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Adventszauber

[Adventskalender 2009]
von  Autorentraining

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Kapitel 22: 22. Türchen - Fullmetal Alchemist

22. Türchen von Ditsch



„Hey, Fullmetal!“
Edward schreckte hoch.
„Was tust du hier, Mustang?“, fragte er missmutig und legte das Buch beiseite, in dem er bis zu dem Moment gelesen hatte. Der Blick des Colonels, der gerade die Bibliothek betreten hatte, wanderte kurz zum Buchtitel, dann sah er den jungen Alchemisten an.
„Ich habe von Sheska erfahren, dass ihr beide hier seid“, erklärte Roy kurz.
„Haben Sie uns gesucht?“, fragte Alphonse, Edwards jüngerer Bruder, dessen Körper nur aus einer Rüstung bestand, erstaunt.
Roy bedeutete sie mit einer leichten Bewegung seines Kopfes, aus dem Fenster zu schauen. Die Sonne war schon untergegangen und da die Straße nur mit wenigen Laternen ausgestattet war, hoben sich nur die Schneeflocken, die im Wind sanft hin- und herschaukelten, vor dem schwarzen Hintergrund ab.
„Oh! Es schneit!“, rief Alphonse begeistert. Die beiden Brüder waren so in ihre Recherchearbeit versunken gewesen, dass sie nicht bemerkt hatten, dass die ersten Flocken schon vor mehrern Stunden gefallen waren.
Dennoch zeigte Edward sich unbeeindruckt und fragte Roy grummelnd: „Was soll damit sein?“
Roy sah ihn nur schweigend an, so als wäre es offensichtlich, was er meinte. Als er keine Anstalten machte, zu antworten, und der Blonde schon den Mund öffnete, um sich über sein Verhalten zu beschweren, erklärte Riza, Roys äußerst loyale Untergebene, die gerade von allen unbemerkt neben den Colonel getreten war: „Übermorgen ist Weihnachten. Möchtet ihr nicht nach Hause fahren? Pinako-san würde sich sicher freuen. Und Winry-chan auch!“
Als die Sprache auf die blonde Kindheitsfreundin von Ed und Al kam, blickte ersterer schnell in eine andere Richtung, denn er spürte, wie er errötete. Sie hatten sich tatsächlich schon lange nicht mehr bei ihr gemeldet...
„Sheska sagte, ihr wärt schon den ganzen Tag hier. Wollt ihr sie etwa noch länger belästigen?“, fragte Roy und sah die Jungen streng an. Dann drehte er sich auf einmal um und ging mit großen Schritten auf die Tür zu.
„Nun gut, ich habe zu tun.“
Riza sah ihm mit einem missbilligenden Blick hinterher und schüttelte den Kopf. „Das ist so typisch“, sagte sie, als er aus dem Raum war. „Um andere kümmert er sich, auch wenn er es nicht zugeben will, aber sich selbst gönnt er keine ruhige Minute.“
Edward stand auf. „Sagen Sie ihm, dass wir noch heute Abend nach Resembool aufbrechen werden.“
Dies brachte ihm überraschte Blicke sowohl von Riza als auch von Al ein. Dennoch nickte sie und sagte: „Ich werde es ihm ausrichten. Entspannt euch und grüßt Winry-chan von mir!“
Edward salutierte grinsend. „Zu Befehl, Lieutenant Hawkeye!“

„Na, das ist aber eine Überraschung!“, rief Pinako mit einem breiten Lächeln im Gesicht aus, als sie Ed und Al die Haustür öffnete.
„Wir dachten, wir kommen mal vorbei“, sagte Alphonse.
„Das ist ja nett von euch. Kommt rein!“
Das ließen die beiden sich nicht zweimal sagen, auch wenn es hier längst nicht so kalt war wie in der Hauptstadt. Denn die Kälte kroch Ed trotzdem unter den dünnen Mantel, und selbst Al fühlte sich nicht wohl, da sein Körper bei diesem Wetter immer so schwerfällig wurde.
„Ich mache eben einen Kakao warm. Winry kommt sicher auch gleich, sie ist kurz ins Dorf gegangen, um ein paar Weihnachtseinkäufe zu tätigen.“
Einen glücklichen Seufzer ausstoßend ließ Edward sich auf einen der Stühle im Esszimmer fallen. Er hatte ganz vergessen, wie entspannend es doch war, zu Hause zu sein. Wenn sie unterwegs waren, mussten sie ständig auf der Hut sein, durften sich keine Pause erlauben, keinen Hinweis, wie sie vielleicht ihre Körper zurückbekommen konnte, unerforscht lassen.
Erst jetzt fiel dem jungen Alchemisten auf, wie erschöpft er eigentlich war. In den letzten Tagen hatte er kaum geschlafen, weil er einer interessanten neuen Idee auf der Spur gewesen war. Nun fielen ihm fast die Augen zu und er musste sich konzentrieren, um nicht vom Stuhl zu fallen.
„Geht es dir gut?“, fragte Alphonse, der natürlich sofort bemerkt hatte, dass etwas mit ihm nicht stimmte.
„Bin ein bisschen müde, kein Grund zur Sorge“, murmelte Ed. Als Pinako ihn nun auch ansah und den Mund öffnete, um etwas zu sagen, stand er - ein wenig genervt von dem ganzen Mitgefühl - schnell auf und sagte: „Ich leg mich eine Weile hin.“
Sie fragte noch etwas, doch das nahm er gar nicht mehr wahr, da er vor Müdigkeit bereits in einen tranceartigen Zustand verfallen war.

„Großer Bruder, schau nur!“
„Hmm?“, grummelte der nur, als er von Als freudigem Ruf geweckt wurde.
„Guck doch mal raus!“
Widerwillig hob er seinen Kopf - und musste erstmal die Augen zusammenkneifen, so sehr wurde er von der weißen Welt vor dem Fenster geblendet.
Seufzend blickte Al hinaus. „So viel Schnee hatten wir schon lange nicht mehr, nicht wahr?“
„Was weiß ich...“, murmelte Ed und drehte sich zur Wand. Doch auch wenn er desinteressiert tat, musste selbst er zugeben, dass das verschneite Dorf einen wunderschönen Anblick bot. Während sie auf Reisen gewesen waren, hatten sie keine Zeit gehabt, sich solchen schönen Dingen zu widmen, so beschäftigt waren sie gewesen... Vielleicht sollte er einmal nicht den starken Mann spielen und die Tage der Ruhe genießen.
Er war gerade dabei, sich aus seiner dicken Daunendecke zu schälen, als er aus dem Nachbarzimmer ein leises Hämmern hörte. Anscheinend war Winry auch schon wach - oder sie hatte die Nacht durchgearbeitet, wie sie es öfter tat, wenn sie vollkommen in ihre Tätigkeit versunken war.
Ed sprang aus dem Bett, warf sich schnell seine Kleidung über, derer er sich am Vorabend wohl noch irgendwie entledigt hatte, und verließ dann das Zimmer, um sogleich an die Tür zu Winrys Werkstatt zu klopfen.
Ohne auf eine Antwort zu warten, trat er ein, und fand eine völlig auf ihre Arbeit konzentrierte Blondine vor.
„Guten Morgen!“, sagte er laut, um ihre Aufmerksamkeit zu wecken, da sie ihn anscheinend noch nicht bemerkt hatte.
„Guten Morgen, Winry-chan!“, sagte auch Al, der ihm gefolgt war.
Das Mädchen zuckte zusammen und drehte sich zu ihnen um. Als sie den blonden Alchemisten sah, zog sich ein breites Grinsen über ihr ganzes Gesicht. „Da ist ja unsere Schlafmütze“, lachte sie.
„Ja, ja“, murmelte Ed, dem es ein bisschen peinlich war, dass er am Vorabend eingeschlafen war, ohne auf ihre Rückkehr zu warten.
„Wollen wir ein bisschen rausgehen?“, fragte Al.
Die beiden anderen stimmten zu. Nachdem Winry noch ein oder zwei Handgriffe getätigt hatte, zogen sie und Ed sich ihre dicken Jacken an, sagten Pinako bescheid und traten hinaus in die weiße Winterlandschaft.
„Haa, ist das toll!“, rief Winry und drehte sich im Kreis. „Es hat hier lange nicht mehr so geschneit!“
Al nickte. „Das letzte Mal waren wir alle noch klein!“
Seine Stimme klang melancholisch, als er sich an die Zeit erinnerte, als er noch ein ganz normaler Junge gewesen war. Ed, der das ebenfalls bemerkt hatte, warf ihm schnell einen Schneeball an den Kopf.
„Sag nicht klein!“, rief er beleidigt.
„Hey!“, rief Al zurück und formte ebenfalls einen Schneeball, den Ed allerdings abwehren konnte, indem er seine Automail zu einem Schutzschild umformte.
„Hey, das ist unfair!“, rief Winry und schleuderte ihm von hinten ein Geschoss gegen den Rücken.
„Genau!“, stimmte Al ihr zu, während er mit seinen großen Händen einen riesigen Ball formte, den er auf Winry schleuderte.
„Das aber auch!“, beschwerte sie sich, konnte aber ein Kichern nicht unterdrücken, als ein bisschen Schnee ihre Nase herunterrutschte.
„Selber unfair“, grummelte Ed, dem der Schnee kalt den Rücken runterrutschte und warf ihr einen Ball direkt ins Gesicht.

„Puuh!“, stieß Winry aus und ließ sich in den Schnee fallen, die Arme ausgebreitet.
Auch Ed atmete schwer, nachdem sie über eine Stunde im Schnee rumgetobt hatten. Seine Glieder waren schwer, doch sein Geist fühlte sich so leicht wie lange nicht mehr.
Er ließ sich neben Winry fallen und starrte in den wolkenverhangenen Himmel hinauf, aus dem nun gerade wieder Schneeflocken zu fallen begannen.
„Ganz schön kalt, wenn man sich nicht bewegt“, murmelte Winry, blieb aber dennoch liegen.
„Wollen wir reingehen?“, fragte Al.
„Geh doch schonmal vor, ich komme gleich“, sagte sie.
Al sah erst sie und dann Ed an, dann nickte er und ging ins Haus zurück.
Winry drehte ihren Kopf in Richtung ihres Kindheitsfreundes, der sie gedankenverloren musterte.
„Was ist los?“, fragte sie leise.
Er lächelte. „Ich bin froh, hier zu sein. Wir sollten öfter vorbeikommen.“
„Finde ich auch“, flüsterte sie. „Manchmal, wenn ich wochenlang nichts von euch höre, kann ich kaum noch schlafen vor Sorge...“
Besorgt stellte Edward fest, dass ihre Augen schon wieder zu glänzen begannen. Zögerlich griff er nach ihrer Hand. Dankbar schloss sie ihre kalten Finger um seine vom Schnee durchnässten Handschuhe.
Plötzlich hörten sie ein fröhliches Hecheln, das immer lauter wurde. Überrascht drehte Ed seinen Kopf und sah Den, den schwarzen Hund der Familie Rockbell, durch den Schnee auf sich zustürmen. Mit wedelndem Schwanz bremste er ab - wobei er Edwards Gesicht und das von Winry mit einer hochwirbelnden Ladung des kalten, weißen Puders bestreute.
„Hey, Den“, sagte Winry leise und wischte sich schnell mit dem Handrücken über die Augen. Leise fiepend legte der Rüde sich zwischen die beiden und sah sie abwechselnd mit einem auffordernden Blick an.
Beide mussten lachen und hoben sofort eine Hand, um ihn zu streicheln. Winry wollte auch ihre andere Hand, die jetzt unter Dens warmem Körper lag, hervorziehen, doch mit einem leichten Druck seiner Finger gab Ed ihr zu verstehen, dass er sie noch ein wenig länger halten wollte.
Wenigstens jetzt wollte er nicht daran denken, dass er bald schon wieder fortgehen musste und dass es vielleicht das letzte Mal war, dass sie so friedlich und sorglos zusammen sein konnten.


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