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Kaltherzig

Kronenmord
von

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Unerwartete Gäste

Hmmmm, ich bin seltsamerweise höchst unzufrieden mit diesem Kapitel und ich hab nicht den blassendsten Schimmer wieso. :/

Hoffentlich kann mir jemand sagen woran das liegt xD'

Viel Vergnügen beim Lesen :3
 

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Es war erstaunlich wie drastisch sich Tristans Laune gebessert hatte, nachdem ich mit ihm geschlafen hatte. Er schien praktisch von innen heraus zu strahlen und überschüttete seitdem jeden mit seiner Freundlichkeit.

Es waren kaum zwei Tage vergangen, und noch immer war er wie berauscht von unserer gemeinsamen Nacht. Er war zärtlich gewesen, als hätte er es mit einer kostbaren Antiquität zu tun, und nicht einer uralten Vampirin die eine ganze menschliche Armee im Alleingang abschlachten konnte. Er benahm sich verblendet. Manchmal kam es mir so vor, als sei er getrübt von meiner Schönheit und Eleganz, völlig außer Acht lassend, das ich gefährlich war.

Und das machte ihn schwach. Meine Paranoia steigerte sich allmählich ins Unermessliche.

In diesem Augenblick saßen wir in einer Art Speisesaal, etwas abseits von den Anderen.

Es gab keine Tische im weitreichenden Sinne, sondern eher von Klauen geformte Gesteinsbrocken, die in dem gesamten Höhlenraum verstreut waren.

Auf dem größten Gesteinsblock standen drei Kessel, mit einer Brühe darin, die aussah wie eine Mischung aus Suppe und zermatschtem Fleisch, an denen sich die Rudelmitglieder nach Belieben bedienten.

Auf jeden Fall hatte es eine sehr bräunliche Färbung, die mir ganz und gar nicht gefiel, und dass Tristan das Zeug auch noch so sorgenlos in sich hinein schaufelte, sogar noch weniger.

Aber umbringen würde es ihn wohl kaum. Schließlich musste er es schon öfters gegessen haben, bevor ich aufgetaucht war.

Allein dieser Gedanke bereitete mir Kopfzerbrechen, aber ich traute mich nicht ihn darauf anzusprechen. Nicht, wenn so viele andere Werwölfe in der Nähe waren und uns mit Argwohn beobachteten.

Ich wusste nicht, wie ich es geschafft hatte, doch seit Logans verschwinden schien der Hass der anderen auf mich nur noch gewachsen zu sein. Berechtigt – doch ich denke, dass seine Majestät stillschweigen geleistet hatte und seinen Vertrag mit mir nicht brechen würde. So ehrenlos war er nicht.

Ungerührt erwiderte ich die Blicke, begegnete dem ein oder anderem bekanntem Gesicht, doch das türkise Augenpaar nach dem ich Ausschau hielt, war nicht da. Mein Unmut wurde mit jedem Tag, jeder Stunde, größer. Und innerlich ärgerte ich mich darüber, dass ich im König der Werwölfe eine solche Schwäche gefunden hatte.

Wenn ich ihm gegenüberstand, seine geballte Wut entgegen geschleudert bekam, hatte ich weit weniger Angst, als wenn ich ihn überhaupt nicht sah.

Ich versuchte meine unnützen Gedanken auszublenden, konzentrierte mich wieder voll und ganz auf meinen Gefährten, der die letzten Reste aus seiner hölzernen Schüssel kratzte.

Plötzlich spürte ich einen stechenden Druck im Nacken, wirbelte herum, packte meinen Angreifer am Arm und schleuderte ihn mit einem gezielten Schlag auf den Brustkorb von mir. Dieser flog in hohem Bogen gegen die nächstliegende Steinwand und hinterließ einen klaffenden Riss, als er hinab rutschte und dabei ein Wolfspaar vertrieb, das sich dort niedergelassen hatte.

Sofort war ich bei dem blonden Jungen mit den saphirblauen Augen und musterte ihn aus zusammengekniffenen Augen.

Als er den Arm hob, ging ich in Angriffsstellung, doch dieser hatte lediglich einen Holzlöffel, mit einem leicht spitz zulaufenden Griff, in der Hand. Keine Waffe weit und breit.

„Ziemlich voreilig, Süße“, sagte der Junge, dessen entschlossene Miene mir auf irgendeine Weise bekannt vorkam. „Du solltest dich etwas mehr in Geduld üben.“

Das angehaltene Schweigen, das den Raum ergriffen hatte, löste sich allmählich, als einige leise zu kichern anfingen.

Tristan warf mir von seinem Platz aus ein spitzbübisches Grinsen zu und gesellte sich dann mit einem Sprung zu uns. „So schnell wieder auf den Beinen, Gerard?“

Ach. Jetzt fiel es mir wieder ein. Er war einer der Jungen, die ich aus dem Kerker des Schlosses befreit hatte, um Tristan die Diamantenkette zurückbringen zu lassen. Tristan hatte die beiden bei meiner ersten Begegnung mit Logan erwähnt.

Gerard verzog das Gesicht und grinste schief. „Als ob ich eine andere Wahl gehabt hätte.“

Mein Werwolf lachte und klopfte dem Jungen aufmunternd auf die Schulter. „Da hast du allerdings recht. Was die Genesung angeht, kann Symphonie ziemlich penetrant sein.“

Ich räusperte mich leicht. Die Aufmerksamkeit der beiden wurde mir wieder zu teil und ich deutete mit gerunzelter Stirn auf den Löffel, den Gerard noch immer fest in seiner Hand hielt. „Was wolltet Ihr damit bezwecken, mir diesen … Löffel in den Nacken zu drücken?“ In meiner Stimme lag pure Missbilligung. Er hatte sich selbst zuzuschreiben, wenn er sich bei meinem Schlag etwas getan hatte, doch er schien unversehrt und kratzte sich nervös am Hinterkopf.

Auf einmal wurden sein Wangen rosig, als würde er sich dafür schämen was er getan hatte.

Ich legte den Kopf schief, und war erneut verwundert darüber, dass ich nicht den Hauch von Durst verspürte, der mich noch zu Anfang so unerbittlich gequält hatte. Durch Logans Blut, war dieses Verlangen einfach weg. Und ich konnte seit langer Zeit einmal wieder klar denken, spekulieren, mich konzentrieren. Befreiend wie eine hereinbrechende Nacht.

„Naja“, brachte er schließlich über die Lippen und wurde nur noch röter. „Ich wollte dir den Löffel eigentlich schenken. Wie hätte ich wissen sollen, dass du so reagierst?“

Ich verzog keine Miene, dafür spannte sich Tristan allerdings deutlich an und fixierte seinen Freund wie einen ernst zunehmenden Rivalen.

„Wozu brauche ich denn einen Löffel?“, fragte ich verwirrt und musterte das scheinbar selbstgeschnitzte Holz. Sogar mein Vorname war darin eingraviert.

„Es ist ein Zeichen von Zuneigung, wenn man etwas selbstgemachtes geschenkt bekommt“, knurrte mein Gefährte und blähte die Nüstern. „Sag, willst du mich reizen, Gerard?“

„Nein!“, erwiderte der Jüngere sofort und leicht empört. „Verflucht, ich wollte mich doch nur bedanken!“

„Das hättest du auch anders tun können!“, fauchte der andere zurück und knurrte.

Ich sah zwischen den beiden hin und her. Diese aufkeimende Aggressivität in ihren Stimmen gefiel mir ganz und gar nicht.

Wieder herrschte Stille untern den Zuschauern. Das Gespräch eskalierte zunehmends.

Warum mussten diese Werwolfmänner nur immer solche Probleme veranstalten?! Womit hatte ich das verdient?

Mittlerweile wurde auch Gerard zornig. „Mir ist nichts anderes eingefallen! Sie ist ein Blutsauger, woher hätte ich wissen sollen, was sie mag und was nicht?!“

„Du hättest mich fragen können!“

Wenn nicht gleich jemand etwas unternahm würden die beiden aufeinander losgehen! Und auf eine Szene inmitten der ganzen Schar hatte ich keine Lust – jedenfalls nicht schon wieder. Doch bevor ich auch nur den Mund aufmachen konnte, spürte ich die starke Präsenz einer bestimmten Person in meinem Unterbewusstsein aufflammen und wurde im nächsten Moment von einem tiefen Grollen hinter meinem Rücken begrüßt, so dass es mir einen kalten Schauer die Wirbelsäule hinunter jagte.

„Was geht hier schon wieder vor?“, fragte er ruhig und gleichzeitig ziemlich genervt, als wäre er nie fort gewesen und müsste sich zum wiederholten Male um seine aufsässigen ‚Pflegekinder‘ kümmern, die nichts als Schabernack im Sinn hatten.

Ich schloss die Augen, als ich Logan so dicht hinter mir spürte, und es sich dennoch so anfühlte, als liege ein gewaltiger Graben zwischen uns. Doch Distanz war im Augenblick das einzige, was uns vor noch größerem Schaden bewahren konnte, also streckte ich meinen Rücken, atmete tief ein, drehte mich um, und blickte ihn, mit so viel Stolz wie ich aufbringen konnte, direkt in seine hellen Augen in denen ein merkwürdiger Ausdruck lag, der mir das Atmen gewaltig schwer machte.

Aber ich durfte mir nichts von meiner inneren Zerrissenheit anmerken lassen, denn jede Schwachstelle würde dieser Werwolf gnadenlos ausnutzen.

„Logan, gut das du da bist“, sagte Gerard, erleichtert darüber, dass sein Anführer gekommen war, um dieses Missverständlich wieder in Ordnung zu bringen. „Tristan will mir nicht glauben, dass ich ihr“, er nickte in meine Richtung und ich rümpfte beleidigt die Nase, “den Löffel nur als Dank schenken wollte – ohne Hintergedanken!“

„Wenn er ihre Tradition schon nicht berücksichtigt, dann wenigstens unsere!“, fauchte Tristan zurück und zog mich an sich, weg von Logan, der uns alle kritisch musterte. „Und wenn er ihr etwas schenken will, dann soll es gefälligst unpersönlicher sein!“

„Ach, hätte ich ihr vielleicht den Kopf eines Werwolfs überreichen sollen?!“, schrie der Jüngere und ein kalter Luftzug wehte über unseren Köpfen hinweg.

Angeregte Diskussionen und Wetten wurden sofort eingestellt und alle erwarteten mit angehaltenem Atem eine Antwort.

Ich seufzte und rieb mir die Schläfen. Hatte ich eigentlich ein Recht dazu, mich da einzumischen? Immerhin ging es hier um die Traditionen von Wölfen, und ich bezweifelte, auch das Geringste von dem zu verstehen, was sie mir erklären würden.

Gefühle waren ja so ansträngend.

„Ich würde nie –“, begann ich, doch seine Majestät unterbrach mich barsch, mit einem Laut der keine Wiederworte duldete.

„Genug jetzt! Hört auf euch wegen so einer Lappalie zu streiten.“ Er sah mich zwar nicht direkt an, doch ich wusste ganz genau, dass diese Bemerkung besonders an mich gerichtet war – die Ursache allen Übels. „Und was dich angeht, Tristan, reiß dich zusammen und halte deine Eifersucht im Zaum. Es wird hier von keinem Paar geduldet, die Kontrolle zu verlieren.“ Eine klare Drohung. Und niemand wagte es zu wiedersprechen.

Ich war so erstaunt, dass sich dieser heftige Streit einfach in Nichts aufgelöst hatte, dass ich beinahe nicht gemerkt hätte, wie sich mir Logan zuwandte.

„Ich habe dir etwas mitgebracht“, sagte er voller Verachtung in der Stimme und deutete auf den Eingang hinter mir.

Ich drehte mich, um fragte mich was wohl diesmal der Grund für seine schlechte Laune war und erstarrte, als ich die drei Vampire sah, die von sieben Wächtern in Schach gehalten wurden.

Meine Augen wurden groß, als ich Oleen und Evelyn unter ihnen erkannte. Das Gesicht meiner ehemaligen Kameradin war trotzig verzerrt, während sich das kleine Biest Zähne fletschend freizukämpfen versuchte.

Den dritten Vampir im Bunde kannte ich nicht. Doch laut dem blutroten Mantel mit der Kapuze, die er sich tief über den Kopf gezogen hatte, und den glänzenden Silbermessern, die aus seinen Stiefeln wie auch aus seinem Gürtel und den Hosentaschen lugten, musste es sich hier um einen Söldner meiner Schwester handeln.

Söldner waren die persönlichen Schergen Leonores. Personen, gegen die sie einen Groll hegte, wurden von ihnen unauffälligem aus dem Weg geräumt, doch dabei waren sie nicht weniger grausam, als die anderen, wenn nicht sogar tausendmal schlimmer.

Und alle drei befanden sich hier. Direkt in der Mitte ihrer Feinde, umzingelt von einer gewaltigen Horde an Wölfen.

Warum?

„Herrin!“, kreischte Oleen und ihre blauen Augen blitzten mich sorgenvoll an. „Geht es Euch gut?!“ Mit einem gezielten Tritt, wehrte sie den Biss eines Werwolfs ab, der nach ihrem Bein schnappen wollte und versuchte zugleich, näher an mich ranzukommen.

Mir entwich die Luft in einem kurzen, entsetzten Stoß, als ich die klaffende Brustwunde sah, die man ihr mit scharfen Klauen zugefügt hatte. Ihr halber Brustkorb lag offen.

„Oleen!“, schrie ich, Panik schwang in meiner Stimme mit. Ich machte einen Schritt auf sie zu, doch Logan stellte sich mir in den Weg. Ich fauchte ihn an. „Lasst sie frei!“

Seine Majestät hob eine Augenbraue. „Und warum sollte ich das tun? Ich habe die drei dabei erwischt wie sie versucht hatten, durch einen der versteckten Höhleneingänge bei uns einzudringen. Was meinst du, hatten sie vor?“ Er beugte sich zu mir herab, seine Lippen lagen an meinem Ohr, als er flüsterte: „Und sie kamen bestimmt nicht mit friedlichen Absichten.“

„Fasst meine Herrin nicht an!“, kreischte meine blonde Gefährtin, schnappte sich eines der Messer des Söldners und schleuderte es mit einer hundertprozentigen Treffsicherheit nach Logan.

Ich stieß den großen Mann beiseite und fing die Waffe im Flug ab, deren geschärfte Klinge mir tief ins Fleisch schnitt. Tristan brüllte und stürzte sich auf das Trio, doch ich war schneller und hielt ihn auf, ehe er noch eine Dummheit begehen konnte. „Warte! Bitte, warte!“, flehte ich und stieß ihn von den Gefangenen fort.

Seine Majestät stieß ein ohrenbetäubendes Grollen aus, als sich noch mehr der Anwesenden in Werwölfe verwandelten und sich auf die Vampire stürzen wollten.

Unstimmiges Knurren drang aus ihren Reihen, doch man hatte beinahe augenblicklich damit aufgehört die drei Fremden weiter zu bedrängen. Was nicht bedeutete, dass diese nun freie Bahn hatten. Ganz im Gegenteil; mehr als ein Dutzend tückischer Augen lagen auf ihnen und musterten sie wie Frischfleisch – was sie wohl auch waren.

Langsam, und ohne den Blick von Logan abzuwenden, drängte ich mich zu den Blutsaugern, und spürte, wie eine blutverschmierte Hand, nach der meinen griff und fest drückte.

Der Söldner hielt sich ebenfalls an mich, und machte keine Anstalten für einen weiteren Angriff. Er musste sich im Klaren sein, dass er diesen Tag wahrscheinlich nur überleben würde, wenn er bei mir blieb und keine Mucksen machte.

Ob die kleine Feuerhexe genauso schlau war wie er, war fraglich, doch sie begnügte sich vorerst mit einem bösartigen Zischen in meine Richtung und stellte sich anschließend neben den in rot verhüllten Auftragsmörder.

Evelyn hatte diese Gefangennahme wesentlich besser überstanden als die anderen beiden, deren Geruch nach Verwesung zum Himmel empor stank. Sie blutete am Kopf und ihr linker Arm war in einem üblen Winkel gebrochen, doch sie gab keinen Ton von sich, der ihre Schwäche preisgeben würde.

Was den Stolz anging, so war mir diese Teufelin Meilenweit voraus.

„Bitte lasst sie gehen“, bat ich mit fester Stimme, die so ziemlich das absolute Gegenteil widerspiegelte von dem, was gerade in meinem Kopf vorging. Ich fühlte mich wie an dem Tag, an dem Logan und ich dieses Sakrileg begangen hatten. Nur viel, viel schlimmer.

„Unmöglich!“, rief jemand aus einer der hinteren Gruppierungen und erntete zustimmendes Gemurmel.

„Sie werden uns verraten und die anderen her holen!“, rief jemand anderes.

Ich knirschte mit den Zähnen. Das hätte mir auch klar sein müssen. Mal wieder hatte ich gesprochen ohne nachzudenken.

„Diese … Personen“, flüsterte meine blonde Gefährtin hinter mir, „haben nicht ganz unrecht. Außerdem werde ich nicht ohne Euch gehen.“

Logan trat vor und warf einen abschätzenden Blick auf den armseligen Haufen, den wir abgaben. „Liegt dir so viel an diesen Blutsaugern?“

Ich verzog das Gesicht. Was Oleen betraf, so hätte ich meine Seele für ihre Freilassung gegeben, die anderen jedoch ... „Ja!“

Ich war vielleicht eine Verräterin unter den Vampiren, und die Todfeindin meiner Schwester schlecht hin, doch ich würde die anderen nicht in unseren Zwist mit hineinziehen, auch wenn sie es ohne jeden Zweifel verdient hätten.

Evelyn und der Söldner schwiegen. Es gab nichts, was sie hätten sagen können.

Seine Majestät überlegte. Er musste sich etwas einfallen lassen, was die anderen beruhigen würde, und mich nicht gegen sie aufbrachte.

Tristan hatte sich etwas näher an uns herangewagt, hielt aber skeptischen Abstand zu den blutbesudelten Fremden.

Es tat etwas weh, dass mein Werwolf mir nicht genug vertraute, um zu wissen, dass ich niemals jemanden grundlos in Schutz nahm. Sollte er nicht eigentlich auf meiner Seite stehen?

„Darf ich einen Vorschlag machen?“, bat Kaiden und stellte sich neben Logan, der ihm mit einem Wink zu sprechen erlaubte. „Wir könnten die Eindringlinge bestrafen und dann dafür Sorge tragen, dass sie diese Höhle nie wieder verlassen. Es gibt nur diese Lösung wenn ... wir sie nicht töten.“

„Wer garantiert uns, dass sie uns nicht in eine Falle locken werden?“, fragte Natalia. „Bei diesen blutgierigen Monstern weiß man ja nie.“

Kalt erwiderte ich ihren stechenden Blick. „Ich garantiere es.“

„Ich brauche deinen Schutz nicht“, zischte Evelyn wütend. „Eher sterbe ich lieber.“

Ich blickte herablassend zu ihr hinab und ließ eine Augenbraue in die Höhe wandern. „Ist das so? Na dann wäre es vielleicht besser, dich dem Tageslicht zu überlassen?“

Die Vampirin wurde weiß wie eine Maus im Gesicht und starrte mich mit Angst geweiteten Augen an.

Absolut jeder Vampir fürchtete sich vor dem Tod bringenden Sonnenlicht. Es übertraf jede Folter, jedes Leid, mit einer solch erschreckenden Leichtigkeit, dass man noch nicht einmal seinem ärgsten Feind solch ein Ende wünschte.

„Nein, das würdet Ihr nicht wagen“, flüsterte das Mädchen mit fester Stimme, in der ein weinerlicher Ton mitschwang. Ich hatte die Oberhand, somit war sie also ganz allein meiner Gnade ausgeliefert, und wir wussten beide, dass meine Geduld mit ihr an einem seidenen Faden hing.

„Was hat denn das Tageslicht mit dieser Situation zu tun?“, fragte Tristan und schien sichtlich verwirrt.

Oleen und ich blinzelten ihn verblüfft an. Alle wechselten Blicke untereinander, die von völliger Unwissenheit sprachen. Einfach unfassbar.

„Um Himmels Willen“, flüsterte ich geschockt. „Ihr habt tatsächlich keine Ahnung wovon wir eigentlich reden, oder?“

Ich war wie gelähmt. Die Angst, dass die Werwölfe nur auf einen geeigneten Augenblick warteten, um uns alle auf einmal im Licht der Sonne auszurotten, die mich und meine Familie über Jahrhunderte Jahre lang gequält hatte, war absolut unbegründet gewesen. Sie wussten es nicht – hatten es nie gewusst!

Unser größtes, und bei weitem offiziellstes Geheimnis, war vor den Augen der Wölfe verborgen geblieben.

Selbst die Menschen hatten davon gewusst, und speziell für uns Verbrennungen am Pflock veranstaltet.

Ich erinnerte mich an die Jahrzehnte, in denen eine Epidemie an Umwandlungen stattgefunden hatte, weil sich die frisch gewandelten Vampire nicht unter Kontrolle hatten und alles und jeden angegriffen hatten, was ihnen über den Weg lief. Es mussten Todesurteile im schlimmsten Maße getroffen werden, bis sich die meisten unter ihnen endlich im Klaren wurden, dass die Benennung ihrer Existenz gleichzeitig ihr Urteilsspruch war. Sowohl die Königsfamilie, als auch die Menschen hatten niemals Gnade walten lassen.

Die Schreie der Sterbenden unserer Rasse waren tief verwurzelt in unseren Träumen und Erinnerungen. Deren Leid war auch unseres.

„Was wissen wir nicht?“, fragte Logan und neigte den Kopf wie ein Wolf. Mit seinen türkisen Fackelaugen brannte er Löcher in meinen Kopf.

„Sagt es ihm nicht!“, zischte Oleen flehentlich, und ich wusste, meine nächsten Worte mussten ihr wie Verrat vorkommen, doch ich war schließlich auch verpflichtet mich an den Packt mit Logan halten.

„Vampire verbrennen im Sonnenlicht.“

Oleen ließ meine Hand los. Ihre blauen Augen verdunkelten sich wie die schwärzeste Nacht.

„Das ist doch sicher nur eine Lüge, damit sie die Gelegenheit haben, zu fliehen!“, meinte eine jüngere Wölfin, mit zerzaustem Haar, die Katarin zum verwechseln ähnlich sah.

„Töten wir sie, bevor die anderen Blutsauger noch auf die Idee kommen, auch hier anzumarschieren!“, meinte jemand anderes.

Ich öffnete den Mund, um etwas zu sagen – irgendwas, was uns weiterhelfen würde – doch ich hatte noch nicht einmal die Chance zu Wort zu kommen.

Alle stimmten der letzten Aussage zu; alle wollten Blut sehen.

„Dann schlage ich vor, dass wir an unseren Gästen die Behauptung überprüfen, ob diese tatsächlich im Sonnenlicht verbrennen.“

Wer das gesagt hatte, wusste ich nicht mehr. Ich war wie gelähmt; geschockt darüber, dass ich nun vielleicht mit ansehen musste wie drei Mitglieder meiner Rasse durch die schlimmste aller Sterbemöglichkeiten ihr Leben lassen mussten.

Vielleicht war es Logan gewesen, oder vielleicht sogar Tristan. Aber es war mir momentan egal. Meine Hilflosigkeit verstörte mich. Ich war es nicht gewöhnt, nicht die Befehle zu erteilen, und mich jemand eines höheren Ranges zu unterstellen, der mir zuwider handelte. Beinahe hätte mir das Gefühl der Ausweglosigkeit Tränen in die Augen getrieben, doch ich war noch nicht bereit einfach aufzugeben.

Plötzlich tauchte ein Gedanke in meinem Kopf auf, der, so hirnrissig er auch war, sich hartnäckig festhielt und mich zu einer unüberlegten Tat drängte.

„Nein!“, rief ich, und hätte mir im nächsten Moment beinahe auf die Zunge gebissen, als sich die Augen aller Anwesenden auf mich richteten.

„Wie war das?“, fragte Logan eisig, und ich hätte schwören können, wie jeder im Saal die Luft anhielt.

Ich schluckte meinen Unmut hinab und reckte stolz das Kinn vor. „Ich werde an mir selbst den Beweis liefern, dass meine Behauptung der Wahrheit entspricht.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Enyxis
2014-03-02T19:59:35+00:00 02.03.2014 20:59
O____O WTF?! Die Wuffis WUSSTEN DAS NICHT?!?!?!!?!? OMG....
Boah, ich hasse Evelyn immer noch DX Obwohl die i-wie cool ist... Erinnert mich n bissl an Claudia aus "Interview mit einem Vampir"...
Hamma Kapitel!
Von: abgemeldet
2009-12-09T06:58:01+00:00 09.12.2009 07:58
ich weis nicht was du hast :)
das kapitel ist mal wieder echt klasse!
total spannend und ich hatte es ruck zuck durchgelesen.
DIr ist klar das du möglichst schnell weiterschreiben musst, oder?
Denn so spannend aufzuhören ist ja wirklich eine frechheit ^^
Liebe Grüße
MAriel
Von:  Astre
2009-12-09T05:55:11+00:00 09.12.2009 06:55
Ich stimme dir zu dieses kapi gefällt mir auch richtig gut ^^ vorallem der schluss *g* ich bin wirklich gespannt wies weiter geht :)
und hoff du schreibst bald weiter ^^

lg
Astre


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