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Fragmente

One Shot Sammlung
von

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Wintertreiben

Miles lehnte mit dem Rücken an der Bande, die das Eisfeld umrandete, und schaute auf die Leute, die an ihnen vorbeizogen. Chloe stand neben ihm und sah den anderen beim Schlittschuhlaufen zu.

„Hey, Rachel winkt die ganze Zeit zu uns rüber. Ich glaube sie will, dass wir auch endlich zu ihnen kommen.“

„Hmm...“

„Ach, Miles! Jetzt komm schon, warum warten wir hier eigentlich die ganze Zeit?“

„Du kannst ja gehen, ich warte weiter.“

Chloe drehte sich zu ihm und lehnte sich wärmesuchend an ihn.

„Warum stehen wir denn jetzt eigentlich hier?“, wollte sie erneut wissen.

„Quint wollte kommen!“

„Och ne, oder? Du hast ihn nicht tatsächlich eingeladen?“

„Was hast du denn? Natürlich hab ich das und er hat gesagt, er versucht zu kommen.“

„Er versucht?“

Miles nickte.

„Er will es versuchen und wir stehen hier und warten?“

Wieder nickte der Gefragte.

„Lass uns wenigstens schon einmal eine Runde fahren. Er wird uns da schon sehen. Ich friere wenn ich keine Bewegung bekomme.“

Dieses Mal antwortete er nicht nur mit einem Nicken. Miles zog sie zu sich und legte beide Arme um sie.

„Ich kann versuchen dich zu wärmen“, sagte er grinsend.

„So wie früher?“

Sie schmiegte sich an ihn und schwelgte in Erinnerungen. Als sie noch mit ihm zusammen war und nicht dieser komische Quint im Mittelpunkt seines Interesses stand. Keiner von ihnen hatte sich bislang dazu durchringen können Miles zu fragen, was zwischen ihm und dem Typen lief. Aber vielleicht wollte sie es auch gar nicht wissen.

Sie wusste nicht, wie sie reagieren sollte, wenn er tatsächlich ...

Nein, nicht einmal daran denken wollte sie.
 

„Vielleicht bringt er seine Freundin mit!“

Chloe wurde aus ihren Gedanken gerissen.

„Freundin?“

Wenn der Kerl ne Freundin hatte, gab es bestimmt eine Erklärung für alles. Miles war immerhin sehr anhänglich.

„Ja, sie ist wirklich nett aber ein klein wenig merkwürdig.“

Das war ihr vollkommen egal! In Gedanken machte sie schon Freudensprünge und wäre am liebsten sofort auf die Eisfläche gehüpft um den anderen Bescheid zu sagen. Was sich darin äußerte, dass sie wieder einmal zu Rachel und Kyle sah.

„Wenn du willst, kannst du gerne zu ihnen, ich warte noch, sagen wir, eine halbe Stunde und komme dann nach, OK?“, schlug Miles vor.

Zuerst lehnte sie sich fester an ihn und musste dem Drang widerstehen ihm einen Kuss auf die Wange zu drücken. Sie war nicht umsonst fast zwei Jahre mit ihm zusammen gewesen. Als nächstes löste sie sich von ihm und lief zu der Bank, wo ihre Schlittschuhe bereits auf sie warteten. Fix hatte sie die Fußbekleidung gewechselt und war auch schon so gut wie auf dem Eis. Sie musste es ihren Freunden einfach sagen.
 

Miles lächelte.

Sein Plan würde aufgehen. Er hatte Quint gefragt, ob er vorbeikommen würde und als er zugestimmt hatte war Miles' nächster Schritt gewesen, Gen anzurufen. Die Vampirin war begeistert und hatte gesagt, dass sie kommen würde. Doch bis jetzt war keiner der Beiden da.

Langsam war er ziemlich durchgefroren, darum zog er seine Jacke ein weiteres Mal näher an sich und richtete den Kragen wieder auf. Vielleicht sollte er sich einen warmen Kakao holen um wenigstens seine Finger zu wärmen. Nur dazu müsste er an sein Geld und es wäre zu kalt jetzt in die Hosentasche zu greifen und dabei auch noch seine Oberschenkel ein zu frieren. Schon bei dem Gedanken schüttelte er sich und steckte die Hände wieder in seine Jackentaschen.

Viel länger könnte er beim besten Willen nicht mehr warten. Doch das musste er auch nicht. Denn er erkannte die dunkelrote Motorradjacke, die eindeutig aus dem restlichen Pulk der Leute heraus stach.

Quint hatte einen Schal um den Hals geschlungen, der ihm bis zur Nase hoch reichte, was Miles ein Kichern entlockte.

„Wie siehst du denn aus?“, fragte er noch immer breit grinsend.

Der Vampir war weniger glücklich und schaute sich kurz die Eisbahn an.

„Bei der Kälte, fällt es für gewöhnlich auf, wenn man keine Atmung hat und somit keine kleinen Dunstwölkchen produziert“, erklärte er durch den Schal gedämpft.

Noch immer musste Miles grinsen, auch wenn er recht hatte, sah es einfach nur zum Schreien aus.

„Ehm, Quint. Ich muss dir, bevor wir zu den Anderen gehen, noch etwas sagen“, fing er dann ernster an.

„Was?“ Sofort war der Angesprochene in Alarmbereitschaft.

„Ich hab Gen angerufen. Sie kommt auch.“

Diese Information ließ seine böse Vorahnung nicht kleiner werden.

„OK ... und?“

„Ich habe Chloe gesagt, dass du eine Freundin hast – Gen!“

„Du hast was?“

„Ich habe Chloe gesagt ...“

„Das habe ich verstanden. Nur: Wieso?“

Quint vergrub sein Gesicht tiefer in den Schal, was den Eindruck einer Schildkröte erweckte. Langsam ließ er seinen Blick über die Leute schweifen. Vielleicht hatte er Glück und konnte, noch bevor Gen da sein würde, verschwinden.

„Du hast gesagt, das sie glauben wir wären ein Paar. Von mir können sie denken was sie wollen, aber ich will nicht, dass du davon betroffen bist. Also ... hab ich Gen gesagt, sie soll so tun als sei sie deine Freundin.“

„Worauf sie seit 300 Jahren wartet! Danke auch. Du weißt, dass ihr vielleicht das Herz dabei gebrochen wird – von mir?“

„Gib ihr doch eine Chance!“

„Junge... Jungejungejunge...“ Noch tiefer konnte er seinen Kopf nicht in dem Kleidungsstück verschwinden lassen. „Verstehst du denn nicht? Ich will sie nicht verletzen.“

„Wen?“

Chloe und Rachel standen an der Bande um Quint zu begrüßen. Kyle war noch auf der Eisbahn und half einem kleinen Jungen wieder auf die Beine, gegen den er beim Rückwärtsfahren gestoßen war. Quint blieb in seiner Schildkrötenposition und schüttelte den Kopf.

„Seine Freundin“, erklärte Miles darum.

„Inwiefern würdest du sie denn verletzen?“, wollte Rachel von Quint wissen.

Der Vampir wollte sich gerade aus seinem Schal schälen um eine Antwort zu geben, als sich ein Arm um ihn legte. Im nächsten Moment erschien auch schon der Rest der Person.

„Wer würde wen verletzen?“, fragte sie neugierig.

„Hi Gen!“

Fröhlich begrüßte Miles sie, während seine Freunde etwas sprachlos da standen.

„Verdammt, das ist seine Freundin? Wie konnten wir glauben, dass er und Miles ...?“, fragte Kyle der eben angekommen war.

„Pscht!“, zischte Chloe, da sie nicht wollte, dass einer der Anderen etwas mitbekam.
 

Gen, bereits ganz in ihrer Rolle, zwinkerte Miles einmal kurz zu, bevor sie sich zu Quint drehte, den Schal von seinem Gesicht zog und ihm, ohne ihm Zeit zum reagieren zu lassen, einen langen Kuss gab. Sie liebte es, dass er es über sich ergehen lassen musste, wenn er Miles nicht bloßstellen wollte und genoss das, worauf sie schon so lange gewartet hatte.

Quint hingegen hatte nicht so viel Spaß daran wie sie. Seine erste Reaktion war, sie von sich zu schubsen, nur konnte er das nicht tun, weswegen er aus der Bewegung eine leichte Umarmung machte. Die Sekunden, die es dauerte, fühlten sich für ihn wie Stunden an. Stunden, die alles andere als toll waren.

Er blieb steif stehen, als sie ihre Lippen von seinen löste und ihn breit angrinste.

„Danke“, hauchte sie. „Danke, dass du mich mit Miles bekannt gemacht hast. Der Kleine ist spitze!“

„Warte bis du seine anderen Ideen kennenlernst“, nuschelte Quint.

Als Gen sich umdrehte schaute sie in drei Gesichter, die ihr Erstaunen nicht deutlicher hätten ausdrücken können. Miles hingegen wirkte merkwürdig verschlossen. Selbst seine Gedanken konnte sie einen Moment lang nicht lesen, da einfach zu viel gleichzeitig in seinem Kopf passierte, dass es kein klares Bild ergab.

„Hi, ich bin Gen“, stellte sie sich nun auch den Anderen vor und reichte als erstes Rachel die Hand. Diese nahm die Begrüßung fröhlich an und lächelte dabei freundlich.

„Nett dich kennenzulernen. Ich bin Rachel, das sind Chloe und Kyle. Wir sind Freunde von Miles, falls du es noch nicht weißt.“

„Nun, ich hab es mir gedacht, ganz ehrlich gesagt.“

Gen legte einen Arm um Quints Hals und hängte sich förmlich an ihn. Etwas, das sie schon lange mal hatte machen wollen und ja, dafür hatte Miles was gut bei ihr. Was großes! Auch wenn er jetzt gerade alles andere als glücklich aussah, so wie er zu Quint schaute und auf seine Unterlippe biss.

„Wollen wir dann auch aufs Eis?“, fragte die Vampirin vergnügt. Sie hatte nicht vor sich ihre Stimmung durch irgendetwas ruinieren zu lassen.

Miles nickte und suchte die Stelle, an der er seine Schlittschuhe abgelegt hatte. Auch Gen hob die Sportgeräte auf um zu einer der Bänke zu gehen. Nur Quint blieb stehen.

„Ich hab keine“, nuschelte er.

„Wie bitte?“, fragte Rachel, die ihn auf die Entfernung nicht verstehen konnte.

„Ich habe keine Schlittschuhe!“

„Oh, da drüben kann man sich welche leihen. Kannst ja mal schauen, ob es noch welche in deiner Größe gibt“, gab sie hilfreich Auskunft.

Quints Antwort war ein Grummeln. Was würde er dafür geben einfach abzuhauen.

Konnte er das tun?

Miles und Gen alleine lassen?

Vermutlich nicht. Wer wusste schon, was sie sich sonst noch ausdenken würden.
 

Während der Vampir zu dem kleinen Häuschen ging um sich passendes Schuhwerk zu leihen, waren Miles und Gen bereits so gut wie auf dem Eis. Er beobachtete die Kinder die voller Vorfreude um ihre Eltern hüpften und allesamt auch dort waren um Schlittschuhe zu bekommen.

Irgendwie verging ihm gerade die Lust an allem. Trotzdem stellte er sich an und wartete brav. Je länger es dauern würde, umso besser.

In Gedanken vertieft, ließ er den Blick schweifen und blieb bei Miles und dessen Freunden hängen. Was Gen und er dort veranstalteten war nicht wirklich zu erraten und die anderen Drei hatten sich noch immer nicht wirklich aus ihrer 'Starre des Erstaunens' gelöst.

Gen war halt einzigartig, mit jeder Faser ihres Körpers.

Quint musste grinsen. Es war schon komisch, dass sie sich ausgerechnet ihn ausgesucht hatte. Vor allem verstand er noch immer nicht warum.

Wer, außer Gen, würde freiwillig Ewigkeiten auf einen Kuss warten, den man sich dann auch noch erschleichen musste?

Sein Blick fiel auf Miles.

Mit einem Kopfschütteln befreite er sich von den Gedanken und mit ihnen verschwand auch sein Grinsen.

Er würde sie verletzen!

So sah es aus.

Er konnte ihnen nicht geben was sie wollten.

Vom Kopf her war es einfach nicht möglich. Seit Jahren nicht mehr. Alles was man normal empfand, bei Berührungen, bei Küssen und allem was sonst noch zu einer Beziehung gehörte, war einfach nicht mehr da. Seine Gefühle waren genauso tot wie er selber. Das hieß, nein. Nur die positiven schienen mit der Zeit immer schwächer geworden zu sein. Die negativen hingegen eher stärker. So kam es ihm zumindest vor.

Etwas kam ihm in den Sinn. Wie ein Blitz schlug es ein und verursachte sogar einen kurzen Stich an den Schläfen.

'Das Gefühl gebraucht zu werden'

Damit hatte es angefangen. Bei beiden, wenn er es genau betrachtete.

„Wie ist ihre Größe?“

„Hä?“

„Ihre Schuhgröße! Oder warum stehen sie in der Wartschlange?“
 

Gemütlich skatete er zu den Anderen.

Es war lange her, dass er auf dem Eis gestanden hatte. Beim letzten Mal, gab es nicht einmal Kufen aus Metall. Das hier war also eine ganz neue Erfahrung.

Auf seinem Weg beobachtete er noch immer Miles und Gen, die scheinbar fangen spielten. Oder irgendeine andere sehr verschrobene Art von Spiel, das keiner außer ihnen verstand. Rachel und Chloe waren in ein Gespräch vertieft und lachten immer wieder fröhlich. Kyle stand etwas abseits und schaute einfach nur Gen an.

„Pass auf das der Sabber nicht gefriert!“, raunte Quint ihm zu, als er ihn erreichte.

Sofort zuckte der Angesprochene zusammen und fühlte sich offensichtlich ertappt.

„Hey, keine Panik! Ich nehm es dir nicht übel.“

Quint lehnte sich an die Bande und grinste breit zu Kyle bevor er ebenfalls zu Gen und Miles sah.

„Wer schaut da nicht gerne hin?“, erwähnte er dann eher geistesabwesend.

Es dauerte ein klein wenig, bis Kyle sich wieder gefangen hatte, aber dennoch etwas verwundert zu dem Vampir starrte. „Also jeder Andere hätte mich jetzt wohl vom Eis gehauen. Ich mein, sie ist deine Freundin und da lässt du es dir gefallen, wenn ich sie so, naja, anstarre?!“

Quint zuckte mit den Schultern.

„Solange du nur guckst, ist es mir vollkommen egal. Abgesehen davon, kannst du es gerne mal bei ihr versuchen und sehen was dabei rauskommt.“

Kyle machte große Augen.

„Willst du mir etwa sagen, dir ist es egal, wenn ich deine Freundin anbaggern würde?“

Der Gefragte nickte.

„Aber das ist auch nur so, weil ich weiß, wie sie reagieren wird.“

Das Grinsen wurde noch eine Spur breiter und auch ein klein wenig gemeiner.

„Das ist ein Trick, oder?“

„Nope! Sieh es einfach als ein sehr großes Vertrauen meinerseits an.“

Verwirrt und etwas misstrauisch schüttelte Kyle den Kopf und glitt zu Rachel. Auch Miles und Gen waren gerade dabei zu den Zweien zu schlittern. Gen bog jedoch ab und kam zu Quint.

„Sie wollen uns zu einer Geburtstagsfeier einladen“, erzählte sie ihm brühwarm. „Wenn du möchtest, sage ich ihnen, dass ich nicht kann. Allerdings nicht umsonst!“

„Was würdest du wollen?“ Er rechnete mit dem Schlimmsten.

„Nur einen weiteren Kuss! Aber dieses Mal einen richtigen, keinen den du nur duldest. Bezahlung sofort!“

Das eben noch präsente Grinsen war inzwischen verschwunden. Es gab keinen Grund mehr.

„Was erhoffst du dir davon?“, wollte er wissen.

„Ganz einfach: Ich will, dass du weißt, was du verpasst!“

Quint nickte leicht und nahm ihre Hand. Er spielte seine Rolle gut, musste sie zugeben.

Zusammen fuhren sie zu Miles und den Anderen.

„Hey!“ Ausgelassen und fröhlich sah Chloe zu ihnen. „Kommt ihr zu Rachels Party?“

Gen warf einen Blick auf Quint und erwartete eine bessere Bestätigung als ein einfaches Nicken. Er legte seinen Arm um sie und zog sie an sich, während er sich wieder an die Bande lehnte. Leise flüsterte er ihr zu: 'Nur dieser eine!'

Sie lächelte siegessicher.

„Wann ist die denn?“, fragte sie neugierig.

„In zwei Wochen“, antwortete ihr Rachel.

„Am Wochenende!“, fügte Miles noch an.

„Was ist das für ein Datum?“

„Das müsste der 4 oder 5 Februar sein.“

Quint schaute auf. „Da kann ich nicht!“

Alle sahen ihn an, vor allem Gen, die ihren Kuss in Gefahr sah.

„Was ist denn da?“

„Geht das irgendeinen was an?“, antwortete er ungewohnt harsch.

„Ehm, nein. Nur vielleicht kann man da ja was regeln.“

Gen überlegte und schmiegte sich an ihn. „Du gehst doch eh nur wieder in deine Hütte, oder?“

„Hütte?“, fragte Miles.

„Ja, er verschwindet immer mal wieder dahin. Ist irgendwo in den Bergen“, gab Gen bereitwillig Auskunft.

„Du hast eine Hütte in den Bergen?“

„Wow!“

„He, können wir dann nicht da feiern?“

Miles zuckte zusammen, bei dem bösen Blick den Quint auf Rachel richtete.

„Ihr könnt da nicht mit hin! Nicht an dem Wochenende.“

„Oh komm. Bitte!“

„Die Hütte hat keinen Strom, kein fließend Wasser und keine Heizung. Ihr wollte da nicht hin!“

„Ach, das ist doch alles halb so schlimm. Komm schon, geb dir einen Ruck.“

„Ja, gib dir einen Ruck!“, sagte nun auch Gen, die sich in seiner leichten Umarmung gedreht hatte und ihn nun mit einem Welpenblick ansah.

„Würde euch das glücklich machen?“, fragte er.

Eigentlich galt seine Frage nur Miles und diesem nervigen kleinen Anhängsel in seinen Armen. Jedoch antworteten alle einstimmig mit heftigem Nicken und jubelndem 'JAAA'. Auch wenn nicht bei allen der Grund derselbe war.
 

Freitagnachmittag, zwei Wochen später.
 

Miles und seine Freunde saßen in einem Schnellrestaurant und aßen nach der langen Fahrt endlich ihr verspätetes Mittagessen. Für ihn war klar, warum sie auf Quint warteten, nur die anderen Drei fragten sich noch immer, wieso dieser nicht direkt mit ihnen gefahren war.

Geistesabwesend starrte er aus dem Fenster und dachte an die vergangenen Wochen.

Nach dem Schlittschuhlaufen, hatte er Gen und Quint verabschiedet um gerade noch Zeuge eines Kusses zu werden, der bei aller Liebe, nach allem anderen als einem Schauspiel aussah. Selbst die Erinnerung an den Moment gefiel ihm nicht besonders. Vielleicht hatte er die Beiden mit dieser kleinen Aktion doch näher gebracht. Wobei es da bei Gen nicht viel zu machen gab. Aus dem Grund hatte er sie ja überhaupt dazu bringen können.

Aber Quint ...

Bei ihm war es etwas komplizierter, was ja nicht wirklich tragisch war.

Nur was, wenn er sich damit bei ihm unbeliebt gemacht hatte?

Nein, dann hätte er nicht der Feier zugestimmt, die jetzt immerhin bei ihm stattfinden würde.

Trotzdem glänzte er in letzter Zeit mit permanenter Abwesenheit. Je näher dieses Wochenende kam, umso seltener war er anzutreffen oder ging ans Telefon.

Doch Miles war der festen Überzeugung, dass er sie nicht bis hierhin hätte fahren lassen, wenn er jetzt nicht kommen würde. Vermutlich war es einfach noch nicht dunkel genug oder er hatte noch etwas wichtiges zu erledigen.
 

Es lag kaum Schnee, was er etwas schade fand. Es war zwar kalt, aber keine Wolke hatte sich erbarmen können mal mehr als nur drei oder vier Flocken abzugeben. Laut Wetterbericht sollte es jedoch noch einmal schneien und darauf hoffte der Vampir sehr, denn ohne Schnee wäre es einfach nicht das Selbe.

Dieser weiße Schleier, der alles so rein und friedlich aussehen ließ. Damit waren diese Tage immer einfacher zu ertragen und darum musste es einfach noch einmal anfangen, denn hier lag so gut wie nichts mehr, was ihn ungewollt schwermütig machte.

Einen Moment lang blieb er auf dem Parkplatz des Restaurants stehen und schaute aus dieser Entfernung hinein.

Dort saßen sie. Mehr oder weniger ungeladene Gäste. Hoffentlich würden sie ihn nicht zu sehr stören.

Warum nur, musste er auch immer wieder dazu übergehen, das Wohl anderer über sein Eigenes zu stellen?

Und wieso konnte er Miles einfach nichts abschlagen, selbst wenn er sich noch so sehr wehrte?

Mit einem kurzen Kopfschütteln löste er sich aus seiner Starre und ging weiter. Die Antwort auf die letzte Frage wollte er genau genommen gar nicht wissen.
 

Mit Schwung öffnete sich die Eingangstür, so das Miles zusammenzuckte. Eine Gruppe Touristen kam herein und redete lautstark in einer Sprache, die Miles nicht wirklich kannte. Aber so wie die Leute aussahen, stellte er sich Menschen aus Skandinavien vor. Er musste schmunzeln. Stereotype waren doch etwas tolles.

„Hey, Miles. Ist er das nicht?“, fragte Rachel und zeigte aus dem Fenster.

Eine einsame Gestalt kam auf das Restaurant zu sah dabei nicht so aus, als wäre es eilig.

„Der soll sich mal beeilen. Ich bin so froh wenn ich den Wagen endlich sicher irgendwo abgestellt habe“, moserte Kyle.

„Wenn du so eine Angst um den Wagen hast, wieso hast du ihn dir von deinem Dad geliehen?“

„Ich dachte mir, wenn das ne recht einsame Hütte ist, werden wie vielleicht mehr als nur einen alten Kombi brauchen um da anzukommen. Darum den Geländewagen. Ich will nicht auf halbem Weg versauern.“

„Hmm ...“

Kyle war noch immer skeptisch, weniger was die Freundschaft zwischen Miles und Quint anging, als vielmehr die Tatsache, dass er der festen Überzeugung war, dass Quint ein Geheimnis hatte. Etwas, das die Sicherheit Miles' in Frage stellte, sobald dieser mit ihm alleine war - und das war er in den letzten Monaten oft gewesen.

Es war also kein Wunder, das dieses Gerücht aufgekommen war. Denn auch wenn durch das letzte Treffen ein wenig an dieser Befürchtung, die vor allem Chloe betraf, gerüttelt worden war, waren noch einige andere Fragen dazu gekommen.

Wieso zum Beispiel hatte der Kerl nichts dagegen, wenn seine super heiße Freundin angebaggert wurde?

Kyle würde vor Eifersucht zergehen! Er hatte ja schon Probleme damit das Rachel ab und an mal einen Bekannten mitbrachte und dieser dann auch noch neben ihr saß.

Jedes Mal könnte er in die Luft gehen!

Warum war Quint also so ruhig geblieben?

Wieso hatte er überhaupt alles andere als begeistert ausgesehen, als sie aufgetaucht war?

Nein, irgendetwas war da faul und irgendwie würde er schon noch herausfinden was genau es war.

Nur durfte er den Mädels nichts davon erzählen, denn die waren, wie sie sagten: 'Glücklich sobald Miles es war.' und würden ihn davon abhalten wollen, in Angelegenheiten zu stochern, die ihn einfach nichts angingen.
 

Als die Tür ein weiteres Mal aufging, war endlich Quint mit bei dem neuen Grüppchen, das nun herein strömte. Diesmal war es eine Eishockey Mannschaft, die nach dem Training zusammen Burger essen gingen.

Sofort bog der Vampir ab und kam zu ihnen an den Tisch. Ohne sich zu setzen begrüßte er sie kurz mit einem Kopfnicken.

„Und ihr habt alles?“, wollte er direkt wissen.

„Klar! Miles hat uns die Liste gezeigt, die ihr zusammen gemacht habt. Aber warum brauchen wir einen Ersatzkanister mit Diesel?“

„Wenn ihr Strom haben wollt, braucht ihr den!“

„Du hast doch gesagt es gibt keinen.“

„Ich kann euch doch nicht im dunkeln sitzen lassen. Reicht doch, dass es keine Heizung gibt und nur bedingt Wasser. Seit ihr dann fertig hier, das wir los können? “

„Du bist genauso ungemütlich wie Kyle! Lass uns doch wenigstens zu Ende essen!“, bemerkte Rachel und schenkte Kyle ein fieses Lächeln. Das war ihre Art sich dafür zu bedanken, dass er die ganze Zeit schon nur über diesen dämlichen Geländewagen redete.

Miles rutschte etwas zur Seite, damit Quint sich neben ihn setzen konnte. Als Chloe und Rachel ihr Gespräch fortsetzen, widmete auch Miles sich wieder dem Rest seines Burgers. Kyle beobachtete den jungen Mann, der nun Wohl oder Übel zu seinem Freundeskreis dazu gehörte.

Was der wohl dachte?

Er wirkte abgelenkt während er so durch den Laden schaute. Sein Blick blieb kurz bei der Touristengruppe hängen, dann wendete er sich direkt zu Kyle, der sich ein weiteres Mal ertappt fühlte.

„Ist was?“

„Du wirkst so neben der Spur. Was ist los?“

Quint zuckte mit den Schultern.

„Bin im Stress, vielleicht liegt es daran.“

„Im Stress, ja? Weswegen?“

„Wegen euch. Ich hab die letzten Tage nur damit zugebracht, die Hütte wieder bewohnbar zu machen. Das ich da mit Gen gewohnt habe, ist inzwischen schon eine Weile her.“

„Ihr habt da zusammen gewohnt?“, fragte Miles etwas verwundert. Auch die Anderen am Tisch wurden nun hellhörig.

Der Vampir nickte und war bereits wieder abwesend. Noch einmal ließ er den Blick durch den Gastraum schweifen und wieder blieb er bei den Touristen hängen.

„Wie lange seid ihr schon zusammen?“, fragte Rachel neugierig. „Und wieso ist sie nicht mit dabei?“

Miles musste ihn antippen bevor er seine Aufmerksamkeit wieder den Leuten an diesem Tisch schenkte.

„Es macht ihr keinen Spaß mehr mit mir im Wald rumzuhängen. - wie sie es nennt“

Die Frage nach der Dauer ihrer Beziehung ließ er lieber unbeantwortet, zumindest solange wie keiner noch einmal danach fragte.

„Das ist aber ganz schön unfreundlich ausgedrückt. Allerdings fand ich, sie sah auch nicht so aus, wie jemand der gerne Campen geht. Dazu sah sie zu gestyled aus.“

Chloe hatte soeben aufgegessen und musste das einfach los werden.

„Also auf mich machte sie den Eindruck als könnte sie überall Spaß haben“, sagte nun Rachel.

Miles lächelte nur. Rachel hatte wohl eher recht. Zwar kannte er Gen bei weitem nicht so gut wie Quint, jedoch hatte er sie inzwischen in so unterschiedlichen Situationen erlebt, das er fest daran glaubte, dass sie alles sein konnte, wenn sie es nur wollte.

Quint sah ein letztes Mal zu dem Tisch mit den Touristen, wobei er nicht der Einzige war, da diese Leute sehr laut daher kamen und inzwischen einige sich gestört fühlten.

„Wir sollten los!“, bemerkte er dann.
 

Die Straße war inzwischen mit einem dünnen Film aus Schnee überdeckt. Seit sie losgefahren waren, hatte ein leichter Schneefall eingesetzt, der stetig stärker wurde. Allerdings hatte er auch zu einem Stimmungswechsel bei Quint gesorgt.

Zumindest machte er nicht mehr einen ganz so schlechten Eindruck.

„Dort vorne kommt gleich ein großer Baum, da musst du langsamer werden, die Einfahrt ist schwer zu erkennen“, erklärte er Kyle den Weg.

Zwar meinten alle, dass er doch Quint fahren lassen sollte, da dieser den Weg kannte, doch weder war der eine bereit den Fahrersitz aufzugeben noch wollte der andere dorthin.

Also saßen Miles, Chloe und Rachel, in genau dieser Reihenfolge, auf dem Rücksitz und schauten hinaus.

„Ich finde so ein Wald im dunkeln ist unheimlich“, flüsterte Rachel.

„Mit dem Schnee noch viel mehr!“, stimmte ihr Chloe zu.

„Ja, als ob jeden Moment ein Monster oder so hinter 'nem Gebüsch vorspringt.“

Beide machten sich gegenseitig Angst.

Miles sagte nichts. Sein Blick war zwar auf den Wald direkt neben sich gerichtet, doch seine Gedanken waren woanders.

Etwas an der Art wie Quint sich verhielt machte ihm zu schaffen. Auch wenn er noch nicht sagen konnte was genau. Dass der Vampir nicht gerne mit den Anderen zusammen war, wusste er ja bereits, aber es war noch etwas. Vielleicht hatte es damit zu tun, was Gen ihm gesagt hatte, vor dem Kuss. Etwas das Miles beim besten Willen nicht mehr verstehen konnte, da er schon zu weit weg gewesen war.

„Hier jetzt abbiegen!“, hörte er den Vampir sagen. „Ab jetzt immer der Straße folgen für etwa eine Stunde oder zwei je nachdem wie gut wir durchkommen.“
 

Kyle verfluchte die daunengroßen Schneeflocken, die ihm die Sicht nahmen, als vor ihnen langsam aber sicher ein Gebäude auftauchte.

Durch den Schneefall konnte man kaum etwas erkennen, außer dass es größer war, als sie es sich vorgestellt hatten. Langsam rollten sie näher heran und Quint zeigte dem Fahrer wo er parken konnte.

„Wow, es ist zweistöckig“, bemerkte Rachel sofort nachdem sie aus dem Wagen gestiegen war.

Miles und die Anderen packten ihre Sachen aus, während Quint die Haustür öffnete.

Drinnen zündete er sofort ein Feuer im Kamin und einige Öllampen an um dann zu warten bis alle da waren.

„Oben ist ein Schlafzimmer mit Doppelbett. Hier Unten ist, wie ihr seht, ein Wohnzimmer. Die Couch ist auch ein Doppelbett. Die Küche ist dort lang, das WC ist diese Tür. Wasser gibt es allerdings nur in der Küche, also müsst ihr euch immer einen Eimer voll mit ins Bad nehmen. Das Holz findet ihr unter der Treppe, falls ihr es noch nicht gesehen habt. Oh und der Generator ist in einem extra Raum neben der Küche. Der ist nur recht laut. Darum benutze ich meistens nur die Lampen hier. Die sind alle gefüllt, falls ihr doch Petroleum braucht, das ist in der Küche im Schrank über der Spüle.“

Nach dieser ausführlichen Erläuterung, verteilten sich alle, mit Lampen, im Gebäude und schauten sich um.

„Ich schlafe oben!“, entschied Rachel als sie die Treppe wieder herunter kam. „Es ist voll süß, mit dem hohen Dach und sogar einem kleinen Balkon.“

„Sag mal, Doppelbett hier und oben ... Da fehlt doch ein Platz!“

„Ich schlafe nicht hier!“, erklärte Quint.

„Was?“, fragte Miles wenig erfreut.

„Es gibt ein Nebengebäude, das ist eigentlich nicht dafür da, dass man dort übernachtet, aber es geht schon.“

„Wofür ist es denn?“

„Es ist ein Bad. Allerdings hat es nur eine Badewanne. Dafür aber auch eigenes Wasser, wenn auch nur kalt. Falls also einer Baden will, müsst ihr Holz mitnehmen um die Wanne vorzuheizen. Da passen übrigens 8 Leute rein – wurde mir gesagt.“

„Du schläfst in der Badewanne?“

„Nein, oben drüber.“

„Aber ... Es ist deine Hütte hier! Da kannst du doch nicht irgendwo abgeschoben in 'ner Nische schlafen!“

„Doch, mehr brauch ich nicht und ihr seid meine Gäste, also habt ihr die Betten verdient. Da fällt mir ein, ich muss die Sachen noch rüber bringen. Entschuldigt mich also.“

Ihr Gastgeber verschwand nach oben, ohne Lampe, und kam mit einem Rucksack wieder herunter.

„Macht es euch bequem und vor allem passt auf, dass nichts abfackelt. Ich mag das Haus!“

Damit verschwand er hinaus und ließ die Vier alleine.
 

Durch die lange Fahrt und das ganze rein- und wegräumen, dauerte der Abend für die kleine Gruppe nicht mehr so lange wie sie es ursprünglich geplant hatten.

Rachel und Kyle hatten sich das Bett oben geschnappt und nachdem letzterer die ganze Zeit über gefahren war und darum um kurz nach Mitternacht bereits ins Bett wollte, hatte auch Chloe schon das Bett aufgestellt.

Miles hatte nichts dagegen nur die Gästecouch zu benutzen. Hier unten war der Kamin und somit den ganzen Abend schon angenehm warm. Doch eines empfand er als störend und das war auch der Grund, warum er noch immer nicht schlief, so wie seine Freunde.

Quint war nicht mehr aufgetaucht.

Dabei war er wohl der letzte, der früh ins Bett ging!

Als Miles sich sicher sein konnte, das Chloe schlief, stand er wieder auf und zog sich seine Schuhe an. Zwar hatte er nicht gesehen, wo dieses Nebengebäude war, doch so schwer konnte es ja wohl kaum zu finden sein.

Ohne eine Lampe oder Jacke, dafür jedoch mit einem Schal, ging nun auch er hinaus in die Dunkelheit. Bevor er jedoch die weitaus kleinere Hütte gefunden hatte, dachte er erfrieren zu müssen. Dabei war es wirklich nicht weit, wäre er zu Anfang nicht in die falsche Richtung gegangen.

Zitternd betrat er das kleine Gebäude und wurde von eiskalter Schwärze empfangen. Hier hatte nicht den ganzen Abend ein Feuer gebrannt und Licht war auch ein Fremdwort.

„Quint?“, fragte er leise in den Raum. Weiter hinein zu gehen, ohne etwas zu sehen, widerstrebte ihm.

„Du bist doch bestimmt hier, oder?“, fragte er weiter.

Doch eine Antwort blieb aus. Also trottete Miles wieder zurück um ins Warme zu kommen.

„Wolltest du zu mir?“

Erschrocken drehte sich Miles um und nickte dann. „Verdammt, schleich dich nicht so an!“

Quint grinste leicht, was durch die Lichtverhältnisse kaum zu erkennen war.

„Wo bist du gewesen?“

Der Vampir zuckte mit den Schultern.

„Auf jeden Fall siehst du aus, wie ein wandelnder Schneemann!“, kicherte Miles um kurz darauf heftig zu husten.

„Wirst du schnell krank?“

„Nein! Das ist nur weil mir kalt ist. Wird schon gehen, wenn ich wieder im warmen bin.“

„Dann geh rein, bevor du mir erfrierst!“

„Nein, ich wollte dich etwas fragen.“

„Das können wir auch im Haus!“

„Ja, eigentlich. Nur Chloe schläft schon und sie ist eine wilde Bestie wenn man sie weckt.“

Quint nickte. „Dann komm mit!“

Er ging zu dem kleinen Häuschen, in das Miles eben gesehen hatte, öffnete die Tür und ging hinein. Miles folgte ihm in das dunkle Gebäude.

„Ich sehe nichts“, merkte er an und zuckte zusammen, als im nächsten Augenblick eine kleine Lampe anging. Quint hielt eine kleine Taschenlampe in der Hand und leuchtete auf den Boden vor sich.

„Steht immer neben der Tür, falls du noch einmal bei Nacht hier rüber kommen möchtest.“

„Danke“, murmelte Miles.

„Wir müssen da hoch!“

„Wo?“

Der Vampir leuchtete auf eine schmale Leiter, die bis zu einer Luke führte.

„Dort! Also los, ab mit dir. Ich leuchte dir solange.“

„Du bist aber keine große Leuchte“, grinste der junge Mann.

„Lieber keine große Leuchte, als ein Armleuchter!“

Miles verschwand, nachdem er die Dachluke geöffnet hatte, aus Quints Sichtfeld, so das er ihm hinterher klettern konnte.

„Das ist ... verdammt eng hier oben!“, war das erste was er von ihm zu hören bekam. „Irgendwie fühl ich mich nicht gut, wenn ich weiß, dass du hier hausen musst.“

„Es war auch ursprünglich nicht so geplant. Hab mir nur gedacht, dass so ein kleiner Extraraum nicht falsch sein kann. Kein Sonnenlicht, sogar wenn mal jemand die Klappe öffnet, und man kann es als Stauraum benutzen.“

„Uhh, ein Schlafsack! Mir ist kalt - darf ich?“

„Klar.“

Der Vampir beobachtete wie Miles die Schuhe auszog und versuchte in den Schlafsack zu schlängeln ohne sich dabei irgendwo den Kopf anzustoßen.

„Du bist doch größer. Wie hältst du das hier aus?“

„Wenn du schon einmal unter der Erde geschlafen hast, kannst du so gut wie überall nächtigen.“

„Wie meinst du das?“

„Eine gängige Möglichkeit sich vor der Sonne zu schützen, wenn mal nichts anderes zur Verfügung steht. Eingraben!“

„Hmm, hat man da nicht Würmer in den Ohren, beim wieder ausbuddeln?“

Quint lachte, das erste Mal seit Wochen.

„Oh Miles. Du kommst auf Ideen! Aber die kommen erst, wenn man schon eine Weile da liegt.“

„Wuhäää“

Noch immer grinsend legte sich der Vampir neben den im Schlafsack befindlichen Menschen.

„Das ist doch echt ekelig! Hattest du schon einmal so nen Vieh irgendwo?“

„Jup. In der Nase. Ich kann dir sagen, das kribbelt ganz böse!“

Miles schüttelte sich vor Ekel und vergrub sein Gesicht mit sich im Schlafsack. „Lass uns bitte das Thema wechseln!“

Quint zog die störende Decke wieder zurück und beugte sich näher zu ihm um leise zu flüstern:

„Ich kann dir noch viel ekelerregenderes erzählen!“

„Waah, nein!“, lachte Miles los. „Lieber nicht. Kannst mir lieber was erzählen, das mich wärmt.“

„Ne, so eine Geschichte habe ich nicht.“

„Schade, der Schlafsack bringt es bis jetzt nämlich noch nicht.“

Quint nickte und schaute zu der Luke. „Ich komme gleich wieder.“

„Was hast du vor?“

„Wirst du dann ja sehen. Also mach es dir bequem und vor allem denk an was warmes.“

Miles setzte sich auf als der Vampir die Leiter wieder herunter kletterte.

„Da hätte ich auch schon was woran ich denken kann“, hauchte Miles, als er die Tür hörte, durch die Quint eben hinaus gegangen war.
 

Möglichst leise, was für ihn weniger ein Problem war, ging er durch sein Haus bis in die Küche. Wie man einen Tee machte wusste er gerade so, darum suchte er sich alles nötige zusammen. Um kein zweites Feuer anmachen zu müssen, wollte er das Wasser im Wohnzimmer aufkochen, auch wenn dort Chloe schlief.

Während er auf das Wasser wartete, saß er auf der Lehne eines Sessels und begutachtete die Schlafende. Sie war das Einzige in diesem Raum, das er noch nicht in und auswendig kannte.

„Wo ist Miles?“

„Offensichtlich nicht hier.“

„Und wo ist er?“, fragte Kyle, der eben die Treppe runter kam.

Quint zuckte mit den Schultern.

„Na dann ... und wo hast du den ganzen Abend gesteckt?“

„Hab mir die Gegend angesehen.“

Kyle war eindeutig skeptisch als er nun näher kam und den Vampir wieder einmal musterte.

„Mitten in der Nacht und bei dem Schneefall?“

„Natürlich, das ist die beste Zeit des Tages, gerade wenn es so schneit!“

„Ah, OK.“

Mit einem kurzen, nicht ganz ehrlich gemeinten, Lächeln stand Quint auf und nahm die Wasserkanne mit in die Küche. Zwar kochte es noch nicht, aber das sollte es auch nicht, Chloe zuliebe.

„Warum bist du noch wach?“, fragte nun er, als Kyle ihm folgte.

„Wollt mir was zu trinken holen.“

„Dann bist du ja jetzt an der Quelle.“

„Ja, sieht so aus. Und du weißt sicher nicht wo Miles steckt?“

„Wenn ich es wüsste, würde ich es dir garantiert sagen! Vielleicht ist er auf dem Klo oder so.“

„Hm, ja vielleicht.“

Kyle nahm sich eine Flasche Cola und nahm sie mit eine Etage höher.

„Er wird schon nicht draußen rumrennen“, hörte Quint noch, auch wenn Kyle es nur zu sich gesagt hatte.
 

Mit Tasse und einer Thermoskanne bewaffnet schloss er die Haustür hinter sich. Vielleicht würde damit Miles etwas wärmer.

Quint blieb auf der Veranda stehen und schaute dem Schneetreiben zu. Je länger er die Flocken beobachtete umso leichter fühlte er sich. Warum das so war wusste er nicht, aber es war angenehm.

Eine kleine Bewegung lenkte ihn ab. Der Vampir konzentrierte sich auf das Tier, das sich gerade an der Tür zu dem Gebäude zu schaffen machte, zu dem er eben wollte.

Langsam ging er näher heran und beobachtete den recht schmächtigen, grauen Wolf, der schnüffelnd vor der Tür auf und ab ging.

„Du solltest nicht hier sein. Das bringt nur Ärger“, sagte Quint ruhig.

Der Wolf sah zu ihm und legte die Ohren an.

„Los geh schon. Hier gibt es nichts für dich.“

Der Wolf bewegte seinen Kopf in schieflage, ergriff dann jedoch lieber die Flucht. Quint schaute ihm hinterher um sicher zu gehen, dass er auch wirklich weg war. Das Tier war ein alter Bekannter, der immer mal wieder vorbei kam und versuchte etwas abzustauben, meistens vergeblich.
 

Miles klammerte sich an die Taschenlampe und saß in der hintersten Ecke, als Quint die Leiter herauf geklettert kam.

„Was war das?“, wollte er wissen.

„Da war nur ein Tier. Aber es ist weg. Du warst noch nie Campen, oder?“

„Also ehrlich gesagt, nein. Meine Eltern waren lieber in Hotels und ich ganz ehrlich gesagt auch.“

Quint schmunzelte, sagte jedoch nicht den dazugehörigen Gedanken.

„Was hast du jetzt eigentlich gemacht?“, wollte Miles wissen.

„Das hier!“

Quint stellte Tasse und Thermoskanne neben Miles während er sich in eine gemütliche und passende Position legte. Etwas entspannter rückte Miles sich und den Schlafsack auch wieder in die Waagerechte, nah an den Vampir.

„Was ist das?“

„Tee. Eines der wenigen Sachen die ich machen kann. Also sei glücklich darüber und wehe ich höre ein Meckern!“

„Was für ein Geschmack?“

„Einfacher, schwarzer Tee.“

„Zucker?“

Der Vampir verdrehte die Augen und zog einige, kleine, fertig gepackte Zuckertütchen aus der Tasche.

„Danke!“

„Ich kenne doch deine Zuckerabhängigkeit inzwischen.“

Miles grinste Quint an und drehte sich auf den Bauch um sich eine Tasse fertig zu machen.

„Ha! Es fehlt was!“, fiel ihm dabei auf.

„Was?“

„Ein Löffel!“

Quint schaute auf die Tasse und nickte dann. „Aber brauchst du einen?“

„Sicher doch.“

„Pack den Zucker doch in die Kanne und schüttel.“

Miles schaute sich abwechselnd die Tasse und dann die Kanne an.

„Klingt irgendwie logisch, jetzt wo ich so darüber nachdenke.“

Quint streckte sich und nickte dabei.

„Ist ja auch eine Idee von mir!“

Er lehnte sich auf den Rücken und verschränkte die Hände hinter dem Kopf.

„Und darum das Beste was in diesem Raum hier gesagt wird. Du bist so gar nicht von dir selber eingenommen“, sagte Miles und kicherte dabei.

„Pass auf, dass du nicht vor lauter Lachen alles verschüttest.“

„Werd ich schon nicht! Ich bin ja kein Idiot.“

Wieder nickte Quint und schloss die Augen.

„Hey, nicht einschlafen!“, meckerte der Jüngere.

„Warum?“

„Nun, erstens friere ich noch immer und zweitens wollte ich dich etwas fragen, oder hast du das schon vergessen?“

„Hm, ja stimmt. Da hast du etwas in der Art gesagt. Dann frag!“

Miles fummelte gerade den Zucker aus den winzigen Beuteln in die Thermoskanne. Hochkonzentriert, um auch ja keinen Krümel zu verschwenden.

Da nichts gefragt wurde, drehte sich Quint wieder, um zu sehen was dort passierte.

„Also“, fing er langsam an. „Ich wollte wissen, was du hast. Seit dem Schlittschuhlaufen benimmst du dich so ... abweisend.“

„Was nicht verständlich ist, wenn man bedenkt, dass du mir Gen auf den Hals gehetzt hast? Im wahrsten Sinne!“

„Nein, da war sie eh die ganze Zeit - mehr oder weniger.“

Ein klein wenig schuldbewusst blickte Miles zu dem Vampir ehe er sich wieder dem Zucker umfüllen widmete. Der Ausdruck auf dem Gesicht des Anderen war so oder so nicht zu deuten.

„Wie war der Kuss eigentlich?“, fragte er dann neugierig.

„Was? AU!“

Quint setzte sich so schnell auf, dass er mit dem Kopf gegen die nahe Decke stieß, was Miles ablenkte und vor allem wieder einen kleinen Lachanfall verschaffte.

„Schön! Hauptsache dir geht es gut“, nuschelte der Vampir ein klein wenig beleidigt.

Miles versuchte das Lachen zu unterdrücken. „Genaugenommen ist mir noch immer kalt.“

Ein leises Murren kam von dem Unsterblichen neben ihm.

„Dann trink endlich den Tee, statt ihn mit Zucker zu quälen.“

„Eine Packung noch!“

„Mach auch und jammer nicht, bitte.“

Quint hoffte darauf, dass Miles seine Frage zu dem Kuss vergessen würde, wenn er einfach nichts mehr dazu sagte. Nur leider war Miles da nicht so vergesslich.

„Also wie war es? Und ich meine den heimlichen, als ich gegangen bin. Immerhin hättest du da ja einfach nur ...“

„Erinnere mich bitte nicht daran!“

„Wieso nicht? Es war doch nur ein Kuss und Gen war bestimmt begeistert.“

Der Vampir schwieg und sein Blick richtete sich automatisch auf die Luke. Miles lehnte sich auf einen Arm, legte die freie Hand auf Quints Wange und zwang ihn, mit leichtem Druck, wieder zu ihm zu sehen.

„Keine Fluchtpläne schmieden. Du kannst mir eh nicht entkommen!“

„Ich befürchte es fast.“

Miles lächelte leicht, zog dann jedoch die Hand wieder zurück und schloss die Thermoskanne um den Zucker darin zu verteilen. Quint sah ihn weiter an.

„Es war komisch“, erklärte er leise.

„Inwiefern?“

„Es fühlte sich gleichzeitig richtig und falsch an.“

„Wie geht das?“, fragte Miles.

„Woher soll ich das wissen?“

„Du bist der steinalte Vampir!“

Miles schüttete sich den Tee ein und wärmte sich sofort die Hände an der Tasse. Der Vampir nahm den Deckel der Kanne um sie zu schließen, was Miles scheinbar nicht vor hatte.

„Vielleicht hat es sich so angefühlt, weil du sie magst. Aber ein schlechtes Gewissen hast, wegen irgendwas.“

„Ein schlechtes Gewissen?“, murmelte Quint, während er die Wärme der Kanne an seinen Händen genoss. „Ja, vielleicht. Etwas woran man nichts ändern kann.“

„Wieso?“

„Weil ... Naja, weil es zu spät ist.“

Stirnrunzelnd sah Miles zu Quint.

„Zu spät für was?“

Der Vampir sah auf die Thermoskanne und drehte sie langsam hin und her. Das Licht der Taschenlampe reflektierte sich und blendete ihn immer wieder kurz.

„Für Dinge, die lange her sind und vergessen werden sollten.“

Schweigend und ohne zu zögern, schob Miles die Tasse zur Seite und legte seine Arme um Quint. So fest er konnte, drückte er den Vampir an sich.

„Ich weiß, du magst es nicht, aber ich kann gerade nicht anders“, flüsterte er entschuldigend.

Quint nickte einfach nur. Er wusste wie wichtig Berührungen für Miles waren und oft genug hatte er es Hautnah erleben dürfen. Solange er den jungen Mann nun schon kannte, hatte er mehr Umarmungen bekommen, als in den letzten Jahrhunderten zusammen.

Und das kurioseste war, es tat gut, mit jedem Mal mehr.

Geduldig wartete er bis Miles wieder locker ließ und zaghaft lächelnd zurück wich.

„Tut mir leid, wenn ich dich ...“

„Schon gut. Irgendwann gewöhne ich mich dran.“

Dass er es insgeheim schon ein klein wenig mochte, würde er auf keinen Fall verraten. Vor allem nicht, wenn er bedachte, dass er beim ersten Mal beinahe zusammen gebrochen wäre.

Durch eine einfache Umarmung - das durfte nie einer erfahren!

Miles legte sich wieder auf den Bauch und nahm die Tasse in die Hand.

„Also ehm ... Jetzt habe ich vergessen was ich noch fragen wollte.“

„Das kann ich dir auch nicht sagen.“

Während er überlegte, rutschte Miles näher an Quint. Ihm war noch immer kalt und er hoffte, je näher er dem Vampir war, umso wärmer könnte ihm werden.

„Ich weiß es wieder! Ich hatte mich gefragt wieso du so komisch bist in letzter Zeit. Also, komischer als sonst.“

„Komisch? Na, danke.“

„Komisch für einen Menschen, vermutlich nicht ganz so komisch für einen Vampir. Besser?“

„Zumindest kann ich damit leben“, erwiderte Quint. „Gut, du willst also wissen wieso ich bin, wie ich bin. Das ist schnell erklärt: Heute ist ein Geburtstag.“

Erstaunlich schnell hatte er dieses Mal mit der Sprache rausgerückt.

„Das ist keine sehr zufriedenstellende Erklärung.“

„Nicht?“

„Zum Beispiel: Wessen Geburtstag? Das es nicht deiner ist, weiß ich ja. Sollte man den nicht lieber feiern, statt so griesgrämig durchs Leben zu gehen und warum bist du dann, im Normalfall, alleine hier?“

„Ich feier ihn nicht, weil der Geburtstag meiner Tochter gleichzeitig der Todestag meiner Frau ist.“

Miles machte ein leises zischendes Geräusch. Er hätte es sich denken können!

„Wieder ein Fettnäpfchen in das ich zielsicher hineingetreten bin“, murmelte er leise und lehnte den Kopf auf die Arme. „Mensch, bin ich dämlich.“

Quint legte sich auf die Seite und stützte seinen Kopf auf einer Hand ab.

„Du kannst es doch nicht wissen. Immerhin habe ich es dir nicht erzählt.“

„Trotzdem hätte ich vorher mal nachdenken können.“

Miles sah kurz zu Quint und nippte dann an seinem Tee. Er brauchte endlich Wärme im Körper.

„Und ich hätte es dir sagen können, um diese Fragen gar nicht erst aufkommen zu lassen.“

Zwar bekam er ein Nicken, doch an dem Gesichtsausdruck des jungen Mannes, konnte er ablesen, dass er es nicht so leicht sah.

„Miles, es ist wirklich OK.“

„Auch wenn ich dich wieder an etwas Schmerzhaftes erinnert habe?“

Der Vampir nickte, was bei Miles wieder ein kleines Lächeln aufkommen ließ.

„Dann, hilfst du mir, damit mir endlich warm wird?“

„Ich denke da gehst du am besten wieder rüber.“

„Nein, ich will dich nicht alleine lassen. Selbst wenn ich dann frieren muss.

„Du bist manchmal ganz schön stur.“

„Ich weiß.“

Quint lachte leise.

„Trink den Tee und komm näher, vielleicht kann ich dich etwas wärmen.“

Miles war sichtlich verwundert über diesen Vorschlag, nahm ihn jedoch dankend an.

„Willst du mit in den Schlafsack?“

„Ich glaube nicht, dass es passen würde.“

„Schade...“
 

Beide schwiegen eine Zeit lang, während Miles sich an Quint kuschelte und die Tasse leerte.

„Quint? Was machst du dann jedes Jahr hier, so alleine?“, fragte er schließlich leise.

„Ich gedenke allen die ich überlebt habe. Jedem einzelnen.“

„Waren es viele?“

„Schon einige. Aber nur bei wenigen schmerzt es so sehr wie bei meiner Familie.“

„Hmm... Dinge die man nicht ändern kann.“

Der Vampir nickte.

„Aber vergessen sollte man sie nicht!“

„Manchmal wäre es besser.“

„Nein, wenn du sie vergisst, dann ist es doch, als hätten sie nie gelebt. Du würdest sie endgültig sterben lassen.“

„Du solltest wirklich langsam schlafen!“

Miles blinzelte hoch zu Quint.

„Das sagst du nur, weil ich recht habe!“

„Vielleicht“, bestätigte Quint mehr oder weniger Miles Aussage und strich ihm vorsichtig einige Haarsträhnen aus der Stirn. „Vielleicht ..“

Als Miles aufwachte, lag er auf dem Sofa im Haus. Neben ihm lag Chloe und schlief noch tief und fest. Quint musste ihn doch wieder zurück gebracht haben.

Aus der Küche hörte er das Geräusch von Geschirr und Rachel, die leise lachte. vermutlich über etwas das Kyle gesagt hatte. Miles fühlte sich schwer und er spürte ein Kratzen in seinem Hals. Hoffentlich hatte er sich nicht doch erkältet. Noch immer müde drehte er sich noch einmal um, vielleicht könnte er ein klein wenig weiter schlafen.
 

Ein sternenklarer Himmel, der Mond nur eine winzige Sichel. Bald schon war Neumond. Quint lag auf dem See und lauschte dem Wasser, das unter ihm und dem Eis Richtung Flussmündung strömte. Die perfekte Zeit zum Nachdenken. Auf dem Eis, im Schnee. Schnee. Vor ihm waren seine Erinnerungen, beinahe greifbar tanzten sie vor seinen Augen, so wie die Schneeflocken, die durch den Wind von den Ästen der Bäume zu ihm getragen wurden und auf ihn nieder fielen.

Jetzt schon war zu hören, dass er in wenigen Minuten nicht mehr alleine sein würde, denn da waren eindeutig Schritte. Selbst, wenn sie versuchten leise zu sein, konnte er sie hören. Vor allem einen recht lauten Typen, der sich aufspielte, als sei er der große Boss.

Der Vampir wartete ab. Dass sie ihn nicht sehen würden, war unwahrscheinlich. Genauso wie es recht unwahrscheinlich war, dass es sich bei den Halbstarken um Menschen handelte. Um diese Uhrzeit, so weit weg von der Stadt und jedem weiterem Ferienhaus. Vielleicht waren es die Jungs, die bei dieser Touristengruppe waren. Vom Alter her kam es hin und die Anzahl passte auch. Er würde es herausfinden, vermutlich schneller als ihm lieb war.

Also einfach nur abwarten ...
 

„Mist, der is überhaupt nicht tot“

„Hab ich dir doch gesagt!“

„Aber am Leben kann der auch nicht sein“

„Stimmt, kein Atmen, kein Puls ... Vielleicht ist Mani uns wohlgesinnt und wir haben hier ein kleines Spielzeug!“

„Oh bitte. Hör mal auf den alten Leif nachzumachen. Ich bin froh seine ewigen Geschichten nicht hören zu müssen.“

„Kann ja nichts dafür, dass du ihn nicht leiden kannst, weil du einfach nur schlecht bist in allem was er versucht dir beizubringen!“

„Der erzählt nur Schwachsinn! Mani und Skalli und Hati und Bla und Blubb...“

„Leute, können wir wieder zu dem hier zurück kommen?“

„Klar - was hast du vor?“

„Herausfinden ob wir wirklich Glück haben.“
 

Ein blonder Kopf kam in Quints Sichtfeld zum Vorschein. Ohne auch nur einmal zu blinzeln starrte er weiter in den Himmel.

Mit einem leichten Tritt wollte er die Aufmerksamkeit des Vampirs.

„Ey du!“, sagte er unfreundlich. „Los steh auf!“

Doch warum sollte er auf so einen hören?

Ein heftigerer Tritt.

„Ey Tinus, was wenn er wirklich einfach nur tot ist?“

„Würde er dann noch an einem Stück hier rumliegen? Dann hätte doch sicherlich schon irgendein Tier ihn als nette Mahlzeit benutzt.“

Ein weiterer Kopf, dieser mit dunkleren Haaren, kam Quint vor die Augen. Er ging in die Knie und hatte eine Hand schon gehoben, um einfach nachzuschauen, ob das da vor ihnen eine Leiche war, oder ein Vampir.

„Wage es nicht!“, sagte der Untote ruhig.

Wenn sie wirklich Werwölfe waren, dann nicht mehr als Welpen und die genossen bekanntlich Welpenschutz. Darum würde er ihnen wohl besser nichts tun. Schon allein, weil man sich da nicht nur einen Feind machte, sondern immer gleich das ganze Rudel.

„Ha! Sag ich es doch: Vampir - Lasst uns was nettes spielen!“

„Der sieht nicht so aus, als wäre er eine Herausforderung.“

„Das meinst du. Warte nur, bis wir ihn etwas bearbeitet haben. Dann wird er sich schon wehren. Und wenn nicht, dann können wir trotzdem behaupten, dass wir einen Vampir gekillt haben. Alleine! Was glaubt ihr, was die Anderen davon halten werden? Wir werden wie Helden gefeiert!“

„Und wenn er uns fertig macht? Wir sollen uns doch nicht mit Leuten anlegen, die wir nicht einschätzen können. Und falls euch das nicht aufgefallen ist, den da können wir nicht einschätzen.“

Die Jungs diskutierten, ließen jedoch Quint nicht aus den Augen.

„Passt auf“, beschloss dann der, der sich die ganze Zeit schon aufspielte. „Wenn ihr nicht mitmachen wollt, bitte! Dann mache ich es eben alleine.“

Kaum war der Satz beendet, traf auch schon ein weiterer Tritt den Vampir. Doch Quint rührte sich nicht. Noch war es kein bedrohlicher Angriff.

„Verdammt mach doch was du dämlicher Vampir!“

Mehr als ein Lächeln konnte der Kerl Quint damit nicht entlocken.

„Bist du tot oder was?“

„Ehm, streng genommen ist er das, also ist die Frage etwas blöde gestellt“, bemerkte einer von denen, die nicht im Sichtfeld des Untoten waren.

„Danke für diese tolle Information, Finn!“

Finn?

Quint fühlte sich das erste Mal dazu gezwungen sich aufzusetzen. Immerhin musste er nachsehen, wer da seinen früheren Namen trug.

Allerdings hätte er sich diesen Anblick auch ersparen können. Zumal er nicht wusste, wer von diesen drei Typen denn jetzt Finn war, waren sie alle nicht das, was er sich für seinen Namen vorstellte. Andererseits war es ja nur sein Spitzname.

„Sieh mal einer an. Der Herr Vampir kann sich doch bewegen.“

„Ja, Wahnsinn!“, erwiderte Quint nun. „Irgendwie muss ich ja auch hierhin gekommen sein, oder? Wobei ich gestehen muss, dass ich etwas eingefroren bin.“

„Wehrst du dich jetzt endlich? Sonst macht es keinen Spaß“

„Kleiner, wenn ich mich wehre seid ihr nicht mehr als Grütze. Das wollt ihr also nicht. Im Übrigen habe ich auch keine Lust darauf.“

Der Blondschopf regte sich auf. So würde er niemals als Held gefeiert werden können. Wütend wollte er auf den Vampir los gehen, doch die Anderen hielten ihn zurück.

„Also lasst mich jetzt in Frieden, ich habe zu tun!“, fügte Quint an und legte sich wieder auf das Eis um weiter in den Himmel zu schauen.

„Ahh“, schrie einer der Typen.

Quint konnte nur mutmaßen was sie vorhatten. In ihre Gedanken wollte er absolut nicht schauen.

„Hey!“

Plötzlich verstummte die kleine Welpengruppe, als eine weitere Person auf das Eis kam. Quint überlegte bereits wie stabil es wohl war und ob es alle diese Personen noch lange tragen könnte.

„Was macht ihr hier?“, fragte der Neuankömmling. „Müsst ihr euch benehmen wie wilde Tiere, wenn wir nicht zuhause sind?“

Quint tat vollkommen unbeteiligt, zumindest fand er, dass er es eigentlich auch war.

„Es tut uns leid, Eryk. Wirklich. Ilmar wollte nur das Talida stolz auf ihn sein kann, wenn wir zurück kommen“, versuchte einer ihr Vorhaben zu entschuldigen.

„Ab mit euch und wehe ich höre auch nur noch ein Wort!“
 

Die Jungs zogen ab und waren dabei tatsächlich mucksmäuschenstill.

Quint war versucht wieder aufzusehen, ließ es jedoch als der eben benannte Eryk sich neben ihn stellte.

„Eigentlich sollte ich mich ja bedanken, dass du ihnen nichts getan hast“, sagte er.

„Aber?“, wollte Quint wissen.

„Ich wüsste vorher gerne warum.“

„Warum was?“

„Wieso hast du sie nicht einfach fertig gemacht? Immerhin könntest du es.“

„Hm, ertappt!“ Der Vampir lehnte sich auf die Ellbogen um Eryk besser ansehen zu können. „Ich bin nicht hier, weil ich Streit suche, im Gegenteil suche ich eigentlich gerade Abgeschiedenheit und Ruhe.“

Leider schien es dieses Jahr irgendwie ein größeres Problem darzustellen.

Noch bevor Eryk etwas darauf erwidern konnte, hörten sie beide das Eis knacken. Quint zog lediglich eine Augenbraue hoch doch Eryk grinste.

„Na, das kann ja ein Spaß werden!“

In diesem Moment brach das Eis und verschluckte beide.
 

Zitternd, was für einen Vampir nicht unbedingt üblich war, ging Quint durch den Wald. Er war Kälte gewohnt, aber das war selbst für ihn zu viel. Die Arme hatte er fest um sich geschlungen auch wenn es keinerlei Verbesserung seines derzeitigen Zustands brachte. Durch das unfreiwillige Bad im See war er vollkommen durchnässt und die Temperatur hatte bereits einige seiner Haarsträhnen gefrieren lassen.

Trotzdem hatte er keinerlei Drang nach Hause zu gehen. Es war ihm dort zu voll und selbst Miles Anwesenheit konnte das nicht aufbessern.

Er brauchte einfach seine Ruhe, zumindest in der heutigen Nacht.

Nur Heute.

Doch schien alles und jeder dagegen zu sein!

Unbemerkt hatten seine Füße ihn doch bis zu seinem Haus zurück getragen. Quint öffnete die Tür zu dem kleinen Nebengebäude, in dem er sich seine kleine Bleibe eingerichtet hatte, und bekam einen Schwall von Wärme und, für seine Verhältnisse, blendendem Licht ab. Er blinzelte, da der plötzliche Temperaturanstieg ihm die Tränen in die Augen trieb.

Überall standen Kerzen, genug um das Gebäude in Brand zu setzen. Die Vier saßen in der Yakuzziartigen Wanne und hatten wohl viel Spaß, bis er die Tür aufgemacht hatte. Jetzt sahen sie ihn entsetzt an.

„Scheiße, Quint. Was ist passiert?“

Irgendwie fiel es ihm schwer seinen Mund zu bewegen, vielleicht wegen der Kälte.

„Bin ... in den See gefallen.“

Miles sprang förmlich aus dem Wasser, zog seine Short etwas höher und schloss erst einmal die Tür, die Quint vor lauter Erstaunen vergessen hatte. Auch Chloe kletterte heraus, sie trug einen Bikini, warum auch immer man so etwas auf einer Skihütte brauchte, um ihm ein Handtuch zu geben. Doch als sie spürte wie kalt Quint war, entschied sie sich anders.

„Zieh dich aus! Du musst dich aufwärmen, also komm mit zu uns in die Wanne.“

„Nein, schon ok. Ich leg mich einfach hin. Wird schon gehen.“

Doch bis auf Miles wusste keiner, dass er damit recht hatte.

„Kommt gar nicht in Frage. Los hilf mir Miles!“

Sie fing an seine Arme voneinander zu lösen um Quint die Jacke und anschließend das Oberteil auszuziehen.

Schweigend ließ Quint es über sich ergehen. Lediglich als Chloe seine Hose öffnen wollte, zuckte er leicht zusammen und hielt sie davon ab.

„Ich mach schon. Du frierst.“

Chloe sah nicht so aus, als würde ihr gefallen, dass sie nicht weiter machen durfte, doch sie ließ ihn gewähren.

„Aber beeil dich. Du hast schon ganz blaue Lippen.“

Hatte er das?

Konnte er solche, von Kälte verursachten, Anzeichen tatsächlich hervorbringen?

Er schaute zu Miles, der einen Platz für die nassen Sachen suchte, um sie aufzuhängen, damit sie trocknen konnten.

Wieso machten sie sich solche Gedanken um ihn?

Nun gut, bei Miles wusste er es. Aber Chloe, wieso sie?
 

Kyle und Rachel saßen weiter in der Wanne. Obwohl Rachel auch herausklettern wollte, doch Kyle hatte sie festgehalten und tat es noch. Den Grund dafür kannte er auch. Ohne das er irgendwelche Gedanken hätte lesen müssen.

Dieser Kyle war eindeutig an ihr interessiert und sie schien es zu genießen, dass er es war.

„Miles, Chloe, geht ins Warme!“, sagte er mit einem leichten, irgendwie nicht ganz autoritär klingenden, Befehlston. Also interessierte er sich weniger für Quints Gesundheit, was inzwischen auch klar war.

Miles schaute zu dem Vampir. Ein Nicken bestätigte ihm, dass er gehen sollte.

"Immerhin lebst du, Kleiner" drang es plötzlich in seinen Gedanken.

Mit einem bösen Blick bestrafte Miles Quint dafür, dass er sich wieder in seinem Kopf zu schaffen machte. Der Vampir wusste wie empfindlich er darauf reagierte!
 

Quint brauchte noch etwas Zeit bis er endlich im warmen Wasser saß. Das jedoch war wirklich erholsam.

„Du machst es ganz kalt“, grummelte Miles.

Der Vampir hatte sich neben ihn gesetzt und sank so tief in die nasse Wärme, das sein Kopf nur noch ab der Nase heraus schaute. Somit war das was er antwortete nur ein blubbern.

Kyle musterte Quint wieder. Er schien ihn mit jedem Treffen mehr zu verabscheuen.

„Wie hast du es geschafft in den See zu fallen?“, wollte er wissen.

Erst blubberte es wieder, bis Quint weit genug aus dem Wasser war.

„Das Eis ist eingebrochen!“

„Dann ist wohl das Schlittschuhlaufen Morgen gestrichen“, seufzte Chloe.

„Erstaunlich, dass du es alleine da wieder raus geschafft hast.“

„Ja, war aber gar nicht so schwer. Wenn man weiß wie.“

„Wieso? Ist dir das schon einmal passiert?“

Quint nickte, gab aber keine weitere Erklärung ab. Stattdessen streckte er sich und gähnte automatisch, bevor er wieder im Wasser versank.

Während Chloe, Rachel und Miles alle mit sich und ihren Getränken beschäftigt waren, wunderte sich Kyle über das was er da sah.

„Tut so etwas weh?“

Quint sah ihn fragend an.

„Das schleifen der Zähne. Warum hast du das machen lassen?“

„Die sind nicht geschliffen. Sie sind so, schon immer gewesen.“

„Natürlich!“

Die Anderen schauten nun interessiert zwischen den Beiden hin und her. Wobei Miles Blick länger auf Kyle lag, als wolle er ihn von weiteren Fragen abhalten.

„Ja. Warum sollte ich mir denn bitte meine Zähne schleifen lassen?“

„Naja, auch auf die Gefahr hin, das Miles mich dann wieder wütend anfährt: Wir haben dich bis jetzt immer erst nach Einbruch der Dunkelheit getroffen. Du hast angeblich eine spezielle Diät und isst darum nichts, trinkst nicht einmal was. Rachel hat mir von den Kontaktlinsen erzählt und dazu noch diese Zähne! Das führt mich zu dem Schluss, dass du sehr wohl Patient warst, als du Miles kennengelernt hast. Du glaubst ein Vampir zu sein, oder?“

Quint grinste.

„Um dich zu beruhigen: Nein, ich glaube es nicht! Meine Zähne waren schon immer außergewöhnlich lang, da habe ich nichts dran geändert, oder ändern lassen.“

„Außerdem benimmt er sich nicht wie jemand der glaubt ein Vampir zu sein. Die sind doch immer so komisch angezogen.“

„Gothic“, nuschelte Miles. „Für die is immer Halloween.“

„Genau!“, stimmte Chloe zu.

Rachel machte es sich an Kyle gemütlich und kicherte.

„Ich weiß, wieso du so verzweifelt etwas suchst um ihn schlecht zu machen“, sagte sie zu ihm aufschauend. „Ich hätte nicht sagen sollen, dass ich ihn süß finde.“

„Das hast du gesagt?“, fragte Chloe.

„Naja, nicht wortwörtlich. Aber ich denke es kam so rüber. Tut mir leid, Kyle. Wirklich! So war das nicht gemeint. Es war eher auf ihn und seine Freundin gemünzt. Sie sind zusammen richtig süß. Das meinte ich!“

Miles sank immer tiefer ins Wasser. Er hatte nicht vor an dieser Unterhaltung teilzunehmen.

„Wieso sagst du denn so was, wenn du doch weißt wie gerne er sich mit Leuten anlegt sobald er auch nur den Hauch eines Grundes hat?“

Während die Drei sich weiter unterhielten, hörte Quint draußen Schritte und Gerede.

„Oh nein!“, murmelte Quint.

„Was ist?“, fragte Miles neugierig.

„Ungebetene Gäste. Ganz schlechtes Timing, ganz schlecht.“

Die anderen Drei redeten weiter und bemerkten erst, dass etwas nicht stimmte, als Quint aus der Wanne stieg und hinaus ging - ohne sich vorher wieder etwas anzuziehen.

„Was macht er?

„Er wird sich da draußen den Tot holen!“

„Quint was hast du vor?“

Miles stand in der Wanne und sah aus als wolle er auch gleich hinaus rennen.

„Miles du bleibst hier!“, befahl Chloe. Sie wollte nicht, dass er sich erkältete, da er schon jetzt leicht heiser klang.

„Bleibe ich ja. Ich will trotzdem wissen was er vorhat.“

„Warum ist er überhaupt raus?“

„Er meinte, da sei jemand.“
 

Das warme Wasser hatte ihn so aufgeheizt, dass er nun dampfte als er sich den Halbstarken in den Weg stellte.

„Was wollt ihr hier?“

„Wo ist Eryk?“

„Was weiß ich? Er dürfte gut genug auf sich selber aufpassen können.“

„Er ist nicht zurück gekommen und da ist ein Loch im Eis. Was hast du mit ihm gemacht?“

„Nichts. Geht woanders suchen. Hier ist er nicht und ich kann auch nicht sagen wo er steckt.“

Die Jungs waren verunsichert. Zwar suchten sie ihren Anführer, nur wenn der Vampir vor ihnen wirklich Eryk etwas angetan hatte, dann waren sie nicht unbedingt in einer guten Position. So aufgeblasen wie am See waren sie also bei diesem Treffen erst einmal nicht.

„Wir können doch nicht ohne Eryk zurück“, nuschelte einer von ihnen.

„Geht zum See. Vielleicht ist er noch da, irgendwo. Das Eis ist unter uns eingebrochen, aber ich weiß, dass er auch wieder heraus gekommen ist. Nur wohin er dann gegangen ist, habe ich nicht drauf geachtet.“

„Aber wir waren am See. Da war er nicht.“

„Jungs, wie weit seid ihr mit eurem Training? Ihr müsst euch doch nur etwas konzentrieren und eure Instinkte benutzen. So schwer kann das doch nicht sein. Jetzt geht und kommt nicht noch einmal hierher, sonst habt ihr ein echtes Problem!“

Quint, noch immer leicht dampfend und nur mit einer Short bekleidet, blieb regungslos vor dem kleinen Grüppchen stehen und wartete ab.

Sie waren nicht ganz schlüssig über das was sie tun sollten und standen dort wie bestellt und nicht abgeholt.

„Geht ihn suchen! Er wird irgendwo auf dem Weg zwischen dem See und eurer Hütte sein, bestimmt. Ich bin, selbst ohne es zu wollen, nach Hause gegangen. So unterschiedlich können wir gar nicht sein.“

Einer der Jungen nickte.

„Ich würde auch nach Hause wollen. Nass, kalt... da will man doch einen heißen Kakao, oder nicht?“

„Also er da will bestimmt keinen Kakao, aber ich rieche da ein paar heiße Menschen, das ist vermutlich eher sein Fall.“

„Jungs! Macht eure Witze anderswo. Am besten bei der Suche nach Eryk.“

Die kleine Gruppe schauten sich fragend an. Sollten sie wirklich den Vampir ungestraft davonkommen lassen?

Aber wenn es Eryk wirklich gut ging, bis auf die Auswirkungen der Kälte, dann gäbe es auf jeden Fall Ärger.

„Ok, wir gehen. Aber wenn wir ihn bis Morgen nicht gefunden haben, dann kommen wir wieder!“, erklärte der, der am See schon die größte Klappe gehabt hatte.

„Und dann sind wir nicht alleine!“, fügte ein weiterer an.

„Ich freu mich riesig! Jetzt verschwindet endlich.“
 

Quint schaute dabei zu, wie die Jugendlichen im Wald verschwanden, bevor er sich dazu durchringen konnte wieder zurück zu Miles und seinen Freunden zu gehen. Er hatte ihnen wohl ein paar Fragen zu beantworten.

Vielleicht sollte er sich lieber ins Haus zurück ziehen und sich Sachen raussuchen um für den Rest der Nacht zu verschwinden. Immerhin war es sein ursprünglicher Plan, die ganze Nacht auf dem See zu verbringen. Leider hatte das unfreiwillige Bad ihm jede Lust darauf genommen und seine Gäste die ganze Zeit alleine zu lassen widerstrebte ihm auch ein wenig, zumindest nachdem sie sich nun wohl um ihn sorgen würden.

Das erste was er sah, als er die kleine Hütte wieder betreten hatte, war Miles. Angespannt saß er so, dass er die Tür sehen konnte, durch die der Vampir eben hereingekommen war. Die Anderen waren entspannter aber dennoch waren alle Blicke auf ihn gerichtet.

„Willst du dir den Tod holen? Es ist arschkalt da draußen und du rennst so raus?!“

Quint nickte nur schuldbewusst.

„Da waren ein paar Leute, die ich auch schon am See getroffen habe. Ich wollte nur, dass sie nicht stören.“

„Leute?“, fragte Chloe.

„Was ist da am See passiert?“, wollte hingegen Kyle wissen.

Doch Quint hatte nicht vor eine der Fragen zu beantworten und kletterte wieder in das warme Wasser.

„Wer war das da draußen?“, wollte nun auch Miles wissen.

„Niemand von Bedeutung. Lasst uns einfach wieder zum vorherigen Thema wechseln.“

„Ich denke das gefiel dir auch nicht.“

„Besser als das jetzt allemal. Also weitere Kommentare zu meinen Zähnen, zu Gen oder etwas anderem?“

Mit einem scharfen Blick schaute er zu Kyle um weitere Kommentare zu empfangen.

„Nein, jetzt gerade hab ich keine. Wenn dann interessiert mich eher was da am See passiert ist!“

„Da habe ich nichts zu zu sagen!“

Kyle machte ein Geräusch, das eindeutig als unfreundlich zu bezeichnen war, doch Quint war das vollkommen egal. Während er den Kopf schüttelte, um deutlich zu machen dass er keinen Ton mehr sagen würde, streckte Miles seine Hand nach ihm aus. Unter Wasser natürlich, damit keiner seiner Freunde etwas mitbekommen würde.

Er stupste gegen Quints Arm, bis dieser zu ihm sah. Statt etwas zu sagen, kratzte er sich an der Schläfe.

„Was soll mir das sagen?“ hörte Miles plötzlich in seinem Kopf.

Er mochte es nicht, wenn Quint in seinen Gedanken rumstöberte, doch jetzt ging es einfach nicht anders.

„Genau das! Wir wollen nur wissen ob alles in Ordnung ist. Oder sind wir in Gefahr? Du bist so schnell rausgegangen.“

„Es ist alles OK. Da sind lediglich ein paar Leute, die etwas an mir hängen. Für euch besteht keine Gefahr.“

Miles versuchte eine Augenbraue hochzuziehen, so wie er es bei einem Bekannten immer sah.

„Für uns nicht? Aber das hieße ja, für dich schon. Was sind das für Leute?“

„Werwölfe. Aber sie sind nur Welpen. Kein Problem.“

Miles Gesicht sprach Bände, was nun auch die anderen bemerkten.

„Ist was Schatz?“

Das Chloe Miles so nannte, war Quint neu.

„Hä? Ehm, alles gut, alles super. Ich war nur eben etwas.. abwesend.“
 

Am nächsten Nachmittag, kaum dass es dunkel genug war, watete der Vampir durch den inzwischen kniehohen Schnee hin zu seiner Hütte.

Es gab nur einen kleinen Weg, den die Vier bei ihren Wanderungen angelegt hatten. Quint folgte seinem eigenen, tief in den Wald.

Das dumme an diesem Wetter war, das er nicht einfach verschwinden konnte. Falls jemand seinen Spuren folgen würde, wäre es zu offensichtlich, wenn diese im Nichts enden sollten. Was nicht hieß, das er auf seine Art der Fortbewegung verzichtete.

Lautes Lachen, das aus dem Ferienhaus drang, ließ ihn stehenbleiben und lauschen. Von wem es war, konnte er gerade nicht sagen. Scheinbar hatten seine Gäste selber Besuch.

Als der Fremde wieder anfing zu sprechen fiel Quint ein woher er die Stimme kannte.

Schnell war er an der Tür und stand nur wenige Sekunden später im Flur.

„Eryk?“

„Hi! Quinti, ich wusste gar nicht, dass du so tolle Freunde hast.“

„Lass uns raus gehen!“

„Och komm schon, wir trinken gerade und haben so eine angenehme Runde. Setz dich doch dazu.“

Quints Blick wanderte zu Miles, der gemütlich auf einem Sessel saß, die Beine über die Lehne baumeln ließ und ein Glas Cola in der Hand hielt. Er war offensichtlich genauso interessiert an dem Werwolf wie die anderen. Wenn sie nur wüssten mit wem sie da redeten.

„Ich möchte aber gar nicht. Warum bist du hier?“

„Eigentlich wollte ich mich nur bei dir bedanken. Das Gestern mit den Welpen tut mir leid und ich bin ehrlich erstaunt, dass du so locker geblieben bist.“

„Welpen? Was für Welpen denn?“, wollte Rachel wissen. „Können wir sie sehen?“

„Nein, tut mir leid“, antwortete ihr Eryk.

„Schade. Die sind bestimmt niedlich.“

Quint war sich sicher, dass sie die sogenannten Welpen alles andere als niedlich finden würde, wenn sie jemals einen von ihnen zu Gesicht bekommen sollte.

„Können wir den Rest draußen besprechen?“

Eryk seufzte. „Na gut, ich seh schon...“

Dabei stand er auf um sich von seinen neuen Bekannten zu verabschieden und Quint hinaus zu folgen.

„Also, was willst du?“, fragte Quint etwas skeptisch der Anwesenheit des Werwolfes wegen.

„Genau das was ich sagte: Mich bedanken. Und entschuldigen, dass sie dir unnützerweise gedroht haben. Ich möchte wirklich keinen Ärger. Wir sind nicht hier um uns Feinde zu machen. Sie sollen die Welt kennenlernen und das was sie letzte Nacht getan haben gerade eben nicht tun. Wobei ich langsam glaube, dass sie ein mal so richtig fertig gemacht werden müssen, um das zu verstehen.“

„Wo reist ihr als nächstes hin? Ich könnte da bestimmt was einrichten!“

Eryk rieb die Hände aneinander bevor er sie in die Taschen steckte.

„Wir reisen weiter bis Seattle, dann nach Kanada hoch und über Alaska nach Russland um von dort zurück nach Norwegen zu kommen.“

„Wow. Da habt ihr euch ganz schön was vorgenommen.“

„Ach, geht. Es ist angenehm anstrengend und sollte wirklich mal von jedem gemacht werden.“

„Alles in allem war ich dort schon überall, nur nicht in der Reihenfolge.“

Eryk lachte.

„Wie viele Jahre hattest du denn schon um alles zu sehen? Ich hab nicht so große Erfahrungen im Einschätzen von Vampiren.“

Quint schüttelte den Kopf und lächelte dabei leicht. Dieser Werwolf war anders als die er bis jetzt kennengelernt hatte, was auch nicht sonderlich viele waren.

„Ist auch nicht einfach. Aber ich hatte schon genug Zeit - mehr als genug.“

„Dann hab ich da recht gehabt. Du könntest uns alle in die Tasche stecken, wieder rausziehen und wir hätten nichts bemerkt, was?“

„Könnte sein. Ich habe ganz ehrlich nicht mehr so den Drang mich anderen zu Beweisen. Aber für deine Kleinen dürfte es reichen.“

Eryk nickte und ließ seinen Blick schweifen, bis er am Haus hängen blieb.

„Sag mal, was hast du mit ihnen vor?

Fragend schaute der Vampir ihn an.

„Naja, die Menschen dort drinnen. Du wirst sie nicht töten, oder? Irgendwie machte es mir nicht so den Eindruck.“

„Nein, habe ich nicht vor. Auf keinen Fall.“

„Wegen dem mit dem Wuschelhaar, wie hieß er .. Miles?“

Quint zog eine Augenbraue hoch. „Wie kommst du darauf?“

„Ehm, ich mein nur. Seine Ausstrahlung hat sich geändert, als du rein kamst. Dachte das wüsstest du.“

„Ausstrahlung?“

„Ja, seine Körpersprache. Ich denke es lag an dir.“

Der Vampir war alles andere als erfreut darüber, das zu hören. Klar wusste er es, doch versuchte er normalerweise es zu ignorieren, nicht daran zu denken und Miles als einen einfachen Menschen zu sehen.

„Auch ohne ihn würde ich ihnen nichts tun.“

„Hm, aber ich liege richtig, dass da was zwischen euch läuft?!“

Neugierig legte Eryk den Kopf schief, was ihm, zusammen mit dem wissenden Grinsen, zum ersten Mal einen wirklich wölfisches Aussehen verlieh. Quint schüttelte den Kopf. Es war nicht einfach in Worte zu fassen und warum sollte er es ausgerechnet einem Werwolf erzählen?

„Ihr Vampire seit echt merkwürdig. Ihr habt ein so gut wie endloses Leben und nutzt es nicht einmal richtig aus“, fing Eryk an, doch Quint unterbrach ihn.

„Leb erst einmal so lange wie ich. Irgendwann gab es alles einfach schon einmal, es wird ... fade.“

„Und darum sucht man sich ein wenig“, nach dem richtigen Wort suchend tippte sich der Werwolf an das Kinn. „Abwechslung, Würze? Ach du weißt was ich meine!“

Nickend verschränkte Quint die Arme vor der Brust.

„Also, dann ist da was zwischen euch, richtig? Wirst du ihn ...“

„NEIN!“

„O..K. OK, empfindlich bist du auch noch.“

Quint sagte nichts sondern gab seinem Gegenüber nur einen drohenden Blick.

Eryk nickte, sein Grinsen bekam er jedoch nicht weg.

„Du solltest dich Mal sehen. Ein steinalter Vampir und du benimmst dich wie ein kleines Kind.“

Der Angesprochene war nicht gerade erfreut über die Wendung des Gesprächs. Wie eigentlich über sehr viele Gespräche in den letzten Tagen.

„Habt ihr euch eigentlich allesamt vorgenommen mir diese Nächte zu versauen?“

„Vielleicht ist es Schicksal? Jemand oder etwas will eben nicht, dass du alleine auf dem Eis liegst und dich einschneien lässt. Und vielleicht sind sie deswegen hier .. und ich – oh und ich kann wirklich nerven!“

„Ich merke es!“

„Und trotzdem versuchst du mich nicht zu töten, was ich übrigens sehr gut finde!“

„Das verwundert mich auch immer mehr.“

„Ach lass es einfach dabei. Mich bist du ja bald schon wieder los. Genaugenommen müsste ich dann auch mal wieder. Wobei, ich hab da drin noch ein Bier stehen. Nimmst du es mir übel, wenn ich das noch trinke bevor ich gehe?“

Quint zuckte mit den Schultern.

„Sie mögen dich doch scheinbar. Also mach.“

„Na, dann lass uns doch nicht so lang im Kalten stehen.“

„Ich komme nicht mit rein!“

Eryk sah ihn verwundert an, schüttelte dann jedoch lachend den Kopf.

„Ich sage es noch einmal: Schicksal! Misch dich unter die Lebenden. Vor allem, der Wuschelkopf würd sich bestimmt drüber freuen.“

„Darum ja. Er soll sich nicht zu sehr an mich gewöhnen.“

„Also, wenn du mich fragst: Zu spät! Und für dich gilt das gleiche! Nun komm schon, wir finden auch was, das du trinken kannst.“

„Ehm, Eryk .. Ich bin ein Vampir ich trinke da bestimmt nichts.“

„Schon einmal Bier mit Blut vermischt getrunken? Vielleicht verträgst du es. Ich kenne da einen ....“

Der Werwolf legte einen Arm um die Schultern des Vampirs und zwang ihn so wieder mit in das Ferienhaus.

Das könnte eine lange Nacht werden.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von: abgemeldet
2011-01-23T17:01:28+00:00 23.01.2011 18:01
Man... das Kap war lang.
Aber toll... sehr, sehr toll.
Aber das kam ja sicher in den Nachrichten schon rüber. *lol*
Herrje... ich mag die beiden. (Wortwiederholung... *piep*)
Meine Frage mit der Freundin hat sich nun erübrigt, aber eigentlich hätte ich mir schon denken können, dass Miles mit Chloe zusammen gewesen ist, auch wenn es ja selten vorkommt, dass man danach noch so dicke miteinander ist. Man sagt sich zwar immer, dann man befreundet bleibt, aber aus eigener Erfahrung kann ich behaupten, dass dem viellicht in zwei von zehn Fällen so ist. XD
Dabei hatte ich erst drei Beziehungen... egal. XD
Ich find das Vorhaben von Miles am Anfang echt böse. Läd der Gen ein, damit sie mit Quint rummacht, nur damit die anderen ihn nicht mehr für schwul oder komisch halten... also unseren süßen Vampir. Der arme Kerl muss da ganz schön was mitmachen.
Und wie die ihn einfach mal überzeugen, seine Hütte zu stürmen.
Also... dass er sich so einfach breit schlagen lässt, hätte ich nicht gedacht, wo dieser Ort doch eine Art Rückzug für ihn darstellt. Seltsam... irgendwie. Aber okay. Dort passiert ja reichlich. Das wäre nicht möglich gewesen, hätte er da nicht zugestimmt. XD
Was ich auch interessant finde, ist die Sache mit Kyle. Der kam anfangs gar nicht so rüber als würde er Quint so misstrauen, aber... Männer unter sich. Die denken ja immer irgendwie an Konkurrenz und man könnte das zwischen Miles und Quint ja schon so interpretieren, wie ich es die ganze Zeit tue und das könnte für nen langjährigen Freund schon ne verdammte Umstellung sein.
Herrje...
Gar nicht gut.
Aber noch ist er ja halbwegs ruhig. Also Kyle. Im Bad wird es dann zwar mal ein wenig heikler, aber okay... die Mädels haben ihn da ganz gut im Griff. XD
Die sind mir übrigens sehr symphatisch und das kann ich von den meisten weiblichen Charas, die man hier so antrifft, nicht behaupten...

Die Werwölfe sind auch sehr toll. Vor allem Eryk. XD
Obwohl ich jezze dummerweise den blöden Jacob vor Augen habe. >_< nur nicht mit schwarzen Haaren, sondern mit blonden. XD
Ich mein... wenn er aus Norwegen kommt. XD

Tjaja... was noch?
Ich fand das Gespräch zwischen Quint und Miles sehr schön. Die Szene allgemein... auf dem kalten Boden da. >_<
Dabei könnte man immer meinen, dass sich Vampire, weil sie ja schon so kalt sind, sich bei kaltem Wetter voll den Arsch wegfrieren, aber wahrscheinlich... ist das eher nicht der Fall.
Ich habe übrigens immer noch keine genaue Vorstellung von Quint.
Das ist irgendwie traurig. >_<

Sehr, sehr schön. hat mir bisher am besten gefallen, der OS. =)
Nicht nur wegen der Länge. Auch wegen dem was passiert. Man erfährt immer wieder ein bisschen mehr von Quint. Das ist toll.
Von:  Schreiberliene
2010-08-30T20:34:13+00:00 30.08.2010 22:34
Hallo,

also, es sind tatsächlich noch einige Fehler, manche auch ziemlich störend (Wie z.b. viel statt fiel) – hast du schon jemanden, der für dich drüber liest? Das könnte eine ganze Menge verhindern.
Dann…
Wieso kenne ich die Personen nicht? Irgendwie stört es mich, dass die Leute einfach so auftauchen oder Situationen entstehen, ohne dass ich als Leser weiß wie. Also, Gen jetzt.
Trotzdem bleibt es interessant und du schaffst es immer wieder, mein Interesse zu wecken. Die Werwölfe sind auch schön untergebracht, obwohl die Welpen etwas eindimensional bleiben.

Insgesamt hat es mir aber gut gefallen.

Liebe Schreibziehergrüße,

Anna

Von:  Evaleska
2010-05-18T06:52:50+00:00 18.05.2010 08:52
Hallo,
das ist doch mal was, das liest man gerne. Du hast da einige echt coole Passagen eingebaut und auch die Bemerkungen ("Du schläfst in der Badewanne?") sind teilweise wirklich klasse.
Irgendwie habe ich den Bezug zwischen der Verkupplung und dem Ferienhaus nicht verstanden, wenn es denn einen gab... Und die hast schon einige Kommafehler und öfters Fehler mit "das" bzw. "dass". Aber das stört hier wenigstens mal nicht ^^
Interessante Charaktere sind das. der Wechsel zwischen den Personen gefällt mir gut.
Das Ende lässt viel Raum für Spekulationen. Zweideutige Bemerkung das mit dem Bier.
Interessanter Umgang zwischen Menschen, Vampiren und Werwölfen. Es gibt keine wirklichen Außenseiter, sondern einen gesitteten Umgang (zumindest am Schluss :-P). Und deine Vampire sind auch nicht als Überwesen dargestellt, sondern als verletzliche Personen. Das machen meiner Meinung nach viel zu wenige. Endlich mal eine Geschichte, wo die sich nicht gegenseitig an die Gurgel gehen ^^
Sehr schön.
LG Lianora
Von:  HonjiHyuga
2010-02-18T08:53:55+00:00 18.02.2010 09:53
Also ich muss sagen deine Story hat eine sehr schöne Idee ^^

gefällt mir sehr gut auch eine angenehme länge sehr schön ^^

lg Honji Hyuga ^-^


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