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Nebel über Hogwarts

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Entdeckt

Nebel über Hogwarts – Kapitel 56: Entdeckt
 

Als Remus am Morgen des fünfundzwanzigsten März aus dem Krankenflügel zurückkam, um, müde, erschöpft und zerkratzt, wie er war, noch ein paar Stunden Schlaf zu finden, und die fürchterlich ernsten Gesichter seiner Freunde sah, wusste er, dass das, wovor er sich immer gefürchtet hatte, eingetreten war. „Sie haben euch erwischt, oder?“, fragte er, und Peter nickte, während Sirius nur die Decke seines Bettes anstarrte und James peinlich berührt wirkte.

„Verdammt.“ Es fühlte sich an wie ein viel zu mildes Wort für das, was passiert war und den Klumpen von Angst, der sich in seinem Hals bildete und ihm fast den Atem nahm. „Wissen... wissen sie...“, krächzte er nur, aber James begriff schnell, was er meinte.

„Nein, keine Angst. Ich... ich glaube, die meisten Gryffindors haben noch nicht bemerkt, dass uns hundert Punkte fehlen, und wenn sie es tun, dann ist es unsere Schuld, nicht deine. Wir waren draußen, und wir waren dumm und haben uns erwischen lassen. Du kannst nichts damit zu tun haben, weil du ja erkältet im Krankenflügel warst.“

Auch wenn er sich schlecht dabei fühlte, seine Erleichterung kannte keine Grenzen... wenn die Schule herausgefunden hätte, dass er ein Werwolf war, dann hätte es bald auch die ganze Zaubererwelt gewusst... und dann hätte er keine Chance gehabt, eine Anstellung zu finden... gar keine. Er hätte sein Leben vergessen können.

„Danke“, wisperte er, und Sirius schüttelte den Kopf.

„Halt die Klappe – jeder Freund hätte dasselbe getan, und wenn wir irgendeine Chance hätten, dann würden wir es auch im nächsten Monat wieder machen... geht aber leider nicht.“

„Wieso?“, fragte er, und Sirius schnaubte.

„Strafarbeit für alle drei von uns, für jeden Vollmond bis zum Ende des Schuljahres unter Aufsicht eines Lehrers. Nicht zu vergessen die ganze nächste Woche...“

Er klang mehr als nur unglücklich damit, aber ob es war, weil er Remus nicht helfen konnte oder weil er Kessel schrubben musste, wusste Remus nicht. „Tut mir leid“, entgegnete er aber trotzdem, was Sirius zu seiner Erleichterung zum Lachen brachte.

„Nicht doch – wir sind schon für einen weniger guten Zweck zu mehr verdonnert worden, also mach dir keine Gedanken. Leg dich ins Bett, schlaf dich aus, und wenn wir nachher in den Gemeinschaftsraum gehen und uns alle anmaulen, dann sag uns, dass es eine ganz dumme Idee war, nachts nach draußen zu gehen, und dass du uns abgehalten hättest, wenn du könntest. Den Rest schaffen wir – wir holen die Punkte einfach wieder auf, und dann mögen sie uns sicher wieder. Und wenn nicht... es sind nur noch drei Monate.“

Remus wusste, dass Sirius nicht so unbekümmert sein konnte, wie er klang, nickte aber, und ging hinüber zu seinem Himmelbett, um in seinen Schlafanzug zu schlüpfen. Drei Monate waren nie genug Zeit für drei Schüler, um einhundert Hauspunkte aufzuholen, selbst mit dem Quidditch-Spiel, bei dem James immerhin die Chance hatte, fünfzig Punkte zu sammeln. Der Hauspokal war weg, ging wahrscheinlich an die Slytherins, und das alles nur wegen ihm. Dass die anderen Gryffindors nicht wussten, dass er schuld war, sondern seine Freunde verantwortlich machen würden, machte es nicht besser, sondern nur schlimmer. So würde er nicht einmal dafür büßen können.

Selbst als er das regelmäßige Atmen seiner Freunde hörte, konnte er lange nicht einschlafen, starrte hinaus in die Dunkelheit, weil die Schuld und die Angst seine Kehle zusammenschnürten. James fühlte sich ohnehin nicht gut, und jetzt hätte er auch noch die Häme und die Wut der anderen Gryffindors zu ertragen, weil er zu jenen gehört hatte, die ihnen den Hauspokal gekostet hatten. Sirius wäre wahrscheinlich nicht allzu beeindruckt – er war es gewöhnt, nicht das zu tun, was anderen gefiel, und Abneigung hervorzurufen – aber Peter... Peter war wieder eine andere Sache, mit seinem Wunsch, beliebt zu sein und von den anderen Schülern gemocht zu werden.

Remus seufzte – natürlich, wenn sie wach wären, würden sie ihm jetzt sagen, dass sie gewusst hatten, worauf sie sich einließen, und dass es ihre freie Entscheidung gewesen war, dass er sie gar nicht hätte abhalten können, selbst wenn er es gewollt hatte... aber der Fakt blieb, dass er eben nicht gewollt hatte, und sogar fürchterlich erleichtert gewesen war, dass sie seine Verwandlungen so viel angenehmer machten. An den nächsten Monat wollte er gar nicht denken – nicht nur, weil er wusste, welche Schmerzen ihn dann erwarteten, sondern auch, weil es schwierig bis unmöglich werden würde, seine Verletzungen vor Florence zu verbergen. Sie würde Antworten wollen, und das zu Recht, Antworten, die er ihr würde geben müssen... und dann wäre sie fort. Er schüttelte sich innerlich und schlang die Decke enger um sich. Sich etwas anderes einzureden würde nur bedeuten, sich Hoffnungen zu machen, die dann doch enttäuscht werden würden. Er war ein Werwolf – und wer würde schon mit einem Werwolf zusammen sein wollen?

Seine kurze Nacht war geprägt von Albträumen, in denen sich alle – seine Freunde, seine Eltern, und schließlich Florence – in Angst und Verachtung von ihm abwandten, und egal wie sehr er versuchte, sie zu überzeugen, egal, wie sehr er sich bemühte, er konnte ihre Meinung nicht ändern, bis er schließlich alleine und verlassen einer riesigen, gefährlichen Welt gegenüberstand. Selbst als er von James nach viel zu wenig Schlaf geweckt wurde, um sich auf den Weg zum Frühstück und dann in die Bibliothek zu machen, konnte er das Gefühl nicht abschütteln, dass er nur ein falsches Wort sagen, eine unbedachte Bemerkung machen musste, und selbst die Rumtreiber würden ihn im Stich lassen.

Dass der Gryffindor-Gemeinschaftsraum brummte vor Gemurmel, als sie ihn schließlich betraten, half nicht dabei, seine Befürchtungen abzuschütteln. Die meisten ihrer Mitschüler waren bereits aus der Großen Halle zurück und hatten natürlich auf dem Weg den Punktestand gesehen – und fragen sich nun, was in dieser Nacht passiert war, dass Gryffindor hinter alle anderen Häuser, selbst Hufflepuff, zurückgefallen war, wo sie zuvor noch geführt hatten, wenn auch nur knapp.

Lily und ihre beste Freundin waren die ersten, die sie bemerkten, und Emily ließ ihre Feder fallen und hastete auf sie zu, langsamer gefolgt von dem anderen Mädchen. „Hey! Ihr habt sicher noch nicht die Neuigkeiten gehört! Gryffindor hat hundert Punkte verloren! Hundert! In einer Nacht!“

Obwohl Remus wusste, dass seine Freunde Jahre der Erfahrung im Erfinden von Ausreden und dem Anlügen von Professoren hatten, verriet ein kurzer Blick auf die anderen Rumtreiber, dass es ihnen nicht gelang, geschockte Überraschung vorzutäuschen. Emily brauchte nur einen Moment, um zu begreifen, was vor sich ging. „Ihr! Ihr wart das!“

Remus war nur froh, dass es ihr gelang, ihre Stimme halbwegs gesenkt zu halten – wenn die anderen Gryffindors sie gehört hätten, dann wäre diese Situation in nur einem Moment um Welten unangenehmer geworden als sie es ohnehin schon war.

Es war Sirius, der schließlich nickte. „Ja.“

Sie seufzte genervt auf. „Könnt ihr nicht einmal – ein einziges Mal! – einfach in euren Betten bleiben wie brave, unschuldige Hufflepuff-Erstklässler? Ist das wirklich so unglaublich schwer? Was habt ihr diesmal wieder angestellt? Gerade von dir, James, hatte ich gedacht, du wärst endlich erwachsen geworden...“

James kratzte sich verlegen am Kopf und brachte seine Haare in noch mehr Unordnung als ohnehin schon. „Wir waren im Quidditch-Stadion, Sirius, Peter und ich...“

Emily seufzte tief, aber James' Entschuldigung schien zumindest bei ihr den richtigen Nerv getroffen zu haben – so vernarrt, wie sie in den Sport war, konnte sie tatsächlich verstehen, wie sich jemand in der kalten Frühlingsnacht nach draußen schleichen konnte, auch wenn Remus dazu nicht in der Lage war. Was ihn allerdings tatsächlich überraschte, war Lilys Reaktion, die er aus dem Augenwinkel beobachtet hatte – sie hatte sich der Schelte ihrer Freundin nicht angeschlossen, sondern wirkte bemerkenswert ruhig, besonders in Anbetracht der Tatsache, dass sie normalerweise keine Gelegenheit ausließ, James zu kritisieren. Aber vielleicht zeigte der Abend, den die beiden gemeinsam im Badezimmer der Schulsprecher verbracht hatten, tatsächlich Wirkung.

Remus seufzte schließlich. „Lasst uns nach unten gehen, ja?“ Die anderen nickten und verabschiedeten sich von den beiden Mädchen, sicher, dass Emily den anderen Gryffindors erzählen würden, was geschehen war.

Remus hatte seine Schulsachen bereits mitgenommen und verkroch sich in der Bibliothek, während James, Sirius und Peter den ersten Tag ihrer Strafarbeiten ertrugen, doch als sie in den Gemeinschaftsraum zurückkehrten, war diese relative Ruhe vorbei. Natürlich, niemand hetzte ihnen einen Fluch auf den Hals oder war wirklich offen feindselig, doch Reaktionen wie Emilys, die ihrer Enttäuschung Ausdruck verlieh, verfolgten sie alle die ganzen Ferien über und schlossen oft auch ihn ein, weil nicht allen seinen Hauskollegen klar war, dass er offiziell ja im Krankenflügel gewesen war. Von allen Rumtreibern traf es James am härtesten – er war noch immer geschockt vom Tod seiner Eltern und hatte noch lange nicht begonnen, zu verarbeiten, was geschehen war, und trotzdem musste er sich sofort mit der Abneigung der anderen Gryffindors herumschlagen, nur Stunden, nachdem sie ihn alle noch bemitleidet hatten.

Die Rückkehr der Schülerinnen und Schüler aus den Osterferien machte die Situation nicht besser, da das Thema natürlich mit jenen, die zu Hause alles verpasst hatten, diskutiert werden musste, und so nicht in Vergessenheit geraten konnte. Auch brachten sie ihre Unterrichtsstunden wieder in die Gesellschaft der Slytherins, und irgendwann biss selbst Remus seine Zähne zusammen und krampfte die Hände um seinen Zauberstab, wenn er hörte, wie Regulus Black ihnen ein hämisches Danke, Bruderherz! hinterherbrüllte.

„Wenn ich jemals gedacht hätte, dass mein Bruder nicht komplett verkommen ist, dann würde ich diese Meinung nun revidieren“, murmelte Sirius düster, als er sich an den Slytherins in der Eingangshalle vorbeidrückte. „Arsch.“

Die silbernen und grünen Schals, Hüte und Banner, die die anderen Schüler trugen, halfen auch nicht, ihre Stimmung aufzuhellen – das Quidditch-Match Slytherin gegen Hufflepuff stand bevor, und ausgerechnet derjenige von ihnen, der sich am meisten dafür interessierte, nämlich James, konnte nicht hingehen.

Seine Miene spiegelte seine Gemütslage wieder, während sie in der Eingangshalle auf Florence warteten und Remus seinen gelb-schwarzen Schal zurechtrückte, den er extra für die feierliche Gelegenheit verwandelt hatte. „Ich feuere Hufflepuff mit für euch an“, erklärte er, und James nickte.

„Ich fürchte, sie werden es nötig haben – aber sag Florence nicht, dass ich das...“

„Dass du was?“ Die junge Frau tauchte so unvermittelt hinter ihnen auf, dass Remus sich im ersten Moment erschreckte, bevor er sie mit einem Lächeln und einem Kuss begrüßte.

„Hey.“

„Also?“, wiederholte sie, und Remus grinste.

„James hat nur gerade die Qualität eurer Quidditch-Mannschaft in Zweifel gezogen.“

Florence lachte, und der Anblick ließ ihn lächeln, auch wenn die restliche Situation nicht besonders rosig war. „Du wirst schon sehen, wir putzen Slytherin vom Platz! Immerhin haben wir das ja auch mit euch gemacht!“

James grummelte etwas Unverständliches, das wahrscheinlich so klingen sollte, als ob er beleidigt wäre, doch Remus konnte sehen, dass er nur so tat, und war erleichtert – wenn James wieder dumme Witze machen konnte, war er eindeutig auf dem Weg der Besserung.

Sirius rollte affektiert mit den Augen und grinste. „Macht euch auf den Weg, ihr Turteltäubchen, bevor wir noch mehr Ärger bekommen!“

Remus schüttelte nur den Kopf über seinen Freund, nahm die Gelegenheit aber trotzdem wahr und bot Florence seinen Arm an, bevor sie sich auf den Weg hinunter zum Quidditch-Feld machten, plaudernd und lachend. Und doch konnte er spüren, wie unter der oberflächlichen Leichtigkeit zwischen ihnen die Angst brodelte. Jeder Moment mit ihr zeigte ihm wieder einmal, was für eine wunderbare Frau sie war und wie sehr er sie liebte – und machte so noch klarer, was er verlieren würde, sobald sie von seiner Krankheit erfuhr.

Manchmal dachte er, dass es vielleicht weniger weh tun würde, wenn er mit ihr Schluss machen würde, anstatt darauf zu warten, dass sie sich mit Abscheu von ihm abwandte, aber jedes Mal, wenn er sie sah, wusste er, dass er dazu weder die Kraft noch den Mut haben würde. Das bittersüße Gefühl, zu wissen, dass ihr Glück ein Ablaufdatum hatte, das mit jeder Minute näher rückte, war immer noch besser, als selbst dafür verantwortlich zu sein und die Zeit, die ihnen noch blieb, nicht zu genießen.

Er griff nach Florence' Hand und drückte sie fest, als sie sich einen Platz auf der Hufflepuff-Tribüne suchte, und drückte sie fest. „Ich liebe dich.“

Sie lächelte, und der vollkommen arglose Blick, den sie ihm zuwarf, trieb ihm fast die Tränen in die Augen. „Ich dich auch, Remus. Ich dich auch.“

Er schluckte und bemerkte für den Rest des Spieles kaum etwas außer ihr – was es auch unerheblich machte, dass Slytherin Hufflepuff vom Platz fegte und damit Gryffindors Chancen in der Hausmeisterschaft weiter senkte.



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