Die Geier stehen Schlange
Deanstag! (Jetzt, Tine, jetzt!!!) :D
Sohooo, für alle, die es interessiert:
Die erwähnten Songfics sind jetzt unter dem Sammeltitel „Letters to Eric“ online, ich mache jedoch vorwarnend darauf aufmerksam, dass sie recht bombastische Spoiler für die vierte Staffel enthalten und allesamt in Englisch verfasst wurden.
Ich knuddel hiermit alle, die mir bereits Kommentare hinterlassen haben, und gebe den dezenten Hinweis, dass ich mich dafür auf direktem Wege im Kommibereich bedankt habe.
Grüße gehen an Luzi666, die sich das letzte Kapitel ausgesucht hat, um mir ihren ersten Kommentar zu hinterlassen – Hallooooouuuuu und herzlich willkommen! Ich guck mal, ob ich ne Sitzlaola organisiert kriege, hier erstmal ein hübsch buntes Getränk mit Schirmchen und Strohhalm – und an Sneaky, die ich wohl lieber darüber aufkläre, dass das angebrachte Zitat von mir beim letzten Mal nicht ganz korrekt wiedergegeben worden ist.
„There’s nothing more unnerving than men talking about feelings“, hätte es heißen müssen, und gesagt hat das Constable Benton Fraser in der Mountie Folge, in der er den Mörder seines Vaters zum zweiten Mal einknastet. Jawohl ja!
Ich finde, das hättest du trotzdem erkennen müssen!
Die Kommentare zum letzten Kapitel waren zahlreich und sich ziemlich darin einig, dass es jetzt langsam mal gut sei mit dem leidenden Dean … und weil ich euch da ausnahmslos zustimme, setzen wir heute mal ganz woanders an!
Und jetzt halte ich mir die Augen zu und warte ab, was ihr davon haltet.
moko-chan
„Sammy … Komm schon, wach auf. Du willst mir doch nicht erzählen, dass das schon zu viel für dich war? Sei ein guter Junge und mach die Augen auf.“
Sam stöhnte leise und schluckte.
Er hatte das Gefühl, ihm schmerze jeder Knochen im Leibe mit unterschiedlicher Intensität, und sein Hals war so trocken, als habe er seit Tagen nichts zu trinken bekommen.
Als er die Augen aufschlug, war da gelb-grünes Licht, das schwach im Hintergrund flackerte, verdeckt von einer großen Gestalt, die über ihn gebeugt stand und ihm mit seltsam fehl am Platz wirkender, sanfter Geste das feuchte, verklebte Haar aus dem Gesicht strich.
Sam war sich nicht sicher, aber er glaubte, dass es Blut war, das ihm das Haar und die rechte Gesichtshälfte verklebte.
Sein eigenes Blut.
„Du hast dich gut gehalten“, ertönte wieder die Stimme, so tief und klangvoll, dass es Sam eine Gänsehaut verursacht hätte, hätte er sich nicht so erschlagen gefühlt.
Der Akzent, der in ihr mitschwang, kam ihm vage bekannt vor, auch wenn er ihn nicht zuordnen konnte, und das leicht gerollte R und die teilweise überbetonten Vokale klangen, als habe der Besitzer der Stimme sie schon sehr lange nicht mehr genutzt, um seine Muttersprache zu sprechen.
„Wo bin ich?“, fragte er krächzend, schluckte mehrfach, auch wenn es schmerzte, und der Besitzer der Stimme lachte leise.
„Diesmal haben wir dich wohl doch ein wenig zu hart rangenommen, was?“
Sam erwiderte nichts und setzte sich unter Schmerzen auf, und als er eine tastende Hand zu seinem Gesicht hob, stellte er fest, dass es tatsächlich sein Blut war, das in schmutzigen Klumpen seine Wange und sein Haar bedeckte.
„Wie lange war ich bewusstlos?“, fragte er schließlich, weil endlich die Erinnerung zu ihm zurückgekommen war; daran, wo er sich befand, was passiert war – und daran, dass er noch immer nicht wusste, was er mehr als alles andere zu wissen verlangte.
„Wo ist Dean?“
Der Mann, der noch immer über ihm kauerte, lachte tonlos und schüttelte den Kopf.
„Immer das Selbe mit dir, Sammy. Du weißt doch genau, dass ich es dir nicht sagen werde.“
„Aber -“, begann Sam, und der Mann schnitt ihm das Wort ab.
„Kein Aber. Wir haben eine Vereinbarung, vergiss das nicht. Und du hast deinen Teil dieser Vereinbarung noch lange nicht erfüllt.“
Der Mann erhob sich, ragte hoch über Sam auf, und die blauen Augen, die auf Sam hinab blickten, wirkten im schwachen Licht seiner Zelle beinahe, als leuchteten sie von Innen heraus.
„Erhol dich. Ich lasse dir etwas zu essen bringen. Wir können ja nicht riskieren, dass du deine Kraft verlierst.“
Er ging und ließ Sam allein, schloss die Tür der Zelle hinter sich, und das metallische Klicken, mit dem das Schloss einschnappte, tat Sam beinahe physisch weh.
Er wusste jetzt, wie sich ein Tier im Käfig fühlte, und das Eingesperrtsein war beinahe schlimmer als die Schmerzen.
Er war jetzt schon so lange hier, dass die Tage begonnen hatten, fließend ineinander überzugehen, er wusste nie, ob es Nacht oder Tag war, und er hatte vergessen, wann er zuletzt die Sonne gesehen hatte.
Seine Zelle befand sich unter der Erde, und die einzige Verbindung zur Außenwelt war der Lüftungsschacht, der von dem Gitter unter seiner Pritsche aus nach oben führte – der jedoch zu eng war, als dass Sam auch nur hätte daran denken können, ihn als Fluchtweg zu nutzen.
Sam erhob sich mit etwas Mühe vom harten Erdboden, um sich auf die Pritsche zu setzen, die das komplette Mobiliar seiner Zelle bildete.
Sein Kopf tat ihm weh, und der pochende Schmerz hinter seiner Stirn war schlimmer als das Ziehen in seinen überanstrengten Muskeln.
Er hatte so einen Durst.
Sam hörte das Nahen schwerer Stiefel und zog eine Grimasse.
Natürlich hatte er Luca geschickt.
Er wusste ganz genau, was zu tun war, um Sam immer weiter an den Rand der Klippe zu drängen.
„Dein Frühstück, mein Süßer“, ertönte die aalglatte, weiche Stimme, die Sam mittlerweile so sehr zu hassen gelernt hatte, dass es ihn selbst erschreckte, aber er ließ sich nichts anmerken, stand auf und blickte dem großen, schlanken blonden Mann, der vor den Gittern seiner Zelle stand, direkt in die Augen. „Danke.“
Luca lächelte kalt, ging in die Hocke und schob das Tablett durch den dafür vorgesehenen Spalt.
„Lass es dir schmecken. Ich habe gehört, Vlad hat heute noch so Einiges mit dir vor.“
Vlad.
Sam dachte an die unwirklich blauen Augen in dem unwirklich blassen Gesicht und schluckte.
Er bezweifelte, dass Vlad sein echter Name war, hatte bisher jedoch nicht gewagt, seine Zweifel laut zu äußern.
Vlad war der Einzige, der ihm Informationen über Deans Aufenthaltsort geben konnte, und auch wenn der Vampir bisher sehr zurückhaltend gewesen war, was diese Informationen betraf, wollte Sam es sich lieber nicht mit ihm verscherzen.
Er hatte es auch so schon schwer genug.
Luca ging, ohne eine seiner gewohnten Anspielungen geäußert zu haben, und Sam näherte sich dem Tablett mit seinem Essen.
Er zuckte beinahe zurück, als plötzlich ein Schatten direkt über ihm auftauchte, aber als er aufblickte, war es nur Janice.
Sie hielt Sam auffordernd eine Kelle mit Wasser entgegen, die er eilig ergriff und leer trank, und ihre dunklen Augen verrieten keinerlei Emotionen, während sie ihm Kelle um Kelle reichte, bis sein ausgetrockneter Hals sich nicht länger wund anfühlte.
Die Narben an ihrem eigenen Hals zeugten davon, dass er nicht der erste Jäger war, dessen zweifelhafte Bekanntschaft sie gemacht hatte, und er rechnete es ihr hoch an, dass ausgerechnet sie diejenige war, die ihn nicht spüren ließ, wie sehr er verabscheut wurde.
Sie zog sich zurück, ließ ihn allein, wie sie es immer tat – stumm, und ohne auch nur durch einen einzigen Blick zu verraten, was in ihr vor sich ging.
Was sie darüber dachte, dass der Rest ihres „Clans“, wie Luca es nannte, ihn hier eingesperrt hatte wie einen Hund, und ihn nur dann aus seinem Käfig heraus ließ, wenn man sich Unterhaltung davon versprach, blieb ihr Geheimnis.
Sam betastete erneut seine Wange, und das verkrustete Blut unter seinen Fingern ließ keine Rückschlüsse darauf zu, wie sehr die Haut darunter verletzt war.
Sam seufzte, hob endlich das Tablett vom Boden auf, das Luca ihm gebracht hatte, und ging damit zurück zu seiner Pritsche.
Er musste essen, wenn er bei Kräften bleiben und herausfinden wollte, was sie mit Dean gemacht hatten.
Etwas anderes hatte keinen Platz in seinen Gedanken.
Er musste herausfinden, wo Dean war.
Vladimir Ilja Pluschenko – diesen Namen hatte er angenommen, als er vor achtzig Jahren nach Russland gegangen war, und bisher hatte er sich noch nicht bemüßigt gefühlt, ihn wieder zu ändern, auch dann nicht, als er in die Staaten übergesiedelt war – lächelte noch immer, als er die Tür zu seinen Räumlichkeiten hinter sich schloss.
Sam Winchester war schon beinahe niedlich in seinem Bestreben, alles dafür zu tun, seinen Bruder wieder zu sehen, und Vlad hatte nicht vor, das Spiel mit dem Jäger allzu schnell aufzugeben.
Es bereitete ihm ein unerklärliches Vergnügen, den Jungen kämpfen zu sehen, und es lag Jahrzehnte zurück, dass ihn zuletzt ein Mensch so interessiert hatte wie Sam.
Der Jäger war ein guter Kämpfer – war sowohl von seinem Vater als auch seinem Bruder in eine strenge Schule genommen worden – und Vlad respektierte Sams eisernes Durchhaltevermögen noch wesentlich mehr als die bloße Kraft seiner Muskeln.
Jeder Idiot konnte kämpfen – und sterben, was das anging – aber Sam arbeitete nicht nur mit seinen Muskeln, er setzte seinen Verstand ein … auch wenn dieser sich nur allzu schnell austricksen ließ, sobald es um Dean ging.
Vlad war beinahe versucht zu lachen.
Es war lange her, seit er zuletzt einem Menschen begegnet war, der in seiner Treue zum geliebten Partner so weit ging, sich für Gladiatorenkämpfe herzugeben, die einzig der Unterhaltung derer dienten, die er für gewöhnlich vernichtete.
Er war in der Tat lange her, seit er zuletzt einem Menschen begegnet war, mit dem er das Wort Treue überhaupt in Verbindung hatte bringen können.
Vampire verbanden sich auf Lebenszeit mit ihren Partnern – und bis in alle Ewigkeit war etwas, das sie sehr viel ernster nahmen, als die Menschen mit ihren lächerlich kurzen Lebensspannen.
Vlad ließ sich auf das durchgesessene Sofa sinken, das irgendwann einmal einem Kalifornischen Geschäftsmann gehört haben musste, bevor die Räumlichkeiten verlassen und dem Sand und der Zeit ausgeliefert worden waren.
Ihr Nest, wie die Jäger es nannten, befand sich in der Nähe von Sunnyvale, abgelegen genug vom Rest der Zivilisation, und manchmal, wenn es ganz besonders heiß war, vermisste Vlad die eisige Weite der Tundra.
Sicher, es war wesentlich komplizierter gewesen, dort an Beute zu kommen, aber die Kalifornische Sonne schien weitaus grimmiger zu beißen als die seiner Heimat – seiner letzten Heimat – und der Gedanke zurückzukehren, kam ihm immer häufiger.
Vlad lächelte wieder.
Noch nicht – nicht jetzt.
Er hatte viel zu viel Vergnügen daran, mit Sam Winchester zu spielen.
Was er über den Jungen wusste, war faszinierend und vielleicht ein wenig erschreckend – und er war ein Vampir, ihn erschreckte nichts so leicht.
Der Jäger war so verkorkst, wie man nur sein konnte, sein Leben eine Aneinanderreihung von Tragödien, Rückschlägen und Verlusten, und doch war er nicht völlig daran zerbrochen.
Vlad glaubte, mit ziemlicher Sicherheit annehmen zu können, dass es Dean war, der Sams Scherben beisammen hielt und immer wieder kittete, und er begann zu bereuen, dass er die Anweisung gegeben hatte, nur Sam nach Kalifornien zu bringen.
Es wäre interessant, zu beobachten, was die Brüder – Adoptivbrüder – tun würden, wenn man ihnen nur den richtigen Anreiz bot.
Andererseits hatte er seine guten Gründe gehabt, die Beiden zu trennen, und es war zweifelsohne vernünftiger, wenn auch nicht ganz so unterhaltsam, es dabei zu belassen.
Man konnte nie wissen, wozu diese Beiden in der Lage waren, wenn man sie zusammenließ.
Vlad beschloss, dass es an der Zeit war, seinen neuen Liebling in seiner Zelle zu besuchen, und stand wieder von dem alten Sofa auf.
Sams Aufenthalt in ihren Kerkern hatte seine zuvor so eintönigen Tage ein wenig erträglicher gemacht, und Vlad zog ein sadistisches Vergnügen daraus, dem Jungen immer wieder aufs Neue zu verwehren, wonach er sich am Meisten sehnte.
Er ging den Weg zurück, den er erst vor Minuten gekommen war, und lächelte dabei zufrieden in sich hinein.
Sam dürfte inzwischen gegessen und getrunken haben – so sehr Luca es auch liebte, den Jäger zu quälen, er widersetzte sich keinem direkt geäußerten Befehl, war noch zu sehr Soldat, um das zu wagen – und es war nur vernünftig, seine Wunden zu versorgen, damit er für seinen nächsten Kampf bereit sein würde.
Er ergriff im Vorbeigehen den Verbandskasten, den Luca aus dem nächstgelegenen Krankenhaus gestohlen hatte und regelmäßig wieder auffüllte, und trug ihn zu Sams Zelle – war nicht sonderlich überrascht, den Jäger auf seiner Pritsche bei dem Versuch vorzufinden, einzuschlafen.
Schlaf schien das Einzige zu sein, das Sam seinen Aufenthalt erträglich machte.
Er schloss die Zelle auf, und beobachtete zufrieden, wie Sam die Augen aufschlug und sich aufsetzte.
Der Jäger machte keinen Versuch, zu fliehen, war darin schon zu oft gescheitert und zuletzt von Luca derartig zusammengeschlagen worden, dass er drei Tage lang nicht hatte aufstehen können.
Und doch war es erst die Drohung gewesen, Dean etwas anzutun, die Sam schließlich hatte aufgeben lassen.
Vlad betrat die Zelle und verschloss die Tür hinter sich, und die Art, wie Sam ihn ansah, während er auf ihn zuging, war so herrlich unsicher, so wunderbar hin und her gerissen zwischen Furcht, Wut und Demut, dass es eine wahre Freude war.
„Zeig mir deine Wange“, forderte Vlad ruhig, und Sam gehorchte – nicht, weil er Angst hatte, sondern weil er sich entschieden hatte, zu gehorchen.
John wäre so stolz auf seinen braven kleinen Soldaten, der endlich gelernt hatte, auch die Befehle zu befolgen, die ihm nicht gefielen.
„Auf den Boden mit dir“, forderte Vlad, und Sam kniete sich vor die Pritsche, während der Vampir darauf Platz nahm.
Sam hielt die Augen geschlossen, das Gesicht zur Decke gewandt, während er stumm darauf wartete, dass seine Wunden versorgt wurden, und er hatte keine Angst, gebissen zu werden – Vlad hatte deutlich klar gemacht, dass er kein Interesse an seinem Blut hatte … Sam war nur noch nicht klar, warum das so war.
Der Vampir wusch Sam den Dreck und das Blut aus dem Gesicht, prüfte mit ruhigem Blick die darunter befindliche Haut, und nickte schließlich zufrieden.
Bis auf ein paar Prellungen und blaue Flecken hatte Sam keinen Schaden aus seinem letzten Kampf davon getragen, der Schnitt über seiner Augenbraue benötigte nur ein wenig Desinfektion aber keine Stiche, und Vlad beschloss, Luca mitzuteilen, dass er ihn in dieser Nacht wieder ein wenig mit dem Jäger spielen lassen würde.