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Lunacia

Diener des Wassers
von

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Das Dorf der Unuktar

Schwarz.

Alles um sie herum war schwarz, dunkel und undurchsichtig. Es war, als würde sie schweben, in einem Raum, der weder Anfang noch Ende hatte. War diese Welt ein Traum? War sie gestorben und nun an der Schwelle ins Reich der Toten? Vorsichtig hob die Gestalt den Kopf, doch alles was sie in dieser Richtung erkennen konnte, war das nebelige Dunkel. Lunacia hatte das Gefühl, als würde diese Finsternis unter ihr davon sausen, ihr Magen begann zu drücken und schon bald wurde ihr schwindelig.

Bereits in der nächsten Sekunde legte sich die Bewegung und die Gezeichnete konnte vor sich etwas erkennen, es erinnerte sie an den See, jenen See bei der Hütte der Schamanin, dem Ort, an dem sie aufgewachsen war!

Plötzlich fiel ein vereinzelter Tropfen aus dem Nichts hinab, prallte mit einem dumpfen Geräusch auf die Wasseroberfläche und versetzte das kühle Nass in Bewegung. In gleichmäßigen Bewegungen glitten die Wellen nach außen und bildeten runde Formen. Doch obwohl nur ein Tropfen heruntergefallen war, bildeten sich immer mehr dieser Wellenkreise überall um Lunacia herum. Die Wellen begann aufzusteigen, schon bald überragten sie die Augenhöhe des körperlosen Mädchens und begruben es unter sich. Keuchend schnappte sie nach Luft, doch es war, als würde man ihr ein Stoffbündel in den Mund pressen und die Luft wurde immer dünner. Mit ihren Armen rudernd versuchte die Auserwählte, Halt zu finden, wieder in eine ruhige Position zu kommen und nicht mehr hinten über zu fallen, doch je mehr sie sich wehrte, umso schwerer wurde es.

Nachdem sie mindestens drei Rollen um die eigene Achse gemacht hatte, blieb Lunacia stehen und es wurde erneut schwarz um sie herum. Einen Augenaufschlag später sah sie sich erneut um und fand sich in einem Tropfen wieder, nur, dass dieser Tropfen mindestens doppelt so groß war wie sie selber. Er fiel hinab und sie versuchte, sich an seinem Rand zu halten, dann prallte er auf die Wasseroberfläche, die Form zerbarst und Lunacia tauchte in das Wasser ein. Sie versuchte zu schreien, doch es half einmal mehr nicht.
 

Es waren die hellen Sonnenstrahlen, die Lunacia wieder ins Leben riefen. Sie kitzelten ihr Gesicht und das warme Licht belebte ihren Körper. Sie schlug die Augen auf und musste sich schützend eine Hand vor die Augen halten. Was war das für ein merkwürdiger Traum gewesen? Sie legte grübelnd die Stirn in Falten und versuchte sich aufzurichten. Doch eine starke Hand hielt sie zurück. „Bleib liegen, du bist noch zu schwach!“, forderte sie eine kräftige Männerstimme auf und drückte sie in die Kissen zurück. Wie ihr befohlen wurde, ließ sich die angehende Schamanin auf die Kissen zurück fallen und sah dem jungen Man hinterher. Er hatte einen durch trainierten Körper und seine kurzen, hellen Haare standen zerzaust von seinem Kopf ab. „Sie ist aufgewacht.“, hörte sie seine wohltuende Stimme im Nachbarzimmer. Schritte wurden laut und schon im nächsten Augenblick trat eine grauhaarige Alte in ihr Zimmer. Ihre Gesichtszüge waren freundlich und gaben der Gezeichneten ein Gefühl von Sicherheit. Neben ihr tauchte auch das strenge Gesicht des Mannes auf, der schon eben bei ihr gewesen war. „Wer seid ihr?“, fragte das Mädchen verunsichert und sah die Beiden nachdenklich an. „Mein Name ist Unafari und dies ist mein Enkel, Farakian.“, stellte die Alte sich und ihren Verwandten vor. „Doch für uns ist es wichtiger, wer du bist, Fremde und was du in unserem Wald zu suchen hattest.“, fuhr sie in einem strengen Ton fort. Lunacia sah sie mit großen Augen an. „Euer Wald?“, fragte sie leise und schloss erneut die Augen. Nun kamen die Erinnerungen zurück, der Kampf, ihre Verletzung, all das! Erschrocken fuhr sie erneut hoch und wollte aufstehen, doch sowohl die Alte, als auch der Schmerz in ihrer Brust hielten sie zurück. „Übertreibe es nicht gleich, meine Kleine.“, versuchte die Greisin die Verletzte zu beruhigen und endlich zur Vernunft zu bringen.

Lunacia musste tief durch atmen, ehe sie ihre Antwort gab. „Mein Name ist Lunacia und ich komme aus einem Dorf im Osten, zumindest glaube ich das. Sollte ich mich jedoch verlaufen haben, könnte ich von überall sein.“, erwiderte sie leise und verzweifelt. Sie hatte keinerlei Orientierung mehr, sie war immer in eine Richtung gewandert, jedoch hatte sie kein Ziel gehabt und war sich nun nicht mehr sicher, jemals wieder nach Hause zu finden. Dann meldete sich auch der Junge zu Wort. „Ich habe dich seid ein paar Tagen beobachtet, du bist planlos durch unsere Wälder gestreift, wir sind uns nicht sicher, warum du hier bist. Kannst du uns keine Erklärung dafür geben?“, fragte er mit lauter, starker Stimme. Zum ersten Mal erschrak die Gezeichnete und etwas derbes machte sich in der Stimme des Mannes breit. „Ich, ich suche etwas.“, stotterte sie und sah die Beiden verzweifelt an. „Ich wurde von unserer Schamanin auf eine Reise geschickt, mehr darf ich wohl nicht verraten.“, wimmerte sie leise, mit jeder Sekunde fühlte sie sich weniger wohl in dieser Umgebung.

Die Greisin und ihr Enkel verließen Lunacias Bett und ließen das junge Ding allein. Nachdem sie bereits so lange allein herum gelegen hatte, dass die Sonne hoch am Himmel stand, beschloss sie, aufzustehen und sich ein wenig umzusehen.

Als sie aufstand, tat die Wunde an ihrer Brust schon nicht mehr so weh. Die Greisin hatte ihr einen Wundverband angelegt und mittlerweile spürte sie nur noch ein leichtes Kribbeln. Sie würde es aushalten und so stand ihrer kleinen Erkundungstour nichts mehr im Weg.

Die Hütte bestand komplett aus Holz, es befanden sich Regale an den Wänden und ein Tisch mit fünf Stühlen darum standen in der anderen Ecke. Alles hier wirkte so freundlich und dennoch hatte die Auserwählte dieses beklemmende Gefühl. Sie war eine Fremde hier, eine Person, die ungebeten in das Revier dieses Dorfes und dessen Bewohnern eingedrungen war, mit jeder Sekunde wurde ihr mehr klar, dass sie hier nicht hingehörte!

Sie verließ das Haus und es breitete sich ein kleines Dorf in Mitten einer riesigen Waldlichtung vor ihren Augen aus. Es waren selbst Hütten zwischen den Bäumen zu sehen, auf ihren Kronen und dem Mädchen klappte die Kinnlade herunter. Es war einfach atemberaubend schön! Die Sonne strahlte durch die Blätter der Bäume hindurch und tauchte alles in ein helles Licht, dass dem Dorf etwas göttliches gab.

„Es ist wunderschön, nicht wahr?“, fragte eine sanfte Männerstimme hinter Lunacia und sie fuhr erschrocken herum. „Was?“, fragte sie verunsichert, doch das lächelnde Gesicht des jungen Mannes, der ihr bereits als Farakian vorgestellt wurde, beruhigte sie ungemein, auch wenn er ihren Puls rasen ließ. „Wo bist du nur aufgewachsen, du reagierst so merkwürdig!“, meinte er nachdenklich, musste dann jedoch lachen und kam weiter auf sie zu. „Ich bin bei unserer Schamanin aufgewachsen.“, entgegnete Lunacia und versuchte, sich zu verteidigen. Als der Krieger das Wort Schamanin hörte, legte er seine Stirn in Falten und besah sich das Mädchen von oben bis unten. „Ach, sind dafür all diese Runen?“, fragte er neugierig, nun hatte auch das Lächeln seine Lippen wieder in Besitz genommen. Die Gezeichnete nickte und unweigerlich musste auch sie lächeln. Die Sonne stand hinter ihrem Rücken und brachten Farakians Augen zum leuchten, sie glitzerten und die eisblaue Farbe stach heraus, wie ein Stern am Himmelszelt. „Was treibt ein junges Mädchen wie dich hier her?“, fragte er ruhig. Bisher hatte Lunacia es vermieden, ins Detail zu gehen und so ihre Geschichte verheimlicht. Anscheinend interessierte den jungen Man ihre Vergangenheit sehr. „Ich habe kein wirkliches Ziel, ich muss meine Erleuchtung finden und ich weiß nicht, wo ich so etwas finden könnte.“, offenbarte sie sich ihm. Es war, als würde sie sich in seine Arme fallen lassen, ihm sein Herz und ihren Verstand offenbaren und eine Art Vertrauen ging von ihr aus, die für das kleine Ding überwältigend war. „Verständlich.“, war das Einzige, dass Farakian antwortete. Er ging auf sie zu, legte die Hand auf ihre Schulter und nickte nach Rechts. „Dort wohnt unsere Weiße. Wenn du möchtest, kannst du ein wenig mit ihr sprechen.“, bot er ihr an. Lunacia war sich nicht sicher, ob sie sich dieser Frau anvertrauen sollte oder ob es gegen ihren Glauben sein könnte. Doch sie wusste so schon nicht, wie sie ihr Ziel erreichen sollte, da würde ein wenig Hilfe nicht schaden.

„Es wäre wirklich nett, wenn ich ein wenig Hilfe bekäme.“, gestand sie und ihre Wangen verfärbten sich in einen zarten Rosé-Ton. Der Krieger musste grinsen und führte sie wortlos ins Zelt der Weißen. Diese Frau hatte lange, zerzauste, schwarze Haare und eine krumme Nase, auf deren Spitze eine haarige Warze prangte. Diese Frau erinnerte mit keiner Wimper an die Schamanin aus ihrem Dorf! Sie stand vor einem brodelnden Kessel, etwas Wässriges befand sich darin, doch Lunacia traute sich nicht, hinein zu sehen. Ein stechender, in der Nase brennender Gestank hatte von der Hütte Besitz ergriffen und trieb der Gezeichneten die Tränen in die Augen.

Die Bucklige sah kurz von ihrem Gebräu auf, dann kam ein gackerndes Lachen aus ihrer Kehle. „Ich habe von dir gehört, das Mädchen mit den Runen auf dem Körper.“, fing sie das Gespräch an. Lunacia sah vorwurfsvoll zu Farakian, doch dieser sah ebenso ratlos aus wie sie. „Nein, nein. Nicht er. Die Geister der Natur haben mir von dir erzählt. Ich denke, du weist, dass es sie gibt, du hast sie bereits gesehen!“, meinte sie grinsend und fixierte das Mädchen mit ihren durchdringenden, grünen Augen. Während sie sprach, warf die Weiße immer wieder seltsame Knochen, Innereien und Kräuter in ihre Suppe. Bereits vom Anblick dieser Materialien und dem dazugehörigen Duft wurde den beiden Jugendlichen im Raum übel. „Sie sprechen bereits mit dir … doch du … du siehst und hörst sie nicht!“, meinte sie vorwurfsvoll und kniff die Augen leicht zusammen. „Du suchst Erleuchtung?“, fragte die Bucklige herausfordernd. Die angehende Schamanin hatte es bisher völlig die Sprache verschlagen – woher wusste diese Alte all die Informationen über ihr Leben? Woher kannte sie das Mädchen besser, als sie sich selbst kannte? „Ja, ich suche danach, doch bisher habe ich sie nicht finden können.“, antwortete sie klein-laut und sah zu Boden. „Na na, nicht verzweifeln, meine Liebe. Du musst deinen Zugang zu ihnen finden und du wirst alles finden, was du gesucht hast.“, munterte sie die Greisin wieder auf. „Aber ...“, doch hier unterbrach die Alte Lunacias Erwiderung und musterte sie erneut. „Farakian, ich denke, es ist Zeit für euch zu gehen.“, mit diesen Worten warf sie eine Zutat in den Trank, der ihn violett aufleuchten ließ, Blasen bildeten sich und es begann fürchterlich zu schäumen und zu zischen. Der nun aufkeimende Gestank war unausstehlich und sowohl die Gezeichnete, als auch der Blondschopf, verließen Fluchtartig die Hütte.

Als die Auserwählte wieder frei atmen konnte, blieb sie stehen und holte tief Luft. „Was für eine merkwürdige, alte Frau.“, meinte sie verwundert und sah den belustigten Blick von Farakian. „Für mich redest du genauso wie sie.“, sagte er lachend und Lunacia hob eine Augenbraue. „Oh nein, ich bin ganz sicher nicht so wie sie!“, begehrte sie empört auf, doch diese Worte ließen den Krieger nur noch mehr lachen.

„Farakian!“, schallte es durch das Dorf und der junge Man zuckte erschrocken zusammen. Es war ein älterer Man am anderen Ende der Hütten. Er winkte die Beiden zu sich und streichelte seinen langen, weißen Bart, während sie zu ihm liefen. „Wir haben entschieden.“, meinte er bedeutungsvoll und sowohl der Krieger als auch die Gezeichnete folgten dem Alten.

Es war eine Versammlung mehrerer alter Menschen, sie schienen sehr wichtig für das Dorf zu sein und Farakian verbeugte sich sofort vor ihnen. Lunacia hingegen wusste nicht, wie sie mit diesen Personen umgehen sollte und tat es ihrem Begleiter gleich. „Wir haben über das Mädchen entschieden.“, seine Worte wurden von den Wänden zurück geworfen und dieser Effekt verstärkte ihre Bedeutungskraft nur noch mehr. Das Mädchen versuchte, sich ein wenig hinter dem Krieger zu verstecken, dieser bemerkte es jedoch und schob sie sanft an sich vorbei. „Sie muss sofort wieder gehen.“, sagte der Bärtige streng und mit finsterem Blick. „Wir wissen nicht, warum sie hier ist und ob sie uns schaden könnte.“, fuhr er fort. Farakian wollte sofort auf begehren, wurde jedoch unterbrochen. „Du kannst auch nicht sagen, woher sie kommt und was sie vorhat. Wir dulden nicht, dass sie länger hier bleibt!“, meinte er barsch und hielt das Gespräch nun für beendet.

Es legte sich für einen kurzen Augenblick eine Stille über den Raum, die Lunacia eine Gänsehaut bescherte. Es war, als wenn sich Farakian einen wortlosen Kampf mit den Ältesten lieferte. Dann brach der junge Krieger das Schweigen und sprach: „Ich werde mit ihr gehen!“, seine Stimme war fest und ließ keinen Zweifel daran, dass er es nicht ernst meinen könnte. Etwas verwundert wurde er nicht nur von den Oberhäuptern seines Dorfes angestarrt, auch das junge Mädchen neben ihm konnte seine Reaktion kaum verstehen. Warum wollte er sie so unbedingt begleiten?

„Wenn dies deine Entscheidung ist, kannst du mit ihr gehen. Aber denke nicht, dass du so einfach zu uns zurück kannst. Du weist, wo dein Platz ist und wenn du ihn verlassen willst, so sei es dein Wille.“, sagte ein weiterer Man mit grauen Haaren. Farakian stand mit einer Behändigkeit auf, die deutlich werden ließen, wie ernst es ihm war. „Komm.“, flüsterte er Lunacia zu und fasste ihren Arm. Völlig neben sich hatte das Mädchen vor sich hin gestarrt und kaum fassen können, was er da tat. Sie ließ sich von ihm auf die Füße ziehen und wehrte sich nicht gegen ihn.

Als sie draußen angekommen waren, blieb Farakian stehen. „Die Gastfreundschaft unseres Stammes war schon einmal besser, bitte beurteile dieses Volk nicht nach Einzelnen.“, er stieß die Worte heraus, als würde es ihn Kraft kosten, nicht die Beherrschung zu verlieren.

Lunacia war immer noch völlig perplex, ihre Kehle war trocken und sie rührte sich keinen Schritt, nachdem der junge Man sie los gelassen hatte. „Wa... Warum tust du das?“, fragte sie skeptisch und sah ihn fragend an. „Warum? Weil ich glaube, dass ich eine Aufgabe habe.“, da die Auserwählte von diesen Worten nicht schlauer zu werden schien, verdrehte Farakian die Augen und lächelte dann. „Ich glaube, ich muss dich beschützen. Ich habe dich seid ein paar Tagen beobachtet, nicht weil du in unser Land eingedrungen bist, sondern nur aus dem Grund, weil ich eine Bindung zwischen dir und mir gespürt habe. Erklären kann ich es nicht, also frag bitte nicht.“, sein Lächeln verzerrte sich zu einem Grinsen und die Gezeichnete nickte. „Wohin soll unser Weg denn nun führen Lunacia?“, fragte er höflich, doch die Angesprochene zuckte lediglich mit den Schultern. „Das wusste ich selber nie recht!“, sagte sie. Nach einer kurzen Pause mussten sie Beide herzhaft lachen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2010-05-22T19:27:32+00:00 22.05.2010 21:27
Woah..ein biiiiiiisschen schnell das ganze^^
Vor allem, diese aprupte Änderung in Farakarians Haltung Lunacia gegenüber! xD Erst voll der harte Typ und dann der liebe nette Begleiter in Spee. Also ich finds cool...nichts dagegen einzuwenden, dass sie jetzt einen Gefährten hat^^
Aber im Allgemeinen ging mir das jetzt etwas...zu schnell.
Wäre ich Lunacia, wäre ich erstmal total misstrauisch <3
Aber gut geschrieben! Du verbesserst dich total schnell :D

Freu mich schon aufs nächste Kapitel!!

Liebe Grüße
abgemeldet


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