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In the Heart

~Daily-Challenge~
von

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Buchrücken - chaotisch - Ausfall - rühren

☆¤*★*¤☆Nummer 4☆¤*★*¤☆
 


 

Wie immer herrschte totales Chaos in der Bank, die an diesem späten Samstagvormittag gerade auf den Ladenschluss aufbaute und die einzelnen Angestellten schon untereinander über die Pläne für das restliche Wochenende tratschten.

Ein Besuch am See, ein Kinobesuch mit der Freundin, ein Abendessen für die Frau, die in den nächsten Stunden einen Ring am Finger haben würde, der nach einem Heiratsantrag angesteckt werden würde …

Melanie war taub für diese Gespräche, denn wie immer, wenn sie hinter der Theke stand und die Kunden bediente, die Geld einzahlen oder abholen wollten, die Papierkram zu unterschreiben hatten, sich ein Konto einrichten wollten oder die lediglich eine Auskunft nach einem Mitarbeiter benötigten, hatte ihr Gesichtsausdruck eine strenge Disziplin, die in einer freundlichen, hellen Stimme endete.

Sie liebte ihren „doch so langweiligen“ Job viel zu sehr, als sich von der Feierabendstimmung mitreißen zu lassen und meistens war sie damit besser bedient, als stundenlang auf die Uhr zu starren, in der Hoffnung, der Zeiger bewege sich auch nur ein bisschen schneller.

„Schönen Tag noch“, lächelte sie die rundliche Dame mit dem Filzhut vor sich an und sah ihr kurz nach, wie sie mit ihrem kleinen Hund, dessen Rasse die Bankangestellte nicht bestimmen konnte, zum Ausgang marschierte. Hatte sie also wieder jemanden glücklich gemacht.

„Mel, wie kannst du so gut drauf sein?“, raunte ihr jemand unmittelbar neben ihr ins Ohr, doch statt sich zu erschrecken, atmete die Angesprochene kurz tief durch. „Mike, im Gegensatz zu dir, bezeichne ich meine Arbeit nicht als lästig.“ Entspannt wandte sie den Blick zu ihm, wo sie auf seinem Gesicht ein deutlich schelmisches Grinsen erkennen konnte. Das passte zu ihm und immer, wenn sie in seine hellblauen, strahlenden Augen sah, die so viel Abenteuer ausstrahlten wie es in der Filiale alle Jubeljahre passierte, fragte sie sich, was er in einer Bank machte. Er sah viel mehr nach einem Extremsportler in Shorts, als nach einem Angestellten in Anzug und Krawatte aus. Die Muskeln für einen Bergsteiger oder Bodybuilder hatte er, das sah man sogar durch den dunkelblauen Zweiteiler, der ihm wie auf den Leib geschneidert worden schien.

Anstatt auf ihre leicht trotzige Aussage zu antworten, sah er wie viele Leute hier auf die Uhr. „Freust du dich nicht auf einen freien Tag? Komm, du kannst mir nicht erzählen, dass du alles für deine Arbeit machen würdest.“ Das Lachen stand ihm ins Gesicht geschrieben, doch zu seinem Glück brachte er das nicht über die Lippen. „Und wenn ich dir sage, dass ich jeden Montagmorgen extra eine Stunde früher aufstehe, um mitzuerleben, wie Herr Meyer die Tür aufschließt?“ Ihr Tonfall blieb ernst und für einen Moment stutzte Mike. Das war nicht ihr Ernst!

„Genau … Und der Kaiser von China ist dein Großvater.“ „Soll ich ihn dir mal vorstellen?“

Nun brach er doch in Lachen aus, obgleich ihn augenblicklich nicht nur Kunden anstarrten, sondern auch höchst ungehaltene Kollegen, die alles zu vermeiden schienen, was bereits mit Spaß und Erholung zu tun hatte.

Melanie seufzte und drehte sich zu ihrem nächsten Kunden um, der bereits vor ihr stand. Mike beachtete sie dabei nicht weiter, sie wusste, dass er in spätestens fünf Minuten den Witz bei der Sache verlieren und wieder an die Arbeit gehen würde. Sollte nicht vorher jemand zu ihm kommen, um sich Geld auszahlen zu lassen.

Ihr übliches Lächeln legte sich auf ihre Züge, während sie die Hände locker auf den Tresen vor sich legte. „Wie kann ich Ihnen helfen?“
 

Zu spät bemerkte sie den unruhigen Blick des Mannes vor ihr, der leicht verstört von einem Menschen zum anderen huschte. Bei Mike blieb er etwas länger hängen, doch auch die anderen Leute um ihn herum blieben in seinen Augenwinkeln. Was musste auch genau jetzt so ein Aufruhr verursacht werden, wo er doch sowieso unter Druck stand!?

Eine Hand schob sich in seine Jackentasche.

Das war absurd, schoss es ihm durch den Kopf, doch er hatte einen klaren Auftrag und damit musste er sich jetzt beschäftigen, auch wenn die Bank voll mit Menschen war, kleinen Kindern, die ihre Eltern begleiteten …

„Keine Bewegung!“, donnerte er und zog sekundenschnell eine Pistole aus der Tasche, die er in die Höhe streckte und somit die Aufmerksamkeit der ganzen Filiale auf sich zog.

Seine chaotisch abstehenden Haare verdeckten einen Teil seines Gesichtes und der Schal, der keineswegs zur Jahreszeit passte, bedeckte seinen Mund und seine Nase. Es war alles genau geplant und durchorganisiert …
 

Melanie erschrak heftig und für einen Moment konnte sie keinen Muskel mehr rühren. Hingegen ihrer Hände, die sich leicht in die Tischplatte krallten und versuchten, nicht zu zittern. Das war ja wunderbar gelaufen, die Bank wurde am helligten Tag von einem Wahnsinnigen überfallen, der sich auch noch ihren Schalter ausgesucht hatte!

Verkrampft rang sie um Beherrschung, doch selbst die half ihr im Moment wenig. Neben sich bemerkte sie Mike, der schon vor Sekunden verstummt war und nun wohl mit einem entsetzten Gesicht auf den Mann mit der Pistole sah. Kinder schrieen und Melanie hoffte, dass ihnen nichts passierte, während der Lauf der Waffe nun auf sie gerichtet wurde.

Sie schluckte leicht und konnte sich den feinen Schweißfilm auf der Stirn nicht verhindern.

„Eine Tasche und das Bargeld, und zwar schnell!“ Der Mann vor ihr zuckte leicht mit der Hand, um mit der Pistole auf den Tresen zu deuten. Die junge Frau vor ihm reagierte jedoch nicht.

„Wird’s bald, ich hab nicht ewig Zeit!“ Wirklich schielte er sofort zur nächst besten Uhr, die an der Wand ihm gegenüber hing und ihm sagte, in 10 Minuten draußen sein zu müssen, um von seinem Kollegen abgeholt zu werden. Diese Schnepfe sollte sich also beeilen, wenn ihr ihr Leben lieb war.

„Mel …“, hörte sie ihren Namen, doch ihr Blick ruhte noch immer auf dem Bewaffneten, ehe sie sich langsam in Bewegung setzte. Sie musste ruhig bleiben, das wusste sie, sonst wäre alles verloren. Und lieber gab sie das Geld weg, als dafür zu sorgen, dass die Menschen hier in der Filiale Schaden nahmen.

Da sie keine Tasche hatte, nahm sie eine Aktentasche, die unter dem Tresen stand und öffnete sie. Ein paar Papiere lagen darin, die sie mit einem kurzen Griff herausnahm und neben sich legte. Unauffällig drückte sie einen Knopf …
 

Die Luft hing dick im verschlossenen Raum und nur ab und zu konnte man ein Atmen hören, was symbolisierte, wie gespannt die Nerven eines Jeden waren. Mel ging es nicht anders und auch wenn sie sich bemühte, einen klaren Kopf zu behalten, weigerte sich ihr Verstand, die Pistole vor ihrem Kopf einfach so hinzunehmen. Schnell hatte sie alles Bargeld, was sie finden konnte, zusammengepackt, doch ehe sie das letzte Bündel hineintat, blickte sie noch einmal auf. Die Uhr schlug 12 …

In einer viel zu gelassenen Geste strich sie sich die Schulterlangen, roten Haare aus der Stirn. „Wollen Sie sonst noch etwas?“, lächelte sie routiniert, sodass der Mann leicht ins Stolpern geriet. Der Griff der Pistole hatte sich kurz gelockert, das sah sie, doch genauso schnell war die Kraft dahinter wieder hergestellt. „Jetzt beeil dich, verdammt!“, knurrte er und blickte noch einmal hektisch zur Uhr.

Ein Ohrenbetäubendes Geräusch durchdrang die angespannte Stille und dieses Mal ertönten Schreie, die nichts mit der Waffe zu tun hatten. Eine ganze Welle an Beamten stürmte den Laden und schneller, als dass der Mann hätte schauen können, war er umzingelt.

Mit zittrigen Fingern trat Melanie zurück und ließ sich schweigend von Mike umarmen, den Blick dabei nicht vom Geschehen nehmend.

„Sie sind umzingelt, lassen Sie die Waffe fallen!“, polterte jemand, der Melanie am nächsten stand. Doch kein Muskel bewegte sich. Sekunden verstrichen und er rührte sich nicht.

Dennoch stand ihm der kalte Schweiß auf der Stirn und seine Augen huschten durch den Raum. Er musste hier raus kommen! Das Geld war egal, sollte sein Boss das doch alleine machen! „Na gut“, räumte er ein und ließ seine Waffe sinken, schon ein Zeichen für die Polizisten, eine Auseinandersetzung zu umgehen.

Der Räuber machte einen Ausfallschritt und hob so schnell die Waffe, dass für einen Moment alle den Atem anhielten. Den Lauf seiner Waffe teuflisch auf Melanie gerichtet, die bereits den Mund geöffnet hatte.

„Nein!“

Ein Schuss ertönte und ein Körper ging ächzend zu Boden. Ein weiterer folgte mit etwas mehr Protest, als die Beamten dem Verbrecher die Pistole aus der Hand geschleudert hatten und derselbige nun mit hinterm Rücken verschränkten Armen niedergestreckt wurde. Er trat um sich und versuchte, sich aus dem Griff zu wehren, doch man merkte deutlich, dass die Wut der Polizisten entfacht war.
 

„Mike …“ Schwächlich brachte sie seinen Namen zustande, während sie sich über ihn beugte und ihn ansah. Eine hässliche Wunde klaffte ihm am Arm aus dem Jackett, welches sich schnell rot färbte. „Keine Sorge.“ Kurz keuchte er auf, aber genauso schnell saß er wieder aufrecht. „Nur ein kleiner Kratzer.“

Melanie bedachte ihn mit einem forschen Blick, wobei ihre Ohren noch klingelten. Es wurde leiser, als der Mann samt Waffe aus der Bank geschoben wurde.

„Wieso hast du das gemacht?“, fragte sie kleinlaut nach und nichts war mehr von ihrer eben noch souverän bewahrten Haltung zu erkennen, die sie davor abgehalten hatte, in Tränen auszubrechen und um ihr Leben zu betteln. „Was wohl, Dummerchen, ich wollte dir helfen. Außerdem war das eben echt cool.“ Er grinste, als hätte er gerade beim Sport einen Pokal für besondere Leistungen erhalten. Melanie schmunzelte unweigerlich und tätschelte ihm das Haar. „Ich wusste immer, du gehörst hier nicht her.“

Ehe er antworten konnte, trat ein Beamter auf sie zu und kniete sich zu den beiden hinunter. „Kannten Sie den Mann?“, fragte er an die junge Frau gerichtet, die verneinend den Kopf schüttelte. „Ich hab’ nicht mal sein ganzes Gesicht gesehen.“ „Nun“, er räusperte sich kurz. „Wie es aussah, war er ein ehemaliger Angestellter von Ihnen. Haben Sie vor kurzen jemanden gefeuert?“ Mel machte große Augen, dachte jedoch angestrengt nach. „Ich bin damit nicht vertraut … Kann gut sein.“ Ihre Schwäche, die sie eben Mike gegenüber gezeigt hatte, war wie weggeblasen. „Ich werde Sie benachrichtigen, wenn wir etwas wissen. Und Sie bringen wir jetzt erstmal ins Krankenhaus.“ Mike nickte und erhob sich mit Mels Hilfe umständlich vom Boden.
 

„Hier, ich hab deine Klamotten.“

Mel trat umsichtig ins Behandlungszimmer und legte die kleine Tasche auf die Liege neben Mike. „Danke. Beim Anziehen musst du mir aber helfen, ich krieg den Arm nicht bewegt.“ Wieder grinste er und für einen Moment zitterte ihre Unterlippe. „Ich hatte wirklich Angst, dass dir mehr passiert als die Schramme am Arm …“, murmelte sie und setzte sich neben ihn, schmiegte sich in einem aufkommenden Gefühl von einer sanften Berührung zum Trost an ihn. Ein Arm schloss sich um ihre Schulter, an der sie an ihn gezogen wurde. „Der Arzt meinte, meine Muskeln seien fest genug gewesen, um einer solchen Verletzung entgegenzukommen.“ Die Worte brachten sie auf das, was sie noch für ihn dabei hatte. Nun war sie es, die grinste.

„Warte mal“, bat sie und drückte sich von ihm ab. Sie langte über ihn zu seiner Tasche, die sie an sich zog und öffnete. Sie holte ein kleines Buch heraus davor, das sie ihm wortlos in die Hand drückte. „Was ist das?“, fragte er nach und strich erst einmal über den Buchrücken, auf dem der Titel „Wie werde ich Bodyguard“ stand. Amüsiert lachte er kurz auf und sah Mel wieder an. „Und was soll das werden?“ „Na ja, du siehst eben aus wie jemand, der Action braucht und so was wäre doch viel besser als ein langweiliger Bankangestellter zu sein.“ Sie schmunzelte und schloss seine Tasche. „Um jemand anderen als dich beschützen zu können? Niemals.“ Er legte das Buch zur Seite und schloss sie wieder in seine Arme. „Lust auf Wochenende?“ „Liebend gern.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  RedSky
2009-01-07T12:34:39+00:00 07.01.2009 13:34
Wow. Dein Schreibstil ist wirklich verdammt überzeugend und sehr realistisch. Ich konnte mir jede Szene genau vorstellen, hatte jede Szene bildlich vor Augen. Die Atmosphäre und die aufgebaute Spannung hast du wirklich gekonnt rübergebracht, Respekt!
Von: abgemeldet
2008-09-16T20:01:51+00:00 16.09.2008 22:01
Kyaaaay!!!
Wo bitte schön war DAS schlecht?!!!

Oh man... ich hab so mitgefiebert, und mir ab und zu einen abgegrinst XDDD und überhaupt war es ja wohl mal wieder Romantik pur (also am Ende). Die Story war einwandfrei.

Ah, nicht ganz XDDDD Wieder ist die Grammatik *dich mit der Nase reinditsch* XDDD
Und auch die Tatsache, dass du die Rollen abrupt getauscht hast... von ihr zum Verbrecherli... Der Übergang wirkte ein wenig unwirsch.

Dennoch, eine absolut geniale Story... und jetzt erzähl mir nicht du siehst das anders. XD


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