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Fate

A next generation story.
von

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Fate seduces

Rose erwachte mit den Sonnenstrahlen. Sie blinzelte einen Augenblick gegen das Licht bevor sie die Augen ganz öffnete und beobachtete wie Staubpartikel durch die Luft tanzte. Es sah aus als würden sie leuchten und die Rothaarige wollte ihre Hand danach ausstrecken, aber dann verschwand die Sonne hinter einer Wolke und im Zimmer wurde es wieder dunkel.

Enttäuscht ließ Rose die Hand wieder sinken und drehte sich um. Albus lag noch neben ihr und schlief, aber dann wurde ihr klar, dass es nicht Albus, sondern Lorcan war, der neben ihr lag, was ihr einen Stich ins Herz versetzte. Sie erinnerte sich an ihre Verzweiflung und an ihren Kummer über den Verlust von Albus. Lorcan war gekommen, um nach ihr zu sehen und sie hatte ihre Chance ergriffen. Er hatte sich einfach mitziehen lassen ohne eine Miene dabei zu verziehen. Ohne eine Gefühlsregung. Sie beneidete ihn darum. Warum gelang es ihr nicht ihre Emotionen auszublenden?

Sie fühlte sich innerlich wieder ruhiger und auch gestärkt, aber der Wahnsinn, der sie gestern gepackt hatte, war nicht verschwunden. Er lauerte in ihr, bereit zuzugreifen, wenn sie die Kontrolle verlor. Bereit sie die Klippe hinabzustürzen.

Sie konnte nie wieder nachhause.

Dieser kurze Augenblick. Dieser Gedanken, den sie sich eingestehen musste. Er würde sie verschlingen, aber er entsprach der Wahrheit.

Es gab für sie keine Hoffnung mehr. Sie war verloren, unfähig umzukehren. Alle Welt hatte sie verlassen. Selbst Lorcan, der bei ihr geblieben war, hatte keine echten Gefühle für sie. Er war nur aus Mitleid bei ihr geblieben. Einen tieferen Grund hatte es nicht gegeben. Aber er war geblieben und vielleicht reichte das für den Augenblick, den sie wollte nicht einsam sein. Sie schmiegte sich enger an ihn und lächelte entrückt von der Welt vor sich hin.

Es gab keinen Weg zurück für sie und sie wollte auch gar nicht umkehren. Sie wollte im Nebel versinken. Dort war ihr Platz jetzt. Sie wollte sich nicht mehr erinnern an all die Dinge, die zuvor geschehen waren. Sie wollte einfach vergessen und ihr altes Selbst endgültig sterben lassen.

Rose war gestorben, in dem Augenblick, als Albus das Zimmer verlassen hatte ohne sich noch einmal nach ihr umzudrehen.

Es war Zeit, dass sie Abschied von ihrem alten Selbst nahm und sich auf den Weg zu neuen Ufern machte, wo sie alles hinter sich ließ und neu begann.

Sie schloss die Augen und gestattet sich zu trauern. Wenn sie aus ganzem Herzen Abschied nahm, würde es sie nicht mehr weiterverfolgen. Sie ging alles durch, was sie vergessen wollte und wovon sie sich trennen wollte. Ihre Familie. Ihr Zuhause. Hogwarts. Ihre Freunde.

Alles gehörte nun der Vergangenheit an. Rose Weasley war gestorben.
 

~~~
 

Molly hatte den Angriff nicht kommen gesehen. Sie hatte darauf bestanden ihren Vater zu begleiten. Natürlich hatte sie ihm nicht direkt gesagt, dass sie vorhatte, ihn vor einem erneuten Angriff zu schützen, denn dann hätte er sie nicht mitgehen lassen. Vielmehr hatte sie ihm erzählt, dass sie mit ihm reden wollte, weil sie wollte, dass er auch ihre Position verstand.

Sie hatten bereits ein dutzend Mal dieses Gespräch geführt, aber die Antwort ihres Vaters lautete immer „Nein“. Er wollte nicht, dass sie mithalf und er hörte ihr auch nie richtig zu, wenn sie versuchte es ihm zu erklären. Sie wusste, dass er sich nur Sorgen um sie machte, aber er war so ein Sturkopf.

Er zählte ihr gerade wieder unzählige Richtlinie auf, die besagten, dass Kinder –zu denen er sie trotz ihrer Volljährigkeit immer noch zählte – sich nicht in die Angelegenheit der Erwachsenen einmischen sollten, als neben ihr etwas explodierte.

Molly zog sofort ihren Zauberstab und erzeugte eine Leuchtkugel, um alles um sie herum genau sehen zu können.

„Molly verschwinde“, rief ihr Vater ihr zu bevor er zu Boden ging, da ihn ein Schockzauber getroffen hatte.

Sie würde bestimmt ihren Vater nicht hier zurücklassen, wo er sicher getötet wurde. Aus dem Dunkeln traten zwei Gestalten ins Licht. Es waren die Flintbrüder.

Molly entschied sich die Sekunden zu nutzen bevor sie in ein Duell verwickelt wurde und schickte rote Funken in die Luft. Sie hoffte, dass irgendjemand in der Nähe war, um ihr zur Hilfe zu eilen, aber sie machte sich keine Illusionen. Wenn Lysanders Vermutungen stimmten, konnte nur eine andere Schachfigur eingreifen und sie glaubte nicht, dass jemand hier draußen war. Es schliefen alle sicher seelenruhig im Malfoy Manor.

Sie schaltete sich selbst dafür nicht zumindest James Bescheid gesagt zu haben, dass sie ihren Vater nach London begleitete, aber dafür war es jetzt zu spät.

„Was treibst du hier so alleine in einer dunklen Gasse, Weasley?“, höhnte Adrian Flint, während er langsam auf sie zukam. Er wusste genau, dass sie nicht fliehen würde ohne ihre Vater mitzunehmen. Und sie wusste, dass sie nicht wie ein verängstigtes Reh erstarrt stehen sollte. Sie sollte jetzt ihre Chance nutzen, zu ihrem Vater sprinten und mit ihm disapparieren.

Aber Molly konnte sich nicht bewegen und sie befiel Angst. War das die Manipulation? War sie wie eine Schachfigur, die gefesselt auf ihrem Feld stand und nicht weg konnte, weil ihr nächster Zug noch nicht dran war? Würde sie ihren nächsten Zug überhaupt noch erleben?

Erst jetzt wurde ihr das ganze Ausmaß der Manipulation klar. Auf einem Schachbrett konnten nur Schachfiguren einander angreifen. Ihr Vater würde also nicht erwachen, um ihr zu helfen und jeder andere würde ähnlich wie ihr Vater sofort ausgeschaltet werden.

Molly musste ihren Zug jetzt machen und das durchstehen, um ihren Vater zu retten.

„Locomotor Mortis“, fauchte sie den Flintbrüdern entgegen, die den Beinklammerfluch aber beiseite fegten als wäre er nichts. Sie ließ sich davon nicht irritieren und schickte einen zweiten gleich hinterher, während sie sich Stück für Stück in die Richtung ihres Vaters schob. Wenn sie die beiden nur lange genug in Schach halten konnte, um zu fliehen, konnte sie es schaffen.

Sie klammerte sich an diesen Gedanken und zog Schutzzauber um ihren Vater und sich, während die beiden Flint-Brüder sie attackierten. Wie lange würde es bis zum ersten Todesfluch dauern?
 

Gerade als Molly dachte, dass die Situation für sie verloren war, kam Rettung.

Ihr Schutzzauber zersprang beim ersten Unverzeihlichen Fluch in tausend Stücke und sie war nicht schnell genug einen neuen Schild zu errichten bevor der nächste Cruciatusfluch kam.

Der Schmerz ließ sie zu Boden gehen und sie schrie laut auf, weil sie das Gefühl hatte keine Luft mehr zu bekommen. Ihr wurde schwummerig und sie konnte nicht mehr klar erkennen, was um sie herum geschah. Sie zwang sich ruhig zu werden, denn noch war sie nicht entwaffnet worden, doch bevor sie ihren Zauberstab erneut heben konnte, schickte Adrian Flint noch einen Folterfluch, sodass sie wirklich fast die Besinnung verlor.

Und dann war der Schmerz plötzlich weg und Molly kam wieder zu Sinnen. Sie brauchte einen Augenblick, um zu erkennen, dass ihr jemand zu Hilfe gekommen war.

„James“, schoss es ihr durch den Kopf, doch es war nicht ihr bester Freund, der gekommen war.

Sie erkannte die Silhouette von Adam Wood, der die Brüder in Schach hielt.

Molly warf schnell einen Blick zu ihrem Vater, der immer noch bewusstlos war, aber genauso auch noch immer am Leben war.

Sie durfte Adam jetzt nicht alleine lassen und so kam sie wieder auf die Beine.

„Alles in Ordnung?“, fragte er sie besorgt, als sie sich neben ihn stellte. Sie nickte auch wenn sie sich noch total wacklig auf den Beinen fühlte.

„Adrian, das hat keinen Sinn“, rief Ryan seinem Bruder zu. „Lass es für heute gut sein. Sind ja genug Leute im Ministerium gestorben.“

Adrian fluchte aber folgte seinem Bruder. Molly warf ihm noch einen Stolperzauber hinterher, doch sie waren bereits disappariert.

Kaum waren die Brüder weg lief Molly zu ihrem Vater. Er hatte eine Platzwunde, doch ansonsten schien er wohlauf zu sein. Sie warf Adam einen dankbaren Blick zu.

Dann sah sie, dass er am Arm blutete. Es sah nach einer langen tiefen Wunde aus und sie schien durch irgendeinen dunklen Fluch verursacht zu sein.

„Das müssen wir dringend versorgen. Das sieht böse aus“, befürchtete Molly.

Adam grinste nur sein typisches charmantes Lächeln auf das so viele Mädchen reinfielen und winkte lässig ab, so als wäre das alles nicht weiter schlimm.

„Schon in Ordnung. Bin ja nicht aus Zucker. Solange bei euch alles in Ordnung ist, bin ich zufrieden.“

Molly kannte dieses Gehabe nur zu gut von James und scherte sich herzlich wenig darum. Sie verdrehte nur kurz die Augen und griff nach ihrem Vater, während sie mit der anderen Hand Adam bei der Schulter packte. Sie wollte hier keine Sekunde länger als nötig verweilen und sie sehnte sich nach ihrem Bett. Sie apparierten direkt vor den Toren von Malfoy Manor, wo sie sogleich ein Auror in Empfang nahm, der ihr ihren Vater abnahm.

Sie wollte hineingehen, aber Adam hinter ihr blieb stehen.

„Was ist los?“, fragte sie ihn, aber da dämmerte es ihr schon. Adam wohnte nicht hier und ihr wurde klar, warum sie das irritierte.

„Du bist eine Schachfigur wie wir“, hauchte sie.

Adam warf ihr einen fragenden Blick zu, da er natürlich nicht in Kenntnis über den aktuellen Stand war, aber sie musste erst einmal selbst ihre Gedanken ordnen bevor sie es ihm erklären konnte.

„Du warst beim Kampf in der Großen Halle nicht dabei“, fügte sie hinzu. „Aber du musst trotzdem eine Schachfigur sein, denn du konntest etwas gegen die Flintbrüder ausrichten. Warum warst du nicht in der Halle?“

Sie sah ihn mit großen Augen an, denn sie verstand die Welt nicht mehr. Gab es welche, die nicht gekämpft hatten und trotzdem manipuliert wurden? Machte das nicht Lysanders Theorie vom Schachbrett zunichte? Aber Roxanne war auch nicht beim Kampf gewesen genauso wenig wie Dominique und trotzdem waren die beiden auch eindeutig Schachfiguren. Hatte Lysander nicht gesagt, dass noch Figuren fehlten?

So viele Fragen auf einmal und Molly fühlte sich so schrecklich erschöpft.

„Komm mit rein. Dann versorg ich deine Wunde und erklär dir alles“, meinte sie mit einem müden Lächeln zu Adam, der ihr nun den Kiesweg hinauf zum Anwesen folgte.

Das heute war eindeutig zuviel für sie gewesen.
 

~~~
 

Albus hatte nicht gewusst, dass der Ort, den er zuerst aufsuchen würde, Malfoy Manor sein würde.

Er war schon einmal hier gewesen, aber das kam ihm wie eine Ewigkeit oder eine Erinnerung aus einem anderen Leben vor.

Claire stand neben ihn und gemeinsam harrten sie in ihrem Zögern auf dem Hügel neben dem Anwesen aus. Keiner von ihnen traute sich den letzten Schritt zu tun.

Die Sonne hinter ihnen streckte ihre ersten Sonnenstrahlen aus und tauchte das Anwesen in Licht.

Albus fühlte sich wie vor einer Prüfung, die er viel zu lange vor sich aufgeschoben hatte und für die er nicht gelernt hatte. Das war ein schwacher Vergleich, traf aber in etwa sein Gefühl von Nervosität und seine Angst vor dem Versagen.

Claire warf ihm einen Blick zu und griff nach seiner Hand, wofür er sehr dankbar war.

„Jetzt oder nie“, flüsterte sie und machte den ersten Schritt.

Erleichtert folgte er ihr und aus Angst den Mut wieder zu verlieren wurde er immer schneller. Und bevor sie sich versahen, rannten sie den Hügel hinunter, denn jetzt hatte sie die Mauer durchbrochen und die Sehnsucht nach ihrem Zuhause hatte obsiegt.

Keuchend kamen sie vor dem Eingangstor stehen und standen einem verdutzen Wächter gegenüber.

Albus kam der Mann vage bekannt vor, aber er hielt sich nicht mit diesen Kleinigkeiten auf.

„Wir möchten herein“, bat er und der Typ wusste wohl selbst nicht genau, was er in so einem Fall tun sollte und ließ sie verdattert passieren.

„Wenn wir noch böse wären, wäre das jetzt unsere Chance“, flüsterte Claire ihm kichernd zu und Albus musste grinsen. Das war so albern, aber es machte ihm klar, dass er jetzt wieder auf der guten Seite stand und er die Dunkelheit hinter sich gelassen hatte.

Er atmete tief durch und fühlte sich befreit. In der Eingangshalle war niemand, aber um diese Uhrzeit wohl auch noch kein Wunder. Ob alle noch schliefen?

Albus spürte wie ihn wieder Unsicherheit überkam. Wie würde sein Bruder reagieren? War er wirklich willkommen? Und was würde seine Eltern sagen?

Sie kamen in den nächsten Raum, der eine Art Empfangszimmer war. Albus blieb stehen, unentschlossen, ob er weitergehen sollte oder hier warten sollte.

Die Entscheidung wurde ihm abgenommen, als er laute Stimmen auf den Raum zukommen hörte und im nächsten Augenblick stand er seinem Bruder wieder gegenüber, so wie es gestern erst der Fall gewesen war, doch dieses Mal war es anders.

Hinter James waren Scorpius, Dominique, Roxanne und Molly. Albus traute sich kaum in die Augen seines ehemaligen besten Freundes zu sehen, denn er konnte sich nicht vorstellen, dass Scorpius ihm verzeihen würde. Also konzentrierte sich Albus auf seinen Bruder, der mit offenem Mund ihn und Claire anstarrte.

„Ich bin wieder zuhause“, flüsterte Albus mit allem Mut, der ihm noch verblieben war und wartete unsicher die Reaktion von James ab.

Sein Bruder machte ein Schritt auf ihn zu und zog ihn in seine Arme.

„Endlich“, antwortete James und seine Stimme klang, als würde er mit den Tränen kämpfen und erst wollte Albus sich darüber lustig machen bis er bemerkte, dass er längst angefangen hatte zu weinen.

Und mit den Tränen kam die Erleichterung. Er war noch willkommen. Er hatte noch ein Zuhause.

Er hatte der Dunkelheit in sich selbst den Krieg erklärt und sie besiegt und jetzt würde alles wieder gut werden, denn wenn er das konnte, konnte das die anderen auch.

Auch Rose und Lily würden nach Hause zurückkommen können. Zumindest musste er daran glauben.
 

~~~
 

„Mein Bruder ist fort?!“, echote Lily entsetzt. Das war einfach unfassbar. Was war in Albus gefahren, dass er wieder zurück wollte? Es gab nichts mehr dort. Hier lag alles, was sie brauchten.

Sie zischte wütend und verächtlich. Was für ein Idiot ihr Bruder doch war. Dann stand er jetzt auch auf der falschen Seite, aber das interessierte sie herzlich wenig.

Er war wie James jetzt nicht mehr ihr Bruder. Sie hatte keine Familie mehr.

Sie warf Liam einen wütenden Blick zu, der es wohl genoss ihr diese Botschaft überbringen zu dürfen, aber sie würde ihm schon zeigen, dass diese Nachricht sie nicht aus der Fassung warf.

Ihr Bruder war ihr egal und sie würde schon beweisen, dass sie absolut loyal war. Sie würde die Sache nicht verraten. Es gab keinen Grund über den Verlust von Albus traurig zu sein.

Irgendwann würden den Leuten schon die Augen aufgehen und sie würden erkennen, dass die Welt befreit werden musste und das alles was sie taten richtig gewesen war.

Doch dann war es zu spät und sie würden vernichtet werden.

Lily konnte über diese Schwäche der Menschen nur lachen. Dachten sie wirklich, dass es einen Weg gab diese Bewegung noch aufzuhalten?! Lächerlich.

„Meinen Bruder kannst du mir überlassen“, zischte sie Liam zu. „Ich werde ihn so was von kalt machen. So einfach kommt er nicht mit seinem Verrat davon.“

Liam grinste nur und sagte nichts weiter dazu, was Lily noch wütender machte. Sie wusste genau, dass er sie innerlich belächelte und ihren Worten keinen Glauben schenkte.

Bevor sie sich auf ihn stürzte und ihm den Hals umdrehen konnte, verließ sie den Raum, um sich selbst davor zu bewahren hier im Quartier auszurasten.

Auf dem Flur wartete schon Fred, der sicher mit ihr über Albus reden wollte. Egal wie sehr Lily ihn liebte ging es ihr gegen den Strich, das alle von ihr erwarteten, dass sie der Verrat ihres Bruders tief ins Herz traf und man deswegen mit ihr sensibel darüber sprechen musste.

„Nein mir ist gleichgültig was mit Albus passiert. Und nein ich will das nicht ausdiskutieren!“, fauchte sie Fred an, der leicht zusammenzuckte und im nächsten Augenblick tat es Lily auch wieder Leid, da er keinen Schuld an ihrer inneren Unruhe und Rastlosigkeit hatte.

Es lag nicht nur an Albus oder an ihrer Wut über Liam. Es verschlimmerte nur ihren insgesamt schlechten Zustand. Sie konnte es selbst nicht genau benennen, was mit ihr los war und was mit ihr geschah, aber in ihr hatte sich ein Verdacht eingenistet, der anfing sich ihrer zu bemächtigen und sie in den Wahnsinn zu treiben. Und davor hatte sie Angst.

Lily konnte sich des Gefühls nicht erwehren den Halt zu verlieren und ins Bodenlose zu fallen. Sie lief und lief und kam nicht an das Ziel.

Fred folgte ihr ohne ein Wort zu sagen auf ihr Zimmer, wo sie sich auf ihr Bett warf. Immerhin hielt er den Mund und legte sich nur neben sie.

Sie schmiegte sich an ihn und er nahm sie in den Arm, doch sie fand dort nichts gegen ihre Ruhelosigkeit. Fred gab ihr keinen Halt mehr.

Nichts stoppte ihren Fall.
 

~~~
 

Alice starrte in die Leere als Louis hereinkam, um sie zu besuchen. Eigentlich waren ihre Verletzungen schon verheilt und es gab keinen Grund für sie im St. Mungos zu bleiben, aber sie wollte noch nicht wieder zurück nach Malfoy Manor.

Dort lauerte nur der erneute Kampf und sie wollte keine Schachfigur mehr sein. Die Schreie der Sterbenden klangen noch in ihren Ohren und wollten nicht verschwinden.

Alice hatte das Gefühl wie ihre Namensgeberin den Verstand zu verlieren und den Rest ihres Lebens in diesem Krankenhaus verbringen zu müssen.

Nichts konnte man gegen diesen übermächtigen Feind unternehmen und sie konnte erst recht nichts ausrichten. Schon wieder war sie im Kampf keine Hilfe gewesen und hatte den anderen nur im Weg gestanden. Rose hatte wieder sie angegriffen und sie verlor langsam jede Hoffnung ihrer besten Freundin helfen zu können. Es gab für Rose kein Zurück.

Und wenn sie weiterkämpfen würde, würde sie auch irgendwann den Verstand verlieren und dann würde der Puppenspieler sie manipulieren können.

Vielleicht manipuliert er sie auch gerade jetzt und säte in ihr diese Gedanken, damit sie ihre Seite verriet. Alice wollte einfach nicht mehr weitermachen. Sie wollte nur noch raus aus dieser Sache und ihr normales Leben zurück. Der Krieg sollte aufhören und alles würde sich nur als böser Alptraum entpuppen. Sie wollte nur noch aufwachen.

Louis kam herein als sie tief in ihre Gedanken versunken war und sie hörte ihn erst, als er einen Stuhl an ihr Bett zog. Überrascht hob sie den Kopf und sah in sein lächelndes Gesicht.

Aber dieses Mal spürte sie nicht wie die ruhige Ausstrahlung von Louis auf sie überging, sondern im Gegenteil wurde sie dadurch nur unruhiger, da sie sich fragte, wie er nach allem was sie im Ministerium gesehen hatte noch lächeln konnte.

Sie wollte ihn anschreien und ihn durchschütteln, weil sie dieses Lächeln einfach nur fassungslos machte. Da waren gut hundert Zauberer in dieser Explosion umgekommen und mehr als zweihundert waren schwer verletzt. Sie konnte das Klagen der Verletzten hören, da ihr Zimmer im gleichen Flur lag. Ihr Vater hatte zwar dafür gesorgt, dass sie ein Einzelzimmer bekam, aber die Geräusche konnte er nicht abstellen und Alice gab sich die Schuld daran. Sie hatte es verhindern müssen, aber es war ihr schon wieder nicht gelungen und es würde immer so weiter gehen bis der Puppenspieler vielleicht seine Mordlust befriedigt hatte. Doch wie viele waren dann noch übrig?

„Wie geht es dir?“, fragte Louis sie sanft, der merkte, dass etwas mit ihr nicht stimmte. Sie sah es in seinen Augen. Er war nicht Lysander, aber er hatte auch ein Gespür dafür zu merken was in anderen vorging. „Willst du darüber reden?“

Alice wusste nicht ob sie überhaupt darüber reden wollte, weil sie nicht wusste wie sie ihre Ängste in Worte fassen konnte und so schwieg sie einfach.

„Ich habe auch Angst“, sagte Louis nach einem Augenblick. „Angst zu sterben. Angst manipuliert zu werden. Angst niemand retten zu können.“

„Wir können nichts tun“, antwortete Alice verbittert. „Rein gar nichts.“

Louis lächelte traurig. Er wusste, dass es die Wahrheit war und er hatte auch keine Lösung für dieses Problem, da sie einfach nicht wussten, was sie tun sollten oder konnten.

„Aber wenn wir nichts tun, können wir dann noch in den Spiegel sehen? Haben wir wirklich schon alles gegeben um unsere Freunde zurückzuholen?“

Alice kannte die Antwort, aber sie wollte nicht noch mehr geben. Vor allem wollte sie nicht sterben. Sie wollte leben und sich ihre Träume erfüllen. Es sollte nur noch aufhören.

Louis berührte sie leicht am Arm und sie konnte spüren, dass es ihm genauso erging. Da schien keine Hoffnung mehr zu sein und es war so schwer an das Gute zu glauben, wenn man nur all die schlechten Dinge sah, die um einen herum geschahen.

Wann würde es aufhören und wann kehrte ihr Glaube zurück?
 

~~~
 

James konnte es immer noch kaum fassen. Sein Bruder war zurückgekommen. Albus war wieder zuhause. Er fühlte sich wie in einem Siegestaumel nach einem Quidditchsieg.

Aber als er sich von Albus trennen musste, da ihn die Erwachsenen befragen wollten, traf ihn wieder die Wirklichkeit. Albus war nur eine der Personen, die er zurückholen musste.

Fred und Lily waren noch nicht zurück. Er musste Albus selbst dazu befragen, wie es um die beiden stand. Doch mit der Rückkehr seines Bruders war neue Hoffnung in ihm erwacht.

Es würde jetzt alles wieder gut werden. Wenn er zu Albus durchdringen konnte, musste es ihn auch bei den anderen beiden gelingen. Es musste niemand mehr sterben.

James saß auf einem Sofa im Empfangssalon und wartete darauf, dass die Erwachsenen mit der Befragung fertig wurden. Er verstand nicht wie noch Zweifel daran bestehen konnte, ob Albus zu trauen war und ob er wirklich zurückgekommen war, weil er es wollte.

Sein Bruder war kein Spion. Er hatte ihm in die Augen gesehen und da war nichts von Manipulation gewesen. James wusste auch nicht was mit seinem Bruder jetzt geschehen würde. Es war nicht von der Hand zu weisen, dass Albus gemordet hatte, aber es war unter Manipulation geschehen.

Musste er dafür jetzt nach Askaban?

James wollte seinen Bruder nicht noch einmal verlieren und je länger Albus in diesem Raum war, desto unruhiger wurde er. Er konnte nicht mehr stillsitzen und so tigerte er durch den Salon, während er unablässig auf die Tür starrte. Er hatte seinen Bruder nachhause geholt und genau dort sollte er bleiben. Und er war noch gar nicht dazugekommen sich zu entschuldigen.

Ihm überkam die Furcht der Möglichkeit sich zu entschuldigen beraubt zu werden. Impulsiv stürmte er zur Tür und drückte sie auf.

Sein Vater runzelte sofort die Stirn, als er seinen Sohn hereinstürmen sah und seufzte. Er hatte wohl geahnt, dass James hereinkommen würde und nicht abwarten konnte.

„Was ist James?“, fragte er seinen ältesten Sohn.

„Ich möchte wissen was mit meinem Bruder passiert“, brachte James seine Bitte ungehalten hervor.

Er sah zu Albus hinüber, der wie früher ängstlich auf seinem Stuhl hockte und Angst vor dem hatte was kommen würde. Ihn so zu sehen versetzte dem Älteren nur noch mehr ein Stich ins Herzen. Er konnte nicht zulassen, dass seinem Bruder irgendetwas passierte. Albus war nur ein Opfer des Puppenspielers und konnte rein gar nichts für seine Taten.

„Das haben wir noch nicht entschieden“, erklärte sein Vater. „Erstmal wird Albus hier unter Beobachtung bleiben, um uns bei möglichen Fragen weiterzuhelfen. Und danach wird er vor Gericht gestellt werden, um sich für alles, was durch seine Hand geschehen ist, verantworten zu müssen.“

James war erleichtert, dass Albus hier blieb, auch wenn seine Zukunft ungewiss blieb, aber er würde zu Not persönlich vor dem Gericht auftauchen und seinen Bruder auf jeden Fall vor dem Gefängnis bewahren.

Nach dem seine Frage beantwortet wurde, musste James den Raum wieder verlassen und weiter auf seinen Bruder warten, aber jetzt war ihm das Herz etwas leichter, sodass er nun ruhiger war und seine Ungeduld im Zaum halten konnte.
 

Es dauerte noch anderthalb Stunden bevor die Erwachsenen endlich mit ihrer Befragung durch waren und Albus wieder gehen konnte.

James hatte die ganze Zeit auf dem Sofa ausgeharrt und war sofort an der Seite seines Bruders, den er mit sich zog bevor sein Vater ihn davon abhalten konnte.

Da aber keiner ihn nachkam, ging er davon aus, dass man ihm die Zeit mit seinem jüngeren Bruder gönnte und nahm Albus mit auf sein Zimmer.

„Das ist doch…“, fing der jüngere Potter an.

James zog die Augenbraue hoch. „Das Zimmer von Scorpius?“

Er klopfte seinem verdutzten Bruder auf den Rücken und ließ sich auf sein Bett fallen.

„Überraschenderweise ist Malfoy ganz in Ordnung“, meinte er nur zu seiner neuen Freundschaft.

„Hätte nie gedacht, dass aus deinem Mund zu hören“, entgegnete Albus nur und ließ sich neben James nieder. Zumindest das Eis zwischen ihnen schien gebrochen zu sein.

James zögerte nicht lange und nutzte den Augenblick bevor Scorpius möglicherweise zurückkam.

„Ich möchte mich entschuldigen für mein Verhalten. Ich wollte dir nie das Gefühl geben, dass du nur in meinem Schatten stehst. Du bist auf deine eigene Art und Weise toll und du brauchst dich deswegen nicht zu verstecken. Also damit will ich sagen: Ich bin stolz auf dich.“

„Du hast nichts damit zu tun, also mach dir deswegen keine Vorwürfe“, warf Albus ein. „Ich bin wegen Rose mitgegangen und nicht weil ich dich übertrumpfen wollte. Ich meine klar bist du nervig und manchmal könnte ich dich echt erwürgen, aber du bist mein Bruder und da verzeih ich dir dein überhebliches Verhalten schon mal.“

Albus streckte ihm die Zunge heraus und James musste ihm durchs Haar wuscheln, weil er so erleichtert war. Sein Bruder war zurück und war ihm nicht böse.

„Glaubst du Lily denkt genauso?“, fragte er leise.

Er konnte sehen wie Albus bei dieser Frage mit sich rang und dann nur hilflos mit den Schultern zuckte, weil er keine Antwort wusste.

„Sie ist viel tiefer in der Manipulation verstrickt als ich es je gewesen bin. Aber in ihr ist sicher noch ein Teil, der sich nach Zuhause sehnt und der uns noch liebt.“

Daran wollte James auch aus tiefstem Herzen glauben. Lily würde auch nachhause kommen.

„Weißt du irgendetwas über den Puppenspieler?“, fragte er Albus, auch wenn er sich die Antwort schon denken konnte.

Wie er es vorausgesehen hatte, schüttelte sein Bruder nur traurig den Kopf.

„Nathan erhält die Befehle von irgendjemand, aber wer das ist weiß ich nicht. Es kann auch sein, dass Nathan selbst die Order gibt, doch dafür hätte ich auch keine Beweise. Solange du manipuliert bist, denkst du nicht wirklich nach, weil es dir gleichgültig ist.“

James seufzte. Er hatte sich irgendwelche Hinweise erhofft mit denen sie auf der Suche nach dem Puppenspieler weiterkamen, doch so leicht würde es nicht sein.

Aber das war für ihn im Augenblick zweitrangig. Für den Moment wollte er es einfach genießen hier mit seinem Bruder zu sitzen, zu lachen und zu scherzen. Für heute hellte sich der Himmel ein wenig auf und der so lang erwartete Sonnenstrahl fiel durch die Wolken, woraus sie neue Kräfte schöpfen konnte bis die Wolkendecke ganz aufreißen würde und die Sonne die Dunkelheit endgültig vertreiben würde. Daran musste sie festhalten.
 

~~~
 

Liam war froh den Versager Albus losgeworden zu sein. Am Anfang hatte er ihn ja wirklich gemocht, aber inzwischen hatte sich dieser anfängliche Eindruck in ein negativeres Bild entwickelt.

Der Potter war nur ein Feigling gewesen, der den Plänen im Weg gestanden hatte. Jetzt waren sie befreit von dieser Last. Lily hatte sich schnell wieder eingefangen und er war gespannt wie die nächste Begegnung zwischen den Geschwistern aussehen würde, wenn sie ihre Drohung ihren Bruder eigenhändig umzubringen wahr machte.

Trotzdem konnte er Lily nicht ausstehen. Sie war ihm zu unberechenbar.

Liam hatte wieder einmal versucht mit Nathan über seine Ideen zu reden, doch der ehemalige Hausmeister wich ihm nur aus, weil er immer noch wütend über Liams eigenmächtiges Handeln im Zaubereiministerium war.

Er hatte nicht nur einen Todesfluch in die Menge geworfen und so auf sie aufmerksam gemacht, nein, er hatte sogar Bomben angebracht statt sein eigentliches Ziel aufzusuchen und es zu töten.

Liam sah in dieser Handlung kein Problem, denn schließlich war es doch ihr Endziel möglichst viele Zauberer zu töten, um eine neue Ordnung zu etablieren und dank ihm hatte das halbe Ministerium sein Leben verloren. Das ersparte ihnen die Kleinarbeit jeden einzeln töten zu müssen.

Außerdem würde die Leute jetzt einsehen müssen, was für eine Gefahr sie darstellten und das nichts gegen sie unternommen werden konnte. Nun war die Zeit für ihren Umsturz gekommen.

Er hatte getan, was getan werden musste und er sah nicht ein sich dafür rechtfertigen zu müssen.

Nathan war einfach zu vorsichtig und ließ alles nur in kleinem Rahmen laufen. Er setzte ihnen unnötige Grenzen, die sie nicht brauchten.

Damit musste jetzt Schluss sein. Wenn Nathan nicht mit ihm reden wollte, würde er es selbst in die Hand nehmen. Der Hausmeister war schon viel zu lange der Anführer ihrer Gruppe gewesen.

Liam wartete ab bis Nathan auf einen seiner Streifzüge durch die Straßen Londons verschwunden war und rief alle zusammen in die Küche.

Während sie herunterkamen und sich setzten, musterte Liam sie. Bei den Flintgeschwistern musste er sich keine Sorgen machen, denn sie waren auf jeden Fall auf seiner Seite.

Lily würde seinen Plan für gut befinden, da sie Dampf ablassen musste und dadurch würde Fred auch mitziehen. Lorcan war undurchdringlich und würde wie immer sein eigenes Ding am Rand des Geschehens abziehen.

Rose konnte sich möglicherweise gegen ihn stellen, da sie eng mit Nathan verbunden war. Aber so wie sie im Augenblick aussah, machte ihr der Verrat ihres Freundes noch sehr zu schaffen.

Es stand eigentlich nichts gegen sein Vorhaben.

„Ihr fragt euch sicher, was ich mit euch besprechen will“, begann Liam seine Rede. „Ich finde wir haben bis jetzt gute Arbeit geleistet. Wir haben nach und nach die Zauberer dezimiert und sind zu einer echten Bedrohung für die Zaubererwelt geworden.“

„Komm zum Punkt“, warf Adrian ein.

Liam verdrehte nur die Augen. „Ich hab schon nicht vor eine lange Rede zu schwingen“, entgegnete er. „Im Gegenteil: Wir haben bis jetzt immer nur im kleinen Rahmen und vor allem im Geheimen agiert. Wir sollten uns nicht mehr in dunklen Gassen verstecken, sondern der Welt unsere Macht demonstrieren. Deswegen fordere ich größere Aktionen. Es wird Zeit, dass wir das System stürzen und uns an die Spitze stellen.“

Er hörte selbst wie enthusiastisch er klang und wie er immer lauter wurde. In seinen Adern kochte das Blut und er wollte losstürmen. Nichts würde ihn jetzt mehr davon abhalten.

Einen Augenblick herrschte Stille, die Liam unerträglich vorkam.

„Was sagt ihr?“, fragte er fordernd in die Runde.

Und dann kam die zustimmende Rufe, die immer lauter wurden. Es hatte begonnen und nun war diese Bewegung unaufhaltsam. Wie ein kleiner Stein, der eine Lawine losgelöst hatte, rollte Liam den Hang herunter und nahm an Geschwindigkeit auf.

Die Welt gehörte ihnen.
 

~~~
 

Fred stimmte in den Jubel mit ein, doch sein Herz war sich der Sache nicht so sicher, wie es nach außen hin erschien.

Er warf einen Blick auf Lily, die begeistert von Liams Ankündigung war. Sein Magen verkrampfte sich bei ihrem fröhlichen Anblick, weil alles in ihm schrie, dass das falsch war.

Hatte er Lily nicht beschützen wollen? War er nicht deswegen hier?

Es schien alles schief zu laufen. Heute Morgen hatte sie nicht einmal mehr mit ihm über Albus sprechen wollen, aber es machte ihm Sorgen, dass sie gedroht hatte ihren Bruder zu töten.

Langsam aber sicher erkannte er das Mädchen, das er liebte, kaum wieder.

Ihm gefiel ganz und gar nicht in welche Richtung sie sich entwickelte und er konnte immer weniger vor sich selbst verantworten das in Ordnung zu finden.

Aber er wusste genau, dass Lily nicht auf ihn hören würde, wenn er mit ihr darüber reden würde. Sie wollte nicht mehr belehrt werden, sondern unabhängig und selbstständig sein.

Fred zog Lily auf seinen Schoß, die glücklich lächelte.

„Wir werden es denen zeigen, nicht wahr?“

Er nickte und strich ihr über den Rücken, woraufhin sie sich vorbeugte und ihn küsste.

War es von ihm so falsch an ihrer Seite bleiben zu wollen?

„Worüber denkst du so verbissen nach?“, fragte Lily, der aufgefallen war, dass er seltsam schweigsam war. „Mach dir keine Sorgen. Du wirst der neue Zaubereiminister.“

Er lächelte, weil das ja wirklich sein Traum war, aber er konnte sich es kaum noch vorstellen jemals im Ministerium zu arbeiten.

Es erschien ihm nur noch wie ein längstvergessener Tagtraum, der schon völlig verschwommen war.

„Das wäre schön“, entgegnete er. „Und du wirst dann meine First Lady.“

Lily kicherte und er bekam gar nicht genug von diesem Lachen, aber ihre Augen lachten nicht richtig mit und er fühlte sich dadurch betrogen.

Er begann die Lily zu vermissen, in die er sich rettungslos verliebt hatte und deswegen immer Gewissensbisse gegenüber James gehabt hatte. Diese neue Lily gefiel ihm nicht mehr und das stimmte Fred traurig, denn er hatte sich immer gewünscht mit ihr zusammen zu sein und jetzt hatte er dieses Ziel erreicht, aber er wurde bitter enttäuscht.

„Worüber grübelst du?“, fragte Lily ihn erneut, doch er wollte mit ihr nicht darüber reden.

„Ich frag mich nur wie unsere Zukunft aussehen wird“, wich er aus.

„Du wirst der beste Zaubereiminister aller Zeiten und wir werden gemeinsam die Welt so gestalten wie wir wollen und niemand wird uns davon abhalten. Wir müssen uns über nichts Sorgen machen“, schwärmte ihm Lily vor.

Fred schloss die Augen und versuchte sich diese Version der Zukunft vorzustellen. Stattdessen sah er nur das Blut der Toten und hörte die Schreie der Gefolterten.

Hastig riss er die Augen wieder auf, um den Bildern zu entfliehen.

„Schön oder?“, fragte Lily ihn verträumt und er nickte nur schwach.

Er wusste tief in seinem Herzen, dass es diese Zukunft, die sie sich wünschte, nicht geben würde.
 

~~~
 

Scorpius hatte den beiden Brüdern ihre Zeit gelassen, auch wenn er unbedingt mit Albus reden wollte. Aber er wusste, dass er nichts überstürzen durfte. Zwar war Albus zurückgekehrt, aber das hieß nicht zwangsläufig, dass er ihm auch verziehen hatte.

Er war alleine schon glücklich darüber, dass sein bester Freund den Weg zurück gefunden hatte und wenn sie sich jetzt noch versöhnten, wäre alles perfekt.

Denn wenn Albus zurückkam, warum sollte Rose dann nicht auch zurückkommen können?

Seine Mutter hatte Recht behalten. Das Licht am Ende des Tunnels war endlich in Sichtweite gekommen und jetzt konnte es nur noch bergauf gehen.

Der Puppenspieler hatte keine vollkommene Macht über sie. Er konnte sie nicht zwingen auf ihren festgelegten Seiten zu bleiben. Das bewiesen Albus und Claire.

Er hätte nie gedacht, dass Claire Parkinson böse und dann wieder gut werden würde. Genau genommen hatte er nicht einmal wirklich mitbekommen, dass sie auf der schwarzen Seite gestanden hatte. Wahrscheinlich war sie nur eine Bauerfigur gewesen, aber Albus war sicher eine wichtige Figur für das Schachspiel gewesen, also war die schwarze Seite um eine Figur geschwächt worden.

Scorpius frohlockte bei diesem Gedanken endlich etwas erreicht zu haben. Da hatte er auch die Geduld zu warten bis Albus das Zimmer verließ.

Der erste Blick seines ehemaligen besten Freundes zeigte, dass eine Versöhnung nicht so einfach werden würde. Albus hatte ihm noch nicht verziehen.

„Können wir reden?“, fragte Scorpius frei heraus.

Albus biss sich auf die Lippe und sah unentschlossen drein, entschied sich dann aber für das Gespräch.

James, der hinter seinem Bruder gestanden, drängelte sich an ihm vorbei, um ihnen das Zimmer zu überlassen, sodass Albus wieder zurück in den Raum kam und Scorpius hinter ihnen die Tür schloss.

Es drängte ihn zwar zu hören wie es Rose ging, aber das war nicht der beste Gesprächsstoff, um eine Versöhnung einzuleiten nachdem sie sich über dieses Mädchen zerstritten hatte.

„Worüber willst du reden?“, fragte Albus und seine Stimme klang seltsam hohl.

„Ich möchte mich entschuldigen für mein idiotisches Verhalten. Ich hab dir nie gesagt, dass ich etwas für Rose empfinden und hab dann einfach überreagiert, als du mit ihr zusammengekommen bist.“

Scorpius schlug die Augen nieder und starrte auf seine Schuhe, die voller Dreck waren. Er sollte sie dringend putzen sonst würde seine Mutter noch toben.

„Sie liebt mich nicht“, hauchte Albus mehr als das er es aussprach.

„Oh“, war alles was Scorpius dazu einfiel.

Damit hatte er irgendwie nicht gerechnet. Natürlich hatte er geglaubt, dass Rose das zum größten Teil nur inszeniert hatte, um ihm zu zeigen, dass sie über ihn hinweg war, aber irgendwie hatte er nicht gedacht, dass gar keine Gefühle da gewesen waren.

„Das tut mir leid“, setzte er noch mal an, weil er das Bedürfnis hatte seinem Freund zu zeigen, dass er an Anteilnahme daran nahm.

Albus blickte zu ihm herüber, so als wolle er herausfinden, was in seinem Kopf vorging und ob er wirklich meinte was er sagte.

Scorpius erwiderte den Blick und lächelte aufmunternd.

Er wollte seinen besten Freund wieder zurück.

„Wie könnt ihr nur so freundlich zu mir sein?“, fragte Albus mehr sich selbst als Scorpius.

„Ganz einfach“, erwiderte der Malfoy. „Wir würden alles tun, um euch zurückzuholen und etwas anderes interessiert uns nicht.“

Albus sah aus als würde er ihm kein Wort glauben, sodass Scorpius seufzte. War es wirklich so schwer anzunehmen, dass niemand ihm Vorwürfe machte?

„Ich hab Menschen umgebracht“, warf der Potter wütend zurück.

„Und ich bin daran auch nicht unschuldig oder? Der Puppenspieler nutzt unsere negativen Gefühle um uns zu manipulieren und ich hätte einfach für dich da sein sollen statt dir in den Rücken zu fallen. Also trage ich auch eine Teilschuld daran, weswegen ich dir nicht böse sein kann.“

Das brachte Albus zum Nachdenken, denn so hatte er die Situation noch nicht betrachtet. Im nächsten Augenblick stöhnte er auf.

„Ich hab es nur schlimmer gemacht“, meinte er.

„Wie?“, fragte Scorpius verdattert.

„Für Rose und Lily“, gestand Albus. „Sie werden noch mehr negative Gefühle haben und noch leichter zu manipulieren sein, weil sie sich von mir verraten fühlen.“

So hatte Scorpius das noch gar nicht betrachtet und er musste auch stöhnen. Warum war es nur so schwierig positive Gefühle zu erzeugen?

„Wir werden Rose zurückholen“, versprach er dem Potter. „Zusammen holen wir sie zurück.“

Albus nickte entschlossen und es fühlte sich an als wäre ihre Freundschaft ein Stück weit zusammengeflickt und repariert worden.
 

~~~
 

Louis fühlte sich nach dem Besuch bei Alice im Krankenhaus seltsam leer. Er verstand seine Freundin nur zu gut, da ihn ähnliche Gefühle und Zweifel quälten, aber er konnte sich nicht davon anstecken lassen. Er musste stark bleiben, denn sonst würde er sich nur manipulierbar machen.

Auf dem Rückweg versuchte er seine Ängste beiseite zu schieben, aber es bereitete ihm Probleme, da er keine Antwort auf Alices Frage kannte, was sie tun konnten.

Er fühlte sich so seltsam nutzlos. Es war fast ein halbes Jahr verstrichen und alles was sie herausgefunden hatte, hatte sie nicht ein Stück vorangebracht. Außerdem war es immer nur Lysander, der diese Informationen entdeckt hatte. Louis saß immer nur daneben und fand nichts heraus.

Wenn es nur irgendeine positive Rückmeldung geben würde, damit sie das Empfinden hatte vorangekommen zu sein, wäre alles besser.

Als Louis zurückkam erwartete ihn überraschenderweise genau diese Nachricht.

„Albus und Claire sind zurück?“, echote er überrascht als Dominique es ihm erzählte.

Seine Schwester strahlte selig, da sie dadurch bereits zu neuer Stärke gefunden hatte.

Hätte er das schon eher gewusst, hätte er damit Alice aufbauen können. Vielleicht sollte er ihr einen Brief schreiben und er machte sich gleich morgen noch mal auf ins Krankenhaus, denn das war endlich die gute Botschaft auf die sie gewartet hatten.

Es war doch nicht alles umsonst gewesen. Sie kamen voran.

„Wissen sie irgendetwas über den Puppenspieler?“, fragte er hoffnungsvoll.

Dominique schüttelte den Kopf. „Sie haben kaum gemerkt, dass sie manipuliert worden sind und der Puppenspieler hat sich ihnen gegenüber auch nicht zuerkennen gegeben.“

Louis seufzte. Wäre auch zu schön gewesen wenn sich alles so einfach aufgelöst hätte.

„Dann geh ich mal wieder Lysander helfen. Kommst du mit?“

„Nein ist mir schon zu spät. Ich geh ins Bett.“

Louis war zwar auch müde, aber er wollte mit diesem positiven Gefühl noch etwas tun bevor er schlafen ging. Er fand Lysander mitten auf dem Fußboden der Bibliothek, wo er alle Akten um sich herumverteilt hatte. Sein Freund nahm ihn gar nicht wahr als er hereinkam, weil er so vertieft in seine Arbeit war.

Da Louis ihn nur zu gut kannte, sagte er auch nichts, sondern setzte sich auf einen Stuhl und las in den neuen Büchern, die Dominique in den letzten Tagen herausgesucht hatte.

Je tiefer er sich in der Lektüre über die Manipulation versank, desto mehr fragte er sich, warum die anderen nicht gemerkt hatten, dass sie manipuliert worden waren.

Spürte man denn wirklich nicht, dass es nicht seine eigenen Gedanken waren?

Selbst beim Imperiusfluch wussten die Verfluchten, dass sie gegen ihren eigenen Willen handelten und konnten sich dagegen auflehnen.

Aber was war das für eine Methode, die der Puppenspieler nutzte? Nutzte er wirklich nur die eigenen negativen Gefühle und wenn ja wie machte er das?

Louis grübelte aber er kam zu keiner Antwort. Die Nacht war längst angebrochen und Lysander hatte noch keinen Ton von sich gegeben. Er fragte sich worüber der Scamander so intensiv nachdachte.

Obwohl er immer noch positiv motiviert war, gewann die Müdigkeit an Überhand und er beschloss nach einer Runde Schlaf weiterzumachen. Einen Augenblick überlegte er Lysander anzutippen um mit ihm über Alice zu reden, aber das konnte er noch morgen machen.

Bestimmt würde er Lysander in genau demselben Zustand vorfinden wie er ihn jetzt zurückließ und ihm würde nicht einmal aufgefallen sein, dass ein neuer Tag begonnen hatte.

Zusammen konnte sie Alice besuchen und ihr sagen, dass sie sich keine Sorgen machen musste. Alles würde wieder gut werden. Doch er konnte noch nicht ahnen, dass der Alptraum jetzt erst richtig begann.
 

Der neue Morgen würde rot vor Blut sein.
 



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