Zum Inhalt der Seite

Fensterschreiben

Every day is writing day
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Feuereifer III (13.04.09)

Tom hatte auf dem Balkon gesessen und den Untergang des Mondes in den letzten Stunden vor Sonnenaufgang betrachtet. Es stimmte nicht ganz, denn auch in den grauen Morgenstunden lag die goldene Scheibe wie eine krumme Münze im abgenutzten Lederportemonnaie bis der Tag es bleich in seiner Hosentasche verschwinden ließ. Er trug heute wieder eine seiner verwaschen grauen Hosen, die er im Frühjahr hervorzukramen pflegte. Tom ebenso.

Teekanne und Tasse neben ihm zeichneten Wellen und Wogen in die weichende Dunkelheit, bis sie gegen das nahende Grau des Morgens ein langweiliger Dunst wurden. Er beschloss, dass es nicht mehr wert war noch eine Kanne zu kochen.

„So allein an diesem Morgen, schöner Mann?“

Tom zog den Kopf aus seinen Gedankenwolken, als Jen im Nachthemd neben ihm in der Balkontür erschien. Sie lehnte sich in den Türrahmen und schlang die Arme um den Körper wie es eine gewöhnliche Frau tun würde, der an einem frostigen Morgen draußen kalt war. Auch wenn besagte Normalfrau vermutlich nie in zu kurzem Transparent erscheinen würde. Und auch wenn für Jen andere Spielregeln galten. In beiderlei Hinsicht.

Sie war es gewohnt routinierte Anflüge von Kälte zu zeigen, ebenso wie es ihr – das hatte Tom in den letzten Monaten gelernt – in beheizten Räumen angeblich zu warm wurde, falls Freunde oder Bekannte im Raum waren. Ihr Schauspiel wirkte zwar unbeholfen und aufgesetzt, fand er, aber es wirkte. Es war genauso wie seine eigene Angewohnheit Jacken zu tragen, obwohl er seinem Wärmeempfinden entsprechend hätte nackt herumlaufen können. Es fiel vermutlich auf, dass er sie ablegte, sobald es möglich war, aber es passte trotzdem ins Bild, dass er sie überhaupt trug.

„Ich dachte, ich versuche mich ein wenig abzukühlen“, reagierte Tom halbherzig lächelnd. Sie würde ihn so

wieso durchschauen – hatte es sicher schon – aber es gab ihm spärliche Sekunden Smalltalk, um das selbst auch zu tun.

„Natürlich, Lavaboy. Sollen wir einen Obsidiananhänger aus deinen Gedanken machen, wenn du es geschafft hast? Ich fand immer diese Theatralischen mit Drachen und Schwertern hübsch, vor allem wenn sie ...“ Tom wehrte ihren Redefluss mit einer eindämmenden Geste ab. Seine Füße begannen kalt zu werden. „Sorry.“

„Du darfst meinen Schädel wie eine Walnuss knacken, sobald ich erfroren bin“, entgegnete Tom nur und verschlang seine Füße unter dem Stuhl ineinander. Normalerweise wurde ihm nicht kalt, aber die Nacht mit Jen und die Stunden in der Kälte bis jetzt machten einen Unterschied.

Jen verzog die Lippen in schmollendem Schuldbewusstsein und kam in rhythmischen Tappen über das Holz zu ihm herüber. Sie fischte seine Tasse vom Tisch und verzog beim Trinken missbilligend das Gesicht.

„Kein Wunder, dass du schlechte Laune hast, wenn du sie dir mit Sencha vergiftest. Sei ein Mann und trink' Earl Grey.“

Tom konnte sie nicht grinsen hören oder sehen, aber er wusste, dass sie es tat. Seufzend drückte er sich aus dem Stuhl, doch musste auf dem Weg hinein verharren, weil Jen plump in der Tür stehen blieb.

„Also?“, sah sie ihn fragend an. Er schüttelte den Kopf.

„Nicht heute. Heute fällt mir keine Pointe ein, um es zu erklären.“



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Ito-chan
2009-07-30T21:46:11+00:00 30.07.2009 23:46
Die beiden werden in ihren Momentaufnahmen immer interessanter. Ich mag die "mystische Atmosphäre, die du aufbaust und auch, wie die beiden sich miteinander verhalten. Ich würde mich bei den beiden echt sehr für einen größeren Handlungs- und Spannungsbogen begeistern können glaube ich.


Zurück