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Heavens Hell Act

Wenn der Himmel zur Hölle wird
von

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Daimon

Kapitel 2

Daimon
 

„Jacob, wieso lässt du unseren heiß ersehnten Gast so lange hier draußen stehen? Hast du etwa vergessen, was ich dir aufgetragen habe?“ Der Dämon hatte eine betörende Stimme, die einige Sekunden lang Samsas Verstand benebelte, bevor er dieses unangenehme Gefühl mit einem Blinzeln vertreiben konnte. Trotz dem er mit dem Skelett sprach, ließ der Dämon seinen Blick auf dem Engel ruhen. Ein unerklärliches Lächeln schlich sich auf seine Lippen.

„Er hat nicht gesagt, wer es ist!“ kreischte Jacob.

„Das habe ich wirklich nicht. Verzeiht, ich wusste nicht, was mich erwartet“, Samsa neigte leicht den Kopf um seinen Dank zu zeigen.

„Darf ich mich vorstellen? Mein Name ist Daimon. Ich bin der erste Sohn des Fürsten der Finsternis und wurde geschickt, um dich zu ihm zu führen. Du wirst verstehen, dass es nicht ganz ungefährlich ist für einen, zugegeben so wunderschönen Engel wie dich, die Hölle zu betreten. Ich trage Sorge dafür, dass dir kein einziges goldenes Haar gekrümmt wird.“

Daimon lächelte wieder. Samsa wusste nicht genau, wie viel er den Worten seines Gegenübers trauen konnte. Immerhin war er ein Dämon und der Schöpfer hatte ihn ausdrücklich vor deren geübten Zungen gewarnt.

„Ich bin dir zum Dank verpflichtet“, erwiderte Samsa aufrichtig. Der Dämon hatte glänzend schwarzes Haar und ebenso schwarze Augen. Seine Haut war makellos weiß, wie die eines Engels. Doch allein das Haar und die Augen sangen davon, dass er kein Geschöpf des Himmels sein konnte. Seine Schönheit war trotz dieses Umstands betörend. Samsa hatte wirklich nicht damit gerechnet, dass Dämonen und Engel sich so ähnlich waren. Memnoch hatte wahrlich ein Gegenstück zum Himmel geschaffen.

Daimon griff nach Samsas Hand. Seine Berührung war erschreckend warm. Ohne federlesen führte er Samsas Hand an seine Lippen und hauchte einen Kuss darauf.

„Bitte folge mir“, sagte er und wandte sich dann um. „Jacob, ich denke in diesem Fall kommst du noch einmal davon. Aber erlaube dir nie wieder so einen Fehler. Ich wurde dich in Scheibchen schneiden, wenn unser Ehrengast nicht gerade ein feiner Engel wäre.“

Mit zitternden Knien folgte Samsa seinem Führer. Es würde schwerer werden, als er es sich vorgestellt hatte, viel schwerer. Dieser Dämon war die reinste Verführung und Samsa wusste, welche Strafe ihn ereilen würde, wenn er dieser Verführung erlag.
 

Die riesigen Tore schlossen sich hinter ihnen und langsam gewöhnten sich Samsas Augen an die anhaltende Dunkelheit. Er hielt sich dicht an Daimon, um nicht vom Weg abzukommen, der an tiefen Schluchten und brodelnder Lava vorbeiführte.

„Es ist unerträglich heiß hier drin“, sagte Samsa leise. Er wollte seinen Führer nicht kränken, doch das Atmen fiel ihm immer schwerer.

„Oh nein. Es ist unerträglich kalt im Himmel“, behauptete Daimon mit einem koketten Lächeln.

„Sag, bist du wirklich ein Sohn des Fürsten?“ fragte Samsa ehrfürchtig.

„Natürlich. Meinst du ich würde es wagen, eine Lüge dieser Art auszusprechen? Ihr armen prüden Engelchen“, Daimon lachte und nahm Samsas Arm um ihn etwas zu stützen. Selbst durch die wallenden Gewänder war seine Wärme noch zu spüren. „Memnoch schuf sich, nachdem ihn der Schöpfer verbannte, als erste eine Dämonin von unendlicher Schönheit. Er taufte sie Elria und nahm sie zur seiner Königin. Sie ist meine Mutter.“

„Das ist Sünde“, sagte Samsa leise.

„Pha, Sünde!“ Daimons Augen schienen für einen Moment blutrot zu glühen, doch es war so schnell vorbei, dass Samsa seinen Augen nicht traute. „Du bist wirklich ein perfekter Engel. Ein armes, dummes Lämmchen. Ihr merkt nicht, wie widersprüchlich euer Leben ist. Ihr predigt von Liebe und den Spross der Liebe, die körperliche Liebe, das Gebären der Frucht der Liebe, das verachtet und verabscheut ihr!“

„Oh nein, nein du weißt, dass wir es nach dem ehernen Bund bei den Menschen als Segen betrachten und ihnen gute Eigenschaften mit auf den Weg geben um ein glückliches Leben zu führen. Also …“ Doch Samsa wurde jäh unterbrochen.

„Und was ist mit euch selbst? Dürft ihr lieben?“ fragte Daimon herausfordernd und blieb stehen. „Hast du jemals geliebt?“

Samsa konnte ihn nur anstarren.

„Ich …“

„Ja, die Antwort liegt auf der Hand Samsa Gottessohn. Du hast niemals geliebt. Dein Herz ist kalt wie das Eis dort zwischen den Höchsten Bergen. Kalt wie ein Gletscher. Gott hätte dich nicht auf diese Reise geschickt, wenn er dich für eine liebende Kreatur halten würde. Du bist einsam nicht wahr? Du bist wunderschön, doch du hast keine Freunde, gib es zu. Nichts ist leichter zu durchschauen ein Gotteslämmchen. Ihr habt keinen eigenen Kopf, keine eigenen Ziele. Ihr seid abhängig wie ein Drogensüchtiger. Doch lass dir eines gesagt sein, Schönling. Hier unten ist kein Gott, hier unten regiert kein Gott. Hier gibt es dich und mich und tausende Dämonen die mit deinem Körper Dinge tun würden, wie du sie dir in keinem Alptraum ausmalen könntest. Also beginne deinen Verstand einzusetzen. Du musst nicht dumm sein.“

Diese leidenschaftliche Ansprache hatte Samsas Gedanken völlig durcheinander gebracht. Er musste an die Worte seines Schöpfers denken, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Die Wortgewandtheit der Dämonen war gefährlich.

„Du versuchst mich zu verunsichern und mich auszuschalten seit du aufgetaucht bist. Bitte lass das. Lass uns nicht streiten. Du lebe dein Leben und ich werde es nicht mehr wagen dies zu bewerten. Im Gegenzug lass mir mein Leben. Bald werde ich so wie so wieder verschwunden sein.“

Daimon nickte und wandte sich um.

„Komm, Memnoch wartet.“

Sie schritten einige Minuten stumm nebeneinander her. Samsa versuchte all seine Eindrücke und Gedanken zu ordnen, wobei sein Blick immer wieder den Dämon streifte. Er hatte ihn ungewöhnlich höflich empfangen. Es behagte ihm nicht, dass sie nun schwiegen.

„Daimon, darf ich dich trotzdem etwas fragen?“ richtete er sich unvermittelt wieder an den Dunkelhaarigen.

„Natürlich.“

„Wenn du es in menschliches Maßstäben misst, wie viele Jahre lebst du dann schon?“ fragte Samsa. Den Menschen konnte man es ohne weiteres ansehen, wie alt sie waren, doch bei Engeln und Dämonen hatte man keine Chance. Manch ein Engel wusste es selbst nicht genau.

„Vielleicht 2000 Jahre, ich weiß es nicht ganz genau“, sagte Daimon achselzuckend. „Ich war der erste Dämon, nach der Geburt Jesu. Sozusagen die Antwort auf dieses Puppentheater, das die Menschen dazu bringen sollte endlich ihrem Schöpfer zu huldigen, wie er es wollte. Und du?“

Samsa dachte einen Moment darüber nach, dann sagte er langsam:

„Noch nicht einmal ein ganzes Jahr.“

Ein leises Kichern erklang. Samsa wunderte es, wie viel Gelächter er seit seiner Ankunft vor den schwarzen Toren schon gehört hatte. Im Himmel herrschte meist vornehmes Schweigen.

„Noch fast ein Baby.“

„Noch fast ein Baby.“

„Saya, Geya, beleidigt nicht unseren Ehrengast.“ Samsa fand, dass feiner Spott in Daimons Stimme mitschwang. Er sah sich suchend nach den Neuankömmlingen um. Zwei absolut identische Dämonen traten aus dem Schatten. Auch sie standen Daimon in Schönheit und Anmut in nichts nach. Der eine Zwilling lehnte sich gegen die Schulter seines Bruders und betrachtete Samsa wachsam und neugierig.

„Ein Engel“, sagte er verblüfft.

„Ein echter Engel“, echote sein Bruder. Selbst ihre Stimmen unterschieden sich nicht voneinander. Samsa warf einen hilfesuchenden Blick auf Daimon, der irgendwie liebevoll lächelte. Es war ein paradoxes Bild und wollte so gar nicht zu dem passen, was man Samsa über das Leben und Verhalten der Dämonen beigebracht hatte.

„Das sind meine Brüder“, sagte Daimon, der Samsas Blick bemerkt hatte.

Einer der Zwillinge huschte an Daimons Seite und musterte Samsa mit einem schelmischen Blick.

„Was macht er hier?“

„Wozu ist er hier?“

Daimon lachte und tätschelte beiden Zwillingen das Haar.

„Sei ihnen nicht böse, sie sind noch sehr jung.“

„Warum spotten sie dann über mein Alter?“ fragte Samsa. In seiner Stimmen schwang keinerlei Schärfe oder Kränkung mit. Er konnte selbst Beleidigungen in einem Ton aussprechen, der wie ein Gebet klang.

„Sie sind jung und verspielt. Das ist alles. Lass dich nicht von ihnen ärgern. Jungs, berichtet unserem Fürsten, dass unser Gast angekommen ist. Wir sind auf dem Weg. Beeilt euch!“

Die Zwillinge kicherten begeistert.

„Schnell wie der Wind!“

Sie nahmen sich an der Hand und waren prompt verschwunden. Samsa starrte auf den Fleck, auf dem die beiden wunderschönen Zwillinge noch eben gestanden hatten.

„Ich bin sehr … sehr verwirrt“, gab Samsa schließlich preis und sah Daimon an, als suche er die Antwort auf all seine Fragen in dessen schwarzen Augen.

„Frag mich, ich werde dir alles erklären, was ich kann“, bot Daimon ihm an.

„Hast du gar keine Angst, dass ich diese Dinge als Engel … also praktisch als dein Feind, lieber nicht wissen sollte?“ tastete sich Samsa vor. „Ich befürchte niemand würde dir im Himmel so offen gegenüber treten.“

„Das wundert mich gar nicht. Frag ruhig. Es tut gut einen Engel zu treffen, der ein wenig bei Trost zu sein scheint. Immerhin hat es gut 2000 Jahre gedauert, bevor ich diese Erfahrung sammeln durfte.“

Sie setzten ihren Weg langsam vor. Daimon wollte dem Engel in dieser völlig ungewohnten Umgebung nicht zu viel zumuten. Samsa stellte seine Fragen und bekam für jede eine Antwort, die ihn jedes Mal auf Neue überraschte. Es gab so viel zu lernen über die Dämonen und sie waren den Engeln gar nicht so unähnlich wie man annehmen wollte. Gab es Dinge, die Daimon verschwieg? Bemühte er sich vielleicht nur so, um den Engel abzulenken? Samsa wusste es nicht genau und das war die einzige Frage auf die er keine Antwort bekam, denn er stellte sie nicht.



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