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Nebel über Hogwarts

von

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Wünsche werden wahr

Nebel über Hogwarts – Kapitel 59: Wünsche werden wahr
 

Aus Frühling wurde Frühsommer, während Lily mit Emily, Severus und manchmal auch mit den Rumtreibern in der Bibliothek schmorte und für ihren UTZ lernte. Der Sonnenschein und der blaue Himmel lachten sie geradezu aus, wenn sie drinnen saß und in den Büchern stöberte, verfolgt von den missmutigen Blicken von Madam Pince, die bei dem schönen Wetter wahrscheinlich gehofft hatte, ihre Bibliothek endlich einmal für sich zu haben. Nicht einmal der Nebel, der den vorherigen Sommer so getrübt hatte, kehrte nach Hogwarts zurück, und so oft sie konnte, genoss sie die warmen Strahlen der Sonne, die sie im Winter so sehr vermisst hatte, wenn auch nur durch das Fenster.

Zu ihrer Überraschung schloss sich James ihr manchmal an, wenn sie nach draußen ging, oder saß im Gemeinschaftsraum neben ihr, unterhielt sich mit ihr – Kleinigkeiten, die ihr erst vollends bewusst wurden, nachdem Severus sie darauf aufmerksam gemacht hatte. Als er sie darauf hingewiesen gemacht hatte, dass sie mehr Zeit mit James verbrachte, hatte sie seine Worte abgetan, doch ein kleiner Teil von ihr hatte doch nicht aufhören können, darüber nachzudenken, was jetzt... anders war zwischen ihr und Potter. Der Tag im Badezimmer der Schulsprecher, als sie ihn im Arm gehalten und getröstet hatte, schien die Anspannung zwischen ihnen aufgebrochen zu haben, und nun konnte sie mit ihm umgehen wie mit jedem ihrer Schulkollegen auch, vielleicht sogar ein bisschen freundlicher – immerhin war es offensichtlich, dass der Tod seiner Eltern ihn sehr mitgenommen hatte.

Doch im Grunde war sich Lily sicher, dass die Veränderung, die sie an ihm sah, nicht nur daran lagen, dass er durch seinen Verlust gezwungen wurde, schneller erwachsen zu werden als andere Schüler. Das alleine würde nicht erklären, warum man plötzlich ernsthafte Gespräche mit ihm führen konnte, er nicht mehr andauernd mit ihr flirtete oder anzügliche Kommentare von ihm gab. Nein, Emily hatte Recht gehabt, sein Wandel ging tiefer, und nun hatte James zum Glück endlich begonnen, seine unzweifelhafte Intelligenz für andere Zwecke zu verwenden als einen neuen Streich auszuhecken – und kümmerte sich tatsächlich sogar um seine Schularbeiten.

Wenn sie ehrlich zu sich selbst war, dann fand sie ihn zunehmend sympathisch, auch wenn ihr dieses Eingeständnis schwerfiel. Von Anfang an war James der Liebling der anderen Gryffindors und auch der Lehrer gewesen, und wenn Lily es sich Recht überlegte, hatte sie ihn nicht nur nicht leiden können, weil er gemein zu Severus war, sondern auch, weil sie gerne anders war, es ihr gefiel, eine andere Meinung zu haben als der Rest der Schüler. Kurz: sie mochte es, besonders zu sein. Dass James von Anfang an versuchte, ihre Freundschaft und später ihre Zuneigung zu gewinnen, machte sie nur noch entschlossener in ihrem Bemühen, ihn nicht leiden zu können, und bis zu jenem Tag, an dem sie ihn auf dem Boden des Beckens gefunden hatte, war sie darin eigentlich recht erfolgreich gewesen... oder waren ihre Mauern gefallen, als sie nach Weihnachten seinen Brief gelesen hatte? Sie wusste es nicht...

Was sie aber wusste, war, dass sie nun, da sie ihn endlich kennen gelernt hatte, James Potter eigentlich recht gut leiden konnte, und kein Problem damit hatte, mit ihm befreundet zu sein. Das zuzugeben, besonders vor Emily - „Ich habs dir doch gesagt, dass er kein schlechter Kerl ist!“ - fiel ihr nicht leicht, aber irgendwann hatte sie es geschafft, auch wenn sie sich noch nicht getraut hatte, das Severus zu erklären, und die Abende, die sie sich im Gryffindorturm mit ihm unterhielt, gefielen ihr immer besser.

Natürlich war nicht viel Zeit, mit ihm zu reden, zumindest über andere Themen als die herannahenden Prüfungen, und als Dumbledore an einem überraschend heißen Samstag Anfang Mai verkündete, dass er heute niemand im Schloss und schon gar nicht in der Bibliothek sehen wollte, weil sie alle dazu eingeladen waren, im See zu schwimmen, nahm sie die Gelegenheit fröhlich wahr. Schon die Tage, an denen sie in der Höhle unter Hogwarts unterwegs gewesen waren, hatten Spaß gemacht, aber draußen zu sein, in der Sonne liegen zu können und vielleicht ein wenig zu lesen – natürlich Schulbücher – machte die Erfahrung sicherlich perfekt.

Auch Emily dachte ähnlich wie sie, vor allem, da ihre Freundin nicht annähernd so motiviert war, was ihre Schularbeiten anging, und ihren Tag viel lieber damit verbracht hätte, über das Quidditchfeld zu flitzen, egal, ob gerade Training war oder nicht. Dass Lily sie zu so vielen Stunden des Lernens überredete, tolerierte sie nur, weil sie wusste, dass es eigentlich doch das Beste war... aber das bedeutete nicht, dass sie nicht jede Pause nutzte, die sie bekommen konnte.

Sie breiteten ihre Handtücher am Rande des Sees im Gras aus und legten sich in die Sonne, wärmten sich auf, während sie sich eher abwesend abfragten, diesmal zum Thema Zaubertrankrezepte. Hier war Lily klar im Vorteil durch die vielen Abende, die sie mit Severus verbracht hatte... und wo sie gerade beim Thema war, wo war er eigentlich? Sie konnte ihn nirgends unter den vielen Schülern entdecken, die sich im See oder auf den Ländereien tummelten... aber vielleicht hatte er wieder eine abgelegene Ecke gefunden, darin war er ja gut.

„Lily?“, fragte Emily, und sie wandte den Kopf, bemerkte erst jetzt, dass sie sich sehr auffällig umgeblickt hatte.

„Suchst du irgendetwas bestimmtes... oder jemand bestimmten?“

Das schelmische Zwinkern in den Augen ihrer Freundin machte klar, dass Emily nicht auf Severus anspielte, denn schon seit sie zugegeben hatte, dass sie James nicht mehr so schrecklich fand wie früher, konnte ihre Freundin ihre Kommentare, manche davon sogar ein bisschen anzüglich, nicht mehr zurückhalten. „Severus“, entgegnete sie deswegen, und freute sich, zu sehen, wie Emily wenigstens ein bisschen beschämt dreinsah.

Wenn sie ehrlich war, hätte sie auch nicht wirklich nach James und den anderen Rumtreibern suchen müssen – sie waren bereits im Wasser, und die Fontänen, die um sie herum aufspritzten, als sie sich gegenseitig untertauchten, machten sie sehr schwer zu übersehen. Lily grinste ein wenig, als James Sirius nass spritzte und der sich schüttelte wie ein Hund, bevor sie sich wieder wieder Emily zuwandte, weil die sie ansprach. „Lily?“

„Ja?“

„Die Zutaten für den Vergesslichkeitstrank, schon vergessen?“

„Haha, wirklich sehr witzig.“ Sie runzelte die Stirn und erinnerte sich an den Abend, an dem sie den Trank mit Severus gebraut hatte in der Hoffnung, dass sie das auf die richtige Spur bringen würde. Leider war das auch der Abend gewesen, an dem sie über sie und James gesprochen hatten und der fast zum nächsten Streit zwischen ihnen geführt hätte – kein seltenes Erlebnis, nicht nur in den letzten Monaten, sondern eigentlich schon in den ganzen Jahren ihrer Freundschaft, seit dem Tag, an dem er auf dem Spielplatz auf sie zu gekommen war.

An pessimistischen Tagen fragte Lily sich, wie lange sie es noch schaffen würden, befreundet zu bleiben, mit all diesen Reibungen, all den Missverständnissen zwischen ihnen. Einmal wären sie schon fast getrennte Wege gegangen, und nur durch Zufall, weil Devers verschwunden war und sie sich auf der Suche nach ihm an die einzige Person unter den Slytherins, der sie zumindest ein bisschen vertraute, gewandt hatte, hatten sie wieder zueinander gefunden. Was, wenn wieder einmal etwas passieren würde, das sie auseinander trieb? So lange sie Severus schon kannte, so sehr sie ihn mochte... er war jemand, der sie immer wieder überraschte, der sie irritierte, und oft hatte sie das Gefühl, dass in ihm Dinge steckten, die sie weder wirklich kannte noch beherrschen konnte.

Es war möglich, dass irgendetwas, das sie sagte oder tat, ihn so irritierte, dass er ihr die Freundschaft aufkündigen würde, und das, obwohl sie sich zuvor seiner Kameradschaft und seiner Bewunderung so sicher gewesen war. Der Gedanke machte ihr Angst – vor allem, weil Severus zu verlieren auch bedeuten würde, dass er sich wahrscheinlich den Todessern anschließen würde. Das wollte sie nicht für ihn – er hatte Besseres verdient... aber würde er dieses Bessere bekommen? Sie seufzte leise auf.

Severus war ein so guter Mensch, er sollte eigentlich alle Chancen in seinem Leben haben, und nicht eine gleichgültige Mutter und einen prügelnden Vater und die Verachtung seiner Lehrer und Mitschüler. Er war so intelligent, so talentiert, er hätte das Zeug zu einem Zaubertränkemeister... und trotzdem wurde sein Talent vernachlässigt, nicht nur von den Lehrern der anderen Häuser, sondern auch von Slughorn, der eigentlich auf seiner Seite stehen sollte... Aber er hatte keine berühmte Familie, war nicht beliebt, wurde nicht von anderen Schülern gemocht – also war er uninteressant für den einzigen Lehrer, der für ihn hätte da sein können.

„Lily?“ Ihre Gedanken waren schon wieder abgeschweift, und sie begann endlich, die Zutaten aufzulisten, während sie einen letzten Blick über die Ländereien warf. Er war nirgends zu sehen, also lehnte sie sich zurück, legte sich wieder auf ihr Handtuch und schloss die Augen, während sie weitersprach und hoffte, dass die Sonne sie so aufwärmen würde, dass sie sich ins Wasser wagen konnte.

Später am Nachmittag, als sie und Emily endgültig keine Lust mehr auf Lernen hatten und ihnen beiden fürchterlich heiß war, packte Emily einen verzauberten Wasserball auf und sie machten sich hinunter an den Strand des Sees, wo sie ihre Zehen ins Wasser hielten und dann beschlossen, sich weiter hineinzuwagen. Lily schauderte, als der kalte, schwarze See ihre Hüften erreichte, und dann stürzte sie sich nach vorne und machte die ersten, unbeholfenen Schwimmzüge, bevor sie sich an die neue Fortbewegungsart gewöhnte und Emily hinter sich herzog.

Als auch ihre Freundin abgekühlt war, begannen sie, ihren Ball ein wenig hin und her zu werfen, beide bestrebt, ihn nicht auf die Wasseroberfläche prallen zu lassen – der Wasserball war nicht umsonst magisch, und wenn er schließlich doch hinunterfiel, spritzte er den Verursacher gnadenlos nass.

Severus war noch immer nicht aufgetaucht, aber nach ein paar Minuten zogen sie die Aufmerksamkeit der Rumtreiber auf sich, vor allem, weil Lily mittlerweile fürchterlich durchnässt war, denn Emily hatte die bei weitem größere Erfahrung damit, Dinge zu fangen und zu werfen, dank ihres ausdauernden Trainings auf dem Quidditchfeld.

Für einen Moment blickte sie sich um in einem letzten Versuch, ihren Freund zu entdecken, bevor sie sich wieder auf das Spiel konzentrierte, doch ihre kurze Abgelenktheit wurde hart bestraft. Sirius war unbemerkt unter der Wasseroberfläche vor sie getaucht und sprang nun auf und schlug ihr den Ball von den Fingerspitzen, kurz bevor sie ihn wieder zu Emily zurückschubsen konnte. Lily wusste, was das hieß, und sie tauchte lieber freiwillig unter, bevor Sirius seine gerechte Strafe erhielt und vom Ball nass gespritzt wurde. Er schien sich allerdings nicht daran zu stören, sondern lachte nur und holte den Ball zurück, warf ihn James zu, ohne überhaupt zu fragen, ob sie mitspielen durften. Für einen Moment überwog Lilys Empörung, doch Emily schien sich im Gegensatz zu ihr nicht daran zu stören, warf den Ball sofort weiter, und so schluckte sie ihre Emotionen hinunter und beteiligte sich ebenfalls, wohingegen Remus und seine Freundin – Florence hieß sie, dachte Lily – ihnen nur zuwinkten und sich an den Strand zurückzogen.

Es war wirklich offensichtlich, dass die beiden verliebt waren, so wie sie sich ansahen, aber ihre Aufmerksamkeit wurde schnell wieder auf James gezogen, der sich jetzt neben sie stellte und sie angrinste. „Hey.“

„Hey“, entgegnete sie, ein wenig unsicher – er trug nur seine Badehose, und wenn es eine Sache gab, die sie an James Potter von Anfang anerkannt hatte, dann, dass er gut aussah. Und in Situationen wie dieser leider sogar noch besser. Besonders wenn er grinste.

Der Ball, den Emily geworfen hatte, traf sie am Kopf und prallte von ihr ab, und sie zuckte zusammen, als das eiskalte Wasser – immerhin hatte der See einen Zugang zum Meer – sie abspritzte und James, der dicht neben ihr stand, auch noch mehr durchnässte. Er lachte, und nach dem ersten Moment des Schocks giggelte sie mit, bevor sie nach dem Ball griff und ihn zurückwarf. Sie spielten für eine Weile, bis ihr und Emily wieder zu kalt wurde und sie sich aufs Land zurückzogen, dicht gefolgt von den Rumtreibern, die sich zu ihnen gesellten und während sie trockneten an ihrer Wiederholung des Schulstoffes teilnahmen, mit mehr oder weniger Enthusiasmus.

Es war einer der wenigen Tage in diesem Jahr, in dem Lily vergessen konnte, dass draußen ein Krieg tobte, vergessen konnte, dass sie ein Primärziel des verrückten Schwarzmagiers war, der versuchte, die Herrschaft über Großbritannien an sich zu reißen, vergessen, dass sie sich Sorgen um Severus machte... es war einfach ein perfekter Nachmittag. Sie konnte alles hinter sich lassen, so tun, als ob sie einfach eine normale Schülerin wäre, deren größte Sorge es war, die nahenden Prüfungen zu bestehen... und nichts sonst. Es machte sie locker und entspannt und vielleicht auch ein kleines Bisschen unbesonnen, und so kam es, dass sie gegen Abend, als ihre Freunde sich schon auf den Weg ins Schloss gemacht hatten und der Himmel sich allmählich rot färbte, mit James alleine am Sees saß.

Die Wellen schlugen sachte ans Ufer, gut zu hören, nachdem der größte Teil der Schüler mit ihrem Lärm nun drinnen waren, und sie genoss die letzten Strahlen der untergehenden Sonne, eine Flasche Kürbissaft neben sich und ein Buch in der Hand. Der große Band war eher ein Alibi für sie, als dass sie wirklich lernte, sie überflog die Seiten eigentlich nur noch träge, ohne wirklich zu wissen, was sie da las, und sog stattdessen die Wärme auf, die sie im letzten, kalten und überaus düsteren Jahr vermisst hatte.

Dass sie nun alleine mit James war, überraschte sie ein wenig, sie erinnerte sich nicht, dass Lily und die anderen nach drinnen gegangen waren, aber wahrscheinlich war sie während dieses langen, wundervollen Nachmittages einfach irgendwann eingedöst, ohne dass sie es bemerkt hatte. Vor einem halben Jahre wäre sie über eine solche Konstellation wahrscheinlich wütend gewesen, doch jetzt, wo sie James besser kennen gelernt hatte, schaffte sie es sogar, sich in seiner Gegenwart zu entspannen, etwas, das sie nicht für möglich gehalten hätte – auch wenn sie hoffte, dass Severus sie nicht bemerken würde.

„Lily?“

„Hm?“ Träge hob sie den Kopf von ihrem Handtuch, um einen Blick auf James zu werfen und sich ein Grinsen zu verkneifen – sein schwarzes Haar stand noch wilder vom Kopf ab als sonst.

„Möchtest du noch einmal ins Wasser?“

Sie überlegte kurz, doch schließlich gewann ihr Enthusiasmus doch die Überhand über ihre Müdigkeit, die von einem langen, aktiven Tag und viel Sonne herrührte, und sie nickte. „Ein letztes Mal.“

James lachte nur und streckte seine Hand aus, zog sie von ihrem Handtuch hoch, und gemeinsam liefen sie hinunter zum Ufer des Sees, das nun von fast allen Schülern verlassen war, blickten hinaus über die Wellen, die rötlich funkelten. Vorsichtig streckte Lily ihre Zehen ins Wasser, auch der lange Sonnentag hatte die Temperatur nicht wirklich erhöht und es war noch immer sehr kühl, sodass sie deswegen, gemeinsam mit dem auffrischenden Abendwind, die Weisheit ihrer Entscheidung, noch einmal baden zu gehen, bezweifelte.

James hatte keine ähnlichen Bedenken, denn bevor sie auch nur bis zu den Knien im Wasser stand, hatte er sich schon ganz hineingestürzt und paddelte nun auf der Stelle, den Blick erwartungsvoll auf sie gerichtet. „Kommst du auch noch, oder bist du festgefroren?“

Sein gutmütiger Spott brachte sie ein paar Schritte weiter, bis das Wasser schließlich ihre Oberschenkel hochkroch und sie zischend die Luft einsog und wieder inne hielt, weil die Kälte bis in ihre Knochen drang. James schien davon allerdings nicht besonders begeistert zu sein, denn mit wenigen Schwimmzügen war er wieder bei ihr angelangt und stand tropfnass neben ihr im Wasser. „So kalt ist es nun wirklich nicht.“

„Doch!“

Er schüttelte sich ein wenig und sie quietschte, als die eisigen Tropfen auf ihre nackte Haut traten und dort sofort eine Gänsehaut verursachten,die ihre Arme hinaufkroch. Doch James war das nicht genug – mit einem kurzen Schritt trat er auf sie zu und griff nach ihrer Hand, und bevor sie Gelegenheit hatte, überrascht oder verwirrt zu sein oder sich aufzuregen, weil er fürchterlich kalt und nass war, hatte er sie mit sich ins tiefere Wasser gezogen. Ihr ganzer Körper erstarrte vor Kälte und sie riss den Mund auf, gerade als James seine Hände auf ihre Schultern legte und sie mit seinem ganzen Körpergewicht unter Wasser drückte.

Nach einem Moment der Desorientierung tauchte sie prustend und spuckend wieder auf und versuchte, den schalen Geschmack des Seewassers aus ihrem Mund zu bekommen, doch der Anblick von James, der wenige Meter weiter Probleme hatte, sich über Wasser zu halten, weil er so sehr lachen musste, ließ sie andere Gedanken fassen. Ein so hinterhältiger Anschlag verdiente Rache, auch wenn er durchaus Recht damit hatte, dass das Wasser nun, wo sie sich überwunden hatte, nicht mehr halb so kalt wirkte – aber das würde sie ihm sicherlich nicht verraten.

Sie erreichte ihn, während er noch über ihren bedröppelten Gesichtsausdruck und ihre tropfnassen Haare lachte, und legte ihre Hände auf seine Schultern, bevor sie sich aus dem Wasser abstieß und versuchte, ihn unter die Oberfläche zu drücken. Doch trotz ihres Überraschungsmoments war er schneller als sie, besser vorbereitet, und noch während er sank, packte er ihre Handgelenke und zog sie mit sich nach unten. Innerlich fluchte Lily, auch noch, als sie gemeinsam aus dem kalten Wasser auftauchten und wieder Grund unter ihren Füßen fanden – er hatte sie schon wieder geschlagen! Und ihr Zauberstab lag unerreichbar am Ufer, genauso wie seiner!

In der Kälte bemerkte sie erst jetzt, dass er noch immer ihre Handgelenke festhielt, auch wenn sein Griff sich gelockert hatte, und sah zu ihm hoch, grinsend. „Ist ja gut, du hast gewonnen – aber vergiss nicht, dass ich dich in unserem letzten Duell verhext habe!“

Sie hatte leichtfertig gesprochen, doch zu ihrer Überraschung spiegelte sich nichts von ihrem Tonfall in seinem Gesicht wieder, und er starrte ernst, fast schon nachdenklich auf sie hinunter, mit einem Blick, der ihr einen Schauer über den Rücken jagte der nichts mit dem Wasser, das um ihren Körper schwappte, zu tun hatte.

„James?“

Sie runzelte die Stirn, bevor das, was in seinen dunklen Augen stand, auch auf sie überschwappte, und sie sich nach oben reckte, ihre Lippen auf die seinen presste, und zum Teufel mit den Auroren, die die Ländereien bewachten. Sie spürte sein Zögern, seine Überraschung, als er sie ansah, doch gerade, als sie sich wieder zurückziehen wollte, die Wangen rötlich von dem Gedanken, dass sie noch dreister war als er es in den sieben Jahren zuvor geschafft hatte, schlang er seine Arme um sie und erwiderte ihren Kuss. Ihre Lippen schmiegten sich an die seinen als ob sie einen eigenen Willen hätten, und einen Moment später folgte ihr Körper auf der Suche nach seiner Wärme, während ihr bedröppelter Verstand noch verzweifelt versuchte, zu begreifen, was vor sich ging.

Als ihre Gedanken schließlich aufholten, musste sie zugeben, dass sie mochte, was sie tat. Er küsste gut, und seine Finger, die mittlerweile über ihre Arme wanderten und ihren Rücken streichelten, waren auch nicht unwillkommen, genauso wie das Gefühl seiner warmen Muskeln unter ihren Händen... sie seufzte leise, und das Geräusch war es, das ihn schließlich inne halten ließ.

„Lily?“, fragte er vorsichtig, und als sie in seine Augen sah, bemerkte sie die Frage, die in ihnen stand, die Unsicherheit, die so vollkommen untypisch war für den James Potter, den sie kannte, oder zumindest für die letzten sieben Jahre geglaubt hatte zu kennen... und sie lächelte.

„Ja?“

Ihre Geste schien für ihn Antwort genug zu sein auf das, was er nicht gesagt hatte, und er grinste ebenfalls, drückte ihr noch einen Kuss auf die Wange, der mehr von einem unbeholfenen Jungen zu stammen schien als von dem selbstbewussten Mann vor ihr. „Lass uns nach drinnen gehen, ja? Es ist kalt...“

Sie nickte, und schweigend packten sie ihre Sachen zusammen, bevor sie sich auf den Weg hinauf in den Gryffindor-Turm machten, während Lilys Gedanken rasten und sie versuchte herauszufinden, was gerade geschehen war und was sie davon hielt... und das alles wie durch Watte hindurch, denn ihr Herz behauptete merkwürdigerweise und gegen jede Vernunft, dass sie glücklich war.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  rikku1987
2014-06-29T00:24:08+00:00 29.06.2014 02:24
Aha daaaaaaaa ist er dieser Moment auf den ich gewartet habe. Endlich der erste Kuss. Los geht es ihr zwei klein Harry zeugt sich nicht von alleine. Lol wieder ganz klasse.


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