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Für eine Handvoll One-Shots

eine "Hollows"-Fanfiction
von

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Childhood

Childhood
 

Die Reifen seines grauen Zweisitzers quietschten protestierend, als sie sich ruckartig in Bewegung setzten, um den Wagen durch die vom Regen überfluteten Straßen zu tragen. Regentropfen prasselten auf die Windschutzscheibe und wurden von den stetig nach links und rechts schwingenden Scheibenwischern zur Seite geschoben, nur um gleich wieder durch neue Tropfen ersetzt zu werden. Der Himmel war eine einzige graue Masse und nicht ein Zentimeter blau war zwischen den Hochhäusern der Gilbert Avenue“ zu erkennen. Seit drei Tagen hatte es nicht aufgehört zu regnen und das sonst so lebhafte Cincinnati wirkte fast wie ausgestorben.

'Bei diesem Wetter schickt man doch keinen Hund vor die Tür', dachte David, während er versuchte das Leuchten der Ampel vor sich zu erkennen.

'Ist die überhaupt an?' Er kniff die Augen zusammen, in der Hoffnung etwas mehr zu erkennen, doch er musste sich eingestehen, dass es bei diesen Verhältnissen einfach nicht möglich war. Die Dunkelheit und der Regen hatten sich gegen ihn verbunden und seine Autoscheinwerfer waren dabei einen hoffnungslosen Kampf zu verlieren. Viel zu langsam für seine Verhältnisse lenkte er den Wagen um eine Kurve. Links von ihm schimmerte der „Eden Park“ wie ein schwarzes Loch in der Dunkelheit.

'Vielleicht hätte ich Howard doch bitten sollen mich abzuholen', überlegte er und schaltete das rauschende Radio einfach ab. Bei diesem Wetter würde er ohnehin keinen Sender störungsfrei empfangen.

Erst schemenhaft und dann immer deutlicher erkannte er die Umrisse einer Frau vor sich auf der Straße. Sie lief schnell, doch ihre Kleidung schien bereits völlig durchnässt zu sein.

'Wie irre muss man sein um bei diesem Wetter spazieren zu geh-“ Davids braune Augen wurden groß, während sein Fuß die Bremse mit einer Wucht traf, die den Wagen zu einer Vollbremsung veranlasste. Seine Hand suchte nach dem Fensterschieber und noch bevor die Scheibe ganz nach unten gefahren war, hatte er ein: „Rachel?!“ durch den Wagen gebrüllt.

Schon als die Bremsen quietschend griffen, hatte sich die Frau zu ihm umgedreht, doch nun kam sie vorsichtig näher. Ihr schlichtes, dreiviertellanges Kleid klebte auf ihrer Haut und das glatte, rote Haar war von einigen grauen Strähnen durchzogen. Hatte er sich getäuscht? Die Ähnlichkeit mit Rachel war wirklich gravierend, aber glattes Haar und graue Strähnen? Fragend hob er die Augenbraue, doch sie lächelte ihm weiterhin entgegen.

„Sie kennen meine Rachel?“ fragte sie in einem Ton, der sowohl Neugier als auch Argwohn bedeuten konnte. Durch das offene Fenster drang der Geruch nach Feuchtigkeit, Haarspray und Rotholz in den Wagen, was David dazu veranlasste zu nicken.

„Rachel Morgan, ja. Und Sie sind -“ Beinahe hätte er „verrückt“ gesagt, doch die Frau unterbrach ihm glücklicherweise.

„Alice Morgan, Rachels Mom.“ Sein Gefühl verriet David, dass er besser nicht angehalten hätte, doch es war zu spät um die Flucht zu ergreifen und diese Frau einfach ihrem Schicksal zu überlassen. Mit den Gedanken bei seinem armen Auto, dem mit Sicherheit nicht gefallen würde, was er im Begriff war zu tun, formulierte er den nächsten Satz dieser seltsamen Konversation. Wäre er doch bloß mit Howard gefahren.

„Sehr äh erfreut. David Hue. Wollen Sie mitfahren? Sie tropfen.“

„Wirklich?“ Das Lächeln in dem Gesicht, das ihn so stark an Rachel erinnerte, wurde noch breiter und noch bevor er noch einmal über seine Alternativen nachdenken konnte, öffnete sich bereits die Beifahrertür und die Hexe stieg flink in den Wagen.

„Dieses beschissene Wetter wird vermutlich nie wieder besser“, murrte sie und begann ihre feuchte Kleidung neu anzuordnen, während immer größere Pfützen im Fußraum des Wagens erschienen.

„Es ist so reizend von Ihnen, dass sie eine durchnässte, alte Dame mitnehmen. Sie sagten, Sie kennen meine Rachel?“ Davids Hände verkrampften sich am Lenkrad. Er würde die Feuchtigkeit bestimmt ewig nicht aus seinem Auto bekommen und spätestens nach dem Vollmond in drei Tagen würde der ganze Wagen nach feuchtem Hund riechen. Fantastisch. Hatte er eigentlich eine Versicherung für Wasserschäden?

„Geschäftsbeziehung“, antwortete er einsilbig. Kam es ihm nur so vor oder wurde er gerade wie das Sonderangebot an der Fleischtheke gemustert? Vorsichtig blickte er zu Mrs. Morgan und das unangenehme Gefühl ließ schlagartig nach.

„Oh, das ist Schade. Ich meine, natürlich wünsche ich mir Enkelkinder, aber wenn der Richtige kommt, sollte Rachel ihre Chance ergreifen. Sie hatte ja noch nie viele Verabredungen schon in der High School musste ich mich fragen, ob sie nicht vielleicht das Ufer wechseln wolle. Und dann bringt sie erst diesen reizenden, jungen Mann mit und dann treffe ich Sie. Verdienen Sie eigentlich gut?“ Wäre David nicht damit beschäftigt gewesen auf die verregnete Straße zu starren, hätte er vermutlich seine seltsame Beifahrerin angestarrt. Dachte diese Frau allen Ernstes, dass er mit ihrer Tochter- Krampfhaft versuchte er ein Schaudern zu unterdrücken, doch es gelang ihm nicht ganz. Sex mit einer Hexe? Das war eindeutig eine Idee, die ihm sehr missfiel.

„Wissen Sie“, fuhr die Frau ungerührt fort – Offensichtlich hatte sie nicht bemerkt, wie sehr David dieses Thema anwiderte, was bedeutete, dass sie entweder blind oder sehr in ihrer eigenen Welt versunken war - „Man braucht den richtigen Mann um Kinder zu bekommen und Rachel tut sich ja so was von schwer. Dabei hatten wir so viel Glück mit ihr. Stellen Sie sich vor, wir hätten sie damals fast verloren. Rachel wurde mit einer seltenen Blutkrankheit geboren und ach es war schrecklich. Wir haben es erst so spät erfahren. Rachels Bruder hatte Glück, das hat uns die nette Ärztin alles erklärt, aber unser nächstes Kind wäre zu fünfundzwanzig Prozent wieder mit diesem Defekt zur Welt gekommen und es fiel unserer kleinen Rachel ja so schwer. Eine Kombitherapie aus Kräuterheilmitteln und traditioneller Medizin hat sie schließlich gerettet. Sie ist ein Wunderkind! Um nichts in der Welt hätte ich das noch einem Kind zugemutet.“

Fasziniert von der Tatsache, dass eine einzelne Frau soviel erzählen konnte, ohne auch nur einmal Luft zu holen, nickte David. Er nahm die plötzliche Stille im Wagen als Zeichen, dass es nun an ihm war etwas zum Gespräch beizutragen. Blöd nur, dass er, erschlagen von dem Schwall an Informationen und der Tatsache, dass er immer noch versuchte zu fahren, kaum etwas mitbekommen hatte.

„Hmm“, murmelte er als Antwort, musste aber schnell merken, dass die Frau mehr erwartete, als nur eine Silbe. „Rachel war sicher ein sehr lebhaftes Kind“, improvisierte er eilig und wünschte sich einmal mehr, er wäre heute nicht in sein verdammtes Auto gestiegen.

„Oh nein, ganz im Gegenteil. Sie war ja auch ständig im Krankenhaus und sie war eigentlich immer müde, aber eigentlich kommt sie ganz nach ihrem Vater. Wissen Sie, ich habe Monty in der Universität kennen gelernt. Ich habe mich nur wegen einem hübschen Mann in „Kraftlinienmagie“ eingeschrieben und am Ende verliebte ich mich in seinen besten Freund. Es hat Rachel so sehr getroffen als ihr Vater-“ Die wandelnde Plappertasche stockte plötzlich und blickte deprimiert auf die feuchte Pfütze im Fußraum.

„Das tut mir leid“, murmelte David ein wenig verunsichert, doch die Frau lächelte ihn schon wieder breit an.

„Muss es nicht mein Lieber. Würde es Ihnen etwas ausmachen hier anzuhalten? Ich muss hier raus und Sie sollten es sich wirklich überlegen, Rachel mag keine gute Hausfrau sein, aber sie könnte in die Rolle hineinwachsen und so ein paar Jahre Altersunterschied sind ja nun wirklich nicht schlimm.“ David hatte den Wagen beinahe ruckartig zum Stehen gebracht und starrte Mrs. Morgan nun wieder mit großen Augen an. Er und Rachel? Sie teilten noch nicht einmal den gleichen Genpool. Wieder hatte er das Gefühl als würde sich sein Magen verknoten um seinen Protest zum Ausdruck zu bringen. Er und Rachel? Eher würde er den Vampir flach- Jetzt hatte sie es endgültig geschafft: Ihm war übel!

„Ich glaube Sie verstehen nicht, Mrs. Morgan, wir sind wirklich nur Geschäftspartner“, versuchte er die Situation aufzulösen. Doch die Frau, die gerade leichtfüßig aus seinem Wagen sprang, lachte nur, als habe er einen besonders guten Witz gemacht.

„Sicher, ganz wie Sie meinen. Oh und nennen Sie mich Alice, Mr. Geschäftspartner. Wenn Sie und Rachel mich Mal besuchen kommen, werde ich Ihnen all die schönen Fotos von meiner Kleinen zeigen. Das wird sicher ein Spaß.“ Freudig lächelnd drehte sie um und lief in eines der Häuser der Menschensiedlung. David seufzte. Die Geschichte würde Howard ihm sicher nie glauben, auch wenn er ihm die Wasserflecken in seinem Wagen zeigen würde. Vielleicht sollte er sich Mal mit Rachel unterhalten und das möglichst, bevor ihre Mutter die Namen für seine noch ungeborenen Kinder ausgesucht hatte. Hartnäckig klopfte der Regen gegen seine Windschutzscheibe und riss ihn aus seinen Gedanken. Er hatte ganz vergessen, dass er immer noch vor dem Haus von Mrs. Morgan parkte, oder besser gesagt, die ohnehin schon enge Straße versperrte. Ein weiteres Mal klopfte es gegen die Scheibe; lauter und eindringlicher als zuvor, während ein dunkler Schatten in den Wagen fiel und ihm den letzten Rest Sicht nahm. Erst jetzt bemerkte er die hellen Scheinwerfer in seinem Rückspiegel. Vermutlich hatte er Jemanden zugeparkt.

Ein leises Knurren entfuhr ihm, als er das Fenster ein weiteres Mal an diesem Abend öffnete. Wenn irgendein Welpe Streit wollte, konnte er ihn haben. Einen bissigen Kommentar im Kopf blickte er hinaus, doch das Fluchen verging ihm. An seinem Wagen lehnte ein ziemlich durchnässter FIB-Detective, der ihn von oben herab wütend anfunkelte und was noch viel schlimmer war:

Er kannte diesen Mann und nach seinem überraschten Gesichtsausdruck zu schließen, erinnerte sich der Andere wohl auch noch ganz gut an ihn.

„Detective Glenn?“ fragte er, bemüht so unschuldig wie eine seiner Freundinnen zu klingen, wenn ihnen etwas unangenehmes blühte.

„Mr. Hue? Was tun Sie hier mitten in der Nacht und bei dem Wetter? Sie stehen mitten auf der Fahrbahn. Das ist eine Gefahr für jeden Autofahrer. Ich wäre Ihnen eben beinahe hinten drauf gefahr- Wieso haben Sie einen See im Fußraum ihres Beifahrersitzes?“ Neugierig lehnte sich der dunkelhaarige Detective ein wenig weiter in den Wagen und tropfte nun seinerseits auf das Amaturenbrett.

„Ich habe Mrs. Morgan heim gefahren“, murmelte der Werwolf, während sich seine Finger um das Lenkrad verkrampften. Was glaubten die eigentlich alle, was das hier war? Ein Regenschirmersatz?

„Rachel? Aber Rachel wohnt hier doch gar nicht“, stellte Glenn skeptisch fest und verschränkte die Arme vor der Brust. Kein gutes Zeichen.

„Nein, nicht Rachel, sondern ihre Mu-“ Im schwachen Kegel seiner Scheinwerfer erschien Mrs. Morgan auf der Straße. Sie hatte noch immer keinen Regenschirm dabei, aber der Teller in ihrer Hand wirkte verdächtig.

„Ein Glück, Sie sind noch da!“ flötete sie. Davids Knöchel traten weiß hervor, so sehr krallte er sich in das Lenkrad. Er wollte hier weg. Am besten nach Hause und in sein Bett oder wenigstens vor Howards Haustür, wo er sich in Ruhe ausjaulen konnte. Aber vielleicht konnte er ja-

Ein wölfisches Grinsen erschien in seinem Gesicht, als er „Aber natürlich Mrs. Mor- Alice“ säuselte. „Kennen Sie eigentlich schon Detective Glenn. Er ist einer von Rachels engsten menschlichen Freunden. Nicht Detective?“

„Was? Wer? Oh ähm, sehr erfreut Mrs. Morgan“, stammelte der sichtlich überfallene Glenn. Gut so. Mit etwas Glück würde er so gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen und wäre in etwa einer Stunde zu Hause. Sein Plan schien auf zu gehen. Die rothaarige Frau schenkte Glenn gerade eben den Fleischthekenblick, den er selbst vor nicht ganz zwanzig Minuten schon einmal abbekommen hatte.

„Es freut mich wirklich so viele von Rachels Freunden kennen zu lernen. Möchten Sie ein paar Kekse?“ Die ehemals hübschen, braunen Kekse schwammen in einem kleinen See aus Regenwasser, aber Glenn griff trotzdem ungerührt zu.

„Vielen Dank Mrs. Morgan“, murmelte er, während David nur den Kopf schüttelte. Er würde so ein Ding mit Sicherheit nicht essen. Zu gut erinnerte er sich daran was die Kekse in Rachels Kirche so alles bewirkten.

„Rachel kennt das Rezept übrigens auch. Sie kann sehr gut backen, ganz wie es sich für eine ordentliche Hausfrau gehört. Sie mag noch ein wenig wild sein, aber das wird sie spätestens mit dem ersten Kind ablegen.“ Einen Moment lang wirkte Glenn als wäre ihm der Keks in der Speiseröhre stecken geblieben, doch dann fing er sich, um David einen verwirrten Blick zu zuwerfen. Mit der Erkenntnis in seinen Augen, wuchs auch die Angst.

„Ähm, Mrs. Morgan, es tut mir sehr leid, aber ich muss jetzt leider weiter“, versuchte er einen kläglichen Fluchtversuch und marschierte um Davids Auto herum, um sich dort eilig auf den Beifahrersitz fallen zu lassen. Misstrauisch beäugte David die wieder größer werdende Pfütze. An seinem Fenster erzählte Mrs. Morgan irgendwas von Babyfotos, aber das bekam er nur mit einem Ohr mit.

„Haben Sie nicht ein eigenes Auto?“ flüsterte er ein wenig verstört, wurde allerdings von einem Bettelblick zum Schweigen gebracht. Alles klar. Der Mensch traute sich nicht die fünf Meter zu dem anderen Wagen zurückzulegen, weil Mrs. Morgan ihn mit Sicherheit begleiten würde.

Plötzlich schob sich ein Bild vor seine Augen und David entwich alle Farbe. Das hatte er wirklich nicht sehen wollen. Rachel im Adamskostüm auf etwas, was ein Lammfell hätte sein können, war zu viel für ihn.

Der Motor röhrte, als er das Gaspedal so heftig trat, dass es den Boden des Wagens berührte. Mrs. Morgan sprang eilig ein Stück zur Seite.

„Diese Jugend, immer in Eile“, murmelte sie kopfschüttelnd, bevor sie langsam zurück ins Haus lief. Der nette Detective würde schon wieder kommen. Er hatte sein Auto vor ihrer Tür vergessen.
 

Ende



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Von:  Nochnoi
2009-05-30T13:40:55+00:00 30.05.2009 15:40
Oh Mann, das war wirklich genial *lach*

Ich steh ja auf David und auch Rachels Mom ist einfach nur klasse! Und ihre erste Begegnung hast du wirklich wunderbar beschrieben. Dein Schreibstil ist echt toll, ich kam aus dem Grinsen gar nicht mehr raus :)

Und der arme David kann einem ja einfach nur leid tun. Einen See im Auto und dazu auch noch eine endlos quasselnde Frau, die ihn wie ein Stück Fleisch mustert und sich schon Enkelkinder ausmalt XDD Du hast seine Gedankengänge sehr schön formuliert und lebendig gestaltet. Wie er sich immer wieder wünschte, von Howard abgeholt worden zu sein, und wie ihn sein nasses Auto frustriert ...
Als dann auch noch Glenn dazukam und sich angesichts Alices Direktheit fast an seinem feuchten Keks verschluckt hätte, musste ich wirklich laut auflachen XD Und der letzte Satz hat das Ganze wirklich schön abgerundet! Armer Glenn, kann ich da nur sagen XDD

Alles in allem: Sehr schön gemacht ^^ Ich hab mich gut amüsiert!

Liebe Grüße
Nochnoi


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