Zum Inhalt der Seite

Saga of the Northern Winds

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Konfrontation

„Und du bist dir wirklich sicher, dass diese Kaname kein Duel Monster war?“

„Ja.“

Juudai hatte eine Hand auf's Kinn gestützt und musterte die Karte von Yuberu.

„Aber was soll sie dann sein?“, fragte er das Stück Papier.

Die Karte antwortete: „Ich weiß es nicht genau. Menschen würden vielleicht

Dämon dazu sagen. Brutal genug ist sie immerhin gewesen.“

Manjoume hörte dem Gespräch ein wenig im Halbschlaf zu. Juudai hatte ihn in

eine Wolldecke gewickelt auf dem Sofa schlafen lassen. Er selbst saß auf

dem anderen etwas kleineren Sofa gegenüber seines Kaffeetisches, auf dem sich Zeitungen und

Karten türmten und auf einem einzelnen freien Platz eine Tasse Tee stand. Pharaoh schlängelte sich zwischen seine Beine und miaute. Er wollte wohl wieder gefüttert werden. „Nichts da, Pharaoh.“, sagte Juudai und schubste die Katze zur Seite. Beleidigt sprang der Kater auf die Sofalehne und rollte sich dort zusammen.

Juudai hatte Jun den Arm weitestgehend verbinden können. Kurz zuvor hatte er einen Arzt herbestellt, welcher feststellte, dass es sich nur um eine tiefe aber nicht gefährliche Schnittwunde handelte. Jun musste nun mehrere

Stunden am Tag einfach auf dem Sofa liegen und schlafen. Der Arm musste

schließlich auskurieren. Sein Freund kümmerte sich sehr um ihn, was ihn

insgeheim erfreute.

Momentan jedoch ignorierte dieser ihn vollkommen und redete in einer Tour mit

der Karte.

„Kuri Kuri~“

Juudais zweiter Duellgeist, Hane Kuribou, gesellte sich zu Jun auf das

Sofa. Das braune Fellknäuel kuschelte sich an den Schwarzhaarigen um ihn ein

wenig zu trösten. Jun mochte es eigentlich nicht so 'bedrängt' zu werden,

aber jetzt war er sehr dankbar über die Geste des kleinen Monsters und legte seinen gesunden Arm um ihn, als wäre er ein Kuscheltier. Der Kuribou schaute Manjoume besorgt an. Er sah so verletzlich aus, so wie er dort auf dem Sofa lag in seinem leichten Schlaf.

„Hm?“ Juudai sah einen Moment zu den beiden hinüber. Manjoume sah wirklich

süß aus während er sich so sehr an den Kuribou kuschelte. Wie ein kleines

Kind, welches sein Stofftier umarmte.

Er stand auf und strich ihm durchs Haar. Manjoume bemerkte es kaum, er verzog

lediglich ein wenig das Gesicht.

Seine Gedanken waren jetzt ganz woanders.
 


 

Jun träumte wieder.

Er war wieder zwischen Himmel und Erde; der Himmel unter, die Erde über ihm.

Wieder blendete ihn der weiße Schnee welcher zum Himmel hinunter fiel und wieder löste sich das Bild auf. Jun fand sich in einem bodenlosen Raum wieder, dieser war auf der einen Seite tiefschwarz und der anderen strahlend weiß.

Verwirrt blinzelte er um den Helligkeitsunterschied auszugleichen als ihn plötzlich etwas packte. Er sah nach unten und konnte gerade noch so erkennen wie schwarze Dornen sich von seinem rechten Fuß über sein Bein nach oben schlängelten und sich schmerzhaft in seiner Haut dabei verfingen. Im selben Moment griff etwas nach seinem linken Arm, weißblondes Haar umschlängelte diesen und zerdrückte seine Muskeln. Jun schrie vor Schmerz, Licht und Schatten schienen ihn im selben Moment zerreißen zu wollen. Die Dornen und das Haar hatten fast seinen gesamten Körper erfasst, Blut quoll dazwischen hervor und verfärbte alles rot. Er würde zerquetscht werden bei lebendigem Leibe und vollem Bewusstsein.

Tränen rollten über sein Gesicht, die Qual war unerträglich. Hätte er nicht schon längst verblutet sein müssen? Jun konnte hören wie seine eigenen Knochen unter dem Druck zerbrachen. Das Geräusch war widerwärtig und machte ihn noch panischer, doch er konnte sich keinen Millimeter bewegen.

Er hörte auf zu schreien. Den Kopf zu Boden gesenkt wartete er darauf, dass das Haar und die Dornen ihn vollkommen verschlingen würden. Wie als hätten sie seine Gedanken verstanden schnellten die Schlingen näher auf ihn zu und er erstickte in einem Wirrwarr aus seidenem Haar und harten Dornen. Plötzlich brach zwischen all dem Blut und dem eigenartigen Gestrüpp ein helles Licht hervor, welches langsam Dornen und Haar wie Glassplitter zerbrechen ließ und alles in seiner Reinheit verschluckte sodass man nichts mehr erkennen konnte.

Jun erwartete aus diesem schmerzhaften wirren Alptraum aufzuwachen, doch nichts dergleichen geschah.

Stattdessen stand er plötzlich inmitten einer Blumenwiese.

Sein Körper schmerzte immer noch wahnsinnig, doch er schien wieder unversehrt. Der Wind strich ihm um die Nase. Verwirrt sah er sich um.

Das Gras war so hoch, dass es ihm fast bis zum Bauchnabel reichte.

Die Vögel zwitscherten und er hörte in der Ferne Kinderlachen.

Zwischen all dem Grün erblickte eine junge Frau, welche ihm den Rücken kehrend in die unendlichen Weiten dieser schönen Sommerlandschaft hinaus sah. Ihr Haar war fast schwarz, doch es hatte einen leicht grünlichen Schimmer. Sie drehte sich um und sie sah ihn mit leuchtend grünen Augen an. Sie war nicht hübsch. Ihr Gesicht war spitz, eine Spur zu fein für einen Menschen. Ihre Nase war schmal und ebenfalls spitz. Ihr Blick durchdrang ihn.

„Sehr, du hast es geschafft dieses Element zu beherrschen.“, sagte sie und lächelte ihn an.

„W-wer bist du?“, fragte Jun völlig verwirrt und hörte seine eigene Stimme tönen, als befände er in einer riesigen Halle.

„Rayne.“, antwortete sie. Es klang wie das englische Wort für Regen, doch ihr Akzent ließ darauf schließen, dass es sich nicht diese Bedeutung hatte.

„Ich bin hier, um dich zu warnen.“ Plötzlich verschwand die Landschaft um

sie herum und wich vollkommener Finsternis.

Diese Finsternis jedoch entpuppte sich als ein riesiger, schwarzer Spiegel. Aber anstelle ihn widerzuspiegeln, sah Jun in das Gesicht eines Fremden. Er sah ihm

ähnlich, aber das war nicht er.

Der Mann im Spiegel trug das Haar lang und glatt. Lediglich drei Haarsträhnen

hatte er nach hinten gebunden. Er trug einen Mantel aus violetter Seide und an

seinem Finger glänzte ein goldener Ring, in dem ein Diamant eingelassen war.

Raynes Spiegelbild blieb jedoch leer - als würde sie nicht existieren.

„Manjoume Jun. Du bist einer großen Gefahr ausgesetzt, weshalb ich dich

hierher gebracht habe.“, sagte sie gebieterisch. „Du und deine Freunde, ihr

habt bisher alles mit Duellen bestritten und somit gesiegt. Aber dieser Feind

hier lässt sich nicht allein durch ein Kartenspiel besiegen!“

Rayne hob die Hand und darin erschien eine silberne Kette. Sie übergab sie Jun.

„Das ist... Light and Darkness Dragon.“, flüsterte er, als er das Ding in

Händen hielt. Tatsächlich wand sich der Drache auf dem Anhänger.

„Richtig. Er ist dein Seelenebenbild. Sobald du gegen einen deiner neuen

Gegner kämpfst, musst du anstelle eines Duel Monsters ihn mithilfe des

Amulettes töten. Diese Gegner sind keine Menschen, sondern Ausgeburten des

Khaos. Und nur du und deine Freunde können sie vernichten.“

Rayne zerfiel zu goldenem Staub. Jun rief noch ein 'Warte!' hinterher, doch dann

fand er sich auf Juudais Sofa wieder. Es war kein Traum gewesen. In seiner Hand

hielt er immer noch das Amulett.
 


 


 


 

Kaname kehrte niedergeschlagen zurück in die andere Dimension, in welcher sich ihre Herrin aufhielt.

Mit gesenktem Blick betrat sie die bodenlose Halle und verneigte sich vor Narçziss, welche mit dem Rücken zu ihr gekehrt wieder zu der Ebene über ihnen hinauf sah.

„Herrin, ich habe es leider noch nicht geschafft, das Licht zu bekommen.“, sagte sie unterwürfig.

Schweigen.

„Ist – Ich werde mich jedoch darum bemühen, es zu finden! Und ich habe auch schon eine Ahnung, wer das Licht in sich tragen könnte.“

„Hm?“, kam es von Narçziss. Sie drehte sich halb zu der Tänzerin um und musterte sie. „Sein Name ist Yuuki Juudai. Er ist ein relativ bekannter japanischer Pro League Duellant und hat eine besondere Begabung. Außerdem hat er schon viele von unseren Reihen geschlagen, ich denke, er ist derjenige den sie sucht.“, erzählte Kaname eifrig.

„Yuuki Juudai also.“, sagte Narçziss mehr zu sich selbst als zu Kaname.

Sie drehte sich nun komplett zu ihr und wandte den Blick vom Himmel ab.

Kaname erwartete eine weitere Antwort von ihrer Herrin, doch diese schien dasselbe von ihr zu erwarten.

Der eisige Blick mit welchem Narçziss sie musterte, verunsicherte Kaname ein wenig. Ein Kichern hallte durch die Stille. Es gehörte einem weiteren Dancing Warrior – Purin. Sie hatte rotes langes Haar welches sie nach hinten gebunden hatte und trug ähnliche Kleidung wie Kaname, nur statt fliederfarbenem Stoff war ihrer feuerrot.

„Ich habe beobachtet, wie dich dieser Schwarzhaarige fertig gemacht hat, Kaname-chan. Meiner Meinung nach bist du nicht wirklich geeignet dafür, das Licht zu suchen.“, sagte sie gehässig.

Kaname erwiderte patzig: „Was fällt dir ein? Der hatte nur Glück und auch noch ein Duel Monster was sich mir in den Weg gestellt hat!“

Ein weiteres Kichern, dieses Mal war es die Stimme eines anderen Dancing Warriors, ertönte aus der Dunkelheit.

„Ach wirklich? Du solltest wirklich deinen Stolz zurück schrauben, Kaname-chan.“, sagte die Stimme. Es war Fuku. Sie sah genauso aus wie Purin, sie waren Zwillinge, jedoch hatte Fuku hellblaues Haar und trug ihre Kleidung in verschiedenen Blautönen.

Kaname wollte etwas erwidern, doch Narçziss unterbrach sie: „Es ist mir herzlich egal wie ihr das anstellt, meinetwegen teilt euch auf und sucht alle nach ihm. Hauptsache ihr erledigt das und zwar schnell!“

Ihr unterkühlter Blick sprach einen Befehl aus.

Die drei Mädchen verneigten sich mit einem synchronen „Ja Herrin!“ und verschwanden in bunten Flammen.
 

Er strich sich das dunkle Haar aus dem Gesicht. Kopfschmerzen, schon wieder.

Unruhig wälzte er sich im Bett auf und ab, er sollte eigentlich schlafen, aber er konnte nicht. Endgültig gab er es auf und klaubte eine Packung mit Schlaftabletten vom Nachttisch neben seinem Bett, holte eine der kleinen weißen Tabletten aus ihrem Plastikgefängnis und schluckte sie ohne etwas zu trinken einfach hinunter. Er hatte schon so oft keine Kraft gehabt sich etwas zu trinken zu holen um irgendwelche dieser gefühlten zwanzigtausend Tabletten welche er tagtäglich schlucken musste zu sich zu nehmen.

Diese Abhängigkeit von Medikamenten machte ihn fertig.

Herztabletten, Beruhigungsmittel, Antidepressiva. Unglaublich widerwärtige Mischung.

Was war nur aus ihm geworden? Früher war er, Kaiser Ryou ein erstklassiger Duellant, elegant, stark und unabhängig.

Und jetzt...

Mit dem linken Arm verdeckter er sein Gesicht. Es war dunkel in seinem Zimmer und doch blendete ihn etwas. Wahrscheinlich eine dieser Nebenwirkungen, die ihn so empfindlich machten. Ryou war einfach vollkommen am Ende.

Zwar hatte sich sein Herz gebessert, aber die Tatsache, dass er sich nach wie vor nicht duellieren konnte machte ihn wirklich fertig.

Im letzten Jahr hatte er sich noch fest vorgenommen mit einem neuen Deck zusammen mit Shou wieder zurück in die Pro League zu gehen und sich mit ihm zusammen einen neuen Namen zu machen. Es hätte alles sich zum Besseren wenden können, doch weder Glück noch Erfolg schienen ihm wohl gesonnen.

Es war nur schlimmer geworden.

Langsam begannen die Tabletten zu wirken und binnen weniger Minuten konnte Ryou endlich schlafen. Und träumen. Er konnte sich nie an seine Träume erinnern.

Aber es schien heute etwas anders zu sein.
 


 


 

Ryou befand sich in einem lichtdurchfluteten Raum ohne jegliche Enden.

Ein leises Ticken war zu hören, ansonsten herrschte eine angenehme Ruhe in dieser Ebene. Um ihn herum befanden sich eigenartige Uhren in jeder erdenklichen Form, sie schienen aus Glas zu sein, nur das Ziffernblatt, die Zeiger und die Mechanik dahinter schienen aus einem sauber glänzenden Material zu bestehen.

Keine der Uhren zeigte die gleiche Zeit und trotz des tickenden Geräusches bewegte sich keiner der Zeiger in irgendeine Richtung. Verwirrt drehte er sich um, doch niemand außer er und den Uhren schien in diesem Raum zu sein.

„Wo bin ich...“, flüsterte er. Wider erwarten jedoch bekam er eine Antwort von einer anscheinend körperlosen androgynen Stimme: „In deiner Welt.“

Ryou war noch verwirrter. „Meiner Welt?“, fragte er skeptisch.

Stille. Nur das leise Ticken der Uhren war zu hören.

„Die Ebene der Zeit, deine Ebene, unsere Ebene. Mir bleibt nicht viel Zeit, meine Kraft ist im Moment dafür zu gering um sie aufrecht zu erhalten.“

Die Stimme schien ganz nah vor Ryou zu sein – oder war sie doch hinter ihm? Er konnte sie nicht identifizieren. „Etwas wird das Gleichgewicht der Welten wieder stören und es ist ganz nah. Und nun ist es Zeit dir den richtigen Weg zu weisen. Sieh...“

Vor Ryou manifestierte sich eine große Uhr welche sich von den anderen abhob. Ihr Glas spiegelte. Erst verstand Ryou nicht, was die körperlose Stimme von ihm wollte doch als er näher an die Uhr herantrat sah er wie sich sein Spiegelbild verändert hatte. Das ozeangrüne Haar war einem dunklen Blauton gewichen welcher fast in ein tiefes schwarz überging, es war länger und leicht wellig. „Was-?“, brachte er nur hervor und fasste nach einer Haarsträhne. Das Spiegelbild log nicht, sein Haar hatte wirklich diese Farbe angenommen. Wieder sah er zu der spiegelnden Uhr, welche anscheinend die Quelle der Stimme zu sein schien. „Ich warte auf dich... Zaphirè.“, hörte er die Stimme sagen – und erschrak in jenem Moment als er sah, dass er die Worte selbst gesprochen hatte.

Die Lippen seines Spiegelbildes verformten sich zu einem sanften Lächeln. Das Bild löste sich in Sekundenbruchteilen auf und Ryou fiel. Tief, immer tiefer bis er unsanft auf hartem Boden landete.

Er fand sich inmitten eines düsteren Raumes liegend wieder. Langsam richtete sich auf und sah sich um. Anscheinend war er in einem riesigen Stahlkäfig gefangen, denn aus nichts anderem schien seine Umgebung zu bestehen. Alles, die Wände, der Boden, die Decke schienen Meterdick und mehrmals mit unterschiedlich großen Stahlplatten geflickt zu sein, denn das Metall sah sehr abgenutzt und brüchig aus.

Er stand auf und schritt vorsichtig auf die Wand vor sich zu. Seine Schritte hallten in dem riesigen Käfig wider.

Er konnte die Größe des Raumes nicht einschätzen, denn je näher er kam desto weiter schien der Weg zu sein. Oder bewegte sich der Raum mit ihm?

Plötzlich gab es einen heftigen Ruck wie bei einem Erdbeben und die Platten begannen sich zu bewegen – direkt auf ihn zu. Ryou wirbelte herum. Es gab immer noch keinen Ausgang, die Wände und Decke kamen rasend schnell auf ihn zu. Panisch warf er sich zu Boden und versuchte sich mit den Armen zu schützen, doch die schweren Metallplatten machten keinen Halt vor ihm und er spürte nur noch wie sein ganzer Körper schmerzhaft getroffen und in jedem Moment zerquetscht werden würde.

Nein...!!

Er wusste nicht was er tat, doch es rettete ihn vor dem stählernen Tod. Ryou konnte nur aus dem Augenwinkel erkennen, dass er seine Arme welche vor Anstrengung zitterten gegen die Wände presste um sie davon abzuhalten näher zu kommen.

Die Platten schrammten mit einem widerlichen Geräusch ein paar weniger Millimeter näher zu ihm über den Boden, doch Ryou hielt keuchend ihrer Kraft stand. Er musste durchhalten. Er konnte jetzt nicht sterben. Er musste überleben. Er musste das Metall kontrollieren.

Plötzlich spürte er einen wahnsinnigen Energieschub seinen Körper durchfluten und es schien gar nicht mehr so anstrengend zu sein die Platten davon abzuhalten ihn zermalmen zu wollen.

Er nahm all seine Kraft zusammen und konzentrierte sich darauf, die Gefahr zu zerstören.

Ryou atmete tief ein und aus und drückte die Platten langsam von sich weg. Sie gaben nur schwer nach, doch er konnte sie wie durch ein Wunder von sich weg bewegen.

Langsam konnte er sich wieder aufrichten, denn je weiter er die Wände wegdrückte desto weiter schien sich auch die Decke von ihm wegzubewegen.

Mit einem letzten Ruck stieß er die Gefahr von sich und der Raum nahm wieder seine Ursprungsform an. Ryou hatte sich seit Ewigkeiten nicht mehr so lebendig gefühlt wie in diesem Moment. Er ballte eine Hand zur Faust und richtete seinen Blick auf diese. Die Energie in seinem Körper schien ihn völlig einzunehmen, ihn übernatürlich zu stärken. Sie gab ihm die Kraft weiter zu machen, obwohl er schon kurz davor gewesen war aufzugeben. Nun musste er nur noch aus diesem stählernen Gefängnis fliehen. Es war immer noch keine Tür oder etwas ähnliches zu finden, doch Ryou kam eine Idee. Entschlossen lief er auf die Wand vor sich zu. Sein krankes Herz und sein schwacher Körper schienen nun keine Rolle mehr zu spielen. Er holte aus und schlug auf die Stahlwand ein. Das Metall gab nach wie ein weiches Kissen und bröckelte, woraufhin sich ein helles Licht hinter der Wand offenbarte. Ryous Hand schmerzte nur leicht als er ein zweites Mal dagegen schlug. Er griff nach dem verbogenen Stahl und riss die Wand weiter auf, es war so leicht als würde sie nur aus dünnem Papier bestehen.

Das Licht durchflutete den düsteren Stahlkäfig und ließ das kalte graue Metall schimmern. Ryou trat hinaus in das gleißende Licht. Die Energie verschwand als er hinaus trat und er spürte nun den Schmerz welcher seinen ganzen Körper einnahm. Nur eines verließ ihn nicht: Der Name der ihm gegeben wurde hallte in seinem Gedächtnis wider. Zaphirè.
 


 

Ryou befand er sich schweißgebadet wieder in seinem Bett. Es war eine tiefschwarze Nacht, nur der Vollmond erleuchtete sein Zimmer.

In seiner rechten Hand spürte er einen kühlen Gegenstand. Ryou richtete sich auf und strich sich das Haar aus der Stirn. Er spürte wie er zitterte, sein Herz begann wieder leicht zu schmerzen, doch er konnte diesem jetzt keine Aufmerksamkeit schenken.

Der Gegenstand war ein silbernes Amulett, welches an einer Kette hing. Es war viel zu dunkel um zu erkennen was es darstellte. Ryou drehte sich zu dem kleinen Nachttisch auf welchem immer noch die Tabletten lagen und schaltete das Licht an. Er blinzelte, um sich an die Helligkeit zu gewöhnen um dann das Amulett näher zu betrachten.

Es war fein gearbeitet aus einem Material welches er nicht deuten konnte. Das Amulett glänzte, es war sauber und schien doch sehr alt zu sein. Er strich mit der Hand über den Anhänger. Es zeigte Hamon, Lord of Striking Thunder. Ein Phantomdämon welchem sie damals schon gegenüberstanden.

Ryou umschloss das Amulett in seiner Hand, schaltete das Licht aus und drehte sich auf die andere Seite. Was bedeutete das? Zaphirè. Und jetzt Hamon.

Er fand keine Antwort darauf.

Die Medikamente wollten nicht helfen. Doch nach Stunden die er seinen wirren Gedanken ausgeliefert war konnte er endlich schlafen.
 


 


 


 

Juudai brachte seinem neuen Mitbewohner einen Tee. „Geht's dir besser?“,

fragte er und setzte sich neben Jun auf das Sofa. Dieser nickte und nahm den Tee

dankend an.

Juudai...

Wie nah er ihm war. Und doch fern.

Juudai zog die Knie an seine Brust und legte sein Kinn darauf. „Schon

merkwürdig. Duellgeister, die keine sind... und Duelle, die mit echten Kämpfen

und Töten zu tun haben. O Mann, was ist hier bloß los?“

Er legte die Stirn auf die Knie, um besser einen klaren Gedanken fassen zu

können. Pharaoh streckte sich und machte ein lang gezogenes Miau. Die kleine Lichtkugel in welcher Daitokujis Seele steckte entschwand dem Maul der Katze, doch bevor er sich über die Freiheit freuen konnte, hatte die Katze diese schon wieder gefangen und verschluckt.

Jun besah sich den Anhänger, den ihm Rayne gegeben hatte. Sollte er ihn Juudai

zeigen? Nein, vorerst nicht. Unauffällig ließ er das Ding in seine Hosentasche

gleiten.

In diesem Moment klingelte das Telefon.

„Momentchen.“ Juudai stand auf und eilte in die Küche.

Jun hörte ihm erst gar nicht zu, bis er plötzlich ausrief: „Ich komme

sofort!“

Juudai knallte den Hörer auf die Gabel und hechtete in den angrenzenden Flur.

„Manjoume, ich weiß nicht, ob du mitkommen kannst, aber wir sollten schnell

zu Marufuji-sama gehen. Fubuki hat mir gerade erzählt, dass Kaiser eine ähnliche Vision wie du hatte!“, sagte er in einem Atemzug. Sofort sprang der Angesprochene wie vom Blitz getroffen auf und warf dabei den Kuribou

herunter, der erschrocken durch die Luft flatterte. „Dann mal los!“, sagte

Jun und schnappte sich ebenfalls seine Stiefel.
 


 


 

Marufuji Ryou und Tenjouin Fubuki wohnten etwas abseits von der Stadt, weshalb sie mit der U-Bahn fahren mussten. Die Innenstadt war schon immer recht voll gewesen, doch jetzt schienen es fast doppelt so viele Menschen zu sein, die sich durch die Straßen drängten.

Jun und Juudai kämpften sich durch die Massen. Sie brauchten fast

doppelt so lang als für gewöhnlich aufgrund des plötzlichen

Menschenandrangs.

Endlich kamen sie am Gleis an, mussten dann aber rennen, um ihre Bahn noch zu

kriegen. Auch diese war bis zum Erbrechen voll, und die beiden Jungen mussten

eng aneinander gedrängt die 20 Minuten darin verbringen. Jun wurde diese Enge leicht unangenehm aufgrund der Gedanken, die er dabei hatte. Ich könnte mich

unauffällig an ihn kuscheln. Mein Arm kommt mir da zur Genüge...

Ihm wurde warm. Sollte er, sollte er nicht? Doch die U-Bahn nahm ihm durch einen

heftigen Ruck seine Entscheidung ab. Um nicht auf der Einkaufstüte einer alten

Dame zu landen, klammerte er sich an seinen Freund. Ihm wurde wohlig warm dabei und genoß die Möglichkeit ihm nah zu sein.

Nach einer Weile jedoch zerstörte Juudai Juns Tagträume. „Äh... Manjoume,

was machst du da?“, fragte er und schaute ihn argwöhnisch an.

„Äh-äh... Nichts. Ich bin bloß gefallen!“, versuchte er die

Situation zu retten, doch seine rote Birne hätte ihn eindeutig verraten.

„Ach so, okay. Nicht schlimm.“, schmunzelte Juudai.

Was für'n Idiot. (Hätte er es gekonnt, hätte er sich die Hand gegen die Stirn

geschlagen.)

Nach einer halben Ewigkeit in bedrückender Enge, Schulter an Schulter mit

Juudai, verließen sie die Bahn und traten in gleißendes Sonnenlicht. Marufuji

und Tenjouin bewohnten ein kleines Apartement in einem der

vornehmeren Stadtviertel. Es war das komplette Gegenteil zu Manjoumes Wohngegend, die eher zu den sozial Schwächeren gehörte und ebenso Juudais, der in einem belebten Viertel am Rande der Innenstadt in einem modernen Hochhaus lebte.

Das Anwesen der beiden ehemaligen besten Schüler des Hauses Obelisk Blue war

ein Zweifamilienhaus für die Leute, die etwas tiefer in die Tasche greifen

konnten. Es war einem europäischen Neubau nachempfunden, mit Flachdach und

wenigen, aber recht großen Fenstern.

Fubuki lehnte schon am Eingangstor. Wortlos bat er sie herein.

Die Innenräume waren einfach, aber gewählt eingerichtet worden. Das Wohnzimmer

ließ wieder zu erkennen geben, dass sie es mit der Oberschicht zu tun hatten –

ein größerer Flachbildfernseher stand an der Fensterseite, fast mitten im Raum

stand ein cremefarbenes Ledersofa vor welchem ein großer Teppich lag. Vor dem Sofa stand ein Fernsehtisch, auf dem nichts als einer Blumenvase stand.

Daneben stand ein ebenfalls cremefarbener Ledersessel.

Die Fenster ließen einen Blick auf einen großen Garten frei. Im linken Teil des Zimmers ging es in ein anderes Zimmer; auf der linken Seite der Tür standen

Bücherregale und eine Vitrine, in der wertvolle Duel Monster–Karten und

Trophäen von gewonnen Turnieren aufbewahrt wurden, auf der rechten Seite stand

ein Aquarium von dem ein blaues Licht ausging.

Ryou Marufuji saß auf der linken Seite des Sofas und beachtete die beiden Jungen nicht.

Fubuki bat sie darum sich zu setzen, nur um danach in der Küche zu verschwinden, um mit Keksen und Kaffee wieder aufzutauchen und dies auf dem Tisch vor ihnen zu stellen.

„Ich habe Shou ebenfalls angerufen, er meinte, er würde auch kommen.“, sagte er zu seinem besten Freund. Dieser zeigte keine Reaktion.

Juudai setzte sich vorsichtig neben den ehemaligen Kaiser. Jun zögerte, schob den Sessel dann jedoch etwas nach vorn um gegenüber der beiden jungen Männer zu sitzen. Juudai neben Ryou Marufuji sitzen zu sehen war ein merkwürdiges Bild, so unterschiedlich sie sich waren. Und es machte Jun irgendwie sauer.

Kurz darauf klingelte es an der Tür – es war der kleinere Marufuji.

„Sh-Shou?“

Man hatte ihn als kleinen, ängstlichen Jungen mit Brille und türkisfarbenem

Haar kennengelernt. Doch dieser Shou hatte sich in den letzten 4 Jahren stark

verändert. Er war gewachsen und trug andere Kleidung. Die Brille hatte er diesmal gegen

Kontaktlinsen ausgetauscht. Und jetzt hatte er auch noch den letzten Schliff mit

seinen Haaren gezogen. Das Schwarz stand ihm eigentlich recht gut. Das Haar war

kürzer, die Spitzen seines Ponys und eine etwas längere Strähne an der Seite hatte er in einem dunklen Rot gefärbt. Im allgemeinen könnte er einem eher gefährlich als schüchtern vorkommen. So gar nicht wie der Shou der er damals war. Er hatte sich in den letzten Monaten eine aggressive, gar dreiste Art angelegt. Sie wussten nicht warum er es tat. Es schien irgendetwas passiert zu sein, weshalb er sich so verändert hatte. Oder wollte er wirklich den gleichen Weg einschlagen wie sein Bruder es damals tat? Dieser hatte sein düsteres Image aufgrund seiner Krankheit schon längst abgelegt.

„Nun, kommen wir zur Sache.“ Shou ignorierte Juudais Ausruf und ließ sich

auf den Teppich fallen.

Ryou musterte seinen kleinen Bruder argwöhnisch, bevor er zu erzählen begann.

„Ich... befand mich in einem Raum ohne jegliche Enden, um mich herum waren nur Uhren aus Glas zu sehen. Dort bin ich auf... wie soll ich es sagen – nunja, auf jemanden getroffen welcher mich vor unseren neuen Gegnern warnte. Außerdem nannte er mir einen Namen.“

„Name?“, brachte Fubuki Kekse kauend hervor. „Was für ein Name? Und für wen?“

„Man spricht nicht mit vollem Mund, Nii-san.“, meinte Jun, hörte dann aber

weiter zu.

Zaphirè.“, antwortete Ryou ohne seinen besten Freund dabei anzusehen.

Za-was?“, kam es von Juudai.

Jun unterbrach Ryous Erzählung. „Also ich habe keine Uhren oder sowas gesehen, was ist daran jetzt so ähnlich? Vor allem klingt mir das nicht nach einer Vision.“, meinte er abfällig. Er mochte Ryou nicht sonderlich. Einerseits da er damals in der Junior League ihn immer übertroffen hatte. Andererseits wegen der Konkurrenz um den Kampf um Asuka. Auch wenn Jun sie begann immer mehr als normale Freundin zu sehen, vielleicht weil sie jetzt in Amerika war – vielleicht auch wegen Juudai.

Ryou musterte den Schwarzhaarigen mit finsterem Blick. „Deswegen.“, antwortete er trocken. Er holte einen kleinen Gegenstand aus seiner Hosentasche und warf ihn auf den Tisch.

Jun, welcher ihm direkt gegenüber saß erschrak. „... das kann nicht sein.“ flüsterte er.

Vor ihm lag ein Amulett welches seinem sehr ähnelte. Es zeigte Hamon, Lord of Striking Thunder.

Mit zitternden Händen kramte er sein eigenes Amulett, welches Light and Darkness Dragon zierte hervor und legte es ebenfalls auf den Tisch.

„Was hat das zu bedeuten?“, sagte Jun mehr zu sich selbst als zu den anderen.

Stille herrschte für einen kurzen Moment.

Dann meinte Fubuki mit einer dämlichen Frage diese zu unterbrechen: „Will sonst noch jemand?“ Und schob den Teller auf welchem sich frische Schokoladenkekse türmten weiter in die Mitte des Tisches.

„Das ist nicht der passende Moment für deine dämlichen Kekse“, antwortete Shou genervt woraufhin Fubuki sich mit einem empörten „'Tschuldigung“ aufrichtete und in einem Nebenraum verschwand. Kurz darauf kam er mit einem Notizblock und Kugelschreiber in der Hand wieder auf, legte dies auf den Tisch und setzte sich möglichst weit von Shou entfernt auf den Boden.

Wie als hätten sich Juudai und Fubuki in Gedanken abgesprochen nahm der Braunhaarige den Notizblock in die Hand und kritzelte ein paar Stichpunkte auf das Blatt. Er schien die Sache ernst zu nehmen. „Wobei... für mich erschließt sich nicht was diese beiden Monster miteinander zu tun haben.“, meinte er darauf.

„Ich weiß es auch nicht“, antwortete Ryou und lehnte sich etwas zurück.

„Außerdem habe ich noch nicht alles erzählt. Kurz nachdem ich von diesem Namen erfahren habe befand ich mich plötzlich in einem Raum komplett aus Stahl. Die Wände kamen auf mich zu und wollten mich zermalmen, aber ich bekam im letzten Moment einen Energieschub um sie davon abzuhalten. Metall zu bezwingen war für mich in diesem Moment eine Leichtigkeit, obwohl ein Mensch und gerade jemand der so geschwächt ist wie ich niemals so etwas schaffen könnte. Ich weiß nicht direkt was es damit auf sich hat. Aber ich bin mit diesem Ding in der Hand aufgewacht.“ Er zeigte auf das Amulett.

Jun wirkte noch verunsicherter als vorher. „D-das... klingt so wie der Traum, den ich gestern hatte.“

Damit hatte er die Blicke der anderen sofort auf sich gezogen.

„Was?“, fragten Fubuki und Juudai wie aus einem Mund.

„Nunja, bevor ich mein Amulett erhalten habe hatte ich wirklich einen ähnlichen Traum. Also...“, stotterte Jun und sah dabei seinen Anhänger an.

„Ich wurde von schwarzen Dornen und weißem seidenen Haar in der Mitte zerrissen. Der Raum in dem ich mich befand war auf der Seite der Dornen tiefschwarz und der anderen strahlend weiß, wie Finsternis und Licht...“ Jun vergrub das Gesicht in seinen Händen.

„Warum erzählst du uns das erst jetzt?“, sagte Juudai ernst.

„Weil es mir zu sehr Angst macht...“

Jun gab es ungern zu, aber es war die Wahrheit. „Gerade das ist ein Grund es nicht zu verschweigen, Dummkopf.“, erwiderte Juudai und verschränkte die Arme. Normalerweise hätte Jun darauf eine patzige Antwort gegeben, doch Juudai hatte absolut recht.

Schweigen dominierte für einen kurzen Moment die Szenerie, bis Shou sagte:

„Aber dir wurde kein Name genannt, Manjoume? Ich meine, Zaphirè habe ich noch nie gehört. Das ist ein sehr merkwürdiger Name...“

„Naja... nein. Doch, ich traf auf jemanden namens Rayne. Sie warnte mich vor unseren neuen Gegnern und sagte, dass wir die einzigen wären die die Fähigkeiten hätten sie zu besiegen...“

Juudai hielt seinem Sitznachbarn den Notizblock vor die Nase. Ryou wusste erst nicht, was der ehemalige Osiris damit wollte, bis Juudai peinlich berührt sagte: „Tut mir Leid, aber ich habe keinen Schimmer wie ich diese Namen schreiben soll.“

Seufzend nahm Ryou den Block entgegen und schrieb den Namen in die Mitte des Blattes. Seine Schrift war sehr ordentlich und nicht so wechselhaft wie Juudais und wirkte völlig unpassend zwischen all dem Gekrakel. Neben den eigenartigen, für einen Japaner unaussprechlichen Namen schrieb er die Kana ザフィル (Za Fi Ru) daneben um den ungefähren Laut verdeutlichen zu können.

Dann warf er den Block auf den Tisch vor Jun.

„Zaphirè ist aber denke ich jemand anderes als Rayne. Er hat eine andere Position. Auf jeden Fall bin ich mit diesem Amulett aufgewacht und da es anscheinend das Gleiche zu bedeuten hat wie Manjoume-sans, wird es ebenfalls für einen... einen Kampf gedacht sein.“

Ryous Blick wirkte nachdenklich.

Shou nahm den Hamon-Anhänger und besah sich diesen genauer.

„Was mich auch wundert ist, warum erst Manjoume-kun und dann du diese Amulette bekommen habt... normalerweise ist doch Aniki unser 'Held'.“, sagte er.

„Wartet, hier hinten steht etwas.“

Shou schien auf der Rückseite einen Hinweis gefunden zu haben, zumindest sagte das sein erstaunter Gesichtsausdruck, welcher jedoch sofort wieder in Enttäuschung mündete.

„Ja, da steht wirklich was, aber auf europäisch. Deutsch oder so...“

Man konnte in dem Blick wieder den alten Shou erkennen. „Was denn?“, fragte Juudai und nahm Juns Amulett in die Hand. Auch auf diesem stand etwas, jedoch konnte er es ebenfalls nicht entziffern. Es waren Romaji, jedoch verstand er davon kein Wort.

Wieder wurden sie allein gelassen mit Fragen auf die sie keine Antwort wussten.

Jun nahm sich einen Keks. Auch er wusste keine Antwort – bis ihm wieder die Austauschstudenten einfielen.

„Warum fragst du nicht Andersen?“, meinte er zu dem ehemaligen Osiris-Red-Studenten.

Juudai sah Jun an wie eine Kuh auf der Weide, woraufhin der Schwarzhaarige ihn genervt fragte: „Bist du wirklich so schwer von Begriff oder tust du nur so? Ich dachte dein Freund kommt aus Norwegen, vielleicht weiß der was da steht.“

„Da müsste es jetzt aber in etwa 6 Uhr morgens sein, wir würden also erst heute Abend erfahren was das bedeutet. Vorausgesetzt Andersen-kun versteht was das bedeutet.“, sagte Ryou.

Juudai kümmerte sich nicht um den Zeitunterschied und fotografierte mit seinem Handy die Rückseite des Light and Darkness Dragon-Amulettes um dieses dann seinem Freund Johan Andersen zu senden.

Er schrieb ihm eine kurze Nachricht.
 

„Hey Johan, wie geht es dir so? Manjoume hat dieses Ding hier irgendwie bekommen und wir wissen nicht was das bedeutet, wäre cool wenn du mir sagen kannst was das heißt. Juudai“
 

„Dann hoffen wir mal, dass Andersen-kun 'ne Ahnung hat was das bedeutet...“, sagte Fubuki, welcher die meiste Zeit ruhig – für seinen Charakter war das recht selten – zugehört hatte.

Er bekam ein zustimmendes Nicken von den anderen Vier.

Ja, hoffentlich... dachte Jun. Sollte er erwähnen, dass er gestern angegriffen wurde?

Der Verband an seinem Arm wurde schließlich durch seinen Mantel verdeckt.

Nein, er wartete lieber auf Andersens Antwort.

Fubuki stand auf. „Leute, ich muss euch jetzt leider rausschmeißen. Hab heute Spätschicht...“ Er klang nicht sehr begeistert darüber. Aber ohne den Nebenjob konnte er sich und Marufuji nicht über Wasser halten. Jun wunderte sich darüber, wie Shou es vor Fubukis Einzug geschafft hatte sich um Ryou zu kümmern und diese Wohnung zu halten. Zugegeben, er wusste an sich nichts über die beiden Brüder. Nicht einmal Juudai wusste viel über seinen eigentlich „besten“ Freund.

Fubuki unterbrach jedoch Juns Gedankengänge über die Geschwister und machte ihnen deutlich, dass er sie in den nächsten 5 Minuten nicht mehr hier haben wollte. Shou beeilte sich und zog ohne sich zu verabschieden von dannen, Juudai trödelte noch etwas herum, was Jun die Zeit gab sich noch einmal an den älteren Marufuji heran zu wagen.

Erst jetzt konnte er erkennen, dass es diesem wohl nicht gut ging. Ryou wich seinem Blick aus, er sah aus dem Fenster – ohne wirklich etwas zu sehen. Sein Blick war leer.

Der ehemalige Kaiser litt offensichtlich an seinem Gesundheitszustand, jedoch eher seelisch als körperlich. Und die Tatsache, dass der Besitz dieses Amulettes ihn zum erneuten Kampf aufforderte war geradezu lächerlich. Es verhöhnte Ryou Marufuji. Denn kämpfen konnte er nicht, schon lange nicht mehr.

Auch wenn es nicht die beste Idee war ihn darauf anzusprechen, fasste sich Jun ein Herz:

„Marufuji-san? Kann ich dich etwas fragen?“

Der Ältere wandte sich Jun zu, jedoch antwortete er mit Schweigen. Sein Blick war immer noch gleichgültig und verloren.

„Glaubst du, dass diese Träume irgendeine Verbindung zwischen uns darstellen?“

Ryou schüttelte den Kopf.

„Bist du dir da auch sicher?“, fragte Jun. „Ja, bin ich.“, sagte Ryou bestimmt.

„Die Menschen aus unseren Träumen haben nichts miteinander gemeinsam. Auch wenn sie vielleicht das gleiche Ziel haben.“

Ryou schien sich ziemlich sicher dabei. Sein Amulett lag immer noch offen auf dem Tisch. Jun hatte seines bereits wieder in der Tasche verstaut.

Er wollte ihn noch etwas fragen, doch Fubuki unterbrach ihn und schob ihn energisch mit Juudai zusammen aus der Tür.

„Ist das in Ordnung, dass du ihn allein lässt?“, fragte Juudai den ehemaligen Obelisk-Blue-Studenten auf dem Weg zur U-Bahnstation.

Fubuki nickte. „Sein Zustand ist soweit stabil sofern er seine Medikamente nimmt und es kommt gleich auch eine Pflegerin die auf ihn aufpasst. Aber es wurde uns schon bestätigt, dass wenn Ryous Zustand sich in den nächsten 3 Monaten konstant so hält oder verbessert er dann keinen 'Schoßhund' mehr benötigt, so wie er's gern umschreibt.“

Juudai nickte. „Dann ist ja alles gut.“, sagte er und lächelte. Es war als wäre die merkwürdige Stimmung die noch vor ein paar Minuten geherrscht hatte aus Juudais Gedächtnis verschwunden. Typisch.

Die drei Jungen nahmen gleich die nächste Bahn die sie erwischen konnten und fuhren wieder in Richtung Innenstadt. Es war deutlich leerer geworden. Wie spät war es?

Schweigend saßen sie in der U-Bahn nebeneinander und hörten dem Rattern des Zuges zu.

Fubuki stieg ein paar Stationen vor Juudai und Jun aus; er verabschiedete sich mit einem unpersönlichen „Bis dann“ und verschwand.

Juudai streckte sich und gähnte: „Ich bin müdeee~“

Ohne Jun zu fragen lehnte er sich an dessen Schulter, was diesen einerseits erfreute, andererseits doch störte, denn Juudai war zwar schlank, aber schwer.

„Lass das Yuuki.“, brummte Jun und schubste den Braunhaarigen weg.

Irgendwie hatte er gerade gar keine Lust auf Körperkontakt. Er fühlte sich irgendwie unwohl. Instinktiv wanderte seine Hand hoch zu dem Verband unter seiner Jacke.

Es tat zwar nicht mehr so sehr weh, doch in diesem Moment begann sie zu schmerzen. Jun keuchte kurz auf, was Juudai anscheinend aus seiner Müdigkeit heraus riss.

„Was ist los?“, fragte er und sein Blick wurde ernst, als er Juns Hand an der Stelle sah.

„Hätten wir ihnen etwas erzählen sollen?“, fragte Jun ohne Juudai dabei anzusehen. Das Schweigen des Braunhaarigen deutete auf Unschlüssigkeit hin.

Die U-Bahn erreichte die Station an der sie aussteigen mussten. Ohne ein weiteres Wort miteinander zu wechseln verließen sie den U-Bahnhof. Jun sah auf die große Uhr neben dem Ausgang. 15:26 zeigte diese. Wie schnell die Zeit vergangen war.

„Hat Andersen dir schon geantwortet?“, sagte er beiläufig. Juudai schüttelte den Kopf.

„Gegenfrage: Hast du Hunger?“

Juudai deutete auf einen Stand von welchem ein leckerer Duft ausging.

„Dangos?“, fragte Jun. „Natürlich!“, zwinkerte ihm der Braunhaarige zu.

Er bestellte für sie beide, auch wenn Jun darauf bestand seine Portion selbst zu bezahlen.

Dieser Junge schaffte es irgendwie bei jeder noch so niederschlagenden Situation ihm ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern. Die beiden setzten sich auf eine der vielen Sitzbänke, welche sich auf dem großen Platz befanden, aßen, beobachteten das Geschehen um sie herum, redeten und lachten.

Irgendwie fühlte sich das ganz und gar nicht nach einer neuen Bedrohung an.
 


 


 


 


 

Es war ein typisch verregneter Sonntagmorgen in einem von Japan weit entfernten Land. Ein Junge mit seegrünem Haar drehte sich zum gefühlten zwanzigsten Mal in seinem Bett um bis er es schließlich aufgab und sich darin aufsetzte. Er streckte sich und gähnte dabei lautstark, stand auf und versuchte das verwuschelte Haar halbwegs mit den Fingern zu richten.

„God morgen“, hörte er die fröhliche Stimme einer Frau aus dem angrenzenden Flur rufen.

Der Junge rieb sich die Augen und gähnte noch einmal, bevor ihr mit einem „Morgen, mamma“, antwortete.

Noch schlaftrunken tapste er etwas unbeholfen den Flur entlang in die Küche, in welcher seine Mutter schon eifrig dabei war etwas zum Frühstück zuzubereiten.

„Har du sovet godt?“, fragte sie, den Blick auf die Pfanne gerichtet in welcher sie Spiegeleier briet.

„Jaaa... hvis du vil kalle det så.“, murmelte er und gähnte wieder. Sie ignorierte das.

„I går du har glemme din mobiltelefon her. Det blinker allerede i flere timer.“, sagte sie und zeigte auf sein Smartphone, welches auf der Anrichte neben ihr lag. „Mange takk for denne informasjon“, antwortete er mit einem ironischen Unterton und schlurfte lustlos darauf zu um nachzusehen wer ihm geschrieben hatte.

Auf dem Display blinkte ihm „1 ulest E-Post fra Juudai Yuuki“ entgegen. „Was möchte Juudai denn jetzt?“, fragte er sich selbst auf japanisch. Seine Mutter verstand ihn nicht. „Johan, hva snakker du?“, fragte sie, doch er ignorierte sie so wie sie ihn eben ignoriert hatte.
 

„Hey Johan, wie geht es dir so? Manjoume hat dieses Ding hier irgendwie bekommen und wir wissen nicht was das bedeutet, wäre cool wenn du mir sagen kannst was das heißt. Juudai“
 

Darunter wurde ihm ein Bild angezeigt, welches die Rückseite eines Anhängers zeigte. Das Bild war nicht sehr scharf, doch Johan konnte in etwa erkennen, was dort stand.

„Jeg tilkaller deg, Lys og Mørke Draken. Vær så god, bistå meg om veien min!“, las er langsam vor.

„Hva snakker i ørske du, Johan?“, fragte seine Mutter belustigt. „Ååh, mamma. Du trenger ikke å vite alt!“, antwortete er genervt und ging wieder in sein Zimmer.

Im Gehen begann er schon eine Antwort zu tippen:
 

„Ohayou Juudai, woher habt ihr das denn bitte? Mir geht’s soweit gut, aber O-kaa-san geht mir echt auf die Nerven.

Also es ist norwegisch und heißt so viel wie 'Ich rufe dich, Light and Darkness Dragon. Sei so gut und stehe mir auf einem Wege bei!'... keine Ahnung was das bedeuten soll. Mata ne, Johan“
 


 

Er schickte die Mail ab und wollte sich gerade wieder auf sein Bett fallen lassen, als seine Mutter ihn wieder rief. Frokost er ferdig.
 


 


 


 

Die Sonne lag bereits tief über der Stadt, sie tauchte das Land in eine warme orangerote Farbe und ließ die Schatten größer und größer werden.

Auf einem der vielen Hochhausdächer der Metropole mit dem letzten Licht des Tages im Rücken beobachteten 3 tanzende Kriegerinnen das Geschehen in dieser Stadt, auf der Suche nach dem wahren Licht. Einer von hunderttausenden von Menschen in dieser Region trug es in sich, die drei konnten es in ihren Herzen spüren. Das Licht strahlte einen unverwechselbaren Impuls aus, der sie schaudern ließ, denn sie wussten, dass es gefährlich für sie werden konnte. Doch sie hatten keine andere Möglichkeit, man gab ihrer Existenz keinen weiteren Wert als den Träger des Lichtes ausfindig zu machen und ihn Narçziss auszuliefern.

Es wurde sehr windig auf dem Dach, doch obwohl die drei Mädchen nicht von großer Statur waren kümmerte es sie nicht.

Schweigend sahen sie dem Schauspiel der Stadt zu. Lichter flackerten auf, der Abend begann mit der hell erleuchteten Dunkelheit.

Musik gemischt mit Verkehrsgeräuschen und wild durcheinander redende Stimmen drangen an die Ohren der Mädchen. Doch wo war das Licht?

Kaname schloss die Augen um das Visuelle ausblenden zu können und hörte auf den Impuls des Lichtes. Sie spürte wie ihr Herz schneller zu schlagen begann, wie ihre Sinne sich nur dem Gesuchten hingaben und sie spürte wie sie das Gleichgewicht verlor... und fiel. In Trance war ihr Körper eigenständig über den Rand des Daches gegangen. Sie drehte sich in der Luft, sie wusste, dass ihre Kräfte sie vor dem tödlichen Aufprall schützen würden.

Im freien Fall öffnete sie die Augen und in Sekundenbruchteilen bevor sie den Boden berührte entfesselte sie die negative Energie welche sie sicher landen ließ.

Die Menschen um sie herum nahmen sie nicht wirklich wahr. Kein normaler Mensch war in der Lage Negativität zu sehen, auch wenn sie ausnahmslos überall existierte. Und gerade in diesen Ballungszentren der Menschheit war davon massenhaft vorhanden.

Kanames Blick war leer als sie die Straßen durchstreifte. Sie wusste, dass ihre Schwestern das Gleiche taten, und sie wusste auch, dass die beiden versuchten ihr zuvor zu kommen.

Es war ein bitterer Kampf um Leben und Tod. Ohne regelmäßige Energiezufuhr durch Narçziss würden sie nicht überleben. Und Misserfolge würde ihre Herrin nicht akzeptieren.

Kaname wollte sich die Angst die sich in ihrem Herzen ausbreitete nicht eingestehen. Nein, sie durfte nicht einmal daran denken, es würde ihre Sicht trüben um das Licht zu finden.

Ein paar Jugendliche wurden auf sie aufmerksam und riefen ihr dumme Sprüche hinterher. Es interessierte sie nicht.

Als einer von den Typen auf sie zukam und sie weiterhin belästigte sah sie ihm direkt in die Augen und flüsterte: „Halt's Maul.“

Der Junge wollte jedoch nicht aufhören und so jagte sie ihm eiskalt negative Energie in den Körper, worauf er begann zu straucheln und mit einem Wimmern zusammenbrach. Während seine Kumpels zu ihm eilten um zu sehen was passierte war Kaname längst verschwunden. Es würde zu viel Aufsehen erregen, wenn sie ihre Energien hier einsetzen würde. Und erst recht sollte sie damit sparsam sein, doch ihr kindliches Aussehen machte sie zu leichter Beute.

Wieder konzentrierte sie sich – und da, plötzlich spürte sie den Impuls, ein Vibrieren der Luft welches nur sie wahrnehmen konnte.

Kaname begann zu rennen. Sie registrierte nicht in welche Richtung sie lief, sie beachtete nicht einmal den Verkehr und wäre beinahe von einem Auto erfasst worden. Doch es kümmerte sie nicht, denn sie wusste, würde sie versagen würde ihr weitaus schlimmeres passieren als von einem Fahrzeug überrollt zu werden.

Der Impuls führte sie zu einem Hochhaus mit einer großen Glaswand. Im Erdgeschoss befanden sich diverse Geschäfte, die oberen Stockwerke schienen Wohnungen zu sein.

Für einen Moment schaute sie nur nach oben, folgte ihrem vom Licht kontrollierten Herzschlag welcher in dieser Gegend immer schneller wurde. Adrenalin durchjagte ihren Körper, doch sie musste Ruhe bewahren.

Kein Fehler durfte ihr unterlaufen, das würde man ihr nicht verzeihen.

Ihr Blick blieb an einem der Fenster im oberen Bereich des Hochhauses hängen – dort musste es sein.

Mit vorsichtigen Schritten näherte sie sich dem Eingang. Kaname berührte das Schloss der gläsernen Tür und mit Hilfe der negativen Energie manipulierte sie den Mechanismus um nach innen zu gelangen.

Sie befand sich in einem typisch japanischem Wohnhaus der gehobeneren Mittelschicht. Direkt vor ihr führte eine Treppe in das erste Stockwerk, links und rechts daneben befanden sich zwei Fahrtstühle mit silbernen Türen. Kaname konnte ihr verschwommen gespiegeltes Selbst darin erkennen. Sie wirkte wie ein unwirklicher Schatten eines Kindes. Trotz der fröhlich bunten Kleidung und ihr ebenso knallig violettes Haar konnten keinen Eindruck von Freude erwecken. Ihr verbitterter Blick, die verkrampfte Körperhaltung, all das nahm ihr das eigentlich so schöne unschuldige Antlitz eines Kindes.

Sie war kein Kind. Sie war... nichts.

Bloß ein Schatten der gerufen wurde um etwas zu finden und zu überbringen. Danach hatte ihre Existenz keinen absoluten Sinn mehr.

Der Gedanke daran ließ sie in ihrem Vorhaben innehalten. Sie seufzte und schaute traurig auf das verschwommene andere Selbst an, legte eine Hand auf die kalte Tür.

„... warum eigentlich?“, flüsterte sie. Doch sie schüttelte abrupt den Kopf und konzentrierte sich wieder auf ihre Aufgabe. Sie drückte auf den Knopf um die Tür des Fahrtstuhls zu öffnen. Siebtes Stockwerk.

Eigentlich hatte sie überhaupt keine Ahnung wie sie das anstellen sollte. Sie wusste, dass er ihr hier wohnte und sie war sich ganz sicher dass dieser Junge auch das Licht in sich trug. Aber wie zur Hölle sollte sie an ihn rankommen? Einfach klingeln?

Er würde sich wahrscheinlich nicht so einfach geschlagen geben, wenn er ihre Absichten erfahren würde.

Und vor allem – würde er sie überhaupt hereinlassen. Zwar konnte Kaname dank der Negativität einfach einbrechen, doch sie sollte nicht zu viel Lärm veranstalten.

Und genau das würde sie bei einer gewaltsamen Entführung.

Sie seufzte und lehnte sich dabei gegen die kalte Wand gegenüber der Fahrtstuhltüre.

Je höher sie kam desto heftiger schlug ihr Herz gegen ihren Brustkorb, so sehr dass es schmerzte. Mit einem Mal keuchte sie auf, das Licht war also ganz nah. Siebter Stock. Das Ziel.
 


 


 

Um sich weiterhin abzulenken hatten sich die beiden Jungen vor dem Fernseher bequem gemacht und schauten einen Film, welcher erst vor kurzem erschienen war.

Jun war kein Fan von Manga & Anime und viele Romane waren auch nicht wirklich sein Ding, doch wenn es etwas gab worauf er sich seit er denken konnte immer wieder freute waren es Spielfilme. Gott sei Dank schien Juudai nebst einem Haufen Animekram doch einige gute und aktuelle Exemplare zu besitzen und konnte somit seinen unfreiwilligen Mitbewohner so die Möglichkeit geben einfach mal abzuschalten.

Beide hatten sich unter die große Wolldecke gekuschelt, mit genügend Abstand selbstverständlich, und schauten gebannt dem Schauspiel auf dem Bildschirm zu – bis Pharaoh anfing zu nerven.

Der fette Kater begann erst vor dem Bildschirm herum zu laufen und seinen buschigen Schwanz in die Höhe zu strecken, sodass die Jungen dem Bild nicht mehr folgen konnten. „Hau ab, Pharaoh“, brummte Juudai und bewarf den Kater mit ein paar restlichen Chipskrümeln, welche er aus der noch vor ihm liegenden Chipstüte klaubte, doch der Kater machte weiter und begann auch noch zu jammern.

Juudai stand auf und trug den Kater in die Küche um ihm dort kurz etwas zu Essen zu geben, doch das plüschige Tier wollte anscheinend nichts zu Essen haben, was recht selten für sein Verhalten war.

Stattdessen nervte er weiter mit einem lauten Miauen, entwischte Juudais Händen und sprang direkt auf Manjoumes Schoß – mit ausgefahrenen Krallen natürlich.

Jun jaulte auf und schubste Pharaoh weg, welcher mit einem lang gezogenen Miau protestierend auf dem Boden landete. Nur um den beiden Jungen wieder auf den Geist zu gehen. „Hau endlich ab, Katze!“, zischte Jun und versuchte den Kater wegzutreten.

Doch Pharaoh gab nicht auf, er schien die Aufmerksamkeit der Jungen absolut für sich haben zu wollen.

Juudai gab schlussendlich auf und pausierte den Film. Der Kater gab immer noch ein unruhiges Miauen von sich und lief schwanzwedelnd um die Jungen herum. Ein Zeichen, dass wohl etwas nicht stimmte.

Die sorgenfreie Laune von eben war mit dem Verstummen des Fernsehers wie weggeblasen, stattdessen beherrschte Unruhe die Luft um sie herum.

„Irgendwas ist hier faul...“, sagte Juudai mehr zu sich selbst als zu Jun.

Seine Augenfarbe wechselte von warmen Braun zu türkis und orange. Der Kater hatte sich derweile in eine Ecke verkrochen und maunzte warnend.

„Was ist los?“, fragte Jun argwöhnisch. Juudai ignorierte ihn und ging den Flur entlang zur Wohnungstür. „Juudai, warte-“ Der Schwarzhaarige machte Anstalten ihm zu folgen doch Juudai hielt ihn von seinem Vorhaben mit einem „Bleib da“ ab.

Er spürte etwas in der Nähe. Es war ein unangenehmes, schweres Gefühl was ihm auf die Lunge drückte, als würde er versuchen heißen Dampf einzuatmen.

Es war dunkel in seiner Wohnung und auch der große Flur welcher zu den Fahrstühlen und der Treppe führte schien dunkel zu sein. War dort wirklich jemand?

Juudai öffnete langsam die Tür. Es schien wirklich niemand dort zu sein. Er wollte sich umdrehen und die Tür wieder schließen, als er violetten Nebel bemerkte, welcher aus der Decke zu kommen schien. „Was ist das...“, flüsterte er und trat aus der Tür hinaus. Dies schien ein Fehler zu sein, denn der Nebel wurde dichter und plötzlich warf ihn eine unsichtbare Kraft mit voller Wucht zurück, wobei er unsanft gegen die Tür knallte und auf dem Boden landete. Er hörte Jun seinen Namen rufen, doch er rief ihm wieder ein „Bleib da!“ entgegen und richtete sich wieder auf.

„Wer ist da?“, rief Juudai dem Nichts entgegen. Er konnte trotz der Sicht die er durch das Monster in seiner Seele erlangt hatte nichts erkennen in diesem Nebel, welcher immer dichter wurde.

Plötzlich vernahm er einen Schatten links von ihm und ehe er sich versah hatte ihn wieder eine unsichtbare Kraft in die Knie gezwungen.

Juudai stöhnte kurz auf und versuchte wieder aufzustehen, doch die unsichtbare Kraft drückte auf seinen Brustkorb und fixierte ihn somit an Ort und Stelle.

Er schaffte es eine Hand aus dieser Fixierung zu befreien und griff nach oben – und berührte etwas. Vor ihm materialisierte sich ein Mädchen mit violettem Haar und goldgelbenen Augen, welche in der Dunkelheit hervorstachen. „Hab ich dich.“, brachte sie unter einem Grinsen hervor.

Sie war recht klein und zierlich, wenn nicht sogar kleiner als Shou es gewesen war als sie sich zum ersten Mal trafen, doch sie schien sehr stark zu sein, denn Juudai konnte sich nicht befreien. „Wer bist du?“, fragte er sie zähneknirschend und versuchte weiter sich aus ihrem festen Griff zu winden, doch irgendetwas schien seinen Körper zu lähmen. Zumindest fühlte es sich so an, er wurde immer schwächer und langsamer in seinem Vorhaben.

Das Mädchen grinste immer noch als sie sagte: „Mein Name ist Dancing Warrior Kaname und ich bin hier um dir dein Licht zu nehmen. Wie es scheint, habe ich mich das letzte Mal geirrt, denn die Aura scheint bei dir viel stärker zu sein!“

Licht?“, fragte Juudai und versuchte zu analysieren ob es sich bei ihr um ein Duel Monster handelte. Doch Yuberu hatte Recht gehabt, es schien wirklich kein normales Monster zu sein.

„Juudai!“, hörte er Jun rufen und Kaname schreckte auf als sie die Stimme hörte. Der Schwarzhaarige war auf sie zugestürmt und schien vorgehabt zu haben sie von Juudai herunter zu bekommen, doch Kaname war schneller und griff ihn mit einer dunklen Energie an. Jun wurde zurück geworfen und knallte auf den Boden. Juudai nutzte ihre Ablenkung und warf mithilfe der physischen Stärke welche er ebenfalls durch Yuberu erlangt hatte gegen die Wand hinter ihm. Kaname stoppte noch im Flug und setzte wieder zum Angriff an. Juudai schaffte es gerade so auszuweichen und packte sie am Handgelenk – Fehler. Blitzschnell hatte sie ihn mit einer Klinge welche sich an ihrem Arm befand am Oberkörper gestreift. Das Shirt welches Juudai trug schwächte den Angriff etwas ab, doch er spürte nicht nur Schmerz sondern auch warmes Blut, welches den Stroff langsam tränkte und seine Brust hinunter lief.

„Ahhh-!“, brachte er hervor. Fassungslos sah Jun dem Szenario zu. Er konnte sich vor Schock nicht bewegen. Kaname packte Juudai an der Gurgel, hielt ihm die Klinge an den Bauch. Sie könnte sofort zustoßen und ihn umbringen.

„Wenn du dich wehrst, mach ich dich auf der Stelle kalt.“, sagte sie bestimmt.

Ihr Blick war eiskalt.

Jun wusste nicht was er tat. Er schnellte hoch, holte das Amulett des Light and Darkness Dragon hervor und stürmte damit auf Kaname zu. Ein Schrei aus seiner Kehle, ein helles Licht, ein widerliches Knacken und Spritzen. Er hatte die Augen zusammen gekniffen, spürte einen kalten Griff in seinen beiden Händen. Hörte Juudai etwas stammeln: „Ma-Manjoume...!“ - Und das entsetzte Keuchen ihrer Widersacherin.

Langsam öffnete er die Augen – und erschrak. Das Amulett hatte sich in eine Sense mit einer eigenartigen Klinge verwandelt, welche tief im Rücken Kanames steckte. Überall war Blut, welches in Massen aus ihrem Rücken zu fließen schien. Auch Juudai war blutüberströmt, denn Jun schien ihr die Sense bis durch die Brust gestoßen zu haben. Und das Mädchen schien noch zu leben. Sie spuckte Blut und fing an zu heulen vor Schmerzen.

Konnte sie nicht sterben?

Jun ließ die Waffe vor Schock fallen, das Ding veränderte seine Form wieder zu dem Amulett und fiel zu Boden. Kaname brach zusammen und landete auf Juudai, welcher ebenfalls vor Schock mit geweiteten Augen das Mädchen anstarrte und zu Boden sank.

Sie keuchte, spuckte zum zweiten Mal Blut und versuchte etwas zu sagen. Mit zitternder Hand packte sie Juudais zerfetztes Shirt und versuchte sich an ihm hochzuziehen. Der Braunhaarige ließ es zu, der Schockzustand lähmte ihn.

Krächzend brachte es Kaname hervor: „I-ihr- wer-werdet... urks... alle st-sterben...! D-das... verspr-ahhh! Verspreche ich euch!“

Wieder würgte sie einen Schwall warmes Blut hervor und brach schlussendlich auf Juudai zusammen.

Fassungslos saßen die beiden aneinander anstarrend gegenüber auf dem Flur im siebten Stock in einer Blutlache, der eine von ihnen mit einer Toten im Arm.

Nach einer Ewigkeit wie es ihnen schien brachte Jun endlich ein Wort über die Lippen um die bedrohliche Stille zu durchbrechen: „W-was zum Teufel hat dieser Wahnsinn zu bedeuten?“

Tränen fielen zu Boden.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Und somit auch das 2013 Update von Kapitel 2. ^^ Ich beeile mich mit dem Update von Nummer 3, dann geht es endlich weiter! Hoffentlich folgt auch bald der Trailer zum Doujinshi welchen Jack-Spicer zeichnen wird. Seid gespannt. :3 Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (4)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Jitsch
2013-11-24T15:48:49+00:00 24.11.2013 16:48
Oahr, hart.

Das Kapitel hat mir sehr gut gefallen, tatsächlich ist mir nichts aufgefallen an dem ich herummäkeln könnte. Vielleicht bin ich auch einfach zu müde, die Fehler zu sehen (hier ist es 0:47 Uhr). Die Charaktere kommen einfach wie sie selbst rüber, was für Fanfics ja leider auch nicht selbstverstädnlich ist.

Was mir in diesem Kapitel besonders gefallen hat war die Beschreibung der Umgebung. Gerade wie du auf die verschiedenen Wohnungsstile eingegangen bist und die Wege beschreibst macht das ganze sehr realistisch.

Auch Ryous Zustand fand ich interessant. Es ist tatsächlich sehr konsistent damit, wie er in der Serie endet, aber es ist schon ein wenig erschreckend. Was ich mich beim Lesen nur gefragt habe, wieso er dann in seinem Zustand im vorherigen Kapitel ganz normal mit den anderen im Café sitzen konnte. Allem was hier gesagt wurde nach zu urteilen müsste selbst das ziemlich anstrengend für ihn gewesen sein...

Und Johan kam vor *freu* Und er wohnt mit 20 noch bei Mama? Jetzt hast du mein Bild von ihm völlig zerstört *LOL*
Dass du Norwegisch eingebaut hast, finde ich auch sehr authentisch, auch wenn ich nicht alles verstanden habe. Kannst du norwegisch oder ist das auch Recherchearbeit?

Also, bitte weiter so. Scheint ja noch sehr blutig zu werden (bzw. blutig zu bleiben. Viel blutiger als das Kapitelende geht ja kaum). Bin auf jeden Fall sehr gespannt wie es weitergeht. Hoffe, dass ich die nächsten Tage mal Zeit für die weiteren Kapitel habe, die schon raus sind.

Jitsch*
Antwort von:  Mizael
24.11.2013 17:03
Wenn man bedenkt, dass ich sie jahrelang analysiert habe... xD

Wo bist du denn derzeit? Klingt mir nach Asien. o3o


Zugegeben, ich hasse es Dinge zu beschreiben und habe manchmal das Gefühl, dass ich das viel zu unzureichend mache. Aber gut, dass es dir besonders auffällt. oO Dann scheine ich es ja richtig zu machen.

Nunja, er bekommt sehr viel Unterstützung von Fubuki. Ryou ist auch nicht vollkommen unfähig zu laufen, es kommt halt auf seinen derzeitigen Zustand an. Immerhin hat sich das schon über die Zeit hinweg gebessert und er soll auch bald darüber hinweg sein - also zumindest wieder bis zu einem gewissen Grad "lebensfähig", halt nicht komplett geheilt. Und natürlich ist es für ihn extrem anstrengend, aber er ist nun mal hart im Nehmen.

Norwegen ist das reichste und somit teuerste Land der Welt (wo sonst kosten Fischbrötchen umgerechnet 8 €?). Sich da mit 20 eine eigene Wohnung leisten zu können ist echt selten und macht meiner Meinung nach finanziell auch keinen Sinn, wenn man die meiste Zeit durch's Duellieren eh um die halbe Welt reist. *lach*
Ich bringe es mir wegen Recherche selbst bei. XD Meine Grammatik ist leider noch nicht perfekt, aber ich arbeite daran. Verstehen tu ich es schriftlich einwandfrei.


Es ist sehr... blutig, brutal und krank was noch kommen wird. Wenn ich Pech habe, schmeißt Mexx mir die FF irgendwann auf Adult. xD







Von:  LunaticJudai
2012-12-06T23:33:23+00:00 07.12.2012 00:33
(kommentar allgemein zur Story)
sooo da ich mich nun auch mal aufgerafft hab sie ganz zu lesen (bis jetzt) bin ich doch eig. recht begeistert ^w^
ausser der tatsache das ich mich nicht so recht an den "Neuen" Sho gewöhnen kann, aber das kommt wohl mit der Zeit (?)
mawww...´Judai´s Charakter finde ich (als Judai Fanatiker) doch auch ziehmlich Gut getroffen.Und der leichte Humor in der Story lockert das ganze immer ein bisschen süß auf.
In jedem fall Freue ich mich wennde weiter schreibst.

P.S: Jun´s gefühle zu Judai finde ich absolut süß beschrieben >////< PASSIERT DA NOCH WAS?

LG Judai
Von:  UniverseHeart
2010-12-28T08:20:36+00:00 28.12.2010 09:20
Mir gefällt es wirklich sehr gut und ich bin froh, ein neues Kapitel zu deiner FF zu sehen... mit gefällt vor allem, dass man als Leser wie in einer Art Limbo ist, man fängt einfach an, sich zu fragen, was der eigene Geist ist, was Traum und Realität sind, wenn Manjoume beides auch immer weniger voneinander unterscheiden kann.
Nett finde ich die kleinen Hintings für Judai x Manjoume. :)
Ich frage mich, wieso Shou sich so dermaßen geändert hat; aber wir werden das sicher noch erfahren. Genauso wie wir hoffentlich bald mehr von "Blutregen" und "Todesrose" wissen -
Die Feinde sind jedenfalls auch sehr interessant. Zigeunerkinder... warum muss ich plötzlich an die Zirkuskinder aus Sailor Moon denken, die aus dem "Dead Moon Circus"?

..... autsch, das war ziemlich krass als Manjoume Kaname tötete.. jetzt wundere ich mich als Leserin wie er in der Lage sein wird, damit umzugehen.
Von:  KisunaFuji
2010-07-28T17:40:21+00:00 28.07.2010 19:40
lol ein kleinerer zane mit blauen augen XD
wenn dieser Zaphere sein wahres ich sein soll, wie kommt es denn, dass er 2 elemente hat?
lol der Sy gefällt mir vom chara sehr endlich lässt er sich nicht mehr unterbuttern und die streitereien finde ich auch ziemlich lustig..
sag mal kannst du mir ein bild zeigen, wie frisur so ungefähr gemeint ist? *ganz lieb frag*
würde mich sehr darüber freuen wenn du weiterschreibst


Zurück