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Langeweile

Vor Monaten für einen Wettbewerb über eigene Gedanken entstanden. Annähernd autobiographisch.
 

Ob man vor lauter Langeweile wirklich stirbt? Gute Frage, die Antwort werde ich wohl am Ende des Tages wissen.
 

Meine Hand fährt zu meiner Stirn und streicht die lästigen Haare weg. Ich gratuliere mir innerlich. Eine Bewegung, ich konnte mich tatsächlich zu einer Bewegung herablassen. Mal etwas Abwechslung, wo das Nichtstun mich schon seit geraumer Zeit zu paralysieren scheint. Ich habe das Gefühl, dass mein Hirn zu Grütze zusammenfällt.
 

Heute ist absolut nichts los, niemand da, keine Veranstaltung und zum Kino komme ich ohne Auto schon gar nicht.

Eine besonders grausame Entität hatte meinen Eltern vor Jahren eingeredet, dass es ja so toll sei, weit weg jeder kulturellen Einrichtung zu leben. Ich schnaube verächtlich. Wahrlich super toll! Vielleicht sollte ich los ziehen und mich mit Schafe zählen ablenken. Tiere gibt es hier ja genug.
 

Apropos Tier. Das dicke, rote Fellknäuel, dem ich täglich eine Dose Futter öffnen darf, hat sich in mein Bett geschlichen. Lustlos hebe ich meinen Kopf und schaue zu, wie es sich zwischen mich und die Lehne meines Schlafsofas drängt. Noch ein Grund sich nicht zu bewegen. Dieses verdammte Vieh hat die Eigenschaften von Wasser: es dringt in kleinste Lücken und dehnt sich auf ein Vielfaches aus, wenn man nicht entgegen hält. Immer wieder erstaunlich, welche Ausmaße ein Kater annehmen kann.

Nanu? Er guckt mich an, er miaut leise, er will gestreichelt werden. Ich seufze leise, lege meine Hand auf seinen Kopf und bewege sie leicht hin und her. Das ist alles, nur keine Ablenkung und das Geschnurre stört mich eher, als dass es entspannt.
 

Vielleicht hilft etwa Fernsehen?! Also Hand hoch auf die Lehne, Fernbedienung ertasten und zappen. Faszinierend, wie viel Nichts auf knapp 30 Kanälen Platz findet. Schließlich lasse ich MTV laufen und Musik, die ich nicht mal geschenkt haben will, erschallt in meinem Zimmer. Das war nun sehr effektiv, höre ich das fiese, kleine Etwas tief in mir sarkastisch denken. Als ob ich nicht selber weiß, wie sinnlos diese Aktion im Endeffekt ist.
 

Ein bisschen Verstand, der noch nicht im Sumpf aus Antriebslosigkeit und Langeweile versunken ist, kratzt sich mühevoll zusammen und schlägt vor, ein Buch zu lesen. Meine Augen wandern wieder zur Lehne meines Sofas, auf der sich bonbonbunte Buchrücken stapeln. Ich sehe sie mir knapp an und entscheide, dass ich grad gar keine Lust dazu habe.

Soweit ist es also schon. Vor lauter Langeweile bin ich bereits in die Antriebslosigkeit abgedriftet. Ich hasse dieses Gefühl, das sich in meinem Kopf immer nur als wabberndes Grau manifestiert. Es ist lästig und fühlt sich nach einer Weile an wie bleierne Müdigkeit und gleichzeitiger, rotierender, ungenutzter Energie im ganzen Körper. Es ist einfach nur abstoßend, kaum greifbar und virusartig. Es breitet sich aus, wie ein Krankheitserreger, den ich kaum bekämpfen kann, bis ich da liege, nicht weiß, was ich machen soll und irgendwann auch keine Lust mehr verspüre.
 

Weiches Fell unter meinen Fingern sagt mir, dass ich wieder begonnen habe Kyo zu streicheln. So lieg' ich nun also auf dem Rücken, starre die Poster an meiner Decke an, kraule ein dickes, rotes Fellknäuel, das mich garantiert anknabbern würde, wenn ich mich nicht alle paar Zeiten mal bewege und weiß rein gar nichts mit mir anzufangen. Ziemlich erbärmlich.
 

Einen Moment lang schließe ich die Augen, sammle etwas Kraft und hindere meinen inneren Schweinehund kurz daran, weiterhin an meinem Antrieb zu nagen.

Mit einem Ächzen aus tiefster Seele richte ich mich auf. Mein Kater nutzt das sofort aus und erobert sich etwas mehr Platz. Ich schüttle knapp den Kopf darüber, bevor ich den PC einschalte. Mit etwas Glück bietet sich dort etwas Ablenkung.
 

Windows baut sich auf. ICQ erscheint. Anmelden! Und natürlich sofort eine Nachricht. Meine Mundwinkel verziehen sich zu einem grimmigen Lächeln, als ich lese. Ach, ihr ist langweilig? Na, mein Beileid aber

auch!



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  SweeneyLestrange
2008-10-05T11:07:42+00:00 05.10.2008 13:07
Wie soll ich sagen? Also ich fand deine Kurzgeschichte ziemlich interessant.
Du hast es wirklich sehr gut geschafft, dieses Gefühl der Langeweile zu beschreiben und Stellen erwähnt, die mir nur allzu bekannt vorkamen. Zum Beispiel die mit den Büchern.
Das war also insgesamt wieder eine sehr gute Kurzgeschichte von dir und wie ich bereits sagte, du hast einen tollen Schreibstil!

lg -Hakura
Von:  Satnel
2008-05-09T15:33:25+00:00 09.05.2008 17:33
Eine echt tolle Kurzgeschichte. Ich kenne dieses Gefühl nur zu gut. ^^
Ich musste echt bei manchen Stellen lachen, weil ich sie zwar wiedererkannt habe, aber sie wirklich witzig beschrieben waren. Ja, ja die Sache mit dem Kater, dass ist mir auch nur zu bekannt, nur ich habe das gleich mal zwei.
Und hast du den Wettbewerb gewonnen?

Lg


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