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Moonblood

Mondkinder Teil 1
von

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☽☾

Peinlicherweise musste ich bewusstlos geworden sein, denn ich wachte nicht auf einem dunklen, unbequemen Bürgersteig auf, sondern auf einem kleinen, weißen Sofa. Das überraschte mich, andererseits konnte ich natürlich auch träumen und lag in Wirklichkeit immer noch ziemlich dumm in der Gegend herum und wartete darauf, gefunden zu werden.

„Du bist ja endlich wach“, stellte eine Stimme neben mir fest und verwirrt drehte ich den Kopf zu Seite. Dort saß ein Mädchen, ungefähr in meinem Alter, das ich ganz sicher noch nie in meinem Leben gesehen hatte.

Wo war ich denn nun wieder gelandet? Wo war Zoe? Und wo dieser unverschämte Mads?

Verwirrt wollte ich aufstehen – das fremde Mädchen ignorierte ich nun einfach mal – und mich auf die Suche nach meiner besten Freundin und notfalls auch den anderen seltsamen Typen machen, doch die große Unbekannte ließ es erst gar nicht zu, dass ich mich komplett aufsetzte, sondern drückte mich bestimmt, aber nicht grob in die roten Kissen unter mir zurück. Schon wieder jemand, der stärker als ich war, langsam zweifelte ich an mir.

Aber wenn ich schon nichts selbst herausfinden durfte, wollte ich gefälligst Antworten vor ihr bekommen.

„Wer bist du?“, wollte ich als erstes nicht besonders höflich von ihr erfahren und sah sie dabei direkt. „Wo bin ich und wo ist Zoe?“

Statt beleidigt wegen meines patzigen Tons zu sein, schenkte sie mir ein kurzes aufmunterndes Lächeln und stellte sich meinem Verhör. „Ich heiße Janina, du bist bei mir in meinem Zimmer und Zoe – das Mädchen mit den roten Haaren, oder? – ist nicht hier.“

„Aha, wo ist sie dann? Ich will zu ihr.“ Und zwar sofort, wer wusste, was mit ihr passiert war. Dieser Paige traute ich nun alles zu, egal wie harmlos sie am Anfang gewirkt hatte.

„Das geht leider nicht“; wich mir Janina fast sofort aus, was mich nicht unbedingt gnädiger stimmte. Natürlich würde ich mich mit dieser Aussage nicht zufrieden geben, darauf konnte sie wetten.

„Na klar geht das, also sag mir, wo sie ist.“

„Bei Paige zuhause.“ Sie schien es nicht gerne zuzugeben.

„Was? Bei einer von den Bekloppten? Hol sie da sofort weg!“ Wollte die mich verarschen oder was? Janina hatte doch gesehen, dass die nicht ganz richtig im Kopf waren. „Oder gehörst du auch zu denen und ihr macht alle gemeinsame Sache, tut aber nicht so?“ Sollte ja öfter vorkommen, um Unwissende zu verwirren und in die Falle zu locken.

„Nein, natürlich nicht, aber wir verstehen uns eigentlich ganz gut.“

Das wurde ja immer besser hier. Lief das in jeder Großstadt so unübersichtlich ab? Fanden die das gut? Warum hatten Zoe und ich da ausgerechnet hineingeraten müssen?

Langsam hatte ich wirklich das Bedürfnis, wieder ein dummes Fastspießerleben im Internat zu führen, da wusste man wenigstens, woran man war.

Janina bemerkte endlich meine Verwirrung und die Gefahr, dass ich gleich einen kleinen Anfall bekommen könnte, weil man mir nichts genaues erklärte. „Ich glaube, wir fangen am besten ganz von vorne an, okay? Also, wie du weißt, heiße ich Janina. Wie du heißt, weiß ich leider noch nicht, vielleicht wirst du es mir sagen.“

„Roman“; unterbrach ich sie einfach. Mein Nachname interessierte hier hoffentlich keinen.

„Okay, Roman, wo du bist, weißt du ja auch schon.“

Hielt sie mich für etwas dumm? Vielleicht vermutete sie auch nur, dass ich durch den Sturz noch nicht so ganz leistungsfähig war und wollte mich nicht sofort überfordern.

„Zoe ist bei Paige geblieben, weil sie dort – ob du es glaubst oder nicht – am besten aufgehoben ist. Im Moment kannst du wirklich nicht zu ihr oder mit ihr sprechen, aber in drei Tagen oder so kann ich dir Paiges Nummer geben, dann kannst du mit ihr telefonieren.“

„Und warum kann ich nicht sie nicht besuchen?“ Wo lag denn da bitte das Problem?

„Es geht einfach nicht.“ Sie seufzte leise. „Wenn ich dir den Grund nenne, wirst du mir sowieso nicht glauben.“

„Du kannst es ja mal versuchen.“ Wenigstens hatte ich dann ungefähr eine Ahnung, was die ganze Geheimnistuerei sollte.

Eine kurze Pause trat ein. „Zoe ist jetzt ein Vampir, weil Paige sie gebissen hat.“ Nervös fuhr sich Janina mit den Fingern durch die Haare und wartete auf meine Reaktion.

Am liebsten hätte ich sie ausgelacht, denn so etwas Idiotisches hatte ich nicht einmal im Religionsunterricht gehört, nur leider war es nicht witzig.

Es würde nämlich erklären, warum mir Mads versucht hatte, in den Hals zu beißen, das tat man schließlich nicht aus Langeweile.

„Ich weiß, das muss für dich total verrückt klingen, aber es ist leider die Wahrheit“, versuchte Janina mich weiter von der Richtigkeit des Gesagten zu überzeugen. „Sie muss sich erst an ihren Zustand gewöhnen, deswegen solltest du sie besser nicht sie. Sie könnte etwas... naja, gereizt sein und dann besteht die Gefahr, dass sie dich auch beißt und dann hättet ihr noch ein Problem mehr...“ Als sie merkte, dass sie selbst kaum noch durchblickte, brach sie einfach ab und gab mir einige Minuten, mich zu sammeln.

Gerade als sie ansetzen wollte, das Gespräch weiter zu führen, kam ein Junge in ihr Zimmer geschlurft, sah mich kurz an und wollte schon wieder verschwinden.

„He, Lin, warte mal kurz“, stoppte Janina ihn, bevor er die Tür hinter sich zuknallen konnte. „Sag Mama, dass Roman aufgewacht ist, okay?“

Eine Antwort bekam sie nicht, nur das Schließen der Tür hörten wir. Netter Kerl.

„Das war mein kleiner Bruder Linus.“ Janina zwang ein Lächeln auf ihr Gesicht. „Er ist eigentlich ganz in Ordnung, nur in der Gegenwart von anderen benimmt er sich manchmal unmöglich.“

Na das konnte ja noch lustig werden.

Um nicht weiter das Verhalten ihres netten Bruders zu analysieren, begann ich endlich Janina zu erzählen, wo ich herkam, wieso ich gestern mit Zoe bei Nacht durch die Straßen geirrt war und warum es so wichtig war, mit Zoe Kontakt aufnehmen zu können. Immerhin wusste ich immer noch nicht, wo wir unterkommen sollten und auf der Straße wohnen gehörte nicht unbedingt zu meinen Traumerfahrungen.

„Das dürfte kein Problem sein, du kannst sicher ein paar Tage hier bleiben.“

Das erstaunte mich dann doch. Sie kannte mich nicht und vielleicht verkündete ich hier Märchen, um in einem geeigneten Augenblick ihr die Bude leerzuräumen und abzuhauen.

„Okay, danke.“ Mal sehen, ob es tatsächlich bei ein paar Tagen blieb, Übergangsmöglichkeiten hatten gerne die Eigenschaft, sich zu einem Dauerzustand zu entwickeln.

Nachdem das geklärt war, erkundigte sich Janina, ob mir etwas weh tat, ich Hunger hätte und wie ich mich fühlte. Dafür, dass ich aus dem Internat getürmt und angeblich von Vampiren angegriffen worden war, ging es mir gut, was Janina auch nach kurzer Zeit einsah und mich deshalb etwas alleine ließ.

Da ich nicht einfach im Haus herumlaufen wollte, obwohl ich es gerne getan hätte, blieb ich liegen, betrachtete das Zimmer und fragte mich, ob die Eltern auch aussahen wie ihre Kinder.

Soweit ich das erkannt hatte, konnte man zumindest Linus in die Kategorie 'punkähnliches Wesen' verschieben, bei Janina war ich mir nicht ganz so sicher, dafür kannte ich mich dann doch nicht so gut mit der Materie aus. Außerdem wollte ich den beiden nichts aufzwingen, was vielleicht gar nicht stimmte.

Es reichte, dass ich Hannes und Ben lange genug mit ihrem Emogetue aufgezogen hatte.

Ach ja, den beiden musste ich ja auch noch von unseren Erlebnissen berichten, allerdings würde ich das erst tun, wenn ich mehr Informationen über das alles hier hatte, denn einfach nur per SMS zu schreiben 'Hab kein Plan wo wir sind, Zoe ist jetzt ein Vampir und ich wohn bei fremden Leuten' klang eher, als wollte ich sie verarschen.

Außerdem traute ich der Sache mit dem Vampirzeug immer noch nicht ganz über den Weg. Wir lebten im 21. Jahrhundert, ich fühlte mich sogar zu aufgeklärt, um an Gott zu glauben, wieso also an diese untoten Viecher?

Seufzend setzte ich mich auf, suchte mein Handy aus meiner Tasche hervor, die am Sofa gelehnt stand, und tippte Zoes Nummer ein. Wenn sie dran ging, konnte sie die tollen Behauptungen entweder bestätigen oder widerlegen.

Dummerweise nahm niemand ab, sodass ich genauso schlau wie vorher war und erst recht bei dieser Paige zuhause vorbei kommen und Zoe mitnehmen wollte, Vampir hin oder her.

Wenn Zoe einer wäre, müsste sie das irgendwie ihren Eltern beibringen, falls ihr die in nächster Zeit zufällig über den Weg liefen, freiwillig wollte sie sich soviel ich wusste nicht mit denen abgeben.
 

Die nächsten drei Tag verbrachte ich größtenteils damit, mich in Janinas Zimmer aufzuhalten, mich mit ihr bekannt zu machen und zu unterhalten – sie schien es wirklich zu interessieren, wie mein Leben auf dem Internat verlaufen war – und mich an die Situation zu gewöhnen. Linus ging mir eigentlich permanent aus dem Weg und ignorierte mich sogar beim Essen fast die ganze Zeit, während seine und Janinas Eltern zwar von meiner Anwesenheit wussten, es allerdings akzeptierten und mich in Ruhe ließen.

Mich wunderte es immer noch, mit was für großem Vertrauen diese Familie mich behandelte; die ließen mich sogar den Tag über allein zuhause, immerhin mussten sie entweder arbeiten oder in die Schule. Ich hätte ihnen immerhin in ihrer Abwesenheit etwas klauen oder zumindest randalieren können, nur vermuteten sie richtig, dass ich nichts anstellte, solange ich keinen Plan hatte, wo Zoe war, wie es ihr ging und wo ich dann unterkommen sollte, wenn sie sich endlich bei mir meldete.

Als ich am dritten Nachmittag mir aus Langweile irgendwelche dummen Dinge im Fernseher anschaute, der tollerwiese in diesem Zimmer stand, kam Janina zu mir.

An sich nichts Neues, denn es war ihr Zimmer und sie hielt sich auch oft hier auf. Allerdings hielt sie das schnurlose Telefon in der Hand und hielt es mir auffordernd entgegen.

Scheiße, hatten meine Eltern mich orten lassen oder wer wollte hier mit mir sprechen? Vielleicht waren es auch meine zwei Emofreunde, die sich aufregten, weil ich vergessen hatte, mich bei ihnen zu melden.

„Roman, deine Freundin“, flüsterte Janina mir leise zu, während sie den Hörer vor meiner Nase hin- und herschwenkte. „Sie ist heute endlich aufgewacht.“

Dann konnte sie niemand anderen meinen als Zoe. Einerseits freute es mich tierisch, endlich wieder mit ihr in Kontakt zu kommen, andererseits befürchtete ich irgendwelche seltsamen Erklärungen, warum das erst jetzt geschah und was Janina meinte mit heute aufgewacht.

„Hi Zoe“, begrüßte ich sie und wartete gespannt, was nun folgte.

„Hi Roman.“ Sie klang irgendwie, als wäre sie tatsächlich noch nicht ganz aus dem Tiefschlaf zurückgekehrt.

„Wie geht’s dir? Wo bist du?“

„Keine Ahnung“, nuschelte sie undeutlich in den Hörer, versuchte sich aber hörbar zusammenzureißen. „Bin gerade erst aufgestanden, du weißt, dass man da nicht viel mit mir anfangen kann.“

„Aber du bist bei Paige, oder?“ Wenigstens das musste sie wissen, schließlich gehörte diese für die ungefähr in die Kategorie potentielle Traumfrau und so jemanden vergaß oder übersah man nicht einfach.

„Ja, bin ich, angeblich seit drei Tagen. Du kannst sie auch selbst fragen, sie sitzt neben mir und hört zu.“

Nein, das musste wirklich nicht sein, so besonders gut war ich auf sie nicht zu sprechen. „Hat sie es dir schon erzählt? Dass du angeblich ein Vampir bist?“ Diese Vorstellung konnte ich immer noch nicht ganz nachvollziehen, es klang einfach zu affig.

„Ja, hat sie“, fauchte Zoe plötzlich los, „und weißt du was? Es stimmt auch noch! Hätte ich eine Videokamera, könnte ich dir diese hässlichen Eckzähne und diese kranke Hautfarbe zeigen. Ich seh total entstellt aus. Außerdem habe ich keinen Hunger, werde jetzt angeblich kaum oder gar nicht mehr schlafen und bald besteht die Gefahr, dass ich dich aussaugen könnte, deswegen wollen die mich hierbehalten, um mich zu überwachen.“

Sie hatten sich inzwischen so in ihren Ärger über ihre neue Lebensform hineingesteigert, dass ich gar nicht dazu kam zu fragen, wo genau hier war, und Paige ihr vorsichtshalber den Hörer aus der Hand nahm, mich bat, kurz zu warten, und eifrig auf Zoe einredete.

Es musste wirklich schwierig für meine beste Freundin sein, sich an das Vampir Dasein zu gewöhnen und mit den Konsequenzen klarzukommen.

„Roman, es tut uns wirklich Leid, wie das gelaufen ist. Zoe ist vorhin fast ausgeflippt, als ich es ihr erklärt habe, deswegen mussten wir sie ein bisschen ruhig stellen, ansonsten hätte sie uns das Haus zerlegt.“

„Glaubt ihr wirklich, sie hätte sie darüber gefreut, jetzt ein Vampir zu sein?“ Das nahm denen doch keiner ab.

„Es gibt Menschen, die finden es toll, unsterblich zu sein“, verteidigte Paige ihre Aussage. „Ich zum Beispiel. Aber ihr Problem ist wohl, dass sie jetzt unfruchtbar ist; Vampire können keine Kinder bekommen, weil wir ja eigentlich tot sind. Wusstest du, dass Zoe später unbedingt Kinder haben wollte?“

„Nein.“ Erstens hatten wir nie über Nachwuchs, den wir vielleicht haben wollte, geredet – woher wusste Paige eigentlich von Zoes Wunsch? – und zweitens stand dann auch die Frage im Raum, wie denn. Zoe war lesbisch und hatte mir oft genug gesagt, wie abstoßend sie allein den Gedanken fand, mit einem Jungen zu schlafen.

„Naja, sie wird es dir sicher noch erzählen“, wandte Paige ein und ließ mich weiter mit Zoe telefonieren, die mir noch einmal alle Nachteile, die bald auf sie zukamen, aufzählte und wirklich gar nicht glücklich klang. Sie tat mir wirklich leid.

Allerdings musste ich jetzt, da sie endlich mal erreichbar war, erfahren, wo ich in absehbarer Zeit leben konnte, denn Janinas Familie noch länger mit meiner Anwesenheit zu belästigen kam gar nicht in Frage, dafür hatte ich zu wenig Übung im gekonnten Durchschnorren ohne schlechtes Gewissen.

Meine Frage schien Zoe ziemlich aus der Bahn zu werfen, denn sie schwieg eine geschlagene halbe Minute – da sie ja auch nicht mehr atmete, hörte es sich wirklich gruselig an –, bevor sie mir ungewohnt kleinlaut antwortete.

„Sorry Roman, aber ich habe keine Ahnung.“

„Aber du hast doch stolz erzählt, du wüsstest, wo wir wohnen können!“ Hatte sie das vergessen oder was ging hier vor.

„Hab ich ja auch...“ Eine ewige Kunstpause. „Aber ich hab dich angelogen.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  koennte-sein
2010-04-11T20:25:02+00:00 11.04.2010 22:25
omg....die haben doch alle probleme 0.o seine freundin tut mir leid. das kapitel ist wirlich toll geworden und ich mach mich an die anderen..=))


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