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Chronik eines Verrats

von

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V.

Mitte Januar 1981
 

„Gideon und Fabian sind tot!“ Mit aschfahlem Gesicht und tonloser Stimme drängte sich Sirius an Peter vorbei in dessen Wohnung und ließ sich auf das Sofa fallen.

Fassungslos starrte Peter den Freund für ein paar Augenblicke an, dann nahm er stumm aus einem der Schränke der kleinen Küchenzeile zwei Flaschen Butterbier heraus. Eine hielt er Sirius hin. „Tut mir leid, ich hab nichts Stärkeres im Haus...“ Aber so abwesend, wie der andere an dem Getränk, welches er instinktiv genommen hatte, nippte, hätte es genauso gut lauwarmes Essigwasser sein können.

Sirius starrte wortlos vor sich ins Leere und eine beklommene Stille breitete sich zwischen ihnen aus. Sie beide wussten, was der Tod der Prewett-Brüder bedeutete. Nicht nur, dass der Orden des Phönix damit zwei treue und starke Zauberer verloren hatte, nein, Gideon war auch der Geheimnisbewahrer von James und Lily gewesen.

„Sie waren zu fünft. Es hat fünf dieser vermaledeiten Todesser gebraucht, um sie zu töten!“, durchbrach Sirius schließlich das Schweigen und schüttelte den Kopf. Wut, Hass, aber auch Stolz auf die beiden Gefallenen, die so tapfer gekämpft hatten, schwang in seinen Worten mit.

Peter zuckte leicht zusammen und konnte gerade noch verhindern, dass er nach dem Handgelenk, wo er seit knapp einer Woche das Dunkle Mal trug, griff und sich somit verriet. Noch jetzt glaubte er ein geisterhaftes Kribbeln jenes Schmerzes zu spüren, der ihn durchfahren hatte, als der Dunkle Lord mittels uralter, schwarzer Magie das Zeichen in seine Haut gebrannt hatte. Doch als der Schmerz abgeklungen war, hatte er nichts als Stolz verspürt. Stolz darüber, das Richtige getan zu haben.
 

Ausschlaggebend für diese Entscheidung war ein an sich harmloses Weihnachtsgeschenk gewesen. Vermutlich hatte sich James noch nicht einmal etwas dabei gedacht, aber es hatte Peter gezeigt, wie dringend sein Freund gerettet werden musste. Denn während Sirius und Remus am Morgen des 25. Dezembers etwas so Einfallsloses wie Quidditchkarten für ein Länderspiel England gegen Aserbaidschan von James bekommen hatten, hatte auf Peter ein antiquarisches Buch über Ratten und ihre Rolle in der Geschichte der Menschheit gewartet. Ein wunderschönes, altes, in echtes Leder gebundenes Buch mit kunstvollen Illustrationen. Peter war schon immer von diesen klugen Nagetieren fasziniert gewesen, und das nicht bloß, weil es sich dabei um seine Animagusgestalt handelte. Ratten waren einfach die geborenen Überlebenskünstler. Aber das Buch war ein Muggelbuch und James hatte auch noch voller Fasziniation von dem staubigen, vollgestopften Laden in Muggellondon erzählt, wo er es zufällig entdeckt hatte, als er auf der Suche nach einem Geschenk für Lily gewesen war. Da hatte Peter gewusst, dass er dringend handeln musste. Schließlich hatte er ja auch dem kleinen Harry eine gewisse Verantwortung gegenüber, auch wenn er nicht dessen offizieller Pate war.

Noch am gleichen Abend, bei dem Weihnachtsempfang im Stadthaus der Lestranges, hatte sich eine Gelegenheit ergeben, mit Lucius Malfoy zu sprechen. Dieser hatte in der Vergangenheit schon mehrfach Interesse an dem Heil der Potters gezeigt, und deshalb glaubte Peter fest daran, dass Malfoy ihn nun bei seiner Mission nicht im Stich lassen würde.

Lucius war zunächst überrascht gewesen, als er erfahren hatte, dass es nicht um die Genehmigung für den Raumerweiterungszauber ging, für den Peter nach einer Gehaltserhöhung Ende November einen Antrag gestellt und Lucius gebeten hatte, mittels seiner Kontakte dem Ganzen etwas auf die Sprünge zu helfen. Denn so etwas dauerte, sofern man nicht Wer war, in den Mühlen der Bürokratie schier ewig. Und tatsächlich hatte Lucius Malfoy Peter an dem Abend damit überraschen wollen, dass der Antrag genehmigt worden war. Dann aber hatte er die schier einmalige Gelegenheit erkannt, die sich ihm in Form der Besorgnis, die aus Peters Stimme herauszuhören gewesen war, geboten hatte und er hatte beschlossen, Nägel mit Köpfen zu machen. Er hatte den jüngeren Zauberer davon überzeugt, dass er nur dann, wenn er ein Mitglied des Dunklen Ordens würde, jener Vereinigung, die sich für den Erhalt ihrer Kultur und ihrer Werte einsetzte, die Macht und die Verbündeten fände, die er bräuchte, um seinen Freund James aus Dumbledores Klauen zu befreien und ihn vor den Abwegen, auf die dieser ihn locken wollte, zu bewahren. Und auch, dass harte Zeiten nun mal harte Maßnahmen erforderten.

So war es gekommen, dass Peter zwei Wochen später, genau am 9. Januar, den Todessern beigetreten war. Es war das erste Treffen im neuen Jahr gewesen und fast alle Anhänger Voldemorts waren zugegen gewesen. Und die Abwesenden hatten einen guten Grund für ihr Fehlen gehabt. Wie etwa Severus Snape, des Lords Spion in Hogwarts, der an diesem Tag Geburtstag gehabt hatte und von dem erwartet worden war, dass er dieses Ereignis gebührend im Kreise seiner Kollegen feierte.
 

Peter riss sich zusammen. Er hatte schließlich gewusst, dass Antonin und die anderen auf Fabian und Gideon angesetzt worden waren. Schließlich war es der einzige Weg gewesen, an die Potters heranzukommen. Aber jetzt galt es erst einmal seinen eigenen Part in dieser Operation zu spielen.

„Und... und was ist mit James und Lily?“, fragte er stockend, scheinbar von der Nachricht noch immer betäubt.

„In Sicherheit!“, sagte Sirius und atmete erschöpft aus. „Ich war im Hauptquartier des Ordens, als uns die Nachricht erreichte. Dumbledore war auch schon informiert. Auf seine Bitte hin habe ich James, Lily und Harry nach Hogwarts gebracht, während er zu den Weasleys ist, um Molly tröstend zur Seite zu stehen.“

Hogwarts... Der vermutlich sicherste Ort im ganzen Land und somit die logischste Wahl, um James und dessen Familie auf die Schnelle in Sicherheit zu bringen. Aber Hogwarts war auch ein sehr lebhafter Ort, es gab dort viel zu viele neugierige Schüler, als dass die Potters sich dort auf Dauer verstecken konnten. Denn auch wenn der Dunkle Lord niemals die Schule angreifen würde, solange Dumbledore dort Schulleiter war, gab es doch mehr als genug Informanten der Dunklen Seite in dem Schloss, so dass damit zu rechnen war, dass die Potters in dem Moment angegriffen würden – aufgegriffen, verbesserte sich Peter in Gedanken, wusste er doch nun über die wahren Pläne des Lords Bescheid –, in dem sie auch nur einen Fuß außerhalb der schützenden Grenzen setzten. Aber die Rettung der Potters würde eh nicht vor den Toren Hogwarts' geschehen. Dazu agierte der Dunkle Lord zu weitsichtig.

„Vorübergehend ist das sicher die beste Lösung“, sagte Peter jetzt und deutete damit an, dass James und Lily schnellstmöglich ein eigenes, neues, sicheres Haus brauchten.

Sirius nickte. „James denkt darüber nach, mich zu ihrem neuen Geheimnisbewahrer zu machen.“

„Du?“, fragte Peter und spürte, wie eine Woge der Eifersucht ihn überrollte. Erst wurde Sirius alleiniger Pate von Harry und nun sollte er auch noch Geheimnisbewahrer werden! Zugleich überkam Peter aber auch eine gewisse Panik, denn genau das, dass jemand anderes als er selbst Geheimnisbewahrer der Potters wurde, musste er verhindern. Sicher, wenn es dieses Mal nicht klappte, würden seine neuen Freunde eben den nächsten Geheimnisbewahrer töten, aber dem Lord würde eine solche Verzögerung sicher missfallen. Außerdem war Peter unwohl bei dem Gedanken, dass es dann vielleicht Sirius war, der sterben müsste. Denn so sehr er beizeiten diesen und seine gedankenlose Art hasste, so war Sirius doch auch immer noch sein Freund.

Dieser zuckte mit den Schultern. „James meinte, dass er keinen Fremden mit dieser Bürde belasten wolle. Denn auch wenn wir es wohl nie erfahren werden, ist es durchaus möglich, dass der heutige Todesserangriff das Ziel hatte, Gideon auszuschalten, um an James, Lily und Harry heranzukommen.“

Peter schluckte und zwang sich zur Ruhe. Sirius hatte gerade selbst gesagt, dass die wahren Motive der heutigen Attacke wohl für immer im Dunkeln bleiben würden. Er durfte jetzt also nicht die Panik die Oberhand gewinnen lassen. Im Gegenteil... Denn wenn er es jetzt geschickt anstellte... „Ich halte das für keine so gute Idee.“

Überrascht sah Sirius Peter an, doch da fuhr dieser schon fort: „Also, dass du Geheimnisbewahrer wirst. Dass es ein Freund sein soll, ist dagegen schon ein guter Gedanke. Aber du bist als Harrys Pate beim Ministerium eingetragen. Und wir wissen beide, dass die Todesser überall ihre Spione haben. Wenn sie also vermuten, dass James einen seiner Freunde für diese Aufgabe gewählt hat, wärest du in ihren Augen die offensichtlichste Wahl und du wärest in null Komma nichts tot. Deswegen hat Dumbledore letztes Jahr es doch auch abgelehnt, selbst Geheimnisbewahrer für James und Lily zu werden, obwohl er im Augenblick wohl der einzige Zauberer ist, dem gegenüber Du-weißt-schon-wer so etwas wie Furcht empfindet. Es wäre zu naheliegend gewesen. Wenn es also ein Freund sein soll, dann lass mich doch diese Sache übernehmen. Wegen meiner Arbeit und so, habe ich eh kaum Zeit, etwas mit euch zu unternehmen, das hatte ich schon seit vielen Monaten kaum, ich bin in den Augen Außenstehender bestenfalls ein Randläufer. Niemand würde mich als Geheimnisbewahrer in Betracht ziehen. Besonders...“ Peter unterbrach sich selbst, ganz aufgeregt wegen der Idee, die ihm gerade gekommen war. „Besonders, wenn wir alle Welt, sogar Dumbledore, im Glauben ließen, dass du der Geheimnisbewahrer wärest. Das wäre die perfekte Tarnung! Und ich könnte endlich auch etwas zu der Sache beitragen...“

Nachdenklich sah Sirius Peter an, nickte aber schließlich. „Wurmschwanz, ich muss sagen, so viel taktisches Denken hätte ich dir gar nicht zugetraut. Aber was du sagst, hat wirklich Hand und Fuß. Ich werde bei nächster Gelegenheit James auf deinen Vorschlag ansprechen.“



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