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For Want of Evidence

A The Dark Knight Fanfiction
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Good Deed

For Want of Evidence – Chapter 6: Good Deed
 

Batman presste sich dichter in den Schatten des schmalen Backsteinfensterbrettes, die dazugehörige Scheibe war schon längst gesplittert und bot ihm nun die Möglichkeit, ins dunkle Zimmer dahinter zu schlüpfen, um den neugierigen Blicken der Polizisten unter ihm zu entgehen.

Im Polizeifunk hatte er schließlich und endlich gehört, dass man Bezirksrätin Sheryl McVeigh gefunden hatte – endlich – und doch wusste er, dass dies weder auf seine eigenen Bemühungen, sie zu retten, noch auf jene der Polizei zurückzuführen war. Die Mafia hatte gewollt, dass man ihre Leiche entdeckte, genauso, wie sie gewollt hatte, dass man sie als das Zeichen verstand, das sie war – eine Warnung für all jene Politiker, die es wagten, ehrlich zu bleiben und sich gegen sie zu stellen.

McVeigh hatte kurz nach dem Überfall auf den Polizeiball ein Angebot zur Zusammenarbeit erhalten, gemeinsam mit einer Drohung für den Fall, dass sie auch nur in Erwägung zog, abzulehnen. Doch sie hatte es getan, und nun hatte sie die Rechnung dafür auf eine der blutigsten Weisen bezahlt, die das menschliche Leben anzubieten hatte.

Im Schutz des Gebäudes schlich er zum nächsten Fenster, das Glas knirschte unter seinen Füßen, als er die alte Galerie entlangschlich, die die große, nun schon seit langem leer stehende Werkshalle der Weberei umrahmte. Die alten Holzbalken bogen sich bedrohlich unter seinen Füßen, er prüfte jeden einzelnen Schritt, bevor er sein Gewicht verlagerte und hielt sich an die dicken Bohlen, die die Konstruktion in regelmäßigen Abständen stützten.

Er hatte keine Angst, dass man ihn von Draußen sehen würde, seine dunkle Silhouette verschwand völlig vor der Schwärze der Fabrikshalle, die stillgelegten Webstühle ragten als dunkle Schatten in die stickige, staubgetränkte Luft. Hier arbeitete schon lange niemand mehr, der Ruin der Firma hatte auch die Gegend mit in die Tiefe gezogen und nun gab es nur noch wenige Viertel in Gotham City, die heruntergekommener waren als dieses hier. Kein Wunder, dass niemand die Polizei gerufen hatte, als McVeigh gestorben war – keiner der Anwohner wollte riskieren, den Zorn der Mafia zu erregen oder auch nur ihre Gunst zu verlieren.

Auf einer abstrakten Ebene konnte er diese Menschen verstehen, sie hatten Kinder, Familien, die durchgebracht werden mussten, und ab und zu wollten sie sich ein wenig kläglichen Luxus leisten, aber gefühlsmäßig würde er niemals begreifen, wie man dem Verbrechen für einen eigenen Vorteil seine Seele verkaufen konnte. Vielleicht war er dafür zu... reich aufgewachsen, zu all dem, was ihn in seinem Leben gequält hatte, hatten doch niemals Geldsorgen gehört, er hatte niemals erfahren, wie es war, sich seine sehnlichsten Wünsche nicht erfüllen zu können, weil es an den Finanzen scheiterte.

Er trat an das Fenster, das McVeighs Leiche – soweit er das beurteilen konnte – am nächsten war, hier waren die Scheiben nicht gesplittert, sondern vollkommen verdreckt, sodass er nur das matte Glühen der Straßenlaternen durch das dicke Glas hinweg erkennen konnte. Vorsichtig wischte er über die glatte Oberfläche, versuchte, wenigstens eine kleine Ecke freizukratzen, durch die er nach draußen blicken konnte, doch er verschmierte den Schmutz nur noch weiter. Das hier war eine Sackgasse.

Ebenso vorsichtig wie beim Hinweg kehrte er an seinen Ausgangspunkt zurück und streckte den Kopf nach draußen, hier, in der Dunkelheit über dem Niveau der schummrigen Straßenlaternen war er fast unsichtbar und er machte sich keine besonderen Sorgen, entdeckt zu werden. Die Assistenten des Gerichtsmediziners hoben McVeigh gerade auf eine Bahre, um sie zum wartenden Streifenwagen zu fahren, der Mann stand in der Nähe und warf ihnen ab und zu einen kontrollierenden Seitenblick zu, während er sich mit Gordon unterhielt. Beiläufig lauschte er mit Hilfe des Abhörgerätes in seinem Anzug ihrem Gespräch, der Arzt erklärte gerade, woran die Frau höchstwahrscheinlich gestorben war und selbst auf die Entfernung konnte er das Schaudern in seiner Stimme hören.

Zwar war Batman sich sicher, dass der Gerichtsmediziner schon schlimmere Todesarten gesehen hatte... aber nicht bei einer Frau, die so prominent war wie McVeigh, solche Bedeutung für Gotham City hatte. Die Bezirksrätin war beliebt gewesen, schon als Nachfolgerin für Garcia gehandelt worden und schien zudem ehrlich zu sein, eine Eigenschaft, die bei den Politikern der Stadt zunehmend zu einer Seltenheit geworden war. Und sie hatte das Vertrauen, das in sie gesetzt wurde, nicht enttäuscht – wenn auch um den Preis ihres eigenen Lebens.

Sein Blick wanderte über die Straße, Forensik-Spezialisten waren damit beschäftigt, alles, was auch nur so aussah wie eine Spur, in ihre Taschen zu packen, die Zigarettenstummel waren bereits aus dem kleinen Bach von Abwasser verschwunden und nun durchstöberten sie die Mülltonnen. Fast musste er den Einfallsreichtum der Mafiakiller bewundern – ein Tatort wie dieser stellte jeden Polizisten vor fast unlösbare Herausforderungen, denn der schon vorhandene Dreck und die Spuren der Anrainer überdeckten mit hoher Wahrscheinlichkeit all jene Hinweise, die der oder die Täter möglicherweise hinterlassen haben könnten.

Es ärgerte ihn, dass er nicht als Erster hier gewesen wäre, mit Sicherheit hätte er mit Hilfe seiner Fähigkeiten und seiner Ausrüstung Details erkennen können, die den Spezialisten der Polizei verborgen blieben, aber der Anruf, der zu McVeighs Leiche geführt hatte, hatte zuerst wie Routine geklungen. Von randalierenden Jugendlichen war die Rede gewesen, und als der ausgeschickte Streifenwagen schließlich diese Szenerie vorgefunden hatte, waren die Officers natürlich keinen Millimeter gewichen.

Auch Detective Thomas konnte er entdecken, sie stand am Eingang der Gasse und starrte auf den nun leeren Stuhl, ihre blasse Haut schien fast durchscheinend und wie hypnotisiert folgte sie dem leichten Baumeln der Handschellen, die noch immer zwischen den Streben der Rückenlehne hingen. Wie auf dem Polizeiball schien sie geschockt, vollkommen erstarrt, so als ob das Blut und der Schmerz viel zu viel für sie wären und auf eine Weise fand er es verständlich. In Chicago hatte sie in der Innenrevision gearbeitet und war dann Streife gefahren, sie hatte keine Gelegenheit gehabt, sich langsam an den Schrecken von Tatorten zu gewöhnen oder an die brutale, gewaltgeprägte Realität von Gotham City, in der einem Menschenleben kein besonderer Wert zugemessen wurde.

Zwar hatte er in den vergangenen Jahren versucht, diese Einstellung zu ändern, doch es war ihm nicht gelungen und seine angeblichen Morde, für die er die Verantwortung übernommen hatte, waren nicht gerade hilfreich gewesen. Trotz der öffentlichen Ächtung hielten ihn viel zu viele Bürger von Gotham noch immer für... nun, wenn schon nicht für einen Helden, dann wenigstens für jemanden, der die Dinge anpackte und zu einem erfolgreichen Abschluss brachte, wenn auch mit Mitteln, die sie nicht immer gutheißen konnten.

Allerdings glaubte er noch immer, dass er vor zwei Jahren die richtige Entscheidung getroffen hatte, auch wenn er sich immer öfter fragte, was damals falsch gelaufen war... schon längst hatte sich ihm der Schluss aufgedrängt, dass er, wenn er Rachel fallen lassen, aber den Joker verhaftet hätte, zwar die Frau, die er liebte, getötet hätte... aber Harvey Dent und seine Bemühungen gerettet und trotz des hohen Preises viel mehr erreicht hätte.

Mit einer raschen Kopfbewegung vertrieb er die düsteren Gedanken, er wusste, dass das Was-wäre-wenn keinen Zweck hatte und ihn nur in Schuldgefühle stürzte, doch manchmal konnte er sich der betörenden Wirkung der Tagträume nicht entziehen. Zu sehr wünschte er sich, alles richtig zu machen, keine Fehler zu begehen, wie es der Held Batman geschafft hätte – der bloße Mann Bruce Wayne aber nicht.

Noch einen letzten Blick warf er auf die schmutzige Gasse, Thomas war inzwischen fort, auch Gordon machte sich bereits auf den Weg und er selbst konnte ebenfalls nichts mehr tun. Selbst wenn er nun den Tatort untersuchte, die Polizisten hatten alle relevanten Beweise mitgenommen und mehr als genug Material hinterlassen, um jegliche Proben zu verunreinigen... sogar mit seinen Fähigkeiten konnte er nichts mehr ausrichten, das wusste er.

Lautlos zog er sich von seinem Beobachtungsposten ins Innere der alten Fabrikshalle zurück, er folgte dem Laufgang bis zur Treppe und stieg über die schon morschen Holzstufen zum Dach des Gebäudes hinauf. Er schwang sich durch die Luke nach draußen, die Blechplatten, die steil zur Straße hin abfielen, waren eiskalt und rutschig, doch sowohl seine Geschicklichkeit als auch seine Ausrüstung bewahrten ihn vor einem Absturz, als er sich zu einer dunklen Seitenstraße vorarbeiteten, von denen es in diesem Viertel nur so zu wimmeln schien.

Er musste mit jemandem reden, jemandem, der Ahnung von der aktuellen Situation in der Unterwelt von Gotham City hatte und der doch nicht die Aufmerksamkeit der Polizei auf ihn lenken würde, um sich eine Begnadigung zu erkaufen. Für einen Augenblick oder zwei dachte er nach, dann nickte er langsam, er hatte die perfekte Kandidatin gefunden und um diese Zeit war sie vielleicht auch schon zu Hause... nun, die Wahrscheinlichkeit war nicht groß, aber immerhin besser als nichts.

Fast lautlos glitt er in einer fließenden Bewegung vom Dach, um auf dem dunklen, verdreckten Asphalt zu landen. Hastig sah er sich um, doch er konnte niemanden entdecken, die Sicht auf die Querstraße wurde durch einige große Mülltonnen versperrt und in den schmalen, spärlichen Fenstern, die auf die Gasse hinausgingen, brannte kein Licht, ganz offensichtlich wollte niemand diesen Schandfleck der Umgebung sehen, doch das kam ihm nur zupass. Er bückte sich und zog mühelos den runden Deckel vom Abwasserkanal, seine verstärkten Muskeln erlaubten ihm, ihn leise auf dem Boden neben dem Loch abzulegen, das nun vor ihm klaffte.

Seine schweren Tritte hallten in dem Tunnelsystem wider, als er die Leiter hinabstieg, doch das Rauschen des Wassers verschluckte sie schon nach wenigen Metern und verleibte sie sich als Teil seines stetigen Liedes ein. Mit einem letzten, vorsichtigen Blick nach draußen zog er den Deckel über sich zu und sperrte so das letzte Licht der Straßenlaternen aus, in der fast absoluten Dunkelheit konnte er nur das dumpfe Schimmern von Metall erkennen, das ihm den Weg wies.

Vorsichtig überbrückte er den letzten Meter und stieg auf, eine schnelle Bewegung erweckte das Batpod zum Leben und die Scheinwerfer ließen den Tunnel von ihm hell erstrahlen, nach der Schwärze wirkten sie fast blendend hell und für einen Augenblick hielt er inne, um sich daran zu gewöhnen.

Die Straßen waren nicht mehr sicher für ihn, seit vom Commissioner selbst bis zum einfachen Gebäudewächter jeder einzelne Sicherheitsbeamte den Auftrag hatte, ihn zu verhaften, wenn er es denn vermochte, und so hatte er sich auf... andere Wege verlegt, um ungesehen von einem Ort zum anderen zu kommen. Zwar hatte er das Batpod mit kleineren Reifen ausstatten müssen, um den schmalen Wegen auf beiden Seiten des steten Abwasserstroms gerecht zu werden, doch er war mit dem Ergebnis sehr zufrieden, besonders, weil er an so gut wie jeden Ort in Gotham City gelangen konnte, ohne an die Oberfläche zu müssen.

Diesen Weg gedachte er auch jetzt einzuschlagen, obwohl der Weg nicht weit war – die Gegend, in der seine Informatin wohnte, war kaum besser als jene, in der er sich im Moment befand – zog er es vor, seine Transportmöglichkeit stets bei sich zu haben, für den leider nicht so unwahrscheinlichen Fall, dass er wieder einmal in einen Hinterhalt der Polizei geriet. In der ersten Zeit hatten ständig übereifrige Sergeants und Lieutenants, die es in Gotham City anscheinend zuhauf gab, versucht, ihn zu verhaften, doch nach den ersten Fehlversuchen hatten sie begriffen, dass Batman mit einem bloßen Hinterhalt nur sehr schwer beizukommen war.

Ein wenig überrascht war er jedoch, dass Thomas noch keinen eigenen Versuch gestartet hatte, er war sich sicher, dass Gordon sie nicht ins Vertrauen gezogen hatte – das hatte er noch bei niemandem – und eigentlich hätte sie ihr Glück schon auf die Probe stellen müssen. Aber höchstwahrscheinlich hatte der Commissioner ihr eine andere Aufgabe gegeben, immerhin hatte sie bei der Pressekonferenz angekündigt, die Kapazitäten ihrer Einheit voll und ganz dem Kampf gegen das organisierte Verbrechen zu widmen... was ihr keine Zeit ließ, ein nicht ganz so akutes Problem zu lösen.

Mit einer schnellen Bewegung erweckte er den Motor zum Leben und das dumpfe Dröhnen hallte fast ohrenbetäubend Laut in dem Tunnelsystem wieder, der einzige Nachteil des Transportsystems, das er nun verwendete. Ein misstrauisches Ohr hätte leicht feststellen können, wo er sich gerade befand und wohin er sich bewegte, aber die meisten Bewohner der Stadt hielten ihn wohl für eine Gruppe von Kanalarbeitern, die zu den ungewöhlichsten Zeiten schwere Maschinen benutzte.

Er gab Gas und die Kurven rasten nur so auf ihn zu, der Nervenkitzel war wohl auch ein Aspekt, der ihn dazu bewogen hatte, dieses unterirdische Gangsystem für sich zu verwenden, eine falsche Entscheidung würde ihn hier noch schneller töten als auf der Straße, und das bei einer weitaus niedrigeren Geschwindigkeit. Egal, was er sich sonst noch vormachte... er liebte es, das musste er zugeben.

Viel zu schnell hatte er sein Ziel erreicht, eine Sackgasse, die in einen schmaleren Tunnel mündete, den er nicht befahren konnte, bedauernd stellte er das Batpod ab und parkte es, nur um dann zu Fuß weiterzugehen. Nach wenigen Metern hatte er den Kanaldeckel erreicht, den er suchte, mittlerweile kannte er sich ganz gut aus in diesem Labyrinth, das nun sein kleines, privates Reich war und von dem er bedauerte, dass er es nicht schon viel früher für sich entdeckt hatte.

So vorsichtig wie möglich hob er die Platte hoch und spähte um sich, in dieser Gegend war es wahrscheinlicher, auf gefährliche Aktivität zu stoßen, doch er hatte Glück und die Seitenstraße war vollkommen leer. Einige parkende Autos boten ihm Deckung und über den Umweg über einen Kleinlastwagen gelangte er auf das Dach eines heruntergekommenen Wohnhauses, der Betonbau wirkte, als ob er im nächsten Moment zerbröckeln würde und er setzte seine Schritte auf dem geteerten Flachdach genauso vorsichtig, als ob es steil bergab gegangen wäre.

Langsam überquerte er die gesamte Fläche, dann beugte er sich nach vorne und blickte über die niedrige Brüstung nach unten, in der Wohnung, zu der er wollte, brannte kein Licht, aber das musste nichts heißen... so leise wie möglich ließ er sich auf das Fensterbrett hinab, das im Stockwerk unter ihm lag, und öffnete es von außen. Die Meter dehnten sich unter ihm bis zur Straße, sie beunruhigten ihn nicht, ein Sturz aus dieser Höhe würde ihn nicht einmal verletzen und doch regten sie diese instinktive Furcht vor dem Fall in ihm an, pumpten Adrenalin durch seine Adern.

Er glitt hinein, seine Stiefel klackten auf den Fliesen der Küche und für einen Augenblick erstarrte er, doch als sich nichts rührte, schloss er leise das Fenster hinter sich und blickte sich um. Die Wohnung wirkte verlassen, er glaubte nicht, dass jemand zu Hause war, doch er versicherte sich durch einen raschen Blick in jeden der unaufgeräumten, heruntergekommenen Räume. Ganz offensichtlich, Shirley war noch nicht zu Hause, und vorsichtig nahm er auf einem der Küchenstühle Platz und versuchte, sich zu entspannen.

Er wusste, es konnte dauern, bis sie zurückkehrte, im ältesten Gewerbe der Welt waren die Arbeitszeiten nicht gerade das, was man regelmäßig nennen konnte und die Nacht war noch nicht besonders weit fortgeschritten, es lag durchaus im Bereich des Möglichen, dass er bis zum Morgengrauen warten musste.

Die Küche wirkte noch immer so abgelebt wie bei seinem letzten Besuch, die bunten Postkarten und Poster, die Shirley an die Wände und Kastentüren geklebt hatten, zeigten ebenfalls schon Risse und trugen kaum mehr dazu bei, die Atmosphäre aufzulockern. Immerhin, er erkannte den Versuch an, aber ihr war wirklich kein Erfolg beschieden gewesen, vielleicht...

Das Klacken und Scheppern eines Schlüsselbundes, der im Schloss gedreht wurde, ließ ihn aufschrecken, die Anstrengung bei dem Versuch, Bezirksrätin McVeigh zu finden, machte sich ganz offensichtlich bemerkbar, er wäre fast eingedöst und hastig erhob er sich. Im schmalen Vorzimmer, in dem er sich fast nicht bewegen konnte, ging das Licht an, die Silhouette einer kleinen, wohlproportionierten Frau zeichnete sich durch das gewellte Glas der Küchentür ab und er hörte, wie schwere, hohe Schuhe geräuschvoll gegen die Wand flogen.

Shirley Saunders betrat in einem Wirbel aus roten Locken ihre Küche, trotz des langen Tages, den sie zweifellos hinter sich haben musste, schien sie vor Energie zu spüren, doch als sie auch hier die Lampe einschaltete und Batmans hochgewachsene, massive Silhouette an ihrem Fenster stehen sah, stutzte sie für einen Moment.

Doch die Überraschung verging fast so schnell, wie sie gekommen war, sie setzte ihre Einkaufstüte auf dem kleinen, vollgeräumten Tisch ab und stemmte die Hände in die Hüften. „Aha, aha, aha... welch seltenen Gast haben wir denn hier.“

Er antwortete nicht und sie schüttelte nur den Kopf, entledigte sich ihrer Jacke und ließ sich auf den nun frei gewordenen Stuhl neben dem Fenster fallen. „Du hast dich rar gemacht in letzter Zeit.“

Eine unbestimmte Bewegung mit der Hand. „Mir ist nichts anderes übrig geblieben.“

„Und jetzt ist Feuer am Dach und du brauchst jemanden, der dir erklärt, welche Kinder in der Sandkiste sitzen und wie das Spiel funktioniert, nicht wahr?“

Er antwortete nicht, trat nur einen Schritt näher auf sie zu, doch sie blickte zu ihm hoch und lachte trocken auf. „Meine Güte... du warst wirklich viel zu lange nicht hier. Du weißt, dass ich dir die Nummer nicht abkaufe, und ich weiß, dass du mir nichts tun würdest. Nicht nach der ganzen Mühe, die es dich gekostet hat, meinen Arsch zu retten.“

Es gelang ihm nicht, ein Lächeln zu unterdrücken, als er seinen Platz am Fenster wieder einnahm, Shirley war noch immer so unerschrocken wie bei ihrer letzten Begegnung und noch immer viel zu gutherzig für diese Stadt... oder für diese Welt, um genau zu sein. „Ich brauche Informationen über unsere neuen... Freunde.“

Sie antwortete nicht, sondern streckte sich, dann trat sie zu einem der Küchenschränke, der Knopf fehlte bereits und sie zog die Tür an der unteren Kante auf. „Willst du auch?“ Sie hielt ihm eine Flasche Baileys unter die Nase, doch er schüttelte den Kopf, viel zu süß für seinen Geschmack. „Na, dann...“

Sie selbst schenkte sich die doppelte Menge in ein verkratztes, aber sehr sauberes Glas, versteckte die Flasche wieder und nahm am Tisch Platz. „Du meinst natürlich über die Kerle, die McVeigh entführt haben?“

Langsam schüttelte er den Kopf. „Nicht entführt, umgebracht. Die Polizei hat heute Nacht die Leiche gefunden.“

Shirley hielt nicht einmal inne in der fließenden Bewegung, in der sie das Glas zum Mund führte, um einen Schluck zu nehmen. „Schade um sie. Sie war vom ehrlichen Haufen, genauso wie Riva, aber das hat sie wohl den Kopf gekostet. Und du willst jetzt wissen, wer das war? Verzeih, aber damit kann ich nicht dienen.“

Wenn er ehrlich war, dann hatte er damit gerechnet, aber ein Hinweis, irgend etwas, ein wenig mehr, als er ohnehin schon wusste... darauf hatte er wenigstens gehofft.

„Meine Informationsquellen sind im Moment ohnehin dürftiger gesät als jemals zuvor... der neue Pate und seine Leute würden nichtmal ihren Fuß in ein Bordell setzen, wenn dort ein gefesselter Gordon auf sie warten würde... zumindest ist es das, was seine Handlanger immer behaupten, wenn sie zu Gast sind.“ Shirleys Stimme drückte deutlich aus, wie wenig sie von einer Einstellung wie dieser hielt, doch er musste irgendwie zustimmen, auch wenn er damit seiner Gastgeberin wohl zumindest ein wenig Unrecht tat. Sie war nicht nur hübsch, sondern auch fleißig und bis zu einem gewissen Grad intelligent und er wusste nicht, was sie noch immer an einem Ort wie diesem verloren hatte.

„Nun... auf jeden Fall werden diese Idioten wegen der Einstellung ihres Bosses zu noch unerträglicheren Arschlöchern, als sie es ohnehin schon sind...“ Auch bei dieser Feststellung klang sie unvermindert fröhlich, eine Eigenschaft, um die er sie manchmal beneidete. „... und sie geben immer damit an, dass der Lieutenant – so nennen sie ihn nämlich – jemanden wie uns aus der Kaffeekassa bezahlt, wo er doch Polizisten am laufenden Band kauft.“

„Ach?“ Dass die Mafia mindestens ein Spitzel im Polizeipräsidium von Gotham City hatte, war ihm spätestens seit dem Überfall auf den Ball klar, aber was Shirley sagte, klang so, als ob da viel mehr im Busch war, als er gedacht hätte. „Warum so viele, wo doch einer auch ausreicht?“

„Weiß ich das? Ich bin Nutte, keine Hellseherin.“ Sie verdrehte die Augen. „Angeblich macht es ihm Spaß, zumindest sagt das das Gerücht, das gerade in Umlauf ist, aber ich würde meine Hand dafür nicht ins Feuer legen. Ich hab auch schon gehört, dass der Lieutenant drei Meter groß und mit Fell bedeckt ist und übers Wasser wandeln kann.“

Sarkastisch zog er einen Mundwinkel hoch, er mochte ihren trockenen Tonfall auf eine merkwürdige Weise, genauso wie ihre fröhliche Art, die seiner Persönlichkeit diametral entgegengesetzt war. „Na, das ist doch schon was... danke, Shirley.“

Sie kicherte los, konnte sich nicht zurückhalten und musste eine Hand auf den Mund pressen, glucksende Geräusche drangen zwischen ihren Fingern hervor und er hätte die Augenbrauen hochgezogen, wenn er denn gekonnt hätte. „Alles in Ordnung?“

„Ja...“, keuchte sie, noch immer funkelten ihre Augen amüsiert. „Es ist nur... wenn ich den Leuten, die so fürchterliche Angst vor dem großen Batman haben, erzählen würde, dass er sich artig bedanken kann wie ein Schuljunge, der gerade eine Tüte Eis spendiert bekommt...“ Sie grinste wieder zu ihm hoch und für einen Augenblick fragte er sich, ob er gerade gutmütig verspottet wurde, bis ihm auffiel, dass er Shirley gegenübersaß und die Antwort damit zweifelsohne Ja lauten musste.

„Aber das würdest du doch nie weitererzählen, nicht wahr?“

„Ich doch nicht.“ Ihr Unschuldsblick hätte nicht einmal ihre eigene Großmutter getäuscht und sie hielt ihn auch nicht besonders lange durch, er wich sehr schnell einem breiten Grinsten und auch er kam nicht umhin, die Mundwinkel hochzuziehen – die gute Laune dieser Frau war einfach ansteckend.

Doch einen Augenblick später wurde sie wieder ernst und starrte zum Fenster hinaus auf die spärlichen Licht der Stadt, die so spät in der Nacht noch brannten. „Da fällt mir noch etwas ein... vor zwei oder drei Wochen, ich weiß nicht mehr so genau, gab es etwas zu feiern... anscheinend hatte der Lieutenant eine Prämie für seine Leute springen lassen, irgendein großer Coup, der ihm gelungen war. Ich dachte zuerst an ein Verbrechen und hab nicht darüber nachgedacht, aber dann kam nichts in den Zeitungen und jetzt denke ich, dass er es vielleicht geschafft hat, jemand umzudrehen. Jemand wichtigen.“

Nachdenklich nickte er, dieser zusätzliche Bruchteil an Wissen vertiefte seinen Verdacht gegen die höheren Ränge des GCPD noch weiter, irgend jemand dort musste für sich entschieden haben, dass das Geld heller strahlte als die Gerechtigkeit und daher nun für die Mafia arbeiten. „Du bist großartig, Shirley.“

Wieder blitzte ihr Grinsen auf, diesmal mit einer Portion Selbstironie gewürzt. „Ich weiß.“

Vorsichtig fingerte er einen zusammengefalteten Zweihundert-Dollar-Schein aus seinem Gürtel, der sich bronzen vom Rest seines Anzugs abhob, und schob ihn unter die Obstschale, während Shirley ihr Glas abspülte. „Danke.“

Sie wandte sich um und grinste. „Ich danke für den Besuch. Du findest das Fenster selbst, nicht wahr?“
 

Der Morgen dämmerte, erste Schlieren von Rosa zogen über den stahlgrauen Himmel, als er endlich nach Hause zurückkehrte. Zu seinem Versteck am Hafen zu fahren hatte länger gedauert, als er eigentlich gedacht hatte, Kanalarbeiter hatten gerade einen Wasserrohrbruch behoben und so hatte er einen Umweg nehmen müssen... und war eine Stunde später zurückgekommen als eigentlich geplant. Die Müdigkeit hatte seine Bewegungen zusätzlich fahrig gemacht und obwohl er nach einer ganzen Nacht nur noch sehnlichst aus seinem Anzug schlüpfen wollte, war es ihm vorgekommen, als ob er sich mit dem Tempo einer Schnecke bewegen würde.

Doch nun hatte er es endlich geschafft, er war in seinem Lamborghini auf dem Weg nach Hause, die Straßen wirkten leer und er war froh, schon fast den Eingang des Wayne-Towers erreicht zu haben. Doch dann runzelte er die Stirn, als er zwei Gestalten in schwarzen Anzügen auf dem Gehsteig bemerkte, die Knöpfe in ihren Ohren und vor allem die missmutigen Blicke, die sie dem Wagen zuwarfen, wiesen sie ganz eindeutig als Leibwächter aus. Er runzelte die Stirn und verringerte die Geschwindigkeit, auf der anderen Straßenseite rollte ein dunkler Hummer entlang, die Männer, die er durch die geöffneten Fenster entdecken konnte, wirkten, als würden sie gerade auf einer ungeschälten Zitrone herumkauen und er fragte sich, was hier eigentlich los war.

Dann entdeckte er die beiden Frauen, die ihm auf dem Gehsteig vor dem Eingang des Wayne-Towers entgegenkamen, die Größere von beiden – blond und fast ein wenig zu mollig für seinen Geschmack, aber durchaus hübsch – erkannte er aus den Nachrichten, sie hatte am letzten Abend ein Konzert in der Stadthalle von Gotham City gegeben, er hatte sogar mit dem Gedanken gespielt, hinzugehen, bis die Entführung von Bezirksrätin McVeigh ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte.

Er bremste noch weiter ab und öffnete das Fenster, die Bodyguards betrachteten ihn zwar misstrauisch, sahen aber ganz offensichtlich noch keine Gefahr in ihm, nur die Begleiterin der Sängerin, deren Namen er vergessen hatte, warf ihm einen strengen Blick zu.

„Et c’est le bâtiment de Monsieur Wayne?“, fragte sie und er grinste ein wenig, bis jetzt reichte sein Französisch, um diese Unterhaltung zu verstehen – und er musste zugeben, der Turm mit seinem Namen darauf, vor dem sie nun standen, war wirklich ziemlich eindrucksvoll.

„Oui“, antwortete ihre Begleiterin, selbst in dem einen Wort war ihr Akzent deutlich zu erkennen und er vermutete, dass sie vielleicht eine Managerin oder PR-Agentin aus Gotham war. „Le manoir de sa famille a été detruit d’un feu et en ce moment, il le reconstruit.“

Er rollte langsam näher, die Frau hatte zwar den Großteil der Ereignisse, als Ra's al Ghul Wayne Manor niedergebrannt hatte, ausgelassen, aber die Situation richtig dargestellt – das Haus wurde im Moment wirklich neu aufgebaut und stand kurz vor der Fertigstellung, und die Sängerin runzelte die Stirn. „Les gazettes dit qu’il est la plus riche personne de la ville. Est-il célibataire?“

Er verkniff sich ein Grinsen, sie schien recht eindeutige Absichten zu haben, was ihn betraf, immerhin fragte sie nun, ob der reichste Junggeselle der Stadt auch wirklich zu haben war, und er streckte den Kopf aus dem Fenster seines Wagens. „Il est.“, antwortete er trocken und die Managerin starrte ihn für einen Moment an, erst jetzt erkannte sie, wer ihnen da entgegenkam. „Voudrais-vous visiter son bâtiment?“, lud er sie ein, den Wayne-Tower zu besichtigen, und die Sängerin lächelte. „Naturellement. Et vous êtes...?“

Langsam, um die Müdigkeit, die schon zu einem großen Teil verflogen war, abzuschütteln, stieg er aus dem Wagen und bedeutete einem der livrierten Diener am Eingang, den Lamborghini in der Garage zu parken. „Je m’appelle Bruce Wayne.“

Sie begriff und lachte auf.



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