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Rosenblatt

von

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Rosenblatt

Der Morgen war jung, Nebelschwaden zogen sich durch den Wald und Tautröpfchen fanden sich vereinzelt auf Grashalmen und Blüten.

Trotz der frühen Zeit, war es nicht so still, wie man geahnt hätte.

Kontinuierlich hörte man Zweige unter Schritten knacken, auch ein leises Rascheln der Büsche war zu vernehmen.
 

Ein alter Mann ging einen schmalen Weg entlang, verweilte kurz an einem Rosenbusch und setzte dann seinen Weg fort. Immer und immer wieder wanderte er dieses kurze Stückchen Weg entlang, immer und immer wieder stoppte er an diesem Rosenbusch.

Nichts störte ihn dabei, bis plötzlich das Geräusch des Auslösers eines Fotoapparates die Stille zerriss.

„Habe ich Sie erschreckt? Verzeihung, das wollte ich nicht!“, rief ein Mädchen dem alten Mann zu. In ihren Händen hielt sie eine Kamera, mit der so offenbar Fotos von der Umgebung machte.

Der Mann sah in ihre Richtung, sein Gesicht war unter dem großen Hut nicht erkennbar. Er wandte den Blick wieder ab und schritt erneut den Weg entlang.
 

Das Mädchen zuckte kurz mit den Schultern und beschloss, sich auf den Weg nach Hause zu machen. Auch wenn, nach Hause nicht wirklich eine korrekte Bezeichnung war, denn sie verbrachte gemeinsam mit ihrer Familie ihren urlaub auf einem größeren Bauernhof.

Der Weg war lang und so kam sie erst um die Mittagszeit zurück.
 

Hungrig, wie sie war, begab sich das Mädchen sofort zur Bäuerin in die Küche, die auch gleich Schweinsbraten auftat.

Während dem Essen war es ruhig, die ältere Bäuerin sah besorgt aus dem Fenster.

„Es wird heute wohl noch ein kräftiges Sommergewitter geben. Geh nicht mehr zu weit weg oder bleib lieber am Hof, Hanna.“, meinte sie zu dem Mädchen.
 

Hanna nickte nur.

Sie dankte für die Mahlzeit und verließ den Raum. Ihr Weg führte sie zu den Ställen der Pferde. Laut donnerte ein Flugzeug über sie hinweg und Hanna stellte enttäuscht fest, dass die Ställe abgeschlossen waren. Daher entschied sie sich, dass bisher noch schöne Wetter anderwärtig auszunutzen und sich mit einer Sonnenliege zum Maibaum im Garten zu legen.

Es war ein warmer Tag und die Ruhe ringsum hatte etwas Einschläferndes.

So dauerte es nicht lange, bis Hanna eingeschlafen und in einen wirren, in Grautönen gehaltenen Traum gefallen war.
 

Eine junge Frau schob einen Kinderwagen vor sich her. Immer wieder lächelte sie dem Kind darin zu. Ein Gewitter schien in der Luft zu liegen und immer wieder kam ein Windzug auf, mal stärker, dann wieder schwächer.

Die junge Frau sah besorgt zum Himmel, dann schob sie den Kinderwagen zum Haupthaus des Bauernhofes. Man konnte das Kind lachen hören, ein fröhliches, ungezwungenes Lachen.

Noch immer lächelnd hob die Frau ihr Kind aus seinem Wagen und setzte es auf die breite Couch.

Doch dann schrak sie durch das Knarren einer Diele auf.

Ihr Mann stand da, hatte ihre Rückkehr bereits erwartet. Er schien betrunken zu sein. Dinge von sich gebend, die nicht gesagt werden müssen, wankte er auf seine Frau und seinen Sohn zu.

Das Gefühl von Angst machte sich in der jungen Frau breit. Sie wollte keinen Streit, nicht jetzt. Nicht schon wieder. Unbewusst fuhr sie mit der Hand über die Narben an ihrem Arm, Verletzungen, die sie aus einer vergangenen Auseinandersetzung davon getragen hatte. Schützend wollte sie sich vor ihr Kind stellen, doch wurde sie von ihrem Ehemann mit solch einer Brutalität weggestoßen, dass sie nicht aufstehen konnte. Blut lief über ihr Gesicht, ihren Kopf hatte sie sich an der Tischkante hart angeschlagen.

Mit Tränen in den Augen sah sie mit an, wie ihr Mann das gemeinsame Kind packte, es an den Haaren zum Badezimmer zog. Es schrie, es schrie vor Schmerzen so laut es konnte.

Etwas, dass seinen Vater nicht etwa besänftigte, sondern nur noch rasender machte.

„Sascha! Sascha! Lass ihn in Ruhe, lass meinen Sohn in Ruhe! SASCHA, NEIN!“, schrie die Frau immer wieder, versuchte kriechend hinterherzukommen. Wollte ihrem Sohn helfen.

Doch nichts stoppte ihren Mann, sie musste zusehen wie ihr Kind in die bis zum Rand mit Wasser gefüllte Badewanne gedrückt wurde.

Musste zusehen, wie ihr Sohn hilflos ertrank.

Das Blütenblatt einer Rose, blutrot gefärbt, kam zum offenen Fenster hereingewirbelt, blieb sanft und ruhig am Wasser liegen.
 

Mit einem Ruck fuhr Hanna hoch. Dieser Traum hatte sie aufgewühlt. Dieses kleine Kind, dieser Junge, Sascha.

Er kam ihr so bekannt vor.

Als hätte sie ihn schon gesehen, nicht in diesem Traum, in der Realität.

In weiter ferne donnerte es bereits, doch diese Ankündigung des Gewitters lies Hanna kalt. Sie wollte es jetzt wissen.

Sie wollte wissen, woher dieses Gefühl der Bekanntheit kam.

Das Mädchen rannte so schnell sie konnte. Ihr war gleich, dass sie keine Ahnung hatte, wohin sie lief.

Völlig außer Atem kam sie an einem schmalen Weg an. Ein schmaler Weg, wie der, an dem sie heute Morgen diesen alten Mann getroffen hatte.

Vorsichtig ging sie den Weg entlang.

Zu ihrer rechten sah sie einen dichten Rosenbusch. Hanna bog die Zweige auseinander, darunter kam eine Steinplatte zum Vorschein. Darauf graviert waren nichts weiter als ein Name und eine Rose.

Der Name Sascha, verziert mit Rosenblättern.

Mit einem Mal spürte Hanna eine kalte Hand auf ihrer Schulter, erschrocken drehte sie sich um. Hinter ihr stand der alte Mann, den Hut etwas hochgezogen, sodass sie sein Lächeln erkennen konnte.

Er sagte nur ein einziges Wort.

„Danke.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2009-06-12T17:34:30+00:00 12.06.2009 19:34
Das ist die zweite Geschichte, die ich von dir nun gelesen habe und ich kann mich auch bei dieser nur wiederholen!

Du hast einen wunderbaren Schreibstil, und du schaffst es gleich zu beginn, den Leser mitzureissen und Spannung aufzubauen!
Ziemlich beeindruckend, wie du anhand dieser Wörtervorgaben eine solch spannende und am Ende auch sehr traurige Geschichten gemacht hast!

Liebe Grüsse
butterfly81
Von:  -Leon-
2009-03-09T15:39:56+00:00 09.03.2009 16:39
Am Anfang in der Tat lediglich eine Schulaufgabe bei der einfach bestimmte Wörter benutzt werden mussten ... bis zum Wendepunkt, wo es mit einem Mal in eine interessante gute Geschichte umschlägt.
Von:  Chou
2009-03-08T16:59:29+00:00 08.03.2009 17:59
;___;
Sascha T-T
er tut mir so leid...
aber du hast das wirklich soooo gut geschrieben! >_<
wirklich klasse gemacht!
wundert mich nicht, dass deine Kursgruppe so reagiert hat^^
*knuff*

Greez


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