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Schrei, wenn du kannst

Pairing: Harry x Draco
von

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Alte Erinnerungen

25. Kapitel

Alte Erinnerungen
 

Um Harry wurde es schlagartig finster, doch dann sah er im Schatten eine Treppe, die ihn nach unten in einen düsteren Keller führte und was er dort erkannte, brachte ihn vor nackter Verzweiflung zum Zittern. Er spürte sein Herz immer schneller schlagen, eine unbändige Angst nagte an seinen Nerven und wie aus weiter Ferne hörte er ein boshaftes Lachen durch die Dunkelheit hallen. Jene Stimme verstärkte plötzlich Harrys Furcht und ihm stiegen die Tränen einer unaussprechlichen Hoffnungslosigkeit in die Augen.
 

Genau in diesem Moment stand er mitten in der düsteren Hölle von Brian Byron und sah ganz deutlich ein ledernes Hundehalsband und eine Leine vor sich. Gleichzeitig jagte ihm ein eiskalter Schauer über den Rücken, während seine Eingeweide sich zu einem schmerzenden Knäuel verkrampften und er gegen eine längst vergessene Übelkeit ankämpfte.
 

Einen Augenblick später fixierte Harry mit feuchten Augen eine hölzerne Folterbank, entdeckte allerlei Peitschen, Masken, Augenbinden, Knebeln und Fesseln und eine eiserne Kette schwang unheilsvoll über seinem Kopf immer wieder hin und her. Anschließend glitt sein Blick zu einem Andreaskreuz am Ende der Schatten und er würgte. Sein Würgen wurde zu einem Husten und es dauerte eine Ewigkeit bis er sich soweit im Griff hatte, um den dunkelhaarigen Mann in der Ecke zu bemerken. Dieser lachte schallend und trieb Harry schier in den Wahnsinn.
 

„Aufhören!“, schrie er laut und bestimmend.
 

Das hatte allerdings zur Folge, dass der Mann immer lauter wurde.
 

Rasend vor Zorn schrie Harry abermals und rannte dem Fremden entgegen, bis er erschrocken stoppte und schließlich in die braunen – vom wahren Teufel besessenen – Augen von Brian Byron stierte. Aber bevor er sich auf ihn stürzen konnte, lenkte ihn ein völlig angsterfülltes Schluchzen ab und er erkannte alarmiert eine nackte, zusammengekauerte Gestalt in einem dunklen Kellerloch auf dem Boden.
 

„Draco!“, rief er und hastete auf ihn zu. „Draco, ich bin da!“
 

Gerade als Harry sich hinkniete, um seinen Liebsten schützend in den Arm zu nehmen, war Draco verschwunden und mit ihm das markerschütternde Gelächter von Brian Byron. Doch so schnell würde Harry diesmal nicht aufgeben. Er wollte Rache! Er wollte Draco rächen!
 

Geschwind stand er auf und von einem immer stärker werdenden Gefühl – dem Drang nach Gerechtigkeit! – apparierte er von seinem Hotelzimmer geradewegs in das Wohnzimmer von Kevin Archer.
 

Harry war für einen Sekundenbruchteil verwirrt, schüttelte schließlich den Kopf und wollte nur noch zu Draco. Daher bahnte er sich eilig einen Weg durch das Wohnzimmer und trat daraufhin mit voller Wucht gegen die Schlafzimmertür, womit er seinem Zorn weitere Nahrung gewährte.
 

Drinnen zuckte Joshua Leavey auf dem Bett zusammen, fuhr überrascht herum und sah plötzlich einen jungen, schwarzhaarigen Mann auf ihn zustürmen; die eben noch verschlossene Tür hing windschief in den Angeln.
 

„Brian!“, rief Harry lautstark durch das Zimmer und zog die Vorhänge mit einem Wink seiner Hand zu. „Diesmal lass’ ich dich nicht einfach gehen. Diesmal wirst du für alles büßen! Büßen für das, was du Draco angetan hast.“
 

Joshua riss erstaunt, wütend und für einen Moment absolut sprachlos seine blauen Augen weit auf. Dann schnappte er laut nach Luft und beobachtete verwirrt und mit einer jäh aufwallenden Angst, wie der Fremde lediglich durch den Wink seiner Hand die Vorhänge zuzog, was doch gar nicht möglich war. Wie hatte er das gemacht? Wichtiger noch, wer war der Fremde und wie war er in die Wohnung gekommen? Aber bevor Joshua auch nur den Mund aufmachen konnte, wurde er ruckartig von Draco weggerissen und im nächsten Moment lag er rücklings und keuchend auf dem Schlafzimmerboden, wo ihn zwei blitzende, grüne Augen förmlich durchbohrten.
 

~~~~~~
 

Harry hatte mit großen Schritten die kurze Distanz von der eingetretenen Tür zum Bett überbrückt und sich mit Schwung auf Joshua gestürzt, sodass beide haltlos auf den harten Boden fielen. Schnell raffte Harry sich wieder auf und setzte sich mit vollem Gewicht auf Joshuas Beine, der dadurch hilflos dalag und von einem stechenden Blick fixiert wurde. Dann hob der ehemalige Gryffindor seine Fäuste und ließ all seiner angestauten Wut auf Brian Byron – denn niemand anderen sah er in diesem Moment vor sich – freien Lauf.
 

Harry schlug gnadenlos zu und traf sein Opfer mehrmals im Gesicht, und jeder Treffer wurde von lauten Schmerzensschreien begleitet, während Joshua verzweifelt versuchte sich aus der Umklammerung zu befreien. Doch der Jüngere hatte ganz überraschend so viel Kraft entwickelt und gab dem Unterlegenen nicht einmal den Hauch einer Chance.
 

Harrys Faust traf Joshuas linke Schläfe und schon folgte die rechte und ließ die dünne Haut aufplatzen. Das Blut spritzte aus der Wunde und lief sofort über Joshuas Gesicht, der gleichzeitig panisch gegen hämmernde Schmerzen ankämpfte und einige Sternchen vor seinem inneren Auge aufblitzten. Harry hatte wiederum seine Faust erhoben und es folgte ein lautes, durchdringendes Knacken. Ein gellender Schrei hallte durch das Schlafzimmer und Joshua lag mit gebrochener Nase auf dem Boden.
 

Dem noch lange nicht genug, trafen die nächsten zwei Schläge Kevins Freund am Kinn und die Unterlippe riss auf, was ihm erneut gepeinigte Schreie entlockte, die nun Harry weiter anstachelten. Er sah dabei Brians verzweifelten Blick und je mehr er seine Fäuste auf dessen wehrlosen Körper niederprasseln ließ, desto befreiter fühlte er sich.
 

Nach fast fünf endlosen Minuten japste Harry merklich nach Luft und gönnte seinen inzwischen mit Blut verklebten Händen eine Pause. Diese nutzte er, indem er aufstand und seinen Zauberstab aus der Hosentasche zog. Mit einem einzigen Wink schwebte daraufhin der erschlaffte, aber noch nicht ohnmächtige Körper seines Opfers in die Luft. Dort hing es einige Sekunden lang schwerelos an der Decke und mit einer weiteren Gebärde flog Joshua hart mit dem Rücken gegen die Wand, wo ihn Harry durch einen einfachen Fingerzeig mit unsichtbaren Fesseln an Ort und Stelle festhielt.
 

„Du wirst nie wieder einem Menschen Leid antun!“, rief der einstige Gryffindor und bewegte wie beiläufig seine linke Hand. Die Schranktüren öffneten sich alleine durch seine Magie und mit Hilfe seines Zauberstabs wirbelten augenblicklich Kleider und alle möglichen Dinge durch einen heraufbeschworenen Sturm im Zimmer umher.
 

Harry genoss das Gefühl seiner eindeutigen Überlegenheit und beobachtete lange Augenblicke das wilde Treiben, bis seine Augen abermals sein Opfer musterten, welches hilflos an der Wand klebte und vor Angst und Schmerzen gelähmt das eigentlich Unmögliche verfolgte.
 

Jener Anblick steigerte unbewusst Harrys unbändigen Hass auf Brian und er kam langsam näher. Schließlich stand er unmittelbar vor Joshua und lächelte ihn heimtückisch an. Daraufhin boxte er seinem gefesselten Objekt der unaussprechlichen Abscheu in den Magen, Bauch und am Ende auch auf die Brust. Mit lautem Knacken und keuchendem Stöhnen brachen mindestens zwei Rippen auf einmal. Harry hörte dieses Geräusch mit absoluter Genugtuung und verstärkte sofort die Kraft seiner Schläge.
 

Doch irgendwann – er wusste nicht wie viel Zeit verstrichen war – ließen allmählich seine Kräfte nach und er ging drei Schritte zurück. Joshua hing mittlerweile bewusstlos an der Wand und ringsherum waren überall kleine und große Blutspritzer zu sehen. Der Körper war gänzlich von geschwollen Prellungen, unzähligen blauen Flecken und aufgeplatzten Wunden übersäht, die Harry zum ersten Mal unwohl Schlucken ließen. Aber noch hatte er seine Rache nicht beendet und er hob erneut seinen Zauberstab.
 

„Du bist erledigt, Mistkerl“, schnaubte er und holte tief Luft, die schließlich mit einem lauten Zischen entwich. Sein Gewissen hatte sich in den hintersten Winkel seiner Seele verkrochen und wie in Trance gab es für ihn nur noch eine Lösung. „Nimm das und stirb! …“
 

„NEIN!“, schrie plötzlich eine Stimme panisch hinter ihm. „Harry, tu es nicht!“
 

Harry hielt mitten in seiner Bewegung inne und wusste genau, er kannte diese Stimme. Als sie ein weiteres Mal an sein Ohr drang und flehentlich auf ihn einredete, löste sich der dunkle Schleier vor seinen Augen. Verwirrt und über sich selbst erschrocken kehrte er in die Gegenwart zurück. Er stand mitten in einem verwüsteten Zimmer, an der Wand sah er den gefesselten Joshua und bereits im nächsten Moment hörte er wiederholt diese Stimme.
 

„Harry, das darfst du nicht“, mit beschwörendem Tonfall versuchte Draco Harry von seinem Vorhaben abzubringen, wobei er ängstlich auf dem Bettrand saß und es alleine nicht schaffte, mit zitternden Beinen aufzustehen.
 

Im selben Augenblick wandte sich Harry zu Draco um und blickte in dessen sturmgrauen Augen. Sofort wurde ihm bewusst wo er war und was er getan hatte. Schlimmer noch, ihm fiel schlagartig ein, wie er diese Situation hatte beenden wollen und wurde blass. Wäre Draco nicht gewesen, er hätte …
 

„Draco“, flüsterte Harry nun erschöpft und rannte mit gesenktem Zauberstab auf den Blonden zu. Rasch streifte er sein Hemd ab, denn er trug darunter noch ein T-Shirt und warf es Draco über die nackten Schultern, dann half er ihm beim Aufstehen.
 

„Wir müssen verschwinden“, sprach er leise und nahm Draco fest in eine liebevolle Umarmung. „Wir gehen nach Hause …“
 

Ohne weitere Worte apparierte er mit Draco zum Grimmauldplatz und tauchte mitten im Wohnzimmer wieder auf.
 

~~~~~~
 

Überrumpelt von den Ereignissen des Tages entließ Harry Draco aus seiner Umarmung und nahm die vertraute und friedliche Umgebung seines Zuhauses wahr. Daraufhin seufzte er mehrmals hintereinander erleichtert auf und schluckte einen Kloß ihm Hals herunter, als er begriff, was er soeben getan hatte. Er benötigte dringend Hilfe und nervös zog er mit der einen Hand sein Handy aus der Hosentasche, während er mit der anderen Dracos leicht zitternde Hand festhielt. Allerdings dauerte es mehr als eine Minute, bis er endlich in der Lage war Blaise’ Nummer zu wählen.
 

„Harry?“, klang die vertraute Stimme am anderen Ende. „Hast du dich beruhigt? Du hast einfach aufge…“
 

„Ich brauch’ deine Hilfe, beeil’ dich“, schnaubte Harry aufgelöst ins Handy.
 

„Was ist passiert? Wo bist du?“ Blaise klang plötzlich nicht weniger aufgeregt, als sein Freund.
 

„Grimmauldplatz“, keuchte der Schwarzhaarige und nur einen Sekundenbruchteil später ploppte es leise einige Meter von ihm und Draco entfernt.
 

„Harry!“, rief Blaise, schaute sich suchend nach ihm um und entdeckte ihn zu seinem eigenen Schrecken neben seinem blonden Freund stehen. „Draco!“, bedeutete er laut und kam den beiden entgegen, aber sein unerwartet strenger Blick fixierte nun die grünen Augen von Harry. „Spinnst du? Sag’ mir jetzt nicht, du hast ihn einfach da rausgeholt. Was habe ich dir die ganze Zeit gesagt, du sollst ihm Zeit lassen und nicht einfach handeln. Verdammt Harry, du …“
 

„Halt einfach die Klappe!“, schrie Harry und Blaise verstummte schlagartig. Draco zuckte stattdessen zusammen, woraufhin Harry sein Tonfall bereits leid tat, aber um Draco konnte er sich erst später kümmern, etwas anderes war jetzt wichtiger. „Ich sitze tief in der Scheiße und ich hab’ Draco nicht einfach mitgenommen, sondern vor einem widerlichen Schwein gerettet. Kevins Freund hat versucht …“
 

Stichwortartig erklärte Harry seinem dunkelhäutigen Freund alles was in der vergangenen Stunde geschehen war und als er geendet hatte, saßen sie zu dritt und mit gesenkten Köpfen auf der weißen Ledercouch.
 

„Oh man, dieser Typ hat ganze Arbeit geleistet“, sagte Blaise einige Augenblicke später mit einer Spur Traurigkeit und musterte Dracos blau geschlagenen Oberkörper, der deutlich unter dem offenen Hemd hervorlugte. Seine Hose war immer noch offen.
 

Das entging Harrys Aufmerksamkeit nicht und als er Joshuas Einschüchterungsversuche zum ersten Mal bewusst mit eigenen Augen sah, zog er hörbar die Luft ein. Gleichzeitig war er froh, dass sein ungutes Gefühl ihn die ganze Zeit über nicht betrogen und er im letzten Moment das Schlimmste hatte verhindern können.
 

„Hilfst du mir?“, flüsterte Harry kurz darauf an Blaise gewandt, schloss dabei vorsichtig Dracos Hose und knöpfte das Hemd zu, wobei der Blonde ruhig sitzen blieb.
 

Blaise stand auf, ließ sein Handy in der Innentasche seines Umhanges verschwinden und zückte seinen Zauberstab.
 

„Was glaubst denn du“, kam die schlichte Antwort und er fügte mit einem breiten Grinsen hinzu: „Kümmer’ dich um Draco, ich bin bald zurück.“
 

„Vergiss nicht den Vergessenszauber“, warf Harry noch ein und schon apparierte Blaise mit einem Nicken in Kevins Wohnung.
 

Zurück blieben Harry und Draco. Der Schwarzhaarige stand jetzt ebenfalls auf und lief fahrig im Wohnzimmer auf und ab, bis er plötzlich vor dem Blonden zum Stehen kam und ihn einfach nur ansah.
 

Draco bemerkte den Blick und hob zögerlich den Kopf.
 

„Wie geht es dir? Geht es dir gut? Hast du Schmerzen?“, fragte Harry besorgt.
 

„Ich … ich glaub’ … mir geht’s …“, stammelte Draco, brach ab und sammelte seine Gedanken, bevor er mit leiser Stimme von neuem ansetzte. „Nein, keine Schmerzen. Mir geht es soweit gut.“
 

Erleichtert fiel ein Stein von Harrys Herzen und an dessen Stelle kehrten all die tausend herumwuselnden Schmetterlinge zurück, die beim Blick in Dracos sturmgraue Augen in seinem Inneren einen wilden Tanz aufführten. Verlegen sah er zur Seite und wusste nicht was er jetzt sagen, geschweige denn was er tun sollte. Diesen Augenblick hatte er sich seit Dracos Verschwinden so sehr herbei gesehnt; allerdings unter anderen Umständen.
 

„Draco?“, hörte er sich selbst reden.
 

„Ja“, kam die kaum vernehmliche Antwort.
 

„Ich wollte nicht, dass es soweit kommt“, sprach Harry und schluckte merklich, dann schaute er auf. „Am besten gehst du erst einmal duschen und du weißt ja, wo deine Klamotten sind.“
 

Draco nickte und wirkte dabei ein wenig enttäuscht. Dennoch erhob er sich und ging schweigend in den Flur. Als er schließlich vor der Treppe stand, widerstand er dem Drang sich umzudrehen und Harry anzuschauen, stattdessen lief er langsam nach oben und verschwand im Bad.
 

Nach einer heißen Dusche und sorgfältigen Überlegungen kehrte Draco eine halbe Stunde später wieder zu Harry ins Wohnzimmer zurück, der inzwischen die Stereoanlage laufen hatte und flüsternd sein Lieblingslied mitsang. Dabei lief er nervös auf und ab und bemerkte Dracos Rückkehr nicht.
 

Der Blonde stand unschlüssig im Türrahmen, hin und her gerissen zwischen den Gedanken an ihren vergangenen Streit, seinen tiefen Gefühlen zu Harry und den schrecklichen Erinnerungen an Joshua. Doch innerlich fühlte er sich in Harrys Nähe wieder Zuhause und geborgen. Niemals wollte er dieses Haus noch einmal ohne Harry verlassen. Musste für diese Erkenntnis jedoch erst Joshua kommen, um ihm das zu verdeutlichen? Halt … woher hatte Harry überhaupt gewusst, wo er Draco finden und …
 

„Harry?“, machte der einstige Slytherin auf sich aufmerksam und betrat langsam ins Wohnzimmer.
 

Der Angesprochene hielt abrupt inne, schaute peinlich berührt und mit geröteten Wangen zu Draco hinüber, der schließlich vor ihm stehen blieb.
 

„Woher wusstest du, wo du mich finden kannst?“ Dracos Interesse war sehr groß und daher wählte er den direktesten Weg. „Außerdem, wie hast du …“
 

„Es tut mir so leid“, platzte Harry heraus und ließ betrübt den Kopf sinken. „Wenn du jetzt nicht mehr mit mir reden willst und du noch immer ausziehen willst, ich kann dich verstehen. Ich hab’ nicht nur heute Scheiße gebaut, nein, ich hab’ die ganze letzte Woche Scheiße gebaut. Was ich gemacht habe … oh man, ich habe dir …“, dann brach er ab, machte eine Pause und suchte nach den richtigen Worten und entschied sich schweren Herzens für die Wahrheit, auch wenn er den Blonden am liebsten in den Arm genommen hätte, um ihn nie wieder gehen zu lassen. „Als du mit Kevin Archer verschwunden bist, bin ich dir gefolgt“, gestand er nun kleinlaut und traute sich nicht aufzublicken, wo ihn Draco mit weit aufgerissenen Augen musterte. „Na ja, ich wollte ja gehen, aber ich … ich liebe dich doch … ich hatte Angst um dich. Es war doch alles nur ein total beschissenes Missverständnis!“ Abermals musste er sich unterbrechen und holte tief Luft, um schließlich immer noch auf den Boden starrend und sich auf die Lippe beißend fortzufahren. „Okay, ich gebe es zu, ich habe mir gegenüber von Kevins Wohnung ein Hotelzimmer gemietet und euch heimlich beobachtet. Bevor du etwas sagst oder auch nicht … ich weiß, dass ich das nicht hätte tun dürfen und Blaise, Melanie und Hermine haben mich dafür schon mehr als einmal zur Sau gemacht. Aber was hätte ich denn tun sollen? Du warst einfach Hals über Kopf weg und lässt deinen Zauberstab auch noch hier. Ich hab’ dich verzweifelt gesucht und dann seh’ ich dich ganz plötzlich auf der Straße und … und … ach man, Draco, schlag mich, schrei mich an, hasse mich, wenn es nicht anders geht, aber bitte verzeih’ mir!“
 

Es war gesagt und es gab keinen Weg mehr zurück, das wusste Harry genau. Vermutlich - und bei diesem Punkt war er sich hundertprozentig sicher - würde Draco auf der Stelle seine gesamten sieben Sachen packen und für immer aus dem Grimmauldplatz verschwinden. Für das, was Harry mit seiner heimlichen Spionage getan hatte, gab es schließlich keine Entschuldigung.
 

Daraufhin erhob er seinen Kopf. Er wollte zumindest mit dem restlichen Funken seiner verbliebenen Würde sich von Draco die unvermeidliche Maßregelung anhören und sich auf der anderen Seite von ihm verabschieden. Doch es kam alles anders und völlig anders, als er jemals gedacht hätte.
 

Draco stand plötzlich ganz nah vor ihm und beide schauten sich tief in die Augen. Harrys grüne Seelenspiegel trafen auf die sturmgrauen Tiefen von Draco und der Schwarzhaarige war für einen Sekundenbruchteil zu verwirrt, um reagieren zu können. Dann räusperte er sich und flüsterte kaum hörbar: „Es tut … mir … so leid. Ich … ich wollte das nicht. Wenn du gehen willst, ich halte dich …“
 

Weiter kam er nicht, da berührte Dracos rechter Zeigefinger sachte seine Lippen. Im selben Moment durchfuhr Harry ein Storm brodelnder Lava, der sich mit den herumflatternden Schmetterlingen einen wilden Kampf lieferte. Um ihn herum war alles verstummt und er sah nur noch die sturmgrauen Augen seines Gegenübers, die immer näher kamen.
 

Dracos Lippen trafen sanft auf Harrys plötzlich bebenden Mund und beide durchzuckte das Gefühl, als wäre dies der Augenblick, für den sie schon immer gelebt hatten, für den sie alles um sich herum vergaßen und nicht mehr ohne den Anderen sein wollten.
 

Für Draco existierten nur noch Harrys weiche Lippen, die er behutsam mit seinen eigenen liebkoste. Die Hand des Blonden fuhr dabei zärtlich über die geröteten Wangen seines Helden und Harry dachte, er müsse schmelzen.
 

Wie sehnlich hatte sich der ehemalige Gryffindor einen Kuss gewünscht und ihn in einem unerwarteten Moment wirklich bekommen. Doch plötzlich löste er sich nervös aus ihrer Zweisamkeit und starrte Draco mit einer Mischung aus Furcht, Glück und Überraschung an.
 

Draco wiederum blieb ruhig stehen und konnte immer noch Harry auf sich spüren, obwohl er sich fragte, ob er etwas Falsches getan hatte.
 

„Heißt das …“, begann der Schwarzhaarige leise zu stammeln, leckte sich über die geküssten Lippen und kurzzeitig glaubte er, er würde träumen. Aber die glänzenden Augen seines geliebten Freundes sprachen eine andere Sprache. Er träumte nicht und eigentlich war der Kuss bereits Antwort genug, aber er wollte und musste es aus Dracos Mund hören. Daher versuchte er es erneut und sprach schließlich ruhig weiter. „Heißt das also, du bist mir nicht böse? Du vergibst mir meine bescheuerte Aktion?“
 

„Ich würde zwar eher sagen, das war wohl die absolut dümmste Idee, die einem Gryffindor vermutlich jemals eingefallen ist …“, antwortete nun Draco ebenso leise und doch mit einem versöhnlichen Unterton, „… aber wenn du nicht gewesen wärst, ich wüsste nicht, was Joshua getan hätte. Ich konnte mich nicht bewegen … alles war wie damals, wie bei ...“
 

Schließlich brach Draco ab und senkte den Kopf. Er kämpfte innerlich gegen seine grausamen Erinnerungen an und gleichzeitig konnte er auf Harry nicht böse sein. Früher wäre er es wahrscheinlich gewesen, aber nicht nachdem, was seit der letzten Woche geschehen und was zwischen ihnen alles passiert war.
 

„Du bleibst hier wohnen?“, fragte Harry ganz unerwartet und schon war all seine Angst und seine Enttäuschung wie weggeblasen, als er Dracos zögerliches Kopfnicken sah. Dann schlich sich ein liebevolles Lächeln in sein gerötetes Gesicht, seine Augen nahmen einen verträumten Glanz an und dann zog er Draco in eine zärtliche, allumfassende Umarmung.
 

Abermals trafen sich ihre Blicke und schließlich auch ihre Lippen zu einem innigen Kuss, der innerhalb eines Atemzuges von beiden immer fordernder wurde. Der süßliche Geschmack von Draco brachte Harrys Herz zum Jubeln und er zitterte vor purer Freude am ganzen Körper.
 

Draco erging es in jenem Moment nicht anders. Harry schenkte ihm plötzlich das wunderschöne Gefühl der Geborgenheit, welches er früher nicht einmal bei Blaise gespürt hatte. Gleichzeitig schmeckte er die sanften und honigsüßen Lippen seines schwarzhaarigen Helden, der mit seiner Zunge zärtlich seine eigene liebkoste und ihn förmlich auf eine schwebende Wolke trug.
 

„Ähem“, störte ein lautes Räuspern die Zweisamkeit der Liebenden und sie ließen so plötzlich voneinander los, dass Blaise sich ein breites Grinsen nicht verkneifen konnte, während er im Türrahmen lehnte und in gespielter Manier so tat, als würde er sich seine Fingernägel betrachten.
 

Harry und Draco, die sich einen Moment lang ertappt gefühlt hatten, lächelten nun ebenfalls und Harry legte sanft seinen Arm um die Schultern seines Herzallerliebsten, der wiederum diese Berührung sichtlich genoss und kurz die Augen schloss.
 

„Nun ja, ich wollte euch nicht stören“, bedeutete Blaise und schaute seine Freunde freudestrahlend an. „Wie ich sehe habt ihr euren Streit wohl endgültig beigelegt und ich habe meine Wette verloren.“
 

„Wette?“, fragte Draco verwirrt.
 

Harry wiederum lächelte und sah Blaise fest in die dunklen Augen, während er nebenher beobachtete, wie dieser seine rechte Faust rieb.
 

„Man Kumpel“, sprach Blaise anschließend zu Draco gewandt und kam auf beide zugelaufen. „Beim nächsten Mal stehst du aber wieder auf meiner Seite ...“, und er lachte dabei leise auf, „… jetzt schulde ich Melanie und Ron jeweils hundert Galleonen.“
 

„Wovon spricht er?“ Draco sah Harry nun verdutzt an.
 

„Das erzähle ich dir später, sonst willst du ihn nur gleich auf der Stelle …“, er unterbrach sich und grinste von einem Ohr zum anderen, was Blaise zum Anlass nahm und sich auf einem der Sessel niederließ, „… aber halt mal, wie lange hast du da schon gestanden?“
 

„Lange genug, um euch nicht zu stören“, feixte der dunkelhäutige Zauberer und lud die beiden ein, lieber erst einmal auf dem Sofa Platz zu nehmen. „Aber ist das jetzt noch so wichtig? Ihr habt immerhin lange genug gebraucht um genau DAS herauszufinden, was wir schon seit Wochen … nein … seit Monaten wussten.“ Dann wedelte er mit der Hand und plötzlich tauchten drei gefüllte Gläser mitten auf dem Wohnzimmertisch auf. „Lust einen auf den Erfolg zu kippen?“
 

Diese Worte holten die zwei Liebenden augenblicklich zurück auf den Boden der Tatsachen und sie setzten sich Hand in Hand auf die Couch. Doch bevor Blaise anfing, reichte er ihnen jeweils ein Glas und leerte seines am Ende in einem Zug. Harry roch am Inhalt und erkannte diesen sofort als Feuerwhisky und tat es seinem Freund gleich, nur Draco zögerte und wartete ungeduldig, was nun folgen würde.
 

Endlich, nach unendlich quälenden Momenten, räusperte sich Blaise erneut und schaute beide an. „Wie drücke ich es am besten aus … also, wenn ich nicht gekommen wäre, hätte dieser Kevin eindeutig eine Grundrenovierung seines Schlafzimmers machen müssen. Sein Freund … dieser ekelhafte Typ … braucht spätestens morgen nach dem Aufwachen einen Krankenhausaufenthalt und ich dringend Eis für meine Hand.“
 

Daraufhin rissen Harry und Draco ihre Augen weit auf und Blaise erzählte, was ihn in Kevin Archers Wohnung erwartet und was er schließlich wieder in Ordnung gebracht hatte. Während er erklärte schaute Harry betroffen zu Boden und Draco kämpfte mit einem aufwallenden Übelkeitsgefühl, das er nur zu gut kannte. Allerdings freute er sich innerlich – was er offen niemals zugegeben hätte – dass Joshua eine gerechte Strafe erhalten hatte. Besonders, als er hörte, dass auch Blaise seine Wut nicht hatte zügeln können und Joshua nun zum Schluss einige blaue Flecken zusätzlich aufweisen konnte.
 

„Wenn mir in Zukunft noch so einer in die Quere kommt“, beendete der einstige Slytherin seine Ausführung, „dann erinnert mich bitte daran, dass ich lieber meinen Zauberstab nehme, anstatt meine Faust.“
 

Das brachte die drei Freunde zum Lachen und es dauerte mehrere Minuten, bis sie sich einigermaßen beruhigt hatten.
 

„Und was ist jetzt mit Kevin?“ Draco musste diese Frage einfach stellen und bemerkte recht schnell, wie Harry sich kurzzeitig verkrampfte. Aber ein sanfter Kuss auf die Wange und das Drücken von Harrys Hand, ließen ihn sofort ein wenig friedlicher werden.
 

„Der wird sich sicherlich später wundern, wenn er Joshua schlafend im Bett vorfindet“, meinte Blaise ernst. „Ich habe ihn aber so hingelegt, dass niemand die blauen Veilchen, die gebrochene Nase, den schiefen Kiefer und auch der Rest nicht gleich zu sehen ist. Morgen wäre ich da gerne Mäuschen.“
 

Harry lächelte, aber Draco schaut betrübt nach unten.
 

„Kevin hat aber nichts getan“, verteidigte der Blonde ihn, obwohl er sich noch immer über die Strafe an dessen ekelhaftem Geliebten erfreute. „Außerdem wird er sich fragen wo ich bin, was passiert ist und was ist mit meinen Sachen?“
 

„Alles erledigt“, erwiderte Blaise und erhielt zwei neugierige Blicke. „Zum einen ist es mal ganz offensichtlich … und ich schätze Kevin auch mal so ein, dass er schlau genug ist, dass du, mein kleines Dracomäuschen …“
 

„Ich bin kein Dracomäuschen und klein bin ich schon mal gar nicht“, warf Draco gespielt empört ein, lächelte jedoch und bekam nun von Harry ein Küsschen auf die Wange gehaucht, welches er mit einem Flüstern unterstrich: „Aber der süßeste blonde Zauberer auf der nördlichen Hemisphäre.“
 

Draco lief augenblicklich rot an und schüttelte den Kopf, nur um Harrys Hand fester zu drücken, was dieser nur zu gerne erwiderte.
 

Blaise wiederum lächelte breiter als jemals zuvor und genoss es in vollen Zügen, dass Harry und Draco sich endlich gefunden hatten. Schließlich fuhr er unbeirrt fort: „Also, ich schätze Kevin so ein, dass er es verstehen wird. Ich habe nämlich einen Brief an ihn geschrieben und darin steht, dass Draco zu Harry zurückgegangen ist. Deine Sachen …“, er sah Draco direkt an, der erleichtert seufzte, „… samt Rucksack sind oben im Schlafzimmer. Und da alles so aussieht, wie es aussehen sollte, wird Kevins Riesenarschloch ab morgen wohl ziemlich in Erklärungsnot kommen. Denn durch einen klitzekleinen Zauber wird Kevin beim Betreten seiner Wohnung wissen, dass du, Draco, nichts mit der Sache zutun hast. Tja, wie er dann auf sein blau geschlagenes Fickschnittchen reagiert, können wir dann nur erahnen. Und bevor du fragst, Harry, ich habe ihm einen Vergessenszauber verpasst. Der wird sich nicht mehr erinnern. Oh man, das wird sicherlich ein riesiger Spaß.“
 


 

~~~ Fortsetzung folgt ~~~
 


 

Tataaaaaaa … Überraschung!!!

Ich habe euch doch gesagt ich bin kein Unmensch und ich liebe Romanzen :-)

Hoffe, euch hat das Kapitel gefallen und ich kann euch sagen, es werden jetzt noch 3 Kapitel und der Epilog folgen. Doch für die, die es noch nicht wissen, es wird auch einen zweiten Teil (bzw. Fortsetzung) geben.
 

Liebe Grüße

Elbenstein



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2010-07-24T13:42:52+00:00 24.07.2010 15:42
Ich muss sagen, klasse kapi^^
Auch wenn ich die zusammenhänge nicht ganz verstehe...
aber ich habe die beiden vorherigen kaps auch nicht lesen können...
würdest du sie mir wieder schicken?
Wäre echt nett von dir^^


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