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Schritte aus dem Schatten OS by Lionness

dunkel und schwer zu finden ist der Weg (Miles & Alicia)
von

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Die Kehrseite des Schattens

Hi Natsu, hier das langersehnte Pair Miles Bletchley und Alicia Spinnet.

Die Geschichte spielt kurz nach dem Krieg, hauptsächlich ging es mir wohl darum zu zeigen das auch andere Charaktere zu der harten Zeit ihre Verluste erfahren haben und das man auf sehr unterschieldiche Weise leiden kann.
 

Ich habe mir einige Altersangaben für den OS zurecht gebogen, also nicht wundern. XD
 

http://www.youtube.com/watch?v=mJzPgj4rZMI
 

Ich wünsche Allen viel Spaß beim Lesen.

eure Lionness
 

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Wut, Hass, Tod, Verzweiflung, Angst, Hoffnungslosigkeit.

All diese Dinge, diese Beschreibungen, dienen einer Sache, sie ist grauenvoll, unbezwingbar, man nennt es Krieg.
 

Es gibt Dinge im Leben die dich vernichten können, dein Selbst und dein ganzes Dasein wird bedeutungslos. Man wird nicht eines Tages aufwachen und alles wird wieder in Ordnung sein.
 

Und genau aus diesem Grund sollte der Mensch bereit sein zu lernen, denn nur so findet er einen Weg hinaus aus der Schwärze die ihn nahezu unsichtbar im Griff hält.

Eine Möglichkeit den Atem wieder zu spüren und das Leben auch zu leben.

Freundschaft, Hoffnung und Liebe.
 


 

In einer magischen Routine die von einem tiefen Rauschen begleitet wurde, trugen sich die hohen Wellen bis nach vorn an den Strand, viele der Riesen brachen sich an den breiten Felsen des steinigen Riff´s welches sich wie ein Mantel um die kleine Küste legte. Nahezu beruhigend spielte sich das Meer bis auf den strahlend weißen Sand, immer wieder mit malerischer Schönheit, was sie ohne ein Wort mit ansah.
 

Der Wind griff nach ihrer Kleidung, brachte den hellen Rock ihres weißen Sommerkleides in Bewegung und es war ihr vollkommen gleich. Da stand sie am wahrscheinlichst schönsten Punkt der Welt und doch rührte sich nichts in ihrem Innern, sie war nahezu leblos.
 

Und mit einem traurigen Schmunzeln das von Melancholie erzählte, erinnerte sie sich an jenen Moment zurück als sie diese Leblosigkeit nicht sich selbst sondern einem Anderen zu schrieb.
 

„Kommt mir vor wie eine Ewigkeit.....“
 


 

England ein Jahr zuvor.....

London August im Jahr 1998

Lektion Eins. Finde jemand deines Gleichen oder lasse dich einfach finden.
 

„Du bist also Miles Bletchley, so wie du jetzt aussiehst hätte ich dich gar nicht wieder erkannt.“
 

Der Hohn in ihrer sonst so hellen wie freundlichen Stimme war mehr als nur gewollt, Alicia fuhr sich durch ihr schwarzes, schulterlanges Haar während sie sich ungefragt neben dem Dunkelblonden niederließ. Natürlich sah er nicht mehr aus wie der Junge von früher und sicher sah er schlecht aus so kurz nach dem Krieg, jeder wusste das er nicht nur seine Eltern sondern auch seinen Bruder in dieser Zeit verloren hatte.
 

Trotz allem konnte es sich die Spinnet nicht nehmen lassen den jungen Mann etwas zu reizen, gut erinnerte sie sich an seinen alten Charakter, gerissen, abwertend und doch humorvoll auf seine Art.
 

„Sehe ich noch besser aus?“ Brummte er tief über den Rand seiner Kaffeetasse, die er noch immer an seine Lippen hielt.
 

„Ich wollte eher schlecht bis beschissen sagen aber wenn du dir ersteres lieber einreden möchtest, bitte sehr.“
 

Ihr Grinsen erlosch nicht, selbst als er ungehalten etwas von verzieh dich knurrte, im Gegenteil, sie lachte leise und stütze ihr zartes Kinn auf ihren Händen ab während sie ihn weiter aus ihren braunen Augen unverhohlen musterte.
 

„Mal ehrlich, du bist blass, mager, unrasiert und vor allem ungepflegt. Was soll eine Frau daran attraktiv finden?“
 

„Hast du keine Freunde?“
 

Schmunzelnd überging sie den Seitenhieb und hielt ihm einfach die Hand hin, welche er wie ein Muggel wenn er ein Gespenst sah anstarrte. „Was soll das?“
 

„Mal ehrlich Miles Bletchley, der Krieg ist vorbei.“
 

„Und was heißt das?“
 

Alicia ließ sich zu einem spielerischen Augenrollen verleiten, ehe sie ihn zart anlächelte und ihm ihre wirren wie auch zumeist spontanen Gedanken erklärte.
 

„Das heißt das alles Alte jetzt der Vergangenheit angehört und deshalb habe ich mir vorgenommen ein neues Leben aufzubauen. Du hast großes Glück, ich könnte darin noch einen guten Freund gebrauchen.“
 

„Sehe ich aus wie ein Freund?“
 

„In meinen Augen schon.“
 

„Du musst Blind sein.“
 

„Macht nichts, ab heute sind wir Freunde, es wird leichter wenn du dich gleich damit abfindest.“
 


 

England vier Wochen später

London September im Jahr 1998

Lektion Zwei. Akzeptiere das du nicht länger allein bist und lasse das Neue in deinem Leben zu.


 

„Warum nur willst du unbedingt mit mir befreundet sein?“
 

„Weil ich es will.“
 

Erklärte sie ihm leicht hin, während ihm wie so oft seit ihrer “Freundschaft“ ein Seufzen entglitt, das sie, wie so oft, einfach überging. Sie mochte ihm nicht sagen das sie es schlicht spontan dort auf der Straße beschlossen hatte, das seine grasgrünen Augen mit dieser unsäglichen Melancholie daran Schuld getragen haben.
 

Nein.
 

Das wollte sie nicht machen, denn es wäre nicht nur eine absurde, sondern für ihn zugleich auch demütigende Antwort.
 

Aber es war so gewesen, sie hatte Trauer gesehen unter dem dünnen Vordach des Cafe´s, so viel Trauer das selbst der einsetzende Platzregen dagegen blass aussah. Alicia hatte es verstanden, diese unsagbare leere im Herzen, die Beklommenheit und der Hass auf alles Andere.

Doch sie hatte das bei ihm einfach nicht zu lassen können, vielleicht weil sie es nachvollziehen konnte, eventuell lag es aber auch daran das sie ihn ja irgendwo kannte oder aber sie hatte einfach nur ein viel zu weiches Herz.
 

Nun war es eh egal, er war hier mit ihr auf dieser Party, er ertrug ihre Launen die sie ihm nur allzu gerne zeigte und sie glaubte das es ihm tatsächlich gut tat, selbst wenn diese verhasste Traurigkeit nur einen Herzschlag lang verschwand.
 

Angelina Johnson hatte beschlossen eine Feier für die alten DA Mitglieder und einige Freunde zu schmeißen, sie hatte bei ihr vorher angefragt ob es okay sei wenn sie Miles mitbrachte und diese hatte zugestimmt.
 

Kaum das sie in der fröhlichen Meute eintauchten, war jegliches Zeitgefühl vergessen, Schreie und Jubelrufe drangen schon beinahe schmerzhaft an ihr Ohr, doch sie zog nur weiter beständig am Hemdärmel ihres neu gewonnenen Freundes. Nachdem sie einige Leute begrüßt hatte fand sie sich an der Bar wieder, während Miles einfach auf einem der großen Sofa´s saß und still vor sich hin sah.
 

Alicia wollte sich nicht zu viel Wert beimessen und doch hatte sie das Gefühl ihre Anwesenheit würde die lästigen Schatten von ihm und seinen hellen Augen fernhalten. Selbst als sie bereits zwei Butterbiere in den Händen hielt, konnte sie nur weiter die Leblosigkeit in ihm verabscheuen.
 

„Warum machst du das nur Alicia, er ist ein Slytherin, er hat wie alle Anderen sein Teil zum Desaster beigetragen.“
 

Höhnte es rechts von ihr und sie erkannte die grollende Stimme auch ohne sich dem Rothaarigen zu zuwenden.
 

„Er hat gar nichts getan George, er hat nur einfach alles verloren. Das ist sein Desaster, seine ganz persönliche Hölle.“
 

Sie schluckte den Schmerz hinunter der sich in ihr Herz fraß, ehe sie es schaffte dem einen Zwilling ins Gesicht zu sehen, obwohl sie wusste das sie den Zweiten darin sah.
 

„Wir haben alle etwas verloren, das solltest du am Besten wissen.“
 

„Alicia...“
 

Sie konnte nicht stehen bleiben, nicht darüber reden. Ihren Kopf schüttelnd trat sie durch die Menge um ihre Wünsche und Sehnsüchte in dem Wirrwarr aus Menschen abzuhängen.
 

„Hier....“ Und das eine Wort genügte dem ehemaligen Slytherin, weshalb sie sich schweigend neben ihm niederließ. Manchmal tat Stille gut, so eine Ruhe wie sie jetzt zwischen ihnen Beiden herrschte, obwohl der Raum schrie.
 

„Vielleicht sollten wir wirklich keine Freunde sein.“ Gab sie nach einigen Minuten preis und erwartete wenn überhaupt eine mehr als kränkende wie unhöfliche Antwort seinerseits.
 

„Dieser Gedanke kommt dir ein wenig spät, meinst du nicht Alicia?“
 

Sie sprach es nicht aus, doch durchaus war ihr klar das er zum ersten Mal ihren Vornamen benutzte.
 

„Da hast du Recht, vergiss was ich gesagt habe.“
 

Und ohne wirklich hin zu sehen, weil sie Beide schon so wunderbar entspannt wie tief in das Sofa gelehnt da saßen, hielt sie ihre Flasche zur Seite um mit ihm anzustoßen, was er auch tat. Das waren Abende wie man sie mit seinen Freunden verbrachte.
 


 

England acht Wochen später....

London November im Jahr 1998

Lektion Drei. Sehe was deinen Gegenüber verschlingt und kämpfe, oder begrüße die Hilfe in deinem Leben.
 

Sie war es langsam aber sicher Leid, die Situation wog schwerer als sie Früher angenommen hatte und das im wahrsten Sinne des Wortes. Erneut geriet sie ins Taumeln als er sich noch mehr auf sie abstützte und die Schwierigkeit sich ein weiteres Mal erhöhte Grade zu laufen.
 

„Miles.“
 

Er hörte ihr nicht zu, das konnte sie mit Sicherheit sagen, denn es war nicht das erste Mal das sie ihn nach einem solchen Abschuss irgendwie nach Hause brachte.
 

„Gott.“ Entfuhr es ihr stöhnend, er war wirklich nicht leicht, sein Körper bestand bestimmt nur aus Muskeln und Knochen. So eine Freundschaft wie sie sich das vorgestellt hatte war es nicht geworden, er schien sich seit diesem Monat gerne und häufig voll laufen zu lassen.
 

Schwankend erreichten sie das große Anwesen der Bletchley´s, doch wie immer wirkte es kalt und verlassen, mit dem Zauberstab von Miles öffnete sie die hohen Türen. Sie schob ihn etwas herrisch ins Innere und murmelte Flüche vor sich hin, was ihn nur zu weiterem unpassendem Kichern animierte.
 

„Ach Halt doch die Klappe, Idiot.“ Ein weiteres Kichern, weshalb sie ihn absichtlich die Treppe hoch fallen ließ aber dafür sorgte das er sich nicht gleich vollkommen den Hals brach. Sie war schon einige Male in dem Haus gewesen und doch war es für sie immer wieder melancholisch, das Gemäuer wirkte leblos und alt, kaum Wärme oder Geborgenheit ließ sich hier finden und das stimmte Alicia traurig.
 

Sie entzündete einige Kerzen im Schlafzimmer und ließ Miles anschließend einfach aufs Bett fallen, das Seufzen welches ihren Lippen entwich wurde vom leichten Quietschen des Gestells verschluckt.
 

„Al..les...dreht..sich.“ Gab er nuschelnd und erheitert wieder, was sie fürs erste ignorierte um ihm seine Schuhe auszuziehen und seine Beine weiter auf die Matratze zu schieben. Doch die übertriebene Fröhlichkeit schlug von der einen auf die andere Sekunde um und sie sah hinab in seine glasigen grünen Augen, die regungslos zur Decke hinauf starrten.
 

„Was ist?“ Wisperte sie leise in die Stille des halbdunklen Raumes und beugte sich tiefer über ihn, ihre zarten Finger strichen ihm eine dunkelblonde Strähne aus der Stirn, worauf er nicht einmal reagierte.
 

„Ich...habe sie..ge...tötet.“
 

Ein eisiger Hauch rollte über ihren Rücken und ihr Herz schlug mit jeder Silbe langsamer, der junge Mann unter ihr war betrunken, sie wollte ihm nicht glauben was er sagte.

„Das...ist nicht wahr!“ Sprach sie mit Nachdruck und sengte ihre Hände auf seine breiten Schultern hinab, ihre schwarzen Haare fielen ihm beinahe ins Gesicht, doch Alicia konnte darauf keine Rücksicht nehmen.
 

„Ich...bin schuld!“ Sprach er deutlich und kalt, sie schüttelte leicht an seinem Oberkörper, seine Augen zeigten darauf jedoch kaum eine Wirkung. „Meinst du ich weiß nicht was mit ihnen geschehen ist Miles, es war nicht deine Schuld, du hast sie nicht getötet?!“
 

Ihre Kraft ließ etwas nach und sie stieg zu ihm aufs Bett um weiter Blickkontakt zu halten, denn sie spürte es genau, dieser traurig kalte und auch klamme Schatten der so oft an ihm nagte war zurück. Sie fühlte das sein Körper warm war, doch so lange sie in sein steinernes Gesicht sah, tat ihr das Herz weh, auch wenn sogar ihr Eigenes schon lange nicht mehr ganz war.
 

Fest legte sie sich an seine Seite, während sie ihre Hände immer wieder mit Beständigkeit über seine nackten Arme und seine Brust streicheln ließ.
 

„Erzähl es mir Miles...bitte....lass es endlich raus aus deinem Innern.“ Sachte schlug sie auf die Stelle seines Herzens, er fraß es in sich hinein und diese unsäglichen Dämonen zerfleischten dafür seine Seele.
 

„Mein großer Bruder war der Beste. Er war nicht so schwach wie ich, er ist das geworden was er immer werden wollte....“ „Auror.“ Sprach sie leise und ehrfürchtig um ihm ein wenig zu helfen, sie wusste zwar nichts genaues, doch das der älteste Bletchley Sohn nicht den Traditionen der Familie gefolgt war, war allgemein bekannt in der Zauberergesellschaft.
 

„Er ist gestorben, in Ausübung seiner Pflicht. Er ist nicht mehr da und wird nie wieder zurückkommen. Mit ihm ist der einzige Mensch verschwunden, der mir etwas bedeutet hat. Absolut Alles...“
 

Noch immer sah er sie nicht wirklich an, lediglich Schmerz und Trauer verbarg sich in dem tiefen Grün. „Was ist mit deinen Eltern?“ Wagte sie nachsichtig zu fragen und rechnete auch mit einem unglaublichen Zorn, doch selbst dieser schien sich momentan in Verlust verloren zu haben.
 

„Sie waren Todesser, sie litten und starben für die Dunkelheit. Der Lord hat sie zu seinen Bauern gemacht und sie entsprechend ihrem Rang geopfert, ich weiß nicht wo oder wann, doch ich weiß es, denn ich habe die Magie gespürt als sie starben.“
 

„Du bist nicht schuld.“
 

„Doch, wäre ich nicht so feige gewesen, hätte ich Mut wie mein Bruder besessen, dann hätte ich mich wenigstens für eine Seite entscheiden können. So war ich das Band zwischen meinen Eltern und ihm, das Band welches sie zurückverfolgen konnten und Brendon den Tod brachte.“
 

„Du solltest damit aufhören Miles..“
 

„Womit?“ Fragte der Dunkelblonde ehrlich verwirrt und schenkte ihr seit dem Beginn dieses Abends das erste Mal wieder richtige Beachtung.
 

„Damit die Schuld zu suchen, denn die wirst du weder bei dir, noch bei sonst wem finden. Es war Krieg, jede Bewegung, jede Handlung eines noch so bedeutungslosen Menschen hatte Auswirkungen auf Geschehnisse die einem Anderen das Leben zerstörte.“
 

„Wie kannst du glauben das ich keine Schuld habe, wenn ich nicht gewesen wäre, hätten sie meinen Bruder nie gefunden.“
 

Alicia spürte das der Alkohol in seinem Geist langsam die Überhand verlor, denn seine Augen und Bewegungen wirkten viel wacher als vorher, deshalb war sie um Vorsicht bei ihren Antworten bemüht.
 

„Ja, vielleicht hätten sie ihn an jenem Tag nicht gefunden und er wäre raus an eine weitere Front, an einen weiteren Kampf zerstörten Ort und ein anderer Seelenloser hätte die Seine zerrissen.“
 

„Wie kannst du das sagen?“ Erzürnte sich der Dunkelblonde und richtete sich mit funkelndem Blick auf, so das sie sich tiefer in eines der Kissen sinken ließ, doch Alicia wusste das wenn sie es dem jungen Mann nicht sagte, es keiner tun würde.
 

Und das konnte sie nicht zu lassen, konnte ihn nicht weiter allein der Schuld und diesen unsäglichen schwarzen Loch in der Brust überlassen.
 

„Weil es wahr ist und du hast etwas, das viele nicht hatten. Du hast die Gewissheit das du von ihm geliebt wurdest. Er war dein großer Bruder und ihr wart vom selben Blut...manche Leute haben Menschen verloren und diese werden die Bedeutung ihrer Liebe nie erfahren, so wie die Überlebenden nie eine Antwort auf ihre Frage von Zuneigung bekommen werden.“
 

„Du bist seltsam Alicia, seltsam aber gut...“
 

Mit einem unmerklichen Schmunzeln zog sie die dicke Decke weiter über seinen Körper, morgen früh würde er sie nicht mehr positiv sehen. Seit der Krieg vorbei war gab es für den jungen Bletchley nichts mehr zu tun, er lebte sich mit dem geerbten Vermögen seiner Familie durch die Welt und verlor ihrer Meinung nach immer mehr den Bezug zum echten Leben.
 

Bester Beweis dafür war die sinnlose Sauferei, in spätestens vier Stunden wenn sein Kater heran gereift und der erholsame Schlaf bestenfalls noch keine Wirkung zeigen konnte, würde er sein blaues Wunder erleben.
 


 

Die Sonne war gerade erst aufgegangen als sich Alicia in sein Schlafzimmer begab und rücksichtslos an den schweren Vorhängen zu schaffen machte. Nach einigen Sekunden erhellte sich das Zimmer bis in den kleinsten Winkel und augenblicklich erklang unter der Bettdecke ein entsetztes Stöhnen welches sie zum Lachen verleitete.
 

„Aufstehen Säufer!“
 

Laut und möglichst quietschend sprach sie mit ihm, während sein Kissen sich mit fester Gewalt über seine Ohren presste, doch die Dunkelhaarige kannte nach gestern Abend keinerlei Erbarmen mehr.
 

„Was...soll das?“ Kam es gedämpft hervor und sie nutzte die Gelegenheit um ihm seine wärmende Decke wegzuziehen, was er mit einem eiskalten Blick quittierte. Dieser ging Alicia in ihrem Wahn nach Veränderung jedoch schlicht und ergreifend am Aller wertesten vorbei.
 

„Du stehst jetzt auf, wir gehen joggen, anschließend werden wir Muskelaufbautraining machen damit du deinen angesetzten Bierbauch los wirst.“
 

Natürlich hatte er keinen, er sah noch immer gut trainiert und kräftig aus, doch er brauchte endlich eine sinnvolle Beschäftigung, ob er wollte oder nicht.
 

„Merlin muss dir einen Blitzschlag verpasst haben, lass mich in Frieden, ich habe Kopfschmerzen.“
 

„Die wird dir der kühle Wind wegblasen, du hast fünf Minuten.“
 

„Sonst was?“ Wagte er spöttisch mit dem alten Hauch von Slytherin zu fragen, was sie mit einem teuflischen Grinsen quittierte.
 

„Vertrau mir Junge, das willst du gar nicht wissen.“
 

Das ihre Drohung gefruchtet hat wurde keine fünf Minuten später deutlich als sich ein mies gelaunter Miles in Laufkleidung an der Haustür einfand, sie schenkte ihm ein freudiges Lächeln und setzte sich in Bewegung.
 

Schnell zeigte sich das Miles noch immer ziemlich fit war, ohne Schwierigkeiten schafften sie die ersten sechs Kilometer, für sie selbst war das eine Kleinigkeit, schließlich musste sie als Profi Quidditchspielerin sehr auf ihre Fitness achten.
 

„Was soll das hier bringen?“
 

„Das Heute? Das bringt gar nichts, stell die Frage in vier Monaten, nach vier Wöchentlichen Trainingseinheiten, danach hast du wieder eine richtige Kondition. In den letzten Wochen und Monaten hast du dich ziemlich gehen lassen, damit ist ab sofort Schluss!“
 

„Und du glaubst da mache ich mit?“ Der Spott war kaum zu überhören, doch sie ließ sich dadurch nicht im geringsten aus dem Konzept bringen.
 

„Nun hast du die nächste Zeit etwas wichtiges außer Party machen geplant, nicht? Das habe ich mir gedacht!“
 

Alicia ließ ihn nicht mehr zu Wort kommen, fest stieß sie ihm den Zeigefinger in die Brust und erklärte sich lachend.
 

„Fang mich wenn du kannst.“
 

Und schon spurtete sie los, es brauchte nur etwa vier Sekunden ehe er sich ruckartig in Bewegung setzte und ihr nachjagte.
 


 

England weitere vier Wochen später....

London Dezember im Jahr 1998

Lektion Vier. Wo ein Leben sein soll, wo man Glück empfinden wird, da wird sich auch Wut und Verzweiflung finden, dulde sie aber lass dich nicht von ihr verschlingen.
 

Sie trat ohne Klingeln ein weil die Tür wie immer unverschlossen war, mehrmals hatte sie Miles schon daraufhin hingewiesen das so etwas keine gute Idee sein konnte, doch ihm schien das Risiko vollkommen egal.
 

„Miles?“
 

„Küche“ Gab er kurz angebunden von sich und sie folgte der brummigen Botschaft, es hatte sich eigentlich in den letzten Wochen gezeigt das ihm der regelmäßige Sport gut tat, er wirkte ausgeglichener als noch bei ihrem ersten Treffen.
 

„Alles in Ordnung?“
 

Wagte sie es sich zu fragen, während sie ihren braunen Ledermantel einfach über einen der Küchenstühle wandern ließ, heute war kein guter Tag und sie hatte Verständnis dafür, es war der 22 Dezember und somit der Todestag von Brendon Bletchley.
 

„Nein“ Das war mehr Auskunft als Alicia eigentlich erwartet hatte, denn für gewöhnlich ließ der Dunkelblonde absolut gar nichts zu seinem Gemütszustand verlauten. Ein Nein war also mehr als sonst, es sei denn er war betrunken, allerdings hatten sich auch solche Abende ziemlich entfernt und die Schwarzhaarige war tief in ihrem Innern froh darüber.
 

„Ich komme mit.“ Sprach sie mutig und als seine Hände in der Bewegung erstarrten, hielt sie unbewusst den Atem an, ohne davon getrunken zu haben senkte Miles die Porzellantasse wieder hinab auf die Anrichte und sah ihr direkt in die Augen.
 

Ein leises Seufzen. „In Ordnung.“
 

Vorsichtig löste sie ihren eingehangenen Arm von seinem, während die frische Winterluft sich unter ihren Mantel verirrte und sie mit einer kribbelnden Gänsehaut versah. Dicke dunkle Wolken schoben sich immer mehr in den Mittelpunkt des Himmels und so wunderte sich Alicia nicht über die ersten Schneeflocken die sich auf ihr Gesicht und die dunklen Haare legten.
 

Miles stand nur regungslos vor dem großen Grab, das wohl für die ganze Familie Bletchley gedacht war, soweit die ehemalige Gryffindor informiert war, hatte man von seinen Eltern nicht einmal mehr Überreste finden können, doch sie wagte es nicht die Stimme zu erheben.
 

Manchmal spürte man einfach wenn Stille erforderlich und auch erwünscht war, deshalb hielt sich Alicia mit großer Mühe zurück, ihr stand es nicht zu etwas zu sagen.
 

„Möchtest du nicht irgendetwas tröstliches sagen?“ Sprach er sie überraschend an, was sie kurzzeitig befürchten ließ das er ihre Gedanken lesen konnte.
 

„Ich denke das wäre nicht richtig und kein passender Ort.“
 

„Wieso, sag mir etwas schönes...“ Sie mochte seinen bestimmenden Ton nicht, doch sie glaubte auch eine Spur Verzweiflung in seinen Augen zu sehen.
 

Entschlossen ihm diesen Wunsch zu erfüllen oder die nicht als solche formulierte Bitte, trat sie dichter neben ihn.
 

„Ich bin deine Freundin, ich weiß das du nicht Schuld an dem Leid deiner Familie trägst und ich bin überzeugt das dein Bruder dir nur das Beste wünscht.“
 

Er schwieg und damit überraschte er sie nicht, denn nichts anderes hatte sie von ihm erwartet.
 

„Der Grund warum ich doch das Familiengrab genommen habe ist das man Brandüberreste meiner Eltern gefunden hat und ich gehofft hatte Brendon und sie wenigstens im Tode näher zu bringen.“
 

Diese Worte waren äußerst offen und auch mitfühlend. Vorsichtig strich sie ihm über die Hand, ehe sie sich um ein Lächeln bemühte das ihn etwas von der Trauer abzubringen vermochte.
 

„Soll ich dich noch ein wenig allein lassen?“
 

„Bleib ruhig.“
 

Und sie wartete, stand einfach nur da. Erst nach einer weiteren Viertelstunde setzte sich der junge Bletchley in Bewegung und Alicia ließ sich ihre Überraschung nicht anmerken als er sie vorsichtig an der Hand nahm und dabei Richtung Ausgang lotste.
 

Diese Geste bedeutete der Schwarzhaarigen viel, viel mehr als ein ehemaliger Slytherin auch mit all seiner Fantasie nicht glauben konnte, doch ihre Gedanken zerstoben wie Sand im Wind.
 

Ihr Körper erstarrte ungewollt während ihre braunen Augen sich unbemerkt weiteten und ihre Hände begannen ein wenig unkontrolliert zu zittern. Obwohl sie die Verwunderung von Miles bemerkte, konnte sie auf ihn keinerlei Rücksicht nehmen. Ihr Herzschlag erstarrte furchteinflößend, um schließlich pochend wie eine schreckliche Wunde wieder einzusetzen, entsetzlich stach das tief rote Haar in ihrem Blick und sie wollte nur noch laufen. Weit weg von dem Gesicht, den so grauenvoll ähnlichen Gesichtszügen die für sie keine schrecklichere Wahrheit verdeutlichen konnten.
 

Er war tot, sie hatte ihn verloren.
 

Ihr Atem erschwerte sich und wenn Miles sie nicht weiter gezogen hätte und somit ihren Blickkontakt zerriss, von dem George Weasley nicht einmal etwas bemerkt hatte, dann wäre ihr Herz ein weiteres Mal verblutet. So wie in jener Nacht, als Alicia in dem uralten Gemäuer der Schule erkennen musste, das dieses auch ebenfalls ein Grab war, ein Blut befleckter Platz mit dem Leben ihrer ersten Liebe.
 

Und sie war doch auch allein, einsam und tragisch war sie zurückgeblieben. Ohne ihre Freunde wäre sie verloren gewesen und auch wenn diese damals selber kaum hatten helfen können, ihr Leben hatten sie trotzdem gerettet.
 

Viele wussten nichts von ihrer Zuneigung zu Fred, denn dadurch das sie oft mit George über ihre Gefühle zu seinem Zwillingsbruder geredet hatte, kamen Alle zu einem falschen Schluss, doch ihr war das Alles vollkommen egal. Die meisten normalen, alltäglichen Dinge, hatten für diese Monate nach Fred´s Tod ihre Bedeutung für sie verloren.
 

Sie sprachen nicht miteinander während er sie zu einem Restaurant in die Winkelgasse brachte und sie konnte sich auch nicht dazu durchringen etwas erklärendes oder gar beruhigendes von sich zu geben. Nicht nur er hatte etwas verloren, an jenem Abend nach seinem Saufgelager, hatte sie nicht von irgendjemandem gesprochen der niemals Ich liebe dich sagen konnte, sie hatte von sich gesprochen und der tragischen Tatsache das Fred das niemals erfahren würde. Genauso wie sie George nur noch schwer in die Augen sehen konnte ohne an Hass, Schmerz und Verlust zu denken.
 

Das Leben war nicht fair und das war keine einfache Floskel die irgendwann Jemandes Lippen verlassen hatte, das war eine unausweichliche Tatsache die ihr Leben beherrschte.
 

Noch immer hielt Schweigen Einzug an dem kleinen rundlichen Tisch und Alicia konnte sich einfach nicht aufraffen es zu beenden.
 

„Was war das vorhin?“ Eine schlichte Frage, belanglos und kühl aus der Stimme ihres Gegenübers, hatte dieser wohl gerade keine Ahnung was er damit auf riss, doch sie bemühte sich um ihre neu gewonnene Denkweise, sie musste endlich loslassen und wieder Leben.
 

„Ein Blick in die Vergangenheit.“
 

„Soso.“
 

Und sie spürte das für ihn das Thema erstmal beendet war, es waren nicht unbedingt Neugier oder Hartnäckigkeit die man Slytherin als Wesenszüge zu schrieb und damit lag man ihres Erachtens ziemlich richtig.
 


 

Es war die Party des Jahres, nur noch wenige Minuten bis zum Beginn des neuen Jahres und so sehr sich die Menschen auch ein viel schöneres wünschten, so sehnte sie sich in jenem Moment nur in die Vergangenheit.
 

Sie würde im Nachhinein vieles anders machen, sie würde sich nicht hinter George verstecken, weil die Gefühle für seinen Bruder sie so verschüchterten, sie würde offen und ehrlich um ein Date bitten. Mit Fred zum Schulball gehen, sie würde ihm sagen das sie ihn liebt, auch wenn das Heute unvorstellbar war.
 

Denn heute war sie einfach nicht mehr diese Alicia, auch wenn das nichts an dem Verlust und der Trauer änderte. Noch stand sie einsam und verlassen auf der Terrasse, doch in spätestens zehn Minuten würden die ersten Schaulustigen wegen des gigantischen Feuerwerks hinaus strömen.
 

Erste Schritte animierten sie zum umdrehen, jedoch erstarrte wie vor einigen Tagen in ihrer Handlung als sie George Weasley erkannte, der genau gewusst zu haben schien das sie hier war.
 

„Hallo...“
 

Sie erwiderte nichts, sondern bemühte sich gerade einmal um ein Nicken, ihre Stimme schien abhanden gekommen zu sein, während der Rothaarige vorsichtig näher trat. Sie hatte natürlich von der Verlobung zwischen ihm und Angelina gehört und tief in ihrem Innern freute sich die alte Alicia darüber. Doch es gab diese bösen Momente, wo sie einfach nur daran dachte das es ihre Augenblicke hätten sein sollen, sie und Fred. Allerdings hielten diese Vorwürfe meist nicht lange, ihr Eigenverschulden ließ sie nicht so einfach los.
 

„Herzlichen Glückwunsch“
 

Rau und fremd klang ihre Stimme, doch noch immer bemühte sie sich um ein Lächeln, die große Neujahrsparty fand in einem der besten Hotels Londons statt und all jene die am Kampf mitgewirkt hatten, hatten auch Zimmer und Einladung erhalten.
 

Miles war zu Hause geblieben und sie hatte ihm das auch nicht zum Vorwurf machen können, nur wenige Slytherin waren wirklich erschienen und das war kein Wunder.
 

„Vielen dank Alicia.“
 

Es war alles so anders, nichts war noch von der alten Freundschaft vorhanden, beinahe wie eine erloschene Aura erinnerte man sich an die Dinge wie sie sein sollten, doch dem war nicht so. So gern sie es wollte, sie konnte nicht anders handeln, dabei wusste sie wie schwer es George getroffen hatte.
 

Seit jenem Tag war nie wieder das satte Funkeln in seine Augen getreten, das warme Lachen war nie wieder so erklungen wie einst zu Hogwartszeiten. Mit Fred war auch ein Teil von seinem Bruder gestorben, das wusste Alicia, das bereute Alicia, doch ihr Herz war zu verletzt um darüber irgendwie schnell hinweg zu kommen.
 

„Ich wünsche dir und Angelina nur das Beste und ich hoffe wenn es soweit ist kann ich da sein.“
 

Sie ging und es war gut das er nicht einmal versuchte sie aufzuhalten, seine Rücksichtnahme zeigte ihr den alten Freund der sie so gut kannte, wie sie es tat. Freunde würden sie bleiben, das schwor sich Alicia, es würde nur etwas länger bis dahin brauchen.
 

Um die unsäglichen Gedanken noch weiter zu ersticken griff sie beim hinaus gehen nach einem erneuten Drink, von denen sie bereits vorher mehr als genug gehabt hatte. Die Dunkelhaarige fühlte sich leicht in ihrem Handeln und schwer verletzt in ihren Gedanken. Anders konnte sich die Spinnet jedoch auch nicht erklären warum sie statt auf ihr Zimmer zu gehen in den Kamin sprang und die Adresse von Miles angab.
 

Sie taumelte, leicht hustend stolperte sie aus dem ungesäuberten Kamin ehe sie auch schon laut nach dem Bletchley rief. Es war mitten in der Nacht, sogar fast wortwörtlich wie sie mit einem schwierigen Blick auf die Uhr feststellen musste.
 

Noch etwa fünfzehn Minuten bis zum neuen Start und in dem großen Anwesen waren bereits alle Lichter aus, welche jedoch jetzt erneut entflammten.
 

„Gott was...Alicia?“
 

Nur mit einer langen Hose bekleidet stand Miles durcheinander aussehend auf dem Treppenvorsprung und obwohl er nichts tat, nichts dafür konnte verspürte sie unglaublichen Zorn.
 

Eventuell lag es an dem schnell wirkenden Alkohol, doch selbst in jenem Moment des Rausches war sich ein Teil ihres Kopfes vollkommen klar über ihr Handeln. Sie wollte streiten, sie wollte Wut empfinden und als er sich stöhnend umdrehte und zurück ins Schlafzimmer ging, folgte sie ihm.
 

Er zuckte unter dem Knallen der Tür zusammen, doch sie ignorierte das, bei dem ersten Schritt schwankte der Boden noch trügerisch, doch nachdem auch achtlos ihre hohen Schuhe zur Seite befördert waren sah es besser aus.

„Du bist so ein Idiot, so ein Waschlappen.“ Spie sie wütend aus, während sie stampfend auf ihn zu schritt. Obwohl sie an seiner Mimik die Ratlosigkeit ausmachte, konnte Alicia ihre Hand nicht im Zaum halten die jetzt fest mit der flachen Seite gegen seinen nackten Oberkörper schlug.
 

In ihrem ganzen Innern war nur noch Wut, so viel Zorn von den zahlreichen Wochen und auch wenn sie wusste das es ihr später vielleicht Leid tat, war ein stoppen unmöglich.
 

„Dein Verhalten ist erbärmlich, du bist dumm und bescheuert.....mal ehrlich, was willst du denn noch?....Du hattest eine Familie.....du hattest eine Chance.....sie haben dich geliebt aber du verkriechst dich und vergisst das Leben!!“

Zischend schlug sie erneut zu, was er verhinderte in dem er ihre flinke Hand abfing, doch davon ließ sich Alicia nicht so schnell abhalten. Zusätzlich nahm sie die Andere und als diesmal ihre Faust die Stelle traf bemerkte sie das sie ihm Schmerz zufügte.
 

„Argh, du bist betrunken.“
 

„Ja und ich bin wütend.“ Hisste sie wie ein Schlange als sie erneut versucht zu zuschlagen.
 

„Warum bist du nur so blind, warum kannst du nicht abschließen und endlich was tun Miles?“
 

Er schubste sie grob von sich, doch sie ging erneut auf ihn los, es war grausam doch immer wenn sie ihn traf, so richtig, verspürte sie eine Spur Erleichterung.
 

„Lass das Alicia oder ich werde dir weh tun!“
 

„Versuch es du erbärmlicher Schwächling, was willst du schon tun, dein ganzes Leben hast du nichts getan.“
 

Als sie erneut in seine Reichweite kam stieß er sie grob an die Wand, nur eine Sekunde später presste er sie schmerzhaft dagegen, doch noch immer hieß sie das willkommen. Sie spürte etwas und wenn es auch Schmerz war, war dieser nicht mit den Schmerzen in ihrem Herzen zu vergleichen.
 

„Halt dein Mund du dummes Stück.“
 

„Verlierer, was kannst du schon?“
 

Seine geballte Faust schlug dicht neben ihrem Gesicht ein, ehe sich Miles zu besinnen schien und nahezu hektisch auf Abstand ging, doch da hatte er wohl nicht mit dem Handeln der Dunkelhaarigen gerechnet.
 

Sie stürzte sich auf ihn, riss ihn zu Boden und bemühte sich um einige Treffer auf seinem Oberkörper, die ersten zwei trafen, ehe er plötzlich das Gewicht verlagerte und sie vorn über auf den Teppich warf. Ein Stöhnen entrann ihren Lippen, doch schon wenige Sekunden später riss sie sich zusammen und schlug ihm mit eigenem Schmerz der aufeinander treffenden Knochen brutal die Beine weg. Sie zögerte keine Sekunde um erneut über ihm zu sein, doch diesmal war er es der den Schwung ihres Gewichtes nutzte und sie unter sich rollte.
 

„Es war dieser Mann nicht, auf dem Friedhof.“
 

Sie sprach nicht, legte nur all den Frust und Schmerz in ihren Blick, doch das schien er zu ignorieren.
 

„Sag es, es war dieser Mann, George Weasley hab ich Recht?“
 

Sie schrie auf, versuchte ihm ins Gesicht zu schlagen und sich aus der Enge zu befreien doch sein starker Griff löste sich nicht so einfach.
 

„Sprich diesen Namen nicht, wage es nicht!“
 

„Was ist mit ihm?“
 

Er bohrte und bohrte, sie bemühte sich um Fassung, versuchte ihre Gefühle wieder zurück zu drängen, doch diese unstillbare Wut war kaum noch zu Zügeln.
 

„Was weißt du schon?“ Mit einem festen Ruck riss sie einen ihrer Arme los und zog ihr linkes Bein nach rechts raus, mit etwas Schwung warf sie alles auf die linke Seite und somit sah sich Miles plötzlich überrascht unter ihr.
 

Doch die hitzige Wut lebte sich immer mehr in Schmerz aus und sie konnte die Tränen der Verzweiflung nicht länger zurückhalten. „Was...weißt du schon.“ Schluchzend sprach sie die Worte nach und plötzlich war alles an Kraft erloschen, erschöpft sank sie auf seine Brust und er hielt sie, obwohl ihm dies allein durch ihre vorherige Schläge sicher weh tun musste.
 

Sie weinte, unsäglich viele Tränen quollen ungehindert hervor und er blieb dort mit ihr liegen, strich ihr beruhigend über den Rücken. Es dauerte lang bis sie endlich wieder etwas an Fassung erlangte.
 

Als sie ihre Augen schließlich durch den Raum schickte bemerkte sie mit Schrecken das sie einiges in ihrem Gefecht umgeworfen haben musste, auch Bilderrahmen und einige Fetzen ihres roten Abendkleides.
 

„Es tut mir Leid.“ Leise und kaum hörbar brachte sie ihre Scham über das Geschehene zum Vorschein, was er mit einem knappen Kopfschütteln abtat und sachte ihren Kopf am Kinn etwas hoch schob sodass ihre Augen in die Seine sehen konnten.
 

„Was ist geschehen Alicia, was ist es das dich so wütend macht?“
 

„Der Hass auf mich selbst....“
 

Es war eine harte aber wahre Aussage und sie war Miles dankbar das er darauf nichts erwiderte, er schien zu ahnen das sie ihm nun endlich alles sagen würde.
 

„Ich hasse mich dafür das ich ihm nie gesagt habe das ich ihn liebe. Meine erste Liebe habe ich in Fred Weasley gefunden und statt es ihm zu sagen habe ich vor Furcht geschwiegen......

Jetzt ….ist er tot und ich werde nie mehr die Gelegenheit bekommen ihm die Wahrheit zu sagen, er ist mit der Vorstellung gestorben das ich seinen Bruder George mehr gemocht habe. Weil ich zu feige und zu schwach war.
 

Und immer wenn ich George sehe, erinnere ich mich an meinen Fehler, an all die Dinge die hätten sein können, wenn ich mehr Mut gehabt hätte.“
 

Er schien zu verstehen was sie ihm sagen wollte, was sie fühlte, denn seine Umarmung festigte sich erneut und seine Lippen liebkosten zart ihren Haarschopf.
 

„Es muss besser werden Alicia, das muss es einfach..... Ein frohes, neues Jahr.“
 

Und genau in jenem Moment als sie sich aufraffte und voller Schuldgefühle sanft über seine von ihr geschundene Wange strich, schlug die Uhr Mitternacht und ein riesiges Feuerwerk tat sich hinter dem großen Panoramafenster des Schlafzimmers auf.
 

„Ein frohes neues Jahr Miles.“
 


 

England weitere drei Monate später

London März im Jahr 1999

Lektion Fünf. Die nun folgenden Veränderungen solltest du nicht abschütteln, du solltest dich an ihnen erfreuen.
 

Langsam und beschwerlich ließ sich die Kälte und somit auch die letzten Schneereste verdrängen, Alicia nahm dies mit großer Genugtuung zur Kenntnis, denn es ging ihr langsam aber stetig besser.
 

Seit der doch etwas eigenwilligen Aussprache mit Miles, meinte die ehemalige Gryffindor endlich eine Art von Freundschaft zu spüren, die sie wirklich gebraucht hatte. Ihr war es sogar gelungen mit Angelina und Katie über ihren Verlust zu sprechen, welche sie verstanden hatten.
 

Mit den immer milder werdenden Temperaturen kam auch die Arbeit zurück, denn in einem Monat würde die neue Quidditchsaison los gehen, als Jägerin der Appleby Arrows würde das eine Menge Arbeit für sie bedeuten.
 

Selber war es dann ihre zweite Saison, denn trotz dem letzten schwierigen Jahr war es ihr gelungen einige Erfahrungen zu sammeln. Alicia freute sich schon jetzt auf ihren hellblauen Umhang mit dem vertrauten grauen Pfeil auf der Brust. Sie hatte immer von einer Profikarriere geträumt und es war ihr gelungen, auch einige gute Kontakte waren geschlossen worden, von denen sie sogar einen gerade nutzte.
 

Miles war in den letzten Wochen immer besser geworden und das trotz Schneepause, denn auch einige Stürme hatten sich über die britische Insel verirrt. Einig waren sich die Beiden jedoch trotzdem, sie wollten endlich versuchen die alten Erinnerungen wenigstens angemessen in den Hintergrund zu bringen.
 

Gut gelaunt und summend betätigte sie kurz die Klingel zur Vorwarnung, ehe sie doch einfach die Tür selbst öffnete, Alicia war zwar froh das der Bletchley endlich wieder Hauselfen ins Haus ließ aber vom abschließen der Tür hielt der ehemalige Slytherin noch immer nicht viel.
 

Schmunzelnd trat sie in den hohen Flur und gab ihren Mantel an einen der Elfen weiter, welcher auch so gleich nahezu lautlos damit verschwand. Sie fand den Dunkelblonden im Salon, wo dieser im Tagespropheten las, es war erst kurz nach zehn und für die Spinnet war es schön zu sehen das es ihm gelungen war ein Wochenende ohne Alkohol zu überstehen.
 

„Hallo Miles.“
 

„Hallo, willst du frühstücken?“
 

„Nein, ich bin gekommen um etwas sehr wichtiges mit dir zu besprechen.“
 

Während sie platz nahm, bemerkte sie wie ihr Gegenüber unter dem Knistern des Zeitungspapier diese auf seinen Schoß senkte, seine Augenbrauen hoben sich fragend.
 

„Worum geht es?“
 

„Nichts schlimmes, im Gegenteil, es ist etwas tolles, furchtbar aufregend, ich meine eine richtig gute Neuigkeit wenn du mich fragst -Alicia- ja?“
 

„Sag es.“
 

„Nun...“ Sie räusperte sich und warf sich neben ihn auf die Couch um auch nahe genug zu sein, sie wollte sehen ob Miles sich freute.
 

„Ich habe etwas für dich arrangiert, ein Einstellungstest. Du sagtest doch das dir die Decke auf den Kopf fällt und du nicht so recht weißt was du mit deinem Leben anfangen willst. Nun, ich habe eine tolle Lösung für dich.“
 

Seine grünen Augen schienen noch nicht wirklich begeistert wie sie feststellen musste, eher misstrauisch. „Was?“
 

Etwas verschüchtert versuchte Alicia sich erneut an einer Erklärung.
 

„Ich dachte eine Arbeit würde Abhilfe schaffen.“
 

„ Das denke ich nicht, ich bin reich Alicia, arbeiten habe ich nicht nötig.“
 

Seine angeborene Arroganz gefiel ihr nicht, Wut und Enttäuschung schlich sich ein, während sie sich auf die Unterlippe biss. „Aber..“
 

„Nichts aber, das war eine dumme Idee von dir -Aber lass mich doch- was, weitere Hirngespinnste bewilligen, sicher nicht!“
 

Empört stampfte sie mit ihrem Fuß auf und stöhnte genervt. Doch das ignorierte Miles gekonnt, während er schon bereit war sich wieder seiner Zeitung zu widmen.
 

Solch eine Behandlung ließ sich die Spinnet jedoch nicht einfach gefallen, mit Zorn geröteten Wangen schlug sie ihm die Zeitung runter und sprang auf ihre Beine. Ihr dunkler Rock schlug dabei gegen ihre Oberschenkel und Alicia bemerkte nicht einmal das der Ausschnitt ihrer Bluse direkt auf Augenhöhe mit dem Bletchley lag. Mit funkelndem Blick richtete sie fauchend ihren Zeigefinger auf seine Nase.
 

„Du unglaublich selbstgerechtes Arschloch, noch nie in meinem Leben ist mir so ein fauler Mensch wie du begegnet, der sich auf den Loorbeeren anderer ausruht. Ich habe mir den Arsch aufgerissen um dir einen Traum zu erfüllen und du trittst meine Versuche mit Füßen.“
 

Schnaufend ballte sie ihre Hände zu Fäusten ehe sie in ihre Tasche griff und eine Visitenkarte auf den Tisch legte.
 

„Wie kann man nur alles vergessen was man einmal war, das ist abartig Miles und wenn du nicht aufpasst ist nichts mehr von dem attraktiven und smarten Hüter Slytherins übrig. Du rufst da an und bestätigst das Probetraining, vorher brauchst du dich nicht mehr bei mir melden.“
 

Er sagte nichts und Alicia befürchtete tief in ihrem Innern das er nur auf solch eine Gelegenheit gewartet hatte, denn sie wusste natürlich das sie ihn damals zu dieser Freundschaft nur genötigt hatte. Sie zeigte es nie deutlich, doch im Umgang mit Miles fühlte sie sich oft unsicher, denn er schien seine Gedanken nur selten preisgeben zu wollen, womit sie nie erfahren würde ob sie ihm überhaupt irgendetwas bedeutete.
 

„Auf Wiedersehen.“
 

Auch als sie den Raum verließ und ihren Mantel entgegen nahm, folgte er ihr nicht, die Dunkelhaarige hoffte das es kein Abschied war.
 


 

Überrascht jappste sie auf als man ihren Körper mit Leichtigkeit hoch hob und einmal im Kreis drehte, diese Geste war untypisch, erschreckend und auch irgendwie schön, wie Alicia schmunzelnd feststellen musste nachdem Miles sie wieder zu Boden gelassen hatte.
 

Der ehemalige Slyterin hatte sie einfach mitten auf der Straße überfallen.
 

„Mein Gott Miles, was ist passiert?“
 

Sie hatten etwa eine Woche keinen Kontakt gehabt und Alicia hatte sich schon irgendwie versucht mit dem Gedanken anzufreunden das sie ihn nicht mehr wiedersehen würde.
 

„Du bist die beste, klügste, hinreißenste und hartnäckigste Frau die mir je begegnet ist, aber du bist ein Genie.“
 

„Ach wirklich?“ Fragte sie ehrlich verwirrt und auch geschmeichelt. Ihre Wangen röteten sich leicht und etwas peinlich berührt strich sie ihre Haare von der Schulter.
 

„Ich dachte du wolltest dort nicht hin, ich mein...“
 

Erst jetzt schien dem ehemaligen Slytherin ein Licht auf zu gehen, denn auch ihm wurde die Situation plötzlich unangenehm, seine Hände verirrten sich in seine Hosentaschen und auch seine Augen wichen dem zarten Braun aus.
 

„Du hast gedacht ich melde mich nicht mehr.“
 

Sie nickte schlicht und wollte am liebsten im Erdboden versinken, Alicia hasste ihre Unsicherheit.
 

„Natürlich komme ich zu dir und ich bedanke mich für diese Chance. Ich hatte ja keine Ahnung was du dir unter Arbeit vorgestellt hast. Ich habe gerade das Probetraining hinter mir, bei den Falmouth Falcons, meinem Lieblingsverein und der Trainer schien sehr zufrieden mit mir. Woher wusstest du das nur?“
 

„Das wusste ich noch von der Schulzeit, du hast das einmal mit einem anderen Jungen beim Nachsitzen besprochen und daran habe ich mich erinnert als ich die Annonce sah. Ich habe dann ein kleines Gespräch mit einem Freund geführt und er hat dich auf die Liste fürs Probetraining gesetzt und alles was ab jetzt geschieht hast du ganz allein geschafft.“
 

„Und trotzdem wirst du das Leben immer besser verstehen als ich Alicia.“
 

Das Lächeln auf seinen Lippen steckte sie an und so erwiderte Alicia die Geste, während ihr Herz ungewöhnlich schnell schlug.
 


 

„Du bist also Miles Wundermittel.“
 

Überrascht und erschrocken sah Alicia von ihrer Zeitung auf, welche sie eigentlich in dem kleinen Cafe nur in Ruhe hatte lesen wollen. Ihr Kaffee wurde langsam kalt und sogar das Croissant hatte sie nicht einmal anrühren können. „Bitte?“
 

Auf den ersten Blick erkannte sie nicht die hochgewachsene Gestalt des dunkelhäutigen Mannes, welcher ihr bei seinem selbstsicheren Grinsen strahlend weiße Zähne entblößte
 

„Zabini, Blaise Zabini wir waren im selben Jahrgang.“
 

Sie erinnerte sich und schenkte dem doch eigentlich fremden Slytherin ein höfliches Lächeln, was er als Einladung verstand sich setzen zu dürfen.
 

„ Entschuldigung das ich dich nicht gleich erkannt habe, also worum geht es?“
 

„Eigentlich ist es Zufall, ich sah dich und dachte gratuliere ich der kleinen zarten Gryffindor mal.“
 

„Und wozu?“ Wagte Alicia neugierig und interessiert zu fragen, während sie sich endlich ein Schluck ihres nur noch lau warmen Getränkes genehmigte. Ihre Frage schien den Schwarzhaarigen sichtlich zu amüsieren, denn sein tiefes Lachen erklang ehrlich und laut.
 

„Nun dazu das du aus Miles wieder einen richtig vorzeigbaren Menschen machst, wir hatten da unsere Schwierigkeiten mit ihm aber anscheinend brauchte er nur etwas weibliche Führung.“
 

Sie mochte die Betonung seiner Worte nicht, weshalb sie kritisch ihre fein geschwungenen Augenbrauen hochzog. „So, nun Miles und ich sind nur Freunde, falls dich das interessiert.“

Es wurde ein interessanter und lehrreicher Nachmittag, zumindest was den Umgang mit einem weiteren, ehemaligen Slytherin anging.
 


 

England zwei Monate später

London Mai im Jahr 1999

Lektion Sechs. Die Phase in der es vom Fliegen ins Fallen übergeht.
 

Diese ungewöhnliche Begegnung mit Blaise Zabini, einem sehr guten Freund von Miles bewies ihr das nicht alle Männer aus dem Hause der Schlangen auch wirklich so kalt und berechnend sein mussten wie es ihnen nachgesagt wurde.
 

Auch wenn es nur kurze Besuche und Gelegenheiten waren, so gab der schwarze Magier zu verstehen das er sie mochte und mehr als nur in der Gegenwart seines Freundes duldete. Alicia konnte auch nichts gegen den Zabini vorbringen oder finden um sich in irgendeiner Weise gegen diesen aufzubringen.
 

Genau aus diesem Grund war sie erleichtert als sie den im leichten Schatten verborgenen Mann als eben jenen Magier erkennen konnte. „Blaise.“
 

„Oh Alicia, schön dich zu sehen.“
 

Gemeinsam verharrten sie kurz vor der Eingangstür zum Bletchley Anwesen, damit sie dem Schwarzen einen leichten Begrüßungskuss auf die Wange geben konnte. Allerdings wurde diese Situation in nur wenigen Sekunden zu einem ganzen Gruppentreffen als auch Draco Malfoy plötzlich auftauchte, den sie zwar ohne einen Kuss aber ebenso höflich begrüßte.
 

Das sie recht gut mit Miles befreundet war wussten die beiden ehemaligen Slytherin und ihr war auch nie etwas negatives dies bezüglich zu Ohren gekommen. Gut gelaunt und beschwingt verschaffte sie sich unter den verblüfften Blicken der Männer, wie sonst auch Zutritt zum Haus.
 

Alicia fühlte sich sicher zwischen den beiden hochgewachsenen Slytherin, außerdem fand sie ihr neues kleines schwarzes Kleid einfach nur perfekt, womit sie sich absolut schön fühlen konnte. Am wichtigsten jedoch war dieser Moment, denn sie wollte mit Miles den Einstieg in die Quidditchliga feiern, zusammen mit seinen anderen Freunden.
 

Lächelnd begleitete sie Blaise und Draco zum Salon, jedoch hörte man schon auf halbem Wege gut gelaunte und laute Stimmen.
 

„Nun dann lernen wir sie heute auch mal kennen, richtig? Deine kleine Freundin wie hieß sie noch gleich?“
 

„Alcia Spinnet heißt das kleine Goldstück unseres lieben Miles.“
 

Es war nicht ihre Absicht zu lauschen oder gar halb im Eingang zum Salon einfach stehen zu bleiben, doch ihre Beine taten es. Vielleicht waren es die fremden Stimmen denen sie lauschen musste oder der doch eigenwillig arrogante Ton der Männer, doch im Grunde war es wohl die Neugier.
 

Das sowohl der Malfoy als auch der Zabini mit ihr verharrten war für diese eine Sekunde ihres Lebens unwichtig.
 

„Hört auf mit dem Scheiß. Terence, du weißt ganz genau das ich keine Freundin habe, für solche Belanglosigkeiten habe ich gar kein Herz. Sie ist lediglich jemand der mich nicht los lässt.“
 

Das kalte Lachen der Anderen trieb ihr heißen Schmerz durch die Eingeweide und ihre zarten Finger gruben sich unabsichtlich in das dunkle Papier des großen Geschenks, dass sie vor ihren Körper hielt. Trocken schluckte Alicia, was immer sich dort in ihrem Hals wie ein riesiger Brocken erschuf und ihr damit beinahe die Möglichkeit zum Atmen nahm, es machte ihr Angst.
 

Deutlich spürte sie nun die beiden Männer neben sich, dessen Augen wie sie erneut zu ihr glitten, als erwarteten sie Tränen, einen Anfall. Doch diesen Gefallen tat sie keinem hier, sie bemühte sich um Haltung und versuchte sich an einem schiefen Lächeln während sie sich geräuschlos zu Blaise umwandte und diesem ihr Paket hinhielt.
 

„Es wäre ihm sicher peinlich wenn ich jetzt hier auftauche, deshalb gehe ich besser. Gib ihm das wenn du willst.“
 

„Alicia.“
 

„Nein, keine Alicia mehr, ich will das nicht mehr!“
 

Sprach sie fest und leise, ihre Beine trugen sie zum Ausgang, den dunklen Ausweg in die Nacht, ehe sie einfach apparierte und verschwand.

Sie hatte gerade gespürt wie es sich anfühlte, erst hoch in Sicherheit gehoben und schon im nächsten tief hinab fallen gelassen zu werden.
 

England im Jetzt

London August im Jahr 1999

Lektion Sieben. Erkenne was noch immer in uns allen zu stecken vermag.
 

Da stand sie, allein und nahezu leblos.

Denn sie wollte nichts fühlen, sie wollte den Schmerz nicht zu lassen und egal wie sehr sie wusste das es falsch war, konnte sie diese unsäglichen Gefühle nicht akzeptieren. In ihrem Leben gab es nicht mehr viel, doch sie hatte geglaubt das sie jemanden gefunden hatte der für sie da war.
 

Aus diesem Grund hatte sie sich sicher nicht mit ihm angefreundet, zurück gewollt hatte sie eigentlich nichts und doch, am Ende musste sie sehen das er nicht einmal ihr Freund sein wollte.

Sie hätte versuchen können Angelina oder Katie zu erreichen, doch das brachte sie nicht übers Herz, lieber verkroch sie sich hier an den Strand, versuchte die Ruhe zu genießen und sich an ihre eigentlich schöne Kindheit zu erinnern.
 

Als ihre Großeltern noch gelebt hatten und sie jeden Sommer zu diesem Ferienhaus, welches halb versteckt hinter den Sandhügeln lag, gefahren waren. Da hatte sie noch etwas gespürt, hatte noch gelebt und alles was sie in den letzten Wochen erlebt, begriffen und gefühlt hatte verblasste mit jedem weiteren Tag.
 

Nun hatte Miles Bletchley jedenfalls erreicht was er wollte, sie war fort und würde nie wieder zu ihm gehen. Natürlich hatte er sich nicht bei ihr gemeldet, keine Eule, keine Meldung, kein Besuch und Alicia überraschte es nicht so sehr wie es sie verletzte.
 

Dummheit bekam somit ihren Vornamen, warum hatte sie auch geglaubt sie könne mit einem Mann wie ihm befreundet sein?
 

Seufzend strich sie sich eine lange Haarsträhne aus dem Gesicht, welche der Wind ihr neckisch immer zurück in die Augen trieb, ärgerlich aber selbst das wollte Alicia nicht spüren.

Wenn sie eines in den letzten Tagen der Einsamkeit begriffen hatte, dann das, dieses nahezu tot sein schien es leichter zu machen, auf irgend eine verdrehte Art und Weise.
 

„Verschwinde!“
 

Wies sie kalt an, als sie sanfte aber schwere Schritte im Sand vernahm, es war nicht wirklich ein Rätsel für sie wer sich ihr da näherte.
 

Und er war spät, wahrscheinlich verdankte sie das allein ihrer sturen Mutter, mit der sie selbst nur wenig Kontakt pflegte. Kein anderer Mensch kannte noch diesen Ort, sie musste schließlich doch nachgegeben haben.
 

„Wieso?“ Melodisch tief brummte es zu ihr herüber, doch jedwedes Gefühl der Zuneigung schmetterte sie einfach nieder mit ihrem Geist.
 

„Weil die Leblosigkeit welche sich wie die Wellen hier am Strand an mich heran spült, einfach nur wohltuend ist.“
 

Trotzig klang ihre zarte Stimme und sie verfluchte es, doch sie fand kaum etwas als Leere in sich um dagegen zu protestieren, weshalb Alicia es überging.
 

„Lass das, rede nicht so, so bist du nicht Alicia!“
 

„Was weißt du schon?!“
 

Sie benutzte die selben Worte wie damals im Schlafzimmer an Silvester und musste erkennen wie wahr sie doch waren, keine Ahnung hatte er, denn er schien ja alles erreicht zu haben was er wollte.
 

„Ich weiß das ich nicht ohne Grund hier bin.“
 

„ Der ist mir egal, hau ab und begnüge dich mit den Freunden die noch hast. Nur tue mir den Gefallen und verschwinde für immer.“
 

Er machte einige Schritte auf sie zu und um ihn im Auge zu behalten wandte sie sich um, jedoch war sie nicht schnell genug, denn da packten seine breiten Hände schon nach ihren zierlichen Schultern. „Fass mich nicht an!“
 

Miles hörte nicht auf sie, mit Mühe versuchte Alicia sich ihm zu entziehen, doch sein Griff war unerbittlich und auch seine grünen Augen bohrten sich in ihre Gedanken.
 

„Was willst du noch, du hast erreicht was du wolltest.“
 

„Was wollte ich denn?“ Zischend sprach er und seine Augen huschten immer wieder über ihren Körper und dann zum Meer.
 

„Das ich endlich loslasse...“ Erklärte sie stumpf und ließ mit einem liebevollen, schmerzenden Lächeln die Ärmel seines dunklen Hemdes los, in die sie sich verkrallt hatte um Halt zu haben.

Das Grün seiner Augen leuchtete dumpf und während die Sonne immer mehr unter ging, biss sie sich fest auf die Unterlippe um keinen Laut der Verzweiflung von sich zu geben.
 

„Warum bist du hier Miles, du müsstest glücklich sein.“
 

Sein Lachen klang zynisch und irgendwie hohl auf sie, doch sie wagte es nicht erneut etwas zu sagen, sie sprach und tat viel zu viel. Diese Wesenszüge hatten ihr schließlich den Ärger überhaupt eingebracht.
 

„Wenn du mich nicht weckst, stehe ich nicht vor dreizehn Uhr auf. Ich gehe nicht zum Sport, schaffe es nicht Einladungen auszuschlagen, geschweige denn wichtige Termine wahrzunehmen. Dir sollte klar sein das du an diesem Abend etwas falsch verstanden hast, du solltest spüren das ich dich nicht los werden wollte oder will.“
 

Diesmal war es an ihr zu Lachen. „Wenn du mich für all solche Sachen brauchst empfehle ich dir eine Assistentin, die erfüllt genau die selben Aufgaben und außerdem denke ich nicht das ich noch etwas Anderes spüren sollte. Ich habe genug vom fühlen. Ich habe genug von diesen Erwartungen und ich habe genug vom Leben. Verste..“
 

Seine Lippen pressten sich auf ihre und Alicia gab einen überraschten Laut von sich, ehe seine Hände zärtlich ihr Gesicht erfassten. Begierig zog Miles ihren Körper noch dichter an seinen und sie kam nicht zum Widersprechen weil seine Lippen, die nur einen Hauch von ihren entfernt waren, ihr den Verstand raubten.
 

Seine Finger strichen ihren Pony etwas zurück und er schenkte ihr dieses unwiderstehliche Lächeln das sie augenblicklich an früher erinnerte, an alte schöne Zeiten.
 

„ Sie dachten du wärst eine von Vielen, eine Mätresse in meinem Leben, deshalb habe ich das gesagt. Es war doch die Wahrheit, in diesem Sinne bist du nicht meine Freundin, denn ich wusste immer das du mich nicht lieben kannst, denn du liebst immer noch ihn. Hab ich recht?Du denkst noch täglichen an ihn, an Momente in denen ihr zusammen wart.“
 

Sie schwieg und wich seinem Blick aus, lieber sah sie zum ruhigen Meer, schaute weiter den seichten Wellen bei ihrer beruhigenden Routine zu.
 

„J..ja.“ Gab sie erstickt von sich, während bereits verräterisch die Tränen in ihren Augen schwammen.
 

Noch immer hielten seine breiten Hände ihr Gesicht gefangen und so konnte sich die junge Frau nicht wehren als er sie dazu zwang ihn erneut anzusehen.
 

„Aber ich verrate dir ein Geheimnis, etwas das mir die letzten Wochen ohne dich klar wurde.“
 

Wie in Zeitlupe beugte sich der Dunkelblonde nah zu ihrem Ohr hinab und sie lauschte mit immer größer werdenden Augen seinem Flüstern.
 

„Es braucht nur Zeit Alicia, etwas mehr Zeit als ich noch seit unserer Freundschaft gebraucht habe. Und bis du ihn los lassen kannst, werde ich dich einfach weiter lieben, bis du mich auch liebst.“
 

Das Herz der Schwarzhaarigen geriet ins Stocken, ehe es doppelt so schnell wieder einsetzte und sie sich dem zarten Kuss ergab den er ihr schenkte. In jenem Moment wurde ihr klar, das er es diesmal war der absolut recht hatte, denn tief in ihrem Innern schien schon etwas zu schlummern. Es brauchte schlicht noch etwas Zeit um zu erwachen.
 

Doch was sich schon zeigte während sie sich in die warme Umarmung des Mannes flüchtete war, das der Schatten zusammen mit der Aufgehenden Sonne immer kleiner wurde und das Atmen fühlte sich plötzlich leichter und ganz anders an.
 

Wie ein neues Leben.

Mit Freundschaft

Mit Hoffnung

Mit Liebe?!
 


 

Die Finsternis vor der wir uns fürchten ist lediglich die Kehrseite unsere Glücks, man sagt das dort wo Licht ist auch immer Schatten sein wird. Es scheint eine boshafte und Angst bringende Wahrheit zu sein, doch man sollte versuchen zu begreifen was sie uns eigentlich sagen will.
 

Befinden wir uns erstmal in der Dunkelheit, von Hass und Vernichtung umgeben sollten wir eines Bedenken.
 

Das Licht ist niemals weit weg, denn es ist und bleibt die Kehrseite des Schattens.

Und dieses Wissen sollte uns trösten, in der tiefsten Angst, der grausamsten Verzweiflung, könnte schon das ausstrecken einer Hand unsere Rettung bedeuten.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  _SMarti_
2010-07-26T21:43:05+00:00 26.07.2010 23:43
So langsam bin ich der Meinung, man sollte eine Warnung rausgeben, dass vielleicht Taschentücher gebraucht werden. :-P

Ein wirklich traurig - schöne Geschichte.
Deine Alica ist einfach wow, solche Leute sind einfach was für mich.
Meine Fantasie hat auch durch wirklich guten Beschreibung, ein perfektes Kopfkino erstellt. ^^

*Däumchen hoch*
Von:  Sasi
2010-07-26T18:31:22+00:00 26.07.2010 20:31
ich bin schlicht weg begeistert!
klar war es immer mal traurig und herzzerreißend aber unglaublich gut ^^
mach weiter so

lg
Von:  _Natsumi_Ann_
2010-07-25T22:55:07+00:00 26.07.2010 00:55
„Zabini, Blaise Zabini wir waren im selben Jahrgang.“

weder er, noch malfoy waren mit alicia oder miles in einem jahrgang ;) alicia war 1-2 jahre älter genau wie miles, sie sind gleichalt und waren in einem jahrgang, er hat sie damals sogar mal bei einem qudditchspiel verhext xD deshlab kam ich aucha uf das paar :D

sonst fand ich es herzzereißend.
Auch wenn alicia etwas strange ist sie will mit ihm befreundet sein mag aber noch fred aber wie sie sich darein steigert oO und dann stellt sie fest sie kann mit so einem wie ihm auch nicht befreundet sein XD aber eigentlich liebt sie miles ja schon unterschwellig^^ sonst würde sie ja nichts oviel tun für eine SCHLANGE!!

ich liebe das paar, und freue mich dass du es genommen hast^^
fand ich sehr witzig teils auch ... mit dem bierbauch :D hahhah

schöne bilder auch für beide ^.^
gefällt mir ^^

bis zum nächsten os^^


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