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Wie uns Flügel wuchsen

[KaRe]
von

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Regen


 

Kapitel 2: Regen
 

Als sie von zu Hause losliefen, begann es gerade zu nieseln. Kai hatte einen skeptischen Blick gen Himmel geworfen, aber nichts gesagt, und Rei hatte seine Trainingsjacke bis nach oben hin zugezogen und sich einen Kommentar verkniffen. Schweigend setzten sie sich in Bewegung. Liefen sie zunächst langsamer, um warm zu werden, wurden sie bald schneller und verfielen in ein rasches, aber gleichmäßiges Tempo. Die beiden brauchten sich über die Strecke nicht zu verständigen. Dass sie zusammen laufen gingen, war zwar keine wöchentliche oder ähnlich regelmäßige Veranstaltung, aber es kam doch oft genug vor, dass sie wussten, welchen Weg sie beide bevorzugten.
 

Nach etwa einer halben Stunde des Laufens über Bürgersteige und asphaltierte Straßen bogen sie in einen Feldweg ab, der bald darauf von Bäumen gesäumt wurde und in einen Wald überging. Obwohl der Regen, der beständig auf sie niederkam, fein war, waren sie beide inzwischen ziemlich nass. Allein die Tatsache, dass es sich um einen warmen Frühlingsregen handelte, ließ das Ganze nicht völlig unangenehm werden.
 

Tief und ruhig hörte Rei den Atem Kais neben sich und der Schwarzhaarige genoss die stille Anwesenheit des anderen. Nach der Trennung von Mao, die mittlerweile schon einige Wochen zurücklag, fand er es schön, wieder viel mehr Zeit mit seinen Freunden zu verbringen; etwas, was er während ihrer Beziehung teilweise vernachlässigt hatte. Schon jetzt stellten sich so auch neue Gewohnheiten ein und Rei vermutete, dass bald auch das Laufen mit Kai eine solche und damit regelmäßiger werden würde.
 

Noch während sie im Wald liefen, dabei den Blick auf den Boden gerichtet hatten, um nicht über Wurzeln und Steine des nur wenig befestigten Weges zu stolpern, kündigte es sich an, dass der Nieselregen zu einem ausgewachsenen Regenschauer werden würde. Waren sie anfangs durch die Blätter geschützter gewesen als auf der Strecke vorher, kamen nun immer mehr Tropfen durch das Blattwerk auf sie herunter. Dick perlten sie auf Haut und Kleidung von Kai und Rei ab, durchnässten sie aber schließlich doch.
 

Rei verlangsamte sein Tempo, als sie sich dem Waldrand näherten und sehen konnten, dass der Regen auf freiem Feld wie in Bindfäden herunterkam. Schwarze Wolken waren am Himmel zu sehen, den sie vorher durch die Baumkronen kaum hatten ausmachen können. Es sah nicht danach aus, als wolle der Regen in absehbarer Zeit aufhören.
 

Auch Kai wurde langsamer, nachdem er gemerkt hatte, dass der andere hinter ihm zurückfiel.
 

„Lass uns hier im Wald warten, Kai“, meinte Rei, während er sich Wasser vom Gesicht wischte und dann von seinen Händen abschlug. „Hier ist es immerhin ein bisschen geschützter.“

Der Russe, der nun ebenfalls stehen geblieben war, stimmte zu, fügte mit resigniertem Ton an: „Ich bin zwar nicht sicher, ob dieser Regen heute noch mal aufhört, aber vielleicht wird es wenigstens etwas weniger.“ Er zupfte an seiner Wasser durchtränkten Trainingsjacke, die ihm wie all seine Kleidung eng am Körper klebte, zuckte dann mit den Schultern und begann, einige Dehnungsübungen zu machen.
 

„Warten wir wenigstens ein paar Minuten ab. Ich habe wirklich keine Lust, bis auf meine Unterwäsche nass zu werden.“ Rei gesellte sich neben Kai und ahmte dessen Übungen nach. Schnell gab er dies jedoch auf, merkte er, wie unangenehm jegliche Bewegung in seinen nassen Kleidungsstücken war, nachdem er seine Laufbewegung einmal unterbrochen hatte. Stattdessen stellte er unter den letzten Baum am Wegesrand, bevor Felder und Wiesen den Wald wieder ablösten, und sah dabei zu, wie Abermillionen von Tropfen sich aus den Wolken ergossen.
 

Als sich Kai neben ihn stellte, wandte der Schwarzhaarige kurz den Kopf, lächelte den anderen an. „Woran denkst du?“, fragte der Russe, der das Gefühl hatte, dass Rei nachdenklich wirkte.
 

„Oh“, machte dieser. „Ich-“ Wenn er ehrlich war, hatte er an Mao gedacht. „Weißt du... Als ich kleiner war, habe ich immer gedacht, dass Mao und ich eines Tages ein Paar sein würden, und habe geglaubt, dass wir auch für immer eines bleiben würden. Ich habe nie länger darüber nachgedacht, warum auch, es schien alles so klar. Alle gingen irgendwie davon aus, dass wir irgendwann heiraten und eine zeitlang habe ich auch angenommen, Mao wäre meine große Liebe - oder wie auch immer man das sagen will.“
 

Kai nickte. „Schon okay. Ich weiß, was du meinst.“
 

Rei fuhr fort. „Jetzt weiß ich, dass ich doch nur irgendwann zumindest mal in Mao verliebt war, das schon, aber mehr auch nicht. Und das ist einfach ein bisschen deprimierend, weil ich mir als kleines Kind schon immer gewünscht habe, eines Tages die große Liebe zu finden und glücklich zu sein. So ein Kindertraum eben und-...“

„- jetzt hast du das Gefühl, dir jahrelang Illusionen gemacht zu haben?“, beendete Kai den Satz. Überrascht blickte der Chinese den anderen an, nickte dann mit einem schiefen Lächeln.
 

Nach einem Moment des Schweigens, in dem sie beide hinaus in den Regen starrten, begann Kai zu sprechen. „Ich kann dir nichts dazu sagen, ob ich glaube, dass so was wie eine große Liebe existiert. Ich hab das immer eher für Wunschdenken gehalten, aber wie auch immer. Lass es auf dich zukommen, anstatt dir Gedanken darüber zu machen, ob du die große Liebe gefunden hast oder nicht - ob es sie überhaupt gibt.“
 

„Du meinst, ich würde nur meine Zeit vergeuden, wenn ich mich auf die Suche nach etwas mache, von dem ich nicht einmal weiß, ob es das wirklich gibt?“, fragte Rei nach.
 

Kai nickte kurz. „Such dir eine Freundin oder auch nicht - Hauptsache, du weißt, dass es dir damit gut geht. Und wenn es keine große Liebe ist, dann hast du wenigstens eine schöne Zeit.“

Nachdenklich nickte auch Rei, bevor er grinste. „Ich wusste gar nicht, dass du so philosophische Ratschläge erteilen kannst.“

Kai sah den anderen an, wandte sich dann wieder dem Weg zu und warf noch über die Schulter: „Die kriegt auch nicht jeder von mir, klar?“

Der Schwarzhaarige lächelte ob dieser defensiven Reaktion in sich hinein.

„Danke, Kai. Du hast mir sehr geholfen.“
 

„Kein Thema“, kam die Erwiderung, ohne dass Angesprochener sich umsah. „Kommst du dann? Es ist etwas heller geworden.“
 

Noch immer regnete es stärker als der Nieselregen, mit dem sie losgelaufen waren, aber da es in der Tat nicht so aussah, als würde sich in der nächsten Zeit etwas an der Situation ändern, konnten sie genauso gut weiterlaufen. Rei lockerte kurz seine Schultern, setzte sich in Bewegung und trabte an Kai vorbei. Dieser wurde augenblicklich ebenfalls schneller, so dass sie wieder gemeinsam nebeneinander herliefen, in den Regen hinaus.
 

„Uh, sogar meine Socken sind mittlerweile nass“, teilte Rei nach den ersten Metern frustriert mit. „Ich freue mich jetzt schon auf die heiße Dusche zu Hause.“

Kai lachte leise und sie erhöhten zusammen ihr Tempo, um schneller dem Regen entflüchten zu können. Noch nasser als zuvor, wenn das überhaupt noch ging, erreichten sie schließlich ihr Appartement und hinterließen eine nasse Spur im Hausflur. Rei kramte einen Schlüssel aus seiner Hosentasche hervor, wandte sich jedoch noch einmal an den Russen, bevor er die Tür aufschloss.

„Kai, ich-... Danke. Wegen eben. Ich hätte-“
 

Kai winkte ab, während er seine Füße aus den nassen Turnschuhen quälte, die Socken gleich mitabstreifte. „Wann laufen wir das nächste Mal?“, fragte er stattdessen.

„Sobald es nicht mehr regnet“, erwiderte Rei grinsend und drehte den Schlüssel im Schloss.



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Kommentare zu diesem Kapitel (9)

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Von:  Pfefferminze
2010-12-11T09:29:15+00:00 11.12.2010 10:29
*guckt mit Glitzeraugen auf den Tab und wechselt immer wieder zwischen Kommentarfenster und Kapitel hin und her*
Yay.
xD
Das ist einfach nur... ich hab so Alltags-lockerleichte Geschichten irgendwie vermisst :3
Ich liebe die Stimmung die du auch hier wieder so genial rüber bringst, die Art wie sie miteinander umgehen und dabei nie 'vergessen wer sie sind' (=schön, dass sie IC bleiben x3)
Ich bin ehrlich gespannt wie das Ganze hier ablaufen wird. Und was Kai denkt. Ich bin neugierig darauf, ob ich da mit ein paar Vermutungen die ich diesbezüglich habe richtig liege oder ob ich in Kleinigkeiten zu viel reinlese xD
Wie dem auch sei, schönes Kapitel und her mit mehr >D

<3
Von:  Atem
2010-12-11T04:32:21+00:00 11.12.2010 05:32
Jaja... ich muss Rouraito definitiv zustimmen *_______*. Der Regen HAT was erotisches *hüstel*. Und in dem Moment, wo sie mit dem Geräusch der laufenden Füße auf dem matschigen Boden gesprochen hat, hab ich es auch gehört... XD". Ich schiebs auf meine Müdigkeit XD.
Aber ich finde du hast den Regen fantastisch beschrieben... überhaupt wie die zwei miteinander umgehen. Diese Vertrautheit, obwohl sie nicht sehr oft miteinander laufen... das hat schon was und ich würde jetzt gern Mäuschen spielen, wenn Rei und Kai nacheinander duschen gehen <o<. Mit anschließendem auf der Couch lümmerln und Tee trinken... so in etwa XD.

Die eine wahre und große Liebe... *schnaub*... ich vertrete damit eindeutig Kais Meinung XD. Meines Erachtens gibt es die nicht... aber wenn man daran glaubt, ist auch nichts dagegen einzuwenden, solang man sich nicht krampfhaft in etwas verrennt <o<.

Seit langem freue ich mich mal wieder, wenn es eine neue FF zu BB gibt. Kann es kaum erwarten, bis sich die zwei näher kommen ^___^.

*plüsch* Rei~
Von: Alatus
2010-12-11T01:41:50+00:00 11.12.2010 02:41
... bin das nur ich, oder hat Regen einfach auch etwas sehr Erotisches? ´____`

In erster Linie mochte ich das Kapitel wegen des Regens (ich mag Wasserelemente allgemein sehr gern, glaube ich ...) und des damit verbundenen Grau. Genauso wie ich das Gefühl hatte, das könnte sich auf Reis Gefühlswelt projizieren lassen - zumindest kam mir der Gedanke, als sich der Regen ein bisschen legte und es "heller" wurde so direkt nach Kais Ratschlag.
Und wieso hab ich mir eingebildet, ihre Schritte im Matsch zu hören? ^^;
Waldboden + Regen weckten automatisch diese Assoziation ...

Reis Vorstellung von seiner Beziehung zu Mao ist irgendwie sehr süß gewesen, so kindlich-naiv, aber ich bin froh, dass er durch den Austausch dann auch die Einsicht hatte, dass dem so ist. ^^;
Ich habe mir ein wenig Gedanken gemacht, ob die - wie für Jungs - nicht vielleicht zu viel miteinander "über solchen Kram" reden, aber andererseits ist es ja nicht so, als würden sie stundenlang über "so was" quatschen, es hält sich eher im gesunden Maße in Grenzen ... außerdem unterstreicht es, wie gut sie sich verstehen °_°
Und ich mag Kai hier besonders, der so "voll Kai" ist. Wie er einem exklusiv einen Ratschlag erteilt und dann mit dem Rücken zu einem steht, als er zum Weiterrennen auffordert, ganz so als wolle er verhindern, dass man sich unnötig weiter in etwas hinein steigert, das in seinen Augen hiermit zu Ende besprochen war. XD

Argh ich hab das Gefühl das Tempo wird mich quälen ;_; *ist wohl ein bisschen verwöhnt davon, mehr am Stück zu lesen*
Das Tempo hält es bisher ein wenig nüchtern, aber ich hab das Gefühl man spürt so ein Kribbeln - beziehungsweise, es ist so "ruhig" bisher, trotz der Trennung Reis am Anfang des ersten Kapitels, dass ich gerade auf einen Ausbruch warte. Und der Regen machte diese Anspannung irgendwie schlimmer, auch wenn er für gewöhnlich beruhigend hätte wirken sollen. Aber es war ja auch ein halbes Gewitter ... ich habe auch das Gefühl, die Geschichte könnte sich wie dieser Regen entwickeln ... <3

Auf jeden Fall bleibe ich gespannt, es liest sich sehr, sehr angenehm bisher, diese kurzen Absätze und auch der bisherige Zeitsprung ... °~°v

Aber die Tatsache, dass die Kapitel so kurz sind, verleiten mich dazu, mir Zehntausend Nebenszenarien auszudenken, das ist als würde man ein gutes Buch lesen und wollte dazu zehn Fanfiction schreiben!! XDD
Das gefällt mir gerade vielleicht auch am meisten ♥♥♥
Ich hoffe, das Lesegefühl bleibt erhalten und freue mich auf die Fortsetzung *_*V
Von:  Shayd_chan
2010-12-10T13:29:34+00:00 10.12.2010 14:29
Die Freundschaft zwischen Kai und Rei hast du echt klasse dargestellt.
Die beiden wirken so vertraut miteinander, wie es wirklich nur Leute können, die sich auch wirklich kennen und das finde ich sooo süß.
sie nähern sich zwar nur langsam an, aber ich glaube diese Zurückhaltung macht das Ganze erst richtig interessant.

Die vielen Details die du einbaust, bringen einen dazu die ganze Situation zu verstehen und das find ich klasse!

Freu mich aufs nächste Kapitel^^
Shayd
Von:  Vergangenheit
2010-12-08T08:10:47+00:00 08.12.2010 09:10
Schön kurz und wirklich gelungen.

Irgendwie schreibe ich immer dasselbe bei dir, aber es liest sich wirklich so harmonisch und wunderschön, als würde man einem schönen Lied lauschen, man merkt gar nicht mehr, dass man liest, sondern genießt die Harmonie der Worte und hat hinterher ein Lächeln im Gesicht.

ByeBye
La-chan
Von:  Minerva_Noctua
2010-12-07T19:08:02+00:00 07.12.2010 20:08
Hi!
Danke für die ENS^^.

Es ist kurz, es ist nicht viel passiert.
Trotzdem ist das Kapitel klasse^^.
Es sind diese Details, die du da einstreust und die das Kapitel so wichtig und interessant machen.
Kai und Rei werden gute Freunde, zumindest bessere als zuvor.
Sie nähern sich allmählich an. Nichts wird überstürzt.
Das gefällt mir^^.
Freu mich auf die Fortsetzung!

Bye

Minerva
Von:  Yukito_Nishii
2010-12-07T14:54:40+00:00 07.12.2010 15:54
Ich habe deine beiden Kapitels gelesen und fand sie bis jetzt sehr spannent und auch süß.^^ Ich werde mir deine FF unter meinen Favoriten abspeichern.

Bitte schreibe ganz schnell weiter.^^

Liebe grüße

D-GenerationX
Von:  Fye-chan
2010-12-06T20:22:05+00:00 06.12.2010 21:22
Ich schließe mich dieser Meinung an, super Abschluss dieses Pitels :)
Und generell mag ich es... schon jetzt wie die beiden miteinander umgehen und die ganze Stimmung in diesem Kapitel... mit dem Regen und dem Wald und generell alles... einfach mal wieder klasse geschrieben :)
Ich freu mich aufs nächste Kapitel (:
Ganz liebe Grüße, Fye <3 ♥
Von:  Liirah
2010-12-06T20:17:54+00:00 06.12.2010 21:17
„Sobald es nicht mehr regnet“

Irgendwie musste ich da jetzt arg schmunzeln. Ist ein schöner Schlusssatz, wirklich. So sollte ein Kapitel aufhören. ♥


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