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Via Inquisitoris

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Lord Johns Geschichte

15. Lord Johns Geschichte
 

Lord John betrachtete seine Adoptivtochter, die sich erwartungsvoll in dem Sessel zusammenrollte. Manchmal erinnerte sie ihn wirklich noch an ein Kind, besondere Fähigkeiten hin, Inquisitor her. Wieder stieg in ihm die Sorge auf, ob ihr diese Lebensaufgabe, zumal zu solch einem frühen Zeitpunkt, nicht schaden würde. Aber es war nun einmal passiert.
 

„Warum ich die Berufung in den Rat ablehnte, hat viel mit meinem Leben zuvor zu tun, Sarah“, eröffnete er: „Wie ich sagte: eine längere Geschichte, denn sie beginnt, als ich noch ein Mensch war. Es war die anfangende Bronzezeit, wie man das gegenwärtig nennt. Ich wanderte damals mit einem Freund aus dem Gebiet in den Alpen, das augenblicklich Schweiz heißt, nach Nordwesten. Seinen Namen brauche ich dir nicht sagen. Wir waren beide jung, gute Kämpfer und auf der Suche nach Abenteuern. Nun, die fanden wir auch mehr als genug. Nach einigen Jahren gelangten wir in das heutige England. Es gab damals schon ein weit verzweigtes Handelsnetz und viele Häuptlinge benötigten gute Krieger…Nun gut. Wir erreichten eine riesige Baustelle, das heutige Stonehenge. Heute nennen es die Ausgräber Stufe 2, glaube ich. Der Eingang wurde damals verbreitert, so dass er nun genau in der Richtung des Mittsommersonnenaufgangs und des Wintersonnenuntergangs dieser Zeit lag. Wichtig war außerdem eine Straße, die über dreitausend Schritte zum Fluss Avon führte. Der Bauleiter war ein faszinierender Mann. Heute würde man ihn einen Druiden nennen, auch, wenn es den Orden damals natürlich noch nicht gab. Er wusste ungemein viel über alles. Und er war ein Vampir. Während mein Freund als Bogenschütze in den Dienst des örtlichen Herrschers trat, wurde ich sein Lehrling. Erst langsam entdeckte ich, dass er viel mehr wusste, als es einem Menschen zukam, aber das war mir gleich. Ich hatte schon immer lernen wollen, mehr erfahren wollen und der Kampf war nur Mittel zum Zweck gewesen, eine Gelegenheit, für den Lebensunterhalt zu sorgen. Als mich mein Meister eines Tages darauf ansprach, ob ich nicht auch Vampir werden wollte, wusste ich sein Vertrauen zu schätzen. Ich nahm an, zumal zu fast der gleichen Zeit mein Freund eine schwere Knieverletzung erhielt, die ihn für den weiteren Kriegsdienst untauglich werden ließen. Ihm wurde jedoch ein kleines Stück Land bei dem heutigen Amesbury zugewiesen, er heiratete und bekam einen Sohn. Das machte mir endgültig klar, dass das nicht das Leben war, das ich für mich ersehnte. So verwandelte mein Meister mich in einen Vampir – und mein Freund starb mit ungefähr vierzig Jahren. Ich war sehr traurig. Über meinen Meister gelang es mir, den Herrscher zu beeinflussen, zumal mein Freund diesem auch das Leben gerettet hatte. So wurde er mit vielen und überaus reichen Grabbeigaben beerdigt. Pfeilspitzen, Armschienen, Gold…Nun, wenn du darüber mehr wissen willst: er wurde 1992 wieder ausgegraben und als Bogenschütze von Amesbury bekannt.“

Lord John atmete tief durch: „Das war der Zeitpunkt, an dem ich mich eigentlich endgültig für ein Leben im Rahmen der Wissenschaft entschied. Leider waren die Zeitläufe einem derartigen Entschluss nicht sonderlich günstig. Immer wieder kamen Invasoren auf die Insel, Römer, Angelsachsen. Und immer wieder musste ich zum Schwert statt zur Feder greifen, um mich und meine Rechte zu schützen. Um das Jahr Tausend, nach heutiger Zeitrechnung herum, zog sich mein Meister zurück. Unser Meister, denn auch Belena war seine Schülerin.“ Er sah zu seiner Zuhörerin und Sarah lächelte:

„Blutbank-Belena. Du erwähntest, dass du sie schon kanntest, ehe du Lord wurdest.“

„Diesen Titel bekam ich 1068 von William dem Eroberer.“

„Obwohl er in dir ja einen Angelsachsen vermutete?“

„Wir hatten…einen kleinen Disput und ich gewann ein Gottesurteil gegen einen normannischen Ritter.“ Lord John zuckte ein wenig die Schultern. „Danach bemühte ich mich allerdings wieder aus der Politik zu bleiben. Das war auch in den nachfolgenden Jahrhunderten einfach zu gefährlich – und gegen die Regel der Unauffälligkeit. Ich trat immer wieder auf, weil ich es als Adeliger musste, aber oft genug hielten sie mich dann für meinen eigenen Sohn. Obendrein immer wieder gab es Kriege, Schlachten. – Erst im 18. und 19. Jahrhundert wurde es deutlich besser, konnte man sich…nennen wir es vom Kriegsdienst freikaufen. Und ich sah mich endlich in der Lage, ungestört von politischen und religiösen Wirren, meine Studien weiter zu betreiben. Es hat durchaus Zeiten gegeben, in denen mich meine Bücherei praktisch auf den Scheiterhaufen gebracht hätte. An Schüler hatte ich auch darum eigentlich nie gedacht, bis ich 1654 Thomas kennen lernte. Er kam als Schützling des Königs zu mir. Und ich muss zugeben, dass er der fürsorglichste Mensch war, der mir je untergekommen war. Er hätte schon damals alles für mich getan.“ Er lächelte unwillkürlich etwas.

Sarah tat es ebenso: „Er sah dich und verehrte dich.“

„Nein, nein. Er arbeitete für mich jahrelang als Kammerdiener, das schließt Verehrung doch wirklich aus, zumal er bald wusste, was ich war. Er selbst wollte allerdings kein Vampir werden, und ich respektierte das selbstverständlich. Aber als wir 1666 einmal doch am Hofe waren, brannte London. Und er…er wurde bei einer Rettungsaktion schwer verletzt und bat mich, ihn in einen Vampir zu verwandeln. Ich war froh, ihn nicht zu verlieren, das gebe ich zu, und so tat ich, was er wollte.“

Sie nickte. Darum sah Thomas auch wie ein menschlicher Mann mit Mitte Fünfzig aus. Und dass Lord John nur zu froh gewesen war, ihn nicht zu verlieren, war verständlich. „Aber, als dein Kind, müsste er dann nicht ebenfalls Lord sein?“

„Er hat das Recht auf die Anrede The Honourable Thomas Buxton, ja. Lord ist ja schon vergeben.“ Er zwinkerte etwas: „Aber wer sieht das schon so eng. Du hattest jedoch eine andere Frage gestellt. – Ich führte ihn in unsere Welt ein, half ihm durch die kritischen Jahre, bis er eigentlich selbstständig hätte sein können. Als, 1812, glaube ich war es, der Hohe Rat dann mit der Berufung an mich herantrat, war ich natürlich geschmeichelt. Aber diese Berufung bedeutet auch eine neue Verpflichtung, bedeutet Verantwortung. Und ich war mir zu alt dafür, wieder von vorne zu beginnen. Ich bin nun schon über viertausendfünfhundert Jahre Vampir und meine Sehnsucht mich zurückzuziehen wird immer stärker.“

Sarah musste daran denken, dass Maestro Cacau gesagt hatte, dass Vampire in dieser Phase Bannkreise errichten könnten: „Dann wärst du schon in der Lage, dich zu verbergen?“

Lord John war ein wenig überrascht, hatten sie darüber doch kaum gesprochen, da dies auch ein Gebiet war, das ihm selbst neu und unbekannt war, meinte jedoch: „Ja.“ Mit einem Lächeln fügte er hinzu: „Und ich muss zugeben, dass ich nur fünfzig Jahre später meinen Rückzug um einiges verschob, als ich dich fand. Soviel zum Thema: ich übernehme keine Verantwortung mehr, beginne nichts Neues.“

„Oh, ich bin dir sehr dankbar dafür.“ Sarah lächelte erneut.

„Das freut mich. Nun, weißt du jetzt mehr?“

„Ja, danke.“

Der Lord blickte in das Feuer: „Erzählst du mir, was dieser Inspektor hier wollte?“

„Ich habe in Mexiko unter meinem eigenem Namen agiert. Da wollte natürlich die menschliche Polizei auch meine Aussage haben. Es war ungeschickt vor mir und ich werde zusehen, dass das nicht mehr passiert. Überdies: Kenneth Cuillin war auch in Edinburgh dabei. Er könnte misstrauisch werden, wenn ich dauernd in Fälle von Blutsaugern verwickelt bin. Dumm ist er sicher nicht.“

„Ja. Die Regel der Unauffälligkeit. – Und deine…hm…Spur, die dich sehr weit führen wird?“

„Ich hoffe, dass mir Frances weiterhelfen kann. Mr. Cuillin brachte neue Informationen.“

Jetzt sah er sie doch an, noch die Reflexe der Flammen in den grauen Augen: „Pass auf dich auf, mein Kind.“

„Ich hoffe.“ Sie seufzte: „Aber ich habe nun einmal diese Aufgabe übernommen und ich will sie auch ordnungsgemäß ausführen.“

„Das ehrt dich. Aber erlaube deinem Vater dennoch, sich Sorgen zu machen.“

„Das ist lieb von dir. – Die Sonne geht auf. Um elf wird Kenneth Cuillin kommen.“

„Dann ruh dich ein wenig aus. Ich werde mich in mein Zimmer zurückziehen.“
 

Sarah öffnete selbst, als es um elf klingelte: „Guten Morgen, Inspektor.“ Sie sollte den Fehler korrigieren, den sie begangen hatte, zumindest, was die Regel der Unauffälligkeit betraf. So fuhr sie fort, als sie sich im Kaminzimmer setzten: „Haben Sie die Aussage?“

„Ja, hier.“

Sie unterschrieb: „Ich hoffe, das war das letzte Mal, dass ich mit irgendwelchen Blutsekten konfrontiert wurde. – Wobei Sie ja an der Mexikosache sozusagen Schuld waren.“

„Danke.“ Er nahm die Blätter: „Warum ich?“ Das klang ehrlich interessiert.

„Als ich auf dieser Hacienda von Monica erfuhr, dass es sich um ein Gemeinschaft von Gläubigen handelte und sie etwas von Blutspenden erwähnte, fiel mir ein, dass wir in Edinburgh doch auch von einer Sekte mit Blut ausgegangen waren. Darum wurde ich ja eigentlich auch misstrauisch, ja, wollte den Meister sehen. Ohne die Morde in Schottland wäre ich doch nie drauf gekommen, dass es sich um, ja, um ein Verbrechen handeln könnte.“

„Das ist wahr. – Nun, ich hoffe auch, dass Sie sich nicht mehr um so etwas kümmern müssen. Aber Sie tun es, nicht wahr? Kommen Sie, Lady Sarah, ich bin sicher, dass Sie die Sache in Mexiko und die ähnlichen Fälle nicht ruhen lassen. Aber der Meister ist tot und dieser Don Fernando auf der Flucht. Er wird das kaum noch einmal so aufziehen, zumal sein Partner nicht mehr da ist.“

„Ja, das denke ich auch. Aber dennoch beunruhigt mich schlicht die Tatsache, dass so etwas möglich war, ohne, dass es jemandem auffiel. Und, dass es da wohl jemanden gab, der die beiden zusammenbrachte.“

„Den zu finden, daran arbeiten meine mexikanischen Kollegen und im Übrigen auch meine Wenigkeit.“

Sie lächelte: „Dann werden Sie ihn auch finden.“

„Sie schmeicheln mir. Wie gesagt, das Bankkonto auf den Bahamas bringt uns kaum weiter. Und niemand konnte den Namen dieses Meisters sagen oder den Nachnamen von Don Fernando.“

„Vorausgesetzt, dass das überhaupt der richtige Name war.“ Stimmt, dachte sie plötzlich. Als Vampir musste Don Fernando doch einen Meister gehabt haben. Wer das wohl war? Verfügte der Rat diesbezüglich über Aufzeichnungen? Sie würde ihren Vater fragen.

„Ja, vorausgesetzt, dass…Tun Sie mir einen Gefallen, Lady Sarah? Ich kann Ihnen ja nicht verbieten, selbst Nachforschungen anzustellen. Aber zum einen: gehen Sie kein Risiko ein. Sie hatten in Mexiko Glück. Und zu zweiten: sagen Sie mir Bescheid.“

„Nett, dass Sie sich um mich sorgen. Ich will kein Risiko eingehen, wirklich nicht. Und ich habe Ihnen ja schon versprochen, dass ich Ihnen alles sage, was ich herausfinde, das zu einer Verhaftung führen kann.“

Kenneth Cuillin sah sie genau an: „Sie versprechen mir beides? Ich habe nämlich den Verdacht, dass Sie bei weitem nicht so schüchtern sind wie Sie aussehen.“

„Oh, ich fürchte, ich bin es, da können Sie meinen Vater fragen.“ Er hatte einen sehr guten Instinkt, das musste sie ihm lassen. „Und ich kann Ihnen wirklich versprechen, dass ich mich nicht Hals über Kopf in eine Abenteuer stürze…eigentlich habe ich es gar nicht vor.“

„Sie haben meine Handynummer.“

„Und ich werde sie benutzen. Danke, dass Sie sich so Sorgen um mich machen.“ Da er aufstand, folgte sie diesem Beispiel: „Fliegen Sie zurück?“

„Ja. Ich habe da einen sehr mysteriösen Fall….“

„Dann hoffe ich, dass Ihnen die mexikanischen Kollegen weiterhelfen können.“

„Das hoffe ich auch.“
 

Drei Tage später war der Internetzugang freigeschaltet und Frances stürzte sich mit Begeisterung in die Ermittlungen. Es war schon drei Uhr nachts, als sie aufsah: „Lady Sarah?“

„Haben Sie etwas?“ Die junge Inquisitorin stand neben ihr: „Und?“

„Ich weiß nicht, ob es Ihnen weiterhilft. Aber auf das Konto, das dieser Meister besaß ging ganz zu Anfang eine hohe Summe Dollar ein. Ich vermute fast, der Kaufpreis der Hacienda.“

„Von wem kam das Geld? - Aber ich fürchte, das wird die Polizei auch herausgefunden haben….“

„Vielleicht“, gab die Schottin zu: „Von einer Firma GenLab Inc. Ich habe nachgesehen. Sie sind in den USA. Und das Konto, von dem aus der Kaufpreis überwiesen wurde, ist identisch mit dem Konto, auf das der Meister seine Einnahmen zahlte.“

„Das auf den Bahamas?“

„Ja. – Soll ich Ihnen das ausdrucken?“

„Ja, danke.“ Sarah dachte nach, sah aber auf, als Lord John hereinkam: „Hast du etwas gefunden, Vater?“

„Ja, aber das wird dich nicht freuen. – Es existieren Aufzeichnungen, welcher Meister welche Schüler hat. Aber nur bis um das Jahr 1500 christlicher Zeitrechnung herum. Da beschloss der Hohe Rat, dass es überflüssig sei, die anderen Meistervampire vor Ort die Kontrolle übernehmen könnten. – Verzeihen Sie, liebe Frances, ich wollte nicht unhöflich sein. Gute Jagd.“

„Auch Ihnen gute Jagd, Lord John.“ Die Schottin lächelte. Es war ein sehr zuvorkommender Gastgeber: „Ich denke, ich habe etwas gefunden. – Lady Sarah, soll ich versuchen, herauszufinden, wer hinter dieser amerikanischen Firma steckt?“

„Wenn das geht?“ meinte Sarah: „Nur zu gern.“

„Das wird schwer“, erklärte der Hausherr: „Nun, nicht die Namen, aber weiterzukommen. In den USA existieren, wie in Großbritannien, keinerlei Vorschriften, dass man sich anzumelden hat. Es sind dann nur Namen, aber nicht, wo sie wohnen oder ähnliches.“

„Aber immerhin diese.“ Frances sah wieder zum Bildschirm: „Und dann kann man sie ja mal ausgoogeln.“

„Was bitte?“

„Äh, im Internet suchen, welche Informationen über sie öffentlich zugänglich sind.“

Lord John nickte etwas: „Die Moderne hat durchaus ihre Vorteile, will mir scheinen. Was stellt diese Firma denn her?“

„Genetik…sie forschen daran. Anscheinend, wie man Erbkrankheiten bei Menschen verhindern kann und so etwas.“ Frances sah allerdings zur Inquisitorin: „Ich kann mir nur nicht vorstellen, was das mit Vampiren zu tun haben soll. Ich meine, Vampir zu sein ist eine Weiterentwicklung des Menschen, keine Krankheit.“

„Genau das ist das Problem, das wir herausfinden müssen.“ Sarah dachte nach: „Suchen Sie nur weiter. Wenn wir wissen, wer dahinter steckt, werden wir bei den Leuten weitersuchen. Und ich werde morgen früh mit Kenneth Cuillin telefonieren. Womöglich ist auch die menschliche Polizei auf diese Firma aufmerksam geworden. Dann könnte er dort weitermachen.“

„Du verlässt dich sehr auf ihn, mein Kind. Hoffentlich bekommt er nicht mit, mit wem er es zu tun hat, “ warnte Lord John.

„Ich weiß. Aber genau, weil er ein Mensch ist, könnte er unsere Chance sein, den Vampir zu finden, der Don Fernando und den Meister zusammenbrachte. Womöglich hat sich der gegen den Inquisitor vorgesehen – aber nicht gegen Interpol.“

„Das überlasse ich natürlich dir. Aber denke an die Regel der Unauffälligkeit.“

„Ich bemühe mich.“ Sie lächelte ein wenig schüchtern.

Der Lord schüttelte nur noch den Kopf.
 

„GenLabInc…“ Inspektor Cuillin konnte eine gewisse Bewunderung nicht unterdrücken: „Sie haben es aber rasch herausgefunden. Leider ist es nicht verboten, ein Konto auf den Bahamas zu haben. Oder jemandem Geld zu überweisen. Ich bin sicher, sie haben eine sehr gute Begründung, warum sie diesem Meister so viel Geld überweisen haben.“

„Sicher. Aber ich dachte, man könnte sie fragen, wie der richtige Name ihres Geschäftspartners war.“

„Das habe ich bereits getan, aber noch keine Antwort erhalten. Überdies ist er tot. Und damit eine wahrhaft kalte Spur.“

„Leider.“

„Sie werden mir kaum verraten wollen, wie Sie auf diese Firma kamen?“

„Nein. Aber ich bin an ihr sehr interessiert.“

„Nur wegen der Überweisung?“

„Nein. Sollte es Ihnen entgangen sein?“

„Wenn Sie es mir sagen…?“

„Sie erwähnten, dass 1985 ein Sektenmord in Brasilien stattfand, der erste nach langer Zeit. Und diese Firma wurde 1983 gegründet. Übrigens recht früh für eine Genetikfirma.“

„Ja. Aber ich habe sie überprüft. Sie forschen seit Jahren an Erbkrankheiten, sind angesehen in Wirtschaft und an den Universitäten. Sie haben nicht mal Steuern hinterzogen.“ Der Polizist schien zu lächeln: „An Ihnen ist eine Kriminalistin verloren gegangen, Sarah.“

„Danke. Ein Lob von Ihnen schätze ich sehr.“

„Vorsicht!“ Er lachte jetzt wirklich: „Wenn das meine Frau hört…“

„Oh, das…das meinte ich nicht.“ Sie hatte das Gefühl, glühend rot zu werden.

„Schon gut, verzeihen Sie. - Haben Sie noch etwas?“

„Nein. Nichts Handfestes. Ich werde zusehen, dass ich diese Firma anders…überprüfe.“

„Und wie?“

„Von zwei Seiten. Mehr sage ich lieber nicht, sonst meldet sich Ihr Polizei-Gewissen.“

„Oh. Gut.“ Er schätzte sie inzwischen hoch genug ein, um nur zu ergänzen: „ Falls ich etwas über den wahren Namen des Meisters erfahren, sage ich es Ihnen. Das geht.“

„Aber nicht alles?“

„Lady Sarah….“

„Schon gut. – Auf Wiederhören.“ Sie legte auf und suchte den Zettel, den ihr ihr Vorgänger gegeben hatte: die Liste mit seinen Kontaktpersonen, die einzige Hilfe, die er ihr neben der geheimnisvollen Dienstwaffe überlassen hatte. Sie suchte einen Namen mit der Angabe Los Angelos, ehe sie einen Blick auf die Uhr warf. Doch, das könnte zeitlich passen. Hoffentlich würde ihr die Vampirin auch helfen. Sie wählte: „Guten Abend. Ich möchte gern Miss Leana Damir sprechen.“

„Kann ich Ihnen auch behilflich sein? Miss Leana…“

„Sagen Sie ihr, der Kadash möchte sie sprechen.“

„Was soll…?“

„Sie weiß, um was es geht. Und wenn Sie ihr das nicht ausrichten, bin ich sicher, dass Sie morgen einen neuen Job brauchen.“ Die, offenbar menschliche, Sekretärin zögerte. So fuhr Sarah aus doch mittlerweile jahrhundertelanger Erfahrung mit Arbeitnehmern fort: „Ich werde ungeduldig.“

„Moment.“

Keine Minute später meldete sich die Vampirin, die einen exklusiven Nachtclub betrieb: „Hier ist Leanna…Kadash?“

Sie war hörbar überrascht. Hatte sich der bisherige Inquisitor bei ihr anders gemeldet? Dann durfte sie sich keine Blöße geben: „In der Tat. Wie Sie wissen, hat sich mein Vorgänger zurückgezogen.“

„Eine Frau? Verzeihen Sie, Inquisitor...das kommt nur überraschend. Ich wollte weder Sie noch den Hohen Rat beleidigen…“

„Können Sie etwas für mich überprüfen?“

„Selbstverständlich.“ Jeder Zweifel an der Identität des Anrufers war für Leanna ausgeschlossen. Kein Vampir würde sich als Kadash ausgeben, hätte er nicht das Amt der Blutschuld übertragen bekommen.

„Die Firma GenLabInc. Sagt die Ihnen etwas?“

„Ich kenne sie nur als wichtige Genetikfirma. Brauchen Sie etwas Spezielles?“

„Je mehr Informationen Sie mir beschaffen können desto besser, vor allem über die Leute an der Spitze.“

„So schnell wie möglich?“

„Ja. Und natürlich nichts, was man sowieso im Internet lesen kann.“ Das würde Frances ohnedies finden.

„Ich verstehe, Kadash. Ich werde mich bemühen, dass ich heute Nacht schon etwas in Erfahrung bringe. Wie kann ich Sie erreichen? Ich sehe, dass Sie Ihre Nummer unterdrücken.“

„Ich rufe Sie wieder an.“

„Wie Sie wünschen. - Ich bin sicher, dass Sie ein würdige Nachfolgerin sind.“

„Danke.“ Sarah legte auf, ein wenig überrascht. Anscheinend hatte sie ihre Unsicherheit sehr gut hinter der Nüchternheit versteckt.

Dann würde sie hoffentlich mit Frances und Leanna mehr über diese Firma herausfinden – und vielleicht sogar, ob da ein Vampir mit im Vorstand saß. Denn zumindest letzteres würde Kenneth Cuillin nie ermitteln können.
 

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Eine Genetikfirma? Vampire und Interpol? Das könnte noch Verwicklungen bringen.

Im nächsten Kapitel erfahrt ihr, wie Sarah zu Lord John kam - und neue Ermittlungsergebnisse.
 

bye
 

hotep



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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Von:  Tigerin
2009-10-01T04:05:22+00:00 01.10.2009 06:05
Hmm… interessant, interessant. Wenn Indizien enthalten waren, habe ich sie natürlich wieder einmal nicht gefunden. Aber das Kapitel hat mir sehr gut gefallen. Die ganzen Hintergrundinformationen waren auch wieder richtig toll^^ Und bestimmt auch viel Arbeit..
Die Geschichte von Lord John war sehr schön erzählt. Sarah und er kamen mir in diesem Moment wie eine richtige Familie vor. Das war niedlich. Und dann kam auch gleich der Gedanke auf, dass er sich lang noch nicht zurückziehen soll. Er ist wirklich nett.
Mal schauen, wie’s weiter geht..^^

LG,
Tigerin

Von:  Teilchenzoo
2009-07-30T14:25:56+00:00 30.07.2009 16:25
Hm, Hunger ... irgendwie hat mich der Anruf für Leanna hungrig gemacht ^^'' ...

Du meine Güte, BRONZEZEIT?? Ich meine, die war in Europa ja später als im Alten Orient, aber trotzdem ... wow! DAS ist alt. Und schön, dieser kleine Seitenhieb zur Archäologie hin ;) ... du kannst es nicht lassen. Glücklicherweise^^.

So schön ich das mit der Liste der Helfer finde, so unruhig macht es mich jedesmal, einer unbekannten Person zu trauen, wenn da so eine Verschwörung am Laufen ist. aber ich sehe Gespenster. Leanna ... die Dame mit dem Nachtklub ... wird sich schon noch gut kümmern.

Lg von der jetzt doch nicht mehr hungrigen *g* neko
Von:  angel-sama
2009-07-15T16:46:43+00:00 15.07.2009 18:46
Frances kennt sich echt gut aus mit Computern. Is ja auch nicht verwunderlich, schließlich hat sie mehr Jahre Zeit zu lernen als ein Mensch. Aber ich musste auch schmunzeln als sie sagte, dass kann man ja mal ausgoogeln^^

Hinter den Sektenmorden scheint mehr zu stecken, als es anfangs aussah. Bin gespannt wie es weitergeht und was sie noch herausfinden.
Von: abgemeldet
2009-07-11T08:44:12+00:00 11.07.2009 10:44
Wie kann Lord John so eine lange Zeit überstehen? Respekt!
Das Internet scheint für Frances so einfach zu sein und das für einen Vampir^^
"ausgoogeln" dieses Wort erinnert mich an so viele Situationen (vorallem die mit Tigerin)....ich musste einfach lachen.
Wirklich tolles Kapitel.

lg moongirl
Von:  don-kun
2009-07-11T08:20:08+00:00 11.07.2009 10:20
Uh, die Ermittlungen nehmen langsam wirklich Fahrt auf. Aber ob es nicht den Rat erreicht, wenn Sarah viele andere Vampire um Hilfe bittet?
Von: abgemeldet
2009-07-10T22:58:21+00:00 11.07.2009 00:58
Da hat Lord John aber schon einige bewegte Jahre hinter sich - nur gut, dass er es sich mit seinem Rückzug anders überlegt hat, als er Sarah fand.
Ich musste bei der Vorstellung von Lord Johns ratlosem Gesichtsausdruck schmunzeln, als Frances die Möglichkeiten des internet erklärt hat.

Franes scheint für Sarah eine ziemlich gute Stütze zu werden und Cuillin und Sarah ein gut zusammenarbeitendes Ermittlerteam. ^^

Mal sehen, was Leanna über das Genlabor herausfindet und ob sich darunter ein bekannter Vampirname findet.

LG und ein schönes Wochenende

Zwiebel
Von:  kiji-chan
2009-07-10T21:14:14+00:00 10.07.2009 23:14
Also das ist ein Krimi-Mix, Vampire, Interpol, Genetik...
I`m loving it!

> Und dann kann man sie ja mal ausgoogeln.
Ich hab mich bei dem Satz krumm und schief gelacht. Echt. Sowas aus dem Mund einer Vampirin zu hören klingt einfach witzig.

Wir haben etwas rausfinden können, die Frage ist nur ob uns das weiterhilft.
Was sagt der Kadash? *gespannt wart*

Wir sehen uns in 2 Wochen, da ich am Montag werreise.


ncha!
Kiji


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