Nur mir! (Sad End) + Epilog
Lost Angel
Kapitel 36 – Nur mir!
Jemil’s PoV
In meinem Kopf drehte sich alles. Dazukam wohl nur noch der kupferne Geschmack
in meinem Mund. Zumindest konnte ich so sagen, dass es noch nicht Mitternacht
vorbei war. Sonst wäre ich immerhin wieder ein halber Vampir und Blut hätte dann
einen anderen Geschmack für mich.
Ich spürte kaltes Metal an meinen Handgelenken, wodurch diese über meinem Kopf
nah aneinander gehalten wurden. Eigentlich wollte ich schon gar nicht wissen,
wieso das da war.
Mühsam versuchte ich in dem abgedunkelten Raum etwas zu erkennen. Es war
wirklich grässlich, dass Menschen im Dunkeln nicht sehen konnten. Aber mir tat
zudem auch noch der Kopf weh. Von dem immer noch vorhandenen Schwindelgefühl mal
abgesehen.
„Hey, Pio! Er ist wach!“ Ein kalter Wind hatte mich getroffen, bevor das jemand
gerufen hatte. Mir kam die Stimme so seltsam bekannt vor. Aber es war wie
weggeblasen, wer das sein könnte.
Eine eisige Hand berührte meine Wange. Strich leicht darüber. Ein Schauer
durchfuhr meinen Körper. Und das nicht nur wegen der plötzlichen Kälte.
„Hast du ihn unbedingt das antun müssen und dann auch noch angekettet?“, fragt
auf einmal wieder die erste Stimme. Der andere antwortete nicht. Aber das muss
er gar nicht, denn ich erkenne ihn auch so. Pio. Er hat es also wieder
geschafft. Ich hätte nie alleine von Jesko weggehen dürfen. Was war ich denn
auch so dumm?
Doch endlich erwidert mein Halbbruder doch etwas. „Ist es nie einem aufgefallen,
was ich mit ihm mache?“ Ich höre nur ein 'Ähm', als Erwiderung. Dann Stille.
Erdrückende Stille. Erst nach ein paar Minuten gab der andere wieder einen Ton
von sich. „Was hast du denn dann mit ihm gemacht? Ihr seid doch auch nur Brüder.“
Langsam wird meine Sicht klarer. Und ich kann Pios vor Wut funkelnden Augen
direkt vor mir sehen. „Ich bin nicht der Bruder dieses Missgeburt!“, zischte er.
Ich versuchte über seine Schulter hinweg den anderen zu erkennen, der gerade
einige Schritte zurück stolpert.
„Tut mir leid, ich meinte Halbbruder. Wirklich!“ Meine Augen weiten sich. Joe.
Wieso denn gerade er? Es gab jetzt wohl so manchen, den ich jetzt lieber gesehen
hätte. Aber wieso dann gerade er?
Ich spürte Pios Finger zwischen meinen Beinen und erst jetzt viel mir auch
überhaupt auf, was ich anhatte. „Du dreckiges Arschloch“, fauchte ich. Kniff die
Augen zu Schlitzen zusammen.
„Ach, wie niedlich. Du klingst, wie ein kleines Kätzchen.“ - Das hämische
Grinsen konnte er sich wohl auch nicht verkneifen. - „Was wird nur dein Wölfchen
denken, wenn es dich so sieht? Vielleicht, dass du eine verfluchte Transe bist.“
Und wieder dieses verfluchte Grinsen.
„Pio. Das Kleid ist schon ganz schön erniedrigend.“ Wollte Joe mir vielleicht
helfen? Ober mich zumindest aus diesem Fummel befreien? Das wäre doch gar nicht
seine Art. Nein. So war er nicht. Er wollte das sicher nur einmal angemerkt
haben, wie verdammt demütigend das war.
„Wieso denn? Er ist doch nur ein Mädchen, das sich von einem Wolf ficken hat
lassen. ... Das wäre doch einmal ein Einfall für ein Märchen.“ Pio drückte immer
fester gegen meinen Schritt. Und es stiegen mir Tränen in die Augen.
Wieso war ich nur so ein Idiot und hatte mich von Jesko einfach getrennt? Ich
hätte bei ihm bleiben sollen. Er hätte mich beschützt. Auf ewig. Aber jetzt war
es zu spät. Jetzt hing ich hier regelrecht in diesem roten Kleid mit den
unzähligen Rüschen.
Auf einmal bohrte sich ein grauer Flügel durch meine rechte Schulter. Verwirrt
sah ich auf Pio, von dem dieser kamen. Nur ein Ältester könnte solche Schwingen
haben. ... Oder jemand, der das Blut eines Ältesten getrunken hat.
„Die sind hübsch. Nicht?“, fragte er. Ein noch breiteres Grinsen bildete sich
auf seinem Gesicht. „Dafür musste ich nur Verona töten. Ihr Blut war wirklich
ein Genuss“, fügte er noch hinzu.
Mein Atem stockte. Somit hatte er uns auch tagsüber folgen können. Wer weiß, wie
lange er schon wieder so nah an unseren Fersen klebte. Vielleicht seit Mila bei
uns war. Vielleicht sogar noch früher.
Pios Finger glitten unter meine Shorts. Doch er berührte nicht einmal im Ansatz
mein schlaffes Glied. Wanderte schon viel lieber weiter nach hinten. Ich spürte
schon in der nächsten Sekunde einen seiner Finger in mir. Keuchte.
Mir wurde wieder schwindelig. Alles in meinem Kopf drehte sich. Ich konnte kaum
einen klaren Gedanken fassen. Nur eins bekam ich immer wieder richtig zu fassen.
Jesko. ... Jesko. ... Und nochmal Jesko.
„Bis dein Wölfchen kommt, bist du schon längst tot.“ Pio wischte mir etwas von
dem langen, strähnigen Haar von der Schulter. Also wollte er mich wohl sogar mit
einer Perücke noch ganz zum Mädchen machen.
Fast schon andächtig suchte mein Halbbruder an meinem Hals die Schlagader.
Wollte er mich aussaugen? Mich so einfach umbringen. Vielleicht sogar noch,
während er mich wieder vergewaltigte.
Ich kniff die Augen vor Schmerz zusammen, als er mit dem zweiten Finger in mich
glitt. Versuchte krampfhaft einen Schrei zu unterdrücken. Doch es kam dennoch
ein Wimmern zum Vorschein.
„Bleib ruhig, Brüderchen. Dieses Mal tut es nicht so lange weh.“
Mein Kopf lag auf seiner Schulter, als er mit den Zähnen ansetzen wollte. Joe
stand immer noch in einer Ecke und sah uns zu. Da spürte ich es aber auf einmal.
Das Vampirblut kam zurück.
Ich zog meinen Kopf zurück und somit auch meinen Hals von Pios Zähnen weg. Nur
ein paar Minuten würde ich vielleicht brauchen. Dann könnte mir ein Biss
eigentlich nichts mehr anhaben. Nur wenn er zu lange saugen würde.
„Was ist denn, Brüderchen? Gerade hast du doch dein Schicksal noch anerkannt.“
Mit gespielter Freundlichkeit sah er mich an. Das bisschen Zeit würde mir jetzt
reichen.
„Ich lass mich doch nicht einfach von dir beißen“, knurrte ich. Doch da drückte
er mich schon wieder zu sich zurück. Mein Kopf lag wieder auf seiner Schulter.
Direkt neben seinem Hals. Ich spürte schon wieder meine Eckzähne. Die müsste ich
ihm nur in den Nacken treiben. Wenn ich genügend von seinem Blut hätte, würde
auch er schwächer werden. Genauso, wie ein Mensch, der zu viel Blut verlor.
Ohne nachzudenken rammte ich ihm einfach die Zähne ins Fleisch, bevor er
überhaupt wieder meine Schlagader gefunden hatte. Er sprang vor Schreck auf,
aber ich ließ nicht locker. Hatte mich schon längst festgebissen.
„Joe, du Idiot! Hilf mir!“, brüllte er. Doch jetzt wollte es der wohl trotzdem
nicht mehr mit ansehen und war weg. Gut für mich.
Das Blut brannte in meinem Körper. Natürlich. Es war Ältestenblut, das in seinen
Adern floss. Er hatte Verona nur dafür getötet, dass er mich verfolgen konnte.
Vielleicht reichte es, wenn ich sie rächen würde, dass man Jesko verzeihen
könnte, dass er Victor getötet hatte.
„Du Missgeburt wagst es wirklich deine Zähne in meinen Hals zu rammen!“, brüllte
Pio mich an. Immer wieder spürte ich seine dreckigen Finger auf meinem Körper,
wie sie mir tiefe Schrammen zufügte. Seine Nägel waren eben genauso scharf wie
meine. Wenn nicht sogar schärfer.
Als er zusammensackte ließ ich von ihm ab. Stolperte selbst einige Schritte
zurück. „Du Missgeburt“, fauchte er. Jetzt kam er wohl einem Kätzchen gleich.
Eigentlich stärke mich Blut sonst immer nur, aber dieses hatte mir fast meine
ganze Kraft geraubt. Doch es kam mir eigentlich gar nicht vor, als ob es Pio so
viel Lebensenergie gekostet hätte, die ich ihm samt seinem Blut geraubt hatte.
Mühelos stand er wieder auf und kam auf mich zu. „Du denkst doch nicht wirklich,
dass man so einfach jemanden töten könnte, der das Blut eines Ältesten in sich
hat. Köpfen ist meinst die einzige Möglichkeit, Süßer.“
Mit Leichtigkeit konnte er mich wieder hoch drücken. Löste mit einer kurzen
Handbewegung auch die Handschellen. Schlaff sanken meine Arme nach unten. Jetzt
war es wirklich aus. Nur weil ich sein Blut – und wohl auch das von Verona –
getrunken hatte, würde ich das nicht überstehen. Nicht alleine. Ach Jesko, wieso
bin ich Idiot denn nur alleine gegangen?
Wieder spürte ich eine von Pios Händen zwischen meinen Beinen. Die andere
streift mir langsam dieses grässliche Kleid ab. Es ist genauso rot, wie das
Blut, das in meinem Gesicht klebte. Und gerade diese Flüssigkeit widerte mich
gerade nicht einmal mehr an. Vielleicht, weil ich einfach zu viel Angst hatte.
Es ist wohl nicht mehr, als die pure Panik. Pio würde mich nach diesem Mal
umbringen.
„Wieso?“, murmle ich und für einen Moment sah er zu mir auf. Das Kleid lag
längst auf dem Boden. Nur noch meine Shorts würden mich vor ihm schützen, wenn
er seine Finger nicht auch schon unter denen hätte.
„Was 'wieso'?“, fragt er mich, während eine seiner Hände über meine Brust
streife. Immer wieder leicht über meine Brustwarzen glitten. Bei Jesko würde
mich das jetzt wohl verdammt scharf machen. Aber jetzt? Ich fühlte mich so
dreckig.
„Wieso tust du mir das immer wieder an? Hasst du mich denn so sehr?“ Diese eine
Frage. Die Antwort darauf wollte ich schon immer wissen. Es erschien mir jetzt
wohl der richtige Moment dafür zu sein. Vielleicht sogar die letzte Chance es
ihn zu fragen.
„Weil du nur mir gehörst, Brüderchen! Nur mir!“ - Für einen Moment setzte er ab.
- „Ich wusste immer, dass du irgendwann versuchen würdest zu fliehen. Aber dass
du das mit einem Wolf tun würdest hätte ich nie gedacht. Na ja, auch egal. Es
war ohnehin alles geplant. Wenn du versuchen würdest wegzulaufen, dann würde ich
dich verfolgen und umbringen. Nur damit dich kein anderer bekommt.“
Er zwang mir seine Lippen auf. Wollte mit der Zunge in meinen Mund. Doch den
presste ich nur zusammen. War ich denn nur sein Eigentum? Eigentlich gehörte ich
niemand. Wenn es gut kam vielleicht Jesko. Aber bei dem beruhte es sich doch
wenn dann schon auf Gegenseitigkeit.
„Du willst dich doch wirklich dagegen wehren.“ Ein Grinsen umspielte Pios Lippen.
„Jesko wird dich umbringen!“ Es sah nicht so aus, als ob ihn das irgendwie
schocken würde. „Soll es der kleine Wolf doch versuchen.“
Ich schluckte. Jesko würde ihn umbringen, da war ich mir sicher. Aber ob ich das
noch erleben würde, wäre wohl dann noch so eine Sache.
Pio leckte langsam über meine Kehle und biss dann einfach zu. Ich spürte, wie
meine Kräfte immer schwächer wurden, je länger er saugte. Da hörte ich aber auf
einmal ein Knurren.
„Das Wölfchen ist ja doch noch da.“ Mein Bruder ließ abrupt von mir ab. Leicht
konnte ich an ihm vorbei sehen. Ein verwandelter Werwolf stand vor ihm. Das Fell
bedeckt mit Schnee, der langsam zu schmelzen begang.
„Jesko“, flüsterte ich nur, als Pio schon gelassen auf ihn zuging. Egal wie sehr
er knurrte. Ich konnte mir vorstellen, dass der Werwolf sich nie im Leben
beherrschen könnte. Nicht so wütend wie er war. Er würde ihn zerreißen.
„Weißt du, was gegen Werwölfe am besten hilft?“, meinte Pio auf einmal. So
sicher war ich mir nicht, als er sich leicht zu mir herumdrehte. „Silberkugeln!“
Ein fieses Grinsen lag auf seinen Lippen. Da wendete er sich aber schon wieder
dem Werwolf zu.
Ich kniff die Augen zusammen und hörte nur, wie ein Schuss die Hütte erfüllte
und das kurze Aufjaulen des Wolfes. Leicht hob ich wieder ein Lid. Blut
verteilte sich auf dem Boden. Klebte an der Wand. Bedeckten Pio, der sich gerade
wieder zu mir drehte.
Jesko hatte sich wieder zurückverwandelt. Mein Atem wurde schneller. Das hatte
er nicht getan. Pio war nicht so grausam. „Du verfluchtes Arschloch!“, brüllte
ich, bevor ein Heulkrampf über mich kam.
Er wollte mich nur retten. Mich, dieses verfluchte, kleine Halbblut. Ich hatte
es nicht verdient, dass er wegen mir starb. Nicht wegen mir. Ich war es nicht
wert. Mein Leben war sinnlos im Gegensatz zu seinem.
„So und jetzt wieder zu dir, Brüderchen.“ Wie konnte er nur so gefühlskalt sein.
Wieso? Konnte er mich denn nicht glücklich sehen. Wollte er mir denn wirklich so
etwas antun?
„Ich hasse dich!“, zischte ich noch, bevor er es wieder tat, obwohl ich ohnehin
nichts mehr spürte. Jetzt hatte er mich wirklich gebrochen. Hatte er mir denn
nicht das Letzte genommen, was ich hatte?
„Wie willst du sterben, Bruderherz?“, fragte er doch wirklich noch, als er
wieder von mir abließ. Ich sah mit leerem Blick zu ihm auf. Erwiderte nichts.
Hinter ihm knarrte der Dielenboden. „Igitt. Jetzt liegt hier auch noch ein toter
Wolf“, hörte ich Joe angeekelt sagen. Ein zweiter Schuss erfühlte die Stimme.
„Nerviges Vieh“, murmelte Pio und wendete sich leicht um.
„Du bist krank“, flüsterte ich, da beugte sich mein Halbbruder aber schon wieder
über mich. „Denkst du? Nur weil ich dich haben will?“ Langsam nickte ich als
Erwiderung. Genau deswegen. Er konnte doch nur irre sein.
Da machte er mich aber auf einmal los und ließ die Pistole vor mir fallen. „Mach
damit was du willst, Brüderchen.“
Er machte einfach auf den Hacken kehrt und wollte mich allein lassen. „Soll ich
wirklich?“, rief ich ihm aber noch hinterher.
„Stirb doch neben ihm, wie Julia“, gab er noch von sich. Dann ließ er mich
einfach hier zurück. Er war sich wohl im Klaren darüber, dass ich nicht ohne
Jesko leben würde.
Ich kroch neben meinen Werwolf und zog ihn zu mir. Behutsam strich ich ihm übers
Haar. „Wie hübsch du doch bist“, flüsterte ich kaum hörbar und legte seinen Kopf
auf meinen Schoss. In der rechten Hand hatte ich immer noch die Waffe. Sollte
ich es denn wirklich tun? Wie Julia neben ihrem Romeo sterben?
Leise seufzte ich und setzte den Lauf an meine Schläfe an. Noch einmal atmete
ich tief durch, bevor ich abdrückte.
Meinen Aufprall spürte ich schon gar nicht mehr. Keine Sekunde den Schmerz,
obwohl mein Herz davor schon genug geschmerzt hatte. Jetzt hatte es aufgehört.
Endlich.
Genauso, wie mir der Schuss, der noch in der Ferne zu hören, war entging. Pio
hat es in seinem Leben wohl auch nicht mehr ausgehalten. Zumindest würden wir
uns in der Hölle nicht treffen.
~~~
Epilog - Good Bye
Jesko's PoV
Ich kann ihn immer noch spüren. Seine sanfte Umarmung. Seine warmen Lippen.
Dabei steht mein Herz schon längst still. Mein Atem tut nicht mehr seine
Pflicht. Und dennoch fühle ich ihn. Immer noch. Jede seiner zärtlichen
Berührungen. Als ob ich noch leben würde.
Es tut mir so leid, Jemil. Ich kann dich nicht mehr fliegen lassen. Dabei habe
ich dir doch gerade das versprochen. So habe ich es wohl gebrochen. Es tut mir
so unendlich leid.
Doch wenn wir uns irgendwann wieder sehen. In einem anderen Leben. In einer
anderen Zeit. Zu anderen Umständen. Wenn wir uns wirklich lieben dürfen. Dann
bitte, bitte, erkenne mich. Denn ich werde es tun. Ich werde dich immer wieder
erkennen. Deine wunderbaren Augen werde ich in jedem Leben wieder finden können.
Selbst wenn du dich sonst völlig verändern würdest.
Wie gerne würde ich dich aber jetzt wieder sehen. Nur für einen Moment. Doch das
wird mir wohl verwährt bleiben. Mein Leben ist aus. Und ich kann dich nicht
einmal beschützen. Das will ich doch auch tun.
Aber zumindest hast du für eine kurze Zeit meinem Leben einen Sinn gegeben. Ich
hätte wohl auf ewig in Knechtschaft gelebt. Doch du hast mir meine Freiheit
gegeben. Wie gerne hätte ich mich doch dafür auch noch bedankt. Wie gerne.
Es tut mir doch alles so leid. Ich habe dich mit in den Tod gerissen. Nur weil
ich so ein verfluchter Idiot bin.
Aber zumindest kannst du jetzt deine Flügel wieder aufspannen. Du hast sie
wieder. Also im Grunde habe ich dich doch wieder zum Fliegen gebracht. Also
flieg. Und am besten für mich gleich mit. Denn ich würde wohl nur abstürzen.
Good bye, Jemil.
Jemil's PoV
Wie lange hatte ich in Einsamkeit gelebt? Ich habe doch nur niemand an mich
heran gelassen. Niemand sollte mich anfassen. Niemand sollte spüren, wie es mir
geht. Und jetzt werde ich ihn nie wieder sehen. Er hat sich für mich geopfert
und ich stürze mich mit ihm in den Tod. Er wollte mich schützen und ich lasse es
nicht einmal zu.
Oh, Jesko, mit dir hätte ich gerne einmal richtig gelacht. Aber habe ich das
unterbewusst nicht? Ja, du hast mich gelegentlich wirklich zum Strahlen
gebracht. Nur du hast das gekonnt. Du bist der Einzige, der mir je wirklich ein
Lächeln entlocken konnte. Nur du. Kein anderer. Aber wie sollte ich auch anders?
Doch ich hätte mich noch so gerne bei dir für alles bedankt. Alles was du getan
hast. Dabei war es nie wirklich viel. Ein sanftes Lächeln. Doch das hatte sich
immer so gut angefühlt. Jedes Mal hatte mein Herz irgendwie einen kleinen Sprung
gemacht. Aber es sollte wohl nicht sein. Unsere Liebe sollte nicht sein. Dabei
tue ich es doch wirklich. Ich liebe dich über alles.
Aber wieso muss es so enden? Wie gerne hätte ich den Rest meines unendlichen
Lebens mit dir in Frieden verbracht. Doch die Zeit hat es nicht zugelassen.
Unser Stand war zu verschieden. Aber was sagen schon Stände über jemanden aus?
Ich war als Vampir doch eigentlich viel niedriger, als du als Werwolf. Du
konntest dich über dein Leben freuen und ich war immer nur einsam. Wieso hatte
ich dich nicht schon früher so lieben könnten? Wieso habe ich es mir nicht
eingestanden?
Vielleicht war ich einfach nur ein Idiot. Ein verflucht dummer. Dabei hätte ich
der Klügere von uns beiden sein müssen. Und dennoch war es umgekehrt. Du hast
dein Leben gelebt. Das konnte ich nie. Aber du hast es versucht mir zu zeigen.
Versucht mir beizubringen, wie man richtig lebt. Einfach in den Tag hinein. Und
nie auf morgen warten. Am besten auch nie zurücksehen.
Aber du hast mir das Fliegen zumindest wieder beigebracht. So können wir das
endlich zusammen tun. Nur das ich dich nicht sehen kann. Aber ich spüre dich.
Auch wenn ich nicht mehr lebe. Ich spüre dich.
Wie gerne würde ich es dir jetzt in dein strahlendes Gesicht sagen. Danke. Und
... ich liebe dich.
Good Bye, Jesko.
~~~
Eigentlich war das Ende ganz am Anfang so geplant. ôô
Den Epilog hatte ich sogar schon im Juni gehabt, aber irgendwie haben sich dann
die Umstände doch geändert und ich hab es jetzt nur so noch ... na ja, einfach
so noch geschrieben. ôô
Irgendwie gefällt mir der Epilog besser. Nur zum anderen Ende passt er nicht.