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Sing to me

von

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Tag 1 & Tag 2

Tag 1
 

„Der Typ, der mich dazu überredet hat, diesen Scheißaustausch mitzumachen, sollte erschossen werden!“ Schwach ließ sich Samuel in seinen Sitz zurückfallen und schob die Kotztüte weg. Sein Freund Tom, auch bekannt als der Typ, der Sam dazu überredet hatte, bei diesem Scheißaustausch mitzumachen, zuckte zusammen und schaute ihn mitleidig an.

„Sorry, Alter“, bemerkte er dann, „ich wollte halt nicht unbedingt allein her.“

Sam nickte und zog eine neue Tablette hervor. „Diese Flugangstteile bringen irgendwie nichts, findest du nicht auch? Ich bin nur noch am Kotzen.“

Ehe Tom antworten konnte, unterbrach ihn – Gott sei Dank – der Pilot.

„Meine Damen und Herren, in wenigen Minuten setzen wir zur Landung in Sevilla an. Bitte schnallen Sie sich an. Wir bedanken uns für Ihr Vertrauen in die Lufthansa und wünschen Ihnen einen angenehmen Aufenthalt in Spanien. Ladies and Gentlemen, in a few minutes...“

„Endlich!“, seufzte Sam auf und zog seinen Gurt um sich. „Ich dachte schon, dass das nie kommen würde. Hoffentlich kotz ich denen dann nicht auch noch vor die Füße.“ Tom nickte bekräftigend, auch dann noch, als das Flugzeug mit dem Landemanöver begann und Sam die nächste Papiertüte für sich beanspruchte.
 

„¡Hola! ¿Eres Sam?“

Klar. Weit und breit war kein einziger Austauschtyp mehr zu sehen. Nur dieser Freak... der wohl seiner war... war noch hier und strahlte ihn gerade an.

„Öh... sí“, antwortete er. Mehr konnte er eigentlich nicht auf Spanisch, außer „tengo una planta de energía solar“, was nicht einmal stimmte und was er dem Jungen auch gleich einmal mitteilte. Warum nur war er mitgekommen auf diesen beschissenen Austausch, obwohl er Spanisch hasste und eigentlich eher für Französisch war...?

Er musterte den Typen von oben bis unten. Er war klein, etwas rundlicher, hatte seehr bunte Klamotten an – sprich: ein bunt gemustertes Hawaiihemd, gelbe Cargohosen und lila Schuhe – und seine Haare lagen ungefähr so, wie sie von J. K. Rowling in Harry Potter für ebendiesen vorgesehen waren. Nur noch schlimmer.

Der Junge legte den Kopf schief und starrte ihn an. „¿Una... planta de energía solar? Umm... mis padres no tienen una planta de energía solar... ¿tienes una planta de energía solar aquí?"

Sam hatte kein Wort verstanden und ebendies tat er auch nicht, als er bemerkte, dass der Junge auf einmal anfing zu lachen. „Muy bien. ¿Dónde está tu planta?“

Der Blonde starrte ihn an. „I don’t understand a single word. I am Sam and you?“

Der Typ starrte zurück. „¿Qué? No entiendo.“

„What? Please, could you tell me in English? I am Sam and you?“

„Me llamo Miguel. No entiendo.“

Miguel also. Immerhin etwas, was er verstand. Wenn er nur wüsste, was dieses no entiendo hieß...

„Hey, are you my guy? I mean, are you my exchange partner?“

„¿Eres mi alumno de intercambio?“

„I don’t understaaaahaand you!“, rief Sam verzweifelt aus. Warum konnte dieser beknackte Miguel nicht einfach Englisch reden?

Dass Miguel so etwas Ähnliches dachte, konnte Sam nur ahnen.
 

„¡Bueeeenas tardes! ¿Cómo estás?“ Eine etwas... fette Frau rollte auf ihn zu und drückte Sam. Dann rief sie Miguel irgendetwas zu, das Sam nicht verstand. Er hatte es schon aufgegeben, sich mit Miguel zu verständigen und Harry Potter hatte wohl dito gedacht.

„¿Tuviste un buen vuelo?“

„What?“, fragte Sam genervt nach.

„¿Tuviste un buen vuelo?“, fragte sie einfach noch einmal und schaute ihn fröhlich an.

„Sorry, I don’t speak Spanish.“

„¿Tuviste un buen vuelo?“ Hatte ihre Schallplatte einen Sprung?

„I don’t understand a word.“

„¿Tuviste un buen vuelo?“ Definitiv.

Jedenfalls hatten sie keinen weiteren Versuch mehr der Konversation gestartet.

„Ahora miro la televisión“, murmelte Miguel nach zwei Minuten, in denen seine Mutter versucht hatte, sich mit Sam zu unterhalten. Dann schmiss er sich vor den Fernseher und winkte Sam zu sich.

„No“, sagte Miguels Mutter dazwischen. „¿Quieres ver tu habitación?“

Sam stöhnte. Warum nur immer er?
 

Anscheinend hatte sie sein Zimmer gemeint, denn nach kurzer Zeit standen sein Koffer und seine Reisetasche in einem monströs kleinen Raum, in welchen man ein französisches Bett und einen Schrank gestopft hatte. Zusätzlich dazu noch einen Schreibtisch, einen Fernseher und einen Computer. Konnte er sich hier überhaupt noch bewegen?

Er konnte.

Und zuallererst setzte er sich an den Computer und googelte die Worte, die er sich gemerkt hatte.

Alles, woran er sich erinnern konnte, waren die Worte, die Miguels Mutter an ihn gerichtet hatte. Sie wollte wissen, ob er einen guten Flug gehabt hatte.

Ironie des Schicksals, nicht?
 

Nach zwei Stunden, in denen er vor Hunger beinahe gestorben war, wagte er sich endlich wieder nach draußen. Miguels Mutter war nirgends zu sehen und Miguel selbst saß immer noch vor dem Fernseher und sah sich etwas Seltsames an. Vorsichtig setzte sich Sam zu ihm und sah zu. Offenbar gestand eine Frau gerade einem Mann ihre Liebe... oder so. Sam zog die Augenbrauen hoch, als die Frau sich auf einmal vor den Mann kniete und ihren Kopf in seine Leistengegend presste. Anscheinend flehte sie ihn an, sie nicht zu verlassen... oder so. Sam begann zu kichern. Dann drehte er den Kopf, weil er wissen wollte, was Miguel davon dachte... und sah etwas höchst Eigenartiges.

Miguel saß heulend da, mit angezogenen Beinen, wippte vor und zurück und murmelte: „No, no, ¡¡¡NOOOO!!! ¿Por qué? ¡No va, Pedro! María es diferente, pero no va, ¿sí?“

Doch offenbar half alles nichts. Pedro stieß María von sich und ging. Miguel heulte herzzerreißend. Und Sam lachte, bis Miguel ihm einen bitterbösen Blick zuwarf, der wohl in allen Sprachen dasselbe bedeutete.
 

„Is there anything to eat in this house?“, fragte Sam. Dreißigmal. Dreißigmal vergebens, denn Miguel ignorierte ihn, seitdem er María ausgelacht hatte.

„I am sorry, okay?“

Wieder nichts.

Seufzend lief Sam zurück in sein Zimmer, schaltete den PC erneut an, ging auf leo.org, suchte etwas heraus, ging zu Miguel zurück, vergaß, wie der Satz ging, ging noch einmal zurück, wiederholte die PC-Prozedur, lernte den Satz auswendig, lief zu Miguel und sagte: „Lo siento muchísimo.“ Es tat ihm schrecklich leid.

Miguel lächelte.

Dann sagte er die magischen Worte, die Sam vorsorglich ebenfalls nachgeschlagen hatte: „¿Comida?“

Essen. Endlich. Es war ja auch erst halb elf...

Seltsamerweise lief beim Essen die ganze Zeit Miguels Musik. Die Spice Girls.
 

Tag 2
 

„Ich verstehe nicht, was die von mir wollen. Ich weiß ja nicht mal, was Toilette auf Spanisch heißt, Mann. Ich bin im Arsch. Total.“

Wütend zerkrümelte Sam etwas von dem Essen, das er von seiner Gastfamilie mitbekommen hatte. Paella. Miguel hatte schon am vorigen Abend sehr viel davon gegessen. Und jetzt sollte das sein Snack sein? Egal, Hauptsache Essen.

„Entspann dich, Samantha. Du hattest doch immer eine fünf in Spanisch. So schlimm kann’s also nicht sein.“ Tom lächelte ihn an.

Sam warf ihm einen Blick zu, der unter anderen Umständen zu seinem Tod geführt hätte.

Sie saßen im Schulbus und Sam verfluchte sich schon wieder dafür, dass Tom ihn hierfür überredet hatte. Er konnte doch kein Spanisch, wieso musste er dann auch noch in die Schule gehen? Wieso hatte er die Sprache damals überhaupt genommen?
 

Miguel, der auf der anderen Seite des Busses neben Toms Austauschschüler saß, schaute unglücklich eine Zeitschrift an, die Victoria Beckham auf der Titelseite zeigte. Ganz offensichtlich stand er auf sie. Eben ganz der Spice Girls Fan, der er zu sein schien.

„Frag ihn, was er liest“, forderte Tom seinen Kumpel Sam grinsend auf. Der zeigte ihm nur den Mittelfinger. „Frag doch selbst, du Kretin.“

„Uuuh, jetzt werden wir hochnäsig. Na gut. Miguel, ¿qué lees?“

Der Angesprochene hob den Kopf und antwortete irgendetwas in sehr schnellem Spanisch. Tom grinste, nickte, hob den Daumen und lehnte sich zufrieden zurück.

„Was ist los?“, wollte Sam müde wissen.

„Victoria und David wollen doch zusammenbleiben. Miguel hat sich schon lange Hoffnungen gemacht, dass er einmal ein Spice Girl heiraten kann und sah seine Chance für gekommen. Leider hat es nicht geklappt und Vic und David machen wieder zusammen Urlaub.“

„Idioten. Ich bin umgeben von absoluten Idioten“, ächzte Sam und ließ sich in den Sitz zurückfallen.
 

„¡Hola, chicos y chicas!“ Ein Lehrer betrat den Raum und Sam musste unwillkürlich loslachen. Laut. Sehr laut. Normalerweise war das nicht schlimm, aber normalerweise waren alle anderen Schüler ebenfalls laut. Leider war das in Spanien – zumindest in dieser Klasse – anders, wie es schien, denn dort redete keiner. Und so starrte jeder Sam an, der den schrägen Lehrer auslachte.

Bitte. Wer würde nicht lachen bei so einem Typen? Er hatte lila gefärbtes Haar, mehrere Piercings, ein Tattoo, auf dem „Look! At! Me!“ stand und Harleyklamotten. Gab es etwas Seltsameres?

Leider verstand er anscheinend keinen Spaß, wie Sam nach seiner Bestrafung feststellen musste.

„Mann, wie die hier abgehen“, murmelte Sam, als er sich wieder auf seinen Platz setzen durfte. Tom musterte ihn grinsend und Miguel mitfühlend.

Sam nickte. „Wie lange geht diese Stunde noch?“

Anscheinend noch genau... fünfundfünfzig Minuten. Von sechzig.

Sams Kopf schlug auf dem Tisch auf. Wie scheiße...
 

Irgendwann hatte er es geschafft, saß mit Tom in der Sonne und aß seine Paella. Jeder, der ihn sah, grinste und fragte dann mit Blick auf die Paella, ob er Miguels Austauschschüler war, was er nie, nie, nie verstand.

Woher wussten die das überhaupt?
 

Und dann geschah... es...

„¿Entendéis castellano?“, wurden sie auf einmal von der Seite angesprochen. Sam wandte den Kopf und sah außer einer verzückten Mädchenschar, die seufzte, zunächst gar nichts mehr. Er erkannte die Mädels aus seiner Klasse, seinen Parallelklassen und der Klasse unter ihm. Sie alle schmachteten einen Jungen an, der ziemlich in der Nähe von ihnen stand. Er war dunkelhaarig – wie jeder Spanier hier eben – und hatte ein unglaublich schönes Gesicht. Er war, um es mit einem Wort zu sagen, heiß.

Und wie.

Und wieder einmal wurde Sam daran erinnert, dass er schwul war.
 

Ihm klappte der Mund auf, als er diesen unglaublich heißen Spanier vor sich sah, der offensichtlich gerade ihn angesprochen hatte. Er war unfähig, irgendetwas zu sagen – okay, seien wir fair. Er konnte es so oder so nicht, wenn es Spanisch war.

Gott sei Dank gab es noch seinen besten, wahren, tollsten und einzigen Freund Tom. Der reagierte nämlich irgendwann.

„No, sorry. I understand everything but Sam not. So if you could talk to us in English we would be very pleased about this.“

Der Typ lächelte auf einmal nett und alle Mädchen fingen an zu kichern. Peinlich.

„Vale. I am Juan and you?“

„I am in love with you“, hätte Sam jetzt gerne geantwortet. Doch er ließ es bleiben. Sicher ist sicher.

Stattdessen sagte er einfach nur, dass er Sam war. Weiter nichts.
 

„So... wie gefällt es euch in Spanien?“ Juan lächelte.

Er lächelt wie ein Engel, schoss es Sam durch den Kopf und er kicherte ganz leicht.

Tom verdrehte genervt die Augen. Er hatte gleich gemerkt, was los war. Mist. Da konnte sich Sam auf was gefasst machen... „Mir ganz gut, eigentlich. Meine Familie ist auch echt nett und ich versteh wenigstens was. Aber ich glaub, bei Sammy ist es nicht so gut. Nicht wahr?“

Sam zuckte zusammen. „Äh... ja. Die sind ein wenig komisch und ich versteh kein Wort. Keiner redet Englisch und ich kann kein Spanisch.“

„Und weshalb bist du dabei?“, fragte Juan lächelnd und seine dunklen Augen funkelten lebhaft.

Sam deutete auf Tom. „Seinetwegen. Der Depp hat mich überredet. Dumm, was? Und meine Familie ist seltsam. Miguel...“

„... steht auf seltsame Dinge, das wissen hier alle“, unterbrach Juan kichernd und die Mädchen in der Nähe giggelten mal wieder. Juan ließ sich nichts anmerken und fuhr fort: „Mach dir nichts draus, die sind okay. Du darfst nur nichts gegen Seifenopern, die Spice Girls, Paella und seine Mamá haben, dann ist mit Miguel alles in Ordnung.“

„Aha“, sagte Sam. „Mir kam er etwas komischer vor, als du es beschreibst. Und er versteht nicht, was ich sage.“

„Er kann doch Englisch“, sagte Juan verständnislos und starrte zu Miguel hinüber, der in irgendeiner Ecke saß und mit verschleiertem Blick Paella aß.

Tom und Sam schüttelten unisono den Kopf.

„Aber er hat doch mit meiner Cousine Englischunterricht. Wie... dumm ist das denn? Ich dachte, er kann es.“

Tom lachte. „Ich hab mich vorhin mal kurz mit dem unterhalten. Ich glaub, er interessiert sich nicht so für Sprachen. Außer, die Spice Girls singen auf Englisch, da ist er dabei. Aber nicht mal da versteht er was.“

Juan zuckte die Schultern. „Egal. Ähm... habt ihr Lust, nach der Schule noch Basketball zu spielen? Wir gehen oft noch zu einem Platz in der Nähe. Kommt ihr da auch mit?“

Sam nickte, bevor Tom auch nur sein übliches „aber Sport ist doch Mohord“ zum Besten geben konnte. „Warum denn?“

Juan fing an zu grinsen wie ein Gott. „Die letztjährigen Deutschen waren totale Genies im Basketball. Wir wollen wissen, ob alle von euch so gut seid oder ob das nur einmal so war. Dann hätten wir nämlich mal wieder eine gute Chance gegen die Abschlussklasse. Find ich klasse, dass ihr mitmacht! Um sechs auf dem Platz hinter der Schule, ja?“

Damit verschwand er und Tom fing sofort an, Sam zu beschimpfen. „Verdammte Scheiße! Du weißt genau, wie sehr ich Sport hasse. Warum ziehst du mich in so was rein??“

Sam zuckte die Schultern. „Ich bin mit dir in Spanien, oder nicht? Da hab ich eindeutig was gut bei dir. Und wie. Und wie! Und wenn es dir nicht passt, kannst du ja gerne Miguel mit nach Hause zum Soapgucken begleiten. Soweit ich das verstanden habe, will sich María heute umbringen. Haben sie in der Vorschau vom GZSZ für Megaarme gezeigt.“
 

Den Basketballplatz mussten sie nicht lange suchen. Sie folgten einfach den kreischenden „Oh, Gooooott, ist Juan süüüüß“-Mädchen und waren umgehend da.

Tom nörgelte ununterbrochen, doch Sam hörte schon lange nicht mehr zu. Er hatte nur noch Juans Lächeln im Kopf und hätte am liebsten mit den Mädchen mitgekreischt. Juan war ja soo toll! So hübsch und klasse und so. Okayy, er wusste genau null Dinge über ihn, aber trotzdem... Er war ja so...

Doch dann wurden seine Gedanken abgelenkt. Mit einem Mal hörte Tom nämlich auf zu nörgeln und sagte stattdessen etwas anderes. „Was wird Juan denn machen, wenn er mitkriegt, dass wir beide weder einen Ball fangen noch ihn werfen können?“

Ach du Scheiße. Sam hatte seine Ballphobie vergessen.

Wann immer sich ein Ball in seiner Nähe befand, drehte er beinahe durch. Er fing vor lauter Angst, einen Zahn zu verlieren oder sich die Nase zu brechen, keinen einzigen Ball und traute sich nicht einmal, sie vom Boden aufzuheben, selbst wenn das ganze Team danach brüllte. Nein, er war wirklich kein guter Spieler. Nur von Tom wurde er noch übertroffen. Beinahe.
 

Doch es wurde nicht so schlimm, wie er es sich vorgestellt hatte...

Es wurde sogar noch schlimmer.
 

„¡¡¡PAJERO!!!“, kam es einstimmig von der Seite, an der die Spanier versammelt waren, die Juans Team unterstützten. Sam verstand zwar kein Spanisch, ihm war aber klar, dass es zumindest eine Beleidigung sein musste.

Sogar Miguel, der ungeduldig vom Rand aus zusah – und dafür sogar seine Serien schwänzte – und vorgab, ein Buch zu lesen, vergrub am Ende den Kopf in den Händen und stöhnte.

Nur Juan war offenbar noch optimistisch.

„Komm schon, das klappt schon noch. Du schaffst das. Hol einfach den Ball und wirf ihn zu mir. Nun komm schon! Wirf doch, du kannst das. Ich weiß es.“

Er war ihm einen vertrauensvollen Blick zu und Sam schüttelte den Kopf. „Ich bin viel zu schlecht darin“, murmelte er dem vorbeitrabenden Tom zu. Der keuchte nur. „Was denkst du denn, wie ich bin? Die beschimpfen mich nur nicht als Wichser, weil es bei dir viel stärker auffällt. Ich renn nicht so viel in die entgegengesetzte Richtung wie du.“

Sam widersprach spöttisch: „Tu ich gar nicht. Nur, wenn die alle mit ihrem dummen Ball in meine Richtung kommen. Da muss ich eben aus dem Weg gehen. Außerdem... wieso Wichser?“

Sein Freund lachte nur und wich einer Bananenschale aus, die ganz offensichtlich für Sam bestimmt war. Egal.
 

Ein paar Minuten später, in denen Sam immer vom Ball weggelaufen war, fingen die Mädchen wieder an zu kreischen. Kurze Zeit lang war es still gewesen in Juans Fanriege, doch jetzt begann sie erneut.

Sam verschnaufte gerade an der Seite – es war ja auch anstrengend, allen die ganze Zeit auszuweichen – und da hörte er zwei Mädchen aus seiner Parallelklasse zu, die sich darüber unterhielten, dass Juan bestimmt perfekte Bauchmuskeln hatte.

„Ich bin mir hundertprozentig sicher, dass er einen Sixpack hat. Einhundert Prozent!“, rief Melanie aus, während Jule skeptisch blieb. „Nee, Muskeln hat er bestimmt, aber keinen Sixpack.“

Melanie kicherte. „Er könnte ja einfach sein Shirt ausziehen, dann würde es passen.“

Sam grinste. Da wäre er sofort dabei.

„Häng dich an den Korb, Juan!“, rief Jule laut aus, als ebendieser den Ball hatte. Er war einen irritierten Blick zu den kichernden Mädchen hinüber und verlor genau deshalb den Ball.

Fluchend rannten seine Teamkollegen dem Ball hinterher, während Juan stöhnte. Dann warf er einen Blick zu Sam, der immer noch grinste, lächelte ebenfalls und lief los.
 

Wie besessen starrte Sam vor sich hin und ließ Juans Lächeln Revue passieren. So merkte er natürlich nicht, was auf dem Spielfeld so vor sich ging und bekam auch nicht mit, dass ihm irgendein Schwachkopf den Ball zuspielte. Das Nächste, woran er sich erinnern konnte, war, dass sein Schädel von einer dicken, fetten, spitzen Axt gespalten wurde und er das Gleichgewicht verlor.
 

Ficken.

Das war alles, was Sam dachte, als er die Augen wieder aufschlug. Er sah nicht richtig was, sondern konnte nur dumpfe Schemen erkennen. Also kniff er die Augen schnell wieder zusammen und ächzte.

Sein Kopf schmerzte.

Nein, das war nicht richtig. Sein Kopf tat so sehr weh, dass er ihn am liebsten abreißen würde!!! Am liebsten würde er eine Kuhherde über ihm weiden lassen wollen, damit sie seine schmerzende und pochende Beule abkauen konnten. Am liebsten... – ach, lassen wir das, bevor Sam in Fahrt kommt.

Er hörte Stimmen über sich. Irgendjemand flüsterte ein „¿Por quéééé?“ und eine andere Stimme murmelte: „Der Trottel. Der dämliche Trottel.“

Als er die Augen das nächste Mal öffnete, traute er ihnen nicht und machte sie wieder zu. Er hatte nämlich gerade echt geglaubt, dass Juan über ihm knien würde. Aber Juan würde nicht über ihm knien. Denn wenn Juan über ihm knien würde, hieße das, dass sie Sex hätten. Und von daher kniete Juan nicht über ihm.

Er atmete tief durch und riss seine Augen ein drittes Mal auf.

Da.

Juan.

Er kniete wirklich... neben ihm.

Sam quiekte auf. Er war ja sooooo süüüüüüß.
 

Und er lächelte...

Erleichtert?
 

„Endlich wieder wach!“, sagte er laut und ganz bestimmt etwas erleichtert.

„Ja, du Idiot. Was schaust du auch irgendwo ins Blaue rein, anstatt dem Ball auszuweichen?“, mischte sich eine andere Stimme ein und Sam erkannte Tom, der ihn ziemlich spöttisch musterte.

Eigentlich wollte er ihm jetzt schlagfertig etwas antworten, aber in diesem Moment schoss ein stechender Schmerz durch seinen Schädel und er stöhnte nur. Er hätte viel lieber aus anderen Gründen gestöhnt als aus diesem. Vor allem hätte er gerne gestöhnt, wenn Juan in der Nähe gewesen wäre. Vorzugsweise, wenn er dafür verantwortlich wäre...

Auf einmal sah er Miguel vor sich stehen, der ihn mit panischer Miene anstarrte. Seine Haare waren noch zerzauster als sonst und er hatte – wie Sam erst jetzt bemerkte – ein T-Shirt an, auf dem „Free María“ stand. Was sollte das denn bitte bedeuten? Er jammerte irgendetwas und Tom, der Sams verwirrten Blick richtig deutete, übersetzte für ihn, dass Miguels Mutter ihn killen würde und dann könnte er heute nicht seine Soap sehen und auch nicht, wie María sich umbringen wollte und anschließend doch lieber Pedro und deshalb im Knast landen würde.

Dann machte das T-Shirt auch Sinn...
 

„Ist doch alles halb so wild“, sagte Sam seufzend zu Miguel. „Deine Mamá bringt dich schon nicht um.“

Irgendjemand übersetzte für Miguel, der Sam zeternd nach oben zog. „Vale. Salimos a casa, ¿sí?“

Tom winkte dem überraschten Blonden zu, als der von Miguel hochgezogen wurde, der anscheinend stärker war, als er aussah.

Auch Juan winkte. „Wir sehen uns morgen, ja? Halt die Ohren steif und die Beule gekühlt.“ Er zwinkerte und Sam schwebte auf einmal über den Wolken – ayayay.

Sam bekam nicht einmal mehr mit, dass sich Paco dafür entschuldigte, ihm den Ball an den Kopf gehauen zu haben.
 

Er lief schweigend mit Miguel mit. Ab und zu befühlte er die Beule und seufzte. Miguel warf ihm seltsame Blicke zu, während sie gingen.

„¿Quieres a Juan?“, kam es auf einmal von Sams Austauschpartner.

Ach, noch so ein Wort, das Sam konnte. Querer. Das hieß mögen. Und er hatte es sich gemerkt, weil er gerade zu dieser Zeit in einen Typen aus der Nachbarschule verliebt gewesen war und es ihm auf Spanisch sagen wollte, da der Typ Sprachen liebte.

Also wollte Miguel wissen, ob er Juan mochte.

Sehr?

„¡¡¡NO!!!“, rief er sehr entrüstet aus.

Miguel grinste nur. „Sí, sí, quieres... umm... you like Juan.“

„Also redest du doch Englisch?“, fragte Sam begeistert und malte sich schon aus, wie schön es hier doch noch werden könnte, wenn Miguel Englisch könnte. Sie könnten zusammen tratschen, sich Zöpfchen flechten, ihre Barbies frisieren, sich die Nägel... okay, falscher Film. Egal.

Erwartungsvoll lachte Sam Miguel an. Der schaute nur verunsichert zurück und sagte dann: „¿Qué? No entiendo.“

Hätte Sam eine Tischplatte vor sich gehabt, hätte er jetzt gerne mit dem Kopf darauf gehauen.
 

Er macht mich wahnsinnig. Ich versteh einfach null.

Wahrscheinlich ging es Tom tausendmal besser als ihm. Immerhin hatte er, wie er behauptet hatte, in der Nachbarschaft sogar jede Menge heißer Mädchen. Für Tom war das wichtig.

Schlag es nach, was du sagen willst. Bis morgen.

Miguel saß fröhlich vor dem Fernseher und sah sich erneut eine Soap an. Diesmal sah er jedoch keine María, sondern ausschließlich Typen. Vielleicht war Miguel ja auch schwul? Es würde erklären, warum im Hintergrund in Miguels Wohnzimmer Viva forever vor sich hin plätscherte.

Vorsichtig setzte sich Sam neben Miguel, der nach dem Heimweg keinen Versuch mehr gestartet hatte, mit ihm zu reden. Miguel lächelte ihm kurz zu, dann schaute er wieder in den Fernseher.

Sam dachte an Juan. Konnte man sich nach gerade mal einem Nachmittag in einen Typen verlieben? Wenn ja, war das garantiert passiert.

Juan war aber auch total heiß!

Er erinnerte ihn ein bisschen an einen seiner früheren Lieblingssänger, Torry Jasper von A Change of Pace. Aber nur ein bisschen. Juan war nämlich noch viel heißer. Tausendmal.

Und Juan hatte so ein schönes Lächeln... so etwas hatte er bis jetzt noch nie gesehen. Und dabei war er schon öfters verliebt gewesen. Nur eben nie so... ach, er konnte es nicht ausdrücken.

Sam hatte nie an Liebe auf den ersten Blick geglaubt. Nun jedoch war er davon überzeugt.
 

Jetzt gab es nur noch ein Problem: Wie man an seiner Fangemeinde sah, war Juan hundertprozentig hetero.



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von: abgemeldet
2010-06-29T13:53:10+00:00 29.06.2010 15:53
Ich bin schlecht, weil ich immer noch nichts kommentiert habe! x_x
Aaaaber, ich versuche mich zu bessern und fange jetzt einfach mal an und so. Erwarte aber nicht zu viel, Hasi.

Ach, aber bevor ich anfange zu lesen.. Sahm ist schön. <3 Und ein Idiot. Ich will ihn adoptieren. Oder Miguel. Hm, sie sind beide so klasse. Hast du eigentlich schon was über Miguel geschrieben, Wuschelchen? o:

Haaach, das mit der planta de energia solar ist so herrlich. :D Dank Leoniääh, dir und Sahm ist das jetzt auch der einzige Satz, den ich auf Spanisch sagen kann und allen Leuten bei jeder sich bietenden Gelegenheit um die Ohren haue, was jedes Mal zu herrlicher Verwirrung führt, entweder weil derjenige, dem ich das so stolz erzähle, kein Spanisch spricht, oder weil es verstanden wird, derjenige dann aber nicht weiß, warum ich das gesagt habe und mit der Info irgendwie überfordert ist. Es ist so großartig. *-*

Uh, und schon die erste Konversation zwischen Miguel und Sahm ist der Hammer, auch wenn ich Miguel nicht verstehe, weil ich wie gesagt auch nur einen spanischen Satz kann. Ich glaub, ich muss die Sprache mal lernen. >.<
Oh, und Miguel hat so einen hervorragenden Kalmottengeschmack; es ist einfach nur zum liebhaben. *-*

Hm, aber Miguels Eltern haben keine planta de energia solar, das ist uncool. Okay, Sahm hat auch keine, aber er ist trotzdem cool, weil er so tut, als hätte er eine. Miguel sollte mal in eine investieren!

No entiendo ist dann wahrscheinlich so was wie 'Ich verstehe nicht.', oder? O:

Okay, und diese Frage darunter.. da bin ich planlos. Klär mich auf. o:

buen vuelo? Meine erste Intention war ja, dass sie ihn fragt, ob er ein gutes Fahrrad hat, aber wahrscheinlich wollte sie eher wissen, ob sein Flug gut war, oder? ._.

monströs klein - auch eine sehr großartige Bgeschreibung für ein Zimmer. :D

Woah man, das mit dem Flug hat gestimmt! Es wäre aber trotzdem um Einiges lustiger gewesen, wenn sie ihn nach seinem Fahrrad gefragt hätte. °-°

Oha, diese Soap ist anscheinend schon sehr fesselnd. Gibt es die eigentlich wirklich oder ist die deiner Fantasie entsprungen, Bärchen? O:
Oh, und erwähnte ich schon, dass Miguel einfach der Größte ist? Heult bei einer Soap. Hinreißend! *-*

Spice Girls! Ich krame in meinem Hirn grade nach einem Textaussschnitt von denen, den ich dir hier reinknallen könnte, um zu zeigen, wie cool ich bin, aber irgendwie mag mir keiner einfallen. ~.~

Es ist so herrlich! *-* Der arme schwule Miguel, der die Victoria nicht heiraten kann und am Boden zerstört ist. Muss wirklich ein traumatisches Ereignis für ihn gewesen sein. >.<

Chicas.. Immer wenn ich dieses Wort höre oder lese oder denke oder was weiß ich nicht was, muss ich an diesen seltsamen HighHeels-Kerl von dieser dämlichen Bohnenstangensendung denken. O:

Uh, aber der Lehrer klingt lustig. xD Den hätte ich auch gerne! *-*

Sam ist so der Hammer. xD Er kichert. *-*

Hachja, es spricht schon sehr für Sams Intelligenz, dass er Ball spielen will, obwohl er Angst vor Bällen hat. Oder halt für seine unendliche Liebe zu Juan. Auf jeden Fall ist er ein Trottel. :D

Ich liebe es, wie du schreibst. xD Du bringst Sams Gedanken so genial rüber. Wie er einfach immer irgendwas tut und ach.. lässt sich schwer beschreiben, aber diese Selbstverständlichkeit seiner Idiotie ist einfach so großartig, dass man gar nicht anders kann, als immer wieder darüber zu lachen. :3

Das mit der Kuhherde ist sooooo hinreißend. Oh man, ich liebe solche Gedankengänge. *-*

>„Also redest du doch Englisch?“, fragte Sam begeistert und malte sich schon aus, wie schön es hier doch noch werden könnte, wenn Miguel Englisch könnte. Sie könnten zusammen tratschen, sich Zöpfchen flechten, ihre Barbies frisieren, sich die Nägel... okay, falscher Film. <
Das musste ich einfach rauskopieren, weil es so *-* ist. xD Sam ist der Hit!

Soo, ich glaub noch ein Kapitel schaff ich jetzt nicht mehr. Es ist einfach zu heiß! Ich geh jetzt schmelzen und dehydrieren und sterben und so. x_x

Ich liebe liebe liebe liebe Sam und Miguel und die Art, wie du schreibst! Nur um das noch mal klarzustellen. <3

Hasimausi. ♥
Von:  Zuecho
2010-05-24T17:08:23+00:00 24.05.2010 19:08
Und das vierte folgt sogleich °-°

Du hast ja Bilder :D
*Bilder anschmacht* Sahm gefällt mir ö.ö

Ich mag die Verständigungsprobleme, die Sam und Miguel haben :D Oder allgemein die gesamte Familie

>> Seltsamerweise lief beim Essen die ganze Zeit Miguels Musik. Die Spice Girls. <<
Also ich will ja nichts sagen, aber ein Junge der Spice Girls hört, der klingt für mich... schwul ö.ö

>> Ficken.
Das war alles, was Sam dachte, als er die Augen wieder aufschlug. <<
<3

>> Jetzt gab es nur noch ein Problem: Wie man an seiner Fangemeinde sah, war Juan hundertprozentig hetero. <<
och. _Das_ muss nun wirklich nichts heißen xD

Alles in einem toll :D
Aber das habe ich dir ja schon mal gesagt. Glaube ich ö.ö
Und wenn nicht, hier nochmal:
Toll! :D

<3

Von:  -Black-Pearl-
2010-05-24T12:26:08+00:00 24.05.2010 14:26
Sehr nette Idee und schöner Schreibstil =)
Ich mag Spanisch auch sehrm gerne, obwohl ich es eigentlich gar nicht kann, aber das ist wohl meiner Freundin aus Costa Rica geschuldet *grins*
Ich freu mich auf die Fortsetzung und bin gespannt, was Sam noch so alles passiert xD
Achja und an einer Stelle hattest du statt "schien" "scheinte" geschrieben x)
LG
pearl
Von:  Zzzonked
2010-05-24T11:52:47+00:00 24.05.2010 13:52
danke für die widmung, du bist göttlich <3
und jetzt kommentiere ich auch hier noch einmal!
ich liebe den hysterischen sahm und seine kotztüten. ich liebe tom und die tatsache, dass er sahm mitgenommen hat.
juuuuan ist ein idiot :D positiv gemeint, natürlich.
und miguel ist der absolute star.
°-°
jaaawoohl!
auch wenn ich spanien nicht mag. das hier mag ich.
und dich.
määärsiiii. : D
<3
Von: abgemeldet
2010-05-24T00:16:09+00:00 24.05.2010 02:16
hhaaahha tolle ff :D
Ich kann auch spanisch also versteh ich alles :P
Vielleicht ist juan ja auch schwuuull!!! xDD (ist ja nicht seine schuld wenn die mädchen ihm hinterher laufen) xD
hoffe es geht bald weiter
lg
nicicat


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