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Bora, Stein der Winde

von

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Angriff auf die Drachenfeste

„Moritz?”

„Ja, was ist Justin?”

„Ich will nicht.”

„Wie, du willst nicht?”

„Ich will nicht mit. Ich kann so was nicht, ich meine, wer weiß schon, was passieren wird und ich kann so etwas nicht...”

„Du sollst Theo nicht angreifen. Dazu bist du nicht gut genug, auch nicht nach drei Monaten Training. Du hältst dich die ganze Zeit über im Hintergrund, du sollst lediglich das Schwert schnappen und dann verschwinden wir wieder.”

„Ich weiß, das hast du mir schon häufiger erklärt, aber ich habe trotzdem Angst, dass es dann doch anders kommt.”

„Brauchst du nicht. Ich werde auf dich acht geben.”

„Es geht doch gar nicht um mich. Ich will nicht, dass irgendjemand zu Schaden kommt, wer ist egal.”

„Ach Justin... du bist einfach zu lieb für diese Welt. Dass wirklich niemand zu Schaden kommt kann ich dir nicht versprechen, aber wenn du jetzt kneifst, dann wird es so ausgehen, das er irgendwann Korona bekommen wird und das wiederum bedeutet, das tausende Menschen sterben müssen. Alle die, die ihm in Weg sind und das sind nicht wenige. Das Feuer ist nämlich überall und er wird es beherrschen können.”

„Das heißt, entweder sterben nur ein paar oder ganz viele.”

„Genau.”

„Aber ein einziges Leben ist genauso viel Wert, wie Tausende.”

„Ach Justin... Das dir so etwas jetzt erst einfällt. Wir sind fast da.”

„Na ja, ich hatte auf dem Flug eben viel Zeit zum Nachdenken...”

„Nächstes mal fliegst du allein auf einem Greif, dann hast du weniger Zeit zum denken.”

„Wenn du mir vorher erklärst, wie das geht, also wie man so ein Vieh zu steuert, dann fliege ich gerne alleine.”

„Gut, dann wird es nächstes mal so gemacht. Und nur so nebenbei bemerkt: Du kannst jetzt sowieso keinen Rückzieher mehr machen.”

„Ja, das habe ich mir schon gedacht und auch befürchtet. Wie kommt ihr eigentlich alle darauf, dass ausgerechnet ich der Weltenretter bin?”

„Weil bei dir die Elemente zusammenkommen.”

„Wie meinst du das?”

„So wie ich es sage.”

„Verstehe ich nicht...”

„Kannst du auch nicht. Noch nicht. Dazu müsstest du nämlich ein paar Dinge über deine Eltern und Großeltern wissen, die du garantiert nicht weißt. Aber bei Zeiten wirst du alles erfahren.”

„Ach, und wann kommen diese Zeiten? Ich meine, ich bin schon seid einem halben Jahr von zu Hause weg, seid fünf Monaten hier. Langsam aber sicher möchte ich wissen, was hier gespielt wird und dann nach Hause...”

„Kann ich gut verstehen, ich will auch wieder nach Hause. Ich bin immerhin schon seit zehn Jahren hier...”

„Ja, so lange will ich unter keinen Umständen hier bleiben.”

„Warum nutzt du deine traumseherischen Fähigkeiten eigentlich nicht um zu sehen, wie das alles hier ausgehen wird?”

„Ich kann nicht beeinflussen, was ich sehe. Ich sehe einfach etwas.”

„Klar kannst du es beeinflussen. Du musst es doch nur wollen.”

„Woher willst denn du das wissen? Ich meine, ich bin doch hier der Traumseher, oder etwa nicht?”

„Ja klar, aber ich hatte eben diese Macht auch einmal. Vor langer, langer Zeit.”

„Hast du sie denn nicht mehr?”

„Nein. Sie ist mit der Zeit geschwunden. Weist du, woher du diese Macht hast?”

„Weil sie mir verliehen wurde.”

„Nein. Es ist so, jeder ist ein Traumseher, solange er noch klein ist, aber nach und nach verlieren die Menschen diese Fähigkeit und wenn sie erst verschwunden ist, dann kann man sie auch nicht wiedererlangen.”

„Warum verschwindet sie? Wird das bei mir auch passieren?”

„Bei dir nicht, nein. Bei dir ist sie immer stärker geworden, je älter zu warst. Bei dir wird sie nicht verschwinden, sondern sie wird immer mächtiger werden, aber bei den anderen verschwindet sie.”

„Aber warum?”

„Weil sie ihre Fantasie verlieren. Jedes Wesen ist magisch, selbst in der Welt, aus der wir beide kommen. Der Unterschied ist, das die Magie hier sich deutlich macht, durch Zauberei und ganz besonderen Fähigkeiten. In unserer Welt ist es so, dass unsere Magie darin liegt, die Zukunft zu sehen oder die Vergangenheit. Oder andere Welten. Alles in unseren Träumen. Aber die Menschen haben diese Macht nur solange sie auch an die Magie glauben. Solange sie daran glaube, das es etwas anderes, unfassbares gibt, solange dürfen sie ihre Träume behalten. Wenn sie jedoch ihren Glauben verlieren, verlieren sie zugleich auch ihre Träume.”

„Das heißt, wenn man Erwachsen ist und nicht an Zaubereien glaubt, dass man auch nicht mehr träumen kann?”

„Nein, so hab ich das nicht gesagt. Sie träumen weiter, aber sie träumen nur noch aus dem Unterbewusstsein. Sie sehen nicht mehr das wahre Gesicht der Welt. Aber es gibt viele Erwachsene, die noch an den Zauber glauben, unbewusst. Sie spüren in ihren Träumen, ob es einem ihrer Liebsten schlecht geht. Verstehst du, wie ich das meine?”

„Ich glaube schon...”

„Das ist gut.”

„Aber es verwirrt mich. Ich habe nie an so was wie Zauberei geglaubt, bis ich zum ersten Mal wirklich hier war...”

„Doch Justin, das hast du. Du hast es nur nicht bewusst getan. Wie die meisten Menschen. Sie glauben an Magie, tun es aber unbewusst. Die wenigsten sind in der Lage, es sich auch wirklich einzugestehen.”

„Aber wenn fast alle Menschen an Magie glauben, dann sind sie ja doch alle Traumseher.“

„Nein, eben nicht. Es gibt viele Menschen, die unbewusst an die Magie glauben, aber es sind wenige, und du wirst sie nie erkennen können. Und die Bezeichnung „Traumseher“ ist eigentlich auch nur den Wesen vorbehalten, die nicht nur in ihren Träumen sehen, was geschieht, sondern dies alles auch richtig deuten können. So wie du damals als Kind wusstest, das dein Vater sterben wird. Du hast den Traum, der dir dies offenbarte, richtig gedeutet, so wie du deine Träume immer richtig deutest. Das macht dich in erster Linie zum Traumseher. Alle anderen sind etwas ähnliches, sie sehen zwar in ihren Träumen, aber sie verstehen nicht. Und das sind eben die Menschen, die unbewusst an die Magie der Welt glauben. Ich glaube, ich verwirre dich gerade, kann das sein?“

„Ja, jetzt verwirrst du mich in der Tat. Aber woher weißt du eigentlich davon, das mein Vater Tod ist und woher weißt du, das ich wusste, was geschehen würde?“

„Oh Justin, ich weiß alles über dich! Ich weiß Dinge, die dich Betreffen, die nicht einmal zu selbst weißt! Da bleibt mir so etwas doch nicht verborgen.“

„Weist du was, Moritz?”

„Was denn?”

„…Nichts, nichts, nur... gerade habe ich etwas gefühlt... und das… war merkwürdig.”

„Behalte dieses Gefühl tief in deinem Herzen. Und wenn du alles weist, dann sprich es aus.”

„Weist du, was ich meine?”

„Ich kann es mir denken...”

Plötzlich rutschte Justin auf dem Rücken des Greifen ein Stück vor und schmiegte sich an Moritz. Er brauchte in diesem Moment die Nähe zu jemandem, den er vertrauen konnte und da war Moritz hier der Einzige. Der warme Körper spendete ihm Trost in diesem Moment. Und Moritz lächelte stumm vor sich hin.

„Wir landen gleich”, meinte er nach einer Weile.

Justin nickte. Der Greif flog immer tiefer, dann kam er hart auf dem steinigen Boden auf.

Der Rotschopf ließ Moritz los und beide sprangen zu Boden. Janne kam ihnen gleich entgegen gelaufen.

„Hey ihr zwei, wie war der Flug?”, fragte sie.

„Lang”, war Justins Kommentar.

„Nun, er war nicht uninteressant”, fand Moritz.

„In wie fern?”, erkundigte sich Janne.

„Nun, wir hatten ein interessantes Gespräch über das Traumsehen”, erklärte Moritz.

„Na dann wach mal schnell auf, wir haben nämlich ein kleines Problem”, gab das Mädchen zur Antwort.

„Was? Welches?”, fragte Moritz sofort.

„Ein Erkundungsflug hat gezeigt, dass Theo zusammen mit Phönixfeuer im Thronsaal ist. Das heißt: im Herzen der Burg. Und das Beste kommt noch”, erklärte sie mit düsterem Gesicht.

„Susi sitzt neben ihm”, vermutete Moritz.

Janne nickte.

„Wer oder was ist Susi?”, wollte Justin sogleich wissen.

„Der Drache, mit dem du schon mal die Bekanntschaft gemacht hast”, antwortete Janne.

„Also müssen wir uns etwas einfallen lassen. Vor den Beiden gleichzeitig aus ihrer Festung zu entkommen ist nämlich so ohne weiteres nicht möglich”, meinte Moritz.

Janne nickte zustimmend.

„Vielleicht sollte man den Drachen einfach weglocken”, schlug Justin vor.

„Das ist klar, aber wie?”, wollte der Ritter wissen.

„Na ja, keine Ahnung, mit Drachen kenn ich mich nicht aus, also solltest du besser nicht mich fragen”, war Justins Antwort.

„Tu mir den Gefallen und enthalte dich deiner besserwisserischen Sprüche, auf die habe ich gerade keinen Nerv”, knurrte Moritz.

Der Rotschopf zuckte mit den Schultern und ging dann. Hier war ein regelrechtes Lager aufgerichtet worden und er wollte sich ein wenig umschauen, war er doch noch nie in so etwas gewesen. Er trottete eine Weile ziellos umher. Überall um ihn herum waren Greifen und große, kräftige Männer.

„Was macht denn so ein Würstchen wie du hier?”, fragte eine Stimme und eine Hand packte ihn grob an der Schulter, als er gerade an einer Ansammlung Zelte und einem besonders großem Feuer vorbei ging.

Justin schaute über die Schulter in das Gesicht eines kräftigen, bärtigen Mannes der allerdings ein ganzes Stück kleiner war, als er.

„Ich schaue mich nur um”, antwortete der Rotschopf.

„Du solltest aber nicht hier sein. Woher kommst du?”

„Warum sollte ich nicht hier sein?”, Justin war verwirrt.

„Das ist hier kein Spielplatz für halbwüchsige Burschen, die in ihrem Leben sich noch nie die Hände schmutzig machen mussten”, fand der Mann.

„Glaub mir, ich bin nicht freiwillig hier.”

„Ach, haben dich deine Freunde gezwungen oder wie?”

„ Ja, so in der Richtung.”

„Dann solltest du aber schnell wieder zurück zu deinen Leuten rennen, bevor der schwarze Ritter dich sieht. Er kann es nicht ausstehen, wenn sich Knirpse, die hier nichts zu suchen haben einfach einschleichen. Dem Letzten hat er den Kopf abgeschlagen”, erklärte der Mann.

„Er hat WAS?!”, Justin war sichtlich entsetzt.

„Das weiß doch jeder! Der schwarze Ritter ist bis weit über die Grenzen diesen Kontinentes hinaus als ein Monster bekannt. Der Junge war kaum älter als du.”

„Justin! Komm her!”, rief Moritz in dem Moment über den Platz.

„Ich muss zu ihm”, meinte Justin und versuchte sich aus dem Griff des Mannes zu winden.

„Dann bist du Tod, Junge“, erklärte der Mann.

„Justin, jetzt komm endlich!”, rief Moritz abermals.

„Also wenn dieser Justin sich nicht sputet, dann war es das, mit seinem Leben”, meinte der Mann.

Justin verdrehte die Augen.

„Na, denn du mich nicht los lässt, dann kann ich schlecht hingehen zu ihm”, bemerkte er.

„Hä? Ich verstehe nicht”, meinte der Mann.

„Lass mich einfach gehen oder komm mit und Bettel um mein Leben, aber lass mich endlich zu ihm”, brummte Justin.

„Wie... ich verstehe immer noch nicht...”, der Mann sah irgendwie hilflos aus, fand Justin.

Er seufzte tief und zerrte den Mann dann kurzerhand mit sich, da dieser ihn partout nicht loslassen wollte.

Als Moritz und Janne diese komische Formation sahen, da lachten beide laut los.

„Was ist das denn?”, fragte Moritz mit leuchtenden Augen.

„Der Typ hat mich vor dich gewarnt und wollte mich nicht mehr loslassen”, antwortete Justin.

Der Mann starrte Moritz voller entsetzten an.

„Ihr wollt den Jungen doch nicht...”, murmelte er ängstlich.

„Lass den Jungen los”, befahl Moritz dem Mann mit ruhiger Stimme und noch immer grinsend.

„Aber Herr, ihr wollt ihn doch nicht umbringen?”, fragte dieser ängstlich und zog Justin ein wenig zurück.

„Ihn was? Nein, Justin nicht, aber wenn du dich nicht auf der Stelle woanders hin begibst, dann wird es dir an den Kragen gehen”, erklärte Moritz im Plauderton.

„Das wirst du nicht! Sonst hast du nämlich ein riesen Problem! Was ist das überhaupt für eine Geschichte, das du einen Jungen geköpft hast, nur weil der in dem Lager war?”, wollte Justin wissen.

„Ein Spion. Oder meinst du wirklich, ich bring grundlos jemanden um?”, fragte Moritz.

„Zutrauen würde ich es dir”, antwortete Justin eiskalt. Man sah Moritz deutlich an, dass ihn das tief traf. Er schaute Justin noch einen Moment lang traurig an, dann ging er wortlos davon.

„Das war fies”, knurrte Janne.

„Aber es war die Wahrheit”, antwortete Justin.

„Vielleicht. Aber das ausgerechnet du ihm das sagst… Und du kannst mir glauben, das damals war nicht wirklich ein umbringen. Der Junge hatte keine Seele mehr. Der Feind hatten ihm erst einem Seelenfresser zum fraß vorgeworfen und ihn dann als Spion hergeschickt. Er war nur noch eine leblose Hülle, er war schon nicht mehr am Leben gewesen. Moritz hat noch nie jemanden umgebracht, wenn es sich irgendwie vermeiden ließ. Nicht mal das Kommando, irgendjemanden zu töten hat er gegeben. Er ist mit weitem Abstand der friedliebendste Heerführer, den es jemals gab, in diesem Land!”, keifte Janne.

„Aber er hat doch schon tausende umgebracht, weil sie ihm nicht gehorchten!”, mischte sich der Mann ein.

„Verschwinde Zwerg. Das geht dich alles nichts an”, befahl Janne und der Mann verkrümelte sich, nicht jedoch, ohne noch einen letzten verunsicherten Blick in die Runde geworfen zu haben.

„Und, was war mit den tausenden, die ihm nicht gehorcht haben?”, griff Justin auf.

„Die hat er gehen lassen. Theo gegenüber musste er sich skrupellos geben, in Wirklichkeit hat er die Männer aber gehen lassen. Nicht einer von denen ist umgekommen, zumindest nicht durch Moritz’ Hand. Und glaubst du wirklich, auch nur einer von diesen Männern hier ist hier, weil er dazu gezwungen wurde? Moritz hat sie dazu gebeten, niemanden gezwungen”, erklärte das Mädchen.

„Aber warum tut er dann noch immer so, als wäre er eine Monster?”, wollte Justin wissen.

„Man kann kein Heer führen, ohne das es einem gehorcht. Er braucht Respekt und den kann er sich eben nur so sichern. Durch schlechte Gerüchte oder durch das wirkliche töten der Leute. Ihm sind die Gerüchte lieber, deswegen tut er noch immer so gewissenlos”, antwortete Janne.

„Aber warum schockt es ihn so, wenn ich ihm sage, das ich es ihm einen Mord zutrauen würde? Ich meine, kann ihm doch egal sein, was ein Fünfzehnjähriger von ihm denkt”, fand Justin.

„Es ist ihm auch egal. Normalerweise, aber du erinnerst ihn an seinen Sohn. Und welcher Vater will schon von seinem Sohn hören, das er ihn für einen Mörder hält?”, Janne schaute Justin noch einen Moment lang tadelnd an, dann ging auch sie davon und Justin blieb allein stehen. Er dachte darüber nach, was Janne ihm erzählt hatte. Er kam sich mies vor, dass er so zu Moritz gewesen war und nahm sich vor, sich bei der nächsten Gelegenheit zu entschuldigen. Dann ging er zu einem der Greifen um zu warten, das es weiter ging. Er musste nicht lange warten, schon nach einer viertel Stunde kamen Moritz und Janne zurück. Janne sprang auf den Rücken ihres geflügelten Wolfes, der Tim hieß und Moritz sprang auf den Rücken eines der Greifen. Von oben zog er Justin hinauf.

„Also hör zu: Ein paar werden draußen bleiben und die Drachen ablenken, wir werden mit einer kleinen Eskorte ins Innere fliegen und direkt zum Thronsaal hin. Dort angekommen werden wir Theo irgendwie das Schwert abnehmen, wahrscheinlich indem der Greif ihn angreift und so ablenkt, bevor er sich Phönixfeuer nehmen kann, um mit ihm zu Kämpfen. Du schnappst dir dann das Schwert und ab die Post, verstanden?”, erkundige sich Moritz.

„Ja, ist alles klar. Aber es gibt noch was anderes”, meinte Justin.

„Und was?”

„Nun, es tut mir Leid, was ich eben gesagt habe. Das war nicht richtig von mir...”

Moritz lächelte.

„Ist schon gut. Schon längst vergessen.”

Dann gab er das Zeichen, das alle los fliegen sollten.

Ein regelrechter Schwarm Greifen erhob sich und flog auf das Schloss zu. Moritz hielt seinen Greif direkt in der Mitte um möglichst unauffällig zu wirken, direkt vorm Schloss spaltete er sich mit einer kleinen Gruppe ab und flog ins Innere. Jetzt erst verstand Justin, warum sie die ganze Zeit über auf einem der kleineren Greifen geflogen waren, obwohl es viel größere und dementsprechend auch stärkere gegeben hätte. Der Kleine war schnell und wendig, fast unmöglich zu schnappen von einem der Drachen. Außerdem passte er auch durch die schmaleren Gänge, sogar solche, durch die die Drachen nicht mehr könnten, sodass sie die Verfolger immer schnell abgeschüttelt hatten. Janne blieb immer dicht bei ihnen. Moritz und sie kannten sich im Inneren des Schlosses fabelhaft aus, was nun deutlich zu gute kam. Innerhalb von wenigen Minuten waren sie im Thronsaal Angelangt. Theo war sichtlich verdutzt, als plötzlich Janne, Moritz und Justin herein geflogen kamen, doch er fing sich schnell wieder. Er griff zu seinem Schwert, zog es und wehrte den Angriff des Greifen mühelos ab.

„Mist...”, knurrte Moritz, „so werden wir nicht weiter kommen...”

Er warf Janne einen kurzen Blick zu, dann sprang er mitten im Flug vom Rücken der geflügelten Chimäre und stürzte sich mit gezücktem Schwert auf Theo.

„Was hat er denn jetzt vor?”, wollte Justin schreiend von Janne wissen.

„Etwas, das nicht gut gehen kann!”, war die geschrieene Antwort.

Ein plötzlicher Feuerstrahl von einem weißen Drachen, der eben herein gekommen war, ließ Justins Greif eine schnelle Bewegung machen und Justin zu Boden fallen. Noch benommen vom Sturz hob der Drache ihn auf und schnüffelte an ihm herum, wie ein Hund an einem Baum. Nach kurzer Zeit schien er genug gerochen zu haben und ließ Justin abermals fallen. Der wurde von Moritz aufgefangen, der die Szene aus dem Augenwinkel verfolgt hatte und sofort von Theo abgelassen hatte. Er fing den Rotschopf auf und rannte zurück zu ihrem Greif, der mittlerweile gelandet war. So schnell wie noch nie saß er auf dem Rücken des Tieres und deutete, den Rückzug anzutreten. Die Chimäre und der geflügelte Wolf flogen los und sammelten die anderen Verbündeten unterwegs ein. Schon nach wenigen Minuten hatten sie das Schloss verlassen und waren auf den Rückweg. Die Gruppe sprengte sich langsam auf.

„Wo wollen die alle hin?”, fragte Justin, der nun wieder langsam zu sich kam. Der erste Sturz vom Rücken des fliegenden Greif hatte ihn benommen werden lassen.

„Nach Hause. Sie waren nur für diesen Angriff hier, aber der ist ja leider fehlgeschlagen. Na ja, was soll’s, es kann ja nicht immer alles glatt gehen. Wir hatten keine Verluste und dir geht es gut, das ist die Hauptsache”, fand Moritz.

„Was tun wir als nächstes?”, fragte Janne von ihrem Wolf aus.

„Abwarten. Wenn wir Glück habe bringt uns die Zukunft noch eine weitere Chance. Wir müssen einfach abwarten was passiert”, antwortete Moritz.

„Das heißt, wir fliegen jetzt wieder zur Elbenfeste?”, fragte Justin.

Moritz nickte.

„Ganz genau. Von dort aus werden wir dann planen.”

„Also ist die Feste so was wie unser Hauptquartier?”

„Du hast es erfasst”, rief Janne.

Dann herrschte für den Rest des Weges Ruhe, man hörte nur das Rauschen des Windes. Im Innenhof der Feste wurden sie schon erwartet.

„Und? Wie ist es gelaufen?”, wollte Timo sogleich neugierig wissen.

„Nicht gut. Wir haben das Schwert nicht bekommen”, erklärte Moritz.

„Wieso, was ist passiert?”, fragte Sally.

Während sie in den Elbenfestsaal gingen erzählte Moritz was vorgefallen war.

„Das ist ja gehörig schief gelaufen”, meinte Timo.

„Ja und nein. Die Bedingungen waren einfach zu schlecht. Hätten wir Theo vollkommen unerwartet gegenüber gestanden, dann hätten wir Phönixfeuer jetzt, aber na ja. Sich ärgern bringt jetzt auch nichts mehr, also lasst uns abwarten.”

„Wie, was soll das heißen? Habt ihr ihn denn nicht auch überrascht, mit eurem Angriff?“, fragte Timo verwundert.

„Nein. Normalerweise lehnt er sein Schwert gegen die Wand, wenn er es nicht mehr braucht, aber er hatte es um gegurtet. Das heißt, dass er entweder gerade gekommen ist, gerade gehen wollte, oder irgendetwas uns verraten hat, sodass er genug Zeit hatte, Phönixfeuer wieder zu nehmen. Wahrscheinlich haben die Drachen ihn bescheid gegeben, die haben auch mich nämlich keinen sonderlich verblüfften Eindruck gemacht“, erklärte Moritz.

Timo und Sally nickten und Justin stand auf.

„Ich bin müde, ich werde schlafen gehen”, erklärte er und ging. Auf dem Gang traf er Melody, die nicht bei der kleinen Lagebesprechung dabei gewesen war. Wie immer sah sie auf schwer zu beschreibende Art und Weise traurig aus. Justin viel auf, das er sie noch nie hat lachen hören, oder auch nur lächeln. Es war, als könnte sie nicht anders, als immer nur traurig aus zu sehen, als hätte sie das Lachen verloren und nicht wieder gefunden.

„Guten Abend”, begrüßte er sie, doch die Elbe nickte nur und ging weiter.

Sie sprach nur mit Justin wenn es nötig war und auch dann nie mehr als einige Worte. Nur eben die, die unbedingt ausgesprochen werden müssen.

„Warte mal, Melody”, bat der Rotschopf.

Sie wandte sich um und schaute ihn an.

„Habe ich irgendwann einmal etwas Falsches getan oder so? War es die Umarmung, als wir uns das Zweite Mal trafen?”, fragte er.

Sie verneinte lediglich.

„Was dann? Ich verstehe es nicht, warum bist du so?”

„Ich bin wie ich bin”, war ihre antwort.

„Aber ich verstehe es nicht. Du bist immer traurig, wirklichen lachen kannst du doch schon gar nicht mehr. Warum ist das so?”

„Es gibt nichts zu lachen in meinem Leben. Alles was mir Freude brachte hat mir das Schicksaal genommen. Die Herrin will nicht, dass ich lachen kann.”

„Aber das ist doch Schwachsinn! Warum soll ein Gott, der sich um etwa eine Milliarde verschiedener Wesen kümmern muss wollen, dass du nicht lachen kannst? Ich glaube kaum, dass du ihr wichtig genug erscheinst für so was”, meinte Justin.

„Kann sein, aber warum soll ich lachen? Es gibt nichts, was mir Freude macht.”

„Hast du denn keine Freunde? Niemand, der dir hilft, wenn es dir schlecht geht? Niemand, der da ist, wenn du etwas auf dem Herzen hast? Der dich einfach nur mag, egal was ist und was du tust?”

„Wenn ich Hilfe benötige hilft mir Jack, wenn ich jemandem zum reden brauche, spreche ich mit einer der Zofen. Warum sollte es mir schlecht gehen? Mir wird doch jeder Wunsch von den Augen abgelesen. Und Freunde hatte ich, aber sie haben mich verlassen. Alle verlassen mich. Ich werde immer in Einsamkeit leben müssen...”

„Vielleicht ist es ja das, was dich so traurig macht. Reichtum ist nicht alles im Leben. Viele die meinen, sie seien Reich sind in Wirklichkeit arm, denn sie haben nichts in ihrem Leben, was ihnen wirklich etwas bedeutet. Und was deine Freunde betrifft: Sie waren nie wirklich deine Freunde, denn wahre Freunde halten zu einem, komme was wolle. Egal ob in guten Zeiten oder in schlechten. Sie sind immer für einen da und nur der Tod kann sie einen nehmen und manchmal nicht einmal der. Melody, ich würde gerne mit dir befreundet sein, wenn du es nur zulassen würdest und ich bin mir sicher, es geht Timo und Sally genauso wie mir.”

Melody schaute zu Boden.

„Selbst wenn ich es zulassen würde, ihr würdet mich doch irgendwann verlassen. Wie alle, die mir etwas bedeuten...”

„Das ist Schwachsinn. Ich könnte dich niemals verlassen, selbst wenn ich wollte...”, Justin drehte sich um und ging weiter.

„Justin?”

„Ja?”, fragte er über die Schulter.

„Meinst du das ernst?”

Er lächelte.

„Natürlich. Ich meine alles Ernst, was ich sage, und ich glaube, ich habe nie irgendetwas ernster gemeint als dies”, erklärte er und als er über die Schulter zurückschaute sah er Melody zum ersten Mal wirklich lächeln. Es wirkte ungeschickt, wie der Gang eines kleinen Kindes, das erst noch lernen muss, wie man läuft, aber es war ein Lächeln und dieses Lächeln stand der Elbe um Klassen besser, als ihr sonst so trauriges Gesicht. Und es erfüllte Justins Herz mit nie gekannter Wärme. Ohne darüber nach zu denken, fasste er zu der Stelle, an der er Bora trug und erschrak. Der Stein war nicht mehr da. Er tastete seinen ganzen Körper ab, zog sogar seinen Pullover aus und schüttelte ihn kräftig durch, doch der Stein blieb verschwunden.

„Was ist?”, fragte Melody.

„Bora ist weg”, antwortete Justin durch zusammen gebissene Zähne. Er begann auf allen vieren auf dem Boden herumzukriechen und suchte den ganzen Weg ab, Melody half ihm dabei tatkräftig.

So kamen sie in den Festsaal zurückgekrabbelt.

„Was sucht ihr?”, wollte Moritz sogleich wissen, nachdem er erst einmal laut aufgelacht hatte, über diese merkwürdige Formation.

„Ich habe Bora nicht mehr!”, rief Justin verzweifelt. Panik machte sich in ihm breit.

„Was?!”, rief Moritz entsetzt und jede Heiterkeit war wie weggewischt.

Wie auf Kommando krabbelte auch er auf den Boden herum. Sally und Timo taten es ihnen gleich. So suchten sie alle Gänge, Ecken und Winkel ab. Mehrere Stunden suchten sie alle, dann gaben sie es auf. Verzweifelt und erschöpft saßen sie im Elbenfestsaal.

„Tut mir Leid”, murmelte Justin.

„Nein Justin, das muss es nicht, das hätte jeden passieren können”, widersprach Moritz.

„Außerdem konntest du nichts dafür, das muss passiert sein, als du fast bewusstlos warst, als du vom Greif gefallen bist. Ich denke, Susi hat die den Stein abgenommen und gegen einen Drachen kommt niemand an”, stimmte Janne zu.

„Trotzdem, das hätte nicht passieren dürfen!”

„Nein, Justin, hör auf damit, das nutzt jetzt wirklich nichts mehr! Überlegen wir lieber, was wir jetzt tun”, fand Moritz.

„Was können wir denn tun?”, wollte Sally wissen.

„Na ja, einfach mal so anfragen, ob die Bora gefunden haben geht ja leider nicht...”, überlegte Timo.

„Wir müssten genau wissen, wo Bora jetzt ist, wenn wir Glück haben, ist es auf den hin- oder Rückflug verloren gegangen, wenn wir richtig Pech haben, dann im Thronsaal selbst”, überlegte Moritz.

„Und wie finden wir das raus?”, wollte Sally wissen.

„Gar nicht. Also wir nicht, aber es gibt eine Möglichkeit”, meinte Moritz und schaute dabei Justin auf undefinierbare Art und Weise an.

„Mir gefällt dein Blick nicht”, war dessen Kommentar dazu.

„Keine Angst, ich habe nichts schlimmes mit dir vor, aber du kannst herausfinden, wo Bora liegt”, antwortete Moritz.

„Ja, so was in der Richtung hast du schon einmal gesagt”, erinnerte Justin.

„Es ist aber auch so”, Moritz seufzte tief, „ich glaube, dir zu erklären, wie das geht, wird verdammt schwer, so verbohrt wie du bei dieser Sache bist. Nun ja, ich versuche es trotzdem, nachher aber erst.”

„Und was wird, wenn ich nichts sehe? Oder etwas, was uns allen nicht gefällt?”, erkundigte sich Justin.

„Dann meucheln wir dich”, antwortete der Ritter trocken und mit ernstem Gesichtsausdruck.

Justin schaute ihn entsetzt an.

„Mein Gott, was sollen wir denn dann schon tun? Ich meine, du kannst doch nichts dafür. Wir werden dich dann natürlich nicht den Hals umdrehen und dich ertränken, wie einen jungen Hund, das werden wir auch nicht tun. Wir müssen uns dann eben irgendetwas einfallen lassen”, erklärte Moritz.

„Das sollten wir vielleicht auch so, als eine Art Notfallplan”, fand Janne.

„Ja, Plan B falls Plan A schief geht, schon klar”, meinte Sally.

„Ich finde die Idee nicht schlecht. Ich meine, irgendetwas müssen wir auch dann tun und es ist doch besser, wenn wir dann schon einen Reserveplan haben”, meinte Timo.

„Hey, ihr denkt ja richtig mit!”, lobte Moritz.

„Tja auch wir haben was im Kopf”, antwortete Timo.

„Das war mir schon klar, aber bisher habe ich davon noch nicht so viel mitbekommen. Aber egal. Komm mit Justin, wir müssen gewisse Vorkehrungen treffen”, fand Moritz und die Beiden gingen.



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