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Käfige

Haru + Rin
von

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Wie Tiere

All my dreams are on the ground

Crawling around...
 

Rin stand vor ihrer Haustür im Schatten und wartete. Die Sonne schien schon seit einigen Tagen ununterbrochen, doch sie mochte regnerische Tage lieber. Wenn sich graue Wolken vor die Sonne schoben, wenn die Welt selbst grau und matt erschien, denn das war ihr wahres Gesicht.

Trostlos, farblos, jenseits von Gut oder Böse.
 

„Rin.“
 

Sie sah auf in das Gesicht ihres Freundes. Als Haru vor ihr zum Stehen kam, lächelte er sie an. Rin lächelte nicht zurück, das tat sie nie, nicht einmal für Haru.

Er sah sich um, vergewisserte sich, dass niemand zusah, und küsste sie flüchtig.

Nichts, was sie gemeinsam taten, war von Dauer, geschweige denn leidenschaftlich. Nur was sie fühlten grenzte daran, das wusste Rin. Sie trauten sich beide nicht, weiter zu gehen.
 

„Wartest du schon lange?“
 

Rin antwortete nicht, sie schüttelte nur kaum merklich den Kopf, ohne den Blick zu senken. Sie wusste, dass Haru es auch so verstand. Haru war der einzige, der sie vollkommen verstand. Er war auch der einzige, den sie näher an sich heran ließ, den sie unter ihre Fassade schauen ließ.

Leicht lächelnd wandte Haru sich zum Gehen. Rin folgte ihm schweigend.

Es war wie immer. Haru redete ebenfalls nicht, sondern genoss die Ruhe, bevor ihn die ernsten Dinge wieder einholten.

Sie waren auf dem Weg zum Sohma-Anwesen. Zu Yuki. Und Rin wusste, dass Haru sich große Sorgen um den Jungen machte, auch wenn er es sich nicht anmerken lassen wollte. Sie verstand ihn genauso, wie er sie verstand. Und nur dieses gegenseitige Verständnis machte ihre Beziehung überhaupt erst möglich. Nur deshalb funktionierte sie.

Dennoch hatte Rin das Gefühl, als würde ihre Beziehung nicht mehr lange halten. Im Grunde war ihr klar, dass es sowieso keine Möglichkeit für sie gab. Nicht, solange dieser Fluch auf ihnen lastete, nicht solange Akito ihr Gott war.

Rin hätte es Haru sagen können, aber genauso wie sie hatte auch er es schon längst begriffen. Auch wenn sie ihre Beziehung beendete, würde es nicht viel ändern, also beließ sie es dabei, solange es ging.
 

„Wir sind da.“ Harus Lächeln verschwand. Rin jedoch sah aus wie immer. Sie zeigte ihre Emotionen nicht in ihrem Gesicht. Es ergab keinen Nutzen.

Leise betraten sie beide das Haus und schlichen zu Yukis Zimmer.
 

„Yuki?“, flüsterte Haru vorsichtig, nachdem er die Tür zu dem Zimmer aufschob. Es war leer und trostlos, als würde es das Schicksal aller Juunishi zeigen. Eine Zukunft hatten sie nicht.

Es herrschte Stille, doch dann regte sich etwas in einer Ecke.

Yuki sah zu ihnen auf und lächelte erleichtert. Rin wusste nicht, wie er es schaffte, sie und Haru gleichzeitig anzulächeln und dazu noch nach allem, was ihm bereits zugestoßen war und noch zustoßen würde. Es war ehrlich und dafür bewunderte Rin ihn, denn sie würde nie ein ehrliches Lächeln zustande bringen können. Das war auch der Grund, warum sie es nicht tat.

Haru erwiderte das Lächeln und setzte sich wie üblich zu ihm, während Rin vor der Tür stehen blieb, diese wieder vorsichtig zuzog und sich anschließend davor kniete.

Ihre Aufgabe war, Haru rechtzeitig herauszuholen, bevor Kureno nach Yuki schauen würde.

Sie hätte sich auch weigern können, aber sie tat es nicht. Für Haru. Weil diese kurze Zeit, die sie noch zusammen hatten, schön war. Trotz ihrer misslichen Lage, trotz ihren Zweifeln, Ängsten und ihrer Verzweiflung. Sie fühlte sich wenigstens ein klein wenig glücklich. Und das war es wert. Harus Lächeln war es wert, noch eine Weile bei ihm zu bleiben. Denn diese Zeit würde nicht mehr lange dauern.

Rin wusste viele Dinge, die sie am liebsten wieder vergessen würde. Vor allem das Wissen um ihr Schicksal. Sie beneidete normale Menschen, die nicht wussten, was ihnen bevorstand. Solche normalen Menschen brauchten keine Angst zu haben. Sie konnten sich ohne Bedenken freuen, lachen, Spaß haben. Manchmal sehnte sich Rin danach, so ein Leben zu führen.

Und trotz allem war sie Akito nicht böse. Sie verachtete nur den, der ihnen diesen Fluch auferlegt hatte, schließlich unterlag auch Akito diesem Fluch.

Rin sah auf ihre Uhr. Kurz vor vier. Bald würde Kureno nach dem Rechten sehen, also stand sie auf, atmete tief durch und schob die Tür auf.
 

„Ich gehe jetzt nach Hause“, sagte sie. Das sagte sie immer, auch wenn Haru sich denken konnte, dass sie damit andeutete, dass es Zeit war, zu gehen. Mehr war nicht nötig.

Ohne zu zögern erhob sich Haru und half Yuki ebenfalls auf die Beine.

Yuki sah nicht besonders glücklich aus, dass sie schon wieder gingen. Haru und Rin sprachen es nie an und er schwieg dazu.

Haru verabschiedete sich mit einer Umarmung von Yuki und zusammen mit Rin verließ er leise das Anwesen.

Rins Herzschlag beschleunigte sich, ohne dass sie den Grund dafür wusste. Etwas sagte ihr, dass gleich etwas passieren würde. Sie spannte sich unmerklich an.
 

„Momiji hat mich zum Essen eingeladen, er fragt auch, ob du mitkommen willst“, erzählte Haru, nachdem sie sich weit genug vom Anwesen entfernt hatten. Eigentlich brauchte Haru nicht fragen, ob sie mitkommen wollte. Sie würde auf seine Bitte hin sowieso mitgehen. Es war selbstverständlich geworden.
 

„Du kennst ja Momiji, er freut sich immer, wenn er viel Besuch hat. Kisa und Hiro kommen auch. Rin, vielleicht wird es uns möglich sein, sie alle davon zu überzeugen, sich nicht mehr auf Akito einzulassen.“
 

Rin zuckte bei dem Klang von Akitos Namen zusammen und funkelte Haru wütend an.
 

„Nun schau nicht so, Akito mag Momiji sowieso nicht so gerne, Hiro hat bei ihm auch nicht gerade eine schöne Zeit und gegen Kisa scheint er auch einiges zu haben, alleine schon, weil sie ein Mädchen ist. Sie werden sicher nicht lange überlegen. Außerdem können wir vermehrt doch viel mehr gegen Akito ausrichten. Das ist beileibe kein Leben, was wir hier führen, das ist Gefangenschaft.“ Haru sah Rin fest an und sie verstand, dass er ein 'Okay' aus ihrem Mund hören wollte, bevor er seinen Plan in die Tat umsetzte.

Rins Herz klopfte hart gegen ihre Brust und ihr Atem beschleunigte sich. Sie hatte oft darüber nachgedacht, Akito entgegenzutreten, doch in jeder ihrer Überlegungen scheiterte sie – und das würde sich gewiss nicht ändern, wenn sich ein Haufen Kinder anschloss.
 

„Rin? Yuki würde uns sicher auch helfen und, ich bin mir zwar nicht vollkommen sicher, ob er mit Yuki zusammenarbeiten würde, aber Kyou-“
 

„Nein.“ Rin sah Haru direkt in die Augen.
 

„Was? Aber Rin?“
 

„Nein, es wird nicht funktionieren. Akito... wird sich nicht lange an uns aufhalten. Du begreifst einfach nicht, was er zu tun in der Lage ist! Er ist unser Gott, Haru, wir können uns ihm nicht widersetzen“, sagte Rin. Sie sah nach vorne, nicht mehr in Harus Gesicht.

Harus Traum, Akito von einem besseren Leben zu überzeugen, zu zerstören, war Rins bisher schwerste Entscheidung gewesen.
 

„Aber Rin, ist es dir denn egal, dass er uns hält wie Tiere?“ Harus Augen ruhten auf ihrem Gesicht, Rin spürte es.
 

„Wir sind ja auch Tiere, in Akitos Augen verdienen wir genauso wenig Freude und Liebe wie er selbst. In seinen Augen müssen wir genauso viel leiden wie er.“ Rin fand, sie hatte schon genug gesagt, und wandte sich ab.
 

„Rin?“
 

Sie fing an, zu rennen. Haru setzte ihr nach, doch schon bald verschwanden seine Rufe, zusammen mit seinen Schrittgeräuschen.

Rin war immer schon schneller gewesen und es war von vornherein klar gewesen, dass sie Haru abhängen würde.

Sie wusste nicht, wohin sie laufen sollte. Sie hatte die ganze Zeit das ungute Gefühl, dass bald alles vorbei sein würde. Sie wusste nicht, an wen sie sich hätte noch wenden können. Immerhin waren fast alle Erwachsenen Akitos Schoßhündchen, allen voran Kureno und Shigure, wobei ihr Shigure immer schon zwielichtig erschienen war.

Als sie irgendwann stehen blieb, fand sie sich im Wald wieder. Sie wusste nicht genau, wo sie sich befand, doch war sie ziemlich sicher, dass es in der Nähe des Sohma-Anwesens sein musste. Sie mochte es nicht und sie wollte am liebsten hier weg, doch etwas sagte ihr, dass sie zu Akito musste.

Sie raffte sich zusammen und ging los und schon nach kurzer Zeit konnte sie zwischen den Bäumen die Straße zum Anwesen erkennen.

Entschlossen und immer noch mit klopfendem Herzen lief sie die Straße entlang, in Akitos Anwesen, bis sie auf einem Gang auf eben jenen stieß.

Rin blieb erschrocken stehen und starrte ihren Gegenüber mit großen Augen an.

Akito hatte ein überlegenes Grinsen aufgesetzt und diese Tatsache beunruhigte Rin am meisten.

Langsam schritt er auf sie zu und nur mit Mühe unterdrückte Rin den Impuls, zurück zu weichen. Als Akito nur noch wenige Schritte von ihr entfernt war, hielt sie die Luft an. Als er schließlich vor ihr stand, wurde sein Gesicht zu einer wütenden Fratze. Er ohrfeigte sie so heftig, dass sie das Gleichgewicht verlor und zu Boden fiel.
 

„Närrin“, sagte Akito, versetzte ihr noch einen vernichtenden Blick und verschwand.

Rin blieb auf dem Boden liegen. Ihre linke Wange schmerzte, genauso wie ihr rechter Arm, auf den sie gefallen war.

Der Schock war groß, dass er vorerst alles aus ihrem Gedächtnis verdrängte.

Akito weiß etwas, schoss es ihr durch den Kopf und augenblicklich spürte sie erdrückende Schmerzen in ihrer Brust. Er weiß, dass wir da waren.

Langsam richtete sie sich wieder auf und ging schnell atmend zurück zum Eingang, verließ das Gebäude und kaum, dass sie sicher war, dass man sie nicht mehr sehen konnte, rannte sie los.

Der einzige Ort, an den sie jetzt noch konnte, war bei Kagura zu Hause. Zu der Familie, die sie adoptiert hatte und in der eine weitere Verfluchte lebte, die es genauso wie sie nicht sehr leicht hatte.

Rin hatte nicht erwartet, Haru genau dort vorzufinden.
 

„Rin, ich habe mir- Was ist passiert?“, fragte Haru und sah entsetzt auf Rins immer noch schmerzende Wange. Sie musste rot sein.

Rin antwortete nicht, wusste sie doch, dass Haru es sowieso schon ahnte. Sie hatte sich wohl überlegte Worte zusammengelegt, doch sie auszusprechen war beinahe unmöglich. Schwieriger noch als Harus Traum zu zerstören.
 

„Haru, es ist vorbei.“
 

„Aber Rin! Akito weiß doch nichts davon-“
 

„Selbst wenn nicht, er wird es ahnen.“ Rin sah ihn nicht mehr an. Sie konnte ihren Kopf nicht heben, es war als würden Gewichte an ihrer Stirn hängen und ihn zu Boden ziehen.

Haru sagte kein Wort, bis Rin es doch schaffte, den Kopf etwas anzuheben.
 

„Ich liebe dich, Rin, aber ich kann dich nicht zwingen, mit mir zusammen zu bleiben. Ich werde trotzdem nicht aufgeben, hörst du?“ Er ging auf Rin zu, umarmte sie und gab ihr einen kurzen Kuss, bevor er sich von ihr löste, sich umdrehte und langsam, die Hände in den Hosentaschen, davonging.

Rins Herz sank ihr in die Hose und ihr Mund war plötzlich sehr trocken. Sie sah Haru nach, bis er aus ihrem Sichtfeld verschwunden war und schloss dann die Augen. Eine einsame Träne bahnte sich ihren Weg über Rins verletzte Wange, sodass es ein wenig brannte.

Sie wischte sich die Träne mit ihrem Handrücken weg, setze ihren üblichen Gesichtsausdruck auf und ging ins Haus.
 

Die nächsten Tage vergingen und Rin fühlte sich mehr und mehr machtlos und einsam. Haru hatte Recht gehabt, Akito hielt sie wie Tiere und besonders die Mädchen mussten darunter leiden.

Sie konnte nicht leugnen, dass sie sich Sorgen um Haru machte, wenn er sich alleine ins Anwesen schlich, um Yuki zu besuchen.

Als sie irgendwann eben dieses Anwesen betrat, um nach Haru zu schauen, hörte sie Schritte und versteckte sich in der Nächsten Abbiegung.
 

„Nun komm schon, Yuki. Du darfst gehen, ich war bei Akito, er lässt dich zu mir ziehen.“
 

Es war Shigure, den sie sprechen hörte, Yuki schwieg, doch hörte Rin beide das Haus verlassen. Einige Sekunden nach ihnen kam Haru heraus. Als er an Rin vorbeiging, trafen sich ihre Augen.

Rin lächelte.

Der Augenblick war so schnell vorbei, wie er gekommen war und Haru verließ das Haus. Er hatte sie zwar angelächelt, doch in Wahrheit war er alles andere als Glücklich, es stand in seinen Augen geschrieben.

Haru war in Sicherheit und das war, was sie wollte.

Vielleicht würden sie ja alle irgendwann Glück haben, so wie Yuki, und ein – zumindest etwas – besseres Leben führen können.

Rin verließ das Anwesen, warf einen Blick zurück und hoffte, dass sich doch alles ändern würde, denn im Augenblick, stellte sie mit Bauchschmerzen fest, steckten sie alle in Käfigen fest. In großen Käfigen mit viel Raum und dicken Schlössern, zu denen der Schlüssel im Moment noch fehlte.

Und Akito saß im größten aller Käfige.
 

Somebody save me

I don't care how you do it

Just stay

Stay

(Remy Zero – Save Me)



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Kikoro
2007-08-28T19:55:45+00:00 28.08.2007 21:55
Hach, ich muss sagen, der OS war wirklich toll*______*
Du kannst echt gut Gefühle rüberbringen und dein Schreibstil ist genial. Ich freue mich auf jeden Fall auf weitere deiner FFs und bin jetzt offiziell ein Fan von dir^-^


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