Adel verpflichtet
Winnifred ist zurück! Und ihr habt’s nichtmal gemerkt!
Nach ihrem Urlaub ist sie allerdings sehr viel friedlicher als früher … laaangsaaam ist sie aber noch immer … das hier wird DAUERN.
Viel Vergnügen wünsch ich.
moko-chan
„Dean? Bist du wach?“
Dean grunzte und wühlte sich auf den Bauch, und Sam verbarg sein Grinsen hinter seiner Hand.
„Stehst du auf, damit ich dir zeigen kann, wem wir wegen der Spiegelsache die Hölle heiß machen müssen?“
Dean grunzte erneut, drehte Sam seinen in Shorts verpackten Hintern zu, und Sam konnte nur den Kopf über ihn schütteln.
„Soll ich dir Aspirin holen?“
Die Antwort auf diese Frage war wieder ein Grunzen, das Sam großzügig als Ja interpretierte, also stand er auf, ging zu seiner Reisetasche hinüber und begann in ihren Tiefen nach dem von Dean so dringend benötigten Aspirin zu wühlen.
„Das nächste Mal guck dir doch bitte das Etikett einer Bierflasche an, bevor du ihren Inhalt zu dir nimmst“, schlug Sam leise vor, und seine Belohnung war – was auch sonst – ein diesmal reichlich missgelauntes Grunzen.
„Das nächste Mal, wenn du dazu ansetzt, mir einen Blowjob zu verpassen, lass dich doch bitte nicht davon aufhalten, dass mein Handy klingelt!“ gab Dean grummelnd zurück, setzte sich auf, nahm die zwei Aspirin entgegen, die Sam ihm mit ausgestreckter Hand vor die Nase hielt, und grinste ein ganz klein wenig, als er Sams hauchzart errötete Wangen sah.
„Aber … das war doch Bobby, der angerufen hat“, versuchte Sam, sich zu verteidigen, und Dean konnte nur die Augen verdrehen, weil er soeben dabei war, ein paar tiefe Züge aus seiner Wasserflasche zu nehmen.
Sam saß wie auf Kohlen, während Dean es sich zur Aufgabe machte, diese Wasserflasche zur Gänze zu leeren, einerseits, weil er sich in etwa vorstellen konnte, was Dean ihm zu sagen hatte, sobald sein Durst gestillt war, andererseits, weil es eine wirklich verdammt harte Aufgabe war, Dean so quälend lange beim Schlucken zuzusehen.
Dean hatte den Kopf in den Nacken gelegt, seine Lippen an der Flaschenöffnung waren feucht und auf diese unsagbar verführerische Art gespitzt, die nur Dean zuwege brachte, und Deans Hals, angespannt und bloßgelegt, war ein sehr viel erotischerer Anblick, als er hätte sein sollen.
Die Flasche war schließlich leer, wurde von Dean achtlos beiseite geworfen, und als Dean seine 1.85m aus dem Bett faltete und in Richtung Sam bewegte, der in einsamer Größe an dem kleinen Tisch am Fenster thronte, wurde dem ein kleinwenig warm.
„Richtig, es war Bobby, der angerufen hat, und ich bin mir sicher, dass ihr euch unheimlich spannende Sachen zu erzählen hattet, wenn man bedenkt, dass du für mindestens eine halbe Stunde ins Badezimmer verschwunden bist, um dich mit ihm zu unterhalten …“
Deans Bewegungen waren langsam und raubtierartig, und Sam konnte nicht sagen, ob das daran lag, dass Dean einen Kater hatte, oder ob er ihn absichtlich so lull und lall machte.
Vermutlich war es von Beidem etwas.
„Wir haben … über den Fall gesprochen … das hatten wir ja vorhin nicht mehr geschafft, weil Sean und Danny uns unterbrochen haben …“
Sam weitete die Augen und starrte Dean verhuscht an, nachdem der direkt vor ihm zum Stehen gekommen war, und Dean streckte die Hand nach ihm aus und legte sie ihm an die Wange.
„Und, was hat er zu unserer grandiosen Handhabung dieses Falles gesagt? Kommt er her, legt uns übers Knie und erklärt uns endgültig für unfähig?“
Sam schüttelte den Kopf, Dean streichelte ihm mit dem Daumen über die Wange und sein Gesichtsausdruck wurde weich.
„Ach nein? Wie überaus unerwartet …“
Er beugte sich vor, presste seine weichen, feuchten Lippen auf Sams, und der schloss ganz automatisch die Augen und seufzte leise.
Er liebte es so sehr, Dean zu küssen.
Sam schlang seine Arme um Deans Nacken und hielt sich an ihm fest, während Dean mit seiner Zunge überaus sanft Zugang zu Sams Mund verlangte, und es gefiel Dean überaus gut, um nicht zu sagen grandios gut, wie Sam sich an ihn klammerte und sexy kleine Geräusche machte, und das bloß wegen eines unschuldigen, harmlosen Kusses.
Oh, Sam war ja so leicht in Stimmung zu bringen, wenn man ihm kürzlich seinen Oralsex vorenthalten hatte.
Dean produzierte einen gutturalen Laut in den Tiefen seiner Kehle, biss sanft in Sams Unterlippe und löste ihren Kuss, was Sam dazu veranlasste, ihm mit dem Kopf zu folgen, und ihre Münder wieder aufeinander zu pressen.
Dean, so sehr er Sams Enthusiasmus auch schätzte, presste seine Handflächen gegen Sams Brust und schob ihn sanft aber energisch von sich.
„Später Sammy … erst erzählst du mir, was du rausgefunden hast, dann gibt’s die Belohnung.“
Sam wusste nicht, ob er empört oder vielleicht doch lieber ein klein wenig erregt sein sollte – Deans Belohnungen hatten es für gewöhnlich in sich – und er wählte den Mittelweg und stahl sich einen weiteren Kuss, bevor er sich artig zum Tisch umdrehte und mit dem Zeigefinger auf den Bildschirm seines Laptops deutete.
„Ich hab das Siegel unseres Spenders durch die Suchmaschinen gejagt und einen – halt dich fest – ortsansässigen Lord gefunden.“
„Lord van Zorg. Dämlicher Name.“
Sam verdrehte die Augen und rückte seine Krawatte zurecht, kontrollierte im Rückspiegel den Sitz seiner Haare, und Dean machte sich prompt über ihn lustig.
„Keine Sorge Eure Hoheit, die Frisur sitzt. Statt also in deinen Zotteln rumzuwühlen, erklär mir Folgendes: Warum hat bisher bitte sehr noch niemand gemerkt, dass dieser merkwürdige Lord van Zorg schon seit mindestens einhundert Jahren in dieser Stadt sein Unwesen treibt?
Das schreit doch geradezu danach, dass mit dem nicht alles koscher ist!
Warum sind wir immer die Einzigen, mit einem Funken Menschenverstand?“
Sam hätte ihm ja eine Antwort auf diese Frage gegeben, hätte das Autoradio sich nicht ausgerechnet diesen Augenblick ausgesucht, um Mott the Hoople mit „All the Young Dudes“ zu spielen.
Er hatte es Dean bereits mehrfach zu erklären versucht, zuletzt an diesem Morgen, aber Dean würde wohl nie verstehen, dass wenn sich jemand nur hübsch still verhielt und immer brav seine Steuern zahlte, er nicht gerade den Eindruck erweckte, ein mindestens einhundert Jahre alter Diener des Bösen zu sein.
„Wahrscheinlich ist er ein unauffälliger älterer Herr, der schon seit Jahren sein Haus nicht mehr verlassen hat – warum sollte da jemand misstrauisch werden?“
Dean drehte Sam den Kopf zu und zog die linke Augenbraue in die Höhe.
„Lord van Zorg? Hallo?! Das fünfte Element? Gary Oldman? Klingelt da was bei dir? Der Mann spielt IMMER den Bösen!“
Sam verdrehte die Augen und hüstelte spöttisch, und Dean drehte die Musik leiser. „Was?“
„Erstens: Nur weil es einen Filmbösewicht namens Zorg gibt, heißt das noch lange nicht, dass das jemand außer dir weiß und dementsprechend Lord van Zorg einer Untat verdächtigt, und zweitens spielt Gary Oldman nicht immer den Bösen. In Harry Potter ist er der Gute.“
Das Ergebnis dieser durchaus stichhaltigen Argumentation von Sam war ein wegwerfendes Grunzen von Dean und die theatralisch dahin geworfene Frage, warum er mit einem Bruder gestraft war, dessen Filmwissen ausschließlich aus Harry Potter und ein paar Disney Märchen bestand.
„Kein Wunder, dass Nigel dich damals in einen Prinzen verwandelt hat!“
Sam kam nicht dazu, eine Antwort abzugeben, oder Dean endlich zu erzählen, dass der seine Prinzessin war, weil Dean den Impala soeben im Angesicht eines überaus beeindruckenden Herrenhauses am Bürgersteig geparkt hatte und nun bereits am Aussteigen war.
Sam öffnete das Handschuhfach, zog zwei falsche IDs heraus, beäugte sie misstrauisch und war zufrieden.
Wenn er nicht wusste, wer Robert Leroy Parker und Harry Longbaur waren, würde dem bösen Lord wohl auch nichts auffallen.
Er stieg aus dem Impala, schloss die Tür hinter sich und wollte Dean die ID geben, die ihn als Harry Longbaur ausweisen würde, und Dean starrte ihn einen Moment lang empört an, bevor er sich Robert Leroy Parker schnappte.
Sam fragte lieber gar nicht erst.
Er steckte sich seinen Ausweis in die Innentasche seines Sakkos, folgte Dean den geschmackvollen Sandsteinweg entlang zur Haustür, und bereitete sich mental auf seine Rolle als Versicherungsvertreter vor.
Hoffentlich benötigte Lord van Zorg – Dean hatte Recht, das WAR ein dämlicher Name – noch eine Bigamie-Versicherung, eine Lotto-Pech-Police oder eine Alienversicherung – wieso zum Teufel hatte er es Dean überlassen, diese Angelegenheit auszuarbeiten?! – oder besaß zumindest die Höflichkeit (oder den Sinn für Humor), sie nicht sofort an der Tür wieder wegzuschicken.
Und was zum Teufel war eigentlich eine Bigamie-Versicherung?
Sam überprüfte erneut den Sitz seiner Krawatte, während er schräg links hinter Dean stehend darauf wartete, dass der auf die Klingel drückte, und er zuckte kaum merklich zusammen, als Dean auf den soliden Messingknopf drückte, und im Innern des Hauses ein derart intensives Dröhnen ertönte, dass sämtliche Hunde der Nachbarschaft geschlossen zu bellen anfingen.
„Guck dir den hässlichen Gesellen an und erzähl mir noch mal, dass die Nachbarn tatsächlich annehmen könnten, dass hier ein völlig harmloser alter Baron wohnt, der einfach nur nicht gern gesehen wird.“
Sam betete zu allem, was ihm heilig war, dass nicht ausgerechnet jetzt die Tür aufgehen würde, und blickte in die Richtung, in die Deans ausgestreckter Zeigefinger deutete.
„Dean“, Sam schloss für einen Moment gepeinigt die Augen, „das ist ein Wasserspeier. Ein architektonisches Stilmittel, wenn du so willst. Absolut kein Anzeichen für die dunkle Seite der Macht.“
Deans pfiffige Erwiderung inklusive ausschweifendem Filmzitat wurde ausgebremst, als die große Tür vor seiner und Sams Nase sich öffnete, und sie sich einem äußerst steifem – sprich britischem – Butler gegenüber sahen.
„Wie kann ich Ihnen zu Diensten sein?“
Sam öffnete den Mund, aber Dean war schneller.
Leider.
„Braucht dein Chef noch ’ne Alienversicherung?“
Die Tür war schneller wieder zu als Dean blinzeln konnte, und er wusste, dass er den Ellenbogen in seinen Rippen verdient hatte, das hielt ihn aber nicht davon ab, lauthals zu fluchen.
„Verdammt, Sammy! Willst du mich umbringen?!“
Sam antwortete nicht, packte Dean am Kragen, um ihn zurück zum Impala zu schleifen, und ihm entging gänzlich, wie Dean plötzlich blass wurde, und seine Augen einen ungesunden Schimmer annahmen.
„Lass los!“
Sam schnaubte ablehnend, packte Dean fester, zerrte ihn ein paar Meter weiter, und Dean begann, um sich zu schlagen.
„Lass los, verdammt!“
Sam begriff – zu spät – ließ von Deans Hemdkragen ab, und der taumelte ob der plötzlichen Freiheit, schlug jedoch Sams Hände beiseite, als der ihn auffangen wollte.
„Fass mich nicht an!“
Die Worte schmerzten wie Schusswunden, sie betäubten und brannten zur gleichen Zeit, und Sam biss die Zähne zusammen und ballte die Hände zu Fäusten.
Er wusste nicht, was er sagen sollte.
Dean stand vor ihm, hatte die Hände auf die Knie gestützt und versuchte, wieder zu Atem zu kommen, weil er verdammt noch mal fast HYPERVENTILIERT hätte, und Sam wusste nicht, was er sagen sollte.
Sicher, Dean war nie so stark gewesen, wie er stets vorgegeben hatte, aber so schwach, so offen verletzlich hatte Sam ihn nie zuvor gesehen.
Nie zuvor war Dean vor seiner Berührung zurückgeschreckt wie ein in die Enge getriebenes Tier.
„Dean …“
Dean blickte auf, sah Sam in die Augen, und endlich wurde sein Atem ruhiger, endlich ließ der verstörte Ausdruck in seinen Augen nach, und Sam schluckte ein paar Tränen hinunter.
„Geht schon“, versicherte Dean ihm mit schwankender Stimme, und Sam konnte es versuchen, so sehr er wollte, er glaubte ihm nicht, und er schaffte es auch nicht, zu lächeln.
Das hier war nichts, womit er umgehen konnte.
Wenn Dean verletzt war, dann verband er ihm seine Wunden, wenn er wütend war, kaufte er ihm Kuchen, und wenn ihm alles zu viel wurde, dann half entweder Sex oder – wenn sie dafür zu müde waren, was natürlich nie der Fall war – eine Umarmung.
Das hier war nichts, was Verbände, Kuchen, Sex oder eine Umarmung ungeschehen machen konnte.
Eine Umarmung würde alles sogar vermutlich nur noch schlimmer machen.
„Zurück zum Motel?“ schlug Sam vorsichtig vor, und Dean nickte, griff in seine Hosentasche und reichte ihm die Autoschlüssel.
Sam zögerte, bevor er die Hand ausstreckte, um sie entgegen zu nehmen, und als er seine Finger um sie schloss, fühlten sie sich kalt und viel zu schwer an.
Dean fuhr selbst dann noch, wenn er übermüdet, oder betrunken, oder beides war.
Das hier war schlimm, und Sam konnte nicht damit umgehen, dass er die Verantwortung für Deans Zustand trug, weil er so nicht einfach loslegen und den Verantwortlichen umbringen konnte, wie er es so gern getan hätte.
Er musste versuchen, Ruhe zu bewahren, sich nicht selbst die Kehle durchzuschneiden, und Dean irgendwie zu helfen, über diese Sache hinweg zu kommen.
Er hatte ganz einfach keine andere Wahl.
Einfach weggehen und Dean sich selbst überlassen konnte er schließlich nicht.