Ich hasse Regen!
Es war ein verregneter Tag in der kleinen Stadt Malwin. Karl war ein mürrischer Typ und sicher niemand, der gern unter Menschen geht. Er ist der Typ Mensch, der die Straßenseite wechselt, wenn ihm jemand entgegen kommt, er wird rot und bekommt schwitzige Hände, sobald er mit einer Frau redet, doch das Schlimmste ist, dass er es noch nie in seinem Leben geschafft hat, ein Bewerbungsgespräch erfolgreich zu absolvieren.
Der Regen trommelte gegen seinen Regenschirm und hinterließ eine Melodie in seinem Kopf. Er kaute, in Tagträume versunken, auf seinem Schokoriegel herum. Wenn es etwas gab, dass er mochte, dann diese kleinen, braunen Riegel. Sie waren handlich und man konnte sie, wenn man keine Lust mehr auf sie hatte, in ihre Plastikhülle zurück schieben und später weiter daran herum kauen. Er blickte auf sein Exemplar. Es war eine schwarze Verpackung mit einem roten Schriftzug darauf. „Mars“, lautete der Name der Firma. Es war ein Genuss aus Karamell und Schokolade. Er ließ es sich noch einmal auf der Zunge zergehen und sein Gehirn begann zu arbeiten. Ein langweiliger Spruch stand auf der Verpackung und ließ ihn müde Gähnen. Langweilig, einfach langweilig. Es war einfallslos und blieb ihm nicht lange im Gedächtnis. Wie konnte man nur so schlecht sein?
Noch eine ganze Weile spukte ihm der Schokoriegel im Kopf herum, bis er sich endlich wieder losreißen konnte. Es war noch früh am Morgen und Karl konnte in Ruhe durch die Stadt streifen. Nervös fuhr er sich immer wieder durch die Haare und lauschte erneut der Melodie seines Regenschirms. Ein Auto fuhr an ihm vorbei und seine Hose wurde nass gespritzt. Es gab nichts Schlimmeres als verfluchten Regen! Seine Schuhe waren bereits durchweicht und nun triefte sein rechts Hosenbein und der Schmutz klebte an seiner ganzen Hose verteilt.
Ein hektisch wirkender Man rannte an ihm vorbei und schubste ihn grob bei Seite. „HEY! Passen sie doch gefälligst auf, Man.“, rief er dem Flegel unwirsch in Gedanken hinterher. Natürlich würde er sich niemals auflehnen, noch etwas zu Fremden sagen. Also blieb er ruhig am Boden liegen und starrte dem Man nur mit bösen Blicken ins Kreuz.
Erneut kam ein Auto vorbei gefahren und besudelte ihn mit noch mehr Schlamm und Dreck. War ihm das Glück heute so negativ gestimmt? Karl rappelte sich auf und kramte den Riegel aus seiner Hosentasche heraus. Ja, „Mars“, das war wohl seine Rettung. Genüsslich kaute er auf dem warmen Karamell herum und begann wieder, in seine Traumwelt zu flüchten.
Dieser Tag war aber auch verhext, schon Sekunden später kam ein Man an ihm vorbei gerannt und trat ihm schmerzlichst auf den Fuß. Seine sowieso durchweichten Schuhe gaben nach und der gesamte Druck lastete auf seinem schmerzenden Fuß.
„Mars macht mobil bei Arbeit, Sport und Spiel. Merken sie sich das doch mal, ist gar nicht so schwer!“, diese Worte waren ihm mehr unwissentlich als beabsichtigt aus dem Mund gerutscht. Der Anzugträger starrte ihn verwirrt an. „Was wollen sie denn von mir?“, meinte er, die Stirn in Falten gelegt. Karl wurde sofort wieder nervös und drehte sich um. Er wollte mit diesem Man nichts zu tun haben.
Als Karl zwei Tage später durch die Stadt wanderte, sah er ein großes Plakat vor sich. Es war ein Mars-Schokoriegel abgebildet und unter ihm prangte der Spruch: „Mars macht mobil bei Arbeit, Sport und Spiel.“
War dies nicht sein Spruch gewesen? Er war ihm doch erst vor ein paar Tagen aus dem Mund gerutscht? 'Ich hasse Regen! So etwas Dreistes kann auch nur bei so einem Mistwetter passieren!', fluchte er in Gedanken, schmiss seinen angeknabberten Riegel in die nächste Mülltonne und ging in die nächste Tankstelle um sich einen Neuen zu kaufen.