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Auf der Suche nach einer zweiten Chance

Die Insel des Glücks
von

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Der Geburtstag (Vaughn)

Worte des Autors:

Ich weiß, viele werden sich darüber freuen, dass Vaughn endlich mal wieder auftaucht ;). Ich versuche natürlich immer über alle zu schreiben und möglichst auf jeden der Charaktere und seine jeweilige Geschichte einzugehen, also habt bitte ein bisschen Verständnis. Viel Spaß beim Lesen :)
 


 


 


 

Und so befand ich mich wieder einmal auf dieser wunderschönen Insel, der Insel des Glücks. Nach unzählig langen Wintertagen schien endlich wieder die Sonne und die Tiere konnten wieder draußen sein. Es freute mich zu sehen, wie alles gedieh und die Tiere auf Chelseas Farm heranwuchsen. Ich musste gestehen, sie machte einen hervorragenden Job. So groß meine Abneigung gegen sie auch sein mochte, sie leistete großes mit den Tieren und gab Tag für Tag ihr Bestes. Was mir manchmal Sorgen bereitete…

Manchmal, da hatte ich das Gefühl, nichts funktionierte hier ohne sie. Wenn sie lachte, dann lachten alle hier auf der Insel. Wenn sie stark war, dann waren alle anderen auch stark. Sie trieb hier alles voran. Doch ich wusste, dass auch sie keine unermesslichen Kraftreserven besaß… Irgendwann würde sie letzten Endes doch an den vielen Aufgaben und Lasten brechen, wenn ihr nicht irgendjemand bei der Arbeit half.

Seitdem Natalie mir von Chelseas Zustand erzählt hatte, konnte ich nicht anders, als jede Woche, wenn ich mich auf der Insel befand, nach ihr zu sehen. Ich wollte mich vergewissern, dass es ihr gut ging, brachte die Tiere auf das Feld und half ihr bei der Pflege. Ich wusste, wie glücklich sie über meine Hilfe war… Nicht etwa, weil ich ihr half… Von jedem anderen Menschen hier auf dieser Insel, hätte sie bestimmt keine Hilfe angenommen… Nur von mir. Meine Hilfe nahm sie entgegen, denn das war ihre einzige Möglichkeit Zeit mit mir zu verbringen… Zeit, mit dem Mann zu verbringen, in den sie verliebt war.

Wie dumm nur, dass ich mich auf solche Gefühle nicht einlassen wollte. Ich konnte es einfach nicht. Doch sie… Sie bewegte einfach so vieles in mir, weckte so viele Sehnsüchte, die ich seit so langer Zeit schon unter Verschluss gehalten hatte. Sie war ständig in meinem Kopf, immerzu dachte ich an sie und nichts half. Egal, wie abweisend ich mich ihr gegenüber verhielt, egal, wie oft ich sie auch ablehnte… Sie war immer da. Jedes Mal kam sie erneut auf mich zu, brachte mir Geschenke, versorgte mich. Sie fand immer Zeit für mich, obwohl doch auch andere Männer hier auf der Insel gerne mit ihr Zeit verbringen würden…

Diese Brillenschlange und der Fischer… Ich mochte sie nicht. Insbesondere hasste ich den Fischer, der es gewagt hatte, Chelsea so nachzustellen… Sie waren mir beide einfach zuwider. Immer fröhlich. Immer lächelnd, nichtsahnend durch die Welt stapfend, oberflächlich und naiv. Einfältig. Nicht für jeden war das Leben so einfach und sorglos, wie für diese beiden. Man war nicht immer wohlbehütet auf dieser Welt, konnte sich nicht auf seine Familie verlassen oder einfach den ganzen Tag am Strand sitzen und Fisch essen… In der Stadt, da war das Leben ganz anders… Fressen oder gefressen werden… Das waren die Gesetze der Großstadt. Wer überleben wollte, der hatte keine Wahl, der musste raus und sich mühevoll seine Brötchen verdienen… Inmitten dieser Menschenmassen und doch völlig allein.

Ich will es gar nicht leugnen… Ich habe nie Elternliebe erfahren. Ich habe einiges an Prügel einkassiert in meinem Leben, wurde nur schlecht behandelt. Der einzige Mensch, der gut zu mir gewesen war, war Mirabelle. Sie und Julia waren immer für mich da gewesen oder hatten zumindest versucht für mich da zu sein. Tatsächlich war ich nämlich kein Mensch, der gerne die Hilfe anderer Leute annahm. Das bedeutete nur, dass ich in ihrer Schuld stand. Das brachte Verantwortung mit sich und Verpflichtungen auf die ich mich nicht einlassen wollte. Trotzdem waren sie die einzige Familie die ich besaß. Die einzigen beiden Menschen auf dieser Welt, die sich um mich scherten.

Abgesehen von Chelsea… Aber eine Beziehung mit ihr würde sehr wohl Konsequenzen haben. Sie würde mir das Gefühl von Geborgenheit geben… Mir eine Illusion erschaffen, in der ich mich bei ihr sicher fühlte und dann… Dann würde sie doch schnell wieder die Nase voll haben von dem armen Tierjungen. Der kein Geld hatte. Der immer mürrisch war. Der nie lachte. Außerdem hatten es Frauen einfach so an sich, Erwartungen gegen einen Mann zu richten. Niemals waren sie zufrieden. Nie konnten sie einfach glücklich sein, diese Weiber. An ihrer Seite war die Welt oftmals so viel schöner, so viel komplizierter und so viel zerschmetternder, als wenn man alleine war.

Natürlich… Wenn ich ehrlich war, dann hegte ich nur aus einem einzigen Grund diesen Groll gegen Chelsea. Weil sie mir Hoffnung machte. Hoffnung auf etwas Größeres… Etwas tieferes, was ich schon lange aus meinem Leben ausgeschlossen hatte weil ich der festen Überzeugung war, es niemals zu erfahren. Niemals geliebt zu werden… Und vor allem niemals zu lieben. Wie sollte ich denn einen Menschen lieben, wenn ich doch nicht wusste, wie das geht? Meine Eltern hatten mich nicht geliebt. Die Frauen, die in mein Leben getreten waren hatten mich auch nicht geliebt. Julia liebte mich nicht. Das was uns beide verband, war etwas ganz anderes, wesentlich emotionsloseres. Und Mirabelle… Liebe war ein zu großes Wort um das zu beschreiben, was sie für mich empfand. Ich würde es eher als Mitleid oder mütterlichen Urinstinkt bezeichnen, aber als mehr auch nicht. Und Chelsea… Vielleicht wusste sie ja selber nicht, was sie vom Leben wollte. Und überhaupt, sie kannte mich kaum. Wie konnte sie da von sich behaupten, mich zu lieben, geschweige denn, sich von mir Liebe erhoffen?

Es war aussichtslos. Ich wollte mich einfach nicht öffnen, wollte einfach nicht aus meiner Schale kriechen, also war Chelsea sowieso besser dran ohne mich. Sie würde irgendwann die Brillenschlange heiraten und mich schnell vergessen. So war es bestimmt am Besten. Es sollte einfach nicht sein, das mit uns beiden. Ich würde sie im Endeffekt doch nur unglücklich machen. Das war eines meiner großen Talente… Menschen unglücklich machen. Deshalb hielt ich mich lieber von ihnen fern. Keine Verbindungen-Keine Verpflichtungen! So einfach war das und so funktionierte meine kleine Welt.

Aber auch wenn ich für Chelsea nicht der Mann sein konnte, den sie sich wünschte, so konnte ich doch wenigstens der starke Arm sein, den sie brauchte. Ich wollte mich gerade auf den Weg zur Ranch machen, da kam mir der Grund meiner unermesslichen Kopfschmerzen auch schon entgegengerannt.

„Vaughn, ich habe dich schon erwartet!“, begrüßte Chelsea mich freudestrahlend und schloss meine Hände in ihre ein. Ich ließ es zu und wehrte mich nicht dagegen, auch wenn ich mich in dieser kurzen Berührung viel zu wohl fühlte…

„Wie geht es den Tieren?“, fragte ich kurz, musterte sie aber eindringlich. Mir konnte sie nichts vormachen, Chelsea, mit ihren stämmigen Beinen und dem breiten Becken. Sie wirkte auf den ersten Blick vielleicht Stabil und Standfest, aber der Schein trog! Sie war mager, wie immer… Erschöpft und ihre Augen sahen müde aus. Trotzdem strahlte sie bis über beide Ohren, wie sie es immer tat. Ich war mir sicher, niemand bemerkte, wie schwach sie eigentlich war. Niemand sah, wie schwer sie sich eigentlich tat.

„Den Tieren geht es wunderbar!“, antwortete Chelsea auf meine Frage. „Kannst du mir heute vielleicht wieder bei der Arbeit helfen? Ich weiß, ich sollte dich nicht immer Fragen, aber…“

„Schon gut! Ich komme mit.“, unterbrach ich sie. Sie brauchte sich keine Ausreden einfallen lassen, schließlich wussten wir beide, weshalb sie mich eigentlich um Hilfe bat.

Wir liefen also die Straße entlang, hinauf zu ihrem Haus. An solch sonnigen Tagen war es einfach herrlich hier auf der Insel zu sein und nicht in der Großstadt. Ich würde es niemals zugeben, aber ich genoss die Stunden mit Chelsea… In ihrer Nähe fühlte ich mich wohl, was mir Sorgen bereitete.

Bei der Ranch angekommen, brachten wir zuallererst die Hühner und den Hund nach draußen. Lucky kümmerte sich pflichtbewusst um seine Schützlinge, während wir die Kühe bürsteten, molken und hinaus auf die Weide brachten. Chelsea hatte Grass angepflanzt und hungrig machten sich die drei Kühe nun über ihre Mahlzeit her und tankten ausgiebig Sonne. Ich half Chelsea sogar dabei die Blumen zu gießen, obwohl sie anfangs meine Hilfe partout nicht annehmen wollte. Ich war zwar kein Experte, aber sie zeigte mir schließlich, welche Pflanzen ich gießen musste und wie viel Wasser sie jeweils benötigten. Sie kannte sich wirklich gut aus, bisher hatte sie zu jeder Jahreszeit das Erntefest gewonnen, welches immer zur Erntezeit stattfand. Dieses Jahr würde der Rancher gewinnen, der die besten Kartoffeln anpflanzte. Ich beobachtete, mit wie viel Hingabe sie sich um alles hier kümmerte… Die Tiere, ihre Ernte, sogar das Feld war von jeglichem Unkraut befreit. Ich verstand, wieso sie so erfolgreich war.

Die Stunden vergingen, Chelsea pflanzte noch einige Rüben an und wir spielten ein wenig mit Lucky, bis es dunkel wurde und wir die Tiere wieder in ihre Hütten hineinbrachten, damit keine wilden Hunde sie angriffen. Lucky begleitete uns noch mit zu Chelseas Haus. Eigentlich wollte ich schon wieder zurück nach Hause, aber Chelsea bestand darauf, dass ich sie noch nach Hause begleiten solle, deshalb tat ich ihr den Gefallen und folgte ihr.

In ihrem Haus angekommen bat sie mich darum Platz zu nehmen und holte etwas aus dem Kühlschrank. Kurze Zeit verschwand sie in der Küche und es fing an herrlich zu riechen. Was machte sie denn so lange dort in der Küche? Als sie wieder kam traute ich meinen Augen kaum. Sie trug eine Kochschürze, zwei riesige Backhandschuhe. In ihren Händen hielt sie ein riesiges Blechtablett voller heißem, frischem Milchreis. Sie betrachtete mich schüchtern und sagte plötzlich: „Ich wünsche dir alles Gute zum Geburtstag, Vaughn…“. Ihr Gesicht wurde rot und sie blickte verlegen zu Boden. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich war perplex, schließlich hatte sogar ich meinen eigenen Geburtstag vergessen. Sie sah so süß aus, wie sie da stand mit ihrer Schürze und den Handschuhen… Am liebsten hätte ich sie geküsst. Am liebsten würde ich sie in meine Arme schließen und anstelle des Milchreises auffressen, aber so leicht war das alles nicht. Mit jeder anderen Frau hätte ich es tun können, jedoch nicht mit ihr. Nicht mit ihr, denn sie… Mit ihr war einfach alles anders. Ein falsches Wort, eine falsche Bewegung und es gab kein Zurück mehr. Dann wäre ich an sie gebunden und sie hätte Macht über mich. Die Macht, mich zu verletzen, mich mit einem falschen Wort und einer falschen Tat einfach zu zerbrechen.

Genau aus diesem Grund hielt ich mich zurück. So behielt ich die Kontrolle… So konnte ich das Tempo angeben und auf diese Weise konnte ich entscheiden, wie nahe ich sie an mich heranlassen würde. Doch während ich so in ihrem Wohnzimmer saß und dieses wunderschöne Geschöpf mit den großen blauen Augen und dem glatten Haar betrachtete ahnte ich noch gar nicht, wie viel Macht sie bereits über mich erlangt hatte. Ohne es zu wissen, geschweige denn es zu wollen. Es gab Dinge, die ließen sich nicht kontrollieren, ließen sich nicht aufhalten, aber in diesem Moment… Diesem Moment, in dem sie dastand und wir beide nichts sagten sondern verlegen unseren eigenen wirren Gedanken nachgingen, da wussten wir beide nur eine einzige Sache. Und zwar dass es schön war gemeinsam hier zu sein und nichts zu sagen. Nichts zu sagen um diesen Moment einfach so lange hinaus zu zögern wie es nur irgend möglich war. Die Präsenz des anderen zu genießen… Heimlich, jeder für sich ohne sich das so recht eingestehen zu wollen.

Also tat ich nichts. Ich sah sie nur an und es kam kein Wort aus meinem Mund. Wahrscheinlich war ich auch rot geworden. Ich muss ziemlich verdattert geguckt haben, denn Chelseas Miene hellte sich augenblicklich auf. Leise kicherte sie und ich konnte nicht anders als ihr auch ein kleines Lächeln zu schenken.

„Ich liebe es, wenn du lachst!“, sagte sie und umarmte mich. „Ich wünsche dir von Herzen alles Gute, Vaughn. Und ich danke allen Göttern dieser Welt, dass es dich gibt!“.

Ihre Worte waren so ungezwungen, so unschuldig und so ehrlich, dass es mir das Herz brach. Wieso waren die Frauen nur so? Oder besser gesagt: Wieso war sie so? Wieso war Chelsea so erpicht darauf, mich für sich zu gewinnen? Wieso gab sie sich so viel Mühe um mich obwohl ich ihr nichts zurück gab?

Schüchtern entfernte sie sich wieder von mir denn sie spürte, dass das etwas zu viel Körperkontakt für meine Verhältnisse gewesen war. Dieses kleine Mädchen wusste gar nicht, was sie mit mir anrichtete. Was für Sehnsüchte und Wünsche sie in mir weckte.

„Danke, mein kleiner Kopfschmerz.“, erwiderte ich mürrisch und lief zur Küche und holte uns zwei Schüsseln und zwei kleine Löffel. Chelsea schien etwas verwirrt über ihren neuen Kosenamen zu sein, deshalb sah sie mir lange nach bis sie sich schließlich wieder fasste und fragte: „Willst du deinen Milchreis vielleicht mit Zimt essen?“

Sanft tätschelte ich ihren Kopf und antwortete ihr, so nett ich nur konnte. „Gerne! Vielen Dank nochmals… Das wäre wirklich nicht nötig gewesen.“ Chelsea war sichtlich erfreut, genauso wie Lucky, denn dieser hüpfte fröhlich zwischen unseren Beinen hin und her.

„Keine Sorge du kleiner Frechdachs! Ich habe dich nicht vergessen!“, sagte sie zu Lucky und brachte auch ihm einen Futternapf voller Hundefutter. Glücklich gesellte sich der Kleine also zu uns, futterte selig sein Futter und ließ sich von mir kraulen. Chelsea und ich aßen den Milchreis und unterhielten uns lange. Über das Leben in der Stadt, über das Leben hier auf der Insel… Darüber wie wir uns unser zukünftiges Leben vorstellten.

„Ich würde gerne hier auf der Insel leben… Irgendwann.“, gestand ich und trank einen Schluck von dem Tee, den Chelsea mir gemacht hatte. „Ich finde es hier schön… Viel schöner als in der großen Stadt!“

„Ja, das finde ich auch!“, erwiderte Chelsea. „Ich habe auch lange in der Stadt gelebt… Ich hatte zwar nie damit gerechnet eines Tages eine eigene Ranch zu leiten… Ich muss zugeben, das war so nicht geplant… Aber ich bin sehr glücklich hier! Viel glücklicher als ich es mir jemals hätte vorstellen können! Die frische Luft tut so gut, das leckere Essen, dass ich mit meinem eigenen frischen Gemüse zubereite.“

„Du leistest hier großes, Chelsea… Wenn es dich nicht gäbe, dann wären wir alle hier arbeitslos.“, sagte ich und daraufhin lachte sie herzlich.

„Du übertreibst, Vaughn… Ich weiß gar nicht, was ich ohne euch alle machen würde! ICH wäre arbeitslos!“

„Chelsea…“, sagte ich leicht gereizt, denn es nervte mich wenn sie so selbstlos war. „Ohne dich würde hier nichts funktionieren! Deshalb solltest du besser auf dich aufpassen. Ich bin nicht immer hier… Ich kann dir nicht immer helfen. Du darfst dich nicht immer so überanstrengen!“, ich betonte meine Worte und funkelte sie mahnend an. Ich wollte nicht, dass ihr etwas zustößt.

Sie schien zu verstehen, dass ich mich um sie sorgte denn ein sanftes Lächeln umspielte ihre Lippen als sie mir schließlich antwortete: „Mach dir um mich keine Sorgen! Ich werde besser auf mich aufpassen, versprochen.“

Auch wenn ich wusste, dass sie ihr Versprechen wieder brechen würde, wollte ich mich für heute mit damit zufrieden geben und mich wieder meinem Milchreis und meinem Tee widmen. Ich liebte Milchreis und er schmeckte auch wirklich hervorragend. Sie hatte sich wirklich viel Mühe gemacht und ich wusste das sehr zu schätzen.

Die Wahrheit ist, ich wusste nur zu gut, dass was ich tat nicht gut war. Ich ließ mich auf sie ein, obwohl ich das nicht sollte. Sie verdiente etwas Besseres. So sehr ich auch versuchte, sie schlecht zu reden… In Wahrheit fand ich sie fantastisch. In Wahrheit, war ich total hin und weg von ihr. Ich wollte am liebsten jeden Mann, der ihr zu nahe trat töten und wenn ich könnte, so würde ich sie am liebsten Tag und Nacht an meiner Seite haben um Sicher gehen zu können, dass ihr nichts passierte und sie nicht bei einem anderen war. Eigentlich sah ich sie wie mein Eigentum, das war die Wahrheit.

Aber es war egal, ob ich das wusste oder nicht. Dieser Abend, mein Geburtstag war noch nicht der richtige Augenblick für derartige Eingeständnisse. Wir aßen eine Menge und Chelsea packte mir sogar den Rest ein um ihn mit zu Mirabelle zu bringen.

„Gib den beiden etwas davon ab! Und grüß sie bitte ganz lieb von mir!“, betonte Chelsea als sie sich von mir verabschiedete.

„Mache ich, keine Sorge! Sie werden sich bestimmt sehr darüber freuen.“

„Das hoffe ich… Komm gut nach Hause und pass auf dich auf!“

„Bis morgen.“, erwiderte ich knapp und machte mich auf den Weg nach Hause.
 

Draußen war es schon dunkel und es war ein kühler Wind aufgezogen. Ich fragte mich, wie das Wetter morgen wohl sein würde. Ich hoffte, Chelseas Ernte würde durch das Unwetter nicht zu Schaden kommen. Ich lief also die Straße entlang zu Mirabelle und Julia. In Gedanken war ich noch immer bei Chelsea… Bei ihrem Geschenk zu meinem Geburtstag, bei ihrer süßen Stimme und ihrem sanften Lächeln. Niemand sah mich, niemand war zu dieser Uhrzeit noch auf und selbst wenn… Niemand konnte in mein Herz sehen und wissen, was sich dort befand… Welcher Gedanke mich gerade warm ums Herz werden ließ.

Zu Hause angekommen erwartete mich die zweite Überraschung dieses Tages. Das Haus war dekoriert, Luftballons lagen verstreut auf dem Boden und ein großer Schokoladenkuchen stand auf dem Wohnzimmertisch. Mit einem lauten „Happy Birthday“ empfingen mich die zwei Frauen und nahmen mich freudig in die Arme.

„Das wäre nicht nötig gewesen…“, sagte ich ruhig doch in mir bewegte sich so einiges. Damit hätte ich wirklich nicht gerechnet… Ich hätte nicht gedacht, dass sie alle an mich denken würden. Für mich… Hatte dieser Tag noch nie eine Bedeutung gehabt. Der Tag meiner Geburt. Ich hatte nie den Eindruck gehabt, irgendein Mensch interessiere sich dafür, ob ich existierte oder nicht.

„Vaughn, wir wünschen dir von Herzen alles Gute zum Geburtstag!“, sagte Julia freudig und hielt mich fest umschlungen. „Ich hoffe, Chelseas Überraschung war auch ein voller Erfolg…“, fügte sie kichernd hinzu und ich konnte nichts dagegen tun, dass mir die Röte ins Gesicht schoss. Die beiden bemerkten es und kicherten vergnügt. Ich bemühte mich erst gar nicht um eine schnippische Antwort denn ich wusste, dass ich sie nicht zum Schweigen bringen würde.

Da bemerkte ich plötzlich zwei andere Gestalten, die sich im Hintergrund aufhielten. Mir stockte der Atem, als ich sie sah. Sie sahen aus wie zwei Neandertaler und sie musterten mich neugierig.

Julia bemerkte wie ich sie anstarrte, da lächelte sie sanft und erklärte: „Das sind Freunde von mir. Sie leben schon seit Jahren in der Wildnis und ich wollte, dass ihr sie kennenlernt!“

Skeptisch betrachtete ich die beiden. Vor allem den jüngere mit den hellen Haaren der mich feindselig ansah. Er schien angespannt und gefasst. Da bewegte sich Julia zu ihm hin und strich ihm uebers Haar, da entspannte er sich augenblicklich und stellte sich schützen vor sie. Julia bewegte amüsiert ihre Lippen zu einem „So ist er nun mal“ und lächelte glücklich. Sie sah glücklich aus… Er sah ihr in die Augen und sie erwiderte seinen Blick, da schien die Welt für die beiden wieder in Ordnung zu sein.

Wir aßen, unterhielten uns, auch wenn die beiden Neandertaler nicht so gut sprachen, aber es war doch sehr angenehm. Julia saß neben mir und ich legte unauffällig meinen Arm um sie und sagte leise: „Er ist hundert Mal besser als der Arzt. Ein bisschen primitiv, aber er scheint dich sehr zu mögen!“

Verlegen blickte sie zu dem jungen Mann hinüber der sich mit Mirabelle unterhielt. Sie schien sich unglaublich mit ihren Gästen zu amüsieren. Sie war so ein offenherziger und guter Mensch…

„Ich weiß noch nicht so ganz was es ist, was uns verbindet…“, sagte Julia und betrachtete den Mann namens Shea. „Ich glaube, für sie gehöre ich sozusagen zu ihrem Rudel…“

Leise lachten wir und sie blickte mir in die Augen. „Du siehst glücklich aus…“, sagte sie. „Ich schätze mal, es liegt an Chelsea.“

„Ich habe mich lange nicht mehr so wohl gefühlt…“, gestand ich nach langem Zögern.

„Du solltest es ihr sagen bevor es zu spät ist…“, sagte Julia mit Nachdruck und ich fragte mich wieso. Es war nicht ihre Art sich in meine Angelegenheiten einzumischen. Andererseits… Normalerweise mischte ich mich auch nicht in ihre Angelegenheiten…

Ich nahm diesen Vorschlag hin und ging nicht weiter darauf ein auch wenn ich merkte, dass Julia mir etwas sagen wollte… Dass es da wohl etwas gab, was sie beschäftigte. Doch der Abend war so schön gewesen, das waren so viele neue Eindrücke gewesen… Ich beschloss mich zurück zu lehnen und den Abend zu genießen… Meinen Kuchen zu essen (wahrscheinlich würde ich heute an Überzuckerung sterben, aber das war mir egal) und einfach die letzten Stunden meines Geburtstags zu genießen… Die zwei Tage die ich hier in diesem kleinen Paradies verbringen konnte bevor ich wieder zurück in die Stadt musste…



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Marronfan
2012-11-02T20:26:29+00:00 02.11.2012 21:26
Schöööön! ^^
Einfach toll geschrieben und ein großes Lob das du Vaughn in seiner eigenen kleinen Welt so toll darstellen kannst. Mehr davon bitte! ^^


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