83. Kapitel
Nibelheim. Da lebte Misses Strife, richtig? Cloud könnte seine Mutter besuchen.
Sephiroth betrachtete den Einsatzbefehl mit einem Lächeln auf den Lippen. Das wäre eine gute Ablenkung. Verreisen mit Cloud, Misses Strife besuchen... ja, das würde seine Welt wieder in Ordnung bringen. Cloud und seine Mutter, das war zwar eine kleine, aber für ihn wie heilige Familie. Eine echte Familie. Und er war ein Teil davon, richtig? Misses Strife akzeptierte ihn. Nahm ihn sogar als Clouds Partner an, obwohl so viele das anscheinend für falsch hielten.
Tja, der alte Idiot konnte nicht wissen, was er ihm für einen Gefallen tat mit diesem Auftrag. Dabei hatte er schon etwas Angst gehabt, als gestern Hojo zu Shinra gerufen worden war. Leider benutzten sie für ihre Gespräche Störsender, sodass er sie nicht hören konnte, aber er konnte jeden Schritt Hojos hören – er wusste immer, wo der Mann war, um nicht überrascht zu werden. Aber wahrscheinlich hatte Shinra nur nach Hojos Meinung gefragt, was diese Störung im Reaktor anging. Schließlich war dieser mehrfach im Jahr dort. In der Shinra-Villa, die dort stand, schien es ein Labor zu geben, auch wenn er selbst nie dort gewesen war. Zumindest nicht, so weit er sich erinnern konnte. Nun ja, er könnte Cloud ja fragen, der kannte die Gegend fraglos gut.
Sollte er Zack mitnehmen? Wäre keine schlechte Idee, oder? Sie mussten sowieso noch mindestens einen Infanteristen mitnehmen, den könnte der dann beschäftigt halten. Er schrieb sie beide auf den Einsatzbefehl und fügte eine Notiz an, dass man ihm Cloud zuweisen solle.
Hoffentlich blieb Misses Strife bei ihrer Meinung, auch wenn sie ihn in natura sah. Er hatte erst nach dem Brief darüber nachgedacht, was es bedeutet hätte, wenn sie ihn ablehnte. Cloud hätte ihn sicher verlassen, nicht wahr? Schließlich stand die Familie über allem. Er musste unbedingt auch weiterhin einen guten Eindruck machen.
Nur wie hinterließ man einen guten Eindruck? Er atmete tief durch. Das war wieder so ein Feld, über das in der ShinRa-Bibliothek keine Bücher zu finden waren. Könnte er Zack um Hilfe fragen? Hatte er die Eltern seiner Freundin schon kennen gelernt? Er zog sein Handy.
„Jo, Seph, was gibt's?“
„Bist du gerade im Hauptquartier? Hast du Zeit?“
„Sicher, Mann, immer. Was steht an? Hört sich ja nicht nach Arbeit an.“
„Ich würde mich gern mit dir unterhalten.“
„Öh... klar, warum nicht? Bin gleich da.“
Gut. Das wäre getan. Er ging zum Vorzimmer und sagte seiner Sekretärin Bescheid, dass sie Zack durchlassen und etwas zu trinken bringen solle. Hoffentlich konnte Zack ihm das erklären... hoffentlich würde er ihn für seine Unwissenheit nicht verurteilen. Aber Zack schien kein solcher Mensch zu sein. Er ging ehrlich und ohne Hintergedanken alles an. Er vermittelte nicht das Gefühl, dass er ihn jemals verraten oder seine kleinen Macken gegen ihn verwenden würde.
War es unvorsichtig ihm so zu vertrauen? War er weich geworden? Tat er das, wovor er sich selbst immer gewarnt hatte? Sich auf andere einzulassen? Es hatte drei Jahre gebraucht, bis er sich Angeal und Genesis geöffnet hatte... ihr Tod hatte dementsprechend weh getan. Würde es mit Zack und Cloud genau so sein? War es richtig ein so enges Verhältnis zu ihnen zu haben? So viel von sich preiszugeben? Es würde doch nur umso mehr weh tun, wenn sie... wenn ein Unfall sie ihm nahm.
Ein Unfall, der zumindest in Clouds Fall schon oft eingetroffen war. Wie oft hatte er seinen Freund beinahe verloren? Vielleicht war es richtig zu vertrauen, vielleicht würden sie ihn nicht willentlich verletzen, aber wer könnte ihn davor schützen sie zu verlieren? Wer könnte die beiden schützen?
