Leben - Narziss
Meine Schulzeit im Kloster, ich liebte sie,
Mochte den Unterricht und das Beten,
War fleißig, ward viel gelobt vom Abt,
Mein Leben sollte der Kirche gelten.
Als junger Bursche noch, wurde ich,
Als ich eigentlich noch Schüler war,
Heraufgehoben in den Lehrerstand,
Konnte es kaum glauben, doch es war wahr.
Ich wurde Denker, las Thomas von Aquin
Und auch den von mir bewunderten Platon
Und konnte es einfach nicht verstehen,
Wieso die Schüler keine Freude daran hatten.
Und dann kamst du, ein schwieriger Fall,
Den kein Lehrer so recht leiden wollte,
Weil du faul und verträumt warst
Aber ausgerechnet ich, Narziss, sollte
In dir etwas Besonderes sehen,
Gewann dich schnell zum Freund,
Und du zeigtest mir im Beisammensein,
Wie man lacht und wie man weint.
Die anderen Lehrer und auch schon der Abt
Befürchteten, dass du mich verdirbst,
Ja sie dachten am Ende, mein guter Freund,
Dass du Träumer mich liebst
Und dass das schlimme Konsequenzen hat,
Dass du mich verführen willst zu weltlichem Leben
Und das Kloster in mir einen Mönch verliere
Doch ich sage dir, ich wollte dir nur geben
Was du selber nicht vermochtest,
Den Anstoß das Leben zu leben,
Zu dem du geschaffen bist
Ja, das konnte ich dir geben!
Nun bist du fort und ich sitze im Kloster
Und bete und lehre und denk auch an dich
Doch frag ich mich manchmal
Denkst du auch an mich?