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Private Paparazzo -Reloaded!

von

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Fels oder Brandung

„How would you feel

if I said I didn’t know what I was looking for?“

(Braxton Olita / i.L.L.!)
 

Talas Worte klangen direkt einleuchtend. Wahrscheinlich hatte er Recht, überlegte Kai, und Hitoshi hatte sich schon längst wieder beruhigt. Und morgen würden sie über alles Reden können. Er verdrängte das enge Gefühl in seiner Magengrube und nahm Anlauf. „Hey, mitkommen!“, rief er, als er an Tala vorbeistürmte und stieß ihn flüchtig an. Der Rothaarige nahm die Herausforderung an und folgte ihm, sie rannten ins Meer wie Kinder, und das Wasser spritzte meterhoch um sie auf.
 

Kai tauchte ab und schwamm ein paar Züge unter Wasser. Seine Augen hatten sich schon an das brennende Salz gewöhnt und inzwischen machte er auch nicht mehr den Fehler, den Mund zu öffnen. Es fühlte sich einfach herrlich an, wie Schweiß und Dreck von seinem Körper gespült wurden. Als er merkte, dass er noch sein Shirt trug, tauchte er wieder auf und zog es sich über den Kopf. Tala stand ein Stück von ihm entfernt und war wohl auf die gleiche Idee zu kommen, denn er hielt seines in den Händen und wusch es gründlich durch. Seine Haut war ganz braun geworden in den letzten Tagen, Kai hätte nie gedacht, dass er so dunkel werden konnte, und die Sonne hatte einige helle Strähnen in den roten Schopf gebleicht. „Du siehst gut aus“, meinte Kai, als er zu ihm kam. Tala sah ihn verwundert an. „Danke...“
 

Unschlüssig standen sie im hüfthohen Wasser und warteten darauf, dass der jeweils andere etwas sagte.

„Wir können ein Feuer machen“, meinte Tala schließlich.

„Ja...da drüben, bei den Felsen.“ Kai deutete zum Strand.

„Gute Idee. Was essen wir?“

„Nichts? Ich habe keinen Hunger“, antwortete Kai. „Wir können uns ja gegenseitig anknabbern!“

Hatte er das laut gesagt? Oh. Kai warf einen peinlich berührten Blick zu Tala, der ihn mit hoch gezogenen Augenbrauen erwiderte. „Das war...deutlich“, sagte er und lachte über Kais pikierte Miene.
 

Sie klaubten ein wenig Treibholz zusammen, und Tala fand ein Feuerzeug in seiner Tasche, was ihn ebenso erstaunte, wie die Tatsache, dass es trotz des Wassers noch funktionierte. Als die Flammen genug Wärme spendeten zogen sie sich aus und legten die Sachen zum Trocknen in den Sand.

Die Sonne war gänzlich untergegangen, bis sie mit allem fertig waren. Kai beobachtete, wie die Wassertropfen auf seiner Haut verdunsteten. Er saß mit angezogenen Beinen, das Kinn auf den Knien, am Feuer. Tala lag neben ihm auf dem Bauch.
 

„Seltsam, das mit Hitoshi“, murmelte der Rothaarige schläfrig. Er hatte die Augen geschlossen. „Ich war drauf und dran, ihn zu mögen.“ Kai runzelte die Stirn. „Ach, wirklich?“

„Ja, irgendwie...irgendwie schon. Vielleicht, weil du wieder netter zu mir warst...und obwohl er so kauzig geworden ist...Ich meine, er schien ja eigentlich harmlos, oder? Wäre doch nicht schlecht gewesen, wenn wir das Kriegsbeil begraben hätten.“ Seine Mundwinkel hoben sich und Kai schüttelte den Kopf. Er nahm eine Hand voll Sand und ließ ihn in die Kuhle rieseln, die Talas Rücken formte. „Du bist komisch, Iwanov!“

„Guck in den Spiegel, Hiwatari!“
 

Kai ließ die Hand fallen und tastete nach Talas Schulterblättern. Da waren sie, eine der wenigen Stellen an seinem Körper, die genauso scharfkantig waren, wie sein Charakter. Man konnte sich daran festhalten, die Finger verkrallen und denken „Jetzt hab ich dich!“, wenn man den Griff nicht für Weicheres aufgab. Kai ließ Talas Worte durch seinen Kopf wirbeln. Er hätte Hitoshi nie gehasst, wenn Kai nicht zwischen ihnen gestanden hätte. Wahrscheinlich hätte der Rothaarige Hitoshi dann nicht einmal bemerkt. Und außerdem war Hass ein zu großes Wort für das, was er damit beschreiben wollte.

Es ging immer nur um mich, dachte Kai. Wie schrecklich.

Wegen ihm war Hitoshi zu einem Stalker geworden und hatte Tala im Verborgenen einen Konkurrenzkampf ausgefochten. Vielleicht wäre es einfacher, wenn er sich zwischen ihnen entscheiden konnte, obwohl sie überhaupt nicht dasselbe von ihm wollten. Vielleicht lag es daran, dass sie alle Männer waren. Vielleicht...

Tala döste. Kai legte die Hand flach auf seinen Rücken und spürte, wie sie sich langsam nach oben und wieder nach unten bewegte. Ganz leicht, wie aus der Ferne, klopfte der Herzschlag gegen seine Fingerspitzen.
 

Warum konnte er nicht mit dem einen Mann schlafen und mit dem anderen auf mentaler Ebene genauso intim werden? Nicht, dass Tala ihn nicht verstand. Vieles verband sie. Aber er würde mit ihm nie die gleiche platonische Ebene erreichen, wie er es mit Hitoshi tat. Ebenso würde er sich Hitoshi nie körperlich anvertrauen können, weshalb es ihn auch so erschütterte, dass dieser mit seinen heimlichen Beobachtungen in diesen Bereich eingedrungen war. Diese Beziehung, die sie alle drei miteinander verknüpfte, hätte mehr Zeit gebraucht. Kai spürte, dass etwas wundervolles daraus hätte entstehen können. Und vielleicht gab es ja noch eine Chance dafür, wenn es stimmte, was Tala sagte; dass er Hitoshi „nett“ finden könnte.

Aber dazu mussten sie den Wulst an Missverständissen auflösen, oder besser, er selbst musste es tun. Immerhin war er erst Auslöser für dieses Durcheinander gewesen.
 

„Tala?“ Er erntete ein kurzes Brummen. „Ich...“

Ja, was „Ich“? Was wollte er ihm sagen? Ihn einfach zu fragen, ob er eine Dreiecksbeziehung akzeptieren konnte, schien angesichts der jetzigen Situation mehr als fraglich. Schließlich wussten sie ebenso wenig, wie Hitoshi gerade zu ihnen stand. Nein, wie gesagt, so etwas brauchte mehr Zeit.

Vielleicht sollte er erst einmal damit anfangen, sein Verhältnis zu Tala wieder zurecht zu rücken. Ihre Auseinandersetzungen und gegenseitigen Vertrauensbrüche hatten ziemlich viel zerstört. Oder hatte es schon angefangen, als sie das erste Mal miteinander geschlafen und ihre Beziehung so auf ein anderes Level gehoben hatten?

„Ich muss wohl akzeptieren, dass es nicht mehr so ist, wie früher“, sagte er schließlich.

„Das ist es schon lange nicht mehr“, entgegnete Tala, und Kai kam es vor, als hätte der Rothaarige genau gewusst, über was er nachdachte. Wie sonst konnte er so eine passende Antwort auf diese kryptischen Worte finden? Sie kannten sich so gut. Es war beinahe beängstigend.
 

„Warum bin ich nur so wütend auf dich gewesen?“, fragte Kai leise. „Warum habe ich nicht erkannt, was dahinter steckte? Und warum, verdammt, braucht es diese...Reise und einen Menschen, den ich krank gemacht habe, um mich das verstehen zu lassen?“

„Weißt du, darüber habe ich nachgedacht“, meinte Tala. Er drehte den Kopf zu ihm, die Wange auf seine verschränkten Arme gelegt und blickte zu ihm auf. „Wer weiß, wie es gekommen wäre, wäre Hitoshi nicht aufgetaucht. Dann hätten wir uns immer weiter voneinander entfernt und irgendwann gemerkt, dass unsere Beziehung in einem langsamen, quälenden Prozess verreckt ist. Und dafür bin ich Hitoshi dankbar. Er hat mich dir näher gebracht.“

„Ja“, sagte Kai tonlos. „Hitoshi hat es nicht verdient, in dieser Situation zu sein.“

„Und genau deswegen werden wir das auch wieder in Ordnung bringen!“
 

Kai nickte stumm. Dann beugte er sich vor und legte sich dicht neben Tala auf den Bauch. Ihre Körper berührten sich. Kai hatte den Kopf zu Tala gedreht, die Wange lag auf seinen Händen. Der Rothaarige legte einen Arm um ihn und zog ihn zu sich heran. Nun war es seine Hand, die warm auf Kais Rücken lag, auf dessen Unterarmen sich die feinen Härchen aufstellten, als ihm bewusst wurde, dass sie nackt waren.
 

Er hatte früher nie wirklich wahr genommen, dass es Tala war, zu dem dieser Körper gehörte, den er doch so gut kannte. Sie waren miteinander ins Bett gegangen, und das war es gewesen; es hatte keine Bedeutung gehabt, bis zu diesem Tag, als er Hitoshi seine Ängste offenbarte. Aus dem einfachen Grund, weil er maßlos von Tala enttäuscht gewesen war.

Nein. Das war so nicht richtig. Viel mehr war er geschockt gewesen, weil er erkannt hatte, dass Tala nicht der sein konnte, den er gerne gehabt hätte. Tala hatte einen Makel offenbart, von dem Kai zwar gewusst, ihn jedoch bis dahin immer verdrängt hatte: er konnte seiner überdrüssig werden.
 

„Ich hätte ehrlicher sein sollen“, murmelte Kai und malte Kreise auf die Haut des anderen.

„Und dann?“, entgegnete Tala. „Weißt du, so ganz ohne rosa Brille läuft es nun mal auch nicht!“ Kai lächelte und knuffte ihn. Das klang ja fast, als wäre er wie ein kleines Mädchen verliebt gewesen! Aber so war es doch nicht. Seine Beziehung mit Tala war die logische Konsequenz ihres ständigen Zusammenseins gewesen. Alles ganz selbstverständlich, alles ganz einfach. Hätte er nicht so viel darüber nachgedacht, würde nichts zwischen ihnen stehen. Kai schüttelte den Kopf.
 

„Hey, kannst du das Denken auch mal abstellen?“, fragte der Rothaarige belustigt. Kai sah ihn an, ja, warum eigentlich nicht, einfach fallen lassen, wie früher. Er suchte Muster in der blauen Iris mit der deutlichen schwarzen Umrandung. Da waren sie, flackerten mit dem Feuer in seinem Rücken. Herrlich einfach.

„...und es auf das Körperliche reduzieren? So wie früher?“, meinte Kai. Die blaue Iris beschrieb einen Kreis, noch mehr Muster. „Kai...“ Talas Stimme war kaum noch zu hören. Die Hand auf Kais Rücken strich hin und her. „Wir sind ganz allein. Auf einem Stein im Wasser fernab jeglicher Zivilisation. Da vorne ist das Meer und unter dir der Strand. Und die Nacht ist so warm, dass wir nackt hier liegen können. Was willst du denn noch?“
 

„Sag meinen Namen, wenn du kommst“, antwortete Kai, die Worte hatten sich einfach so gebildet, genauso, wie die Bewegung, die jetzt in seinen Körper kam. Er reckte das Kinn und küsste Tala. Seine Lippen waren salzig, wie immer in letzter Zeit. Er mochte den Geschmack, mochte, wie Talas Mund zu dirigieren begann, weil er dann alles, wirklich alles, vergaß.

Dann lag er auf dem Rücken. Wenn er blinzelte, wusste er nicht, ob er es wirklich tat oder es sich nur einbildete. Es war so dunkel und das Feuers schon längst in sich zusammen gefallen. Aber warm war es, überall, wo Tala ihn mit seinen trockenen Händen berührte. Sand rieb über seine Haut wie Schmirgelpapier. Die Hände wanderten weit nach unten, über seine Beine, zwischen sie. Und dann war da das überwältigende Gefühl von Fingern, Lippen, Zunge. Er konnte nicht einmal stöhnen.
 

War es schon immer so gewesen? Kai konnte sich beim besten Willen nicht erinnern. Zu oft hatten sie sich davor betrunken und waren mehr hemmungslos denn lustvoll übereinander hergefallen. Es war wild und wahnsinnig schön gewesen, natürlich, aber nie so leise, so ungewollt leise.

Kai brachte keinen Ton heraus. Als er kam, schnürte es ihm die Luft ab, verzweifelt rang er nach Atem. Nur kurz war er allein mit sich, dann fand Tala blind seine Lippen und küsste ihn. Ja, das war Tala, ganz sicher; es war ihm noch nie so bewusst gewesen wie jetzt. Endlich fand er Luft und Worte, sagte diesen Namen und erhielt Antwort von seinem Körper. Er wurde hochgezogen, auf Talas Schoß, seine Arme hielten ihn fest. Eine Hand wanderte über seine Wirbelsäule zum Nacken und das Kinn entlang. Warme Finger legten sich auf seine Lippen, und er küsste sie und sog an ihnen, kitzelte sie mit seiner Zunge. Dann Talas Mund an seinem Hals, er warf den Kopf zurück, die feuchten Finger tasteten an ihm hinab, in ihn hinein. Es tat weh, natürlich tat es das; wie lange war das letzte Mal her? Er vergrub Hände und Gesicht in dem nassen, roten Haar und wartete darauf, dass es angenehmer wurde. Tala roch nach Salzwasser und Rauch, ganz ungewohnt, uns seine Haut war rauher. Kai tastete seinen Rücken ab, fand die Schulterblätter, hielt sich an ihren scharfen Kanten fest und flüsterte: „Jetzt hab ich dich!“, während Tala ihn endlich auf sich hob. Beinahe glaubte er, ihm würde schwindlig dabei, doch er hielt sich aufrecht, und der Rothaarige legte das Gesicht in seine Halsbeuge.
 

Kurzentschlossen schob Kai ihn zurück, drückte ihn nach hinten, bis er flach unter ihm lag; und dann bewegte er langsam die Hüften und hörte aus dem Dunkeln ein Keuchen als Antwort. Talas Hände legten sich auf seine Taille und zeigten ihm den richtigen Rhythmus, der weit weniger schnell war, als er erwartet hätte. Endlich fand er wieder Luft und stöhnte leise, hielt seine eigene Lust zurück, um zu beobachten, wie Talas immer stärker wurde. Fasziniert spürte er seinen Bewegungen nach und hörte auf die Laute, die er von sich gab, im Bewusstsein, dass tatsächlich er selbst Schuld daran trug. Die Erkenntnis ließ ihn zittern, er merkte, wie er schwächer wurde und ließ sich nach vorn auf Tala sinken, der ihm die Hand in den Nacken legte und auf seinen Mund zog. Sein Gesicht war heiß.

Aus der Nähe erkannte Kai die Umrisse seiner Züge und die Spiegelung von etwas hellem in seinen Augen. War das der Mond? Talas Atem streifte seine Wangen. Aufmerksam sah Kai zu, wie er das Gesicht verzog, und Tala verbarg nichts vor ihm. Es war seltsam, war es doch Kai, der gerade genommen wurde. Und trotzdem schien diesmal er die Oberhand zu haben.

Talas Körper kam ihm entgegen, seine Finger hinterließen Kratzer auf seiner Hüfte, als er Kai noch näher zog. Seine Lippen teilten sich und formten ein Wort, er sagte es, einmal, zweimal, dreimal; er sagte „Kai!“, und als er das hörte begann es weit hinten in seinem Hals zu brennen.
 

Dann war es vorbei. Außer Atem lagen sie beisammen, sich aneinander festhaltend, als wollten sie nicht akzeptieren, dass sie wieder zu zwei Körpern geworden waren. Kai schloss die Augen und wünschte, er würde nur den langsam verebbenden Schmerz in seinem Unterleib fühlen und nicht den, der ihm die Kehle hinauf kroch.

Er war so dumm gewesen. Was hätte aus ihm und Tala werden können, wäre er nicht so sehr damit beschäftigt gewesen, mit seinem Leben zu hadern! Vielleicht hätte er nicht einmal gemerkt, dass etwas fehlte, dass Tala nicht perfekt war. Aber so...wusste er es. Und er wusste auch, was passieren müsste, um alles, wirklich alles, perfekt zu machen.

Und das war eigentlich das Schlimmste.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2010-08-14T05:20:09+00:00 14.08.2010 07:20
Houh... schöööööön! Ich liebe die Schulterblatt-Passagen. Und die Situation, die du da gebastelt hast. Und... irgendwie das ganze Kapitel! Du schreibst so schön. Du hast zwar deinen eigenen Stil, musst diesen aber nicht ständig herausstellen und ihn in den Vordergrund drängen, sodass die eigentliche Geschichte leidet. Das ist perfekt! <3
Von: abgemeldet
2010-08-06T11:38:15+00:00 06.08.2010 13:38
*_* Ich fand diese gewisse Szene großartig *haucht und sammelt sich dann wieder* Äh,ja. Ich war jedenfalls sehr angetan von dem Kapitel. Ich mag es, wie gut du aus Kais Sicht erzählen kannst, seine Gedanken und Gefühle zu Personen oder Situationen etc. darlegen kannst. Weiter so!
Lg,
Ree


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