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Die Nebelhexe

Formori-Chroniken I
von

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Nachspiel

Hinweis:

Bevor ihr dieses Kapitel lest, möchte ich euch darauf hinweisen, dass ich Liams Familienhintergrund geringfügig verändert habe. Falls ihr die Kapitel ab 12 nach dem 12.09.2011 gelesen habt, könnt ihr diesen Hinweis getrost überspringen. Wenn nicht, dann wäre es vielleicht besser, wenn ihr noch einmal einen kurzen Blick in die Steckbriefe von Liam, Bláthín und Hepzibah werft. Im Spoilertag 'Änderungshinweis' steht, was sich geändert hat. Es ist nichts wirklich Gravierendes, aber es wäre vielleicht günstiger, um spätere Verwirrungen zu vermeiden ;)

Damit ihr euch aber nicht versehentlich für dieses Kapitel spoilt, indem ihr nachseht, aktualisiere ich auch alle anderen Steckbriefe erst in einer Woche oder so.

Aber jetzt endlich viel Spaß beim Lesen :D
 

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22. Nachspiel
 

Nachdem seine Tante und Morana ihn aus der Küche verbannt hatten, obwohl er eigentlich nur spülen hatte helfen wollen, hatte sich Constantin grummelnd einen seiner Texte geschnappt und war nach draußen gegangen. Es war klar, dass er wohl kaum Möbel durch die Gegend schieben konnte – wie sich sehr deutlich während des Aufräumens der Folgen des Gegenfluches gezeigt hatte – aber er war nun wirklich nicht mehr so schwach, dass er keine Tasse abtrocknen konnte.

Allerdings schien er niemanden davon überzeugen zu können. Noch nicht einmal Lochan.

Anfangs hatte er Schwierigkeiten, sich auf seinen Text zu konzentrieren, weil seine Gedanken immer wieder zu Layla schwenkten und den ominösen Ort, an den sie mit ihrem Vater und Phobos gegangen war. Wenn er ihren Blick richtig gedeutet hatte, dann hatte sie vor, ihm alles zu erklären. Trotzdem konnte er sich nicht davon abhalten, zu spekulieren, bis ihn schließlich doch sein Text vereinnahmt hatte.

Als es gegen Mittag immer heißer wurde, war Constantin sehr froh, dass die Bank und der Tisch, an denen er saß, unter einem Baum standen, der zwar nicht besonders hoch war, aber dafür eine riesige Baumkrone besaß. Bevor Constantin von Bláthín unterrichtet worden war, hatte er noch nicht einmal gewusst, dass es Sturmlinden überhaupt gab und jetzt saß er unter einer. Jedoch erwähnten seine Texte auch, dass diese Lindenart nur an Orten, die an einer magischen Quelle lagen, zu finden war und ihre Blätter Gifte neutralisierten.

Im Laufe des Vormittags hatten sich sowohl Laylas Großeltern als auch Sybille zu ihm an den alten, verwitterten Holztisch gesellt. Constantin blieb schleierhaft, wie seine Tante bei diesem Wetter immer noch langärmlige Rollkragen-Pullover tragen konnte ; er starb schon fast mit seinem leichten Verband unter seinem T-Shirt. Wahrscheinlich war es bei seiner Tante einfach eine Gewohnheit, die sie nicht ablegen konnte. Soweit er sich erinnern konnte, hatte er sie nie in etwas anderem als einem Rollkragen oder einer langen Bluse und einem weiten Rock gesehen.

Während Constantin gebannt war von den vielen Funktionen, die ihm die gemeine Distel bislang verschwiegen hatte – zum Beispiel, dass Werwölfe vom Pulver der getrockneten Pflanze niesen mussten, während ihr Sud den Biss der Schattennatter linderte – unterhielten sich Morana, Lochan und Sybille über mögliche Schutzzauber, die sie in Zukunft auf ihren Grundstücken zu verwenden gedachten.

Wenn Constantin etwas las, das ihn interessierte, war es außerordentlich schwer, ihn abzulenken, sodass ihn die leisen Gespräche nicht im Geringsten störten. Allerdings hatte er auch genau deswegen Phobos, Clancy und Layla erst bemerkt, als sie schon fast bei ihnen waren. In ihm machte sich ein bislang unbekannter Neid breit, als er Phobos‘ in der Sonne glänzende Haare erblickte. Normalerweise war es ihm vollkommen egal, wie die Haare von anderen Leuten – vor allem die von anderen Männern – aussahen, solange sie nicht offensichtlich hygienisch vernachlässigt wurden, aber Phobos‘ Haare waren einfach… schön.

Erst als die drei näher kamen, bemerkte Constantin ihre Mienen: Layla wirkte verwirrt und immer noch nicht ganz ausgeschlafen, als sie versuchte ein Gähnen zu unterdrücken, während Clancy missmutig die Arme verschränkt hatte und Phobos gerade die Augen verdrehte.

„Wer ist Jack Freeks?“, hörte Constantin Layla fragen, als sie in Hörweite kamen.

Clancy schoss Phobos einen dunklen Blick zu.

Morana drehte sich zu ihnen mit gerunzelter Stirn um. „Was habt ihr mit Freeks zu schaffen?“

„Er war auch in der Bar“, meine Clancy mit knirschenden Zähnen.

Bar? Freaks? Worum geht es überhaupt?

Constantin verstand nur Bahnhof. „Wer ist ein Freak?“

„Ein Profiauftragskiller“, antwortete zu seiner Überraschung seine Tante und nippte seelenruhig an ihrem Tee, als wäre es das Normalste der Welt über Profikiller zu reden. „Und es heißt ‚Freeks‘ mit Doppel-E.“

Layla drehte sich perplex von ihrem Vater zu Phobos. „Jetzt echt?“

Clancy überging sie geflissentlich und wandte sich an Phobos. „Es hätte wer-weiß-was mit dem Kerl passieren können! Und du hast Layla mitgenommen, obwohl du wusstest, dass solche Typen dort verkehren?!“

„Woher kennst du Profikiller?“, fragte Constantin seine Tante baff.

„Ich bin ein gutes Medium“, meinte sie nur bescheiden und Morana lachte laut und amüsiert auf.

„Clancy, die Bar ist eine neutrale Zone. Niemand wagt auch nur den Gedanken daran, irgendeinen Mist dort anzustellen. Außerdem droht keinem hier Gefahr von Jack Freeks“, bemühte sich Phobos ruhig zu erklären, aber Constantin konnte sehen, dass er sich anstrengte, um nicht doch eine wütende Antwort zu geben.

„Wie kannst du dir da so sicher sein?“, fragte Clancy regelrecht fassungslos.

„Weil seine Schwester mich mag“, entgegnete Phobos mit zusammengezogenen Brauen. „Meistens zumindest.“

„Seine Schwester?! Was zum Geier hat seine Schwester hiermit zu tun?“

„Ich wusste gar nicht, dass er eine hat“, kam es von Morana verwundert, aber leise.

„Naja, du hast ihr eben die Hand geschüttelt“, erklärte Phobos mit einer weit ausholenden Geste.

Sowohl Clancy als auch Layla starrten ihn vollkommen überrumpelt an.

Was?! D-die Autorin?“, kam es stockend von Clancy, als es scheinbar ‚klick‘ machte. Constantin hatte aber immer weniger Ahnung, worum es gehen könnte, allerdings sahen auch Laylas Großeltern nicht viel wissender aus. Nur seine Tante wirkte nicht verwirrt, aber laut ihrer eigenen Aussage war sie ja ein gutes Medium.

„Nur damit ich das richtig verstanden habe: Die Autorin und dieser Killer sind Geschwister?“ Layla wirkte mehr als nur skeptisch.

„Genau“, nickte Phobos, nun sichtlich an ihrer perplexen Reaktion erfreut.

„Was für Leute kennst du eigentlich?“

Wie zu erwarten, grinste Phobos außerordentlich breit.

„Schön und gut; die beiden sind Geschwister“, ergriff Clancy das Wort, als er sich scheinbar wieder gefangen hatte, „aber das heißt noch lange nicht, dass Freeks keinen von uns umlegt, wenn er eine Lkw-Ladung Geld bekommt.“

„Doch“, erwiderte Phobos mit einem Mal ernst, „genau das heißt es. In der Bar-“

„Moment, Moment!“, schaltete sich Morana ein und sah von einem zum anderen. „Könnt ihr uns vielleicht endlich erklären, was es mit dieser ‚Bar‘ auf sich hat? Ich bekomme langsam Kopfschmerzen…“

Laut Phobos Erklärungen war ‚Thompson’s Bar‘ ein Ort, an dem man Antworten auf gewisse, speziellere Fragen bekommen kann, auch wenn es sich allem Anschein nach wirklich um eine Bar handelte. Wenn man die Bar fand, konnte man natürlich einfach etwas zu trinken bestellen, oder aber die Stammgäste nach spezielleren Informationen fragen, an die man auf andere Art und Weise niemals gekommen wäre, während der Barkeeper jedoch kein Wort über die Lippen zu bringen schien. (Layla warf jedoch ein, dass seine Gläser sehr ausdrucksstark zu quietschen vermochten.) Die Stammgäste wurden niemals bei ihrem Namen genannt, sondern nur mit ihren jeweiligen Berufsbezeichnungen angesprochen: Cop, Maler und Autorin. Allerdings klang es auch so, als würde Phobos selber häufig in dieser Bar anzutreffen zu sein…

„Die schiere Masse an Informationen, die dort über den Tresen geworfen wird, ist so gewaltig, dass man sie auf gar keinen Fall unterschätzen darf“, sagte Phobos, nachdem auch er Clancy und Layla sich an den Tisch gesetzt hatten. „Wissen ist wortwörtlich Macht. Wir erfahren oder wissen Dinge, die nicht jeder – in einigen Fällen besser niemand – kennen sollte; auch über einander. Also sind wir übereingekommen, dass wir niemals etwas gegeneinander unternehmen oder gegen unsere Familien. Die einzigen beiden Ausnahmen wären, wenn einer von uns die anderen verrät oder wir selbst gewissen Personen unseres Umfeldes diesen Schutz entziehen. Also, da ihr praktisch meine Familie seid, seid ihr sicher vor Freeks. Die Autorin würde ihm das Leben zur Hölle machen, wenn er auf dumme Gedanken käme, wie zum Beispiel einen entsprechenden Job anzunehmen.“

„‘Wir‘? Das klingt so, als würdest du dich als fester Bestandteil der Bar sehen?“, fragte Constantin schließlich.

„Tue ich auch“, entgegnete Phobos nonchalant mit der Schulter zuckend. „Ich habe durchaus noch ein anderes Leben neben Katzenfutter und Wollknäulen, welche mich nebenbei nie sonderlich interessiert haben, geführt. Mal im Ernst, was soll dieser Mist mit Katzen und Wollknäulen?!“

Phobos sah fast so aus, als wollte er einen Vortrag über den Missbrauch von Katzen durch Wollknäule halten, als Layla ihn unterbrach.

„Dann… heißt die Autorin auch ‚Freeks‘?“

„Hm? Oh, nein.“ Phobos schüttelte den Kopf. „‘Jack Freeks‘ ist an sich ein Codename. Und selbst der Name, unter dem ich die Autorin kenne, ist nicht ihr richtiger; genauso wenig, wie der des Malers. Und ihre Künstlernamen lauten auch wieder anders.“

„Oh.“ Layla klang fast ein bisschen enttäuscht. Constantin vermutete, dass sie vorgehabt hatte, den Namen nachzuschlagen. Das wäre zumindest das Erste gewesen, was er versucht hätte.

„Zumindest scheinen diese Bar-Leute gut in ihrem… Beruf zu sein“, meinte Lochan und richtete seinen Blick auf den schwarzen Ordner, der vor Layla lag.

„Mehr oder weniger“, sagte Phobos. „Aber sie haben wahrscheinlich alle Register gezogen, die sie hatten.“

„Das klingt aber nicht sonderlich erfreut“, warf Morana skeptisch ein und griff nach dem Ordner. Als sie ihn irgendwo in der Mitte aufschlug, schossen ihre Augenbrauen in die Höhe. „Ist das van Harlochs Unterschrift?!“ Augenblicklich lehnte sich Lochan zu seiner Frau hinüber, um ebenfalls den Inhalts Ordners betrachten zu können.

Wieder breitete sich ein breites Grinsen auf Phobos‘ Gesicht aus. „Schon möglich.“

Lochan sah verblüfft aus, als er wieder aufblickte. „Also man kann nicht sagen, dass deine Freunde keine Ressourcen haben…“
 

„Der Barmann trägt wirklich eine Wrestlermaske?“, fragte Constantin.

Layla sah von ihrer Wasserschüssel auf und schmunzelte. „Ja, wirklich.“

„Mit einer Aussparung für seinen Iro?“

Sie lachte auf. „Ja.“

„Und der Klavierspieler kann alles spielen?“

Sie saßen sich im Schneidersitz gegenüber im Gras unter der Sturmlinde und Layla erstattete ihm einen außerordentlich ausführlichen Bericht über Thompson‘s Bar, während Constantin seine Hände über das Gras gleiten ließ und Layla das Wasser in einer Schüssel vor sich zum Tanzen brachte. Die Grashalme folgten jeder seiner Bewegung in der Windstille.

Sie waren mittlerweile alleine, denn alle anderen sichteten entweder die Informationen, die sie in der Bar erhalten hatten, oder waren wieder einmal damit beschäftigt Essen zuzubereiten. Constantin bekam langsam das Gefühl, dass Laylas Familie immer aß.

„Ich bin mir ziemlich sicher, ja.“ Als sie grinste, funkelten ihre Augen. „Sein Imperial March klang schon mal sehr authentisch.“

„Der Imperial March klingt bei jedem authentisch; selbst bei mir“, warf Constantin ein.

Sie sah ihn skeptisch und amüsiert zugleich an. „Du kannst Klavier spielen?“

„Spielen würde ich das nicht direkt nennen… Eher ‚Instrumentvergewaltigung‘“, entgegnete er trocken und vollkommen von seinen Fähigkeiten überzeugt. Sein Vater hätte niemals die unglaublich blöde Idee haben sollen, ihn zum Klavierspielen zu zwingen. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Ohren meines Vaters noch heute bei der Erinnerung daran bluten.“

Layla konnte sich einen kurzen, prustenden Lacher nicht verkneifen, bevor sie aber schließlich den Kopf schüttelte. „Aber ehrlich mal, ich frage mich echt, wie man solche Leute kennenlernt.“

Constantin musste schmunzeln. „Frag Phobos. Allerdings glaube ich, dass Leute mit seinen Haaren alles erreichen…“

„Ja, seine Haare! Den Verdacht hatte ich auch schon. Ich entwickele langsam wirklichen Neid und den unweigerlichen Wunsch nach langen schwarzen Haaren…“

Constantin warf ihr einen trockenen Blick zu. „Naja…“

„Es würde furchtbar aussehen, ja“, stimmte sie ihm zu und nickte geschlagen, aber tapfer. „Damit werde ich wohl leben müssen.“

Dennoch lachten sie beide auf.

„War van Harloch nicht ein Wächter oder sowas?“, fragte Constantin nach einer Weile.

„Ja. Ich glaube sogar ein Bewahrer“, antwortete Layla.

„Also ich weiß grade ehrlich nicht, ob ich die Insassen aus Thompson’s Bar cool finden oder vor ihnen Angst haben soll…“

Wieder lachte sie und stimmte ihm nickend zu. „So geht es mir auch. Auf der einen Seite sind die total Banane im Kopf und wollen sich einen Dalek in die Bar stellen, aber dann kommen sie einfach so an geheime Bewahrer-Dokumente und uralte, französische Tagebücher!“

„Einen Dalek? Wirklich?“

„Ja, aber leider haben der Maler und die Autorin die Diskussion gegen Thompson verloren.“

„Schade. Daleks sind so viel cooler als Cybermen.“

„Finde ich auch.“

Mit einem schiefen Grinsen auf den Lippen beobachtete er wie Layla den unteren Teil ihrer Wasserschüssel gefrieren ließ und aus dem oberen ein Männchen formte, das darauf Schlittschuh fuhr.

„Ich kann ja verstehen, dass es überhaupt nichts bringt“, meinte Constantin, als er per Magie einige feine, abgestorbene Wurzeln aus dem Boden hervorholte, „wenn wir mit ihnen diese ominösen Dokumente durchgehen, weil uns die Hälfte ohnehin nichts sagt und wir eh die ganze Zeit nachfragen müssten, was wahrscheinlich kontraproduktiv wäre.“ In Gedanken begann er die Wurzeln zu verformen. „Aber ich will trotzdem wissen, was drinsteht.“

„Ich auch.“ Sie blickte ihn an, scheinbar, um noch etwas zu sagen, doch dann zog sie ihre Stirn in tiefe Falten. „Was machst du da eigentlich?“

„Einen Hut“, antwortete er und hielt das kleine Kunstwerk aus abgestorbenen Wurzeln hoch. Er verspürte doch ein wenig Stolz bei dem Anblick.

„Einen Hut?“

„Genau, einen Hut.“

„Wofür?“

„Damit der Schlittschuhläufer nicht mehr nackt ist.“

„Aber der ist eine Schlittschuhläuferin.“

Constantin sah sie tadelnd an. „Du lässt hier einfach eine nackte Frau Schlittschuh fahren, wenn dein Vater jeden Moment rauskommen könnte? Schäm dich.“

Er beugte sich zu der kleinen Figur hinunter, die mittlerweile angehalten hatte und ihm den ebenso kleinen Kopf entgegenstreckte. Vorsichtig setzte er ihr den winzigen Hut auf. Die Figur stand noch einen Moment auf dem Fleck, als Layla sie überrumpelt anstarrte. Als sie sich wieder gefangen hatte, ließ sie die kleine Figur wieder über das Eis gleiten.

„Wenn du nicht willst, dass die Figur nackt ist, warum gibst du ihr dann einen Hut und keine Jacke oder eine Hose?“, fragte sie die Figur anstarrend.

„Weil… die zu lange zum Anziehen brauchen“, sog er sich einen Grund aus den Fingern.

„Natürlich“, entgegnete Layla gedehnt und ironisch. Doch bevor sie etwas anderes sagte, runzelte sich ihre Stirn, als ihr Blick sich auf etwas über Constantins Schulter richtete.

„Was?“, wollte er wissen und drehte sich zu schnell um, sodass er als Strafe für sein unüberlegtes Handeln ein unangenehmes Ziehen in der Brust verspürte. Auch wenn die Wunde gut verheilte, würde er noch eine ganze Weile seinen Spaß an der Verwundung, die ihm der Dullahan hinzugefügt hatte, haben.

Jedoch als er die Frau unweit von ihm stehen sah, vergaß er für einen Moment zu fluchen.

Aygül war keine zehn Meter von ihnen entfernt und als sie auf ihn und Layla zukam, wehte ihre beige Robe im Wind. Constantin benötigte einen Augenblick, um zu realisieren, dass ihre Robe tatsächlich in einer Sandwolke endete, die fein wabernd hinter ihr herschwebte. Ihr Gesicht wirkte ernst und der Ausdruck wurde auch nicht durch ihre straff zurückgebundenen Haare gelindert. Aber vielleicht ein bisschen durch das Sandwich in ihrer Hand.

Das letzte Treffen mit Aygül, an das Constantin sich aktiv erinnern konnte, lag schon einige Wochen zurück; der Beginn der Ferien, als er und Layla die seltsame Hütte im Wald erneut hatten erkunden wollen und dort nicht nur auf Aygül und Roland getroffen, sondern auch das erste Mal von Formori überrascht worden waren. Zwischen Tür und Angel hatte er von Bláthín und Lochan erfahren, dass sie ebenfalls hier gewesen war, als der Dullahan seine Mini-Armee aus Nebelschatten zum Angriff hierher geführt hatte, und sie auf ihrer Seite gekämpft hatte. Constantin hatte sie zwar nicht gesehen, aber er war zugegebener Maßen auch nicht besonders lange am Kampf beteiligt gewesen. Er glaubte Lochan zwar, dass Aygül auf ihrer Seite war, doch war sie immer noch keine Person, die er gerne sah. Schlechte erste Eindrücke lassen sich selten leicht beheben.

Nachdem Aygül einen großen Bissen ihres Sandwiches heruntergeschluckt hatte, war sie schließlich bei Constantin und Layla angekommen. Wie in stummer Absprache hatten sich beide aus dem Schneidersitz erhoben; scheinbar traute auch Layla der Wächterin noch nicht ganz über den Weg. Die Schüssel zu ihren Füßen war wieder nur mit Wasser gefüllt und ein kleiner Hut schwamm auf dessen Oberfläche.

Aygül nickte ihnen zur Begrüßung zu, aber verlor kein weiteres überflüssiges Wort. „Layla“, sagte sie sofort ernst, „wo ist dein Vater? Ich muss mit ihm reden, es ist wichtig.“

Layla runzelte verwundert die Stirn, doch sagte nichts Herausforderndes. „Drinnen“, antwortete sie stattdessen.

„Danke“, erwiderte Aygül grimmig und wandte sich raschen Schrittes in Richtung Wohnhaus. Layla warf ihm einen argwöhnischen Blick zu, den Constantin mit einem nicht ganz so angenehmen Schulterzucken erwiderte. Diese wenigen Gesten waren alles, was sie an Diskussion aufbrachten und sie beeilten sich, um nicht hinter Aygül zurückzubleiben.

Als sie sie eingeholt hatten, hatte sie bereits an der Hintertür zur Küche geklopft und ein überraschter Liam hatte ihr die Tür geöffnet. Scheinbar war er mit seiner Mutter und seiner Schwester zum Kaffee vorbeigekommen, ohne dass weder Constantin noch Layla etwas davon mitbekommen hatten. Constantin hörte gerade noch die Aygül ernst darum bat mit Clancy sprechen zu dürfen, bevor dieser auch schon mit einem fragenden, aber zugleich grimmigen Ausdruck auf dem Gesicht an Liam vorbei auf den Hinterhof trat. Constantin hatte eine ungute Vorahnung.

„Der Entwurf ist gerade durchgekommen“, berichtete Aygül ohne irgendwelche Präambeln. „Ich bin zwar so schnell gekommen, wie ich konnte, aber ich weiß nicht, wie viel Zeit wir haben, bis sie hier sind oder auf welche Art und Weise sie sich Geltung verschaffen wollen.“

Als Antwort darauf fluchte Clancy leise, aber dafür von Herzen.

Constantin gefiel die ganze Angelegenheit immer weniger. Außerdem hatte er keine Ahnung, worum es ging. Noch ein Grund mehr um es, was auch immer ‚es‘ war, nicht zu mögen. Allerdings schien er nicht der Einzige zu sein; Layla und Liam sahen so verwundert aus, wie er sich fühlte.

„Was für ein Entwurf?“, fragte Bláthín als sie neben ihren Sohn trat.

„Geht es um die Wächter?“, kam es von Layla.

Aygül zögerte und Constantin konnte sehen, wie sie mit sich haderte, als sie Clancy einen unruhigen Blick zuwarf. Als ihr alter Lehrmeister missmutig nickte, begann sie zu erklären.

„Der Rat der Bewahrer und Wächter hat eine Bestimmung erlassen, die dafür sorgen soll, dass junge Druiden nur noch von offiziellen Wächtern oder von ihnen sanktionierten Lehrern ausgebildet werden können. Sie wollen sich damit das Lehrmonopol verschaffen und gleichzeitig Spaltgruppen wie zum Beispiel die Söldner entmachten. Indem sie auch verlangen, dass jeder private Lehrmeister nur noch einen Schüler haben darf, wird auch unterbunden, dass Geschwister gleichzeitig von ihren Eltern unterrichtet werden.“

„Das wird sich die magische Bevölkerung doch niemals gefallen lassen!“, warf Sybille regelrecht entrüstet ein.

„Das hoffe ich“, meinte Aygül düster. „Aber die Wächter sind in den letzten zehn Jahren immer militaristischer geworden… ich bin mir sicher, dass sie irgendetwas Ungutes verbergen. Es gibt so einige Ungereimtheiten.“ Ihre Stimme klang verbittert und zornig zugleich.

„Das geht doch viel zu sehr in das Privatleben und die eigne Entscheidungsfreiheit“, warf Liam ein. „Das schränkt zu viele persönliche Rechte ein.“

„Nicht, dass ich es nicht wertschätzen würde, dass du uns warnst, Aygül“, sagte Bláthín, „aber warum kommst du sofort zu uns? Wir sind nur eine kleine Gruppe, um die man sich normaler Weise erst sehr viel später kümmern würde. Vor allem hätten wir auch im Notfall genügend Lehrmeister.“

Wieder zögerte Aygül und warf Clancy einen weiteren Blick zu. Er wirkte zerknirscht und rollte mit einer Schulter. Constantin war sich sicher, dass Clancy den Grund wusste, weshalb Aygül hier war, aber ihm dieser Grund ganz und gar nicht gefiel.

Als Aygül wieder das Wort ergriff, klang sie entschuldigend. „Weil der Entwurf von Flynn ausging.“

Sowohl Liams als auch Bláthíns Gesicht versteinerte sich augenblicklich. Selbst Bláthíns Lippen waren blass, als sie ihren Bruder mit aufgerissenen Augen geschockt ansah.

Scheinbar ist dieser Flynn-Typ hier nicht sonderlich beliebt.

„Warum…“, begann Bláthín und klang ein wenig vorwurfsvoll.

„Was hätte ich dir denn sagen sollen?!“, kam es ärgerlich von Clancy. Es war offensichtlich, dass er noch mehr sagen wollte, doch ein Geräusch ließ ihn inne halten.

„Aaygüüül !“, ertönte ein tiefes, unmenschliches Grollen.

Clancys Blick schnellte augenblicklich nach oben und auch Aygül wandte sich herum. Beide sahen auf einen flüchtigen Blick hin nicht sonderlich beunruhigt aus, aber hielten eine Spannung im Körper, die Constantin an große Raubkatzen bei der Jagd erinnerte.

Die beiden waren mit ihrer Reaktion nicht alleine gewesen.

Alle Anwesenden hatten sich angespannt der knurrenden Stimme zugewandt.

Constantin sah, wie ein riesiger, brauner Wolf um die Ecke des Hauses kam. Die Brust des Untieres hob und senkte sich schnell, als sei es im Sprint von weither gelaufen und hatte erst am Haus angefangen zu bremsen. Seine gelben Augen waren auf Aygül fixiert, die kühl zurückstarrte. Constantin bewunderte sie widerwillig für ihre Selbstbeherrschung; er selbst hatte eine trockene Kehle bekommen und verspürte trotzdem den unbedingten Wunsch zu schlucken.

„Was ist, Roland?“, erwiderte sie gelassen. „Kann ich noch nicht einmal alte Bekannte besuchen, ohne dass du mich überwachst?“

Roland?! Dieses Biest ist Roland? Der Kerl, der mehr Bart als Mann war?

„Scheinbarr habe ich zurrecht so gehandelt“, knurrte Roland . Seine Stimme klang kehlig und rau, als sei sein Kehlkopf nicht für das Sprechen, sondern für andere, primitivere Laute gedacht. Auch Constantins Runenring vermochte nicht über diese Begleiterscheinung hinwegzuhelfen. „Khaum wendet man dirr den Rrühcken zu, machsst du Dummheitenn.“

„Weil dieser Erlass vollkommen hirnrissig ist! Dass musst du doch auch merken!“, entgegnete sie wütend.

„Pass auff, wass du sagsst“, erwiderte der Wolf und seine Augen verengten sich gefährlich. „Du klingsst wie eine Sseparratisstinn!“

Der Himmel hatte sich mit einem Mal zugezogen und ein kalter Wind blies über das Gelände. Constantin tauschte einen raschen Blick mit Layla aus; auch ihr schien die ganze Angelegenheit nicht zu gefallen. Scheinbar unbewusst trat sie von einem Fuß auf den anderen.

„Wag es ja nicht mir zu drohen, Roland!“ Auch Aygüls Augen verengten sich zu Schlitzen. „Wenn es bedeutet, nicht hinter kontrollfetischistischen Erlassen zu stehen, dann bin ich lieber eine Separatistin, als wie ein toter Fisch mit dem Strom zu schwimmen.“

Wolf-Roland sah sie einige Augenblicke an, ohne etwas zu sagen. Sein Wolfsgesicht war etwas gänzlich Neues für Constantin und er hatte keine Ahnung, was in Rolands Kopf vor sich ging.

„Na, er wird sich denn hier streiten?“, ließ eine weitere unbekannte Stimme vernehmen. Constantin konnte aber weit und breit niemanden sehen, dem die Stimme gehören konnte.

Bis sich sein Blick auf einen kleinen Luftwirbel richtete, der sich nicht unweit von Wolf-Roland gebildet hatte. Der Wirbel wurde zunehmend größer und der Wind stärker, bis sich in seinem Inneren etwas zu verdichten schien. Es dauerte nicht lange, bis Constantin einen Körper im Herzen des Miniaturtornados ausmachen konnte.

Keine zehn Sekunden später begann sich der Wind zu legen und ein Mann trat aus dem Wirbel heraus. Er war groß gewachsen, von ansehnlicher Statur und schien seinen schwarzen Gehstock nicht als Fortbewegungshilfe bei sich zu tragen. Sein dunkler Anzug war in einer Constantin unbekannten Mode geschneidert worden und ein goldenes Emblem zierte sein Revers, während er ein dunkles Clipboard unter dem Arm trug. Seine grauen Augen wirkten eisig und die straff zurückgekämmten, braunen Haare wurden an den Schläfen bereits grau. Der unbekannte Mann schien sich zwar in Form zu halten, doch Constantin schätzte ihn dennoch auf etwa fünfzig.

Keiner der Anwesenden machte sich die Mühe den Mann zu begrüßen, noch nicht einmal Roland.

Es dauerte eine Weile bis Clancy schließlich als Erster das Wort ergriff. „Was willst du hier… Flynn?“, fragte Laylas Vater ausgesprochen ruhig, auch wenn er einige Augenblicke verstreichen ließ, bevor er den Namen sagte. Nichts hätte Constantin in diesem Moment mehr beunruhigen können, als ein ‚ausgesprochen ruhiger‘ Clancy. Er hatte gelernt, dass der Gemütszustand ‚ausgesprochen ruhig‘ bei Clancy selten etwas Positives war.

Constantin hielt es für außerordentlich unwahrscheinlich, dass dieser Mann nicht der Urheber dieses ominösen Erlasses war. So viele Zufälle gab es sicher nicht auf einem Haufen. Außerdem warf ihm Bláthín Blicke wie Messerstiche zu.

Flynn verzog seine Miene nur minimal, als Clancy seinen Namen nannte, und trat schließlich an Roland so achtlos vorbei, als sei er ein zahmer Schoßhund und kein zwei Meter großer Werwolf mit einem äußerst fragwürdigen Charakter. Flynns Lächeln war so eisig wie seine Augen und durchzogen von Arroganz, als er sich Clancy und somit auch allen anderen näherte, die mittlerweile aus dem Haus geströmt waren.

„Wie Macar“ – er nickte Aygül zu – „dir sicher schon mitgeteilt hat, ist kürzlich ein Edikt vom Rat bewilligt worden“, erklärte Flynn gelassen. „Alle jungen Runendruiden werden fortan von Wächtern ausgebildet. Es gibt keinen Heimunterricht von unqualifizierten Lehrkörpern mehr und jeder Nicht-Wächter muss sich über eine Prüfung durch den Rat qualifizieren. Ich bin lediglich hier, um die künftigen Lehrmeister zuzuteilen.“

„Hilf mir doch freundlicher Weise auf die Sprünge; inwiefern bin ich denn bitte nicht dafür qualifiziert jemanden auszubilden?“, wollte Clancy kühl wissen. „Ich meine mich daran erinnern zu können, dass ich genau das für fast fünfzehn Jahre gemacht habe. Für den Rat, möchte ich hinzufügen.“ Seine Stimme hatte sich keinen Augenblick angehoben, aber die unterschwellige Herausforderung wurde dennoch mehr als deutlich. „Ich denke, ich kann durchaus drei Jugendliche handhaben.“

Aus der Nähe konnte Constantin sehen, wie ein wütender Ausdruck kurz über Flynns Gesicht huschte, auch wenn er sich fast augenblicklich wieder fing.

„Das mag vielleicht sein, aber du darfst nur einen Schüler unterrichten und keine drei“, erwiderte Flynn. „Und du bist kein Wächter mehr.“ Der letzte Satz hatte in Constantins Ohren einen harten Nachklang.

Constantin schien heute auf dem Schlauch zu stehen, denn er realisierte erst jetzt, wer diese ominöse dritte Person war, von der Clancy und Flynn redeten, als Flynn nach einem sehr langen Blick in Laylas Richtung zu Hepzibah hinübersah.

Clancys einzige Reaktion bestand darin die Augen zu verengen.

„Nicht zu vergessen; was ist mit Bláthíns… Tochter, sobald du dich wieder nach Deutschland verkriechst?“ Constantin war sich ziemlich sicher, dass das Wort, mit dem Flynn Hepzibah eigentlich betiteln wollte, wesentlich unschöner als ‚Tochter‘ war. „Wer wird sie unterrichten? Es wäre für euch doch wesentlich einfacher, wenn ihr die drei einfach bei den Wächtern auflisten würdet, oder nicht?“

„Eher befreie ich die Göttin der Dunkelheit eigenhändig“, zischte Bláthín fast und zog Hepzibah näher an ihre Seite.

Schon fast zu Constantins Überraschung stellte sich Liam ebenfalls schützend vor sie und sah Flynn mit glühenden Augen an. „Bevor ich meine Schwester zu deinen Leuten lasse, friert die Hölle zu!“

„Deine Schwester?“ Flynn klang regelrecht erzürnt. „Ich muss mich wohl verhört haben!“

„Sie ist mehr meine Schwester, als du mein Vater!“, presste Liam düster zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

Nun war Constantin wirklich überrascht. Die Situation schlug nun eine Wendung ein, die er nicht wirklich erwartet hatte. Ein Blick auf Laylas geschocktes Gesicht, sagte ihm, dass auch sie nicht gewusst hatte, wer genau Liams leiblicher Vater war. Selbst Hepzibah sah erstaunt aus. Etwas musste mit Flynn ordentlich schief gelaufen sein, wenn er noch nicht einmal in der Familie erwähnt worden war. Sowohl Clancy als auch Bláthín ignorierten ihre Töchter und begnügten sich damit Flynn düster anzustarren.

„Was nichts an der Tatsache ändert, dass sie einen offiziellen, von den Wächtern zugelassenen Lehrmeister braucht“, entgegnete Flynn unbeeindruckt. „Also, wen soll ich aufschreiben?“

„Mich“, sagte zu Constantins erneuter Überraschung Aygül. Wenn man Flynn etwas zugutehalten musste, dann war es die Tatsache, dass er seine Perplexität rasch mit einem neutralen Ausdruck überdeckte. Als er sich ihr aber zuwandte, breitete sich ein feines, aber keineswegs freundliches Lächeln auf Aygüls Lippen aus. „Ich bin mir ziemlich sicher, wenn ich deinen unhöflichen Bengel von einem unfähigen Schüler beaufsichtigen kann, kann ich sicher auch die Tochter einer exzellenten Heilerin ausbilden.“

Bevor irgendjemand etwas einwerfen konnte, hatte Bláthín schon „Einverstanden!“ gesagt. Eher zerknirscht schrieb Flynn Aygüls Namen auf sein Clipboard.

„Und dann wohl McCambridge für McCambridge Junior?“, meinte er fragend, obwohl er keine wirkliche Antwort zu erwarten schien, und wollte gerade zum Schreiben ansetzen.

„Nein“, unterbrach ihn Clancy. „McCambridge für Morgenthal.“

Flynn sah ihn zweifelnd an.

„Ich unterrichte Layla“, ertönte zum ersten Mal Phobos Stimme.

Flynn wandte sich um und sah wahrscheinlich zum ersten Mal in seinem Leben den langhaarigen Kerl, der im Türrahmen erschienen war. Kein Wunder bei Phobos‘ pelziger Vergangenheit.

„Und Sie sind?“, fragte Flynn mit hochgezogenen Brauen und ein spöttelnder Unterton schlich sich in seine Stimme. Er schien der Meinung zu sein, dass er jeden, den er für einen qualifizierten Lehrmeister hielt, zu kennen glaubte. Wie auf Kommando begann nun Roland zu knurren.

Phobos grinste regelrecht bösartig. „Frag deinen Schoßhund, wenn du mich selber schon nicht erkennst.“

„Cait Ssith!“, grollte der Große Böse Wolf.

Flynns Augen weiteten sich einen Moment vor Schock.

„Wenn du, ach so großer Häuptling, der du diesen Mist von einem Edikt verzapft hast“, erklärte Phobos mit einer regelrecht sinister wirkenden Fröhlichkeit, „der Meinung bist, dass ich irgendwelche Tests machen soll, bevor ich jemanden unterrichten darf, dann will ich dich nur außerordentlich freundlich darauf hinweisen, dass ich bereits Magie gewirkt habe, als dein Großvater noch nicht einmal daran gedacht hat, seine Windeln zu besudeln.“

Er grinste nur noch breiter und seine Augen funkelten unheilverkündend, als er näher an Flynn herantrat. Flynn war ein verhältnismäßig großer Mann, doch Phobos überragte ihn immer noch um einige Zentimeter und er musste den Blick heben, um Phobos in die Augen sehen zu können. Je näher Phobos Flynn kam, desto mehr wich die Fröhlichkeit aus seiner Stimme und die subtile Drohung wurde nur offensichtlicher, als er die Stimme senkte, aber seinen Mund weiterhin dieses verstörende Lächeln zierte.

Constantin war sich in diesem Moment nicht sicher, ob dieses ganze Gebaren gespielt war oder ob Phobos wirklich Freude dabei empfand, wie sich der Wächter metaphorisch vor ihm wand.

Selbst Roland hatte mittlerweile aufgehört zu knurren.

Die Bedrohlichkeit der Situation, die Constantin einen Schauer den Rücken hinunterjagte, legte sich schlagartig, als Phobos Flynn unerwartet freundschaftlich auf den Arm klopfte und seine Lippen sich wieder zu einem nicht ganz so düsteren Grinsen verzogen.

„Aber da du kleiner Wicht und der Rat der superbesten Freunde ja ohnehin dafür sorgt, dass sich jedes Mitglied der magischen Gemeinschaft möglichst nicht euch anschließt, sind wir, die arme, unglückliche Bevölkerung, ja vor nicht ganz so subtilen Kontrollversuchen geschützt! Schön eigentlich“, meinte Phobos wieder mit derselben verunsichernden Fröhlichkeit.

Memo an mich: Niemals einen Streit mit Phobos anfangen!

„Johnathan“, raspelte Lochan schließlich, ehe Phobos fortfahren konnte. Er klang ruhig und im Vergleich zu den meisten anderen höflich, was seiner finalen Autorität keinen Abbruch tat, als er seinen Blick auf Flynn richtete. „Ich denke, du hast bekommen, was du wolltest, daher bitte ich dich zu gehen. Du bist auf meinem Land nicht mehr willkommen.“

Mit einem Kopfnicken bedeutete Flynn Roland, den Rückzug anzutreten. Der riesenhafte Wolf sah Aygül noch einmal mit seinen gelben Wolfsaugen an, ehe er sich umwandte und der Anordnung Folge leistete. Als das Trommeln seiner Tatzen leiser wurde, drehte sich Flynn noch ein letztes Mal um und warf dem alten, auf seinen Stock gestützten Mann noch einen Blick zu, bevor er sich, mit bitteren Zügen um den Mund, abwandte und wieder in einem Wirbel aus Luft verschwand.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: Futuhiro
2011-09-30T20:57:13+00:00 30.09.2011 22:57
Aaargh ... ich bin platt ...

Okay, erstmal sorry, daß ich so lange zum Lesen gebraucht habe. Bin die letzten Tage einfach nicht dazu gekommen. - Und ich hab was verpasst, wie ich nun feststellen musste ^^
Gott, Phobos wird immer genialer, ich mag ihn immer mehr. Allerdings hatte ich ihn mir nicht so groß vorgestellt. Ich hab ihn mir so 1,65m oder 1,70m vorgestellt, aber in dem Kapitel klang er wie 2 Meter.
Bei Aygül weis ich immer noch nicht, was ich von ihr halten soll. Manchmal kommt sie mir direkt cool vor, aber dann kommen immer wieder so Andeutungen, daß sie doch nicht ganz koscher ist. Naja, das verfolge ich weiter. ^^ - Und die will jetzt Hepzibah unterrichten? Ach so, darf ich aus der Story eigentlich schließen, daß Hepzibah einen anderen Vater hat als Liam? Das wäre ja auch ein interessanter Ansatzpunkt für weitere Fragen. Wer weis, was ihr leiblicher Vater dann für einer ist, und was der so auf dem Kerbholz hat. ^^
Layla hat ihr Element ja inzwischen gut unter Kontrolle. Die Szene mit der Figur in der Wasserschüssel fand ich schön.
Unterm Strich bin ich jetzt jedenfalls gespannt, was es mit dem ominösen Erlass auf sich hat, bzw. was genau die damit eigentlich erreichen wollen. Als hätten die Ärmsten mit dem Dullahan und allem noch nicht genug Sorgen.


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