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Scatters

Tief im Innern
von

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Geteiltes Herz

Geteiltes Herz
 

Hektisch verschlang sie ihre Finger ineinander. Dann öffnete sie sie wieder. Ab und zu knabberte sie unmerklich an einem Nagel. Dann zupfte sie wieder an ihrem Pulli herum. Sie war wie immer zwanzig Minuten zu früh am Treffpunkt und hatte keine Ahnung, wie sie sich beschäftigen sollte. Vor allem da sie total nervös und hysterisch war. Eine dumme Angewohnheit. Sie konnte nicht still sitzen, stand auf, ging den Bahnsteig auf und ab und setzte sich dann doch wieder auf die sonnige Treppenstufe. Geschäftsmänner hasteten an ihr vorbei auf den früheren Zug und warfen ihr seltsame Blicke zu. „Was glotzt ihr so blöd?!“, hätte sie am liebsten gesagt, doch in ihrer Nervosität war sie nicht fähig vollständige Sätze zu bilden. Da kam er! Da kam der Zug! Hektisch sprang sie auf, richtete noch einmal jede Falte und stellte sich brav an den Rand des Bahnsteigs. Fahrig durchsuchte sie die Türen nach ihrem Freund, aber sie konnte ihn nirgends entdecken. Was war, wenn er sie versetzt hatte? Warum sollte er sie versetzen? Hasste er sie plötzlich? Und noch während sich ihre hysterischen Gedankengänge ein Ziel suchten, leerte sich der Bahnsteig langsam. Als sie schon aufgeben wollte, entdeckte sie ihn am anderen Ende des Zugs. Er trug trotz dem kühlen Wind ein kurzes T-Shirt und lächelte das Lächeln, das sie so gut kannte. Erfreut machte ihr Herz einen Sprung und sie begann schnell auf ihn zuzugehen. Sie war gerade im Begriff ihre Arme auszubreiten und ihn endlich wieder an ihrem Körper zu spüren als sie die beiden anderen Jugendlichen entdeckten, die ihm anscheinend folgten. Ausländer, eindeutig und sie sahen nicht freundlich aus. Zögerlich zog sie die Arme wieder zurück. Sie hatte gute Kampfkenntnisse, er hingegen gar keine. Flink begann sie ihre Chancen gegen die beiden auszurechnen. Das, was sie immer tat, wenn ihr jemand seltsam vorkam. Sie konnte es mit bis zu drei Leuten gleichzeitig aufnehmen… Aber die sahen nicht gerade schwach aus… Bevor sie zu einem Ergebnis kommen konnte nahm sie ihren Freund an der Hand und flüsterte ihm zu: „Sind die beiden schon länger in deiner Nähe?“ Er nickte unmerklich. Verdammt…! Und wie prophezeit spürte sie plötzlich eine Hand in ihren Haaren. Erschrocken keuchte sie auf. Der Größere der beiden riss ihren Kopf herum. „Na, Kleine, Lust auf ein bisschen Spaß?“ Sie fackelte nicht lange. Solche Situationen war sie sich gewohnt. Hastig brachte sie ihn mit einem Bein zum Fallen. Seine Finger ließen ihre Haare los. Noch währenddem er fiel schlug sie ihm mit aller Kraft in die Magengrube. Erschrocken keuchte er auf. So viel Widerstand hatte er nicht erwartet. Und nun der Zweite! Er war schon in Abwehrposition gegangen, und bei ihm zog der Überraschungseffekt leider nicht mehr. Er hatte eine gute Verteidigung und sie hatte Mühe ihn mit ihren Schlägen zu erreichen. Unerwartet erwischte sie an seinem Nacken die Sehne, nach der sie gesucht hatte. Unter Schmerzen ging er zu Boden. „Achtung!“ Die Stimme ihres Freundes schien durch den ganzen leeren Bahnhof zu hallen. Und ihm nächsten Moment spürte sie den dumpfen Aufprall einer Eisenstange auf dem Hinterkopf. Gegen ihren Willen wurde alles schwarz.
 

Als sie ihre Augen wieder aufschlug lag sie immer noch auf dem kalten Boden des Bahnhofsteigs. Anscheinend war sie nicht all zu lange bewusstlos gewesen, denn einer der Angreifer versuchte immer noch seine Schmerzen zu überwinden, währenddem der andere direkt vor ihrem Freund stand. Es war der Größere von beiden, der jetzt schwungvoll mit der Eisenstange ausholte. „NEIN!“ Hastig rappelte sie sich auf und rannte zu ihrem Freund. Genau im richtigen Moment konnte sie ihren Körper schützend vor den Seinen stellen. Die Eisenstange traf sie mit voller Wucht im Bauch. Sie hustete Blut. Es lief ihr aus den Mundwinkeln. Die Sterne tanzten vor ihren Augen. „Miyako!“ Die Stimme ihres Freundes schien aus einer anderen Welt zu kommen. Während der Angreifer noch weitere Male lachend mit der Eisenstange auf sie einschlug, überlegte sie, wie sie ihn zu Boden bringen konnte. Schließlich trat sie ihm mit allem was sie noch hatte gegen das Schienbein. Erschrocken ließ der Größere die Eisenstange los. Augenblicklich rammte sie ihm die Faust mit aller Kraft ins Gesicht und schlug ihn damit bewusstlos. Vorsichtshalber nahm sie die Eisenstange an sich. Mittlerweile war der andere Angreifer wieder auf die Beine gekommen und hatte ihren Freund am Hals gepackt. Und er drückte zu. Sie sah genau wie er keine Luft mehr bekam. Mit einer letzten Bewegung holte sie mit der Eisenstange aus und schlug den zweiten nieder. Auch als er schon längst bewusstlos am Boden lag, ließ sie die Stange noch viele Male auf ihn niedersausen. Niemand verletzte ihren Freund! Schlussendlich ließ sie das Werkzeug fallen und sah ihn an. „Alles in Ordnung?“ Sein Blick war besorgt und ängstlich. „Ja klar! Aber was ist mit dir? Du hast die Eisenstange ziemlich schlimm abbekommen! Und du blutest! Miyako? Miyako, sag doch etwas! Miyako?!“ Und zum zweiten Mal an diesem Tag versank die Welt in die Dunkelheit.
 

Als sie dieses Mal die Augen aufschlug lag sie auf einem bequemen Bett. Benommen sah sie sich um und erkannte die Umrisse der Wohnung ihres Freundes. Ihr Kopf schmerzte wie nichts und allgemein tat ihr alles weh. Auch konnte sie zahlreiche Verbände ausmachen. Vorsichtig versuchte sie sich aufzusetzen, doch ihr Freund drückte sie sanft zurück aufs Bett. „Bleib noch etwas liegen. Immerhin hat es dich wirklich schlimm erwischt. Und genau da will ich ansetzen. Du musst mir etwas versprechen! Tu das nie wieder! Riskiere nie wieder dein Leben für mich! Nimm nie wieder solche Verletzungen für mich in Kauf! Versprichst du mir das?“ Sein Gesichtsausdruck war besorgt aber bestimmt. Doch sie lächelte nur und drückte sich seiner Hand entgegen. „Gomen ne. Das kann ich dir nicht versprechen. Niemals. Ich habe dir einen Teil meines Herzens gegeben. Und solange dieser Teil in dir schlägt, lebt der andere Teil nur für dich. Und solange das der Fall ist, wird der andere Teil alles dafür tun, dass der Teil in dir keinen Schaden nimmt. Auch sterben.“ Dann stand sie auf und wankte ziemlich wackelig Richtung Kühlschrank.



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