte Schnur durchtrennt war. Kurz warf sie Lee einen Blick zu, der kurz darauf ebenfalls aufblickte. Sie ließen los.

Die Leinen knallten laut, als die Kraft, der sie vorher noch ausgesetzt waren, plötzlich verschwand. Mit einem Geräusch wie rauschende Schwingen ließ sich das Tuch auf die versammelte Gesellschaft nieder und TenTen hätte beinahe gekichert, wenn sie nicht der schweren Stange hätte ausweichen müssen, die auf sie zugesaust kam. Krachend polterte sie auf einen Tisch und ein Schmerzensschrei ertönte. Hoffentlich hatte sie niemanden damit getötet!
 

Verwirrte, erschrockene Stimmen und das Geschrei des schwarzhaarigen Hochgeborenen ersetzten das Geräusch der Tritte und Schläge und die Schreie des Mädchens, die jetzt zu einem lauten, abgehackten Schluchzen verkamen.

TenTen seufzte auf, als sie sah, wie der Fürst sich unter dem Sonnendach hervorkämpfte. Die Soldaten halfen ihm oder standen herum, während sie sich ein Lachen verkniffen. Langsam wurde das Sonnensegel weggeschafft, so dass auch der letzte darunter heraus kam. Sie und Lee halfen kräftig mit, damit auch niemand auf die Idee kommen könnte, sie wären an dem ganzen Schlamassel schuld. Obwohl das wahrscheinlich nur den Adligen ärgern würde…

Von dem Mädchen war keine Spur mehr zu sehen. Anscheinend hatte jemand den Mut gehabt, sie wegzuschaffen. //Wenigstens etwas.//, fuhr es TenTen befriedigt durch den Kopf. Sie hatten etwas gegen die Adligen getan. Und es schien mit Erfolg gekrönt zu sein.

„Macht euch bereit!“, brüllte der Landesherr gerade, mit deutlich schlechter Laune. „Wir ziehen weiter. Und in dieses … Drecksloch werden wir sicher nicht noch einmal einen Fuß setzen!“ Damit würden sie den Bewohnern allerdings einen Gefallen tun.
 

„Du!“, fauchte er einen unschuldig herumstehenden Soldaten an. „Holst gefälligst die anderen her! Und ihr anderen macht die Sänften und Pferde bereit! Ich will hier so schnell weg wie möglich.“

Der Aufbruch vollzog sich bemerkenswert schnell. Man brauchte einige Minuten, um die Pferde zu richten und die Sänften zu holen. Noch einige Minuten mehr, um die beiden Damen und zwei weitere junge Männer aus dem Gasthof zu holen, die anscheinend die Begleitung des Schwarzhaarigen waren.

Danach gab es ein großes Wirrwarr, dem TenTen und Lee mit großen Augen zusahen, als sich die Reiter formierten, die Sänften in der Mitte. Kurz darauf setzten sie sich in Bewegung, nicht ohne dass der Anführer noch einmal zornige Blicke in die Runde warf und schwor, nie wieder einen Fuß in ‚dieses verdreckte, stinkende Loch von einem Dorf’ zu setzen.

TenTen sah ihnen nach und Verbitterung machte sich in ihr breit. Das alles war so ungerecht!
 


 


 

Das Holz knisterte im Feuer und die Flammen tanzten, warfen zuckende Schatten auf die Umgebung. Sie hatten ihr Lager außerhalb jeder Ortschaft aufgeschlagen, denn weder TenTen noch Lee fühlten sich dazu in der Lage, noch einmal so etwas herauszufordern wie am Mittag, als sie in diesem Dorf halt gemacht hatten, um etwas zu essen.

Das Mädchen saß auf ihrem Umhang, den sie eng um sich geschlungen hatte, ebenso wie ihre Decke und starrte mit angezogenen Knien ins Feuer. Sie fühlte sich seltsam, ihr Kopf fühlte sich leicht an und sie wollte lachen und weinen zur gleichen Zeit.

„Ich fühle mich beschämt.“, sagte sie und sie wusste nicht, woher die Worte kamen, nur, dass sie stimmten. „Weil wir nicht wirklich helfen konnten.“, erklärte sie auf Lees fragenden Blick. Die Müdigkeit saß ihn ihr wie eine Krankheit, aber gleichzeitig war sie hellwach und aufgedreht wie selten.

„Aber das konnten wir doch.“, sagte er leise. „Es war alles, was wir tun konnten.“

Sie seufzte und rieb sich die Augen. „Aber es war so wenig. Sie hätte gar nicht verletzt werden dürfen.“ Sie hatten nie den Namen des Mädchens erfahren, dem sie wahrscheinlich das Leben gerettet hatten.
 

Bald nach dem Ereignis hatten sie ihre Sachen gepackt, den Esel genommen und waren wieder auf die Straße zurückgekehrt, die sie zum Wassertempel bringen würde. Menschliche Ansiedlungen waren sie umgangen, die restliche Etappe bis zum Abend hatten sie in brütendem Schweigen verbracht. Jetzt saßen sie vor dem Feuer und starrten in die tanzenden roten und gelben Flammen.

„Es hat gereicht.“, erklärte Lee.

Sie zuckte die Schultern und verstärkte den Griff um ihre Beine. „Aber was, wenn es einmal nicht reichen wird?“

„Wir tun doch alles, was wir können. Wir werden sogar unsere Seelen verkaufen.“ Er warf einen Blick nach Norden, in die Richtung des Wassertempels. Obwohl er mit seiner Aussage etwas übertrieb, kam er der Wahrheit doch näher als alles andere, was sie hätte sagen können.

Sie zuckte die Schultern und enthielt sich jeden Kommentars, aus Angst, unkontrolliert loszuheulen oder zu kichern; aber ihr Beschluss, diesen Weg zu gehen, den sie sich gewählt hatte, wurde stärker.

Es war nicht so, dass sie plötzlich ihren Frieden mit den Ereignissen des Tages gemacht hatte, allerdings waren sie nun leichter zu ertragen. Lee konnte so etwas, mit einfachen Worten, einem Lächeln und einem Blick aus den schwarzen Augen.
 

„Was hast du eigentlich zur Bezahlung?“, fragte er dann und schreckte sie aus ihren Gedanken auf.

„Hm?“, brachte sie schläfrig heraus.

„Um den Tempel zu bezahlen…“

Sie blinzelte. „Schmuck. Von meinem Vater, er hatte es fertig gestellt, kurz bevor…“ Sie brach ab, fühlte sich nicht dazu in der Lage, die Worte zu artikulieren. „Jedenfalls war es für eine hohe Fürstin oder so was bestimmt.“ Sie zuckte die Schultern. „Gold, mit einigen Rubinen, glaube ich, ziemlich wertvoll.“ Es war ihr egal, ob diese Frau damit um ihre Juwelen betrogen wurde. Diese Adligen hatten sie um so viel mehr bestohlen!

„Oh.“, machte Lee.

„Ich hoffe es reicht.“, sagte sie plötzlich viel zu laut und er zuckte zusammen. „’Tschuldigung.“, nuschelte sie. Sie war betrunken, schien es ihr. Betrunken von Gewalt und Müdigkeit und Triumph und Hass. „Ich weiß nicht, was sie dafür wollen, so ein Tor zu öffnen. Soll ziemlich schwer sein, oder nicht? Vielleicht ist der Schmuck zu wenig.“ Sie kicherte. Ihr Kopf fühlte sich so leicht an…

„TenTen. Wir sollten schlafen.“ Lee lächelte ihr schwach zu und sie nickte, ehe sie sich gehorsam einrollte, sicher, dass sie nicht schlafen konnte.

Sie fiel ins Land der Träume, kaum dass sie sich in ihre Decke gewickelt hatte.
 

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Das nächste Kapitel wird besser. *sich schon lange darauf freu* Neue Charas und ich liebe dieses Trio schon jetzt. *g*
 

Freu mich auf Kommentare ^^

Sorca~

PS. Lest meine andere Naruto-Fic. Und meine IY-Fic. :D

Es beginnt

Titel: Schicksalsbande

Teil: 6/?

Autor: Wolfsorceress

Fandom: Naruto

Rating: PG-14(?)

Warning: AU, (Am Rande wird Shounen-ai vorkommen)

Pairing: Neji x TenTen und noch ein paar.

Disclaimer: 'Naruto' gehört nicht mir und ich verdiene kein Geld mit dem Quatsch hier.
 

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So... :D Hier ist es, das neue Kapitel, frisch aus der Feder. (Oder so.) Tut mir Leid, dass ich so lang gebraucht habe, aber... *shrug* Dafür ist es elends lang. XD" Sorry, ich wollte nicht teilen, das fand ich einfach nicht gut... Hätte sich so falsch angefühlt. u_u"
 

Ich mag's. Ich hab mich noch bei der Entstehung total in mein Amazonen-Trio verknallt... XD" Ich mag die 3 und ich mag ihre Rolle und ... Hidan ist schrecklich... >__>" Schwer zu schreiben. *grummel* Ihr könnt mich gern hauen, wenn ihr in OOC findet, aber ich hab mein bestes gegeben... Er wird später wohl noch mehr Platz finden, ich liebe ihn nämlich. >D
 

Noch was... Ich scheine Leser zu verlieren? ö__ö Jedenfalls schwankte die Favo-Anzal in der letzten Zeit ganz schön. |D Woran liegt's? Ist die FF so schlecht oder bin ich einfach zu langsam? Oder was ganz anderes?

Bei ersterem: Ich habe nichts gegen Kritik und so. ö__ö

Bei zweiterem: Pech. Ich hab noch andere Dinge zu tun als FFs zu schreiben (Mein Studium z. B., das Semester hat auch wieder angefangen.) und ich hab auch an anderen Projekten zu schreiben als 'Schicksalsbande'. Und es gibt auch so Dinge wie Schreibblockaden. Ich bemühe mich für mindestens 1 Update im Monat, aber mehr kann ich nicht versprechen.

Bei letzterem: Sagt's mir... >__>"
 

Wie auch immer... Viel Spaß. ^^
 

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Es beginnt
 

„Es beginnt, es beginnt.“, murmelte Temari mürrisch vor sich hin und strich sich eine Strähne ihres weizenblonden Haares aus der Stirn. „Was beginnt? Anko!“ Sie drehte sich im Sattel ihres sandgelben Pferdes um und blickte zu ihrer Begleiterin zurück, die wenige Meter hinter ihr ritt.

Die nur wenige Jahre ältere Frau mit dem kurzen, dunkeln Haar und dem herausfordernden Grinsen blickte zu ihr, als sie ihren Ruf vernahm, der sich laut über die Geräusche des Waldes und die Schritte der Pferde, die durch den von dem kürzlich gefallenen Regen aufgeweichten Weg dumpf klangen, erhob.

„Was beginnt, verdammt?“

Anko die Kobra war eine hübsche Frau mit einer kecken Nase und einer kräftigen Figur, allerdings tat sie nicht viel, diese Tatsache hervorzuheben. Sie trug eine für sie allein gefertigte Rüstung, die eine Mischung aus Ketten und Panzer darstellte; dazu Arm- und Beinschienen, darunter das einfache wollene und lederne Zeug, das für die Amazonen so kennzeichnend war und der Wappenrock mit ihrem Wappen – der Kopf einer Löwin über zwei gekreuzten Schwertern. Einfach, robust und widerstandsfähig, dazu bequem und ohne größere Probleme auch mit geringen Kenntnissen zu flicken, wenn man nicht gerade zwei linke Hände hatte.

An dem breiten Gürtel befestigt, trug Anko einen großen Reitersäbel und sowie einen Dolch. Allerdings machte das nur einen Bruchteil ihrer Bewaffnung aus, von dem Speer, den sie in der Hand trug, bis hin zu einer Reihe schlanker Wurfmesser, die an einem Gurt befestigt waren, den sie im Kampffall quer über der Brust trug, war sie sozusagen beladen mit Klingen.
 

Ihrem Pferd machte das alles nicht sonderlich viel aus, denn es war stark wie ein Ochse, trotz des Panzers, den es bereits trug. Das dunkle, schattenhafte Fell war lang und die braunen Augen blickten intelligent drein, während die sich ständig bewegenden Ohren Aufmerksamkeit verrieten.

Es war ein wahres Koloss von einem Pferd, ein Schlachtross, das dazu ausgebildet worden war, seine Herrin in eine Schlacht zu tragen. Drachenbrut hatte die Kriegerin auf seinem Rücken es genannt und dieser Name passte wie die Faust aufs Auge.

Temaris eigenes Pferd war schlanker, sandfarben und mit glänzendem Fell, aber nicht weniger gut ausgebildet, ebenso wie alle anderen Pferde, die von Amazonen geritten wurden. Ihre Reittiere hatten nicht umsonst den Ruf, die besten in ganz Xian-sha’o zu sein.

Sie selbst trug nur ein leichtes Kettenhemd unter ihrem Wappenrock und ihre Bewaffnung beschränkte sich auf einhändige Klingen und eine Reihe Wurfdolche. Allerdings hatte sie noch ihre Magie, die zwar beschränkt war, aber nicht weniger wirkungsvoll, wenn sie sich an die wenigen Zauber hielt, die sie beherrschte.

Sie waren beide Kriegerinnen, Amazonen und Kampfschwestern, doch in ihrer Ausbildung hatte es einige Unterschiede gegeben. Das war auch einer der Gründe, warum Temari die ältere Frau begleitete und nicht eine der Frauen, die mit ihr gelernt hatten.
 

Sie brauchten nicht unbedingt Schlagkraft, sondern eher eine Bandbreite von Fähigkeiten, die auch ein ganzes Regiment der schwer gepanzerten Kriegerinnen nicht aufbringen konnte, sondern durch unterschiedliche Ausbildungen herbeigeführt wurde.

Das letzte Mitglied ihres kampferprobten, schwer bewaffneten Trios brachte die Fertigkeiten ein, die den anderen beiden fehlten. Im Moment war sie vorgeritten um die Gegend auszukundschaften, was nur eines ihrer Talente war.

Zumindest würden sie auf alles vorbereitet sein, auch wenn Temari nicht genau wusste, worum es eigentlich ging, da niemand ein Wort darüber verlor. Nicht einmal ihre Mutter hatte etwas verlauten lassen! Anko war von ihnen dreien die einzige, die etwas genaueres wusste. Nicht unbedingt eine Lage, die Temari begrüßte.

Die Blonde schnaubte. „Was beginnt?“, wiederholte sie ihre Frage, diesmal so laut, dass ihre Begleiterin sie gut verstehen konnte. Anko grinste nur ihr berühmt-berüchtigtes provokantes Grinsen und trieb Drachenbrut an, damit der Wallach auf gleiche Höhe mit ihrer Stute kam. Wüstenkatze schnaubte und drehte ein Ohr in seine Richtung, reagierte aber sonst nicht.
 

„Das kann ich dir nicht sagen.“, antwortete Anko auf ihre Frage. Was der Wahrheit entsprach. Allerdings machte der aufreizende Ton, in dem die Ältere sprach, die ganze Sache auch nicht besser.

Temari schnaubte erneut. „Kannst du nicht oder willst du nicht? Woher soll ich wissen, auf was ich mich vorbereiten soll, wenn ich nicht einmal weiß, worum es geht?!“

„Nimm einfach das Schlimmste an.“, erklärte Anko ihr.

„Soll das heißen, ich darf demnächst mit Dämonen rechnen?“, fauchte Temari zurück, selbst nicht ganz sicher, ob sie es ernst meinte oder im Scherz.

Aber Ankos Antwort überraschte sie. „Wer weiß, wer weiß… Vielleicht nicht ganz so, wie du dir das jetzt vorstellst…“

Die Blonde warf ihr einen Blick zu. „Was soll das bitte schön wieder bedeuten?“

Die andere reagierte nur mit einem spöttischen Blick. Temari zog eine Augenbraue hoch. Das konnte doch nicht etwa doch bedeuten, was sie dachte? Wenn alles stimmte, dann war…

Anko klopfte ihr auf die Schulter. „Mach dir nicht zu viele Gedanken. Solange ich da bin, wird uns schon nichts passieren.“

„Und das soll mich jetzt beruhigen? Warum nehme ich dann das Gegenteil an?“
 

„Du hast so wenig Vertrauen in mich? Das trifft mich.“ Theatralisch fasste sich die Dunkelhaarige an die Brust. Temari lachte. Auch wenn ihre Kabbeleien Konan ständig in den Wahnsinn trieben, sie und Anko genossen sie in vollen Zügen. Dass sie momentan niemandem damit auf die Nerven fielen, machte die Sache nur noch besser.

In Hakka’Tha verbot man ihnen schon nach den ersten Sätzen den Mund oder machte, dass man aus dem Staub kam. Konan, das letzte Mitglied ihres Trios, schickte ihnen einen mörderischen Blick, der sowohl Anko als auch Temari beinahe sofort verstummen ließ, auch wenn keine von ihnen jemals zugeben würde, dass es mit der kleinen Toukin zu tun hatte.

Es war nicht einmal so, dass Konan eine sonderlich starke Gegnerin war. Ihre Fähigkeiten mit Klingen oder gänzlich ohne Waffen waren eher mittelmäßig, mit Hiebwaffen war sie beinahe vollkommen hilflos, nur mit der Schwertlanze war sie recht gut.

Temari, die eine Schwertkünstlerin ersten Grades war, oder gar Anko, die mit ihrem Pferd nahezu unaufhaltsam war und auch ohne extrem gefährlich, würde sie nicht wirklich Bedrängnis bringen können, was auch für die meisten anderen Leute galt, die besser ausgebildet waren als normale Soldaten in einem Heer.

Konan würde relativ leicht zu überwältigen sein. Vorausgesetzt man kam nahe genug an sie heran um auch nur daran zu denken. Temari hatte nie jemanden getroffen, der auch nur halb so gut mit dem Bogen war wie sie. Schnell, präzise, treffsicher und über eine unglaubliche Entfernung hinweg. Sie würde der sprichwörtlichen Fliege das Auge ausschießen können und Temari zweifelte keinen Augenblick daran.
 

Dass jeder Respekt vor ihr hatte, lag allerdings einfach an ihrer ruhigen, vernünftigen Art und der Präsenz, die sie ständig ausstrahlte und größer wirken ließ, als sie war. Die große, weiße Blüte, die sie ständig im Haar trug, tat diesem Eindruck trotz ihrer Zartheit keinen Abbruch, im Gegenteil, trug noch zu ihrer Größe bei.

Im Grunde war Konan – wie die meisten Toukinfrauen – winzig. Es erstaunte sie immer wieder. Dennoch durfte man die Kraft, die in diesem kleinen Körper steckte, nie unterschätzen.

Temari als reinblütige Al Shar mit weiteren reinblütigen Al Shar in der Ahnenreihe, die Generationen zurückreichte – kein Wunder, bei ihrer Familie – sah da ganz anders aus. Hochgewachsen, schlank und etwas stämmig, was allerdings nur von ihren Muskeln kam, die sich deutlich unter ihrer Haut abzeichneten, war sie; mit ihrem außergewöhnlichen, weizenblondem Haar, das sie stets zu vier Zöpfen gebunden trug, und aquamarinfarbenen Augen, die manchmal hart waren wie Steine, manchmal lachten wie die Sonne und manchmal zärtlich waren wie ein sanfter Wind.
 

Zumindest hatte man ihr das gesagt. Temari selbst bemerkte es nicht und hielt auch nicht viel davon. Für sie war es in Ordnung, wenn ihre Augen mit Steinen verglichen wurden, denn Steine waren hart und undurchdringlich und sie hasste es, wenn andere von ihren Augen ablasen, was sie gerade dachte, eine Kunst, die Temari selbst nicht genug beherrschte. Anko – und Konan – allerdings schon. Über die anderen Möglichkeiten, wie ihre Augen auf andere Leute wirkten, wollte sie gar nicht nachdenken.

„Sag mal.“, wandte sie sich wieder an Anko, diesmal ruhiger und ernster. „Was ist denn eigentlich unser Ziel?“

„Tahoalan.“, antwortete diese und tippte sich mit dem Zeigefinger ans Kinn. Die prompte Antwort überraschte die Blonde, denn selbst mit dieser Auskunft hatte sie zu Beginn der Reise hinter dem Berg gehalten. Wieso sie das plötzlich änderte, konnte Temari nur raten, aber sie hatte den Verdacht, dass es damit zu tun hatte, dass sie sich dem Ziel rasch näherten.

„Wir treffen dort die Hohepriesterin der Tsunade und ein paar ihrer Leute.“ „Aha. Und du kannst uns wirklich nicht sagen, worum es geht?“

„Nein.“

„Nicht einmal ein klitzekleines bisschen?“

„Nein.“

„Nicht einmal ein Hinweis?“

„Nein.“

Temari seufzte schwer. „Also schön.“ Sie wickelte die Zügel um ihre Finger und fiel wieder in das brütende Schweigen zurück.
 

Tahoalan war eine Stadt, die sich etwa im Mittelpunkt Konohas befand. Vor ihnen lag noch einiges an Weg, allerdings hatten sie den Großteil des Weges bereits hinter sich. Sie waren aus Hakka’Tha aufgebrochen, zusammen mit einer zweiten Gruppe Amazonen, die sich allerdings noch in Suna von ihnen getrennt hatten, um zur Südküste zu reiten. Jetzt lag der Tir’kesh bereits ein ganzes Stück hinter ihnen und sie mussten nur noch nach Osten ziehen.

Momentan befanden sie sich in einem Gebiet, das dicht bewaltet war. Laubwälder waren es und die Bäume reckten grünende Äste und junge Zweige gen Himmel, der blaugrau wie Stahl war und ebenso hart wirkte.

Die Straße hier war gepflastert und breit genug, dass zwei große Karren bequem aneinander vorbeikonnten. Rechts und links des Weges gab es einen Wiesenstreifen, wo die Bäume und Sträucher sorgsam zurückgedrängt wurden.

Das hier war eine größere Handelsstraße, die außerdem genau zeigte, dass die Landesherren Geld hatten, das sie zu ihrer Bequemlichkeit ausgeben konnten. Anscheinend kümmerte sich jemand regelmäßig um diese Wegstrecke. Bis nach Tahoalan würde sie diese gepflegte Straße nicht begleiten, aber noch ein ganzes Stück.

Temari war froh darum, denn hier kamen sie rasch voran und mussten auch nicht mit Wegelagerern rechnen. Obwohl die ihnen sowieso nicht gefährlich werden konnten. Welche einfachen Straßenräuber griff drei schwerbewaffnete Amazonen an, bei denen es noch nicht einmal etwas zu holen geben würde?
 

Das einzige, was sie davon hätten, wären ein paar Waffen und einige Kilo Pferdefleisch, denn ihre Rösser würden nur die Befehle ihrer Herrinnen entgegennehmen, jeder andere hätte schweres Spiel mit ihnen. Außerdem würde so ein Zusammenstoß einige Tote auf der Seite der Räuber ergeben.

Falls sie überhaupt heil aus dieser Sache herauskommen würden. Amazonen genossen einen äußerst gefährlichen und blutrünstigen Ruf. Temari hatte wie jede andere ihrer Kampfschwestern bereits darüber gelacht, denn die Geschichten, die unter der normalen Bevölkerung verbreitet waren, waren stets heillos übertrieben. Trotzdem genossen sie die Vorteile dieses Rufes – und unterschätzen durfte man sie sicherlich nicht.

Sie fragte sich für einen Moment, warum Konan überhaupt vorgeritten war, wo sie doch eigentlich nicht auf Erkundung angewiesen waren. Dann zuckte sie seufzend die Schultern. Wahrscheinlich hatte die kleine Toukin es nur gemacht, um für einige Zeit ihre Ruhe zu haben. Hätte Temari auch gemacht, wenn sie zwei ständig streitende Gefährtinnen hätte, die ganz sicher nicht die Absicht hatten, mit diesem spielerischen Gezanke aufzuhören.

Aber in ihrer eigenen Situation konnte sie nur träge vor sich hin grinsen, weil es sie amüsierte, wie Konan auf sie und Anko reagierte. Doch die stille Toukinfrau war schon immer so gewesen, drückte ihre Missbilligung in Schweigen und Handeln so klar aus, als würde sie es ihnen laut und deutlich ins Gesicht sagen.
 

„Hey, Anko…“, begann die Blonde und warf ihrer Freundin einen Blick zu. „Wenn wir bei der Priesterin waren – wo reiten wir dann hin?“

„Das wird sie uns dann sagen.“, antwortete die andere steif.

„Ach so?“ Einen Moment schwieg sie. „Und du hast nicht zufällig eine Ahnung…“

„Temari! Seit wann bist du so verdammt neugierig?! Ich habe dir gesagt, ich kann dir nichts erzählen! Und du stocherst und bohrst immer wieder nach, als ob ich unabsichtlich etwas ausplaudern würde. Traust du mir das zu?“

„Nein.“

„Schön, warum fragst du dann immer wieder?“

„Weil mir langweilig ist und ich irgendetwas tun muss? Außerdem würde ich tatsächlich gerne wissen, was wohl auf uns zukommt. Ich habe da ein ganz schlechtes Gefühl bei der Sache.“

„Meinst du, dass bist nur du?“, maulte die Ältere. „Ich hab noch ein viel schlechteres, weil ich tatsächlich weiß, wo wir da hin reiten.“

„Und das soll mich jetzt beruhigen, oder so?“

„Nein, gar nicht.“ Anko musterte die Bäume, an denen sie vorbeiritten. „Denk einfach daran, sei wachsam, achte auf alles, vor allem auf Unnormales.“

Die Jüngere seufzte erneut. Wie oft hatte sie das heute schon getan? „Wenn ich nicht weiß, worum…“
 

„Schon gut, schon gut. Sei still und schlaf ein, wenn du willst.“ Anko blickte sie an. „Ihr beide werdet vermutlich in Tahoalan alles erfahren. Wahrscheinlich hat deine Mutter euch ausgewählt, mich zu begleiten, weil ihr eine größere Rolle spielen könntet und dann werdet ihr auch erfahren, worum es geht. Aber das kann nur die Priesterin entscheiden, nicht ich, nicht du und auch nicht deine Mutter.“

„Jaja. Ich hab’s verstanden, momentan sind Konan und ich nur die Leibwache.“

„Stimmt.“

Deine Leibwache.“

„Stimmt.“

Temari griente hämisch. „Seit wann brauchst du eine Leibwache, Anko?“ Sie zog den Namen ihrer Freundin belustigt in die Länge.

Die knurrte. „Ich brauche keine Leibwache!“

„Ach ja? Warum sind wir dann dabei? Oder hast du etwa Angst, du könntest das nicht allein schaffen oder so?“

„Du kleine Natter!“, schnauzte die Dunkelhaarige, der Ton zwischen belustigt und wütend. „Seit wann bist du so bissig? Ich werd dir mal was sag…“

Ein lauter, extrem wüster Fluch schnitt Anko das Wort ab und die beiden Amazonen warfen sich einen verdutzten Blick zu, ehe sie die Blicke auf den Wald rechts von ihnen lenkten, aus dem weitere Flüche drangen und eine Ansage, die nicht viel Gutes versprach. „Du verdammtes Drecksvieh von einem Stück Pferdefleisch!“
 


 


 

In stetem, raschen Rhythmus trommelten die Hufe auf den erdigen Boden, als die rote Stute neben der Straße entlang rannte. Es war noch nicht lange her, dass sie Temari und Anko hinter sich gelassen hatten. Das hatte einfach den Grund, dass Temaris dumpfes Brüten und Ankos nachdenkliches Schweigen nur der Auftakt zu einer dieser Streitereien sein konnten, die die beiden so genossen und jeden anderen in den Wahnsinn trieben.

Also hatte sie ihrer Stute die Fersen gegeben und sich zu einem Erkundungsritt abgesetzt. Es war nicht wirklich nötig, wegen der friedlichen Gegend, in der es eigentlich keine Banditen oder ähnliches Gesindel geben sollte.

In Suna – vor allem in den unbewohnten Gebieten – war das nötiger gewesen, nicht nur wegen Räubern, auch wegen der Raubtiere, die sich in der Wüste ausgebreitet hatten wie eine Plage. In diesen Landstrichen war sie öfter vorangeritten.

Origami, ihr Pferd, war noch jung, sie hatte es erst ausgebildet und dies war die erste längere Reise mit dem Tier. Die kräftigen Muskeln spielten geschmeidig unter dem in der Sonne glänzenden roten Fell und die Ohren waren aufmerksam nach vorn gerichtet. Sie trug Sattel, Reiterin und Gepäck mit Leichtigkeit und hatte die ganze Strecke über keine Probleme gemacht.

Konan war froh, dass Origami tatsächlich hielt, was sie versprochen hatte, als sie sie zum ersten Mal bei einer der Herden gesehen hatte, ein kleines, rotes Fohlen neben seiner Mutter, das ein kleines bisschen zu neugierig war.

Sie hatte sie selbst trainiert und ausgebildet und war mehr als zufrieden mit dem Ergebnis. Origami würde sie überall hin tragen, wenn sie es wollte. Zu dem Ziel, das Anko für sie bestimmt hatte, durch die Wüste, über die Eiswüsten und auch nach Süden, dort, wo sich die Vulkane erhoben, zwischen denen sich der Feuertempel befand, und…
 

Konan verbot sich, den Gedanken weiter zu verfolgen. Auch wenn sie zugab, diesen Mann zu lieben, musste es niemand anderes wissen und vor allem durfte es sie nicht beeinträchtigen, während sie anderswo unterwegs war.

Selbst, wenn sie sich nach ihm sehnte.

Selbst, wenn sie sich wünschte, dass sie öfters dort unten sein konnte.

Selbst, wenn sie wirklich wollte, dass die Reise zwischen Hakka’Tha und dem Feuertempel kürzer war und sie mehr Zeit hatte.

Selbst wenn sie…

Ärgerlich riss sie sich selbst aus den Gedanken. Alles brüten und hadern änderte nichts an der Situation, in der sie und ihr Geliebter sich befanden. Und wenn sie genauer darüber nachdachte, würde sie auch nichts ändern wollen, trotz aller Sehnsucht.

Das einzige, was eine Änderung bewirken würde, wäre, wenn sie sich von den Amazonen verabschieden und ihn heiraten würde. Er, das wusste sie, würde und konnte sich nicht von dem Feuertempel lösen, da er viel zu verbunden damit war. Sie dagegen wollte sich nicht von Hakka’Tha und den Bewohnerinnen trennen, sie hatte einen Eid geschworen, den sie weder zurücknehmen noch brechen wollte.

Außerdem war sie bereits ein Mal verheiratet gewesen. Das hatte ihr gereicht und ihr gezeigt, was sie wollte, konnte und wünschte. Ein Ehemann war es ganz sicher nicht.
 

Sie fuhr auf, als Origami unruhig wurde. Die Ohren des Pferdes zuckten und es lief zögernder voran, wenn es auch nicht versuchte, etwas zu tun, was Konan nicht gefiel. Seine Schritte wurden schleppender und die Reiterin runzelte die Stirn und zügelte sie, so dass sie von dem raschen Trab in eine langsamere Gangart zurückfiel.

„Was ist?“ Sie klopfte der Stute auf den Hals, aber die reagierte nur, indem sie den Kopf warf, schnaubte und unruhig tänzelte, so dass sie sie zum Stehen brachte. „Alles in Ordnung, ruhig, ruhig.“, versuchte sie das Tier zu besänftigen und überprüfte den Sitz ihres dreifingerigen Handschuhs und des Unterarmschutzes, die zu ihrer Ausrüstung als Schützin gehörten, ehe sie nach ihrem Bogen griff, während sie sich aufmerksam umsah, aber nichts ungewöhnliches bemerkte.

Die Waffe war ein schönes, aber einfaches Stück, ein schlanker, mit Leder umwickelter Kompositbogen mit tief geschwungenen Bogenarmen und gefertigt für sie, damit sie ihn bequem auf dem Rücken eines Pferdes nutzen konnte.

Sie hängte die Sehne ein, während Origami sich beruhigte und schließlich felsenfest stehen blieb, wenn sie auch unruhig mit dem Kopf nickte. Sie schnaubte unruhig, als Konan sie erneut nach vorn trieb, reagierte aber brav und lief wieder los.
 

Das nächste, was die Amazone bemerkte, war der feine Geruch von Rauch. Holzrauch, der in der Luft hing und immer stärker wurde, je weiter sie kam. Ihr war schnell klar, dass er nicht von einem einfachen Feuer kommen konnte. Da hatte etwas viel, viel größeres gebrannt. Ein Haus?

Beunruhigt vergewisserte sie sich, dass sich ihr Pfeilköcher in Griffweite befand und noch immer gefüllt. Man konnte nie vorsichtig genug sein… Ihre Finger schlossen sich enger um die ledernen Zügel und als sie um die nächste Ecke bogen, riss sie so fest daran, dass Origami beunruhigt stieg und zurückwich.

Vor ihnen befand sich ein Schlachtfeld. Erst auf den zweiten Blick bemerkte sie, dass es sich keinesfalls um zwei Gruppen von Kriegern handelte, die hier mitten auf dem Weg aufeinander getroffen waren, sondern um eine Handelskarawane, die überfallen worden war.

Planwagen und ehemals beladene Karren standen in einer Reihe, die so lang war, dass Konan ihr Ende nicht erkennen konnte, da die Straße erneut eine Biegung machte und im Wald verschwand.

Manche waren umgekippt, einige verbrannt und verkohlt, alle so gut wie leer. Dass das Feuer nicht auf den Wald übergegriffen hatte, hatten sie wohl nur dem Regenschauer zu verdanken gehabt, der sie vor einiger Zeit überrascht hatte.

Der Gestank von nassem, verkohltem Holz hing in der Luft. Wahrscheinlich hatte der Schauer nicht nur die drei Amazonen überrascht, sondern auch die Räuber – der Überfall konnte also noch nicht lange her sein, ein paar Stunden.
 

Leichen lagen auf dem Boden und den Kutschböcken, manche verkrümmt, andere verkrüppelt, alle getränkt in Blut, einige gespickt von Pfeilen. Die meisten der Zugtiere – größtenteils Pferde – waren ebenfalls tot.

Sie konnte zwei Tiere erkennen, die noch lebten, eines, das mit panikgeweiteten Augen im Geschirr stand und wie wahnsinnig mit den Augen rollte, mit Schaum vor dem Maul, und eines, das nicht weit von ihr auf der Seite lag und schwer atmete, während Blut aus seinem Maul troff und aus der tiefen Wunde an der Seite floss.

Konan schauderte. Was hier statt gefunden hatte, konnte man schwerlich ‚Kampf’ nennen, ‚Gemetzel’ wäre ein besserer Ausdruck. Hier lebte niemand mehr außer diese beiden bedauernswerten Tiere.

Die Schlächter schienen auch längst abgezogen zu sein, beladen mit den Waren der Karawane. Sie musste reich gewesen sein. Die Kleidung der Toten, die Wagen, die Pferde, alles zeugte davon, dass die Händler nicht gerade am Hungertuch genagt hatten.
 

Origami schnaubte, tänzelte unruhig auf den Zehen und riss damit ihre Reiterin aus den Gedanken. Sie sollten am besten so schnell wie möglich zu den anderen beiden zurückkehren. Wenn es hier tatsächlich Wegelagerer gab, die es mit einer solchen Gruppe aufnahmen – man konnte an der Zahl der toten Krieger sehen, wie gut sie bewacht gewesen war – dann mussten sie sich auch hüten.

Und wer wusste es schon – vielleicht waren sie noch in der Nähe? Konan hatte kein Interesse daran, sich mit ihnen anzulegen, vor allem nicht alleine.

Sie zog einen Pfeil aus dem Köcher und setzte ihn an. Das leise Surren der Sehne und das befriedende Geräusch, als das Geschoss sich tief in den Brustkorb des sterbenden Pferdes grub, zeugten davon, dass sie nicht daneben geschossen hatte.

Dann riss sie rasch Origami herum und trieb sie zum Galopp an.
 


 


 

Temaris Hand zuckte zu der gebogenen, breiten Klinge, die sie an der Hüfte trug, und sie zuckte zusammen, als etwas durch das Unterholz brach, riesig, dunkel und laut kreischend. Einen Moment starrte sie das Wesen erschrocken an, dann lachte sie beinahe selbst über ihre Dummheit.

Es war nur das ‚verdammte Stück Pferdefleisch’, das mit großem Getöse auf den Weg gepltert kam. Ein Sattel war auf seinen Rücken geschnallt, dazu zwei große Reisetaschen, aber von dem Reiter war nichts zu sehen, dafür um so mehr zu hören. Die lästerlichen Flüche mussten bis hin den Himmel zu hören sein.

Sie wechselte einen Blick mit Anko und trieb dann Wüstenkatze an, damit die Stute näher zu dem Pferd lief. Es war leicht, nach den Zügeln zu greifen und es zu beruhigen. Wer auch immer der fluchende Reiter war, er verstand weder etwas von Pferden noch vom Reiten und musste schon zu bedauern sein, mit einem Pferd geschlagen zu sein, das einen so hinterlistigen Funken in den Augen trug. Gegenüber Temari allerdings verhielt es sich mustergültig und brav.

„Komm sofort hierher zurück, du Scheißvieh!“ Durch das Gebüsch, durch das eben noch das Pferd gebrochen war, schob sich eine zweite Gestalt, diesmal eindeutig menschlich, wenn auch die weite, schwarze Kutte ihn deutlich von der Mehrheit der Bevölkerung abhob.
 

Der Mann verstummte und blieb stehen, als er die beiden Amazonen bemerkte, und Temari nutzte den Augenblick, um ihn zu mustern. Er war weder groß noch klein, sondern eher von einer gewöhnlichen Größe, allerdings war dies das einzige, was normal an ihm wirkte.

Das silberweiße Haar war streng zurückgekämmt oder besser gesagt, zurückgekämmt gewesen und durch den Kampf mit dem Pferd und dann auch noch im Unterholz, in Unordnung geraten. Die violetten Augen blickten scharf und berechnend drein, während das blasse Gesicht von einer klassischen, aristokratischen Schönheit geprägt war, die man nicht häufig antraf.

Dass er dennoch kein Adliger war, verriet die weite, schwarze Kutte, die er über der Kleidung trug. Sie war mit großen Silberspangen am Kragen geschlossen, aber die Kapuze hing über seinen Rücken. Um die Brust trug er einen breiten Gurt, an dem seine Waffe und eine Reihe von Wurfmessern befestigt war.

Die Waffe selbst war eine riesige, dunkle Sense mit drei Klingen, die bösartig genug aussah, um ganze Reihen von Soldaten mit ihr niederzumähen. Sie schmunzelte kurz über dieses Wortspiel, ehe sie sich wieder wichtigeren Dingen zuwandte.

Wie in etwa einzuschätzen, ob sie sich in Gefahr befanden oder ob es sich bei dem Priester um ein Exemplar handelte, das sich momentan in einer harmlosen und friedfertigen Stimmung befand. Sie wollte ihm so oder so nicht zu nahe kommen, was auch daran lag, dass sie Priester nicht mochte, sondern ihnen gerne aus dem Weg ging.
 

Und dieser besonderen Art von Priestern… Denen ging jeder gern aus dem Weg. Der Rosenkranz, den er um den Hals trug, zeugte deutlich, dass er nicht einer Gottheit des Dreigestirns diente, sondern einem der niederen Götter.

Das verkehrte Dreieck in dem Kreis bedeutete nur eines: Tod. Und Leben. Das waren zwei Faktoren, über die das Dreigestirn keine Macht hatte, aber einer der niederen Götter, denn Jashin wachte eifersüchtig über seine Aufgaben und Hoheitsgebiete.

Die meisten Leute ignorierten allerdings, dass er nicht nur Tod verteilte, sondern auch Leben schenkte, und fürchteten den emotionslosen und anscheinend grausamen Dunklen Gott, der tötete und tötete und tötete. Und Leben nahm.

Das war auch der Grund, warum seine schwarzgewandeten Priester, die mächtige Stangenwaffen trugen, mit denen sie umzugehen wussten, eine größer, gefährlicher und mörderischer als die andere, so verabscheut und gefürchtet wurden.

Allerdings sah ein Jashinpriester, der gerade völlig unordentlich und verdreckt aus dem Wald gestolpert kam, weil er mit seinem Pferd nicht zurechtkam, nicht sonderlich gefährlich oder würdevoll aus, und auch sonst wirkte der Priester momentan eher belustigend, trotz – oder gerade wegen? – dem lästerlichen Wortschwall, den er bis eben noch ausgestoßen hatte.
 

„Was ist?!“, schnauzte er sie an und dann: „Hey, das ist mein Pferd, du Hexe!“

Temari runzelte die Stirn und ließ die Zügel los. Wahrscheinlich sollte sie froh sein, dass er nicht in der Stimmung war, diese bösartig aussehende Sense zu schwingen, sondern ihr nur Beleidigungen an den Kopf warf, allerdings brachte das auch nicht gerade eine Abmilderung.

„Hey!“, schnappte sie zurück. „Ich hab es nur aufgehalten, sonst wäre das Vieh wer weiß wo!“

In den Augenwinkeln sah sie, wie Anko die Hand an die Stirn klatschte und resigniert den Kopf schüttelte, aber Temari kümmerte sich nicht darum. „Nächstes Mal könntet Ihr höflicher sein, wenn jemand Euch behilflich sein will.“

Anstatt einer ruhigeren Antwort wurde der Priester noch kratzbürstiger und warf jetzt ihr seine Schimpfkanonade an den Kopf, nicht mehr dem armen Pferd. „Behilflich, im Ernst jetzt?! Verdammt behilflich nenn ich das!“, raunzte er zurück und stampfte zu ihnen hinüber. „Behilflich wäre gewesen, wenn du das verdammte Vieh laufen gelassen hättest, dann müsste ich mich nicht verdammt noch mal nicht mehr damit herumschlagen! Aber verdammt, der Gaul kommt sowieso immer zurück! Was geht es dich überhaupt an, du Hexe?“
 

Ob er irgendwie erraten hatte, dass sie magische Fähigkeiten hatte, wenn die auch gering waren, und er sie deshalb ‚Hexe’ nannte? Oder hatte er wahllos irgendein Schimpfwort für Frauen herausgesucht und es ihr an den Kopf geworfen? Temari war es egal. „Hör mal, du verdammter Pfaffe, wenn einem geholfen wird, dann sagt man ‚Danke’ und beschimpft die Leute nicht, die einem so freundlich unter die Ar…!“

„Du kannst dir deine Hilfe sonst wohin schieben!“

Anko räusperte sich.

„Ja! Genau das werde ich tun! Die meisten Leute freuen sich, wenn sie Hilfe bekommen und…“

Anko räusperte sich erneut, aber Temari beschloss, sie weiterhin zu ignorieren und dem aufgeblasenen Pfaffen ihre Meinung zu sagen. Der wiederum sah genauso entschlossen aus, seine schlechte Laune an ihr herauszulassen. „…maulen nicht herum, du elendiger Pfaffe!“

„Ich bin verdammt noch mal nicht ‚die meisten Leute’, ernsthaft, Hexe! Ich…“

Temari sah geradezu, wie ihre Kampfschwester beschloss, dem Streit ein gewaltsames Ende zu schaffen. Kurzentschlossen trieb sie Drachenbrut zwischen die beiden und schon allein, die plötzliche Tatsache, dass das riesige Koloss von einem Pferd zwischen ihnen stand, brachte sie dazu, zu verstummen, da war Ankos gebrüllte ‚Bitte’ um Ruhe gar nicht mehr nötig.
 

„Wenn das jetzt geklärt wäre…“ Sie nahm die Zügel des Pferdes und warf sie dem Priester zu. „Darf man fragen, was Ihr hier draußen macht? Und -“ Sie warf einen Blick auf die Bresche im Gebüsch. „- auch noch mitten im Wald.“

Er deutete mit dem Daumen auf den Wald hinter sich. „Daran ist dieses verdammte Vieh Schuld.“, grollte er und zog besagtem Tier die Zügel über den Hals, um sich kurz darauf in den Sattel zu schwingen. Es stand stramm wie ein Felsen und Temari fragte sich ein weiteres Mal, welche Probleme er mit ihm gehabt hatte.

„Und sonst bin ich nur auf Pilgerreise. Aber das geht Euch eigentlich nichts an, bei allen verdammten Göttern und ihren faulenden Zähnen.“

Temari blinzelte. Hatte er das gerade tatsächlich gesagt? Dieser Mann musste ein Vertrauen in seinen Gott haben oder war einfach wahnsinnig. Sie war sicher, hätte sie diesen Fluch ausgestoßen, wäre sie sicher längst tot. Gesteinigt. Wegen Blasphemie.

Anko lachte. „Wenn Ihr in diese Richtung unterwegs seid, dann können wir zusammen reiten.“ Sie deutete die Straße hinunter. „Wenn Ihr wollt.“

Er grunzte nur und wendete sein Pferd, was die beiden Amazonen als ein ‚Ja’ ansahen, darum fuhr die Ältere der beiden fort: „Ich bin Anko, das ist meine Kampfschwester Temari; und Konan, unsere Gefährtin, ist vorgeritten.“

„Hidan, Diener Jashins. Warum? Erwartet ihr hier ein paar Räuber, denen ihr Angst einjagen könnt?“

Anko schnaubte. „Nein. Sie wollte einfa…“
 

Das Geräusch von schnell näher kommenden Hufen unterbrach ihren Satz. Temari wechselte einen Blick mit ihrer Freundin. Sie tastete nach ihrem Schwert und auch die anderen legten die Hände auf die Waffen.

Aber das Pferd, das kurz darauf in Sicht kam, war nur Origami. Konan trug den Bogen schussbereit und sie stoppte ihr Reittier kurz vor ihren Kampfschwestern. Ihr kühler Blick wanderte nur kurz über die Gestalt des Priesters – Hidan hatte er gesagt? – dann erklärte sie in kurzen, abgehackten Worten, noch immer außer Atem: „Eine überfallene Karawane. Ihr seid besser vorsichtig. Es ist kein schöner Anblick.“

Sie wendete Origami ohne ein weiteres Wort und führte die nun stumme Gruppe zu dem Ort, an dem der Tod herrschte. Hidan folgte ihnen, ebenfalls schweigend, was Temari für seltsam hielt, obwohl sie ihn erst seit kurzer Zeit kannte.

Als sie ankamen, nahm er den Rosenkranz von seiner Robe auf und seine Lippen bewegten sich lautlos, als würde er für die Toten beten. Aber das war ja auch seine Aufgabe.
 


 


 

Konan hatte keine Ahnung, woher der Jashinpriester kam oder was ihre Kampfschwestern von ihm wollten, aber sie brauchte es nicht zu wissen. Zumindest jetzt nicht. Im Moment war das, was direkt vor ihnen lag, sehr viel wichtiger.

Keiner brauchte ein Wort zu sagen. Schweigend stiegen sie ab und banden die Pferde etwas abseits des Schlachtfeldes fest, ehe sie darüber gingen. Konan hatte schon vorher gewusst, dass nichts mehr zu retten war. Nicht bei diesen zerbrochenen Körpern und toten Augen um sie herum. Und der Stille, die den Tod in die Welt hinausbrüllte.

Temari näherte sich vorsichtig dem letzten lebenden Pferd, das noch immer in den Wagen eingespannt war. Ihre leise, beruhigende Stimme war gut zu hören, trotz, dass sie Meter von den anderen entfernt war. Auch auf das Pferd hatte sie Auswirkungen, wenn auch nur langsam, und Temari schaffte es nach einer Weile, es loszubinden und wegzuführen, um es bei den anderen anzubinden, ehe sie ihnen wieder bei der Suche half.

Auch wenn sie nicht genau wussten, nach was sie überhaupt suchten. Überlebenden – unwahrscheinlich bei diesem Gemetzel. Hinweißen auf die Täter – wer wäre so blöd, etwas liegen zu lassen? Wahrscheinlich waren sie nachher so klug wie vorher, nur sehr viel dreckiger.
 

„Wer das wohl war?“, fragte Anko sich laut und rollte eine Leiche mit dem Fuß auf den Rücken. Es war ein Mann und sein Gesicht spiegelte nahezu das Schlachtfeld wieder, auf dem sie selbst standen, so zerstört war es.

„Was meinst du?“, erkundigte sich Temari vom anderen Ende des Weges, wo sie gerade das Ende einer Plane anhob, um darunter zu blicken.

„Ich meine, dass mir das komisch vorkommt.“ Die Kriegerin verschränkte die Arme vor der Brust. Konan begann zu ahnen, was sie meinte, sagte aber nichts, sondern setzte ihre Suche schweigend fort. Warum etwas sagen, wenn es die andere sowieso aussprechen würde?

„Wir befinden uns mitten im Reich und ich will verdammt sein, wenn dies hier eine Gegend ist, in der man mit so etwas rechnen muss.“ Temari ließ die Plane fallen und legte nachdenklich den Kopf schief.

„Schau nicht so, du kleines Stück.“, knurrte die Ältere. „Natürlich habe ich recht.“ Frustriert trat sie gegen einen Helm, der verlassen am Boden gelegen hatte und nun über das Schlachtfeld schepperte.

Dinge, die sie nicht erklären konnte, mochte sie nicht. Konan mochte sie auch nicht, aber sie konnte damit leben. Anko nicht. Anko wurde nervös und anstrengend und laut, auch wenn sie wusste, dass sie nur etwas Zeit brauchte, um über die ganze Sache nachzudenken und zu spekulieren.
 

Vielleicht waren das hier Räuber gewesen, die sich etwas mehr getraut hatten – diese Gegend war reich, es gab einiges zu holen, wenn auch die Gefahr des Galgens groß und nahe war.

Vielleicht waren es die Rebellen, von denen man immer wieder hörte, gewesen, weil die Leute der Karawane eine Gefahr für sie dargestellt hatten. Konan glaubte nicht daran, andererseits hatte sie keine Ahnung, wer diese Leute hier gewesen waren und was sie transportiert hatten, denn von der Ware war nichts mehr übrig.

Vielleicht waren sie auch nur die armen Opfer eines exzentrischen, launenhaften Adligen, der es lustig fand, reisende Händler zu überfallen, auszurauben und zu ermorden. Es wäre nicht das erste Mal, obwohl es sicher kein üblicher Zeitvertreib war.

Dennoch wurden danach meistens die Straßen gesäubert. Denn – wer wollte schon über so etwas stolpern, wenn er unterwegs war? Das käme der Politik des Landesherrn sicher nicht zu Gute. Wahrscheinlich konnten sie diese Möglichkeit getrost fallen lassen.

Allerdings – wie lange konnte sich eine Räuberbande in diesem Land halten? Nicht sehr lange. Nicht lange genug, um so etwas hier anrichten zu können.
 

„Wahrscheinlich.“, stimmte Temari zu und warf Konan einen kurzen Blick zu, aber die zuckte nur wortlos mit den Schultern. „Wer war es dann?“ Die Frage hing über ihnen wie ein drohendes Schwert, denn so sehr sie auch überlegten, eine Antwort fiel ihnen nicht ein.

Auch der Jashinpriester schwieg, stieg über langsam über Leichen und bei jedem seiner Schritte schwang der Rosenkranz hin und her, den er nun in der Hand trug. Anscheinend ging er seiner Arbeit nach, was das konzentrierte Gesicht und die ständigen Bewegungen seiner Lippen erklärte, auch wenn er nicht laut sprach.

Man überließ die Bestattung der Toten den Priestern des Dreigestirns, aber die Seelen gehörten Jashin und wurden von seinen Priestern geholt und übergeleitet in die nächste Welt, auch wenn ihr Besuch an den Stätten des Todes auf ein paar wenige Augenblicke beschränkte, ehe sie leise murmelnd wieder nach draußen und die Straßen hinuntergingen.

„Hey.“, brüllte Temari zu ihm hinüber, allerdings reagierte er nicht auf sie. Ob er sie bewusst ignorierte, dachte, dass sie mit ihren Waffenschwestern sprach, oder sie überhaupt nicht gehört hatte, konnte Konan nicht sagen, nur, dass die Blonde es nicht vertrug, wenn sie nicht beachtet wurden.

Die Schwertkämpferin hob einen Stein vom Boden auf und warf ihn in die Richtung des Priesters. „Hey, Pfaffe!“
 

Sein Blick wurde zornig, aber er beendete seinen Satz, ehe er herumfuhr und die Amazone anfuhr: „Sei still, du Hexe! Bemerkst du nicht, dass ich zu tun habe?“ Kopfschüttelnd drehte er sich wieder um und murmelte etwas vor sich hin, was die kleine Toukin nicht genau verstand, aber die Worte ‚Heilige Pflicht’ ‚unterbrechen’ und ‚verfluchte Hexe’ beinhaltete, und sie verzog die Lippen zu einem kleinen Grinsen. Die beiden kamen ja hervorragend miteinander aus.

„Das ist mir momentan egal.“, raunzte Temari zurück. „Du bist doch schon länger hier in der Gegend? Hast du was bemerkt?“

„…zurück ins Schwarze Reich.“ Der letzte Teil des Gebetes war klar und deutlich zu verstehen und der zornige Unterton war ebenso wenig zu überhören, aber Temari verschränkte nur die Arme vor der Brust und wartete auf eine Antwort, während ihr Fuß ungeduldig auf den Boden tappte. „Nun?“

„Nein, habe ich nicht, verdammt. Lass mich hier meine heilige Pflicht tun!“

„Lass ihn, Temari. Du kannst ihn nachher anfauchen.“, warf Anko ein. „Wir haben im Moment anderes zu tun.“

„Und was? Zwischen Leichen herumwühlen? Sollen wir sie alle begraben oder was?“

„Das können wir nicht. Wir sollten das nächste Dorf aufsuchen.“, erklärte Konan ruhig und löste sich von dem Platz, von dem aus sie das Gespräch verfolgt hatte, um auf einen der Wagen zuzusteuern. Er stand noch auf allen vier Rädern, die Pferde tot im Geschirr und die Plane heruntergerissen, aber nicht so zerstört wie diverse andere.
 

„Gute Idee.“, knurrte Anko und trat erneut gegen einen herumliegenden Helm, der ebenso laut scheppernd gegen einen Baumstamm krachte.

Das Geräusch war so laut, dass die Toukin beinahe das leise Schluchzen überhörte, ein seltsamer Laut zwischen Weinen und Schlucken, nicht laut, aber nicht leise genug, das es im Lärm um sie herum unter ging – oder Konans geschulte Ohren waren einfach zu fein.

Sie blinzelte und legte den Kopf schief, versuchte die anderen drei zu ignorieren, ebenso wie die Geräusche des Waldes – Rascheln, Rütteln, Blätter, Wind – und die Pferde, die am anderen Ende des Schlachtfeldes angebunden waren und nervös mit den Hufen stampften. Da, dort im Wagen saß jemand und weinte. Ein Mädchen, wahrscheinlich, jung, kaum mehr als ein Kind.

Die kleine Amazone zog eine Augenbraue hoch und trat näher an den Wagen heran, ließ die Hand über das raue Holz gleiten. Sie war sich sicher, dass das Mädchen sich hier irgendwo versteckte. Ein Geheimversteck, wie es Schmuggler öfter in den Wagen hatten. Wahrscheinlich am Boden des Wagens angebracht.

Sie bückte sich und spähte darunter. Viel konnte sie nicht erkennen, aber das hatte sie auch nicht erwartet. Auch Zöllner wussten davon und alles, was nicht geschickt angebracht war, würde entdeckt werden.

„Was tust du da?“

„Hm?“ Sie drehte sich um. Anko blickte sie abschätzend an, während Temari und der Priester sich im Hintergrund weiterstritten. „Da drin ist jemand.“
 

„Aha.“ Anko trat näher. Sie zweifelte nicht an den Worten ihrer Gefährtin, denn Konan war jemand, der die Wahrheit hoch schätzte und nichts übrig hatte für Worte zu viel – Lügen waren Worte zu viel. „Lass mich mal.“ Das wölfische Grinsen, das sich auf ihre Lippen schlich, ließ die Kleinere sofort zurückweichen. Anscheinend hatte die Kobra Erfahrung mit so etwas, auch wenn sie sich wirklich fragte, woher die kam.

Ankos schwielige Hände glitten kurz über das Holz, wie Konan es vorher gemacht hatte, allerdings schienen sie etwas bestimmtes zu suchen. Kurz darauf wurde das Grinsen der Kriegerin breiter, dann klickte es leise und der untere Part der Wagenwand klappte nach unten.

Das nächste was sie hörten war ein erschrockenes Kreischen und dann sahen sie auch, von wem es stammte. Es war ein Mädchen, mit rotblondem, aufgelöstem Haar und blutverschmiertem Gesicht.

„Hey, Kleine.“, sagte Anko und ihr Grinsen verminderte sich zu einem freundlichen Lächeln. „Alles klar?“

Konan schnaubte. „Natürlich nicht.“, knurrte sie zu ihrer Waffengefährtin und ging vor dem Wagen in die Hocke. „Willst du nicht rauskommen? Wir tun dir nichts und die … Angreifer sind weg.“
 

Sie streckte dem Mädchen die Hand entgegen, bekam aber nur einen angsterfüllten Blick aus dunklen, tränenerfüllten Augen zurück, der nahezu ans Panische grenzte. Das Mädchen versuchte, sich so klein wie möglich zu machen und durch die hintere Wand zu fliehen.

Konan seufzte. Sie hatte keine Ahnung von Kindern, vor allem nicht von derartig verängstigten Kindern und sie wollte es auch nicht haben. Der Gedanke, dass sie das Mädchen mitnehmen und nach Tahoalan bringen mussten, machte ihr Angst, Angst, die tiefer verwurzelt war und alt, die nicht mit diesem Kind zusammenhing, das hier vor ihnen hockte.

„Hör mal.“ Sie legte den Bogen auf die Erde und hob die leeren Hände. „Schau, wir sind nicht hier, um dir etwas zu tun, im Gegenteil. Wir werden dich in Sicherheit bringen. Tsunade-sama wacht über uns.“

Der Name der Göttin ließ das Mädchen aufhorchen und ihre Augen füllten sich mit Tränen. Anko warf ihrer Gefährtin einen vorwurfsvollen Blick zu, aber die schätzte, dass diese Situation besser war als jede andere – Tränen bedeuteten, dass die Anspannung von dem Kind wich, dass es ihnen genug vertraute, Schwäche zu zeigen.

„Wir sollten sie von hier wegbringen.“, erklärte sie, während sie dem Mädchen vorsichtig aus dem Wagenversteck half und es in die Arme nahm. Wenn sie traurig gewesen war – früher, als sie noch ein Kind gewesen war, jünger als dieses Mädchen hier – hatte ihre Mutter das auch immer gemacht und es hatte geholfen. Also, schätzte sie, würde es jetzt auch etwas bringen.
 

Zumindest hoffte sie das und sie behielt recht, als sich das Kind an sie schmiegte und begann, ihr Hemd mit Tränen zu tränken. Es war seltsam, dachte sie, nach einiger Zeit, wie jemand, der gerade so etwas erlebt hatte, sich derartig an eine Fremde klammern konnte.

Die zartgliedrigen, feinen Hände des Mädchens, die – unter anderem – zeigten, dass ihre Familie nicht arm gewesen sein konnte, krallten sich in den weichen Leinenstoff ihrer Kleidung und Konan fragte sich, wie sie das Kind von hier wegbringen konnten.

„Gib sie mir.“, bat Anko von der Seite und sie war nur zu froh, die Last loszusein. Vorsichtig löste sie die Hände aus ihrer Kleidung und merkte erstaunt, dass das Mädchen vor Erschöpfung eingeschlafen war.

„Wir werden sie später befragen.“, murmelte Anko leise. „Geh mal zu den Streithähnen da rüber, die scheinen was gefunden zu haben.“ Sie warf einen Blick über die Schulter zu Temari und dem Priester, die seltsam ruhig etwas diskutierten, während sie das Mädchen vorsichtig auf die Arme nahm.

Konan schnaubte. Kein Wunder, dass die Ältere sich bereit erklärte, sich um ihren neuen Schützling zu kümmern. Ansonsten hätte sie sich ja mit den ‚Streithähnen’ herumschlagen müssen, wie sie sich passend ausdrückte.
 

Aber Konan war ihr dankbar dafür – ihr war diese Verteilung ebenfalls lieber. Das Kind weckte Erinnerungen, die sie lieber vergessen würde. Sie erhob sich geschmeidig und stiefelte zu ihren beiden Begleitern hinüber. Als sie sich näherte, bemerkte sie, dass die Schwertkämpferin etwas in der Hand hielt, was erst wie ein goldenes Schmuckstück aussah, dann eher wie ein handlanges Messer aus Gold. „Was ist das?“

„Hm?“ Temari blickte auf und musterte erst sie, dann Anko, die mit dem Kind zielstrebig auf die Pferde zuging. Allerdings ging die Blonde nicht auf sie ein, sondern beantwortete Konans Frage: „Eine Waffe, denke ich. Wurfmesser.“

„Aus Gold?“ Verdutzt streckte Dunkelhaarige die Hand aus und die Blonde reichte es ihr.

„Nein.“, knurrte der Priester. „Ein anderes Material, aber kein Metall. Wer wäre so blöd, goldene Waffen zu benutzen? Das verdammte Zeug ist viel zu weich.“

Sie warf ihm einen missbilligenden Blick zu, der zeigte, dass sie das selbst wusste, und widmete sich dann der Waffe. Sie war schwer und gröber als geschmiedetes Metall, aber die Kanten der Klinge waren derartig scharf, dass sie sich sofort schnitt, als sie sie berührte. Nachdenklich wischte sie sich den Finger an der Hose ab nun drehte die Klinge ratlos in den Händen.
 

„Shizune muss das sehen. Vielleicht weiß sie mehr.“ Es gab Dinge, die Konan gerne verschwieg oder unter den Tisch fallen ließ. Meistens störte dies auch nicht, denn weder log sie noch gab sie an, etwas zu können, was nicht stimmte.

Allerdings ging sie auch nicht mit der Tatsache hausieren, dass sie aus der untersten Schicht stammte. Es gab Dinge, die sie nicht wusste und die sie nie wissen würde. Sie erinnerte sich noch genau daran, wie sie sich vor wenigen Jahren mühsam Buchstaben angeeignet hatte.

Ihre Handschrift war noch immer krakelig und ihre Liebe zu Büchern hielt sich in engen Grenzen. Studium, das sich darauf bezog, ihr Wissen aus Büchern zu holen, lag ihr nicht. Und sie wusste ganz genau, dass diese Waffe mehr erforderte als Fragen, die man der richtigen Person stellte – weil sie nicht einmal wussten, wer die richtige Person war.

Die Priesterin, die edler Herkunft war und größere Mittel hatte, hatte größere Chancen, Antworten auf ihre Fragen zu finden, selbst wenn sie mit der seltsamen Klinge nach Hakka’Tha zurückkehren würden.

„Lasst uns gehen.“, verlangte Temari plötzlich. Sie ließ den Blick noch einmal über das Schlachtfeld gleiten. „Ich glaube, hier finden wir nichts mehr, was uns mehr Aufschluss über die Ereignisse geben wird. Und auch keine Überlebenden mehr.“ Sie warf einen Blick zu Anko. „Wir reiten in das nächste Dorf und die Leute sollen uns hiermit helfen.“

Sie rieb sich die Arme, als würde sie frösteln, und die drei setzten sich in Bewegung und eilten mit raschen Schritten zu ihrer Gefährtin hinüber, die bereits auf sie wartete.
 

~~~~~~~
 

So. :D

Das nächste Kapitel wird nicht so lang, versprochen. Aber ich wollte und wollte es einfach nicht teilen, das wär mir - wie gesagt - komisch vorgekommen. BTW... Nächstes oder übernächstes Kapitel hat Neji seinen Auftritt. ^^
 

Sorry, dass in diesem keine TenTen drin war oder so, aber das wird jetzt noch öfter vorkommen, auch wenn der Fokus natürlich weiterhin auf TenTen liegt.
 

Ich wünsch mir ein paar Kommentare von euch. ^^ Und zwar 19, dann wären es 1oo. (Nein, das heißt nicht, dass das nächste Kapitel on kommt, wenn es so viele sind, okay? Ich wünsch es mir nur. Nicht dass ich hier missverstanden wäre... Ich halte nicht viel von 'Ich lad erst wieder hoch, wenn...')

Und ich wünsch mir, dass sie lang sind. ^^" Mit langen Kommentaren kann ich mehr anfangen. Und das Kapitel ist auch lang. Lange Kommis für langes Kapitel ...

Blablablablubb... Merkt man, dass es nach 1 in der Nacht ist? =__= *halb einpenn*
 

Bis dann

Sorca~

Vor den Toren der Hölle (Part I) - Der Lord des Wassers

Titel: Schicksalsbande

Teil: 7/?

Autor: Wolfsorceress

Fandom: Naruto

Rating: PG-14(?)

Warning: AU, (Am Rande wird Shounen-ai vorkommen)

Pairing: Neji x TenTen und noch ein paar.

Disclaimer: 'Naruto' gehört nicht mir und ich verdiene kein Geld mit dem Quatsch hier.
 

~~~~~~~
 

So...

Ich weiß, ich hab euch ziemlich lange warten lassen - was mir sehr leid tut - aber im Grunde hab ich seit letztem Jahr nicht mehr wirklich was geschrieben. uu"

Wie auch immer, das Kapitel ist jetzt fertig, wenn auch nicht testgelesen oder so.
 

Allerdings mag ich das Kapitel ziemlich gern. XD So vom Inhalt her und so, auch wenn nicht wirklich alles drin ist, was rein sollte, aber es war sowieso schon lang genug. Nicht so lang wie das letzte, aber das war ja sowieso viel zu lang. Wollte eigentlich nicht so lange Kapitel hier rein bringen... Wie auch immerm, das hier ist kürzer, das nächste wird (hoffentlich) noch kürzer. u_u"

Hier tauch sogar ein ganzer Haufen neuer Charas auf. :D

Und ich hasse Sai. -.- (Also, nein, ich hasse ihn nicht, im Gegenteil, ich find ihn total cool. Aber er ist so verdammt scheiße zu schreiben. >_< Hidan war ein Klacks dagegen. Ergo: Er ist OOC und zwar wahnsinnig. *seufz* Ich hab nix gegen Tipps, was ihn angeht.) Der Rest dagegen war ziemlich einfach.
 

Übrigens noch mal vielen Dank für die 1oo Kommentare. :D Das hier ist meine erfolgreichste FF bis jetzt und ich hoffe, das bleibt so. X3
 

~~~~~~~
 

Vor den Toren der Hölle - Part I: Der Lord des Wassers
 

Es lag noch Schnee. Auch wenn der Frühling immer weiter voranschritt und die Welt weiter im Süden schon wieder grün wurde, war die Hochebene von Hiralis noch zu großen Teilen unter einer vereisten, schmutzig-grauen Decke begraben. Der Wind war scharf und die Luft eisig und TenTen war froh um die Mäntel, die sie sich auf den Rat eines Händlers besorgt hatten und ihnen nun gute Dienste leisteten.

Die Hochebene lag mehrer Tagesreisen hinter den Grenzsteinen zwischen Mizu und Konoha, eingebettet zwischen himmelhohen Bergen, die gleichzeitig majestätisch, beeindruckend und bedrohlich wirkten, bedeckt von Schnee und Eis und Stein und dürren, graubraunem Gehölz. Mehrere Pässe schnitten durch das Gebirge und einen davon hatten Lee und TenTen genommen.

Es war weit hoch gegangen, aber die Gipfel überragten sie noch immer um eine Höhe, die sie sich kaum vorstellen konnte. Auf dem höchsten Punkt des Passes konnten sie über die Hochebene blicken, bis hin zu der fernen Kette der Berge, die nur an besonders klaren Tagen schemenhaft zu erkennen war.

Auch der einzelne Gipfel des Eiszahnes, der sich in der Mitte der Ebene erhob wie ein drohendes Mal, war zu erkennen, doch deutlicher und klarer als die gegenüberliegende Gebirgskette.
 

Dort war es, ihr Ziel, der Wassertempel, das Nördliche Tor, das erste Etappenziel ihrer Reise. Dort würde sich entscheiden, ob sie ihren Plan weiter verfolgen konnte, ob er realistisch und durchführbar war.

TenTen hatte sich den ganzen Weg über Sorgen gemacht. Würden die Großmagier sie tatsächlich anhören? Und wenn sie es taten, würden sie sich bereit erklären, für sie das Tor zu öffnen? Schließlich waren damit einige Gefahren verbunden, zumindest schätzte TenTen es. Sie hatte nicht wirklich eine Ahnung davon.

Aber damit würden ihre Probleme erst anfangen. Es gab so viele Fragen und sie konnte keine beantworten. Darum blieb ihr nur eines übrig, nämlich den Weg, den sie beschritt, weiterzugehen und es zu versuchen. Es war das Einzige, was sie tun konnte, darum tat sie es und nun war sie hier, am Rande der Ebene von Hiralis, in deren Mitte sich der Tempel des Wassers befand.

Erst mit dem zweiten Blick widmete sie sich der Ebene, die bedeckt war von dürrem, braunem Gras und hellgrauem Schnee, kaum bewachsen von etwas höherem, aber mit verteilt liegenden, riesigen Felsbrocken ausgestattet. Sie war nahezu platt, sah man von der einen oder anderen Senke oder Erhebung ab. Wege schlängelten sich kaum erkennbar durch das Gras und einige kleine Flüsse waren durch Einschnitte im Boden deutlich zu erkennen.
 

Staunend blieben Lee und TenTen stehen und ließen die Blicke von dem Eiszahn über die Ebene und zu den Bergen, die sich rund um den Talkessel erhoben wie natürliche Mauern, zerklüftet, spärlich bewachsen und abweisend.

„Da ist er.“, meinte Lee und seine Worte hingen einen Moment in der Luft. TenTen nickte und zog ihren Umhang enger um den Körper. Dies war eine der letzten Möglichkeiten, ihre Entscheidung rückgängig zu machen, schien es ihr. Umzukehren. Sich nicht den Dämonen zu übergeben. PeiPei im Stich zu lassen.

Nein, das würde sie nicht tun.

Shizune hatte ihr gesagt, dass sie ihrem Weg folgen sollte. Nicht wanken, sondern voran schreiten, mit all den Kurven und Schlenkern, aber ohne zu zögern. Sie würde es tun, dem Rat der Priesterin folgen und dort, in jenem Tempel, der dort im Inneren des Berges lag, um Unterstützung bitten, um Hilfe, die mächtig genug war für ihr Vorhaben, um einen unmenschlichen, dämonischen Begleiter.

Sie hatte lange darüber nachgedacht und gründlich dazu. Die schaurigen Geschichten, von denen sie gehört hatte und die über Menschen erzählten, die mit den Dämonen einen Pakt geschlossen hatten, hatten sie abgeschreckt. Wen würden sie nicht abschrecken? Sie erzählten vom Versagen, Ehrverlust und dem Verlust von so viel größeren Dingen, von Leben, Familie, Freunden – der Seele.

Nie war etwas Gutes daraus entstanden und sie fragte sich, warum sie diesen Weg beschritt. Aber man durfte Geschichten und Legenden nicht wortwörtlich glauben. Sie waren falsch überliefert, übertrieben und abschreckende oder nacheiferbare Beispiele. Sie waren nicht wahr.

Oder TenTen war einfach verzweifelt genug, es dennoch und trotz allem zu versuchen. Zutrauen würde sie es sich, auch wenn sie es nicht genau sagen konnte. Dies zeigte mehr als alles andere, wie sehr verwirrt und durcheinander sie war. Sie wusste nicht einmal, warum sie tat, was sie tat.
 

Gewaltsam riss sie sich von den düsteren Gedanken los und stapfte mit den Füßen auf den Boden, um die Kälte zu vertreiben, die sich in ihre Glieder geschlichen hatte. „Lass uns gehen.“, sagte sie zu Lee und dem Esel, der sie geduldig auch das letzte Stück des Weges begleitet hatte. Sie hatten tatsächlich kaum mehr als eine Woche gebraucht, den Pass zu erreichen, das letzte Stück des Weges war ein Katzensprung. Zwei Stunden strammen Marsches, höchstens.

„Ja! Auf geht’s!“ Lee stieß die Faust in die Luft. Er freute sich offensichtlich, dass sie nun das erste Ziel erreichten. Auch TenTen bracht ein zuversichtliches Lächeln zustande. Sie fühlte sich auch zuversichtlich, aber nicht fröhlich, ganz sicher nicht. Sie waren dabei, ihre Seelen an Dämonen zu verkaufen – und sie war schuld, dass Lee dies zu tragen hatte! – oder was auch immer man dafür verlangen würde.

TenTen war bereit, es zu zahlen. Zuversicht war es, was sie führte, nicht Fröhlichkeit. Aber damit konnte sie leben.

„Nun denn.“ Sie ballte die Hand fester um die Zügel des treuen Esels, der sie den ganzen Weg begleitet hatte. Irgendwann, so versprach sie sich, musste sie ihm das vergelten, auch wenn er es nicht verstehen würde. Sie gingen los. Kein Zurück mehr für sie. Die Dämonen warteten auf sie, auch wenn sie es noch nicht wussten.

„Hey! Hallo!“ Die Stimme ließ sie innehalten und sich umdrehen. Am anderen Endes des Passes, dort wo die Straße eine Biegung machte, war eine Gestalt aufgetaucht. Die Stimme zeigte eindeutig, dass es sich um einen Mann handelte, einen jungen noch dazu.
 

Erkennen konnten sie noch nicht viel, nur eine hochgewachsene, schlanke Person in einem weiten Umhang, der an der Schulter zusammengehalten wurde, und ein Pferd, das sichtlich hinkte, weswegen der Besitzer wohl nicht ritt. Auch von der Entfernung konnte man sehen, dass es sich um ein äußerst edles Tier handelte, wie es sich nur äußerst reiche Händler – oder Adlige – leisten konnten.

Aber Adlige kamen nicht hierher und TenTen fragte sich, ob dieser junge Mann, der dort näher kam, der Sohn eines Händlers war, der einen illegalen Weg suchte, etwas erledigt zu bekommen. Sie hatte gehört, reiche Händler machten so was öfter.

Aber sie war nicht die, die es sich leisten konnte, über andere zu richten, weil sie das taten, was sie auch vorhatte, richtig? Während er näher kam, hatten sie genug Zeit, ihn zu mustern. Seine Kleidung war einfach, aber robust und nicht billig.

An der Hüfte trug er eine kurze, breite Klinge und TenTen tippte darauf, dass es nicht seine einzige Waffe war, auch wenn ansonsten nicht einmal ein Messer zu sehen war. Aber die Art, wie er sich hielt, wie er voranschritt und sich ihnen furchtlos näherte, zeigte, dass er gefährlich war.

Sein Haar war kurz, glatt und so schwarz wie Rabenfedern, sein Gesicht hübsch und makellos wie das einer Statue, ein Eindruck, den die beinahe erschreckend blasse Haut nur noch verstärkte, ebenso wie der gemeißelt wirkende Gesichtsausdruck. Er lächelte, aber es wirkte nicht echt.
 

Zwei Meter von ihnen entfernt stoppte er und sein Pferd schnaubte leise. „Guten Tag.“ Die Verbeugung kam unerwartet. „Auch auf dem Weg zum Tempel?“ Er hörte nicht auf zu lächeln, aber seine Stimme war emotionslos und unbewegt, dass TenTen ein Schauer über den Rücken rann.

„Ja.“, sagte sie trotzdem. Er hatte ihr keine Anzeichen gegeben, ihm zu misstrauen oder unhöflich zu ihm zu sein.

„Dann können wir das letzte Stück des Weges zusammen gehen. Ich bin Sai.“

„Mein Name ist Lee!“, erklärte der grüngekleidete Junge neben ihr. „Und das ist meine Gefährtin TenTen. Wir wollen um einen Gefallen bitten. Lasst uns gehen und nicht noch mehr Zeit vertrödeln!“ Damit drehte er sich um und marschierte los. TenTen folgte ihm hastig und der Esel zockelte hinter ihr her.

Sai schloss rasch zu ihnen auf. „Ihr seid das erste Mal hier?“, fragte er nach ein paar Schritten und TenTens Misstrauen war sofort zurück. Warum sollte er das fragen?

„Äh… Ja.“, antwortete sie dann.

„Ich komme öfter hierher.“, erklärte Sai leutselig. „Meister Pein schickt mich öfter mit den Nachrichten her.“

„Aha…“, murmelte TenTen und versuchte zu verstehen, was das hier alles sollte. Sai wirkte freundlich, aber gleichzeitig wusste TenTen, dass alles nur eine Fassade war. Es war leicht zu durchschauen, aber es war nicht zu erkennen, was darunter lag.
 

Sie versuchte, das Gespräch zu einem anderen Thema zu lenken und bemerkte das erste, was ihr in den Sinn kam: „Warum heißt er Pein?!“

Sai blickte sie an und blinzelte verwirrt. „Warum? Es ist doch ein guter Name.“

„Ich find ihn eher undankbar.“, murmelte TenTen, erntete aber nur ein: „Nein, das ist ein guter Name und...“

„Wie auch immer.“, unterbrach sie rüde, während sie weiterhin erfolglos versuchte, ihn zu durchschauen. Sai war... seltsam. Nicht so, wie sie Menschen kannte. Sein leeres, aber stets lächelndes Gesicht, sein trockener, flacher Tonfall, der genauso viel über seine Gefühle oder Meinungen verriet, selbst seine Haltung sagten rein gar nichts über ihn.

Sie beschloss, das Thema zu wechseln, allerdings fiel ihr auf die Schnelle nur eine Sache ein. „Wie ist der Wassertempel so?“ Sai blickte sie an und verriet nicht, was er dachte, darum fügte sie hastig hinzu: „Naja, ich dachte, da…da Ihr schon öfter dort wart und so... Und vielleicht könnt Ihr etwas darüber erzählen? Und... über alles ... andere ... ?“ Ihre Stimme wurde immer leiser und verklang, aber Sai ging nicht darauf ein, als würde er nicht bemerken, wie verlegen sie nach Worten suchte.

„Er ist wie die anderen drei Tempel. Im Grunde ist es kein Tempel, sondern eine Schule für Magier. Einst waren es die einzigen Magieschulen in Xian-sha’o, aber wegen ihrem Ruf als die Tore in die Sphären des Sanaraki verloren sie nach und nach an Ansehen und andere Schulen entstanden.

Heutzutage sind die vier Alten Schulen geächtet und die Magier, die noch darin leben und lernen, sind ausgestoßen, verachtet, machtgierig, tollkühn, also die, die die anderen nicht haben wollen, oder einfach alteingesessen. Zum größten Teil werden sie von den alten Magierfamilien bewohnt.“
 

TenTen lauschte fasziniert. Bis jetzt hatte sie nur Schauergeschichten gehört, über blutige Rituale, die die Magie verstärken sollten, schreckliche Opferungen an die Dämonen, die wie die Götter angebetet werden würden, Kindsraub, Entführungen, wahnsinnige Zauberer und grausame Hexen, die nichts im Sinn hatten als ihre eigene Macht und Größe.

Niemand hatte sich je Gedanken darüber gemacht, wie solch eine riesige Anlage funktionierte, wie der Alltag ablief und ob die Leute Familien hatten. Was Sai hier erzählte, klang nicht einmal nach einer normalen Magierschule – streng geführte, konservative Anlagen, die wie die Universitäten gehandelt wurden, genauso genommen so gar dazu zählten, auch wenn sie seit jeher eine Sonderstellung einnahmen – sondern eher nach einem Dorf oder einer Burg mit einem besonderen Zusatz.

„Ursprünglich wurden die Vier Tempel errichtet, um über die Orte zu wachen, wo der Schleier zwischen unserer Sphäre und der Sphäre der Dämonen so dünn war, dass man ohne größere Mühe hindurchgehen konnte.“, erklärte Sai weiter. „Auf unserer Seite und auf der anderen Seite, denn Menschen und Dämonen bekriegten sich.“

„Warum?“, wollte sie wissen. „Was war der Grund?“
 

Der Schwarzhaarige blickte sie einen Moment an und meinte dann: „Sie hatten Angst voreinander.“ Er schwieg einen Moment. „Meister Pein sagt, wenn Menschen Angst vor etwas haben, dann hassen sie es und versuchen, es zu vernichten. Ich verstehe nicht viel davon-“ Er sagte nicht, ob davon die Psychologie war – oder die Angst. „-und auch nicht, was die Dämonen denken. Meister Pein sagt dann immer, die meisten wissen gar nicht, wie nahe sich die beiden Rassen stehen.“

Der Gedanke jagte TenTen einen Schauer über den Rücken. Waren Menschen und Dämonen sich tatsächlich ähnlich? Das war ... unvorstellbar. Vielleicht sollte dieser Meister Pein einen Aufsatz darüber schreiben und sehen, wie die Hochmeister der Magieuniversitäten dies aufnahmen.

Sai allerdings schien ihr Unbehagen nicht zu teilen, sondern fuhr munter fort: „Das änderte sich mit dem Laufe der Zeit und heute würde man sie am liebsten auslöschen. Das wäre allerdings dumm und ist zudem fast unmöglich. Der Tempel des Wassers wurde am höchsten, erreichbaren Punkt des Berges erbaut. Es führt nur ein Weg auf den Eiszahn und dieser Weg ist steil. Außerdem ist der Tempel selbst befestigt wie eine Burg und verteidigungsfähig.“
 

Da fragte man sich gerade, warum die Erbauer der Tempel etwas Derartiges benötigt hatten. Ob viele Menschen versucht hatten, in die Dämonenwelt zu kommen? Sie konnte es sich nicht vorstellen, nicht nach all den Geschichten, die sie gehört hatte. Oder ob sie einfach nur versucht hatten, die Tempel und damit die Macht über die Grenze zwischen dieser und jener Welt an sich zu reißen?

Auf der anderen Seite hatte sie gehört – und vermutete es auch – dass man in schwer befestigte Gebäude nicht nur schwer eindringen konnte – sondern auch schwer abhauen. Und nach Sai war die ursprüngliche Aufgabe der Tempel und der darin lebenden Magier die gewesen, dafür zu sorgen, dass die Grenze nicht überschritten werden konnte, nicht von Menschen und auch nicht von Dämonen.

Warum er sie allerdings mit unnützen Informationen bewarf, verstand sie jedoch nicht. Allerdings hatte sie nach dem Tempel gefragt. Sai nahm es wörtlich und erzählte ihnen die Geschichte der Anlage, wenn auch nur in Kurzfassung. TenTen hatte keine Zweifel, dass er ihr, wenn sie danach fragte, alle wichtigen Ereignisse, die sich hier abgespielt hatten oder in die der Wassertempel verwickelt war, minutiös erklären würde, wozu er jedoch weit länger brauchen würde, als sie Zeit hatten.
 

Lee überraschte sie, in dem er sich einschaltete und nachdenklich fragte. „Was sind die Sphären des Sa... Sari...?“

„Sanaraki.“, verbesserte der Fremde ungerührt. „Die Welt der Dämonen, oft nur Sanaraki genannt. Sie sind von unserer Welt nur durch eine magische Grenze getrennt, die nicht immer dieselbe Dicke hat. Hier und bei den anderen Tempel ist sie nur ein dünner Schleier, der einfach zu durchschreiten ist.

Die Sphären des Sanaraki ist das Gegenstück zu unserer Welt und sie wird von vier Familien beherrscht. Diese Familien sind die, mit denen wir in den Tempel in Kontakt kommen und die je ein Element für sich nutzen. Feuer im Süden, Wind im Westen und Erde im Osten.

Es ist viel gefährlicher dort als hier. Wer nicht stark genug ist, stirbt. Darum sind die Dämonen auch so viel stärker. Je älter sie sind, desto stärker sind sie, je stärker sie sind, desto älter können sie werden. Natürlich helfen Familien und andere Verbindungen, alt zu werden, da sie sich gegenseitig schützen. Darum sind die Vier Großen Clane und ihre Mitglieder auch so mächtig.“

„Ah.“, murmelte TenTen und ihr Kopf schwirrte von den vielen Informationen, die Sai ihnen vorgeworfen hatte. „Du weißt sicher viel darüber, ja?“ Sai lächelte nur und setzte ruhig seinen Weg fort.
 


 


 

Der Eiszahn schien aus Zacken, Kanten und Schluchten zu bestehen. Hoch und schlank und gen Himmel strebend erhob er sich und der einzige Weg, der nach oben führte, schien flankiert von hohen Steinsäulen, die spitz wirkten wie Speere.

Einige hundert Meter, ehe der Pfad die Ebene verließ und den Berg hinauf schlich, wandelte er sich rasch von einem ausgetretenen Feldweg zu einer schmalen, gepflasterten Straße mit gesprungenen Steinen und dürren Grasbüscheln in den Lücken dazwischen.

Hohe, spitz zulaufende, rechteckige Säulen säumten sie wie karikaturhafte Bäume einer Allee. Die Pfeiler waren schneeweiß und spiegelglatt, kein Pflänzchen hatte sich daran angesiedelt und sie führten den Weg bis zum Berg, wo er unter einem geschwungenen Torbogen hindurchführte und dahinter tief in die Felsen des Berges einschnitt.

Es war, als hätte man den Weg hinein gegraben, denn die Wände ragten zu beiden Seiten hoch auf, scharfkantig und schroff, bewachsen von Moosen und Flechten, die sich über den dunkelgrauen Schiefer zogen. Weiter oben an der Felswand klammerten sich Büsche und dürre, verkrüppelte Bäume mit aller Kraft an die Felsen.

Rechts und links vor den Torpfeilern waren die Säulen keinen Meter hoch und abgeflacht, so dass oben zwei Statuen sitzen konnten, angriffsbereite Wölfe, deren Lefzen nach oben gezogen und die Zähne entblößt waren. Sie waren aus völlig schwarzem Stein gehauen, der glatt war wie die weißen Säulen.

TenTen schauderte, als sie in die verzerrten Gesichter der Tiere blickte, was aber – wie sie nach einigen Augenblicken feststellte – sicher die Intention des Künstlers gewesen war. Dennoch wandte sie starr den Blick ab, als sie zwischen ihnen hindurch schritt.
 

Der Weg nach oben war beschwerlicher, als es ausgesehen hatte. Er war lang und gewunden und teilweise so steil, dass Sai sein Pferd hätte führen müssen, wenn er es vorher geritten hätte. Sie brauchten für den ungleich kürzeren Weg zum Wassertempel, der unter der Spitze des Berges lag, beinahe länger als für die Strecke vom Pass bis zum Fuß des Eiszahns.

Als sie oben ankamen, waren sie völlig außer Atem. Nur Sai atmete noch halbwegs regelmäßig, doch auch sein Gesicht war mit einer dünnen Schweißschicht bedeckt.

TenTen und Lee blieben abrupt stehen, als sich der Weg zu der großen Fläche öffnete, die wie eine Plattform in den Berg eingelassen war, ehe er wieder in eine Felswand überging. Rechts und links schien es steil nach unten zu gehen, doch es war zu weit weg, als das sie es richtig erkennen konnte.

Der Boden selbst war steinig und nur wenig Pflanzen wuchsen zwischen dem Kies und den Felsen, alles wirkte Grau auf Grau auf blassem Blau, bis er in schwarze Marmorstufen überging. Denn an die hohe Felswand geschmiegt befand sich der Tempel des Wassers, ein Koloss von einem Gebäude, das aus schwarzem, weißem und blauem Stein zu bestehen schien.

Hohe Dächer, wuchtige Mauern, schlanke Fenster und schmale Zinnen erzeugten das Bild einer mächtigen, uneinnehmbaren Festung, nicht das einer Schule für Magie. Die drei verschiedenfarbigen, hohen Türme in der Vorderfront, von deren Dächern große Banner wehten, auf denen das Wappen – drei stilisierte Schneeflocken in einem Kreis – des Tempels zu sehen war, überragten sogar die höchsten Spitzen des Eiszahns, die unregelmäßig hinter dem Tempel aufragten.
 

Ein Wasserfall stürzte sich von oben herab und verschwand zwischen den Dächern und Mauern in den Bauten. Wahrscheinlich floss das Wasser unterirdisch durch den Berg und trat irgendwo aus dem Felsen aus und vereinigte sich mit einem der vielen Flussläufe, die sich durch die sich durch die Hochebene von Hiralis zogen.

Und überall waren Wölfe. Zähnefletschend, mit gesträubtem Fell und nach vorne gerichteten Ohren, angriffsbereit und gefährlich, oder mit in den Nacken gelegtem Kopf, dass man glauben konnte, ihnen würde gleich der lang gezogene, klagende Laut entfliehen, oder in anderen Haltungen, sie alle auf ewig in Stein gehauen, blau und schwarz und weiß.

Sie waren Ornamente und Wasserspeier und nach all den Geschichten, die man hörte, wurden sie im Falle eines Angriffs lebendig, um sich auf die Feinde des Tempels zu stürzen. TenTen konnte es glauben.

Vier von ihnen saßen auf Podesten, die in die Treppe eingelassen waren, kunstvolle Statuen, die größer und massiger waren als ein Zuchtbulle. Sie wirkten wie die Wächter des Tempels, der sich hinter ihnen erhob, hockten wie warten auf den Stufen.

An den beiden Enden der Treppe waren Rampen angebracht, die wohl für Tiere oder Karren gefertigt waren, denn einen anderen Eingang konnte TenTen nicht entdecken. Die schwarze Treppe führte zu einer Art Säulengang, in dessen Schatten sich die wuchtigen Eingangstüren befanden, von denen sie nur Konturen erkennen konnte.

Rechts und links der breiten Treppe befanden sich niedrige Gebäude aus Holz, die das gesamte Bild störten. Allerdings schienen sie wichtig zu sein, denn lange Schlangen von Menschen hatten sich davor aufgereiht.
 

Sai bemerkte ihren Blick und erklärte emotionslos: „Die niederen Leute gelangen nicht weiter als hier. All ihre kleinlichen Leiden können mit einem einfachen Amulett oder Zauber kuriert werden.“

TenTen wäre wegen seiner Wortwahl beinahe aufgefahren, aber er sprach einfach weiter: „Außerdem hätten sie Angst, den Tempel zu betreten.“

Lee und das Mädchen wechselten einen Blick. „Ich glaube, hier finden wir unsere Hilfe nicht.“, murmelte der Junge leise und TenTen musste ihm zustimmen. Es war unwahrscheinlich, dass einer dieser Leute, die da geduldig in der Kälte standen und warteten, bis sie an der Reihe waren, auch nur im Entferntesten daran dachte, weiter in diesen Tempel zu gehen und darum zu bitten, einen Pakt mit einem Dämonen zu schließen.

Außerdem hatten sie noch eine Nachricht abzugeben und Lee und sie waren schon vor Tagen zu dem Entschluss gekommen, dass sie dies zuerst erledigen würden. Ein Gedanke kam ihr. Vielleicht hatte Shizune deswegen darum gebeten. Sie musste gewusst haben, wie es hier aussah und wie das hier ablief. Wahrscheinlich würde man sie ohne diese Botschaft gar nicht hineinlassen.

Sie wechselten erneut einen Blick und sahen dann nach vorn, auf den Tempel, der plötzlich nicht mehr ganz so beeindruckend, sondern eher abweisend, kalt und wuchtig wirkte. Sai hatte sie bereits stehen lassen und wanderte zielstrebig auf das Gebäude zu, ohne den beiden Menschenschlagen auch nur einen weiteren Blick zu gönnen.

Währenddessen zerrte er an seiner Kleidung herum – zumindest sah dies für TenTen so aus, die ihn nur von hinten sehen konnte und noch dazu halb verdeckt von dem Pferd – und sie wunderte sich einen Moment, was er tat. Dann fasste sie sich und setzte sich in Bewegung.
 

„Hey! Warte doch!“ Lee und selbst der Esel folgten ihr ohne größere Umstände und bald hatten sie den schwarzhaarigen Jungen mit dem unheimlichen Lächeln wieder eingeholt. Er blickte sie beinahe erstaunt an, während er an der flammend roten Schärpe herumzupfte, die sich jetzt in halbwegs ordentlichen Falten quer über seine Brust zog und auf deren an der Hüfte herabhängenden Enden mit goldenen Fäden ein Wappen eingestickt war, eine stilisierte Flamme in einem Kreis.

Dann nickte er einfach lächelnd und ging weiter, als hätten sie nicht gerade etwas Ungewöhnliches getan. Er führte sie ohne Umschweife eine der Rampen hinauf und unter dem Säulengang hindurch, der breit genug war, dass zwei Ochsenkarren bequem aneinander vorbeifahren konnten, bis zu der riesigen Tür, die von Nahem noch größer wirkte. Es schien TenTen beinahe, als ob der Tempel von Riesen erbaut worden war.

Das einzige, was sie fühlte, als sie unter den mächtigen Bögen hindurchging, an den gigantischen Säulen vorbei, waren Ehrfurcht und Staunen. Da war nicht einmal Angst vor den Dämonen, die dahinter hausten, oder Unsicherheit vor der Bitte und den nächsten Begegnungen mit Magiern, die so mächtig waren, dass es TenTen ganz schwindelig wurde. Lee neben ihr sah sich mit großen Augen und aufgerissenem Mund um, und sagte nichts. Sai bemerkte ihre Verwunderung nicht einmal.

Es standen keine Wächter vor dem Tor und auch sonst deutete nichts darauf hin, dass hier irgendetwas bewacht wurde. An den Türflügeln hingen riesige Klopfer aus dunklem Metall, das unter dem dämmrigen Säulengang schwarz wirkte, in der Form von Wolfsköpfen mit großen Ringen in den Mäulern.
 

Sai nahm einen davon auf und ließ ihn mit einem fürchterlichen Getöse auf das dunkle Holz nieder krachen. Spätestens jetzt wandten sich die umstehenden Menschen zu ihnen und TenTen konnte ihr Unbehagen nahezu greifen, als sie die drei Personen und die beiden Tiere anstarrten, die dort vor dem Tor ins Innere des Tempels standen.

Sie flüsterten untereinander und dem brünetten Mädchen lief es eiskalt den Rücken hinunter. Sie verstand zwar kein Wort, aber sie konnte sich dennoch ausmalen, was diese Leute dachten. Wahrscheinlich hielten sie sie für Spinner oder böse Magier oder Verwunschene oder solche, die es verdient hatten, verflucht zu werden…

Heuchler. Standen sie nicht auch alle hier, um sich vom Tempel Hilfe zu erbitten? Hatten sie denn ein Recht darauf, sich über Leute aufzuregen, die hinein gingen? Sie wurde aus den Gedanken gerissen, als das Tor sich wie von Geisterhand öffnete und sie richtete ihre Aufmerksamkeit sofort darauf.

Kurz darauf erschien ein Mann im Türrahmen. Er war groß und blond und trug weite, eisblaue Roben aus schwerer Wolle über einfacher Kleidung. Über den Stiefeln trug er geschnürte Beinlinge aus Fell und am Hals schaute der Kragen eines weißen Leinenhemdes heraus. Auf der breiten, tiefblauen Schärpe, die er um die Hüften trug, an deren Enden das Wappen des Tempels zu sehen war, eingestickt mit einem silbernen Faden.
 

Er erkannte Sai sofort und verbeugte sich halb. „Sai. Man hat Euch erwartet.“ Der Schwarzhaarige nickte nur und führte sein Pferd an ihm vorbei ins Innere des Gebäudes, wo die Hufen des Pferdes an den Wänden eines hohen Flures widerhallten.

Für TenTen und Lee schien es nicht so einfach zu sein, denn der Blonde stellte sich ihnen in den Weg und musterte sie misstrauisch. „Was wollt ihr?“ Seine Frage klang nicht besonders höflich oder begeistert.

TenTen leckte sich nervös die Lippen. „Wir bringen eine Botschaft. Für den Wasserlord.“

„Ach ja?“

TenTen nickte eifrig. Der Mann hörte sich zwar nicht so an, als ob er ihnen glauben würde, aber es war die Wahrheit.

„Von der Priesterin Shizune.“, fügte Lee hilfreich hinzu. Das holte eine heftigere Reaktion aus dem Torwächter heraus, als TenTen erhofft hatte.

„Von Shizune-sama?“

Sie blinzelte und nickte dann. Zwar wusste sie nicht, ob es wirklich dieselbe Shizune war, aber es würde zumindest nicht schaden.

„Wartet einen Moment.“, befahl der Wächter und schob die Tür wieder halb zu, ehe er in die Tiefen des Gebäudes rief: „Meister Zabuza!“
 

TenTen und Lee wechselten einen Blick und der Junge zuckte die Schultern und schenkte ihr ein unsicheres Lächeln. Kurz darauf wiederholte sich der Ruf und diesmal antwortete ein wüster Fluch, ehe harte Schritte zu hören waren.

Jemand kam rasch näher und dieser Jemand trug Schuhwerk mit genagelten Sohlen. Wahrscheinlich hohe Stiefel, dazu Kleidung wie die eines Soldaten. Zumindest stellte TenTen sich das so vor. Und irgendwo würde er eine tiefblaue Schärpe umgebunden haben, an deren Enden das Wappen des Wassertempels aufgestickt war mit Silbergarn.

Kurz darauf hörten sie leises Gemurmel und dann wurde der Torflügel wieder geöffnet. Ihnen gegenüber stand ein hoch gewachsener Mann mit dunklem, kurzem Haar, das in alle Richtungen abstand.

Er trug Lederhosen und Beinlinge aus Fell, hohe Stiefel und über dem einfachen, knielangen Leinenhemd ein gefüttertes, ledernes Wams. Um seine Hüften schlang sich ein breiter Waffengurt, an dem ein Kurzschwert und ein Dolch hingen. Die untere Hälfte seines Gesichts war einbandagiert, was allerdings nichts mit Verletzungen zu tun haben schien, und quer über die Brust zog sich die dunkelblaue Schärpe.

TenTen schluckte. Zwischen diesem Mann und dem blonden Türwächter bestand ein himmelweiter Unterschied an magischer Macht und wahrscheinlich auch kämpferischem Können, das merkte sogar sie sofort.

„Ihr habt eine Botschaft für den Lord?“ TenTen nickte, plötzlich noch nervöser. Dieser Mann strahlte eine Aura von Aggressivität und Grobheit aus und sie fragte sich, ob es vielleicht doch die falsche Entscheidung gewesen war. Wenn die Magier des Wassers schon so waren, wie mussten dann erst die Dämonen des Wassers sein? Und dabei hatte sie gedacht, dass Wasser wäre das sanfteste Element von allen. Auf der anderen Seite starben wohl mehr Menschen im Schnee als im Feuer…
 

Er musterte sie einen Augenblick und sie beide gaben sich Mühe, dem scharfen Blick stand zu halten, während der Esel von einem Huf auf den anderen trat und versuchte, zurückzuweichen. Der Krieger nickte schließlich und trat zurück, machte eine spöttische Handbewegung, die sie hineinwinkte. TenTen trat ein ohne zu Zögern. Lee und der Esel folgten und kurz darauf krachte das schwere Tor wieder ins Schloss.

Jetzt gab es wirklich, endgültig und unwiderruflich kein Zurück mehr.

Sie standen in einem langen, hohen Gang, an dessen Ende ein ähnliches Tor angebracht war wie jenes, durch das sie gerade gekommen waren. Fackeln, die in regelmäßigen Abständen an den Wänden angebracht waren, erhellten den Flur, der von halb eingemauerten Säulen gehalten wurde.

Dazwischen waren einige Türen eingelassen, die wohl tiefer in das Gebäude führten. Kunstvolle Mosaike in verschiedenen Blautönen, Schwarz und Weiß, die Wölfe und Ornamente darstellten, verzierten die Decke, der Boden dagegen bestand aus von vielen Füßen spiegelglatt getretenen Steinquadern. Der Torhüter verschwand rasch durch eine Seitentür einige Meter entfernt vom Tor, von wo aus er wahrscheinlich seine Pflicht versah.
 

Der Dunkelhaarige drehte sich auf dem Absatz um und winkte ihnen. „Folgt mir.“ Seine Schritte waren laut auf dem steinernen Fußboden und TenTen musste keinen Blick auf seine Stiefel werfen um zu wissen, dass sie recht gehabt hatte mit ihrer Vermutung. Sie und Lee waren leiser, aber die Hufe des Esels hallten ebenso von den Flurwänden wider.

Ihr Führer brachte sie rasch an das andere Ende des Ganges, wo er die Tür aufschob, was vermutlich leichter aussah, als es war. Sonne strömte in den Gang und blendete sie, als sie hinaustraten auf einen großen Innenhof. Er war nahezu rund und schien eine Art Herzstück des Tempels zu bilden.

Treppen und Türen führten von ihm weg in die ihn umgebenden Gebäude. Weiter rechts von ihnen befanden sich hölzerne Bauten, bei denen TenTen auf Ställe tippte. Ein kleiner, dicker Turm ragte gegenüber des Tores aus dem Boden und er sowie die beiden hohen Gebäude links und rechts von ihm trugen einen dicken Pelz aus Efeu, der sich weiterhin hartnäckig über die Mauern auszubreiten schien. Manche der Äste waren so dick, dass TenTen oder Lee daran würden hinaufklettern können.
 

Zabuza winkte einem der Jungen, die vor dem Stall herumlümmelten und deutete auf den Esel. „Kümmere dich um ihn.“

„A…aber…“, protestierte TenTen verdutzt, ohne zu wissen, was sie genau wollte.

Zabuza warf ihr einen Blick zu. „Ihr wollt doch nicht etwa mit einem Esel im Schlepptau vor dem Lord erscheinen, oder?“ Sie wurde rot. „Außerdem werdet ihr den Tempel heute nicht mehr verlassen.“

„Wie… Was?!“ Er deutete mit einer weiten Bewegung an den Himmel. „Es wird bald dunkel und der Abstieg ist gefährlich. Es sei denn, ihr seid zu sehr in Eile…“

Sie schüttelte zögerlich den Kopf. Theoretisch konnten sie sich so viel Zeit lassen, wie sie brauchten. „Ihr seid für heute unsere Gäste und um den Esel wird man sich kümmern.“ Er drehte sich um und blickte den Stallburschen an, der nun wartend neben ihnen stand. „Sag Kushina Bescheid und schick sie dann zum Lord.“

Der Junge grinste, nickte, nahm TenTen die Zügel des Tieres ab und führte es Richtung Stall. Zabuza dagegen machte auf dem Absatz kehrt und setzte dazu an, sie sofort zum Lord zu führen.

„Wa… Wartet!“, rief TenTen erschrocken auf und ihr Blick zuckte von Zabuza zu dem Stallburschen und zurück. Beide blieben stehen und blickten sie an. Eilig machte sie sich an den Satteltaschen zu schaffen und zog den Beutel hervor, in dem sie ihre wertvollsten Besitztümer aufbewahrte. Der Brief von Shizune war ebenfalls darin.
 

Zabuza zog eine Augenbraue hoch und sagte nichts, sondern winkte ihnen nur und führte die beiden Jugendlichen eine lange Treppe hinauf und in das Gebäude. Sie folgten hastig, beinahe rennend, da Zabuzas lange Beine ihn rasch vorwärts trugen.

Sie hatten kaum Möglichkeit, sich in den Fluren umzusehen, durch die sie eilten. Nachher hatte sie noch ferne Eindrücke von kostbaren Gobelinen, Statuen, Pflanzentöpfen, schmalen Fenstern, bemalten Decken, kunstvollen Mosaiken und seltsamen Symbolen, die an der Wand angebracht oder aufgemalt waren und vor Magie beinahe summten. Außerdem hatte sie keine Ahnung mehr, wo sie sich befand.

Schließlich blieb Zabuza vor einer einfachen Tür stehen und klopfte an, ehe er die Klinke hinunterdrückte und eintrat. „Kisame, da sind Boten von Shizune.“

Einen Moment blieb es still, dann erklärte jemand mit einem tiefen Bass: „Lass sie herein.“ Zabuza stieß die Tür gänzlich auf und trat zurück, dass TenTen und Lee hineingehen konnten. Er selbst blieb im Flur und hinter ihnen fiel die Tür ins Schloss.

Der Raum war nicht groß, aber er hatte weite Fenster, durch die das Licht der untergehenden Sonne hinein scheinen konnte. Schränke und Bücherregale bedeckten jeden freien Fleck der Wände und in der Mitte des Zimmers standen ein schwerer Eichentisch und einige Stühle. Über einer der Lehnen hing eine Robe in Blau. Sai saß auf einem weiteren der Stühle und blickte sie an, sein Gesicht so unleserlich wie vorher. Er wirkte nicht einmal neugierig.
 

Vor einem der Fenster stand der größte Mann, den TenTen je gesehen hatte. Für einen Moment erkannten sie nur seine Silhouette vor dem hellen Fleck des Fensters, aber als er sich davon entfernte, konnte sie mehr erfassen.

Sein Gesicht war kantig und nicht unbedingt schön zu nennen, mit dunklen, fast schwarzen Augen und schmalen Lippen, hinter denen spitze Zähne erkennbar wurden, als er ihnen ein kurzes Grinsen zuwarf, das sie nicht deuten konnte. Blaues Haar fiel ihm ungebändigt in die Stirn und er hatte die Arme vor der Brust verschränkt, während er sie scharf musterte.

Ein Leinenhemd mit einer blauen Borte an Kragen und Saum spannte sich über mächtige Muskeln und seine Beine steckten in ähnlichen Stiefeln, Hosen und Beinlingen, wie sie jeder hier zu tragen schien. Wahrscheinlich waren sie für diese Temperaturen das Beste, was man finden konnte. Auch er trug die dunkelblaue Schärpe mit dem Wasserwappen um die Hüften, direkt über dem Waffengurt, an dem ein langer Dolch hing.

TenTen brauchte einen Moment, in dem sie den Lord mit Erstaunen anstarrte, ehe sie sich fing. So hatte sie sich ihn sicher nicht vorgestellt. Sie schwankte, ob sie wie Lee eine höfliche Verbeugung machen oder einfach nur grüßen sollte.
 

Rasch fasste sie sich. Sie konnte nicht ewig hier herumstehen wie eine Idiotin und nichts tun. „Den Göttern zum Gruße.“ Sie verbeugte sich leicht und es kam ihr in den Sinn, dass es vielleicht der falsche Gruß gewesen war.

Sie erntete ein spöttisches Lächeln von Kisame, dem Lord des Wassers, aber er nickte nur. „Willkommen im Tempel des Wassers.“

„Äh… Danke.“ Sie räusperte sich. „Die Priesterin Shizune hat uns eine Nachricht mitgegeben.“ Die Antwort war eine hochgezogene Augenbraue und TenTen vermutete, dass sich dahinter die Aufforderung verbarg, ihm die Nachricht zu überreichen. Also öffnete sie den Beutel und zog hastig den schweren Brief heraus.

Das Pergament hatte einen Knick an einer der Ecken und TenTen strich ihn errötend glatt. Dann reichte sie ihn hinüber und der Lord nahm ihn ohne zu Zögern entgegen. Er hatte riesige Hände, Pranken, die eher dazu geeignet schienen, mächtige Äxte zu schwingen als Zauber auszuführen. TenTen wich beinahe hastig zurück, was ihr ein weiteres spöttisches Grinsen einbrachte.
 

Einen Moment studierte Kisame den Umschlag und nickte, ehe er es auf den Tisch legte und sich zu ihnen drehte. TenTen holte tief Luft. Jetzt war wohl der Augenblick gekommen, mit ihrer Bitte herauszurücken. „Du sagtest ‚mitgegeben’.“ Er blickte sie direkt an und sie richtete sich höher auf unter dem scharfen Blick. „Was wolltet ihr hier?“

„Wir wollten Hilfe.“ Ihre Stimme war nur ein Krächzen und sie räusperte sich. „Gegen die Adligen. Jemand hat meine Eltern getötet und meine Schwester entführt. Wir wollen PeiPei zurückholen, aber das können wir nicht allein.“

„Und jetzt wollt ihr einen meiner Magier mitnehmen, damit er euch etwas unter die Arme greift?“

Sie fragte sich, ob er wirklich glaubte, sie wollte einen Magier, oder ob er nicht ganz verstand, was sie wollte, oder ob er einfach nur wollte, dass sie es aussprach. Sie schüttelte den Kopf, dachte an PeiPei und ihre Eltern und ihre Entschlossenheit, die nun wieder zurückkehrte. „Nein. Wir wollen die Dämonen fragen.“ Sie fühlte, wie Lee hinter ihr bekräftigend mit dem Kopf nickte.

Einen Moment blieb es still. „Wisst ihr, worauf ihr euch da einlasst?“ Kisames Stimme war kühl, aber sie konnte dennoch nicht sagen, was er über ihre Bitte dachte.

Sie wechselten einen Blick, dann schüttelte TenTen den Kopf. „Und es ist mir egal. Ich will PeiPei zurück. Ich kann nicht dabei stehen und wissen, dass sie gefangen gehalten und vergewaltigt wird. Aber ich kann allein nichts tun. Wir können allein nichts tun. Wir waren im Tsunade-Tempel, aber Shizune-san hat gesagt, wir würden dort keine Hilfe gebrauchen. Und darum sind wir jetzt hier. Wir werden uns nicht abweisen lassen.“

„Genau!“, warf Lee ein und griff nach ihrer Hand, um sie bestärkend zu drücken. Diesmal bereitete es ihr keine Mühe, dem Blick des Lords stand zu halten.
 

Er war es, der die gespannte Stille schließlich wieder brach. „Wie gedenkt ihr, uns zu bezahlen?“

Sie schusselte mit den Schnüren ihres Beutels herum, ehe sie ihn wieder öffnen konnte. Diesmal brauchte sie länger, um den gewünschten Gegenstand herauszuholen, der sich ganz unten in der Tasche befand. Er war in weiches Tuch gewickelt und sie drückte Lee ihren Beutel in die Hand, um herauszuholen. Es war eine Kette, ein prachtvolles Schmuckstück, der das ganze Können ihres Vaters zeigte, gefertigt aus Gold und ungebrochenen Rubinen.

„Ich weiß nicht, ob es genug ist.“, sagte sie. „Aber es ist sehr viel wert. Mein Vater hat es gemacht.“

Weder Kisame noch Sai, der den gesamten Wortwechsel schweigend mit angesehen hatte, sagten ein Wort. TenTen wurde unsicher. So etwas konnte doch nicht teurer sein als diese Kette, oder?

„Ich … kann noch mein Geld dazu tun, auch wenn es nicht viel ist.“, bot sie an. Dann kam ihr eine Idee, auch wenn sie wusste, dass sie es später bereuen würde. „Oder mein Schwert. Mein Schwert ist auch ziemlich wert…“

Sie verstummte, als der Lord die Hand hob. „Nein. Das hier wird genügen.“ Er nahm ihr die Kette ab und warf sie achtlos auf den Tisch, wo sie neben Shizunes Brief liegen blieb. „Sai, du kannst uns begleiten, wenn du willst. Wir werden unsere Unterhaltung später fortführen.“

Der schwarzhaarige junge Mann erhob sich und verbeugte sich formvollendet. „Wie Ihr wünscht, Lord.“ Er ließ seinen unbewegten Blick kurz über TenTen und Lee schweifen, ehe er an ihnen vorbeiging und durch die Tür verschwand.
 

Diese öffnete sich einen Moment darauf erneut und herein kam eine der schönsten Frauen, die TenTen je gesehen hatte. Sie war schlank und hoch gewachsen und ihr langes, flammend rotes Haar fiel ihr in einem dicken, geflochtenen Zopf über die rechte Schulter bis zu den Hüften. Ihr Gesicht ebenmäßig und ihr Lächeln war überaus freundlich und warm.

Sie trug ein langes Leinenhemd und darüber eine Art ärmelloses, blaues Überkleid, das an den Schultern von zwei großen Fibeln gehalten wurde, die die obligatorischen Wölfe darstellten. Unter dem weiß verbrämten Saum schauten die ihnen schon bekannten Beinlinge und Stiefel hervor. Ihre Bewegungen waren von der unnachahmlichen Eleganz und Anmut einer Tänzerin und ihre dunkelgrauen Augen waren ebenso freundlich wie ihr Lächeln.

Sie nickte den beiden Jugendlichen zuvorkommend zu und blickte den Lord an. „Kisame?“

„Tut mir Leid, dass ich dich störe, aber du siehst, wir haben Besuch.“

„Natürlich.“ Sie schien zu verstehen, was er wollte und TenTen tippte nach einem Moment des Grübelns darauf, dass sie sich vermutlich um sie kümmern sollte. Von Zabuza war jedenfalls nichts mehr zu sehen, Sai war selbst ein Gast und von dem Lord konnte man kaum erwarten, dass er zwei Fremde durch den Tempel führte.

„Du musst sofort alles für eine Beschwörung bereit machen lassen.“, fuhr der riesige Mann fort.
 

Diesmal zog sie eine Augenbraue hoch und blickte von Kisames Gesicht zu TenTens und dann zu Lees, ehe sie sich wieder dem Lord zuwandte. Sie sagte nichts und der freundliche Ausdruck veränderte sich kaum. Doch da war ein sorgenvoller Schatten in ihren dunklen Augen und sie nickte. „Natürlich. Ich werde mich sofort darum kümmern.“

Sie verließ den Raum wieder und Kisame wandte seine Aufmerksamkeit erneut seinen Gästen zu. „Ihr werdet einige Tage im Tempel verbringen müssen. Kushina wird sich in dieser Zeit um euch kümmern.“

„Einige … Tage?“, wiederholte TenTen verdutzt. Sie hatte keine Ahnung von einer Dämonenbeschwörung, aber sie hatte sich vorgestellt, dass es nur ein paar Stunden dauern würde. Auch Kisames Worte zu der Rothaarigen hatten daraufhin gedeutet, dass es nicht zu lang dauern würde.

„Ja. Um eine derartige Hilfe eines Dämons zu gewinnen, wie ihr sie braucht, müssen wir das Tor in ihre Welt zweimal öffnen. Einmal, um die Bitte auszusprechen und einmal um ihre Antwort zu hören. Ich kann euch nicht versprechen, dass sie euch helfen werden. Wir können und werden sie nicht zwingen. Sie werden einige Tage brauchen, um sich zu beraten. Ihr könnt diese Tage im Tempel verbringen.“

TenTen schwieg einen Moment. „Ich … verstehe.“ Dann verbeugte sie sich tief. „Vielen Dank.“

Kisame antwortete mit einem unergründlichen Blick, dann nickte er. „Nun denn.“ Er warf sich die Robe um, die über der Stuhllehne hing, nahm Shizunes Brief auf und wandte sich der Tür zu. „Folgt mir.“
 

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Ich hoffe, das mit den Dämonen und allem kommt jetzt nicht zu überraschend. Ich hab versucht, während der letzten 2-3 Kapitel einige Hinweiße zu streuen, wo das hinauflaufen wird. Ich weiß nicht, ob ich zu subtil war oder so?

Und von Sai gab's die 1. Lektion in Dämonologie. *hrhrhr* (Vielleicht war er deswegen so OOC? Oder es lag daran, dass er keine einzige Person beleidigt hat und auch das gewisse P-Wort nicht hat fallen lassen? *grübel*)
 

Nuja... Ich wünsch mir ein paar Kommis. ^^-

Bis dann

Sorca~

Vor den Toren der Hölle (Part II) - Die Beschwörung

Titel: Schicksalsbande

Teil: 8/?

Autor: Wolfsorceress

Fandom: Naruto

Rating: PG-14(?)

Warning: AU, (Am Rande wird Shounen-ai vorkommen)

Pairing: Neji x TenTen und noch ein paar.

Disclaimer: 'Naruto' gehört nicht mir und ich verdiene kein Geld mit dem Quatsch hier.
 

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Sry, das waren schon wieder 2 Monate. >.< War absolut nicht meine Absicht. Aber momentan ist mein Plan sowieso etwas durcheinander, wegen einer Wichtelfic - Rabenschwinge (falls jemand Schicksalsbande wegen dem Genre ließt, könnte ihm diese Story auch gefallen) - und diversen WBs. uu" Wird auch in Zukunft so sein, auch wenn ich natürlich versuche, Schicksalsbande nebenher weiterzuführen.
 

Jedenfalls ist das Kapitel doch länger, als ich erwartet hatte. (Ich hab gedacht, ich könnte euch die Wasserkaverne richtig schön vorstellen. >.< Jetzt werd ich das auf eine Sidefic verlegen müssen. *drop*)

Nuja... Ich hoffe, das gefällt euch alles. :3 Aufgeworfene Fragen werden wohl während der Story beantwortet. XP
 

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Vor den Toren der Hölle - Part II: Die Beschwörung
 

Lord Kisame machte längere Schritte als Zabuza, was dazu führte, dass TenTen und Lee ebenso schnell, wenn nicht noch schneller laufen mussten als vorher. Es ging immer tiefer in den Tempel herein und irgendwann fiel selbst ihr auf, dass das nicht sein konnte. Wenn ihr Orientierungssinn sie nicht täuschte – und das tat er selten – müssten sie den Tempel schon verlassen haben und sich direkt im Gestein des Eiszahns befinden.

Der Lord beantwortete ihre Frage, noch ehe sie sie stellen konnte. „Das, was man von dem Tempel von außen sehen kann, ist weniger als ein Drittel. Es wurde tief in den Felsen hineingebaut.“ Danach beschleunigte er sein Tempo, dass sie nicht dazu kam, etwas zu erwidern.

Endlich erreichten sie das Ziel, eine große Tür mit zwei Flügeln, in deren Eichenholz komplizierte Symbole eingeschnitzt waren. Einer der Flügel stand halb offen, so dass ein heller Lichtstrahl in den dunklen Gang fallen konnte.

Kisame zog die Tür mit einer Leichtigkeit auf, die von großer Muskelkraft sprach und winkte die beiden hinter sich herein. Es war eine enorme, vollkommen runde Halle, deren Höhe mindestens zwei, wenn nicht drei Stockwerke umfasste.
 

Riesige nackte Säulen stützten die Decke und zwischen ihnen schwebten helle magische Lichter, die sie vollständig erhellten. Der Boden bestand aus Steinplatten und komplizierten Mosaiken, die Kreise und Symbole bildeten und TenTen, die wie alle anderen viel über magische Beschwörungskreise und Schutzringe gehört hatte, schätzte, dass diese Muster nicht zum Schmuck waren, sondern aus praktischem Sinne heraus angelegt worden waren.

Dieser Verdacht verhärtete sich, während sie die Leute beobachtete, die um das größte Mosaik herumwuselten, das genau in der Mitte des Raumes lag. Es bestand aus zwei weißen Kreisen, der kleinere mindestens sieben Schritte breit, der äußere zwei Schritt breiter. Zwischen ihnen konnte man Symbole aus blauen Steinen erkennen und in der Mitte waren weitere zu sehen, ebenfalls blau, aber in einem helleren Ton, der schon fast ins Weiße überging.

Man hatte kleine Kohlebecken darum aufgestellt, aus denen es qualmte. Der schwere Duft von Lotus, Myrrhe, Sandelholz und anderem Räucherwerk, das TenTen nicht kannte, hing in der Luft.

Fünf Magier waren hier am Werk, darunter auch Kushina und Zabuza, einer saß über Bücher gebeugt am Rand, einer verteilte Edelsteine in einem Kreis um die Symbole im Inneren des kleineren Kreises und der dritte kümmerte sich um die Räucherschälchen. Zabuza und Kushina standen zwischen den beiden Mosaikkreisen und redeten leise miteinander.
 

Alle blickten auf, als sie hinter dem Lord die Halle betraten. Kushina eilte zu ihnen herüber, während der Magier am Rand sein Buch mit einem so lauten Knall zuschlug, dass TenTen zusammenzuckte.

„Wir sind so gut wie fertig.“, berichtete die Rothaarige. Hinter ihr sammelten die drei unbekannten Männer ihre Sachen zusammen.

„Gut.“ Die Stimme Kisames hallte an den Wänden wieder. „Zabuza?“ Der Angesprochene nickte und die anderen drei verschwanden unter leisem Gemurmel aus dem Raum, nicht ohne den beiden Fremden neugierige Blicke zugeworfen zu haben. Hinter ihnen fiel die Tür mit einem lauten Krachen ins Schloss.

TenTen verkreuzte die Arme vor der Brust und weigerte sich einzugestehen, dass sie sich unwohl fühlte. Unbehaglich blickte sie sich um, aber der Raum war leer und schmucklos und die vielen magischen Symbole und Zauberkreise im Boden sagten ihr nichts. Auch Lee sah nicht besonders glücklich aus, aber seine Augen waren entschlossen und ernst wie selten. Er trat unruhig von einem Bein aufs andere und nieste einmal.

Kurz darauf kam Kushina zu ihnen herüber, während der Lord rasch zu dem anderen Mann hinüberging und sich leise flüsternd mit ihm unterhielt, wie er es eben mit der Frau getan hatte.

Diese lächelte sie jetzt an. „Ich weiß, das ist ungewohnt und unheimlich für euch, aber ihr braucht keine Angst zu haben. Ich will euch nicht vorenthalten, dass es gefährlich ist, aber das ist Reisen mit einem Dämon ebenfalls. Aus mehr Gründen, als ihr vielleicht glaubt.“
 

TenTen nickte. Das hatte sie sich schon gedacht. Irgendwo mussten die Dämonen ihren Ruf als kinderfressende Scheusale ja herbekommen, oder? Dennoch antwortete sie nichts. Sie hatte Angst, dass ihre Stimme so unheimlich an den Wänden widerhallte wie die von Kisame vor ein paar Augenblicken.

Kushina sprach leise genug, dass es nicht geschah. „Passt auf. Das ist wichtig, also hört gut zu. Wir werden jetzt das Tor öffnen und Kisame wird eure Bitte an das Oberhaupt des Dämonenclans richten. Ihr beide werdet schweigen und nichts sagen, außer, wenn das Wort an euch gerichtet wird und…“

„Wird das denn passieren?“, unterbrach Lee. Die beiden Frauen blickten ihn an und er blinzelte und verbeugte sich leicht. „Entschuldigung.“

„Ist in Ordnung.“, antwortete die Rothaarige mit einem freundlichen Lächeln. „Nein, ich denke nicht. Momentan seid ihr noch nicht von Interesse für sie. Nächstes Mal ist es wahrscheinlicher, immerhin wird er euch einen seiner Leute mitgeben. Wie auch immer, falls es geschieht, dann seid ausgesprochen höflich, antwortet wahrheitsgetreu und so kurz wie möglich. Außerdem rührt euch während der Zeremonie nicht vom Fleck. Ihr beide werdet hier sitzen.“

Sie deutete auf weitere Mosaikkreise im Boden, an deren Rändern verschlungene Symbole eingelassen waren und die in einer Reihe in der Nähe des großen Kreises angebracht waren. Sie waren klein, allerdings groß genug, dass eine große Person bequem darin sitzen konnte.
 

„Es sind Schutzkreise, die euch vor der Energie schützen, die die aus dem Tor strömen wird. Das ist für normale, nicht magisch begabte Leute oft ungesund und gefährlich. Kniet euch einfach hinein. Wir werden sofort anfangen. Habt ihr alles verstanden?“

TenTen nickte und Lee folgte ihrem Beispiel nach einem Augenblick, dann folgten sie Kushinas Anweisungen und ließen sich in zweien der Schutzkreisen nieder. Die Rothaarige machte sich inzwischen auf den Weg zwischen die beiden größeren Kreise.

Die beiden Männer hatten ihre Plätze schon eingenommen und die drei Magier bildeten nun ein Dreieck. Jeder von ihnen stand über einem der Symbole, die zwischen den beiden weißen Kreisen lagen. Zabuza und Kushina ließen sich auf den Knien nieder und Kisame faltete ein Pergament zusammen, hinter dem TenTen Shizunes Brief vermutete, ehe er es in die Tasche schob.

Dann hob er die Hände und sagte ein Wort. Etwas krachte laut wie splitternder Felsen und TenTen zuckte heftig unter dem lauten Geräusch zusammen. Noch ehe das Echo des Donners verhallt war, erhob Zabuza seine Stimme und intonierte einen lauten, monotonen Singsang in einer Sprache, die das Mädchen nicht verstand. Seine Hände ruhten noch auf den Knien und auch Kushina, die kurz darauf in einer viel höheren Stimmlage einfiel, rührte sich kein Stück.
 

Später wusste TenTen nicht mehr, wie lange sie den beiden zugehört hatten – Minuten nur? Oder Stunden? – denn sie verlor völlig das Zeitgefühl unter dem einförmigen Sprechgesang und der Duft der Räucherwerke ließ ihren Kopf schwimmen.

Sie wurde heftig aus ihrer Schläfrigkeit gerissen, als Kisame mit seinem tiefen Bass einfiel und im Stakkato Worte sagte, schnell und immer schneller bis er schließlich gemeinsam mit den anderen beiden verstummte.

Die darauf folgende plötzliche, echolose Stille dröhnte durch die Halle und ihr Nachklang war lauter als der des einleitenden Donners. Mit raschelnder Kleidung erhoben sich Zabuza und Kushina und hoben die Hände, als würden sie einen Ball vor der Brust halten.

Helle, von blauen Blitzen durchzuckte Lichtpunkte bildeten sich zwischen ihren Fingern. Nach und nach wurden sie größer. Blitze zuckten von den Fingerspitzen der beiden Magier und schließlich berührte das Licht beinahe ihre Handflächen. Mit raschen Bewegungen warfen sie die leuchtenden Bälle aus purer magischer Energie in die Mitte des Kreises.

Gerade, als sie mit einem hellen Funkenregen, aber vollkommen lautlos aufeinander trafen, streckte Kisame die Hand aus und deutete mit einem Finger darauf, ehe er ein lautes Wort rief.
 

Wieder hallte der Donner durch den Saal. Eine lange Linie zuckte vom Boden zur Decke und schrumpfte rasant zu einem zwei Meter langen, blitzenden Strich zusammen, der über dem Boden schwebte, ehe er ganz verschwand.

Die Luft an dieser Stelle riss wie Papier, in das man ein Loch bohrte. Sie zerteilte sich und gab den Blick auf einen großen, beinahe völlig leeren Raum frei. Er bestand vollkommen aus Holz und in einer Ecke konnte TenTen eine große Fusuma erkennen.

Das einzige, was sich in dem Raum befand, waren zwei monströse Wölfe. Der eine war grau, der zweite vollkommen schwarz. Sie beide waren weit größer als jeder Wolf, von dem TenTen gehört hatte, groß wie Ponys, mit zottigem, dichten Fell, langen, weißen Zähnen in der langen Schnauze und Körpern, die aus Muskeln, Sehnen und Knochen zu bestehen schienen.

Ihre Augen waren schneeweiß und pupillenlos. Aber nicht blind, das konnte sie deutlich an dem wachen Ausdruck in ihren Gesichtern erkennen. Sie beide hatten sich aufgerichtet und blickten aufmerksam zu ihnen oder besser, zu Kisame. Der Lord nickte ihnen zu und sie beide erhoben sich rasch.
 

„Meister Kisame, Lord des Wassers.“, sagte der Graue mit einer tiefen, aber nicht unangenehmen Stimme und machte eine Bewegung, die wohl einer wölfischen Verbeugung gleichkam. Aber TenTen hatte keine Vergleichsmöglichkeiten, also war sie sich nicht ganz sicher.

„Wächter des Tores.“, antwortete der Magier. Er wirkte völlig ruhig, als würde es ihn nicht stören, dass er mit riesigen Monsterwölfen sprach. Wahrscheinlich war es auch so. Es war wohl kaum das erste Mal, dass er das Tor öffnete. „Ich ersuche ein Gespräch mich dem Oberhaupt.“

„Wir werden Eure Bitte überbringen.“, war die Antwort des Grauen und der andere Wolf – Dämon – sprang sofort auf und huschte auf lautlosen Pfoten zu der Tür. Mit der Schnauze stieß er sie auf und dann war er weg.

TenTen rang die Hände. Wie lange es wohl dauerte, bis das Oberhaupt kam? Ob es überhaupt kommen würde? War diese Angelegenheit wichtig genug, für das Oberhaupt eines Dämonenclans?

Es schien so zu sein und das Oberhaupt hatte entweder gerade nichts zu tun, hielt nichts davon, jemanden warten zu lassen, oder die Sache war doch wichtiger für die Dämonen, als TenTen je gedacht hätte, denn es dauerte nicht lange, bis der schwarze Wolf zurückkehrte, gefolgt von zwei weiteren Dämonen – einer braun, einer grau – und einem hochgewachsenen Mann.
 

Er trug einen schweren, völlig weißen Kimono aus Brokat, dessen Wert TenTen nicht einmal erahnen konnte, und sein dunkles Haar, das ihm lang und offen über den Rücken fiel, kontrastierte damit. Seine Haut war blass, beinahe weiß, die Augen jedoch waren noch heller, dieselben Augen, wie auch die Wölfe sie hatten, völlig pupillenlos und absolut berechnend, die Augen eines Raubtieres.

Er trat vor das Portal, während die Wölfe um ihn herum zurückwichen und sich aufmerksam hinter ihm niederließen. Dies also war das Oberhaupt des Hyuuga-Clans. Das Oberhaupt von so vielen Dämonen. Ein Dämon selbst, von unvorstellbarer Macht. TenTen fragte sich, wie viel von den Geschichten, die sie gehört hatte, wahr waren und wie viel einfach nur das: Geschichten.

Kisame und das Oberhaupt verbeugten sich steif voreinander, minimal nur. „Lord Kisame.“, grüßte der Dämon mit einer volltönenden, klaren Stimme, die allerdings kühl klang, beherrscht und überlegt.

„Hiashi-sama.“, antwortete der Magier in demselben Tonfall. Alle anderen wurden vollkommen ignoriert. TenTen hatte bemerkt, dass der Blick den der Dämonen Kushina und Zabuza sowie Lee und ihr selbst zugeworfen war, nur einen Augenblick gehalten hatte. Sie waren wohl nicht wichtig genug…
 

„Was ist Euer Anliegen?“, erkundigte sich das Clanoberhaupt.

„Man bittet um einen Krieger.“, antwortete der Wasserlord.

„In welchem Fall?“

„Rache und Rettung.“

„Was waren die Auslöser?“

„Mord und Entführung.“

Das klang alles sehr formell und wie eine Zeremonie, die sie Mal um Mal durchgingen, wann immer das Portal geöffnet wurde.

„Wer bittet um Hilfe?“

„TenTen von den Toukin.“ Kisame machte keine Bewegung in ihre Richtung, blickte sie nicht einmal an. TenTen hielt den Atem an. Sie würde sich lieber die Zunge abbeißen, als auf sich aufmerksam machen. „Sie hat den Preis gezahlt. Sie ist bereit, das Opfer zu bringen.“

Diesmal wollte sie beinahe auffahren. Von welchem Opfer sprach der Lord?! Davon war vorher nie die Rede gewesen! Hätte man ihr das nicht erzählen müssen?! Aber sie schwieg auch jetzt.

„Sie wird einen Krieger bekommen.“

Kisame legte die Hände zusammen und verbeugte sich förmlich, sagte aber nichts mehr dazu, sondern wechselte Blicke mit Kushina und Zabuza. Die rothaarige Frau zog eine Augenbraue hoch und der Mann verschränkte seine Arme vor der Brust, als der Lord sich wieder dem Dämon zuwandte. „Hiashi-sama... Es beginnt nun...“

Dröhnende Stille folgte der Aussage.
 

Drei der Wolfsdämonen sprangen auf die Beide, sie alle richteten aufmerksam ihre Ohren nach vorne. Einer zog die Lefzen zurück und zeigte sein prächtiges Gebiss. Von was sprach er? TenTen wechselte einen fragenden Blick mit dem ebenso verwirrten Lee.

„Ich verstehe…“, antwortete Hiashi und schloss für einen Moment die Augen. Als er sie wieder öffnete, richtete sein perlweißer Blick sich auf die beiden Toukin, die darunter erschauderten. TenTen wünschte sich weit weg. Diese Augen waren unbarmherzig. Hart. Kalt. Berechnend. Und sie wusste nicht einmal, ob er sie wirklich direkt ansah oder nicht, da er keine Pupille hatte.

„Weib! Wer ist dein Gegner?“

TenTen schluckte. Antworte!, befahl sie sich und krächzte: „Die von…“ Sie brach ab und räusperte sich. Sie hatte das gewollt, richtig? Sie wollte jetzt nicht den Schwanz einziehen, weil sie einem echten Dämon gegenüberstand. Sie hatte sich das selbst eingebrockt! „Die von Terouk.“

„Das ist nur ein kleines Haus.“ Der Dämon schien mehr über die Politik der Menschen zu wissen als umgekehrt. Ob er mit Kisame darüber sprach oder andere Quellen hatte? Aber es machte für sie keinen Unterschied, ob die Familie, die ihre Schwester entführt und ihre Eltern ermordet hatten, klein war oder viel Macht besaß. Für sie kam es auf dasselbe hinaus, denn so oder so besaßen sie mehr Einfluss als die Angehörigen eines Dorfschmiedes.
 

Aber sie schwieg darüber, denn der Dämon hatte bereits wieder das Interesse an ihr verloren und blickte erneut den Lord an. „Ich werde es berücksichtigen und Boten ausschicken.“

Kisame nickte. Dann verbeugten sich die beiden wieder leicht voreinander. Hiashi trat zurück und die drei Magier machten eine wegwischende Handbewegung. Das Portal schloss sich.

Einen Moment herrschte Stille im Raum dann blickte Kisame zu Kushina. „Ich überlasse sie dir.“ Die Frau nickte und lächelte. „Zabuza, komm mit mir.“ Damit drehte er sich um und blickte zu den beiden Toukin, die noch immer in ihren Schutzkreisen kauerten, und nickte ihnen zu. „Ich werde euch rufen lassen, wenn es soweit ist. Einsweilen wird Kushina sich um euch kümmern.“

TenTen erhob sich hastig. Ihre Beine waren steif und schmerzten bei der schnellen Bewegung, aber sie ließ sich nichts anmerken, sondern verbeugte sich höflich. „Ich danke Euch.“

Der Lord nickte und rauschte ohne ein weiteres Wort aus dem Raum. Zabuza folgte ihm ebenso schweigend. Kushina dagegen kam zu ihnen herüber. „Nun, ihr dürft ihnen das nicht böse nehmen. Sie sind beide etwas unbeholfen, wenn es um Menschen geht.“ Sie lachte glockenhell. „Folgt mir. Ich bringe euch in die Zimmer, die ihr die nächsten Tage bewohnen werdet und zeige euch den Tempel. Zumindest den wichtigen Teil.“, fügte sie hinzu. „Alles wird wohl kaum möglich sein. Es heißt, noch nicht einmal Kisame kennt den hintersten Winkel.“ Sie winkte ihnen und zu dritt traten sie in den großen Gang hinaus.
 

Kushina brachte sie erst zu zwei einfachen Kammern, die irgendwo im vorderen Teil des Tempels lagen, da sie kleine, schießschartenartige Fenster besaßen, durch die das rote Licht der untergehenden Sonne fiel. Ihr Gepäck stand bereits auf den schmalen Pritschen, die ihnen als Betten dienen würden.

Dann führte Kushina sie in den riesigen Speisesaal der Festung und damit direkt in ihr Herz. Stimmen schlugen ihnen entgegen, als sie die große Tür durchschritten, ebenfalls der Geruch von fettem Fleisch, Gemüse und Suppe, Menschen wuselten vor ihren Augen herum, redeten, scherzten, lachten.

Irgendwo fand ein Streit statt, mit wütenden Stimmen ausgetragen, in einer Ecke tanzte jemand lachend auf einem Tisch, von irgendwo drang lauter Gesang zu ihnen. Der Mittelpunkt der Halle war eine riesige Feuerstelle, über der ein ganzer Ochse gebraten wurde, und aus der Küche ergoss sich ein endloser Strom von Bediensteten, die Schüsseln, Platten und Kessel voller Essen trugen.

Der Wassertempel und das Leben, das in ihm herrschte, war eine Erfahrung für sich. Es war voller Energie und Kraft, vibrierte geradezu durch die uralten, ehrwürdigen Mauern und explodierte tagtäglich in der riesigen Halle, in der regelmäßig viele der Bewohner zusammenkamen.

Kushina führte sie während der nächsten Tage herum, zeigte ihnen den höchsten Turm, von dem man ein wunderbare Aussicht über die Ebene und das Gebirge hatte und auch das Land dahinter, und führte sie tief in den Berg, wo sich heilige Hallen für jeden Gott des Dreigestirns befanden und auch für weitere Gottheiten wie Jashin, Hashirama oder Nawaki.
 

Einmal ließ Kushina Pferde für sie satteln und ritt mit ihnen durch die Berge, ein anderes Mal zeigte sie ihnen die weitläufigen Gärten, die der Tempel besaß oder führte ihnen ein paar Zauberkunststückchen vor.

Am vierten Tag nach der Beschwörung brachte sie sie in die heiligste Halle des Tempels, die Kaverne des Wassers, die tief, tief unten lag und wo trotzdem noch die Sonne schien und der Wasserfall auf den Boden traf.

Hier unten konnten selbst sie beide die Macht der Magie spüren, die dem Wasser innewohnte, die selbst das tosende Donnern des Wasserfalls übertönte und die unterirdische, von Kristallen funkelnde Hölle mit einem ohrenbetäubenden Summen füllte. TenTen blieb das Herz stehen, als sie vor dem riesigen Wasserbecken stand und die ganze Schönheit, Macht und die vollkommene Ewigkeit in sich aufnahm.

Sie erfuhren einiges von der Zauberin, über Magie und vor allem über die Dämonen. Dass sie auch nichts anderes aßen als Menschen. Dass ihre Welt der Gegensatz war zu der Menschenwelt, mit blutrotem Himmel und kohlschwarzem Wasser. Dass sie Tiergestalten trugen, solange sie zu schwach waren, eine menschliche anzunehmen. Dass sie nicht böse waren – nur anders; aufgewachsen in einer anderen Welt, mit anderen Voraussetzungen, in anderen Körpern, mit anderen Fähigkeiten, zwischen anderen Gesetzen...
 

TenTen kam nicht umhin, die Tage zu genießen, trotz den Schatten, die davor und dahinter lagen, der Mord, die Entführung, die Dämonen, ihre bevorstehende Reise. Aber hatte sie nicht eine Pause verdient? Konnte sie nicht einmal ausruhen?

Tag für Tag suchte sie die Tempel auf, um in Jashins Schrein für ihre Eltern zu beten und in Tsunades um für sich selbst zu bitten. Sie bat nicht um Verzeihung, darum fragte sie sich, die Göttin sie tatsächlich erhören würde, aber sie wollte es dennoch tun. Tsunade war ihre Schutzgöttin. Wenn sie sich nicht auf sie verlassen konnte, auf wen dann?

Während all dieser Zeit sahen sie weder Kisame noch Sai, der vielleicht sogar wieder abgereist war. Zabuza trafen sie hin und wieder, meistens bei dem Mahlzeiten. Der größte Teil der anderen Bewohner nahmen sie freundlich auf, erklärten, wenn sie Fragen hatten, führten sie wie Kushina herum, halfen, wenn sie sich wieder einmal in den endlosen, verwirrenden Gängen des Tempels verirrt hatten, zogen sie ihn ihre Spiele, Gespräche und Scherze ein, lachten und scherzten mit ihnen, foppten sie und hießen sie einfach willkommen.

Sie bedauerte es fast, dass sie wieder gehen musste. Aber sie wusste, dass sie nicht hierher gehörte. Sie war keine der ihren und sie würde es niemals sein. Aber auf der anderen Seite war sie froh darum.
 


 


 

Fünf Tage dauerte es, bis sie den Lord wiedersahen.

Er ließ sie in die Halle kommen, in dem auch die erste Beschwörung abgehalten worden war. Auch Zabuza war erneut anwesend. Kushina, die sie geführt hatte – allein hätten sie den Weg sicherlich nicht gefunden – lächelte ihnen aufmunternd zu und nahm ihren Platz im Beschwörungskreis ein, während Kisame TenTen zu sich winkte und Lee zu den Schutzkreisen verwies.

Der Lord betrachtete einen Moment die vorbereiteten Feuerschüsseln, dann blickte er TenTen an. „Hiashi wird dir einen seiner Krieger herüberschicken. Alles ist mit einem formellen Gespräch verbunden, aber das geht dich alles nichts an. Du kommst ins Spiel, nachdem dein Dämon die Sphäre gewechselt hat und das Tor wieder geschlossen ist.“

Sie nickte. Was musste sie tun? Hatte es etwas mit dem Opfer zu tun, von dem der Lord bei dem ersten Gespräch mit Hiashi gesprochen hatte? Sie hatte sich die letzten Tage Gedanken darüber gemacht, auch wenn sie versucht hatte, es zu verdrängen. Kushina zu fragen hatte sie nicht gewagt, aber vielleicht hätte sie es besser tun sollen… Aber sie hatte nicht gewollt, dass ihr Entschluss auch nur ein bisschen ins Wanken geriet.

„Die Sache ist unbedingt notwendig“, fuhr Kisame fort. „um ihn an dich zu binden.“
 

„An mich binden?“, wiederholte TenTen begriffsstutzig und kam sich sehr töricht vor. Warum hatte sie nicht nach diesen Dingen gefragt, als sie noch Zeit gehab hatte, es sich genau erklären zu lassen? Jetzt war es zu spät.

„Das hat mehrere Gründe, von denen viele magischer Natur sind. Aber dadurch wird auch sicher gestellt, dass er nicht Amok läuft oder seine Aufgabe vernachlässigt.“

Sie nickte, obwohl sie nicht wirklich verstand. Aber Kisame wusste am Besten über solche Dinge bescheid, richtig?

„Das Ganze ist eine ziemlich einfache Sache.“ Er zog ein Messer aus seiner Robe hervor und reichte es ihr. Es war eine einfache, völlig schmucklose Klinge aus gutem Eisen, aber es lag gut in der Hand. „Schneide dich, am besten in den Arm, aber pass auf, dass du nicht zu tief gehst, so was kann unangenehm werden. Du musst ihm dein Blut geben.“

Sie fragte sich, ob sie momentan aussah, wie ein verschrecktes Reh, aber sie nickte tapfer. Der riesige Lord klopfte ihr so hart auf die Schulter, dass ihr beinahe die Beine wegknickten. „Dann können wir ja anfangen.“ Er ließ sie stehen, um wieder den Platz einzunehmen, den er auch letztes Mal inne hatte, und sie beeilte sich, neben Lee in einen Schutzkreis zu sitzen.
 

Das Ritual war genau dasselbe wie beim ersten Mal – warum sollte es anders sein? – aber diesmal wartete Hiashi bereits. Er sah genauso hart und unbarmherzig aus wie vorher und TenTen schluckte. Sie hoffte, dass der Krieger, den man für sie ausgewählt hatte, ihm nicht zu ähnlich war. Sie konnte es sicher nicht ertragen, jemanden mit einem solch steinernen Gesicht in ihrer Gruppe zu haben. Und wie würde Lee reagieren? Lee mochte Leben, freundliche Leute, Lärm…

Außer Hiashi blickten ihnen die beiden an der Seite sitzenden Wächterwölfe entgegen, die sie bereits kannte. Oder waren es andere, die einfach nur dieselbe Fellfarbe hatten? Sie konnte es nicht sagen. Hinter Hiashi standen zwei menschengestaltige Jugendliche, die unbewegte Gesichter, dunkles Haar und perlweiße Augen besaßen wie das Dämonenoberhaupt selbst. Sie beide trugen große Taschen über den Armen, ein Paar eindeutig Satteltaschen, das andere konnte TenTen nicht genau bestimmen.

Auch Hiashi hielt etwas, wenn es auch kein Gepäck war, sondern Waffen. Das eine war ein Bündel fein gearbeiteter Stöcke aus Metall, das sie erst beim zweiten Hinblicken als ein dreiteiliges Nunchaku erkannte. Wahrscheinlich konnte man es zu einem Stab zusammenstecken. Das zweite war ein langes, elegantes Schwert, ein Katana, das in einer roten, mit Gold verzierten Scheide steckte.

Die letzte Gestalt im Raum war ein weiterer Wolf. Er war groß, größer als die anderen beiden, und hielt sich mit dem Selbstbewusstsein eines überlegenen Kämpfers. Seine Füße und Beine sowie das Bauchfell waren braun, doch nach oben hin wurde der Pelz immer dunkler, bis er in das Schwarz des breiten Rückenstreifens überging, der sich von seiner Nase bis hin zu seiner Schwanzspitze zog.

Was das ihr Krieger?
 

Der Oberste der Dämonen sowie der Lord des Wassers verbeugten sich höflich. „Ihr habt gerufen?“, begann diesmal Kisame das Gespräch.

„Ich bin bereit, Euch einen meiner Krieger zu überlassen.“

„Was ist der Grund?“

„Eine Bitte.“

„Was ist der Preis?“

„Der Preis wurde bezahlt.“

„Wer ist der Krieger?“

„Der Krieger ist Neji vom Hyuuga-Clan.“

Bei diesen Worten zog Kisame eine Augenbraue hoch, ging allerdings nicht weiter darauf ein. „Wann wird er zurück erwartet?“

„Wenn sein Auftrag beendet ist.“

„Was ist, wenn er nicht zurück kehrt?“

„Dann hat er versagt.“

„Was ist, wenn er zurückkehrt?“

„Dann heißen wir in zurück in unserer Mitte willkommen.“

Offensichtlich wurden hier rechtliche Dinge geregelt – Tod, Versagen, Erfolg, auch wenn alles ritualisiert worden war.

„Wir nehmen Euer Angebot an.“
 

Hiashi verbeugte sich und machte eine Handbewegung. Die beiden jungen Leute hinter ihm traten mit geschmeidigen Bewegungen vor. Nacheinander warfen sie die Taschen zu Kisame hinüber, der sie auffing und neben sich auf dem Boden abstellte. Jedes Bündel leuchtete auf, als es das Portal durchbrach.

Schweigend kehrten die beiden Dämonen auf ihre Plätze zurück und verschränkten die Arme vor dem Körper. Hiashi wandte sich dem Lord zu und hob die beiden Waffen, die er in den Händen hielt. Dann warf er auch sie dem Magier zu. Dieser fing auch sie mit geübter Leichtigkeit und zog eine Augenbraue hoch, als er sie betrachtete, ehe er fragend zu dem Dämon blickte.

„Dies ist ein Zusatz, den der Ältestenrat bewilligt hat. Man hofft, dass sich die Magier des Wassers als ebenso großzügig erweisen.“, erwiderte Hiashi auf die ungestellte Frage.

Kisame verbeugte sich. „Wir tun alles in unserer Macht stehende.“

„Und nun… Neji.“ Der Dämon wandte sich dem großen, dunklen Wolf zu, der ihn einen Moment kühl anblickte. Dann lief er auf einmal los, dass TenTen ob der Plötzlichkeit erschrocken zusammenzuckte, und sprang durch das Portal. Auch er leuchtete auf, viel stärker als die leblosen Gegenstände und kam rutschend auf dem glatten Steinboden der Halle zum stehen. Seine Krallen kratzen über den Boden, dann schüttelte er sich mit einem tiefen, grollenden Knurren, das TenTen einen Schauer über den Rücken jagte.

Rasch wandte sie sich wieder um und blickte zu dem Portal zurück. „Damit wäre dies hier beendet. Lord Kisame.“

„Hiashi-sama.“
 

Die Dämonen schlossen das Tor. Kisame wandte sich um, blickte von TenTen zu dem riesigen Wolf und wieder zurück. Er winkte sie zu sich und sie gehorchte augenblicklich. Kushina und Zabuza traten ebenfalls herbei, Lee rührte nicht. Der Magier nahm seinem Lord die beiden Waffen ab.

Diesmal blickte das brünette Mädchen den Wolfsdämon länger an. Er war eine furchteinflößende, eine mächtige, eine prachtvolle Gestalt. Sein Fell war lang und sah aus, als wäre es seidenweich. Unter der Haut spielten mächtige, geschmeidige Muskeln, als er zu ihnen trat, die perlweisen Augen kühl auf sie gerichtet.

Was hatte Kushina über Shaojin-Dämonen und Körperformen gesagt…? Sie hoffte ja wirklich, dass er stark genug war, eine menschliche Gestalt anzunehmen. Wie sollte sie einen Wolf in ihrer Begleitung erklären?

„Das Messer, TenTen.“, verlangte Kisame und sie zeigte es ihm. Sie hatte es nicht aus der Hand gelegt während der Beschwörung. Der Dämon blinzelte, als Kisame sich zu ihm wandte. „Neji.“ Sein Name. Hiashi hatte ihn auch so genannt, Neji vom Hyuuga-Clan.

Der Wolf antwortete nicht, sondern verwandelte sich. Es ging so schnell und fließend, dass TenTen erstaunt einen halben Schritt zurückwich und ihn mit weit aufgerissenen Augen anstarrte.
 

Er war größer als sie, einige Fingerbreit nur, aber doch gut sichtbar. Seine Haut war so blass wie die Hiashis, seine Augen noch heller, das Haar schwarz wie die Nacht und so lang, dass es ihm zu den Hüften fiel. Er hatte es im Nacken mit einem einfachen Band zu einem lockeren Zopf zusammengefasst und es fiel ihm in seidigen Wellen über die Schultern.

Seine Kleidung stand ganz im Gegensatz zu der seines Anführers, einfach, zweckmäßig und die eines Kriegers. Er trug ein Kettenhemd unter einer einfachen Wolltunika und einen breiten Schwertgurt, auch wenn sie nirgendwo eine passende Waffe erkennen konnte.

Darunter zeichnete sich der athletische, schlanke Körper eines trainierten Kämpfers ab. Sein Gesicht war von einer aristokratischen Schönheit, die TenTen den Atem nahm, und seine Augen waren kalt.

Er nickte Kisame nachlässig zu und warf dann einen Blick zu Kushina und Zabuza, anscheinend kannten sie sich bereits. Auch Lee sah er an, wenn auch nur kurz, ehe er TenTen anblickte.
 

Unsicher sah sie zu dem Lord auf, der nickte, worauf sie den Ärmel hochkrempelte und das Messer hob. Vorsichtig zog sie die rasiermesserscharfe Klinge über ihren linken Arm, einige Fingerbreit über dem Handgelenk. Der Schnitt war nicht tief, aber er schmerzte und füllte sich sofort mit Blut, das ihren Arm hinunterrang.

Und was jetzt? Musste sie es ihm anbieten oder wie ging das weiter? Die Fragen wurden ihr beantwortet, als der Dämon sich vor ihr auf ein Knie sinken ließ und nach ihrem Arm griff.

Seine Finger waren kräftig, schwielig und kühler als die eines normalen Menschen. Wasser, Eis erinnerte sie sich, das war sein Element. Wahrscheinlich lag die Körpertemperatur eines Feuerdämonen über der eines Menschen…

Sie wurde aus ihren Gedanken gerissen, als ihr seine Lippen auf die Wunde presste und ihr Blut trank. Es war ein seltsames Gefühl. Ein Kribbeln breitete sich in ihrem Körper aus – war das irgendeine Magie? – die Zeit schien langsamer zu vergehen – vielleicht tat sie das ja auch? – und Kushina, Kisame, Zabuza und Lee schienen in die Ferne zu rücken. Die Welt drehte sich um sie und den Dämon, der da vor ihr kauerte und ein magisches, unzerstörbares Band mit ihr schloss.

Seine Lippen waren weich, trocken und kalt wie seine Hände und sie zuckte zusammen, als seine Zunge über den Schnitt fuhr. Er blickte kurz zu ihr auf und sie kam nicht umhin zu denken, dass er sich über sie lustig machte.

Dann war es vorbei, der Dämon ließ sie los und sich mit einer geschmeidigen Bewegung wieder erhob. Wahrlich, Magie war anders, als sie sich es vorgestellt hatte. Ohne Firlefanz, große Gesten und endlose, seltsame Zauberworte – einfach so.
 

Kushina riss ihre Aufmerksamkeit an sich, in dem sie sie auf die Schulter tippte. „Hier, ich habe einen Verband für dich.“, erklärte die Rothaarige und nahm einen Beutel von ihrem Gürtel.

„Da…danke.“, murmelte TenTen, noch immer etwas benommen, und ließ zu, dass die Magierin eine dünne Salbe auf die Wunde schmierte und dann einen blütenweißen Verband darum wickelte. „Das sollte in zwei, drei Tagen verheilt sein, mach dir darum keine Sorgen.“

„Danke.“, nuschelte sie erneut, weil sie nicht wusste, was sie sonst sagen sollte.

Lee kam inzwischen zu ihnen herüber und musterte den Dämon von oben bis unten, dann grinste er ihn an und verbeugte sich höflich. „Guten Tag! Ich bin Lee! So wie es aussieht, werden wir einige Zeit gemeinsam unterwegs sein! Ich hoffe, wir kommen gut miteinander aus!“

Der Dämon starrte ihn unbewegte an, stieß dann ein unbestimmbares Zischen aus und wandte sich ab. Lee machte ein langes Gesicht und blickte unsicher zu TenTen und Kushina hinüber.

Die Magierin zog den Knoten an TenTens Verband fest und winkte ab. „Mach dir nichts draus. Neji-kun ist immer so.“ Sie klang belustigt. „Er wird sich schon noch an euch gewöhnen.“

„Sollte es nicht heißen, wir werden uns an ihn gewöhnen...?“, murmelte TenTen schwach. Ihr gefiel nicht, wie der Fremde – denn das war er – ihren Freund behandelte. Und mit so was sollten sie reisen? Na, das konnte ja heiter werden...

Sie hatte überlegt, wie es war, einen Dämon in Begleitung zu haben. Sie hatte an die Götter gedacht, Magie, Frevel, Blasphemie... Sie hatte alles in Kauf genommen; es war ihr egal. Sie hatte nicht bedacht, dass das Problem im Charakter liegen könnte.
 

Sie seufzte, aber sie kam nicht dazu, sich weiter Gedanken zu machen, denn Kisame trat zu ihnen. „Hier.“ Er reichte Lee den zusammensetzbaren Kampfstab, der ihn verdutzt entgegen nahm. „Das Ding ist ziemlich alt und wertvoll und mit uralter Magie durchdrungen. Dasselbe gilt auch für das Schwert. Ihr habt Hiashi gehört, der Ältestenrat hat sie euch zur Verfügung gestellt. Passt gut darauf auf.“

Lee verbeugte sich, tief und denkbar. TenTen tat es ihm nach, noch ehe sie die Klinge in Empfang nahm. Es durchfuhr sie wie ein Blitz. Vielleicht war es auch einer, ein magischer, der nicht zu sehen war. Die Waffe war leichter, als sie gedacht hatte, perfekt ausgewogen und vibrierte in ihren Fingern vor Macht.

„Aber – warum?“, wollte TenTen wissen. „Ich meine, die müssen doch viel zu wertvoll sein und…“

„Der Ältestenrat hat immer seine Gründe.“, antwortete Kisame kurz angebunden. Er schien nicht weiter darüber reden zu wollen. „Ich kann ihre Gründe selten nachvollziehen.“ Er wechselte einen kurzen Blick mit Neji, doch dann änderte er abrupt das Thema. „Ich kann nicht annehmen, dass ihr mehr als die Grundkenntnisse wisst, was den Kampf angeht. Neji kann euch da weiterhelfen.“

TenTen nickte. Er hatte recht. Weder sie noch Lee waren ausgebildete Kämpfer. Es war überhaupt ein Wunder, dass sie überhaupt damit umgehen konnten. Grundkenntnisse, wie Kisame gesagt hatte. Und das war zu wenig. Sie hoffte, dass Neji ihnen wirklich Dinge beibringen konnte.
 

„Der Tag ist noch jung. Ihr werdet sofort aufbrechen.“, bestimmte der Lord. „Zabuza bereitet bereits alles für euren Aufbruch vor.“

TenTen blickte sich erstaunt um, aber sie konnte besagten Magier nirgends entdecken. Wann hatte er die Halle verlassen? Sie bemerkte allerdings, dass er die Satteltaschen mitgenommen hatte.

Neji trat zu den anderen Bündeln, die noch auf dem Boden lagen. Er hob eines auf und reichte es Kisame. „Das ist für Euch.“, erklärte er. Seine Stimme war dunkel und ruhig und er sprach mit emotionsloser Sachlichkeit. Das andere behielt er selbst. Es war länglich und wirkte eher wie ein eingewickeltes Bündel von – Stöcken? Waffen?

„Schön. Noch ein paar Dinge, Neji – dein Onkel hat dir sicher gesagt, worum es geht?“

„Hiashi-sama sagte, dass es nun beginnt.“

Hiashi war Nejis Onkel?! Kushina neben ihr kicherte leise und sie blickte um. Die Magierin lächelte sie an und sagte mit gesenkter Stimme: „Neji ist einer der stärksten Krieger, die der Hyuuga-Clan zu bieten hat.“

TenTen riss die Augen auf. Sie hatte gewusst, dass Neji stark war; aber gleich so mächtig?! Warum schickten die Dämonen einer ihrer stärksten Leute für eine kleine Rettungsaktion? Und was begann?! Hatte sie nicht ein Recht, das zu wissen, wo sie doch anscheinen mitten drin stand? Aber niemand schien ihr oder Lee etwas sagen zu wollen!
 

Die Magierin lächelte schwach. „Ihr werdet es schon noch erfahren, aber jetzt ist noch nicht die Zeit. Und so wie ich mir das vorstelle…“ Sie warf einen kurzen Blick zu Neji. „…wollten sie ihn sowieso für einige Zeit aus dem Weg haben.“

TenTen schluckte. Das hörte sich nicht gut an. Ein Dämon, den selbst seine eigenen Leute lieber gehen als kommen sahen? Und damit sollten sie durch Xian’sha-o reisen und PeiPei retten?! Die Götter standen ihnen bei…!

Kushina klopfte ihr auf die Schulter. „Mach dir keine zu großen Sorgen. Es ist ein wenig anders, als du dir das jetzt sicher denkst. Neji weiß, wie er sich hier zu betragen hat, damit er keine Aufmerksamkeit auf euch lenkt.“

„…und er ist übrigens noch immer dort draußen. Vielleicht trefft ihr ihn ja.“, beendete Kisame seinen letzten Satz.

„Vielleicht…“ Der Dämon hob beide Schultern. „Lasst uns aufbrechen.“

Von wem hatten sie geredet?! Warum sagte ihr niemand etwas?! War es nicht ihre Aufgabe?! Frustriert folgte sie den Magiern und dem Dämon, die aus der Halle eilten. Lee fiel neben ihr in einen raschen Schritt und klopfte ihr auf die Schulter, wie Kushina es vorhin gemacht hatte. „Nicht die Geduld verlieren, TenTen! Ich glaube, dass wird sich alles von allein ergeben. Lass es einfach fallen.“

Für dieses Mal, dachte sie, wollte sie es tun.
 

Der Rest des Weges auf den großen Hof legten sie schweigend zurück. Zabuza war damit beschäftigt, die Hufe eines falbfarbenen Pferdes zu untersuchen, das an der Stallwand angebunden war. Es war aufgezäumt und trug ein paar schwere Satteltaschen und ein Bündel Speere waren an dem Geschirr befestigt.

Daneben standen zwei weitere Pferde, ein Fuchs und ein schwarzweißer Schecke. Sie waren alle drei weder besonders schön noch sahen sie reinrassig aus, aber die Ohren spielten aufmerksam und die Augen waren klar und intelligent.

TenTen war erstaunt, als Kisame auf sie zusteuerte. Wieder war es Kushina, die eine Erklärung lieferte. Sie ließ sich zu den beiden zurückfallen und meinte: „Ihr habt doch nicht etwa geglaubt, ihr könntet den Weg zu Fuß fortsetzen?“

„Do…doch, eigentlich schon.“, gestand TenTen. Die Magierin lachte. „Neji würde sich weigern. Mit Pferden seid ihr sowieso viel schneller. Das sind Mondwind, Feuerblume und Eistänzer.“ Sie deutete nacheinander auf den Schecken, den Fuchs und schließlich den Falben. „Mondwind gehört Neji, die beiden anderen würden ihn nicht für längere Zeit auf ihrem Rücken dulden. Sie sind alle sehr gut ausgebildet, auch wenn sie so nicht so viel herzumachen scheinen wie ein reinrassiges Wüstenpferd. Aber dafür sind sie auch weniger in Gefahr, gestohlen zu werden. Nicht, dass sie sich stehlen lassen würden, wenn sie euch erst einmal akzeptiert haben.

Wir haben euch eingepackt, was ihr für die Reise brauchen werdet, einschließlich einen gewissen Vorrat an Münzen. Das sollte für einige Zeit reichen, wenn wir sorgsam damit umgeht und euch nichts stehlen lasst. Wenn ihr es aufgebraucht habt, seid ihr auf euch allein gestellt. Ach ja, für euren Esel wird gesorgt werden, bis ihr ihn wieder abholt.“
 

TenTen nickte. Sie hatte keine Ahnung, was sie dazu sagen sollte. Warum taten sie das? Was hatte sie für die Magier getan, dass man ihnen so unter die Arme griff? Sie hatte ihnen nur die Kette gegeben und sie bezweifelte, dass das Schmuckstück auch nur den Wert eines der Pferde aufhob geschweige den von allein drein mitsamt der Ausrüstung, die man ihnen gegeben hatte. Und dazu noch die Beschwörung.

Was genau war hier los? War es vielleicht doch keine so gute Idee gewesen, zum Wassertempel zu gehen und um Hilfe zu bitten? Sie seufzte. Sie konnten wohl kaum diese großzügigen Geschenke zurückweisen, richtig? Es war zu spät dafür.

„Euer Gepäck befindet sich bereits in den Taschen. Sucht euch eines der Pferde aus, aber schlagt euch darüber nicht die Köpfe ein.“ Die beiden lachten als Antwort auf ihre Worte. Als ob sie das je tun würden!

TenTen trat auf den Falben zu, von dem Zabuza inzwischen zurückgetreten war. Das Tier blickte sie aufmerksam an und ließ sich von ihr über die samtweichen Nüstern streichen. Es schnaubte und stieß sie sanft gegen die Schulter, was sie zum Lächeln brachte.

„Hier, du kannst das Schwert hier befestigen.“ Zabuza trat zu ihr und zeigte ihr, was er meinte, so dass die Waffe griffbereit links am Sattel hing. Es war leicht zu bewerkstelligen, wahrscheinlich hatte man sich bei der Vorrichtung mehr gedacht, als TenTen sich vorstellte.
 

Neji hatte in zwischen sein Bündel ausgepackt. Es waren tatsächlich Waffen, ein langer Bogen aus schwarzem Holz, ein dazugehöriger Köcher mit einigen Bündeln von Pfeilen, eine Reihe von Dolchen und Messern – wahrscheinlich zum Großteil Wurfwaffen – und Katana, das dem ihren glich, nur war es nicht rot, sondern schwarz. Auch er verstaute bis auf einen schweren Dolch, den er an den Gürtel hängte, alles auf dem Rücken seiner Stute.

Schließlich reichte man ihnen weite, warme Umhänge aus dunkler Wolle, die man mit einer großen Fibel an der Schulter verschloss, und runde Strohhüte, wie die Toukin-Bauern sie nutzten. Darunter konnten sie sich ohne weiteres Aufsehen zu erregen verbergen. Die Hüte warfen Schatten über ihre Gesichter und verbargen Nejis Augen völlig, wie sich rasch herausstellte.

Die Magier hatten an alles gedacht. Oder Übung darin. Oder beides. TenTen war dankbar darum. Sie wollte nicht erklären müssen, warum ein Blinder – denn so sah es aus – Waffen trug und auch noch mehr als sie und Lee.

Der Abschied war nur kurz. Kisame nickte ihnen zu und wünschte ihnen Erfolg, Zabuza verschränkte die Arme vor der Brust und sagte gar nichts, nur Kushina umarmte die beiden herzlich und sie hätte es wohl auch mit Neji getan, wenn der nicht zurückgewichen wäre. Sie wünschte ihnen Glück und bat für sie um den Segen der Götter.

Dann machten sie sich auf dem Weg, die Zügel ihrer Pferde in den Händen.
 

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Ich fand's ja wirklich lustig, dass außer Arua niemand gefragt hat, ob es sich bei den Dämonen um gewisse Clane handelt. oô Lag das an mir oder an euch?

Jedenfalls hoff ich ja, dass euch Nejis Auftritt gefallen hat. :D
 

Auf das nächste Kapitel hab ich mich schon seit einiger Zeit gefreut, ich kann aber wirklich nicht sagen, ob ich schneller zum Schreiben komme. o.o Ich bemühe mich auf jeden Fall. ^^~
 

Ein paar Kommis fänd ich nett. :D

Bis dann

Sorca~

PS. Einer der oben genannten WBs hatte eine NaruHina-Fic mit NejiTen als mehr-oder-weniger-Nebenpair - Not mine to tell - zur Folge, vielleicht hat ja jemand Interesse? Würde mich sehr freuen. ^____^

Tiefe Wälder

Titel: Schicksalsbande

Teil: 9/?

Autor: Wolfsorceress

Fandom: Naruto

Rating: PG-14(?)

Warning: AU, (Am Rande wird Shounen-ai vorkommen)

Pairing: Neji x TenTen und noch ein paar.

Disclaimer: 'Naruto' gehört nicht mir und ich verdiene kein Geld mit dem Quatsch hier.
 

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Irgendwie hab ich das Gefühl, dass ich immer länger brauche mit Updates. D: Sorry, das ist sicher keine Absicht. >.<
 

Das Kapitel hieß erst 'Maid in Nöten', aber es hat nicht alles reingepasst, was rein sollte, also hab ich an dieser Stelle abgebrochen und mach das andere woanders hin, das passt mir irgendwie sowieso viel besser. :D
 

Auf jeden Fall danke für die Kommentare für das letzte Kapitel. =^.^=
 

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Tiefe Wälder
 

Zweige peitschten ihm ins Gesicht, rissen an seinen Kleidern und seinem Rucksack. Sein Bogen verhakte sich in den Ästen und er zerrte ihn mit einem ärgerlichen Laut frei, stürzte weiter voran, die Augen weit aufgerissen.

Es war dunkel, durch die dichten Blätter fiel kein Licht, obwohl der Mond hell und groß am Himmel stand und die Sterne gut zu sehen waren. Nur seinen übermenschlich guten Augen hatte er es zu verdanken, dass er nicht über jede Wurzel stolperte, in jede Senke plumpste, gegen Bäume lief und sich vollkommen verirrte.

Die Hufschläge von Pferden dröhnten wie Trommeln in seinen Ohren und die Rufe der Krieger jagten Angstschauer über seinen Rücken. Irgendwo hechelte ein Hund, ein Geräusch, das beinahe in dem Lärm, den die Reiter machten unterging, ebenso wie der Krach seiner Schritte, das Bersten der Zweige und das Rascheln von Laub unter seinen Füßen. Sein Herz schlug ihm so schnell und hart gegen den Brustkorb, dass er das Gefühl hatte, dass es ihm aus dem Körper springen wollte.

Kiba rannte. Sein Atem ging keuchend, stoßweise, seine Beine fühlten sich an, als ob sie brannten, und er hatte das Gefühl, keinen Schritt mehr gehen zu können, trotzdem lief er weiter. Angst war es, die ihn auf den Beinen hielt. Er wollte gar nicht wissen, was geschehen würde, wenn er ihnen in die Hände fiel. Es gäbe keine Möglichkeit, wie er sich aus der Sache herausreden konnte, nicht mit alle Schönreden und Vorwänden, die er kannte.
 

Selbst wenn sie ihn nicht bei der Tat gesehen hätten, es wäre egal. Für sie war er ein Wilderer und nichts konnte dies ändern, ganz egal, wie die Tatsachen lagen. Wenigstens stimmte es… Er hatte von genug Fällen gehört, wo Leute einfach wegen nichts und wieder nichts bestraft worden waren, weil es den Herren gerade so gefiel.

Wenigstens hatten sie ihn noch nicht, er hatte noch eine Chance, wenn er es nur schaffte, in den Wäldern zu verschwinden, die sich hier ausbreiteten und die Berge verschlangen. Selbst mit Magie wäre es dann unmöglich, ihm zu folgen, auch wenn es zweifelhaft war, dass sie für solch eine Lappalie einen Magier herholten.

Wer war er denn? Kein Schwerverbrecher, nur ein kleiner Fisch, ein Wilderer, die es hier zu hunderten gab, wenn es nicht noch mehr waren. Es war eher eine Art Sport für die Soldaten.

Aber Kiba in Wäldern und dann noch in Wäldern, die er kannte… Unmöglich ihn zu fangen, sobald der Sichtkontakt abgebrochen war. Er kannte die Natur, er kannte die Gegend und seine magischen Fähigkeiten würden den Rest erledigen. Sie waren zwar schwach, aber er kannte sie und wusste sie zu nutzen; er war unschlagbar in seinem Gebiet. Keine Chance, ihr Hunde der Herrschaft, keine Chance.
 

Aber jetzt musste er erst einmal das bewerkstelligen, sonst konnte er demnächst in einer Zelle über sich selber lachen und nicht in irgendeinem gemütlichen Versteck über die Soldaten und ihren Lord.

Und wo war Akamaru?! Er konnte es sich nicht leisten, den Hund zu rufen, weder laut noch mit Hilfe seiner Kräfte. Gerade hatte er den Hund doch noch gehört. „Verdammt!“ Der leise Fluch entschlüpfte ihm, ehe er ihn zurückhalten konnte. Er hatte jetzt keine Zeit, nach dem Hund zu sehen. Akamaru konnte sehr gut auf sich selbst aufpassen, wahrscheinlich käme er alleine besser zurecht als Kiba.

Dennoch war es ihm nicht wohl dabei, allein zu verschwinden. Seine gesamte Spur würde verwischt werden müssen, denn wahrscheinlich hatten die Soldaten auch Hunde, zwei oder drei. Und Akamaru würde ihm dann auch nicht folgen können…

Hinter ihm ertönte ein Ruf, erschreckend nahe und Kiba verdoppelte seine Anstrengungen, lief noch schneller, holte das Letzte aus seinem erschöpften Körper heraus… Hatten sie ihn gesehen?

Jiraiya hilf…, schickte er ein stummes Gebet in den Himmel, bog hinter dem nächsten Gehölz ab, die Augen weit aufgerissen, suchend, eine Lücke zwischen dichten Ästen, die sie trotz der Fackeln leicht übersehen konnten, durch die sie mit den Pferden nicht kamen, irgendwas, irgendwas…!

Da! Er schrie beinahe auf vor Freude, warf sich aber stattdessen auf den Boden und kroch rasch und vorsichtig zwischen dornigen Zweigen hindurch, zuckte zusammen, als ein Stachel seine Wange aufkratzte – aber was machte das schon, die Äste der Bäume hatten sein Gesicht sowieso schon völlig zerkratzt – löste den Bogen und den Ärmel von hervorstehenden Ästen und stand plötzlich wieder im Freien.
 

Er verschwendete keine Zeit damit, sich umzusehen, wo seine Verfolger waren, sondern duckte sich unter den tiefhängenden Zweigen einer Tanne vorbei und lief wieder los, zwang seinen Körper zu einem letzten Spurt. Wenn alles so ging, wie er sich das gedacht hatte, dann hatte er sie bald abgehängt.

Nur noch Akamaru; wo war Akamaru?! Doch der Hund war nirgendwo zu sehen, so sehr er sich auch umsah. Verdammt! Dafür wurden die Stimmen hinter ihm leiser, der Klang der Hufe schwächer… Wenigstens etwas.

Er blieb stehen und blickte sich um, doch es war niemand zu sehen und kaum etwas zu hören. Seine Hand tastete nach einem abgegriffenen Beutel, den er am Gürtel trug, und in dem sich einige Säckchen befanden, jedes einzelne gefüllt mit unterschiedlichen Kräutern, Pflanzen, Mischungen und anderen Dingen. Hastig zog er eines davon heraus, roch kurz daran und grinste zufrieden, als er feststellte, dass es das richtige war.

Magie war im Grunde sehr einfach zu wirken. Man brauchte kein großes Klimbim, keine Zuschauer, die einem applaudierten, keine farbigen Feuer oder ähnlicher Schwachsinn. Ein paar Pflanzen, Erdbrocken, Holz, das reichte vollkommen aus. Für ihn zumindest, wahrscheinlich verhielt es sich mit anderen Begabungen völlig anders.

Seine Mutter hatte ihm die Magie vererbt und auch beigebracht, wie er sie anwenden konnte. In ihrer Familie, in ihrem Blut war diese Macht stark und auch ihre Kinder hatten große Begabungen.
 

Im Grunde hielt Kiba seine Fähigkeiten so geheim wie möglich. Sie waren ein Vorteil gegenüber Leuten, die sie nicht hatten, und schon das allein war Rechtfertigung genug dafür. Er gebrauchte sie nur in Notfällen und natürlich wenn es um Akamaru ging, aber seine Verbindung mit dem Hund war sowieso völlig auf diesem Grundstein gebildet, so wie es im Stamm seiner Mutter üblich war.

Seine Finger zitterten – vor Angst oder vor Erschöpfung oder vor beidem – als er in den Beutel griff und etwas von der Kräutermischung herausholte und in alle vier Himmelsrichtungen eine Prise warf, während die Magie um ihn herum knisterte.

Hoffentlich war es noch nicht zu früh! Und hoffentlich konnte er irgendwann zurückkehren und nach Akamaru suchen oder der Hund musste ihn allein finden, ohne irgendwelche Hinweiße, Spuren oder Fährten, denen er folgen konnte.

Kiba seufzte, schob das kleine Säckchen wieder in seinen Beutel zurück und lief wieder los, in eine völlig neue Richtung und langsamer. Bald hatte er die Stimmen der Soldaten völlig hinter sich gelassen und dann kehrten die normalen Geräusche des Waldes zurück – Wind, Blätterrauschen, das Rascheln von Kleintier im Unterholz, eine Eule, die irgendwo schrie.

Seufzend hielt er an. Hier würden sie sicher nicht herkommen. Er war zu tief in den Wäldern und sie mussten seine Spur verloren haben. Akamaru leider auch, aber das ließ sich jetzt nicht ändern.
 

Ächzend ließ er sich wo er stand einfach zu Boden plumpsen. Jetzt, wo der Adrenalinrausch vorbei war, würde er am liebsten auf der Stelle einschlafen. Sein Körper war total ausgelaugt und auch wenn seine Atmung sich langsam wieder normalisierte, war er völlig erschöpft. Er konnte an Ort und Stelle einpennen und das Gras war so weich…

Aber es gab hier einige Waldbewohner, denen wollte er lieber nicht schlafend und in so erschöpftem Zustand begegnen. Und die Bäume um ihn herum sahen doch ganz einladend aus oder nicht?

Seufzend rappelte er sich wieder auf. Je schneller er auf einen dieser Bäume kam, desto schneller konnte er schlafen, hoffend, nicht von der Astgabel zu kippen, die er sich ausgesucht hatte. Seine Finger zitterten – diesmal war er sich sicher, dass es Erschöpfung war – als er nach den untersten Ästen des nächstbesten Baumes, einer Kastanie, wie sein Gehirn abwesend registrierte, griff und sich hochzog.

Er kletterte nicht so hoch, dass ein Fall tödlich enden würde, aber hoch genug, dass ihn ein hungriger Wolf nicht erreichen konnte. Gegen Bären und Wildkatzen konnte er natürlich nichts tun, aber die Chancen standen gut, dass sie ihn einfach ignorierten. Er war zu groß, zu schwer bewaffnet, zu magisch, zu menschlich. Tiere zogen doch alle Beute vor, die kein Mensch war.

Er verhakte Rucksack und Langbogen über sich in den Ästen, zog den dicken Wollumhang um sich und machte es sich auf seiner Astgabel bequem. Er war so schnell eingeschlafen, dass er nicht einmal merkte, wie die Welt um ihn herum verschwand.
 


 


 

Der Morgen hätte beinahe mit einem schmerzhaften Fall nach unten begonnen, aber Kiba konnte sich gerade noch an einem Ast festhalten, wobei die Rinde ihm die Hand aufschürfte. Fluchtend richtete er sich wieder auf, dass er nicht in Gefahr lief, ein weiteres Mal abzurutschen, und besah sich die wunde Hand. „Verdammt!“

Unter dem Baum hatte sich zum Glück nichts versammelt, wie ein Blick nach unten zeigte. Keine wilden Tiere und keine Soldaten, die höhnisch zu ihm heraufgrinsten. Da wären ihm selbst Wölfe lieber gewesen!

Gut geschlafen hatte er ebenfalls, so fern es zumindest möglich war, eingeklemmt auf einem Baum, nur eingewickelt in den eigenen Umhang, die harte Rinde unter dem Hintern und dem Rücken. Etwas knackte in seinem Körper, als er sich streckte.

Jetzt standen erst mal vier Dinge auf der Liste. Erstens runter vom Baum, ohne sich einen weiteren Riss in die Kleidung zu machen. Zweitens einen Bach suchen und sich waschen. Drittens frühstücken. Viertens Akamaru holen.

Und das war das Wichtigste. Wo wäre er ohne seinen treuen Hund, der ihn bereits mehr als einmal aus einer Patsche geholt hatte? Akamaru und er waren eine unschlagbare Einheit und sie gehörten einfach zusammen.
 

Mit einem leisen Ächzen landete Kiba auf dem laubbedeckten Boden. Rasch überprüfte er, ob er in der letzten Nacht während der Flucht etwas verloren hatte. Sein Besitz bestand aus einem alten Lederrucksack mitsamt Inhalt, einer Gürteltasche mit überlebenswichtigem Kleinzeug, einem Beutel mit diversen Kleinigkeiten für seine Zaubertricks, einem guten Langbogen mitsamt einem Bündel Pfeile – etwas über ein Dutzend – und dem, was er am Leib trug, was seine Kleider waren, ein Dolch und zwei Messer.

Er wusste, dass er bei weitem besser ausgestattet und reicher war als der durchschnittliche Waldläufer und Wilderer, aber deswegen schwamm er noch lange nicht im Geld. Im Gegenteil, oft hatte er nicht mehr genug über, um sich eine Lagerstatt in einem Schlafsaal in einer billigen Herberge zu mieten und sich – wenn überhaupt – mit dem Stall begnügen musste. Aber es reichte um zu leben, teilweise sogar gut zu leben.

Ein weiterer kurzer Blick in die Wälder um ihn herum zeigte keine Veränderung. Es war still, da waren nur die typischen Waldgeräusche, Tiere, die im Unterholz raschelten, Wind, der in den Baumwipfeln rauschte, irgendwo brach eine Herde von Wild – Rehe? – durch das Unterholz, er konnte das rasche Hämmern ihrer Hufe hören, das schnell leiser wurde, je weiter sich die Tiere von ihm entfernten.

Er bezweifelte, dass er sie aufgeschreckt hatte. Ein weiteres Geräusch, das sich in den typischen Tonhintergrund mischte, war das Glucksen und Lachen von Wasser, das über flach geschliffene Flusskiesel sprang.
 

Sein Tag begann, besser so werden. Grinsend folgte er den Tönen des Baches und bald stand er am Rande einer kleinen Furche, in der das Gewässer entlang eilte. Steine bedeckten den Grund und das Wasser wie klar wie das einer Quelle. Ja, sein Tag änderte sich definitiv zum Besseren. Müsste er nicht Akamaru suchen, würde er versuchen, Fische zu finden und zu fangen.

Er kletterte hinunter, ließ seine Tasche auf den Boden plumpsen und kniete sich neben den Bach. Das Wasser war kühl und frisch und er trank, bis er keinen Durst mehr hatte, ehe er sich das eisige Nass ins Gesicht klatschte. Wahrscheinlich trug der Bach Schmelzwasser aus den Bergen. Und er befand sich sowieso so weit im Norden, dass es manchmal zu kalt war.

Ob er noch etwas mehr zu essen hatte als trockenes Brot? Nach kurzem Suchen fand Kiba, was er suchte, das in ein Tuch gewickelte Bündel mit seinen Vorräten. Er hatte … trockenes Brot. Mit angewidertem Gesicht schob er es beiseite. Dann waren da noch die beiden alten Äpfel. Besser, aber auch nicht zufrieden stellend. Und ein Stück Räucherfleisch? Warum hatte er das noch nicht gegessen?
 

Er zog eines seiner Messer hervor, das er immer am Gürtel trug. Es war einfach und durch das häufige Nutzen abgewetzt, aber Kiba wusste, dass die Klinge sehr viel mehr wert war, als man auf den ersten Blick ahnen konnte, wenn es harmlos in seiner speckigen Lederscheide ruhte.

Der Griff war aus Elfenbein gearbeitet, die Klinge dunkel wie die Nacht. Gefertigt aus Hrilem, dem schwarzen Stahl der Wüste, war es – mitsamt seinem Zwilling, den der Junge stets gut versteckt am Körper trug – mehr wert als sein anderer Besitz.

Er hatte nie rausgekriegt, wie viel genau, aber er hatte auch nicht vor, zu einem Schmied zu gehen und sie schätzen zu lassen. Die Klingen waren seine gehüteten Schätze und sie zu öffentlich herumzuschwenken konnte darin resultieren, dass sie ihm gestohlen wurden.

Und auch wenn man zu einem ehrlichen Schmied ging, man konnte nie wissen, wie die ganze Sache ausging… Am Ende wurde er noch als Dieb angeklagt, dabei waren die Klingen Geschenke seiner Mutter.

Das einzige, was er noch von ihr besaß. Manchmal hätte er sie am liebsten weggeworfen. Oder verkauft. Aber im Grunde wusste er, dass er es niemals schaffen würde, sich freiwillig von ihnen zu trennen. Es war nur, dass er so verdammt wütend auf sie war…
 

Mit einem unwilligen Kopfschütteln riss er sich aus den düsteren Gedanken und beendete rasch sein Essen, während er auf die Geräusche des Waldes lauschte. Es hatte sich nichts verändert, aber er durfte einfach nicht vergessen, dass er letzte Nacht von Soldaten gejagt worden war.

Gut, die hatten wahrscheinlich besseres zu tun, als die Verfolgung fortzuführen, aber man konnte nie wissen. Vielleicht wollte ihr Herr ein Exempel statuieren und dazu würden sie ihn brauchen. Wen sollte man sonst am Galgen aufknüpfen?

Und das alles nur wegen ein paar lausigen Karnickeln, die er nicht einmal hatte mitnehmen können, weil die Reiter zu schnell aufgetaucht waren. Wer hatte sich dieses dumme Gesetz, dass nur Adlige und lizenzierte Jäger Tiere schießen durften, aus den Fingern gesogen? Etwas Blöderes war ihm selten untergekommen! Aber das war nun mal die Welt in Xian-sha’o, willkommen in Konoha.

Schließlich packte er seine Tasche wieder zusammen und machte sich erneut auf den Weg. Akamaru wartete auf ihn! Er versuchte, auf demselben Weg zurückzulaufen, den er gekommen war, sonst würde er den Hund nie finden. Wo hatte er ihn eigentlich verloren?

Es war jedoch nicht so schwer, der Fährte zurück zu folgen, wie man sich das vorstellen konnte. Da waren zwar keine Spuren, die er hinterlassen hatte, zumindest keine, die jemand einfach so finden und lesen konnte, und er wusste auch nicht mehr, wo er letzte Nacht in der Dunkelheit und seiner Angst – Furcht, keine Angst, es war höchstens Furcht, auch wenn das eine Selbstlüge war – hingelaufen war.
 

Aber sein Zauber hatte eine schwache Fährte hinterlassen, der er selbst folgen konnte. Wenn ein Magier etwas konnte, dann die Spuren seiner eigenen Zauberei erkennen und Kiba hatte genau das als erstes gelernt. Sich seiner eigenen Magie bewusst zu werden. Das kam ihm jetzt zugute.

Er brauchte wesentlich länger für den Weg, als er letzte Nacht gebraucht hatte, aber dann wiederum rannte er nicht und stoppte immer wieder um sich zu vergewissern, dass er tatsächlich auf dem richtigen Pfad war. Die Sonne stand bereits hoch am Himmel, als er die Stelle erreichte, wo er den Zauber gewirkt hatte.

„Akamaru?“ Seine Stimme scheuchte einen Vogel auf, der auf einem niedrigen Ast hockte. Eine Antwort bekam er allerdings nicht. Er pfiff laut, doch erneut erklang nicht das vertraute Bellen des Hundes.

Kiba seufzte. Es wäre auch zu einfach gewesen, ihn sofort zu finden, nicht wahr? Trotzdem stand er jetzt vor einem Problem. Akamaru konnte überall sein. Wenn Kiba Glück hatte, fand er ihn noch an diesem Tag. Wenn er Pech hatte erst in fünf. Dass er ihn finden würde, war er sich sicher. Wie anders konnte er daran glauben, dass sie ihre Reise gemeinsam fortsetzten?
 

Akamaru war das einzige Lebewesen, das er noch hatte, ein treuer Gefährte durch die langen Jahre des Herumstrolchens und der langen Reisen. Seine Mutter hatte ihn verlassen. Seine Schwester hatte ihn verlassen. Sein Vater hatte ihn verlassen. Da waren nur noch er und Akamaru. Und jeder Zweifel, dachte er manchmal, würde dies ändern.

„Akamaru!“ Seine Schritte beschleunigten sich. Der Plan war, große Kreise um den Ausgangspunkt zu ziehen und nach dem Hund zu rufen. Alle Soldaten seien verdammt, sie würden ihn sicher nicht abhalten, Akamaru zu suchen. Zu finden.

Seiner Suche wurde ein abruptes Ende gesetzt, als er unvermittelt mit jemandem kollidierte. Der Aufprall warf ihn nach hinten in das Gebüsch zurück, durch das er eben gekrochen war und er starrte einen Moment verdutzt auf in hohen Stiefeln steckende Beine.

Dann wanderte sein Blick nach oben, über einen Schwertgurt, an dem zwei Klingen hingen, eine muskulöse, von einem Kettenhemd bedeckte Brust, direkt in ein grobschlächtiges, halb von einem Tuch verdecktes Gesicht, das ebenso verdutzt zurückstarrte. Allerdings hielt dieser Ausdruck nicht lange an und die kalten Augen des großen Mannes verengten sich. Nicht zornig… Eher ärgerlich…
 

„Uh…“, machte Kiba und kam sich völlig verblödet vor. „Äh… Tut mir Leid.“ Er rappelte sich auf und wich einen Schritt zurück. Seine Instinkte schrien alle, dass er bloß verschwinden sollte. Und das hatte er vor. Seinen Instinkten hatte er immer schon trauen können.

„Äh… Ich gehe dann mal einfach wieder… Bis dann!“ Er wollte herumfahren und davonrennen, aber die große Hand des Mannes schnellte vor und packte ihn am Kragen. Am liebsten hätte er geflucht. „He…Hey! Ich… Ihr könnt nicht einfach…!“

„Kakuzu?“, unterbrach eine Männerstimme seinen Protest. Sein Fänger verstärkte den Griff an seinem Kragen und er drehte sich der Stimme zu, während er Kibas Versuche, sich zu befreien, völlig ignorierte. Das half Kiba jedoch nicht, denn kein noch so heftiges Herumzappeln oder noch so großen Kraftaufwand lockerte den Griff des Mannes.

„Was?“, grunzte der Krieger über die Schulter zurück und der Junge griff an seinen Gürtel, tastete nach einer der Klingen, die er dort trug. Jemand kam durch die Büsche auf sie zu, aber Kakuzu drehte sich wieder zu seiner Beute um, gerade rechtzeitig, um ihre Hand zu greifen, die das schwarze Messer hielt.
 

„Was ist los?“, wollte der andere Mann wissen, der sich seinerseits durch das Unterholz wühlte.

„Lass mich los, du Bastard!“, brüllte Kiba und versuchte, dem stahlharten Griff zu entkommen.

„Keine Chance, Junge.“, knurrte Kakuzu, während er die Klinge neugierig beäugte. Er wusste ganz sicher, was sie für einen Wert hatte. „Wo hat ein Streuner wie du eine so wertvolle Klinge her?“ Er presste seine Faust zusammen und das Messer landete auf dem Boden.

Kiba knirschte mit den Zähnen vor Schmerz und Wut. Warum war der Kerl so viel stärker als er! War das etwa gerecht?!

Dann tauchte der andere Mann hinter einigen Zweigen auf. Er war bei weitem nicht so groß wie Kakuzu, eher ein Stück kleiner noch als Kiba selbst, aber sonst stahl er ihnen beiden die Schau. Sein Haar war weiß, seine Haut beinahe ebenfalls und sein Gesicht war von einer beinahe femininen Schönheit. Dazu trug er sich mit einer königlichen Aura, einer Haltung, die von Aristokratie zeugte.

„Wer ist der Junge?“, wollte der Neuankömmling wissen und zog eine feine Augenbraue hoch.

„Keine Ahnung. Dieser Trottel ist in mich reingelaufen.“
 

‚Trottel’ konnte man ihn wohl nennen, dachte Kiba säuerlich. Er hätte den anderen Mann früher bemerken müssen! Dann wäre er jetzt nicht in dieser misslichen Lage. „Ich habe nichts gemacht!“, versicherte er auf gut Glück. So etwas konnte nie schaden. „Lasst mich gehen und ich hab nix gesehen! Was wollt ihr eigentlich von mir?“ Er versuchte noch immer, Kakuzus Griff zu lösen, wenn auch nicht mehr so energisch vorging. Vielleicht ging es so besser?

Die beiden Männer betrachteten ihn einen Augenblick ausdruckslos.

„Bring ihn mit.“, befahl der Weißhaarige, die Frage völlig ignorierend, und sah zu, wie Kakuzu seinen Gefangenen halb davon schleppte, halb trug, ehe er sich bückte und das Messer aufhob, das der junge Waldläufer hatte fallen lassen. Kiba bemerkte den nachdenklichen Blick, den er der Waffe schenkte, ehe der große Krieger ihn aus dem Blickfeld des anderen zerrte.

Kurz darauf erreichten sie eine kleine Lichtung, auf der ein Lager aufgeschlagen worden war. Drei Zelte, Kram und ein Kochfeuer, um das sich ein Dutzend Männer in Kettenhemd und Waffen versammelt hatte. Krieger. Söldner, wahrscheinlich, oder Soldaten, auch wenn er keinerlei Abzeichen erkennen konnte.

Das wurde ja immer besser! Das war sogar so gut, dass er lieber die Soldaten von letzter Nacht herwünschte. Von denen wusste er zumindest, was er erwarten musste. Aber die hier? Was wollten die von ihm?!
 

Kakuzu nahm ihm Waffen und Tasche ab und ließ ihn einfach auf den Boden plumpsen. Kiba würgte einen Schmerzenslaut herunter und sah sich nach einem Weg um, so schnell wie möglich von hier zu verschwinden und sich durch die Büsche zu schlagen – vorzugsweise mitsamt seinem Besitz. Aber wenn er das jetzt versuchte, würde er wahrscheinlich keine drei Schritte weit kommen.

Kakuzu – und die Hälfte der anderen, versammelten Männer – beobachteten ihn mit Luchsaugen und sie würden vermutlich in Sekundenschnelle reagieren. Sie sahen nicht nur aus wie Krieger.

Kiba warf trotzige Blicke in die Runde und rührte sich nicht von der Stelle. Er konnte auf seine Gelegenheit warten. Er war ein Jäger. Und das war, was Jäger am besten machten.

Der Anführer – zumindest glaubte er, dass der Weißhaarige ihr Anführer war – tauchte hinter Kakuzu aus dem Wald auf und schob die Klinge, die er noch immer trug, in die Scheide zurück, die der Größere ihm reichte. Dann fixierte er den braunhaarigen Jungen, der noch immer auf dem Boden saß, mit kühlem Blick.

Als er nach einigen Augenblicken jedoch noch immer schwieg, erhob sich Kiba und sagte: „Hey… Ich hab keine Ahnung, wer ihr seid und was ihr hier wollt, aber ganz egal, ich habe damit nichts zu tun. Kann ich jetzt gehen? Mit meinem Gepäck?“

„Nein.“, antwortete der Weißhaarige. „Was suchst du hier?“
 

Kiba blinzelte, noch immer verwirrt. „Nichts…“ Vielleicht war es besser, wen sie von Akamaru nichts erfuhren. Es half immer, ein Ass im Ärmel zu haben, auch wenn dieses Ass sich gerade nicht im Ärmel befand, sondern irgendwo anders und er nur hoffen konnte, dass es rechtzeitig auftauchte. „Ist es verboten, hier spazieren zu gehen?“ Ja klar. Tolle Ausrede. Wer ‚ging spazieren’, Meilen vom nächsten Dorf entfernt mitten in den dichtesten Wäldern?

„Er ist ein Wilderer.“, stellte Kakuzu trocken fest. Er zuckte die Schultern. „Lassen wir ihn gehen.“

„Mit meinem Zeug.“, warf Kiba hoffnungsvoll ein.

Der Weißhaarige überlegte einen Moment, dann ließ er das Messer von Kibas Mutter auf den Haufen fallen, den der Rest seines Besitzes bildete. Er wirkte einen Moment so, als wollte er nicken, als ein lauter Fluch alle Köpfe zu einem der Zelte herumfahren ließ. „Au! Du dumme Kuh!“

Die gedämpfte Stimme einer Frau zischte etwas Unverständliches, gefolgt von hastigem Rascheln von Kleidung, das anzeigte, dass jemand versuchte, sich so schnell wie möglich aufzurichten und gleichzeitig davonzulaufen. Hatten die da noch jemanden eingefangen?!

Einen Moment später stürzte ein Mädchen aus dem Zelt. Es musste etwa so alt sein wie Kiba selbst, aber sonst hatten sie nicht viel gemeinsam. Die junge Frau war schlank wie eine junge Birke und ihre Haut war blass, so dass das rosenfarbene, hüftlange Haar einen reizvollen Kontrast bildete. Sie trug ein teilweise zerrissenes, blassgrünes Kleid aus feinem Leinen und auch der Rest ihrer Aufmachung zeigte, dass sie vermutlich adlig war oder zumindest aus einer anderen reichen Familie stammte. Außerdem wirkte sie ernsthaft angepisst.
 

Weit kam sie jedoch nicht, ganz egal, wie laut sie brüllte und wie sehr sie sich wehrte. Gegen zwei ausgewachsene Krieger dieses Schlages hatte sie keine Chance. Und die hatten schnell reagiert.

„Scheint so, als könnten wir den Jungen jetzt nicht mehr gehen lassen, was, Kimimaro?“, sagte Kakuzu beinahe belustigt zu dem Weißhaarigen und sah regungslos zu, wie die beiden Männer das kämpfende Mädchen zur Ruhe zwangen und ihr die Arme hinter dem Rücken zusammen.

Kiba blinzelte verdutzt. Dann fiel ihm ein, was der große Krieger gesagt hatte. „Was?! Nein! Hey, das könnt ihr nicht tun!“ Er sprang auf, aber Kakuzus Hand, die zu dem Schwert fuhr, das er an der Seite trug, hielt ihn davon ab, irgendetwas anderes zu tun.

„Nein.“, stimmte der Weißhaarige – Kimimaro? – seinem Kumpanen zu und schenkte dem Mädchen einen Blick. „Siehst du, was du angerichtet hast, Sakura? Wenn du dich still verhalten hättest, hätten wir den Kleinen gehen lassen können. Wegen dir wird er sterben.“

Das Mädchen erstarrte und Kiba riss die Augen auf. Bis jetzt war es nur eine missliche Lage gewesen. Aber jetzt war es mehr. Viel mehr. Der junge Waldläufer tat, was jeder in dieser Situation getan hätte. Er fuhr herum und türmte.
 

Zumindest versuchte er es und beinahe hätte er es auch geschafft, aber Kakuzu erwies sich erneut als schneller, als Kiba gedacht hatte und erwischte ihn am Kragen. Er brauchte keine drei Sekunden um ihn auf den Boden zu drücken, so dass er seinen Dolch ziehen konnte. Und Kiba fühlte sich, als sei er in Eiswasser gefallen. War es das jetzt? Würde er jetzt sterben?!

„Wartet!“ Die Stimme des Mädchens ließ den Krieger innehalten und den Kopf drehen. Kiba konnte sie nicht sehen, aber er hatte in seiner Position am Boden sowieso ein extrem eingeschränktes Blickfeld.

Aber er hoffte mit aller Macht, betete zu allen Göttern, dass sie den Weißhaarigen überzeugen konnte, ihm nichts zu tun. Er wollte nicht sterben! Nicht hier, nicht so und sicher nicht jetzt! Er war doch noch so jung!

„Lasst ihn zufrieden. Bitte.“ Dem letzten Wort hörte man an, dass sie es nicht gerne aussprach. Gleichzeitig kam es mit einer Leichtigkeit heraus, ohne ein Zögern oder Zaudern.

Kakuzu verlagerte sein Gewicht etwas und sein Knie bohrte sich in Kibas Rücken. Wahrscheinlich konnte er ihm das Rückgrad brechen, einfach so, mit einer einzigen Bewegung. Kein erfreulicher Gedanke.

„Warum sollte ich?“, wollte er wissen, eher ehrlich neugierig als irgendwas anderes.

„Weil… weil… Ihr könnt ihn nicht einfach töten!“

„Nein? Dann pass mal auf!“ Er wandte sich wieder dem am Boden liegenden Jungen zu.
 

„NEIN!“, kreischte sie. „Wenn … wenn Ihr das macht, dann … dann …“

„Dann?“, spöttelte Kakuzu. „Was willst du tun? Schreien? Kratzen? Mich mit deinen Sticknadeln angreifen?“

„Dann beiß ich mir die Zunge ab! Ihr braucht mich doch, nicht wahr?“ Ihre Stimme war berechnend und scharf.

Das brachte die Männer dazu, zu erstarren und Stille breitete sich aus. Die Sekunden tröpfelten vorbei wie Jahre. Kiba wagte es kaum zu atmen, aber er wiederholte ein Mantra in seinem Kopf, geh darauf ein, geh darauf ein, geh darauf ein…

„Kakuzu.“ Es war nur ein Wort, aber der Krieger schien zu wissen, was es bedeutete. Er ließ die Klinge sinken, aber Kiba wagte noch nicht, aufzuatmen. Es konnte alles kommen…

„Kimimaro, ich sollte ihn wirklich abstechen. Weniger Probleme. Und sie wird das sowieso nicht tun.“, erklärte Kakuzu bestimmt. „Nehme ich an.“, fügte er dann hinzu, während er das Mädchen traktierte. Anscheinend blickte sie entschlossen drein oder so was…

Kiba schloss die Augen. Würde der Weißhaarige darauf eingehen? Bitte, bitte, geh nicht darauf ein. Lass mich am Leben.
 

„Das ist egal. Ich werde das Risiko nicht eingehen, dass sie es doch tut, und den Jungen können wir immer noch in die Minen stecken. Die brauchen immer jemanden.“, erklärte Kimimaro kühl und Kiba riss die Augen wieder auf. Mine? Wie in Bergwerk? Und es hörte sich nicht so an, wie die Gruben, die er aus Iwa gewöhnt war, wo die Männer aus den umliegenden Dörfern für gutes Geld arbeiteten…

Der Weißhaarige bekam nur ein unbestimmtes Grunzen von Kakuzu zur Antwort, aber der Krieger ließ die Sache fallen. Er schob den Dolch in den Gürtel zurück und band Kibas Handgelenke hinter seinem Rücken mit einem Seil zusammen, das ihm von jemandem zugeworfen worden war.

Als er aufstand, zog er den Jungen mit hoch und stellte ihn unsanft auf die Füße. „Benimm dich, Kleiner, damit Lord Kimimaro seine Entscheidung nicht bereut…“, zischte er ihm ins Ohr und Kiba erschauderte. Nein, er würde sich sicher nicht dabei erwischen lassen, wenn er abhaute. Ganz sicher nicht.

Dann wandte Kakuzu sich zu den Kriegern, die das Schauspiel atemlos verfolgt hatten und jetzt teilweise enttäuscht schienen, dass kein Blut geflossen war. Kiba hätte am liebsten ausgespuckt. Blutdürstige Hunde. Definitiv Söldner.

„Packt zusammen, wir ziehen weiter.“
 

~~~~~~~
 

Wie ich bei dem Amazonen-Kapitel angekündigt hab (ich glaub, zumindest, dass ich das getan habe? Oo), ich werde ab jetzt mit TenTen & Co. und jeweils einer anderen Gruppe von Charakteren abwechseln. Könnte sein, dass es mal Doppelkapitel gibt, wie 'Vor den Toren der Hölle', aber ich will einfach keine 1o-Seiten-Kapitel liefern, ich weiß selbst, dass die nicht unbedingt toll zu lesen sind (zumindest für die meisten. XD")

Nächstes Mal sind von daher wieder TenTen und Lee dran - und Neji natürlich. :3
 

Sorca~



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Von:  Eleinia
2009-05-17T19:15:26+00:00 17.05.2009 21:15
hihi
hab die ff grad bis hier komplett gelesen ^-^
ich find, sie ist echt gut geschrieben, zwar ein oder zwei Rechtschreibfehler, aber die behalt ich gern für mich XD

ui, ich hoffe, Akamaru taucht bald auf und hilft... aber es geht ja erstmal mit Ten und co. weiter *schon gespannt ist*

ich hoffe es geht bald weiter

lg
SIla
Von:  Dreaming_Lissy
2008-10-22T17:20:48+00:00 22.10.2008 19:20
Genial und toll geschrieben.^^

Von: abgemeldet
2008-10-01T20:31:12+00:00 01.10.2008 22:31
WÜRG!!!
Ich setze mich um 20.43 Uhr vor meinen PC und PAUF jetzt ist es 22.30 Uhr???
Shit, ich hab meine Zeit mit einer AU Story verschwendet und dabei hab ich mir doch geschworen so was nie wieder zu machen!
SCHEISSE!!!
Und das Schlimmste ist, das ich keine Sekunde bereue! Ehrlich!
Ich meine, ich hasse AU-Storys, aber so was...
Ich weiss nicht warum ich deine FF so gut finde, das ich dieses Kribbel im Bauch spüre. Kennst du dieses "Mega-Geile-FF-Kribbeln?"
Genau das hab ich jetzt auch!
Liegt es an der Idee? Oder an den interessant eingeflochtenen Charakteren und deren genialen Geschichte? Vielleicht ist es aber auch die fantastische Wortwahl und deine Art die Geschichte zu erzählen.
Ich weiss es wirklich nicht!
Aber eines weiss ich mit sicherheit! Nähmlich das jedes Lob das ich über dich gehört habe stimmt! Und das ich das Lesen genossen hab, auch wenn das jetzt zwei Dinge waren.

So, jetzt da ich mich selbst in Kreis deiner Leser eingreit habe, schließe ich mich denn anderen AUas an und warte mit Ungeduld auf ein neues Kapi.

Hochachtungsvoll,
Von: abgemeldet
2008-09-21T10:39:38+00:00 21.09.2008 12:39
aaah,schön ^___________^
ich war grad..-als ich die story gelesen hab- vollkommen irritiert,was ich denn alles verpasst hab *kicher*
was haben die beiden denn damit zu tun *neugierig schau*
jedenfalls freu mich mich auf des nächste kappi- mit tenten und neji....*.*
nu ja,echt hammer kappi^^
cia,lg
Von: abgemeldet
2008-09-19T19:58:04+00:00 19.09.2008 21:58
wow^^ klasse kap^^
ma gugn wie kiba und saku aus der lage wieder raus kommen^^
könnte intressant werden^^
freu mich schon auf das nächste^^
tipp mal flotter^^
Von:  vulkan_chan
2008-09-19T18:39:46+00:00 19.09.2008 20:39
wuhu es geht weiter!! ^_________^

du hast wieder einige neue charaktere miteingebracht, das scheinst du echt zu ieben. aber ich finds toll, wenn immer mehr bekante Figuren auftauchen! das hat mit bei feuermond (schreib da mal weiter xD) auch so gefallen, weil es interessant ist, in welche rollen du sie steckst. aber leider kenne ich mich mit den naruto charakteren nicht so aus, deswegen erkenne ich die meistens nicht sofort. <.< macht aber nichts, weil du es so shreibst,d ass man die charaktere nicht kennen muss, um die storry zu verstehen.

sakura hab ich erkannt ^^
ich wette sie ist die Maid in nöten, zumindest scheint sie nicht ganz freiwillig die gesellschaft zu geniesen, in der sie sich befindet.
sehr interessant! bin gespannt, wie die da reinpassen. ich habe die hoffnung dass wir durch die augen von sakura auch etwas über die adeligen erfahren, die wir bisher nur als die "Bösen" kennen gelernt haben.

ein super kapitel jedenfalls. hoffentlich dauert es nicht wider so lange, bis es weiter geht. ^-^
Von: abgemeldet
2008-09-18T15:20:09+00:00 18.09.2008 17:20
hey
klasse chap
frag mich was saku und kiba noch genau mit der story zu tun haben...
freu mich wenns weitergeht
gglg
Von: abgemeldet
2008-09-12T18:31:48+00:00 12.09.2008 20:31
Hihi!
Ich habe die FF gerade erst entdeckt und muss sagen, dass sie mich gar nicht mehr losgelassen hat und ich musste sie in einem Zug durchlesen.
Ich finde es wirklich genial, wie du die Geschichte aufbaust und bin schon verdammt gespannt, wie du die Handlungsstränge miteinander verstrickst!
Ich freu mich schon wahnsinnig aufs nächste Kapitel!
Mfg Jo
Von:  Kerstin-san
2008-09-12T13:35:54+00:00 12.09.2008 15:35
Hey!
Ich fand das Kappi gut.
Auch das man am Anfang nicht so genau wusste, um was es ging, dass hat das ganze noch spannender gemacht.
Kiba als Waldläufer und Sakura als Gefangene, die für irgendwas noch sehr wichtig ist.
Das find ich toll und ich hoffe, dass Akamaru gefunden wird.
Aber am meisten interessieren mich Neji und Tenten.
Ich freu mich schon aufs nächste Kappi.
lg
Kerstin
Von:  Arua
2008-09-11T18:43:00+00:00 11.09.2008 20:43
Ich find's ja ehrlich absolut klasse, wie du ständig neue Figuren einbringst und es ist sehr interessant, was für Rollen du dir für sie ausdenkst.
Aber für mich ist es ziemlich irritierend, überhaupt nicht zu wissen, was die überhaupt mit der Geschichte zu tun haben. (Mal abgesehen vom allerletzten Abschnitt, in den Kimimaro als Adliger bezeichnet wurde vielleicht).
Für mich wäre es logisch, erst irgendeine Verbindung zu einer der Figuren oder den Schauplätzen oder deren Tätigkeiten zu haben. Aber irgendwie ist keins davon der Fall und so wirkt es auf mich ein bisschen störend - wie eine Unterbrechung der eigentlichen Geschichte, wenn man versteht, was ich meine ^^""
Na ja, bestimmt wird das demnächst geklärt und dann passt alles wieder zusammen, und da die 'zweite' Geschichte genauso spannend zu sein scheint, will ich mich mal nicht beschweren.
Vielleicht nur so als Hinweis fürs nächste Mal... ;)

lg
Arua


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