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Diener der Nacht

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Kapitel 1 - Eine Nacht im Oktober

Hallo, zusammen.
 

Hier ist wieder einmal das Myry. ^^
 

Eine neue Fanfiction ist am Start und ich hoffe, dass ich wieder ein bisschen Zuspruch von euch kriege. Worum es geht, steht ja in der Beschreibung. Alles, was ich noch dazu sagen möchte ist, dass es mir wichtig ist, euere Meinung zu erfahren. Das heißt, ich hätte doch gerne den ein oder anderen Kommi. *lieb guck*, *Bitte, bitte sag*
 

Ansonsten viel Spaß wünscht
 

Myrys
 

++++++++++
 

Diener der Nacht
 

Der Vampir stand da im Licht der Straßenlaterne und beobachtete die Kirche. Er wartete. Endlich erblickte er die Person, nach deren Gegenwart er sich gesehnt hatte. Unsicher leckte er sich über die Lippen. Sollte er es tun? Doch dann huschte ein Lächeln über sein Gesicht. Ja, er würde es tun. Er verließ den schwachen Lichtkegel und verschmolz fast augenblicklich mit der Dunkelheit um ihn…
 

Kapitel 1

Eine Nacht im Oktober
 

Gabriel Hart war außergewöhnlich. Das behaupteten alle. Und sie hatten Recht. Viele verglichen ihn mit einem gefallenen Engel. Tatsächlich kam ihm diese Beschreibung ziemlich nahe. Er war einfach schön. Nicht sehr groß, jedoch mit einem gut gebauten, athletischen Körper gesegnet. Sein Teint schimmerte makellos weiß wie Porzellan. Sein feines Gesicht mit den durchdringenden bernsteinfarbenen Augen war umrahmt von einer Mähne schwarzen, langen, leicht gewellten Haars, welches er meist locker und lässig offen über die Schultern fallen ließ. Doch der eigentliche Grund, warum ihn die Leute als Engel bezeichneten, war seine Stimme. Sie war tief und samtig und sobald er zu singen begann, ging den Leuten bei ihrem Klang das Herz auf. Jedoch kamen nur sehr wenige von ihnen in diesen Genuss.
 

Gabriel war Frontmann der Metal-Band "Satan's Saints". Ihre Musik war zwar gut, jedoch, gelinde gesagt, gewöhnungsbedürftig. Der schnelle Rhythmus des Schlagzeugs und die harten Gitarrenriffs waren nicht jedermanns Sache. Dennoch hatten sich die fünf jungen Männer der Band, Chester, Jamie, Scott, Finn und Gabriel, einen gewissen Ruf in Szeneclubs an der Ostküste der USA erarbeitet. Nichtsdestotrotz hatten sie bisher noch nicht den großen Durchbruch geschafft und es sah nicht so aus, als sollte ihnen das so bald gelingen.
 

Es war der 24. Oktober, eine kalte, regnerische Nacht, irgendwo in Gabriels Wahlheimatstadt New York. Die Jungs hatten ein erfolgreiches Konzert in einem kleinen Club in Queens hinter sich gebracht und danach kräftig getankt. Wenn der eigene Ruhm noch nicht so groß war, konnte man sich Fannähe leisten und das hatten sie ausgiebig getan. Für gewöhnlich war Gabriel eher zurückhaltend dem Alkohol gegenüber, doch heute hatte auch er eindeutig etwas zu viel erwischt. Die stickige, heiße Luft, der Lärm und die Enge im Club machten ihn schwindlig und er drängte sich an zu viel zu lauter Musik tanzenden Menschen vorbei zum Hinterausgang, um ein wenig frische Luft zu schnappen.
 

Schwer atmend lehnte er sich gegen die mit Graffiti "verzierte" Wand des Hinterhofs und schloss einen Moment die Augen, als die Mülltonnen um ihn herum anfingen, Samba zu tanzen. Er hörte den Verkehrslärm der Hauptverkehrsstraßen, einen Kater beim Liebeswerben und irgendwo, gar nicht so weit entfernt, eine Polizeisirene. Doch plötzlich vernahm er noch ein anderes Geräusch. Ein tiefes, kehliges Stöhnen. 'Könnt ihr damit nicht bis zu Hause warten?', fragte er sich leicht genervt, doch dann fiel ihm auf, dass das Stöhnen in einen unterdrückten Schrei und dann in ein Röcheln überging. Er öffnete die Augen und sah sich aufmerksam um. Um in dem dämmerigen Licht des Hinterhofs etwas erkennen zu können, kniff er die Augen zusammen.
 

Da vorne, direkt hinter dem Tor für die Lieferanten stand ein Pärchen in inniger Umarmung. Noch dazu, sofern er das beurteilen konnte, ein schwules Pärchen. Doch nur auf den ersten Blick schien es eine innige Umarmung zu sein, denn dann erkannte er, dass der junge Mann, der eben noch so lüstern gestöhnt hatte, leblos in den Armen des anderen Mannes hing, der sich an dem langen, schlanken Hals zu schaffen machte.
 

Angst durchflutete ihn. Er wurde soeben Zeuge eines Mordes! Doch noch bevor er reagieren, ja sich überhaupt bewegen konnte, fiel der Blick des zweiten Mannes auf ihn. Er ließ sein Opfer achtlos zu Boden fallen, wo es reglos liegen blieb, und kam bedrohlich auf Gabriel zu. Seine kühlen blauen Augen bohrten sich in Gabriels. Sein langer schwarzer Ledermantel wehte im Wind, ebenso wie sein kurzes, hellblondes Haar. Im nächsten Augenblick stand er so dicht vor ihm, dass Gabriel sich unweigerlich fragte, ob er eine Sekunde lang eingenickt war. Doch seltsamerweise war er sich ganz sicher, dass das nicht der Fall war.
 

Der Fremde packte ihn brutal am Hals und hob ihn ohne auch nur mit der Wimper zu zucken hoch und presste ihn an die Wand. Gabriel hatte gar keine Zeit, sich über die außergewöhnlichen Kräfte des Fremden zu wundern, denn dieser sprach ihn sofort an: "Du hast nichts gesehen, nicht wahr?" Seine Stimme klang gefährlich. Gabriel schüttelte, so gut es ihm eben möglich war, den Kopf. "Verstehe. Wie schade, dass ich dir nicht glaube", sagte der Fremde und grinste fast bösartig.
 

Gabriels Augen weiteten sich vor Angst. Er wusste, sein letztes Stündlein hatte geschlagen. "Wenn du mir versprichst, nicht zu schreien oder zu versuchen, wegzulaufen, lasse ich dich jetzt runter", raunte der Mann. Gabriel nickte, denn langsam ging ihm der Sauerstoff aus. Sofort löste sich der Griff um seinen Hals und er sackte, gierig nach Luft schnappend, in die Knie, wurde jedoch sofort wieder hochgezogen. Diesmal umfasste der stahlharte Griff jedoch seine Oberarme. "Also gut", sagte der Fremde leise und sein Gesicht war kaum eine Handbreit von Gabriels entfernt, der den Kopf in den Nacken legen musste, um den Mann anzusehen. "Du hast leider gesehen, wie ich jemanden getötet habe. Dumm für dich. Aber ich will mal nicht so sein, also gebe ich dir zwei Möglichkeiten: Erstens ich töte dich gleich und du hast alles hinter dir." Er sprach leise und eindringlich und sein Englisch war so akzentfrei, dass Gabriel sicher war, einen Ausländer vor sich zu haben. "Oder zweitens: Wir spielen ein kleines Spielchen. Du und ich." Er grinste wieder, doch diesmal eher spitzbübisch. "Ich werde dich beobachten. Sobald du anfängst, mich zu langweilen, töte ich dich. Alles klar?" Ein Nicken Gabriels folgte. "Gut. Also, was ist dir lieber? Eines steht jedoch fest: Ich töte dich. Du kannst nur entscheiden, wann und wie. Wie lautet deine Entscheidung? Jetzt oder später?"
 

Gabriels Herz schlug bis zum Hals. Er wusste, dieser Mann sagte das nicht einfach so daher, nein, er meinte es bitterernst. Er würde ihn töten. Seine Lippen zitterten. Endlose Sekunden starrte er in das Gesicht des Mannes, der ihn festhielt. Schließlich entschied er sich dafür, doch noch eine Weile leben zu wollen und sagte mit einem nicht zu verbergenden Zittern in der Stimme: "Lieber später."
 

"Sehr gut. Ich hatte gehofft, dass du das sagen würdest, kleines Vögelchen", antwortete der Blonde und sein Gesicht näherte sich noch ein wenig mehr. Gabriel spürte seinen warmen Atem an seinen Lippen. "Damit du es nicht vergisst…", raunte der Mann und streifte mit seinen Lippen verführerisch über Gabriels Hals bis zur Beuge, wo er begann, zu saugen. Gabriel hob die Hände an die Oberarme des Fremden und klammerte sich fest. Ihm schwanden die Sinne. Kurz bevor er das Bewusstsein verlor löste sich der Mann von ihm und ließ ihn los. Gabriel sackte in sich zusammen. "Wir sehen uns", hörte er den Mann noch sagen, dann war er verschwunden.
 

Feiner Nieselregen setzte ein und plötzlich war Gabriel unsagbar kalt. Der Schwindel, der durch den Alkohol entstanden war, war komplett verschwunden. Dafür zitterte er vor Angst und Kälte. Das konnte nur ein Traum gewesen sein. Ja, das war es. Ein Traum. In Zukunft würde er wohl besser daran tun, nicht mehr so viel zu trinken. Er kämpfte sich hoch und schleppte sich zurück in den Club.
 

Im Innern fand er sich wieder in einem Kessel von zuckenden Körpern, durch Kunstnebel und Laserlicht merkwürdig verzerrt und dröhnender Musik. Chester, der Drummer der Band, löste sich aus einem Pulk junger Frauen und kam auf ihn zu.

"Du siehst gar nicht gut aus, Mann", sagte er und musterte Gabriel kritisch. "Hast wohl zu viel gezwitschert, was?", grinste er.

"Glaub schon…", antwortete der Sänger, raffte sein Haar, das ihm über die Schultern floss, zusammen und warf es über seine rechte Schulter.

"Mann, mit was für 'ner Bordsteintussi bist du denn da draußen kollidiert?", feixte Chester.

"Hä? Was meinst du?", fragte Gabriel irritiert zurück.

"Den riesigen Knutschfleck an deinem Hals, Mann. Alter, das Ding ist der Hammer!"
 

Gabriel wurde schlagartig noch blasser, als er es ohnehin schon war, ließ Chester stehen und stürmte auf die Toilette. Dort stützte er sich auf eines der Waschbecken und drehte seinen Kopf zur Seite. Im Spiegel starrte er wie vom Donner gerührt auf den riesigsten Knutschfleck, den er je gesehen hatte. Die Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag. Es war doch kein Traum gewesen! Alles war real! Der Mord, der komische Typ, der ihm versprochen hatte, ihn umzubringen, einfach alles! Ein lauter, spitzer Schrei des Entsetzens löste sich aus seiner Kehle.
 

Von dem Tag an hatte Gabriel Hart keine ruhige Minute mehr. Ständig spürte er Blicke auf sich gerichtet. Blicke aus kalten, blauen Augen. Selbst den Jungs seiner Band fiel das auf und hinter seinem Rücken sprachen sie von einer handfesten Paranoia. Dass Gabriels Angst nicht unbegründet war, sollte sich nur allzu bald als wahr herausstellen.
 

Zwei Wochen nach dem Vorfall hinter dem Club. Jérôme Saint Claire betrat nach einer anstrengenden Jagd das Treppenhaus des verwahrlosten Mietshauses in der Bronx, in dem er eine kleine Wohnung gemietet hatte.

Wieder einmal hatte er unbemerkt den Jungen beobachtet. Unbemerkt? Nun ja, vielleicht nicht ganz, denn der Kleine hatte verdammt gute Instinkte. Welches unglaubliche Glück er doch gehabt hatte an diesem schicksalhaften Abend. Der Junge, mittlerweile wusste Jérôme, dass er Gabriel hieß, hatte ihm direkt in die Augen gesehen. Und was für wunderschöne Augen das doch waren. Golden und ganz sanft mit wunderschönen, langen, dunklen Wimpern. Für gewöhnlich verliebte sich Jérôme nicht so schnell, diesmal jedoch war er einfach vom Blitz getroffen worden. Immer noch fühlte er die Wärme seiner Haut, erinnerte sich an den Duft seines Haars. Seit wann war er eigentlich so schüchtern, dass er sich nicht einmal mehr traute, ihn anzusprechen und stattdessen gezwungen war, ihn aus weiter Ferne anzusehen? Äußerst unsanft wurde er aus seinen Gedanken gerissen.
 

"Mister Saint Claire, sieht man Sie auch mal wieder?", herrschte ihn der Vermieter vom unteren Absatz der Treppe an. 'Oh, bitte, sprich es nur einmal, ein einziges Mal richtig aus', dachte Jérôme, drehte sich mit einem Lächeln auf den Lippen um und sagte: "Guten Abend, Mister Jordan. Was kann ich für Sie tun?" Der kleine, dicke, zur Glatze neigende Mann wälzte sich die Treppe hinauf, bis er direkt vor ihm stand. Er reichte ihm gerade bis zur Brust.
 

"Wie wär's mit Wohnung räumen?", keifte er.

"Wohnung räumen? Ich glaube, ich verstehe nicht, Mister Jordan…", erwiderte Jérôme verwirrt und fuhr sich durch das kurze blonde Haar.

"So, Sie verstehen nicht. Na dann will ich es Ihnen mal erklären, junger Mann!", ereiferte sich Jordan. 'Junger Mann. Ha, ha. Dass ich nicht lache. So alt wie ich wirst du niemals werden, Jordan', kam es Jérôme in den Sinn.
 

Dieser fuhr mit erhobener Stimme fort: "Ich habe Ihnen in den letzten zwei Wochen mehrere Briefe geschrieben, in denen ich Sie daran erinnert habe, dass Sie nun schon drei Monate mit der Miete im Rückstand sind. Na, klingelt' s jetzt?" Unweigerlich schweiften Jérômes Gedanken zu den ungeöffneten Umschlägen, die auf seiner Kommode lagen. Wie hatte er die nur ignorieren können?
 

Anscheinend hatte Mister Jordan an seinem Gesichtsausdruck erkannt, dass er sich erinnerte, denn er legte nach: "Ich habe Ihnen im letzten Brief mitgeteilt, dass Ihre Wohnung bis heute zu räumen war. Nachdem das nicht geschehen ist, kommt morgen früh pünktlich um acht der Gerichtsvollzieher. Ich hoffe, Sie haben einen Ort, an dem Sie unterkommen können. Wenn nicht…" Er grinste höhnisch, "… haben Sie ein kleines Problem. Guten Abend, Mister Saint Claire." Damit ließ er Jérôme ratlos stehen.
 

"Scheiße, was mach ich jetzt?", schimpfte Jérôme vor sich hin und warf die Wohnungstür hinter sich zu, was die Nachbarin in der Nebenwohnung zu einer neuen Schimpfeskapade über die rücksichtslosen Nachbarn veranlasste. Es ging ihm nicht darum, dass er keine Zeit hatte, seine Möbel anderweitig unterzubringen. Die meisten hatte er sowieso vom Schrottplatz geholt und weitestgehend selbst wieder hergerichtet. Die waren ihm egal. Das Problem war, dass er innerhalb der nächsten achteinhalb Stunden einen Ort finden musste, wo er seinen Sarg unterstellen konnte. Wo sollte er hin? In dieser ganzen, gottverdammten Stadt kannte er niemanden, oder zumindest niemanden, bei dem er, ohne Schwierigkeiten zu bekommen, einen Sarg unterstellen konnte…
 

Er seufzte tief und warf sich auf sein altes, zerschlissenes Sofa. Für ein Hotel hatte er kein Geld. Außerdem, wie sah das denn aus? Ein großer, breitschultriger Kerl wie er mit einem ebenso großen, schwarzen Sarg. Das wäre ja genauso wie ein Pferd in der U-Bahn. Seine Gedanken kehrten zurück zu Gabriel. Er war ihm bereits im Club auf der Bühne aufgefallen, doch nur, weil ihm seine Stimme so gut gefallen hatte. Seine Aufmerksamkeit hatte da noch einem anderen Jungen gegolten, deshalb hatte er sich nicht weiter um den Sänger gekümmert. Doch dann, draußen im Innenhof...
 

Moment! Was hatte er zu ihm gesagt? Wenn er ihn langweilte, dann… Genau! Er würde schon dafür sorgen, dass ihn der Schöne nicht langweilte. Er würde einfach bei ihm einziehen! Breit grinsend raffte er seine wenigen Klamotten zusammen, warf sie achtlos in seinen Sarg, verschloss diesen und verließ die Wohnung. Er schloss ab und warf unten den Schlüssel zusammen mit dem Ersatzschlüssel in Mister Jordans Briefkasten. Draußen vor dem Haus drehte er sich noch einmal um und winkte der alten Bruchbude zu. Dann wandte er sich um, nahm den Sarg auf den Rücken und marschierte zur U-Bahn.
 

Es dauerte nicht lange, bis der nächste Zug kam und er stieg ein. Er stellte seine Schlafgelegenheit einfach hochkant und lehnte sich dagegen. Die Blicke, die ihm seine Mitreisenden zuwarfen, ignorierte er. Dennoch gab er ein merkwürdiges Bild ab, selbst in einer Stadt wie New York City, in welcher man doch schon einiges gesehen hatte. An der angestrebten Haltestelle stieg er aus und orientierte sich erst einmal. Er wusste, wo Gabriel wohnte, doch er war noch nie mit der U-Bahn dorthin gekommen. Schließlich entschied er sich, einfach nach oben zu gehen und zu suchen. Mit einem Grinsen der Vorfreude lud er sich die schwarze Holzkiste auf und stiefelte munter auf sein Ziel zu.
 

Gabriel lag friedlich schlafend in seinem Bett. Er hatte einen harten Tag hinter sich. Das, was er mit der Musik verdiente, bezahlte ihm zwar die Lebensmittel, nicht jedoch seine Miete, weshalb er gezwungen war, nebenbei noch als Kellner zu jobben.
 

Plötzlich wurde er unsanft aus dem Schlaf gerissen. 'Was war das denn?', dachte er verschlafen. 'Ich hab den Wecker doch ausgemacht.' Dann erklang das Geräusch wieder und er erkannte die Klingel der Wohnungstür. Wer konnte das denn so spät noch sein? Er blinzelte auf den Wecker neben seinem Bett und stellte fest, dass es halb zwei Uhr morgens war. Er schlug die Decke zurück und schwang die Beine aus dem Bett. Wieder klingelte es, diesmal aber gleich zwei Mal. "Komm ja schon…", knautschte er. Mühsam schleppte er sich zur Tür seiner Zwei-Zimmer-Wohnung, da klingelte es Sturm. 'Der hat's aber eilig', grübelte Gabriel. Er lugte durch den Türspion. Die Person kam ihm irgendwie bekannt vor. Vorsichtig öffnete er die Tür einen Spalt breit, wobei ihm auffiel, dass er die Kette nicht vorgelegt hatte. Sofort wurde die Tür aufgerissen und vor ihm stand ein großer blonder Kerl, der ihn fröhlich angrinste.
 

"Hallo und Guten Abend!", rief der Mann fröhlich. "Hör mal, ich bin aus meiner Wohnung rausgeflogen und brauche ganz dringend jemanden, bei dem ich mal ein oder zwei Nächte bleiben kann und da bist mir nur du eingefallen, ist doch in Ordnung, oder? Ich brauch auch nicht viel. Keine Nahrungsmittel, die beschaff ich mir selber, nur ein bisschen Wasser zum Waschen und einen Platz, wo ich meinen Sarg unterstellen kann. Okay?" Er hatte so schnell gesprochen, dass der verpennte Gabriel ihm nur bedingt hatte folgen können, so murmelte er nur: "Ööööhm…"

"Oh, vielen Dank. Ich wusste, dass du mich verstehst. Bist ein echter Freund", sagte der Fremde und drängte sich an ihm vorbei in die Wohnung, wobei er ihm auf die Schulter klopfte.

"Wer bist' n du eigentlich?", fragte Gabriel, der nun langsam wach wurde.

"Oh, entschuldige. Hab ganz vergessen, mich vorzustellen. Jérôme Saint Claire. Freut mich sehr." Er reichte Gabriel die Hand, welche dieser mit misstrauischem Blick ergriff.

"Ich kenn dich irgendwoher…", überlegte Gabriel halblaut.

"Natürlich. Wir haben uns nach einem von deinen Konzerten kennengelernt. Macht aber nichts, wenn du dich nicht erinnerst. Das kommt schon wieder. Also…" Er klopfte auf den Sarg (Gabriels Gedanke: Sarg? Kann gar nicht sein.) neben sich. "… Wo darf ich das Schätzchen hier unterstellen? Hm. Wie wär's neben deinem Bett?" Er schenkte ihm ein nettes Lächeln. Gabriel öffnete die Tür zu seiner kleinen Abstellkammer, die bis auf das kleine Putzmittelregal leer war und deutete hinein. "Da rein", nuschelte er.

"Das ist eine Abstellkammer", stellte Jérôme fest.

"Tut mir Leid, die Präsidentensuite ist ausgebucht. Gute Nacht." Er wankte zurück in Richtung Schlafzimmer. Dort warf er sich aufs Bett und schlief sofort wieder ein, als ob nichts gewesen wäre.

"Da hilft nur hochkant…", murmelte Jérôme, doch er nahm sein Schicksal an. Immerhin hatte er ihn nicht sofort rausgeworfen.
 

Gabriel stand um acht Uhr auf und frühstückte erst einmal in Ruhe. Einen merkwürdigen Traum hatte er gehabt. Der Mörder, der ihm gedroht hatte, ihn umzubringen, hatte plötzlich mit einem Sarg vor seiner Tür gestanden und sich bei ihm einquartiert. Und das Merkwürdige dabei war, dass der Fremde ihm einen Namen genannt hatte. An den konnte er sich jedoch beim besten Willen nicht mehr erinnern.
 

Er war attraktiv gewesen. Seine blauen Augen waren gar nicht mehr kalt. Und hatte sein Gesicht beim letzten Mal schon so faszinierend ausgesehen? Er hatte feine Grübchen im Kinn und in den Mundwinkeln wenn er lächelte und hohe Wangenknochen, die seinen Gesichtszügen etwas Edles verliehen. So hatte er ihn gar nicht in Erinnerung gehabt. Süß war er gewesen. Fast wie ein kleines Kind war er ihm vorgekommen. Wirklich, ein merkwürdiger Traum. Seine Schwester würde wohl sagen, das käme von seiner neuerlichen Paranoia und dass er irgendwelche inneren Ängste hatte, die er im Schlaf mit sich ausfocht. Irgendwas in der Art. Und bei der Gelegenheit würde sie ihn wieder auf seinen miesen Energiefluss aufmerksam machen und dass sie in seiner nach den Regeln des Feng-Shui absolut furchtbar eingerichteten Wohnung auch solche Träume hätte.
 

Er wusch sich, zog sich an und verließ die Wohnung, um zur Arbeit zu gehen. Heute hatte er Nachmittagsschicht im Restaurant, was bedeutete, dass er von zwei bis acht arbeiten würde. Davor wollte er sich mit den Jungs im Studio treffen und noch ein wenig an neuen Songs basteln, doch im Moment fehlte ihm einfach die nötige Inspiration.
 

Abends kam er müde nach Hause. Er war noch kurz an dem kleinen Laden an der Ecke vorbei gegangen, um ein paar Lebensmittel einzukaufen. Jetzt wollte er eigentlich nur noch eine Dusche. Doch erst einmal mussten die Einkäufe aufgeräumt werden. Er hing seine Jacke an die Garderobe, wobei ihm auffiel, dass in der Küche Licht brannte und die Tür zur Abstellkammer offen stand. Das hatte sie doch heute Morgen noch nicht getan. Und das Licht hatte er doch auch nicht brennen lassen, oder? Er wurde wohl wirklich langsam meschugge. Kopfschüttelnd ging er in die Küche und sprang gleich wieder rückwärts hinaus, wobei er seine Einkaufstüte fallen ließ.
 

"Wa… wa… Was machst du denn hier?", stotterte er. Der blonde Mann am Küchentisch stand auf und kam auf ihn zu. Plötzlich fiel ihm der Name wieder ein: Jérôme.

"Was ich hier mache?", lächelte Jérôme. "Du hast mich hier aufgenommen, schon vergessen?"

"Du bist der Kerl hinter dem Club. Du, du hast den Jungen umgebracht", stammelte Gabriel.

"Stimmt. Genau der bin ich." Er kam auf Gabriel zu.

"Und jetzt willst du mich umbringen."

"Was?" Jérôme lachte leise. "Wenn ich das wollte, hätte ich es die ganze Nacht über tun können."

"Raus aus meiner Wohnung", zischte der Sänger. Jérôme blieb stehen und schaute ihn einfach nur an. "Darf… ich es dir erklären?", fragte er flehentlich.

"Was willst du mir erklären? Du hast einen Menschen getötet und ich bin der nächste auf deiner Liste."

"Nicht im Geringsten", beschwichtigte Jérôme.

"Aber du hast gesagt…"

"Ich weiß, was ich gesagt hab. Aber glaub mir, nichts läge mir ferner, als dich umzubringen."

"Und das soll ich dir glauben?", fragte Gabriel und eine seiner schlanken schwarzen Augenbrauen rutschte ein Stück höher.

"Hör zu. Was du gesehen hast, das war… nun gut, vielleicht war es in deinen Augen Mord, aber für mich war es einfach nur Nahrungsbeschaffung. Und du musst wissen, ich vergreife mich nie an Unschuldigen", erklärte Jérôme und seine blauen Augen waren direkt auf Gabriel gerichtet.

"Du bist verrückt! Das ist es. Du bist aus einer Anstalt abgehauen, richtig?"

"Nein, bin ich nicht. Ich bin, so unglaublich das jetzt klingen mag, ein Vampir. Ein echter Vampir."

"Sag ich doch, vollkommen durchgeknallt", sagte Gabriel und seine Stimme zitterte. Wieder stieg die Angst in ihm hoch.

"Wie schaffe ich es nur, dass du mir glaubst…" Der Vampir kaute unbehaglich auf seiner Unterlippe.

"Wir sind hier im achten Stock. Wie wär's, wenn du aus dem Fenster springst und in zwei Minuten wieder unverletzt vor mir stehst?", schlug Gabriel ironisch vor.

"Gute Idee. Das mach ich!", strahlte Jérôme und öffnete das Fenster.

"Moment, warte, das war doch nicht so…", rief Gabriel ihm noch hinterher, doch Jérôme war bereits gesprungen.
 

Erschrocken rannte er ans Fenster und schaute nach unten. Dort, im Schein der Straßenlaterne erkannte er einen Blondschopf auf dem Pflaster. Doch der Blondschopf lag nicht etwa zerschmettert da, sondern er stand aufrecht. Er klopfte sich etwas Staub von der Hose und schaute nach oben. Ehe Gabriel sich versah, war er verschwunden. Zwei Minuten später klingelte es an der Wohnungstür und davor stand Jérôme. Unverletzt.

"Und, glaubst du mir jetzt?", grinste er und wirkte dabei wie ein Lausbub.
 

++++++++++
 

So, ich hoffe, es hat bisher gefallen. Würde mich freuen, von euch zu hören.



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Kommentare zu diesem Kapitel (10)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Ciura
2008-08-24T08:34:02+00:00 24.08.2008 10:34
XDD~
woa!
das erste Kapitel ist schon genial geworden!
und eine interessante idee um zu beweisen das jérôme ein vamp ist *g*
Ich mag deinen Schreibstil~
Von:  silvermoonstini
2008-02-16T00:35:07+00:00 16.02.2008 01:35
Es gefällt mir sehr gut! Gqabirel tut einem ja fast schon Leid aber nur fast! *hehe* Deine Charaktere sind mir beide sehr sympathisch und ich bin gespannt wie sich die ganze Angelegenheit weiterentwickelt!
Von:  Kio4578
2007-08-01T14:06:51+00:00 01.08.2007 16:06
*g* sehr löblich, und sehr charmant. wirklich gut geschrieben gefällt mir gut. werde wohl die retslichen kaps nach und nach lesen. ^^

Von:  kastanie22
2007-06-23T12:53:54+00:00 23.06.2007 14:53
Jetz muss der kleene Daniel wohl erstmal wieder seine Kinnlade vom Boden aufsammeln, was? ;-)
Von:  jean1384
2007-06-22T21:08:54+00:00 22.06.2007 23:08
klasse kap schreib mir doch bitte ne ens
Von: abgemeldet
2007-06-22T20:40:06+00:00 22.06.2007 22:40
hahahaha loooooooooool.
das is ja ma echt ne andere vampirstory XD
also super geschrieben ^.- nur etwas verwirrend... am anfang, also beim 1. treffen ist jerome so kalt und abweisend... und danach ist er so fröhlich und bittet ihn auch noch darum, bei ihm wohnen zu dürfen... wieso zwingt er ihn nicht einfach dazu?

nunja, jedenfalls gefällt mir die story sehr gut ^.- schreib schön weiter, ich les mit.
nur eine stelle hat mich irgendwie verwirrt...: 'sein Englisch war so akzentfrei, dass Gabriel sicher war, einen Ausländer vor sich zu haben.'
sie sind in amerika... wenn da sein englisch akzentFREI ist, müsste er doch englisch als muttersprache haben? dann wäre er doch kein ausländer...

nya, also dann ciaoi ^.-
Awis
Von:  YuMorino
2007-06-21T19:18:56+00:00 21.06.2007 21:18
Hi!!^^
das kapi ist echt super!!
besonders Jeromé ist voll cool hab nur gedacht das er den vermieter irgendwie umstimmen kann oder ihn umbringt aber so geht das auch einfach nur cool!!^^
wie du das beschrieben hast einfach nur genial!!
ich hoffe du schreibst schnell weiter*süchtig sei*

Von:  -hEtAnA-
2007-06-21T18:33:31+00:00 21.06.2007 20:33
Mehr! Ich will mehr!

Das Kapitel ist geil. XD
Ich hab mir gedacht, dass es gut wird,
aber so gut. *-*
*sich vor der meisterin verbeugt*
Mach weiter so.

Gruuuuß hetana
Von: abgemeldet
2007-06-21T17:57:18+00:00 21.06.2007 19:57
Sehr schön geschriebene Story!
Deine Wortwahl gefällt mir sehr gut und die Art wie du einzelne Situationen beschreibst ist auch echt bewundernswert!^^
Wenn du weiterschreibst, könntest du mir dann eine ENS schreiben?
Ich will nämlich nichts von der Story verpassen ^_~

Von:  KillaKyo
2007-06-21T14:21:30+00:00 21.06.2007 16:21
xD

Jeromè is ja wohl endgeil...
der Kerl gefällt mir

ich will auch mit nem Sarg UBahn fahren *__*

das bestimmt cool

nya.. und wieder schön geschrieben
*nodnod*

aber die Mordszene hättest du ruhig n bisschen blutiger machen können..
*blut sehen will*
*Muhahaa*

nya.. setz dich hin und schreib weiter ^^

ach mensch.. du bereicherst meinen Tag so ungemein
<3
luv yaaaaaaaaa


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