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Bora, Stein der Winde

von

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Unterhaltung

Justin beobachtete die Menschen um sich herum. Es machte ihm Spaß zu sehen, wie sie unter seinem Blick nervös wurden, manche sogar gingen, nur um nicht Opfer von Justin nächsten Streich zu werden. Nebenbei aß er noch ein großes Eis. Gerade hatte er sich ein zweites bestellt, da tauchte Swena auf.

„Bin ich zu spät?”, fragte sie, weil Justin schon da saß und die Kellnerin schon einen leeren Eisbecher wegbrachte.

„Nein, bist du nicht. Ich war schon um halb hier, weil ich es zu Hause nicht mehr ausgehalten habe”, erklärte Justin und reichte Swena die Karte.

„Dann ist ja gut. Mal schauen, was bestelle ich denn...”, für die nächsten fünf Minuten studierte sie die Eiskarte genau und bestellte.

„Gut. Wie geht’s dir eigentlich, Justin?”, fragte sie dann.

„Danke, gut”, antwortete er.

„Das freut mich, ich habe schon gedacht, du bist krank oder so, weil du Donnerstag nicht gekommen bist”, meinte sie lächelnd.

„Ja, vorgestern ging es mir nicht so gut”, erklärte er.

Ein kurzes Schweigen folgte.

„Nun, worüber wolltest du mit mir reden?”, fragte Swena dann, bevor das Schweigen peinlich werden konnte.

Justin nahm sein Eis von der Kellnerin in Empfand und aß erst einmal ein bisschen, hauptsächlich, um Zeit zu gewinnen.

„Ich... hatte vor kurzem wieder zwei Visionen. Schnell hintereinander an zwei verschiedenen Tagen”, sagte er dann ernst.

„Das ist doch nichts Ungewöhnliches bei dir”, fand sie.

„Ja, an sich nicht. Nur sonst habe ich sie nicht so schnell hintereinander, sondern es sind mehrere Tage, meistens sogar Wochen oder Monate dazwischen. Und auch die Art, wie ist sie bekam war merkwürdig... und der Inhalt sowieso.”

Swena sah nachdenklich aus.

„Was war den an der Art so anders als sonst?”

„Ich hatte sie, während ich wach war. Sonst träume ich so etwas nur, aber diesmal war ich wach. Ich stand da, beschäftigt mit etwas und dann war sie plötzlich da...”

„Das ist in der tat merkwürdig... Und der Inhalt? Was hast du gesehen?”

„Nun, ich ging durch den denn Wald, mit Rex und dann war ich auf einem Schlachtfeld. Ich schaute mich um, überall kämpften Ritter. Pferde stiegen und wieherten, Männer schrieen vor Schmerz und Angst. Hund, gepackt in Stachelbewehrten Rüstungen zerfetzten Fleisch... Und dann stand er da. Ein Kerl, der genauso aussah wie ich. Es war, als würde ich in einen Spiegel schauen. Er ritt als einziger einen Hengst, der nicht durch eine Rüstung geschützt war, aber das schwarze Fell hatte keinerlei Verletzungen. Das Blut an ihm war vom Feind, nicht von ihm selbst. Die schwarze Rüstung des Typen war auch über und über von Blut bespritzt. Von seinem Schwert troff der Lebenssaft wie Wasser. Und er sah ihm so unglaublich ähnlich... wie... ein Zwilling... mit dem einem Unterschied, das er noch nie in seinem Leben lachen durfte. Sein Leben bestand bisher nur aus Kampf, Tod und unendliche Qualen. Freundschaft und Liebe sind Fremdworte für ihn... so etwas hat er genauso wenig erfahren, wie ich einen Krieg miterleben musste, am eigenem Leib...”, Justin verstummte.

Auch Swena sagte lange Zeit kein Wort.

„Das hast du alles erfahren, indem du ihn angeschaut hast?”, fragte sie dann.

„Nein... ich habe es gewusst. Ich weiß, wer er ist, ich weiß alles über ihn, denn er ist ich. Und zugleich auch wieder nicht. Ich... weiß nicht, wie ich es erklären soll... es ist einfach, als kenne ich ihn schon mein Leben lang, als wären wir verbunden auf Ewigkeit und als wäre er mir doch so fern und unbekannt, wie ein Fremder...”, antwortete Justin.

„Wie als wäre er dein bester Freund und ein vollkommen Fremder zugleich, oder wie?”, hakte Swena nach.

„Ja... nein... es ist schwer zu erklären...”

„Das merke ich schon, denn sonst hast du nicht sonderlich große Probleme damit, mir zu erklären, was du meinst. Aber nun gut. Die Schlacht drum herum wundert mich ein wenig, sie scheint keinerlei Bedeutung zu habe. Ich meine, in Wirklichkeit gibt es so was ja nun nicht mehr. Außer auf entsprechenden Festen, aber da werden sie gewiss nicht so blutig vorgehen.”

„Das ist ja eines dieser merkwürdigen Dinge. Sonst sind die Visionen so, dass sie durchaus passieren können... ich meine, sie passieren ja auch immer. Aber diese ist einfach... unmöglich...”

„Das stimmt. Nun ja, was war mit deiner zweiten Vision?”

Wieder aß Justin erst etwas, um Zeit zu gewinnen.

„Nun, die hatte ich heute Morgen am See. Ich war mit Nadja spazieren und plötzlich war ich in einer Halle, die war ganz weiß. Nur weiße Wände und es gab große Fenster”, Justin griff zu dem Rucksack, den er mitgenommen hatte uns zog einen Skizzenblock hervor, denn reichte er Swena. Die schlug die erste Seite auf.

„Das Bild hier?”, fragte sie.

Justin nickte.

„Ganz recht. So in etwa sah die Halle aus. Auf der nächsten Seite ist eine Skizze von dem Wesen, das ich in der Halle gesehen habe.”

Swena schlug die Seite um.

„Ein Engel...”, flüsterte sie.

„Ja, ein Engel. Leider ist die Zeichnung nicht einmal annähernd so wunderschön, wie sie in Wirklichkeit war...”

Swena schaute sie Zeichnung noch eine Weile an, dann gab sie Justin den Block zurück.

„Nun, was geschah in der zweiten Vision?”, fragte sie sachlich.

„Also, ich stand in der Halle und da sah ich vor einem der Fenster einen Schatte. Der kam auf mich zu, wurde nach und nach zu diesem Engel. Ihre Augen sind in so einem wunderschönen kastanienbraun gewesen und man dachte, durch sie schaut man in die Unendlichkeit... und ihre Haare... das schwärzeste Schwarz, das du je gesehen hast, das wäre nur grau im vergleich... so schwarz, wie das Nichts. Wie das reine Nichts. Und im Kontrast dazu ihre Schwingen. Oh mein Gott, ich würde mein Leben geben, um eine dieser Federn in den Händen halten zu dürfen! Sie waren weißer als Schnee... so unglaublich rein und weiß... ihr Körper sah… unendlich zerbrechlich aus... und sie… war traurig... so unendlich traurig, als könnte sie nie in ihrem Leben lachen, nie überhaupt irgendein Gefühl empfinden können. Nur das Gefühl der Trauer... ich hätte sie am liebsten in den Arm genommen und getröstet, ihr gezeigt, das sie nicht traurig sein muss, denn egal was passiert, es gibt immer einen Ausweg... aber ich konnte nicht... und sie muss weiterhin traurig sein... und…”, flüsterte Justin.

Swena war verblüfft. Sie hätte nie gedacht, dass etwas, das kaum mehr als ein Traum war solche Gefühlsausbrüche in Justin hervorrufen konnte. Sie sagte nichts. Keiner sagte etwas.

„Nun, wollen wir doch mal ein wenig analytisch vorgehen. Für die Schlacht habe ich keinerlei Ideen, was dein Unterbewusstsein damit ausdrücken wollte, aber vielleicht ist der Engel so etwas die Marina? Hältst du das für möglich?”

„Hey, du bist hier die Psychologin, also frag nicht mich! Aber um auf deine Frage zu antworten: glaube ich nicht. Ich glaube, das hat alles gar nichts mit meiner Vergangenheit zu tun. Wahrscheinlicher ist die Zukunft, oder meinst du nicht? Die anderen Visionen hatten auch immer etwas mit der Zukunft zu tun, nie mit der Vergangenheit.”

Swena nickte langsam und nachdenklich.

„Natürlich, das ist auch möglich... sogar ungleich wahrscheinlicher, also was quatsch ich da für einen Müll? Aber worauf in deiner Zukunft könnte das hinweisen?”

„Ich habe keine Ahnung, ich bin kein Hellseher”, meinte Justin.

„Na ja, wie man es sieht. Aber lass uns trotzdem einfach mal überlegen... Die Schlacht könnte starke Veränderung oder Tod bedeuten. Vielleicht stirbt einer deiner Bekannten, Verwandten oder Freunde? Oder es kommen ganz viele neue hinzu. Und das du im Prinzip dich selbst gesehen hast sagt vielleicht, das du selbst dafür verantwortlich bist, was sich verändert, und was nicht. Und der Engel sagt vielleicht aus, dass du ein Mädchen kennen lernen wirst, in das du dich verliebst...”

Justin schaute sie zweifelnd an.

„Glaube ich nicht. Ich könnte meine Rei nämlich nie vergessen oder mich gar mit einer anderen abfingen. Ich habe einfach absolut keine Ahnung... das ist doch alles so sinnlos... hätte es wenigstens den Hauch eines Sinnes, aber nicht einmal den hat die ganze Sache...”

„Ach, lass den Kopf nicht hängen, es wird sich schon alles aufklären, du musst nur lange genug warte”, Swena war fest überzeugt von dem, was sie sagte.

„Ja, kann sein...”, meinte Justin.

Er war schon seid einer kleinen Weile nicht mehr mit dem Gespräch beschäftigt, sondern er fühlte sich beobachtet und versuchte heraus zu finden, von wem. Unauffällig beobachtete er seine Umgebung und als er zufällig in einem der Spiegel schaute, die fast überall hingen, da sah er auch, wer ihn beobachtete. Der Mann vom See. Wieder hatte er Hut, Sonnenbrille auf und Mantel an. Justin schaute auf seine Armbanduhr.

„Ich muss nach Hause. Ich habe noch Hausaufgaben zu erledigen”, log er und zahlte seine beiden Eisbecher. Nur mit einem knappen „Tschüss” verabschiedete er sich und ging dann. Vor der Eisdiele suchte er eine Stelle, von der aus er den Ausgang beobachten konnte, ohne selbst gesehen zu werden. Er musste nicht lange warten, da kam auch schon der Fremde heraus. Er schaute in die Richtung, in die Justin gegangen wäre, wenn er nach Hause gegangen wäre, und schien nachzudenken. Dann ging der Fremde in die endgegengesetzte Richtung davon. Justin lächelte herausfordernd vor sich hin.

„Ja, mein guter, ich nehme deine Herausforderung an”, nuschelte er und folgte seinerseits dem Fremden. Der ging eine Weile sichtlich Ziellos umher, blieb dann und wann stehen, um etwas genauer in Augenschein zu nehmen. Er schien nicht zu bemerken, dass er verfolgt wurde oder er ließ sich nichts anmerken. So genau wusste Justin das nicht, aber gleichwie, er folgte dem Unbekannten weiter auf dem Fuße. Der hatte sich wohl plötzlich doch ein Ziel ausgesucht, denn nun ging er schnurstracks zu einer Gasse. Justin wusste, dass es eine Sackgasse war und wartete vor dem Eingang, denn bald würde der Fremde zurückkommen, es sei denn, er konnte fliegen, was Justin aber stark bezweifelte. Es vergingen fünf Minuten, ohne das der Kerl wieder zurückkam. Verwundert ging er zu dem Rand der Gasse und schaute hinein. Auf halber Höhe machte sie einen Knick und neugierig ging er zu dieser Abzweigung, aber auch dort sah er den Fremden nicht. Es war, als hätte der Kerl sich in Luft aufgelöst. Verblüfft und verwirrt machte Justin sich auf den Weg nach Hause.



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