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Nebel über Hogwarts

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Aus dem Hinterhalt

Nebel über Hogwarts – Kapitel 22: Aus dem Hinterhalt
 

James schlechtes Gewissen wegen seines Angriffes auf Snape ebbte nur langsam ab, während der Oktober voranschritt. Auch wenn Sirius ihm da widersprach und meinte, dass Schniefelus nur bekommen hatte, was er verdiente, schämte James sich dafür, dass er all seine guten Vorsätze und seinen Wunsch, sich zu verändern, über den Haufen geworfen hatte, nur weil der verdammte Slytherin ihn auf die Palme gebracht hatte.

Das einzig Gute an der ganzen Sache war, dass Lily bis jetzt offensichtlich noch nicht davon erfahren hatte – wenn Snape gepetzt hätte, hätte sie ihn wahrscheinlich in Einzelteile gehext und dann über den Ländereien verstreut.

Dass er in Lilys Meinung nicht noch weiter gesunken war, bedeutete allerdings nicht, dass sie ihn irgendwie mochte oder vielleicht sogar etwas mit ihm zu tun haben wollte, das war ihm an dem Nachmittag, als sie das Quidditchtraining hatten ausfallen lassen, um schwimmen zu gehen, schmerzhaft klar geworden. Auch wenn es nur sehr wenige andere Schüler von ihm glaubten, schaffte er es doch ab und zu, die Reaktionen anderer Personen auf ihn selbst zu beobachten, und Lily war die Schadenfreude ins Gesicht geschrieben gewesen, als McGonagall ihn zur Schnecke gemacht hatte.

Und eigentlich hatte er die Standpauke genauso wie Lilys Hohn verdient gehabt, auch wenn sie nicht wusste, wieso. Leider machte das den Stich, den er spürte, wenn er daran dachte, nicht angenehmer, sondern fügte nur noch Scham zu der bedrückenden Mischung seiner Gefühle hinzu. Nicht gerade die angenehmste Situation, fand er, und außerdem nicht gerade förderlich für seine schulischen Leistungen und seine Darbietungen im Quidditch-Training.

Seit ihrer letzten, vernichtenden Standpauke hatte Claire ihn noch zwei Mal zur Schnecke gemacht, und das auf eine Art, die sogar sein Ego nicht ohne weiteres verkraften konnte, und mindestens dreimal gedroht, ihn aus dem Team zu werfen. Er glaubte zwar nicht daran, dass sie ihre Drohung wahrmachen würde – dafür war das erste Quidditch-Match der Saison, Gryffindor gegen Hufflepuff, schon viel zu nahe – aber danach musste er zu zittern beginnen.

Er schüttelte den Kopf und rieb seine Haare noch einmal trocken, während er um sich herum die vertrauten Geräusche seiner Teamkameraden nach einem Training hörte, die ihn heute allerdings nicht aufmunterten. Alleine der Gedanke, sie – und sein Haus – im Stich zu lassen, ließ ihn sich innerlich zusammenkrümmen, aber trotzdem schaffte er es nicht, sich zusammenzunehmen und sich zu konzentrieren, und er verstand nicht, warum.

Der einzige Lichtblick in den letzten Wochen waren die Stunden in Verteidigung gegen die Dunklen Künste gewesen, nach dem langweiligen Theorieunterricht zu Beginn des Schuljahres widmeten sie sich nun endlich praktischen Übungen. Zuerst hatten sie sich in Paaren duelliert, doch mittlerweile verwandelte Lovejoy ihr Klassenzimmer jedes Mal in einen verwirrenden Hindernisparcours aus Tischen, Schränken und Stühlen. Danach teilte sie die Schüler in zwei Gruppen, deren Ziel es war, alle Mitglieder der gegnerischen Fraktion mit der Ganzkörperklammer lahmzulegen. Oder sie rief eine Runde Jeden-gegen-jeden aus, in der gewann, wer als letzter noch stand – was zu Beginn mit deprimierender Regelmäßigkeit sie war, bevor die Schüler endlich begannen, zusammenzuarbeiten.

Alles in allem hatte James bei Lovejoy das erste Mal den Eindruck, wirklich auf seinen Traumberuf vorbereitet zu werden. In den wenigen Stunden, in denen sie nun schon an Duellen arbeiteten, hatte er mehr über Taktik gelernt als in den sechs Jahren zuvor, und er glaubte, mittlerweile auch ein Gefühl für die Realitäten eines Auroreneinsatzes zu bekommen. Sogar Sirius musste mittlerweile, wenn auch eher widerwillig, zugeben, dass ihre neue Professorin wusste, was sie tat, auch wenn er nicht so weit ging, zuzugeben, dass er seine Abreibung durch sie verdient hatte.

Seine Freude am Unterricht hielt allerdings meist nur kurz an und konnte nicht überdecken, dass er sich in seinem ganzen Leben noch nie so oft so nachdenklich und niedergedrückt gefühlt hatte.

„Hey James, kommst du auch oder bist du hier festgefroren?“

Emilys Stimme kam von der Tür her und überrascht wandte er sich um, nur um festzustellen, dass sich das gesamte Team schon auf den Weg hoch zum Schloss gemacht hatte. Gehetz rief er Emily ein Ja zu und verschloss seine Quidditchsachen in seinem Spind, bevor er seine Brille zurechtrückte und ihr hinterher hastete. Zu seiner Erleichterung hatte sie am Eingang zu den Umkleidekabinen auf ihn gewartet und gemeinsam machten sie sich auf den Weg zum Schloss hinauf, während sie über das Training sprachen und Emily taktvoll genug war, seine peinlicheren Schnitzer nicht zu erwähnen.

Gemeinsam durchquerten sie die Eingangshalle, das Abendessen war bereits vorbei, doch James fühlte sich ohnehin nicht besonders hungrig, wie immer, wenn er Quidditch gespielt hatte, also machten sie sich sofort auf den Weg in den Gemeinschaftsraum.

Gerade als sie das Portraitloch durchqueren wollten, kam ihnen ein aufgelöster Peter entgegen, der noch blasser wirkte als gewöhnlich und dessen Knie zitterten, als er nach draußen klettern wollte. James packte ihn an der Schulter. „Hey, was ist los?“

Für einen Moment zuckte sein Freund zusammen, doch dann fixierten seine Augen James' Gesicht und er schien zu begreifen, wem er gegenüberstand. „Meine Schwester wurde angegriffen!“

„Was?“ James hatte nur vage Erinnerungen aus den Sommerferien und dem Gemeinschaftsraum an das kleine Mädchen, aber trotzdem durchfuhr ihn eine Welle der Sympathie. „Wo ist sie? Was ist passiert?“

„Sie liegt im Krankenflügel.“

James tauschte einen kurzen Blick mit Emily, die neben ihnen stand und angestrengt versuchte, nicht zu lauschen, dann drückte er ihr seine Quidditchtasche in die Hand. „Kannst du das für mich aufheben?“ Sie nickte, doch James bemerkte sie schon gar nicht mehr, weil er damit beschäftigt war, Peter auf den Korridor hinauszubugsieren und sich auf den Weg in den Krankenflügel zu machen.

Sie sprachen nicht, während sie durch die Flure eilten, James brannten zwar Dutzende von Fragen auf der Zunge, er wagte es aber nicht, sie auszusprechen aus Furcht, Peter nur noch mehr zu verwirren und ihm Sorgen zu machen. Seine Situation war schon schlimm genug, weil er Angst um seine Schwester haben musste, auch ohne James' Gedanken über die Urheber und die Konsequenzen dieses Vorfalls.

Nach langen Minuten, wie es schien, erreichten sie – außer Atem und mit gerötetem Gesicht – die Tür zum Krankenflügel, wo Remus und Sirius bereits auf sie warteten. Beide wirkten unruhig und nervös, Sirius noch mehr als Remus, der aus eigener Erfahrung wusste, wie kompetent Madame Pomfrey war, doch zu James' Erleichterung beschränkten sie sich auf ein aufmunterndes Schulterklopfen für Peter.

„Sie wartet schon auf dich“, erklärte Remus leise und öffnete die Tür für seinen Freund, hinter der sie allerdings nur einen Blick auf einen der weißen Krankenflügelvorhänge erhaschen konnten, bevor Peter verschwand. Für einige Momente standen sie nur da, starrten auf die steinernen Wände des Flures, bevor Sirius aufseufzte und sich an der Mauer entlang auf den Boden hinabsinken ließ. „Hat keinen Zweck zu stehen, oder? Und ich glaube, wir werden noch eine ganze Weile hier bleiben müssen.“

Remus nickte nur betreten und schloss sich dem Beispiel des anderen Rumtreibers an, genauso wie James. Für keinen von ihnen wäre es in Frage gekommen, ihren Freund im Stich zu lassen, wo er sie doch brauchte, wenn schon nicht jetzt, dann doch in einer Stunde oder zwei, wenn sein Besuch zu Ende wäre.

James legte nachdenklich den Kopf in den Nacken. „Woher wisst ihr eigentlich, was passiert ist?“

„Wir waren gerade beim Abendessen, als man sie gefunden hat – und du weißt doch, die Geschwindigkeit, mit der sich auf Hogwarts Gerüchte ausbreiten, stellt jeden Besen in den Schatten.“

Mittlerweile glaubte James, dass niemand in diesem verdammten Schloss das besser wusste als er, auch wenn die meisten Schüler die angebliche Dreiecksbeziehung zwischen Lily, Snape und ihm nicht mehr besonders interessant fanden – wofür er allen Mächten dieser Welt von Herzen dankte. „Mh.“

Keinem von ihnen schien besonders nach Konversation zumute zu sein, besonders, da ihre Stimmen laut und unnatürlich den Flur entlang hallten, genauso wie jedes leise Geräusch, das sie machten, also saßen sie einfach nur da. Ab und zu warf James einen Blick auf seine Uhr und sah zu, wie die Sterne hinter den Fenstern zum Vorschein kamen, aber ansonsten bewegte er sich kaum. Er war viel zu bedrückt und auch beschäftigt mit seinen eigenen Gedanken, seinen Überlegungen und Spekulationen, um zu bemerken, wie kalt der Boden war, auf dem er saß. Seinen Freunden schien es genauso zu gehen, Remus' Blick wirkte noch melancholischer als gewöhnlich und selbst Sirius, normalerweise ein Meister der guten Stimmung, sah nachdenklich und besorgt aus.

Obwohl die anderen Rumtreiber neben ihm saßen, fühlte er sich doch allein gelassen mit all den Gefühlen in seinem Inneren, die stärker und stärker zu werden schienen, je mehr er versuchte, sie zu unterdrücken. Als er schließlich glaubte, es nicht länger ertragen zu können, öffnete sich aber die Tür des Krankenflügels – fast lautlos, so dass er es zuerst gar nicht bemerkte – und Peter trat heraus. Wenn seine Augen ein wenig geröteter waren als gewöhnlich, so gab niemand von ihnen einen Kommentar dazu ab, sondern sie standen einfach nur auf und klopften den Staub von ihren Umhängen.

„Sie schläft jetzt“, antwortete Peter leise, obwohl er die Tür bereits wieder hinter sich geschlossen hatte und er nicht mehr Gefahr lief, seine Schwester wieder aufzuwecken. „Madame Pomfrey sagt, dass sie über Nacht noch zur Beobachtung hierbleiben muss, aber morgen kann sie schon wieder zum Unterricht gehen.“

James nickte. „Das... das ist gut.“

Er wusste nicht, ob er vielleicht nachfragen sollte, was eigentlich mit Suzanne geschehen war, doch bevor seine Überlegung zu einem Ergebnis gelangte, nahm Sirius ihm diese Entscheidung ab. „Was ist denn passiert?“

„Ich weiß es nicht.“ Peter klang wütend, was untypisch für ihn war, und die frostige Härte in seinem Gesicht hatte James in den sechs Jahren, in denen sie sich nun kannten, noch nie gesehen. „Sie wurde von ein paar Flüchen getroffen, Furunkel und Ähnliches, aber zum Glück keine richtig gefährlichen Sachen dabei. Madame Pomfrey möchte sie aber trotzdem hier behalten, nicht weil sie noch unter Nachwirkungen leidet, sondern weil sie einfach zu Tode verängstigt ist.“

„Zu Tode verängstigt?“ Sirius klang ein wenig ungläubig, was ihm einen wütenden Blick von Peter einbrachte, der allerdings trotzdem antwortete.

„Sie hat fürchterliche Angst, dass sie noch einmal verflucht wird, wenn sie verrät, wer es getan hat.“

Die Worte hingen bleischwer zwischen ihnen in der Luft, während sie die Treppen zum Gryffindor-Turm erklommen, jeder von ihnen auf seine eigene Art und Weise nachdenklich. Auch wenn James nie besonders viel mit Suzanne zu tun gehabt hatte – ein paar gemeinsame Mahlzeiten in den Ferien, wenn sie Peter und seine Eltern besucht hatten, und einige Gespräche im Gemeinschaftsraum – ging ihm nahe, was mit dem kleinen Mädchen passiert war, und er wollte es unbedingt beschützen.

Sirius und Remus schien es ähnlich zu gehen, doch niemandem von ihnen war die Entschlossenheit so sehr anzusehen wie Peter, der sich nicht einmal von der erschrockenen Stille im Gemeinschaftsraum aus der Ruhe bringen ließ. An jedem anderen Tag hätte er sich nervös umgesehen und dann an sich heruntergeblickt, um herauszufinden, ob er sich beim Abendessen bekleckert hatte, heute aber ignorierte er alle Gryffindors völlig und lief nur an ihnen vorbei, auf ihren Schlafsaal zu.

Für einen Moment fühlte James sich unentschlossen, überlegte, ob Peter vielleicht alleine sein sollte, doch dann hastete er ihm hinterher, gemeinsam mit den anderen Rumtreibern. Sie mussten etwas tun, etwas unternehmen und überlegen, wie sie Suzanne helfen konnten, und ohne Peter würde das nicht funktionieren.

Als er die Tür öffnete, lag sein Freund bereits auf seinem Bett und wirkte ein wenig überrascht, dass sie ihm gefolgt waren, schien allerdings nicht geneigt, sie sofort wieder aus dem Schlafsaal zu werfen. „Madame Pomfrey hat gesagt, dass McGonagall morgen früh mit Suzie sprechen möchte, und dass ich vor dem Unterricht vorbeikommen soll, um dabei zu sein. Und sie hat eine Eule an unsere Eltern geschickt, um ihnen Bescheid zu geben.“

„Und sie wollte wirklich nichts sagen?“

Peter schüttelte den Kopf. „Ich bin nicht einmal dazu gekommen, sie zu fragen. Als ich nur etwas in die Richtung angedeutet habe, hat sie angefangen zu weinen und ich hab fast eine Stunde gebraucht, um sie zu beruhigen – und einen Beruhigungstrank von Madame Pomfrey.“

„Vielleicht könnten wir...“, bot Sirius an, doch der wütende Blick, den er sich daraufhin von Peter einhandelte, brachte ihn zum Schweigen. „Vergiss es. Du hast doch keine Ahnung, wie es sich anfühlt, Angst vor anderen zu haben, und außerdem kennt sie dich gar nicht.“

Remus seufzte auf. „Also können wir gar nichts tun, außer warten und darauf hoffen, dass sie sich jemandem anvertraut?“

„Aber wir können doch nicht einfach hier herumsitzen!“ James hatte die Worte ausgesprochen, bevor er sie überhaupt gedacht hatte, doch Remus schüttelte nur den Kopf. „Mir gefällt es doch auch nicht, aber...“

„Schniefelus!“

„Was?“ Peter starrte Sirius an, so als ob er jetzt komplett verrückt geworden wäre, doch Sirius wedelte nur mit seiner Hand, so als ob das, was er gerade gesagt hätte, die einfachste Sache auf der Welt wäre. „Was, wenn es Schniefelus war?“

„Snape?“ Remus runzelte die Stirn. „Aber wieso sollte er das machen?“

„Ist doch ganz einfach: Er möchte sich an uns rächen und hat deswegen Suzanne angegriffen!“

James runzelte die Stirn. Er wusste nicht, ob es sein schlechtes Gewissen war, das sprechen wollte, oder sein gesunder Menschenverstand, aber er zweifelte doch daran, dass Snape Suzanne angegriffen hatte. Na gut, er war zwar schleimig und widerlich und er liebte die Dunklen Künste, aber er beschwerte sich auch jedes Mal darüber, dass vier gegen einen fürchterlich unfair wäre – und wäre Siebtklässler gegen Erstklässler nicht mindestens genauso schlimm? „Meinst du das wirklich? Ich kann den Kerl doch auch nicht ausstehen, aber das kommt mir ein wenig... stark vor, selbst für ihn.“

Remus nickte. „Außerdem klingt das, was sie gesagt hat, eher nach einer Clique... selbst wenn sie einen oder zwei von ihnen verpetzt, werden die anderen sich rächen, oder so ähnlich...“

„War ja nur eine Idee.“ Sirius schien von ihrer plötzlichen Verteidigung von Snape eher überrascht zu sein als verletzt, aber er klang trotzdem ein wenig beleidigt, was ihre Diskussion sehr schnell zum Stillstand brachte.

Nach einigen Minuten, in denen sie alle ihren Gedanken nachhingen, seufzte Peter schließlich auf. „Ich rede morgen noch einmal mit ihr, aber mehr kann ich euch nicht versprechen.“

In seiner momentanen, deprimierten Gemütslage fand James, dass sogar das sich schon nach einem Fortschritt anfühlte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  rikku1987
2014-02-08T08:31:45+00:00 08.02.2014 09:31
Armes ding und wieder geht es zügig voran bin Verlauf begeistert


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