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Nebel über Hogwarts

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Eis

Nebel über Hogwarts – Kapitel 46: Eis
 

Florence glitt leichtfüßig und lachend über den See, und Remus folgte ihr, versuchte, auf seinen ungewohnten Schlittschuhen das Gleichgewicht zu halten. Das ganze Schloss schien auf den Beinen zu sein und die Gelegenheit zum Eislaufen auf dem See zu nutzen, die Dumbledore am Vorabend verkündet hatte, von den kleinen Erstklässlern bis zu Hagrid, der bei den Schülern in seiner Nähe immer die Furcht um das Eis unter ihnen weckte, wenn er und sein großer, schwarzer Hund ihre unbeholfenen Schritte machten.

Wo Remus gerade von unbeholfen sprach... auch er war kein großer Könner, und auch wenn Florence sich redlich Mühe gab, sich an seinen langsamen Schritt zu gewöhnen, sie flog immer wieder vor ihm davon. Zu seinem Entzücken kehrte sie aber auch immer wieder zu ihm und den anderen Rumtreibern zurück, die alle keine wirklichen Erfahrungen auf dem rutschigen Eis des Sees hatten. Sie schlitterten, während Florence wie eine schwarz-gelbe Fee um sie herum schwebte und gemeinsam mit ihnen über ihre Bemühungen lachte.

„Remus“, rief sie, als sie das nächste Mal vorbeidriftete, und griff nach seinen Händen, was er ausnutzte, um sie ein wenig unbeholfen in seine Arme zu ziehen. Ihr Lächeln und ihr warmes, weiches Gewicht an seiner Brust faszinierten ihn jedes Mal aufs Neue, nur übertroffen von dem Gefühl, wenn sie ihn küsste. Mit ein wenig Mühe gelang es ihnen, sich auf dem Eis zu stabilisieren, während quietschende Schülerinnen um sie herumwuselten, und er presste seine Nase in ihren Schal, sog ihren Duft ein, bevor er sie anlächelte.

Sie grinste zurück und machte einen Schritt nach hinten, zog ihn mit sich, und er folgte ihr auf unsicheren Füßen, fasziniert von der Tatsache, dass sie auch rückwärts Eis laufen konnte. Neugierig lugte er nach unten auf ihre Schlittschuhe, wurde davon aber kein bisschen schlauer, und leider brachte ihn sein kurzer Blick aus dem Gleichgewicht und er stolperte. Florence' Hände verstärkten ihren Griff an den seinen, aber auch sie konnte nicht verhindern, dass sie beide stürzten und in einer Masse aus Mützen, Schals und Umhängen auf dem Boden landeten.

Florence lachte auf, nachdem sie sich von dem ersten Schock erholt hatte, und begann, mit ihren behandschuhten Fingern die dünne Schneeschicht, die sich auf dem Eis angesammelt hatte, aufzusammeln und sie über seinen Kopf und seinen Umhang zu verstreuen. Er lachte und schlug auf dieselbe Art und Weise zurück, bis Florence ihm einen kleinen, aber nichtsdestotrotz eiskalten Klumpen Schnee in den Umhang stopfte und er beschloss, dass es vielleicht doch besser wäre, diesen Kampf auf später zu verschieben. Leider hatte Florence andere Ideen, und er schaffte es nur, sie zum Stillhalten zu bringen, indem er sie küsste.

Für einen Moment erstarrte sie, doch dann schmolz sie in seine Berührung und erwiderte sie, schmiegte sich näher an ihn, während das kalte Eis in seinen Rücken drückte, doch in diesem Moment war das alles egal... die Verwunderung über ihre Reaktion auf ihn, dass sie ihn wirklich mochte, wirklich etwas von ihm wollte, hatte auch nach einem Monat, in dem sie zusammen waren, noch nicht abgenommen, und er kehrte erst in die Realität zurück, als Florence sich von ihm löste und er bemerkte, was für anzügliche Kommentare James und Sirius machten.

Florence' Wangen hatten sich gerötet, ob von der Kälte oder vor Verlegenheit wusste er nicht, und er sah zu, wie sie aufstand und sich die Flocken von ihrem Umhang klopfte, bevor sie ihm ihre Hand hinhielt.

„Danke“, entgegnete er, leise, und griff danach. Beim zweiten Versuch gelang es ihm tatsächlich, sich mit ihrer Hilfe wieder hochzuziehen und auf seinen eigenen zwei Beinen zu stehen, doch selbst als er das geschafft hatte, ließ sie seine Hand nicht los, sondern zog ihn ein Stück weiter, von den anderen weg. Remus folgte ihr zuerst ein wenig unsicher, doch nach ein paar Minuten verfielen sie in einen Rhythmus, der ihnen beiden behagte, und er traute sich langsam zu, nicht umzufallen, auch ohne dass er sich panisch auf seine Füße konzentrierte.

Seine erste Ablenkung waren ein kurzer Blick und ein Lächeln zu Florence hin, die sie erwiderte, und sie drückte seine Finger. „Können wir uns Donnerstag Abend wieder treffen? Du weißt ja, dass ich morgen keine Zeit habe...“

Er spürte einen Stich, als sie sprach, und es wurde nicht besser dadurch, dass sie ihn aus diesen wunderschönen, hoffnungsvollen Augen ansah, aus denen das Vertrauen leuchtete. „Nein... tut mir leid, da hab ich keine Zeit.“

Ein Schatten der Verletztheit schlich sich durch ihre Züge, aber sie war viel zu nachgiebig, als dass sie protestiert hätte – sehr zu seiner Erleichterung. Leider bedeutete das nicht, dass sie nicht nachfragen würde, und dazu hatte sie auch jedes Recht, auch wenn es ihm schwer fallen würde, sie zu belügen – denn Donnerstag war der nächste Vollmond.

„Was machst du denn?“

Da war es... zum Glück hatte er schon zuvor daran gedacht, dass diese Situation auftauchen könnte, und sich eine Ausrede überlegt, auch wenn er sich schlecht dafür fühlte. Viel zu sehr erinnerte ihn seine Handlungsweise an sein erstes Jahr auf Hogwarts, in dem er zum ersten Mal in seinem Leben richtige Freunde gefunden hatte, wirkliche Freunde, die für ihn eintraten und ihn als gleichwertig betrachteten, und seine größte Angst war, sie zu verlieren, wenn sie sein Geheimnis herausfanden. Das war nicht passiert – aber das bedeutete nicht, dass seine Furcht vor Ablehnung dadurch geringer geworden wäre. James, Sirius und Peter waren seine Freunde – aber Florence war seine Freundin, und mit einem Werwolf befreundet zu sein war immer noch eine andere Sache, als eine Beziehung mit einem zu führen. Wenn er sich nur vorstellte, was er Florence antun könnte, wenn er nicht vorsichtig wäre... alleine bei dem Gedanken schüttelte er sich innerlich.

„Ich hab dir doch von Peters Schwester, Suzanne, erzählt... wir wollten wieder einmal mit ihr lernen, und wenn wir jetzt absagen würden, wäre sie sicher fürchterlich enttäuscht.“

Sofort leuchtete Mitleid aus Florence' Augen, Mitleid mit diesem kleinen Mädchen, und Remus spürte einen Stich. Es war nicht fair von ihm, Florence' gutes Herz und ihr Mitgefühl auszunutzen, aber im Moment war das die Ausrede, von der er wusste, dass sie sie am ehesten akzeptieren würde. Und in einem Monat würde ihm sicherlich etwas anderes einfallen, das er ihr erzählen konnte. Vielleicht hatte er wieder einmal eine Erkältung, oder seine Mutter wäre krank und er wollte sie besuchen, natürlich mit Dumbledores Erlaubnis.

Fast wie in alten Zeiten, dachte er bitter, schwor sich aber, alles zu tun, damit sie sein Geheimnis nicht erfahren würde. Das, was er mit Florence hatte, war zu schön, zu wertvoll und zu... rein, als dass er es durch die Wahrheit gefährden wollte, und wenn er sie zu ihrem Schutz dafür einmal im Monat belügen musste, dann war das eben so, und er musste es ertragen. Es war zu ihrem Besten... und wenn er ehrlich war, auch zu seinem, denn er war sich sicher, sie würde verschwinden, sobald sie wusste, dass er ein Werwolf war. Wer wollte schon mit einem Werwolf zusammen sein?

„Oh“, entgegnete Florence schließlich, sichtlich enttäuscht, fing sich dann aber und drehte auf ihren Schlittschuhen eine kleine Runde um ihn, bevor sie sich ihm wieder anschloss. „Wie geht es ihr denn eigentlich?“

Remus zuckte mit den Schultern. „Unverändert“, entgegnete er schließlich, bevor er hinzufügte: „Sie kann einige, grundlegende Verteidigungszauber, und ich glaube, sie hat endlich begriffen, dass der Sprechende Hut sie nicht nur nach Gryffindor geschickt hat, weil ihr Bruder schon hier ist... du weißt schon, dass sie auch stark und mutig sein kann, und für sich selbst einstehen. Aber sie hat noch immer nicht verraten, wer sie angegriffen hat – leider. Sie hat ein paar Details erwähnt, wie zum Beispiel, dass sie glaubt, dass derjenige sie einfach nur aus Spaß gequält hat, und deswegen war sie eine Zeit lang auch sehr böse auf James und Sirius, aber leider nichts, das uns näher an den Täter bringen würde.“

Florence nickte langsam, verstehend. „Vielleicht hat sie ja Recht, und sie kann wirklich alleine mit der Situation klarkommen.“

Remus lächelte, froh über ihre zuversichtlichen Worte. „Vielleicht – und im Grunde ist sie ja doch die Einzige, die die Situation wirklich einschätzen kann.“

„Machst du eigentlich beim Zauberschachturnier mit?“, fragte sie schließlich, nach ein paar Minuten des Schweigens, in denen sie in die Nähe seiner Freunde zurückgelaufen waren.

Remus schüttelte den Kopf. „Nein... ich bin nicht gut genug, als dass ich das wagen würde. Und von meinen Freunden ist es auch niemand, wenn du das wissen möchtest.“

Wenn er an seine Freunde dachte... er warf einen Blick hinüber zu den drei anderen Rumtreibern, die noch immer reichlich unbeholfen auf dem Eis staksten. In James' Fall wurde die Situation noch dadurch verschärft, dass mindestens die Hälfte seiner Aufmerksamkeit durch die Anwesenheit von Lily Evans beansprucht wurde, die zwar nicht so gut wie Florence lief, aber sich doch leichtfüßig genug bewegte, um eine Ablenkung für James darzustellen. Er war schon zwei Mal hingefallen und sein Umhang war an den Stellen, auf die er gestürzt war, mit Schnee bedeckt, aber das schien ihn nicht abzuhalten – sehr zu Sirius' Amüsement, der sich im Moment kaum entscheiden konnte, ob er sich lieber über Remus und Florence oder doch James lustig machen sollte.

Allerdings war James nicht der einzige, der Lily beobachtete, auch Snape war anwesend – und bewegte sich, sehr zu Remus' Verwunderung, eleganter auf dem Eis als alle vier Rumtreiber zusammengenommen – und wechselte gelegentlich ein paar Worte mit ihr, sehr zu James' Leidwesen. Trotzdem hatten er und Sirius noch keinen Versuch unternommen, auf ihn loszugehen, was Remus ehrlich gesagt erstaunte. Normalerweise ließen sie kaum eine Gelegenheit aus, ihn lächerlich zu machen, besonders, wenn die ganze Schule in der Nähe war und zusehen konnte, aber heute... Ruhe und Stille. Nicht dass Remus darüber unglücklich gewesen wäre, aber merkwürdig war es schon, und ein Teil von ihm hielt die jetzige Situation für die Ruhe vor dem Sturm.

Vielleicht hatte es aber einfach auch damit zu tun, dass James und Lily sich im Moment so viel entspannter und ruhiger begegneten als in den sechseinhalb Jahren zuvor, und James diese Situation, die doch so seinen Wünschen entsprach, nicht riskieren würde. Lily war wahrscheinlich die einzige Person im Schloss, für die James darauf verzichten würde, auf Snape loszugehen – also schien es auch logisch, anzunehmen, dass es so war.

Remus schüttelte leicht den Kopf. James hatte sich verändert, ja, und er gab sich große Mühe, sich erwachsener und ruhiger zu geben als in den letzten Jahren, oder sogar noch zu Beginn des Schuljahres. Aber manchmal, in emotionalen Situationen, fiel er eben doch wieder in alte Verhaltensmuster zurück – wie vor Weihnachten, als er sich so sehr mit Lily gestritten hatte, dass er deswegen nicht auf den Weihnachtsball gegangen war.

„Remus?“, fragte Florence schließlich, und er blickte auf, bemerkte erst jetzt, dass sie nun neben den anderen Rumtreibern standen, die sich langsam wieder an den Rand des Sees zurückgekämpft hatten. Auch ihm wurde langsam kalt, und sich im Schloss aufzuwärmen klang nun nach einer guten Idee – vor allem, da nun auch die Dämmerung begann, über die Ländereien hereinzubrechen, und in wenigen Minuten das Abendessen beginnen und die Auroren ihre Patrouillen aufnehmen würden.

Nach so langer Zeit auf dem Eis fühlte es sich ungewohnt an, die gezauberten Kufen an seinen Schuhen verschwinden zu lassen und wieder auf festem Grund zu stehen und zu gehen, aber nach ein paar Schritten hatte er sich wieder angepasst. Er nutzte die Gelegenheit gleich, um seinen Arm um Florence zu schlingen, was auf dem Eis eine sehr wahrscheinlich schmerzhafte Idee gewesen wäre, und sie legte ihren Kopf an seine Schulter, während sie auf Sirius und Peter warteten.

James stand neben ihnen, aber er schien nicht dazu aufgelegt, mit ihnen zu sprechen, sondern starrte hinüber auf die sich leerende Eisfläche des Sees, auf der noch immer Lilys roter Haarschopf und ihr neuer Gryffindorschal zu erkennen waren. Remus seufzte innerlich. Sein Freund war in den letzten Tagen so schweigsam gewesen, dass er langsam begann, sich Sorgen zu machen.

War James etwa eifersüchtig? Der Gedanke war so plötzlich gekommen, dass er Remus selbst überraschte. Dass James, gutaussehend, beliebt und intelligent, eifersüchtig auf ihn, blass, langweilig und ein Werwolf, sein könnte, wäre noch vor einem Jahr ein vollkommen absurder Gedanke gewesen. Aber jetzt... so schwer es Remus manchmal fiel, es zuzugeben, aber im Moment war er glücklich, sehr sogar. Das Mädchen, das er schon seit mehr als einem Jahr mochte – auch wenn er es niemals hatte zugeben wollen – war mit ihm zusammen, er hatte seine Freunde, in einem halben Jahr würde er seinen Abschluss machen und seine Schulzeit mit seinem Geheimnis gewahrt beenden.

Aber James... auch wenn Lily jetzt höflich zu ihm war, wissen wollte sie noch immer nichts von ihm, und das musste an ihm nagen, besonders, wenn er sah, dass Remus so glücklich mit Florence war und dem Thema kaum ausweichen konnte. Ein wenig fühlte sich Remus schlecht deswegen, aber James war erwachsen, und nur wegen ihm sein Glück aufgeben würde Remus sicherlich nicht. Und James war Freund genug, um zu verstehen, und sich vielleicht auch ein kleines Bisschen mitzufreuen.



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