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Tales of Symphonia: Lyrical Requiem

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(Interlude) Genius & Lyra: Friendship expanded

Egal wo er auch hinkam, Genius blieb ein Außenseiter.
 

„Onee-san?“

„Das hier ist unser neues Zuhause, Genius.“
 

Iselia.
 

Da Refill eine Stelle als Lehrkraft an der örtlichen Schule zugeschrieben bekam, durfte Genius ebenfalls – mit zarten vier Jahren – die Schule besuchen. Es war nicht einfach für ihn, da er sich seiner Umgebung und dem Niveau anpassten wollte und er war – seiner Schwester sei Dank – bei weitem belehrter als durchschnittliche Kinder in seinem Alter.
 

Und die Schule war voller durchschnittlicher Kinder.

Zumindest fast.
 

Zwei Mädchen stachen aus dem Rest der Menge hervor, und sie hätten unterschiedlicher nicht sein können. Die Jüngere der beiden war ruhig und eher auf Distanz, keinesfalls aber in einer unfreundlichen oder unhöflichen Weise. Sie lächelte geradezu durchwegs und übertrug ihre gute Laune auf das Umfeld.
 

Die andere Schülerin konnte man keinesfalls als typisches Mädchen von nebenan beschreiben. Eher eine Rebellin, ein Wildfang, gar Wirbelwind. Genius mochte sie auf Anhieb nicht. Sie war in der Lage, offen und direkt mit jeder Person zu sprechen wobei sie nicht darauf achtete, wie ihre Worte auf andere wirkten. Sie könnte ohne mit der Wimper zu zucken jedermann eine verbale Ohrfeige verpassen, ohne an die Konsequenzen zu denken. Sie legte wenig Wert auf den Unterricht und es kam nicht selten vor, dass sie plötzlich für einige Tage der Schule fern blieb. Die genaueren Hintergründe wusste er nicht und ging es ihm auch nichts an, doch natürlich hatte er so seine Vermutung.
 

Ein unausstehliches und unhöfliches kleines Gör, und dabei war sie 5 Jahre älter als er.
 

Es war Genius ein Rätsel, warum diese beiden als beste Freundinnen galten und unzertrennlich waren. Gegensätze ziehen sich an, schön und gut. Aber dieser Fall war doch zu heftig in seinen Augen.
 

„Genius?“

Ah, da war es wieder. Seit jeher baten ihn Mitschüler um Hilfe. Anfänglich waren es nur ein bis zwei Nachfragen und Genius hatte wahrlich seine Freude daran, helfen zu können. Doch in der Zwischenzeit vermehrte sich das ‚ein Paar’ zu gut einem Dutzend.

„Jetzt lasst den Kleinen doch mal in Ruhe! Sonst ignoriert ihr ihn ja auch.“

Mit Bedacht zeigte Genius seine Verwunderung, dass gerade jene Person ihre Stimme gegen die Menge erhob. Wobei, eigentlich hätte ihm das nicht erstaunen sollen. Gerade sie wäre doch die erste gewesen.

„Als ob du deine Aufgaben gemacht hättest, Lyra!“

„Natürlich nicht.“ Diese Selbstverständlichkeit in Lyras Stimme, ein Ohrenschmaus für den Zuhörer. „Und ich steh auch dazu.“ Das selbstsichere Grinsen war fast schon als ihr Merkmal zu bezeichnen. Fühlte sie sich etwa Stolz, ihre Hausaufgaben nicht erledigt zu haben? Genius konnte es sich nicht erklären, aber dieses Verhalten verstimmte ihn. Mürrisch blickte er auf seine Klassenkameradin, nur um geradewegs eine aufs Haupt von ihr zu bekommen: „Und du Zwerg, lass dir nicht immer alles gefallen!“

Es juckte Genius in den Fingern, seine frisch erlernten Zauber an Lyra auszutesten. Doch er war und blieb lieber der Klügere und ignorierte ihre Ansprache. Es ging sie nichts an, Punkt.
 

An Tagen, an denen Lyra der Schule auf unergründliche Weise fern blieb, nutzte Genius die Gelegenheit und freundete sich mehr und mehr mit Collet an. Er wusste die Blicke seiner Klassenkameraden nicht zu deuten, die aufgrund seiner freundschaftlichen Nähe zum besagten Mädchen vermehrt auf ihn geworfen wurden, und ignorierte diese.
 

Es kam, wie es kommen musste. Befreundet zu sein hieß nämlich auch, mal das ein oder andere gemeinsam zu unternehmen. Gemeinsam, zu dritt. Genius, Collet und Lyra. Oh du schöne Freude! Es bedarf wohl keiner Erwähnung, dass Letztere nicht nur die Idee zu diesem Ausflug hatte, sondern auch noch den Bestimmungsort festlegte: Zu den hochgewachsenen Wiesen nahe des Waldrandes.

„Collet und ich waren früher immer dort!“

Die jüngere der beiden Mädchen zeigte eine Spur weniger Euphorie über die geplante Unternehmung und wechselte einige flüsternde Worte mit Lyra. Genius konnte nur wenige Wortfetzen wie ‚Dorf’ und ‚nicht verlassen dürfen’ erlauschen. Er vermag sich keinen Reim darauf zu machen und versuchte, als es beschlossene Sache war, sich etwas darüber zu freuen.
 

Zu sagen, dass der erste Ausflug der drei unter keinem guten Stern stand, war durchaus galant ausgedrückt. Wobei das Unglück anfing, als sie ihre Tour um den Iselia Wald erweitert hatten. Was sollte man auch dagegen sagen? Es waren Kinder, die die Früchte der Natur entdecken und genießen wollten. Niemand konnte vorhersehen, dass sie einem in Rage befindenden Bären begegnen würden der nur darauf gewartet hat, in seine Beute zu laufen.

„Noishe!“

Glücklicherweise befand sich Lyras Haustier immer in der Nähe. Nie würde der Hund seine Besitzerin auch nur länger als zehn Minuten aus den Augen lassen, sofern es die Situation nicht verlangte. Und nun galt es erstmal Collet, die ihren Fuß nicht hätte außerhalb des Dorfes setzen dürfen, sicher nach Iselia zu bringen. Eine gemeinsame Flucht würde nur missglücken. Ein solch ragewütiger Bär würde sie bis ins Dorf verfolgen und noch mehr Unheil anrichten. Glück im Unglück, dass Lyra immer ihre Trainingsschwerter bei sich hatte. Ihr Ziehvater erlaubte ihr es einfach nie, Schwerter mit scharfen Klingen zu führen. So musste sie sich mit zwei aus Holz geschnitzten Provisorien zufrieden geben. Mit Bedacht eingesetzt können sie ebenfalls zu einer tödlichen Waffe werden.

Falls man zum Angriff kommen würde.
 

Für ein zehnjähriges Mädchen konnte sie der extremen Gewalt des Bären beeindruckend strotzen, nur ihre Holzschwerter hielten der immensen Kraft an zwei Polen gleichzeitig nicht lange stand. Die erste Klinge brach entzwei. Zeitgleich zog Lyra ihre zweite Klinge zurück, um diese vor dem Bruch zu bewahren, sprang rücklings und entwich auf kurzer Distanz den Klauen des Tieres.

„Du kannst doch zaubern. Mach was!“, fauchte sie Genius an, der wie versteinert das Szenario beobachtete, die Angst in seinen Augen. Was sollte er gegen ein wildes Tier dieser Größe unternehmen? Er war ein fünfjähriger, kleiner Elf bestückt mit einigen wenigen Angriffszaubern, die in seinem panischen Angstzustand relativ unnütz waren.

„GENIUS!“

Sie konnte schreien soviel sie wollte, doch er rührte sich nicht aus vom Fleck. Viel eher sackte er in sich zusammen, wollte dieser brutalen Realität entgehen und verschloss Augen und Ohren.

Ohne es zu wollen lenkte Lyra die Aufmerksamkeit des Tieres auf ihren kleinen Gefährten welches sich kurzerhand entschloss, Genius als Zwischenmahlzeit einzuplanen.

„So nicht!“

Lyra setzte alles auf ihr letztes Holzschwert und wechselte in die Offensive. Es war der letzte Angriff, den sie mit ihrem geliebten Trainingsschwert ausführen würde.
 

Dunkel wie die Nacht und still wie das Ende der Welt. Vielleicht war es bereits auch schon das Ende, Genius wusste es nicht. Genauso blieb es außerhalb seines Wahrnehmungsvermögens, was als nächstes geschah.

Ein dumpfes Geräusch, als würde leichtes Metall auf weichen Boden fallen, gefolgt von weiteren Sekunden des Nichts.

LIGHTNING!
 

Neben der Predigt des Bürgermeisters – die weitaus nicht für kindliche Ohren geeignet war, so erbost war das Oberhaupt – handelte sich Lyra eine Ohrfeige ihresgleichen ein. Rot verfärbte sich die Wange und allein vom Hinsehen fühlte man den pochenden Schmerz. Doch Lyra sagte kein Wort. Starr richtete sie ihren Blick geradeaus, blickte weder den Bürgermeister, noch Collet, noch sonst jemanden in die Augen. Sie sah einfach ins Nichts und ließ die Flüche des Mannes auf sich niederprasseln. Zum ersten Mal realisierte Genius, dass Lyra vielleicht doch kein ungehobeltes Gör war, wie er immer vermutet hatte. Im Moment der Schwäche, der Angst und des Eingestehens eines Fehlers zeigte sie auf ihre Art mehr Würde als jede erdenkliche Person.
 

Als die Erwachsenen zum Rückweg einschlugen, löste sich Lyra aus ihrer Starre und seufzte. Vorsichtig tippte sie mit dem Zeigefinger auf ihre wunde Wange und zuckte augenblicklich vor Schmerz zusammen.

„Au! Also wenn der alte Mann mal was gut kann, dann ist es zuschlagen.“
 

Im Grunde gab es keinen Anlass dafür, doch Genius musste lachen. Aus vollem Herzen lachte er, während Tränen über seine Wangen liefen. Womöglich handelte es sich um die Erleichterung, dass er weinen musste. Sein Glücksgefühl blieb ihm aber unerklärt. Bei gegebenem Anlass musste er jedoch seinen Dank aussprechen, dass ihm das Leben gerettet wurde.

„Idiotin. Lass uns zurück gehen.“

Doch dafür hatte er noch Zeit. Eine ganze Freundschaft lang.



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