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Tales of the Firefly

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Verloren im Geäst

Verloren im Geäst
 

I seem forsaken and alone,

I hear the lion roar;

And every door is shut but one,

And that is Mercy's door.

(William Cowper)
 

Es war als hätte man seinen Kopf in eine Kaffeemühle gesteckt und ihn zermürbt. Unter der Schädeldecke pochte und hämmerte es so sehr, dass er nicht wagte die Augen zu öffnen oder sich in irgendeiner Weise zu bewegen, um sich weiteren peinigenden Momenten auszusetzen. Eine Brise flog über seinen Körper hinweg und hinterließ einen lindernden kühlen Abdruck auf seinem Gesicht. Ein Rauschen drang an seine Ohren, das Knacken von Ästen, während ihre Blätter mit dem Wind spielten. Saftige Grashalme kitzelten seine Fingerspitzen mit denen er sich vorsichtig voran tastete. Er hatte die Wüste hinter sich gelassen.

Und mit dieser Erkenntnis öffnete er schließlich doch die Augen und blickte in kräftige Baumkronen und ein Meer aus grünen Blättern, die das Tageslicht vor ihm versteckten.

Der Schmerz ließ keineswegs nach, doch etwas anderes fesselte seine Aufmerksamkeit, während er sich aufrichtete und er ein leises bekümmertes Schluchzen vernahm. Und mit dem Weinen der zusammengekauerten Gestalt, die zu seinen Füßen hockte, kamen auch die Erinnerungen zurück. An den Sand, an den Angreifer, an das Tor, dessen Pforten sich schlossen, an Terriermons Lächeln, bevor es sich dem Gegner noch einmal zuwandte.
 

„Lopmon, warum weinst du“, wisperte er, während sich eine bangende Ahnung in seine Glieder schlich und das kleine Digimon sein Gesicht beschämt hinter den großen, braunen Ohren versteckte, so dass nur noch die drei Hörner auf seiner Stirn hervorlugten, während der kleine Körper unter Schluchzern bebte und sich schüttelte.

Vorsichtig kniete er sich vor seinen Digimonpartner und nahm das Gesicht in seine Hände. Die schwarzen Kugelaugen waren wässrig und spiegelten sein verdrecktes Gesicht und die Wunde, die über seiner Stirn verlief wider.

„Warum weinst du?“, flüsterte er abermals und versuchte das Zittern in seiner eigenen Stimme zu unterdrücken, auf eine Antwort wartend, die seinen Verdacht nicht bestätigen, seine Angst nehmen würde. Lopmon öffnete den Mund, doch kein Laut drang hervor, stattdessen nahm der Schmerz wieder zu, er durchzuckte ihn, als hätten sich tausende Nadeln in seinen Rücken gebohrt.

„Wo ist Terriermon?“, brachte er mit brüchiger Stimme hervor.

„Es hat es nicht geschafft, es ist zurück um den Gegner aufzuhalten, damit wir es bis zum Tor schafften.“

„Warum hast du ihm nicht geholfen, Lopmon?“, presste er zwischen zusammen gebissenen Zähnen hervor. „Warum…“

„Du warst verletzt Wallace, das Digimon hat dich mit einer Attacke erwischt und ich konnte das Tor nicht länger halten, nicht allein. Wallace, ich hatte solche Angst um dich…“ quiekte Lopmon und er nahm es in den Arm und strich ihm über das Köpfchen. Es war seine Schuld. Er hatte sie dazu gebracht, ihre Kräfte für das Tor aufzubrauchen und jetzt war Terriermon…
 

„Wir müssen zurück in die Digiwelt, Lopmon, wir müssen Terriermon finden.“ Er richtete sich auf und griff nach seinem Rucksack, ungeachtet der Schmerzen, die wie Blitze seinen Rücken durchfuhren.

„Wir haben sie nie verlassen“, flüsterte das Digimon, ohne Anstalten zu machen, sich in Bewegung zu setzen.

„Wie…?“

„Ich hatte nicht die Kraft dazu, uns in deine Welt zu bringen, Wallace, ich habe es versucht, aber ich bin nicht über dieses Waldstück hinaus gekommen.“ Müde ließ sich Lopmon auf den Rücken fallen. Die langen Schlappohren von sich gestreckt blickte es nun ebenfalls zu den Bäumen hinauf, zwischen deren Holz sich dichte Nebelschwaden drängten und sie von der Außenwelt abschotteten. Er hatte die kondensierte Luft vorher kaum wahrgenommen, aber vielleicht nahm der Nebel sie auch erst jetzt war und breitete sein undurchsichtiges Gewand über sie aus.

„Aber wo sind wir dann?“ Fragend wandte er sich an Lopmon, das nach wie vor auf dem Boden lag und die Augen geschlossen hielt. Es schüttelte nur den Kopf.

„Ich weiß es nicht.“ Und abermals kam eine leise Entschuldigung über Lopmons Lippen, während der seinige Blick das Geäst und Gestrüpp nach einer Orientierungshilfe abtastete.
 

„Ihr seid in Misty Trees gelandet“, hallte urplötzlich eine Stimme aus der Ferne. Lopmon sprang auf und brachte sich in Kampfposition, während er versucht, der Stimme einen Träger zuzuordnen. Und langsam leuchtete eine tonfarbene Mähne auf und unter buschigen Augenbrauen musterten sie durchdringende eiserne Augen. Zwei riesige Pranken, mit schwarzen Lederarmbändern besetzt, packten ihn am Kragen und schon hingen seine Füße in der Luft. Er versuchte sich loszureißen und konnte aus den Augenwinkeln erkennen, wie Lopmon dem Angreifer entgegen sprintete. Er selbst konzentrierte sich auf die Löwenmähne, die ihn gefangen hielt und versuchte dem mit Reißzähnen versehenen Maul keine Beachtung zu schenken.

„Was hat ein Mensch in dieser Gegend zu suchen“, knurrte sein Gegner misstrauisch und beäugte ihn abermals, während er ihn langsam wieder auf den Boden setzte, die Pranke aber nicht von seinem Hals nahm. Lopmon befand sich mittlerweile im Schwitzkasten eines kleinen, roten Drachens, auf dessen Rücken rot-blaue Flammen tanzten.

„Glaubst du, ich bin hier freiwillig gelandet?“, brachte er zwischen zwei raschen Atemzügen hervor und versuchte sich aus dem Griff zu winden. „Wir waren auf der Flucht und sind nur notgedrungen hier gelandet. Aber sobald du uns frei lässt, werden wir dir nie wieder unter die Augen treten.“ Er versuchte seine Wut über die ausgelieferte Lage zu unterdrücken und ließ seine Engelszungen sprechen, um den Gegner von seiner Nichtigkeit zu überzeugen. Doch dessen Miene blieb weiterhin nachdenklich.

„Menschen und Digimon reisen normalerweise nicht zusammen, es sei denn, du bist einer von ihnen“, brummte das löwenartige Digimon und ließ seinen Blick mit zusammengekniffenen Augen zu seinem Gürtel wandern, wo das Digivice schwach aufleuchtete. „Ich kenne diese Sorte von Menschen. Ihr nennt euch Ritter. Vor langer Zeit bi

n ich einigen von euch begegnet. Sie waren etwas grün hinter den Ohren, aber trugen ihr Herz am rechten Fleck. Und kämpfen konnten sie...” Es gluckste bei dem Gedanken an vergangene Zeiten. „Ja kämpfen konnten sie wirklich.” Und ließ ihn endlich wieder frei.

Auch das andere Digimon ließ nun von Lopmon ab, so dass er erleichtert aufatmete und mit zurückgekehrtem Mut sprach: „Ja, ich bin ein Digiritter, aber du hast nichts vor mir zu befürchten. Ich hab definitiv nicht die Absicht zu kämpfen.“ Er zupfte an seinem Hemdkragen und richtete sich wieder auf.
 

„So, so.“ Grübelnd strich sich das Digimon über die Mähne. „Wie heißt du, nicht kämpfender Digiritter?“ Zögernd musterte er seinen Gegenüber, der ihm körperlich weit überlegen war, weshalb es unklug gewesen wäre, ihm nicht zu antworten.

„Wallace.“

„Wallace, so, so. Ich bin Leomon.“ Mit einem schwungvollen Griff hielt er seine Hand zwischen den riesigen Pfoten und schüttelte sie. Verwirrt wanderten seine Augen zwischen dem nun wesentlich freundlicheren Leomon und Lopmon hin und her, auf der Suche nach einer passenden Erklärung für das Verhalten des Digimon, doch auch Lopmon schien sprachlos zu sein.

„Was führt dich dann hier her, Wallace, wenn du nicht kämpfen willst?“, unterbrach Leomon das verwirrte Schweigen. Er sah in die Augen des Löwen. Sie waren klar und spiegelten Stärke wider. Keine Bosheit oder Verschlagenheit.

„Ich bin auf der Suche nach einem Freund. Terriermon.“ Irgendwas sagte ihm, dass er dem Fremden vertrauen konnte, zumal er auch kaum eine Wahl besaß.

„Wir wurden angegriffen und auf der Flucht haben wir uns verloren. Plötzlich war Terriermon nicht mehr da und wir fanden uns inmitten der Bäume wieder. Und dann seid ihr zwei auch schon aufgetaucht.“, fasste er ihre Geschichte zusammen.

„Hast du es vielleicht gesehen?“ Ein kleines, kindisches Pflänzchen der Hoffnung keimte in ihm auf und schon hatte er die Frage gestellt.

Leomon drehte sich zu seinem roten Gefährten um.

„Hast du das gehört, Elecmon.“ Das andere Digimon trat nun näher an ihn heran, während Lopmon ihn nicht aus den Augen ließ. Die großen Pupillen betrachteten ihn prüfend. Doch er konnte noch etwas anderes in Blick des roten Drachendigimons erkennen.

„Elecmon hat auch jemanden verloren. Dabei trafen wir aufeinander und ich versprach ihm zu helfen.“ Klärte Leomon ihn auf und tätschelte dem anderen Digimon – Elecmon – tröstend den Kopf. Und er wusste, was er in den Augen Elecmons gesehen hatte.

Traurigkeit.
 

„Alles ging so schnell“, flüsterte der kleine Drache, dessen Flammen nun nur noch halb so stark zu glühen schienen. „Die Menschenwelt fiel in sich zusammen und wir suchten ein Tor, um in Sicherheit zu gelangen. Doch bevor wir uns versahen, versperrte uns eine Horde von Blossomon den Weg. Sie droschen mit ihren Dornenpranken auf uns ein, ich versuchte Maria zu beschützen, doch dann brachen abertausend Steinlawinen über uns herein und als ich zu mir kam, war ich allein. Sie hatten Maria mitgenommen. In der Menschenwelt fand ich sie nicht, also kehrte ich hierher zurück und landete in Misty Trees. Quasi direkt vor Leomons Füßen.“

Die klaffenden Wunden, die Elecmons Körper übersäten erzählten von dem Angriff der Blossom und zeigten den Schmerz, den das alleingelassene Digimon empfinden musste. Er schluckte, ob es nun auch Terriermon so ging? Allein und auf sich gestellt. Vielleicht verletzt, oder schlimmer…

„Ich hörte von Gefangenentransporten. Vielleicht ist Terriermon auch dabei“, übernahm Leomon das Sprechen abermals. „Wenn ihr wollt, könnt ihr euch uns anschließen.“
 

Author’s Note:

Nach einer Weile endlich ein neues Kapitel. Schlafstörung und das Leben hielten mich davon ab schneller zu schreiben, aber hier sind wir nun. In Misty Trees. Wie versprochen gibt es in ToF wesentlich digimon-lastigere Kost und es freut mich sehr, dass nun endlich genug Platz für sie ist. Noch mehr freut es mich, euch auch Leomons Geschichte genauer zeigen zu können. Eines meiner Lieblingsdigimon, das in FoD und ZA zwar erwähnt wird, aber selber nie auftritt, zumindest nicht im ansprechbaren Zustand. Wallace ist nun also in der Digiwelt und wir werden sehen was ihn und seine Gefährten dort erwartet.

Bis dahin

PenAmour.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2010-02-01T15:54:00+00:00 01.02.2010 16:54
Wer wirft dir denn so einen Mist vor? o.O
Ich kenne kaum eine FF, in der jemand mit so viel Mühe und Detailverliebtheit an einer Storyline arbeitet als deine Reihe.

Und ich muss zugeben, dass ich eigentlich kein großer Fan von Fortsetzungen bin. Da diese meist eh nie an das Original heran kommen. Am schlimmsten ist es (wie zum Beispiel auch bei Digimon 02 geschehen), wenn die Fortsetzung eigentlich nicht geplant war. xD

Aber ich sehe ToF, ZA, etc eigentlich eher als Erweiterungen, die einfach wichtig sind um die Story richtig zu verstehen. :)


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