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Abgekarterte Spiele

"Gets down to what it's all about, doesn't it? Making the wrong move at the right time."
von

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Bittersüß

Ich weiß, ich sollte wütend sein, sauer... ich hätte jedenfalls allen Grund dazu so wie er sich benimmt und ein Teil von mir ist auch wütend auf ihn, doch ein anderer Teil versteht ihn auch.
 

Die ganze Situation ist mehr als nur ein schwerer Schlag für ihn und wahrscheinlich lasse ich ihm seinen ungehobelten Ton deshalb auch durchgehen. Vielleicht bin ich auch wirklich ruhiger geworden, wer weiß? Tea wäre sicher stolz auf mich, wenn sie mich jetzt sehen könnte, wenn sie miterlebt hätte, dass ich so gelassen auf seine eisigen Kommentare reagieren kann.
 

Sein Weltbild ist ins Wanken geraten und ich habe maßgeblich dazu beigetragen. Und ja, ich verspüre auch so etwas wie einen stillen Triumph, aber ich kann ihn nicht auskosten, denn irgendwie tut er mir leid. Etwas, dass ich nie für möglich gehalten habe, ist eingetreten. Ich habe Mitleid mit ihm und es schmerzt mich ihn so zu sehen.
 

Es ist nicht einmal der ungewohnte Aufzug, auch nicht die Tatsache, dass er seine geliebte Firma nicht mehr hat. Es ist auch nicht wirklich der Umstand, dass er sein Deck verkaufen musste oder mit einem Mal ohne seinen Bruder darsteht. Es ist... Ich weiß es nicht. Ich sehe nach wie vor den Stolz in seinen Augen und dass er den Anschein zu erwecken versucht, immer noch stark und unabhängig zusein, obgleich er die Wahrheit genauso gut kennt wie ich.
 

Die Tatsache, dass er sich mit Bakura und Alister eingelassen hat, spricht dafür.
 

Bakura...
 

Ich schlucke unwillkürlich.
 

Der Weißhaarige ist ihm ins Bad gefolgt und mir kommt es vor wie eine Ewigkeit, dass die Beiden nun schon verschwunden sind. Ich weiß, es sollte mich nicht interessieren, aber ich frage mich was da los ist. Was läuft zwischen dem Dieb und Kaiba.
 

Meinem Kaiba
 

Herrje, darüber sollte ich mir nun echt keine Gedanken machen. Was geht es mich an, was die Zwei miteinander zu schaffen haben? Aber seltsamerweise kann ich den Gedanken, dass die Zwei sich gerade allein in diesem Badezimmer sind, nicht ausblenden. Mein Blick wandert zu Alister, der ungerührt dasitzt und auf seinen Laptop starrt und zu gerne würde ich ihn fragen, was das zu bedeuten hat, auch wenn ich vermute, dass er es nicht weiß, falls er es überhaupt bemerkt hat.
 

Ich werfe einen Blick auf die Uhr.
 

In zwei Stunden kann ich Victor anrufen und ihm sagen, was er zu tun hat. Eigentlich könnte ich mich dann aus dieser ganzen Angelegenheit zurückziehen. Ich meine, ich habe meins getan. Mokuba ist wieder bei seinem Bruder und das wollte ich doch. Gut, ich müsste mir eine Erklärung für sein Verschwinden ausdenken. Jack könnte ich natürlich die Wahrheit sagen und ich könnte auch behaupten, dass man ihn gekidnappt hat, was ja auch die Wahrheit wäre, aber irgendwie gehagt es mir nicht, mich zurück zu ziehen.
 

Und dieser verbohrte Großkotz braucht eindeutig mehr Hilfe als er augenblicklich hat. Ob er will oder nicht.
 

Ich stöhne unwillkürlich auf. Warum muss dieser Kerl auch so verdammt borniert sein? Hätte sich das nicht inzwischen legen können? Für die Arroganz, die er nach wie vor an den Tag legt, würde ich ihm liebend gerne eine reinhauen. Ich bin zwar längst davon abgekommen, Probleme auf diese Art zu lösen, aber verdient hätte er sie alle Mal. Und irgendwie ist es mal wieder typisch... in Seto Kaiba´s Gegenwart vergesse ich schlagartig alles was ich gelernt habe. Ein Wunder, dass ich mich bislang zurückhalten konnte.
 

Wieder sehe ich auf die Uhr und wieder frage ich mich, was die Zwei im Bad tun. Wahrscheinlich besprechen sie etwas, anders kann es ja wohl nicht sein. Trotzdem ist es hochgradig irritierend. Kaiba hat seine Kleider mitgenommen. Er hat nicht nur das Wasser angstellt, damit sie keiner hört. Und Bakura ist ihm auch einfach so gefolgt. Ich spüre wie ich unruhig werde und mich erheben muss. Ich fange an langsam im Zimmer auf und ab zu laufen und nach einer Weile bemerke ich Alisters argwöhnischen Blick.
 

"Wie bist du in die Nummer reingeraten?" will ich wissen. Soweit ich mich erinnere war er nicht unbedingt gut auf Kaiba zu sprechen in der Vergangenheit. Gut, Dartz hatte ihn reingelegt, aber das er jetzt einer von Kaiba´s Verbündeten sein soll...
 

Der Rothaarige zuckt mit den Schultern. "Ich arbeite mit Bakura zusammen." meint er als würde das alles erklären. Ich sehe ihn fragend an. "Und das heißt?" hake ich nach. Er schenkt mir einen trotzigen Blick. "Das heißt, dass ich mit Bakura zusammen arbeite." erwidert er und ich seufze. Herrje, sind heute aber auch alle wieder freundlich. Ich schüttele den Kopf und der Rothaarige wendet sich wieder seinem Laptop zu.
 

Fast schon erleichtert atme ich auf als sich die Tür zum Bad wieder öffnet und Bakura und Kaiba zum Vorschein kommen. Ich mustere sie kurz, wohl darauf bedachte, nicht zu neugierig zu erscheinen und der Weißhaarige grinst mich an, sagt jedoch nichts. Kaiba´s Miene dagegen ist wie immer regungslos und er selbst wirkt so unnahbar wie ich ihn kenne. Er hat seinen merkwürdigen Aufzug gegen schwarze Jeans und einen schwarzen Rolli getauscht und erst jetzt fällt mir auf, dass er noch hagerer und blasser wirkt als sonst. Auf seiner Wange zeichnet sich ein roter Kratzer deutlich ab und verunstaltet auf seltsame Weise die ansonsten perfekten Züge.
 

Plötzlich kommt mir eine Idee.
 

"Hör mal, Kaiba, es gibt vielleicht eine Möglichkeit, wie wir das mit Mokuba schneller über die Bühne bringen können." meine ich und die blauen Augen richten sich sofort auf mich. Er fragt nicht nach, also rede ich weiter. "Ich könnte mir jetzt schon einen Wagen kommen lassen. Dann fahren wir zwei zu mir. Wenn wir ins hauseigene Parkhaus fahren, würde dich keiner sehen." erkläre ich ihm meine Überlegung und ärgere mich, dass ich nicht schon früher auf die Idee gekommen bin. Er scheint über die Möglichkeit nachzudenken. "Vielleicht wäre das auch besser, nur für den Fall, dass irgendwer Mokuba auf dem Schulweg beschatten sollte. Er könnte sonst deine Gegner direkt zu dir führen." gebe ich zu bedenken und sehe, dass er leicht nickt, doch noch immer unschlüssig ist. Sein Blick wandert zu Bakura und wieder steigt dieses ungewohnte Gefühl in mir auf.
 

"Ruf deinen Fahrer an." sagt er schließlich und ich stelle fest, dass der Weißhaarige nicht unbedingt begeistert von der Idee zu sein scheint. Ich nicke und greife zu meinem Handy. Es dauert einen Moment bis mein Anruf entgegen genommen wird. Ich gebe meinem Fahrer die Instruktionen und wende mich dann wieder an Kaiba. "Ich schätze, man wird ihm nicht folgen und wenn du dich auf die Rückbank legst, sieht dich auch keiner, wenn wir zurückfahren." sage ich und werfe Bakura einen vielsagenden Blick zu. Es dürfte offensichtlich sein, dass mein Angebot lediglich für Kaiba gilt.
 

Dieser nickt. "Gut. So werden wir es machen." meint er nüchtern und mustert mich für einen Moment. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich glauben, dass ich ihn doch positiv überrascht habe. Aber natürlich lässt er sich das nicht anmerken. Wie könnte er auch?
 

"Du willst alleine gehen?" höre ich Bakura fragen. "Was dagegen?" ist die knappe Erwiderung. Der Weißhaarige zuckt mit den Schultern. "Du musst es wissen." Kaiba nickt nur und wieder habe ich das befremdliche Gefühl, dass zwischen den Beiden eine Art Einvernehmen herrscht, dass ich nicht begreife. Aber vielleicht werde ich unter vier Augen die Gelegenheit haben, den Eisklotz näher zu befragen.
 

"Der Wagen müsste in einer viertel Stunde da sein." erkläre ich und bin etwas irritiert als Kaiba sich eine Zigarette anzündet. Ich wusste nicht, dass er raucht. Sein Haar ist noch nass und dunkle Strähnen hängen ihm ins Gesicht und auch wenn in diesem Aufzug schon wieder mehr dem Seto Kaiba gleicht, den ich kenne, verwirrt mich sein Anblick doch nach wie vor. Seine Schultern wirken ohne den Mantel wesentlich schmaler und er selbst... verletzlich. Ich schlucke unwillkürlich.
 

"Mokuba wird aus dem Häuschen sein." meine ich schließlich, denn dieses absonderliche Schweigen ist nicht zu ertragen. Ein Seto Kaiba, der mich anschweigt, ist wie ein Seto Kaiba, der mich ignoriert. Beides behagt mir nicht. "Er redet pausenlos von dir." erzähle ich und für einen Moment habe ich das Gefühl, dass seine Züge weicher werden. "Und er hat eine Stinkwut auf deine Gegner. Da fällt mir ein... Du hast wirklich keinerlei Verdacht, wer dir das angetan haben könnte?"
 

Er wirkt müde und ungewohnt ruhig. Langsam schüttelt er den Kopf. "Nicht einmal aus den Gerichtsakten war etwas zu erfahren." erzählt er und im ersten Moment bin ich überrascht, dass er sich dazu herablässt solch eine Information Preis zu geben. "Die Kerle haben ihre Spuren perfekt verwischt." Er seufzt resignierend und zieht an seiner Zigarette. Ich nicke. "So oder so, die Typen scheinen zu wissen was sie tun. Und das sie Pegasus erledigt haben, spricht wohl für sich. Das hängt doch mit deiner Sache zusammen, oder?" frage ich weiter nach und bin erneut erstaunt als er tatsächlich antwortet.
 

"Ich gehe davon aus." bestätigt er. "Es war Pegasus, der wegen der Firma an mich heran getreten ist. Er sagte, dass er für jemanden arbeiten würde, aber mit keinem Ton für wen."
 

Ich denke kurz nach. Der Gedanke, dass Pegasus sich dazu herabgelassen hatte, für jemanden zu arbeiten besagte zumindest zweierlei Dinge: Entweder hatten diese Kerle etwas gegen ihn in der Hand, um ihn dazu zu zwingen oder sie haben ihm ein sehr gutes Angebot gemacht, eines, dass er unmöglich ausschlagen konnte. Doch in Anbetracht der Tatsache, dass Pegasus selbst genug Geld hatte, liegt die Vermutung nah, dass es andere Gründe gab, zumal der Erfinder sich auch zurückgezogen hatte. Ich mustere Kaiba und gehe davon aus, dass er ebenfalls bereits zu diesem Schluss gelangt ist.
 

Mit einer grazilen Geste drückt er seine Zigarette aus und sieht mich auffordernd an. "Wir sollten wohl langsam nach unten gehen." meint er und ich nicke. Dann wendet er sich an Bakura. "Ich werde in ein paar Stunden zurück sein. Versuch Roland zu erreichen und unterrichte ihn von den bisherigen Entwicklungen. Ich werde mich später auch noch selbst mit ihm in Verbindung setzen." erklärt er dem Weißhaarigen und dieser nickt.
 

Ich versuche diese Szene zu ignorieren und begebe mich langsam schon mal zu Tür. Dann sehe ich Kaiba erwartungsvoll an. Er greift sich die Lederjacke und ich muss unwillkürlich grinsen. "Woher hast du dieses Teil?" frage ich und er verdreht die Augen. "Von Devlin." entgegnet er und fügt hinzu als er meinen erstaunten Blick sieht: "Frag nicht." Ich versuche mir ein weiteres Grinsen zu verkneifen und folge ihm aus dem Zimmer.
 

Schweigend gehen wir über den Flur und obgleich ich erleichtert bin, dass wir endlich alleine sind, ist es komisch so ohne ein Wort neben ihm herzugehen. Dass wir einander anschweigen ist neu.
 

"Kaiba?" frage ich plötzlich. Er wirft mir einen knappen Blick zu. "Ich bin echt froh, dich zu sehen." Ich grinse ihn schief an und für einen Moment wirkt er mehr als erstaunt. Der Anflug eines Lächelns huscht über sein Gesicht, er erwidert jedoch nichts, trotzdem bin ich sicher, dass es ihm ähnlich geht. Ich könnte es nicht beweisen, aber ich habe das Gefühl und in alter Gewohnheit hakte ich deshalb auch grinsend nach. "Mal ehrlich, hast du mich vermisst?"
 

Er verdreht wie erwartet die Augen. "Klar, wie die Pest." entgegnet er und ich nicke zufrieden.
 

Als wir den Hoteleingang erreicht habe, sehe ich unseren Wagen auch schon. Ich gebe Kaiba ein Zeichen und er nickt. Ich verlasse das Hotel als erster, sehe mich kurz um, doch es ist nicht zu erkennen ob jemand auf uns wartet oder meinem Fahrer gefolgt ist. Ich nicke kurz und Kaiba folgt mir zu der Limousine. Für einen Moment zucken seine Mundwinkel leicht als mein Fahrer und die Tür öffnet. Er nimmt mir gegenüber Platz und ich bedeute dem Chauffeur loszufahren.
 

"Dass ich dich einmal in einer Limousine sehen würde..." Er schenkt mir einen amüsierten Blick und ich lächele. "Du solltest mich in meinem Porsche sehen." entgegne ich und für einen Moment sehen wir uns schweigend an. Ja, in gewisser Weise haben wir die Rollen getauscht, wenn man so will. Nur, dass ich ihn schlecht mit einem Köter vergleichen kann. "Mokuba geht es gut." versichere ich ihm ungefragt und sehe wie seine Miene sich verdüstert. "Ich hätte nie für möglich gehalten, dass es einmal so weit kommt." murmelt er kopfschüttelnd und ich verstehe was er meint.
 

"Die Dinge kommen schon wieder ins Lot." höre ich mich sagen und obgleich ich meine Wort aufrichtig meine, ist es auch für mich irritierend, dass ich tatsächlich mit ihnen Seto Kaiba aufzumuntern versuche. Doch er ist nicht weniger erstaunt. Sein Blick streift mich und ich habe fast den Eindruck, dass er etwas sagen will, doch dann sieht er aus dem Fenster.
 

Ich schätze, auf ein ehrliches Dankeschön werde ich noch eine Weile warten müssen, wenn ich es überhaupt je bekomme.
 

Unwillkürlich muss ich lächeln und er sieht mich fragend an. "Sorry, aber es ist echt erstaunlich, dass du es selbst jetzt noch schaffst, diese Aura an den Tag zu legen." erkläre ich ihm meine Verwunderung ehrlich und sehe wie er die Stirn runzelt. "Man sollte meinen, dass diese ganze Geschichte deinen Stolz gebeugt hätte, aber nein." Ich schüttele den Kopf und seine Züge verhärten sich erneut.
 

Seine nächsten Worte überraschen mich dann doch.
 

"Und ich hätte gedacht, dass gerade du weißt, dass Stolz keineswegs von Status und Besitz abhängig ist." sagt er auf die ihm eigene kühle Weise und für einen kurzen Augenblick bin ich sprachlos. Er sieht derweil schon wieder aus dem Fenster.
 

Den Rest des Weges sagt keiner von uns etwas und wir schweigen auch als der Wagen im Parkhaus hält und wir aussteigen. Ich deute in Richtung des Fahrstuhls und schreite voran. Er folgt mir hocherhobenen Hauptes. Wir fahren in den 12. Stock und als ich den Weg zu meiner Wohnung antrete, ist mir seltsam zumute. Ich kann das Gefühl, nicht näher beschreiben. Ich war nie bei Kaiba zuhause und er hat mich auch nie besucht. Sozusagen ist das hier eine Premiere und es ist seltsam, dass es erst zu all dem kommen musste, damit wir in der Lage sind uns einigermaßen normal zu verständigen.
 

Ich sperre die Tür auf und bedeute ihm einzutreten. Seine Schritte sind so selbstsicher wie eh und je und ich beobachte, wie er sich umsieht. Sein Blick wandert durch den Raum und ich bin sicher, dass er jede noch so geringe Kleinigkeit erfasst. "Das Wohnzimmer ist gleich da vorne." erkläre ich ihm und deute geradeaus. "Willst du etwas trinken?" frage ich und er nickt. "Wir haben noch etwas Zeit. Ich schätze, du willst Mokuba nicht unbedingt aus dem Schlaf reißen." sage ich und gehe zu der kleinen Bar während er ans Fenster tritt. "Tolle Aussicht, oder?" frage ich lächelnd und nicht ohne Stolz, denn ich schätze, er weiß wieviel solche eine Aussicht in New York kostet. Ich frage nicht nach was er trinken möchte, sondern mache uns beiden einen Gin Tonic. Dann trete ich zu ihm und reiche ihm das Glas. Er nickt mir kurz zu ehe sein Blick sich wieder in die Ferne richtet.
 

"Und? Ist der Ausblick mit dem vom Turm der Kaiba Corp. vergleichbar?" frage ich und könnte mir im nächsten Moment auf die Zunge beißen. "Ja, könnte man sagen." antwortet er ungerührt und wirft mir einen kühlen Blick zu. "Deine Lage hat sich eindeutig verbessert." fügt er hinzu und ich nicke. Wieder schweigen wir und ich frage mich woran er denkt. Ich erkenne kein Gefühl in seinen Augen, selbst wenn er wehmütig ist, er lässt es sich nicht anmerken.
 

Ich nippe an meinem Drink und er tut es mir gleich. Schweigend sehen wir aus dem Fenster und ich kann nur erahnen was in ihm vorgeht und ich bin nicht sicher ob ich eine der Fragen stellen soll, die mir im Kopf herum spuken.
 

"Weißt du, Kaiba, ich habe dich damals oft beneidet." höre ich mich dann sagen und lache kurz auf. "Aber inzwischen weiß ich, dass dein Leben nicht nur ein Zuckerschlecken war. Ich meine, damals hielt ich es dafür. Ich dachte, du hast alles während ich nichts hatte, aber naja..." Er hat die rechte Braue nach oben gezogen und beäugt mich skeptisch. "Was ich damit sagen will, ich weiß jetzt, dass du es keineswegs leicht hattest. Eine Firma zu leiten und auch noch zur Schule zu gehen... In gewissen Dingen verstehe ich dich inzwischen besser. Verrückt, was?"
 

Ich lache, er nicht. Er sieht mich einfach nur an und für einen Moment habe ich den Eindruck, dass er ernsthaft über meine Worte nachdenkt. In seinem Blick liegt nichts missbilligendes, auch wirkt er nicht genervt. Fast habe ich das Gefühl, dass er mich zum ersten Mal tatsächlich wahr nimmt. "Es ist wohl alles eine Frage des Blickwinkels, oder?" höre ich ihn dann sagen. "Ich hätte nie gedacht, dass du einmal in der Lage sein würdest, mehr als zwei Sätze zu formulieren ohne die Worte ´Hey`, ´Alter´ oder ´whoa´ zu verwenden."
 

"Ich schätze, das soll ein Kompliment sein." erwidere ich und er zuckt mit den Schultern. "Es ist eine Tatsache. Ich habe es bezweifelt, du hast mich eines besseren belehrt." meint er sachlich und ich lache. "Ich sehe es als Kompliment, Kaiba." sage ich dann und lächele ihn an. Dann wende ich mich ab und gehe zum Sofa. Ich lasse mich nieder, lehne mich zurück und er zögert einen Moment, dann folgt er mir und nimmt ebenfalls Platz. Einen Moment sehen wir uns ernst an, dann ergreife ich das Wort und komme wieder auf das Wesentliche zu sprechen.
 

"Wie kam es, dass diese Typen dich überrumpelt haben?" frage ich und rechne fast mit einer bissigen Bemerkung, aber diese bleibt aus. Stattdessen überlegt er kurz, legt sich wohl in Gedanken die passende Erwiderung zurecht und antwortet schließlich ausweichend. "Es fing mit geringfügigen Aktienaufkäufen an, so gering, dass ich dem keine Bedeutung zugemessen habe, zumal es auch verschiedene Firmen waren, die Aktien kauften." Ich nicke. "Demnach haben diese Typen es von langer Hand geplant." stelle ich fest und er nickt. "Es scheint so, ja."
 

Ich überlege kurz und frage mich ob ich ihn auf Mokuba´s Äußerung, er habe Angst gehabt, ansprechen soll, aber ich befürchte, dass das keine so gute Idee ist.
 

"Warum hast du nicht versucht die Firma zu retten?" frage ich stattdessen. Die Frage brennt mir schon die ganze Zeit auf der Seele. Ich meine, Kaiba ohne seine Firma... Das ist fast wie Kaiba ohne sein Deck. Er zögert erneut. "Ich hatte meine Gründe." sagt er schließlich und sein Tonfall ist so entschieden, dass ich nicht weiter nachhake. "Und willst du sie zurück?" frage ich weiter und er verdreht die Augen. "Soll das ein Verhör werden?" zischt er mich an.
 

Ich schüttele den Kopf. "Ich versuche nur herauszufinden, wie du weiter vorzugehen gedenkst. Wenn du dich erinnerst, habe ich dir meine Hilfe angeboten." entgegne ich ruhig und er zieht spöttisch die rechte Braue in die Höhe. "Du hast Mokuba deine Hilfe angeboten, Wheeler. Ich werde schon klar kommen. Aktuell habe ich andere Sorgen als die Kaiba Corp. Die Firma zurück zu bekommen dürfte meine geringste Schwierigkeit darstellen, wenn ich diese Angelegenheit erst einmal erledigt habe." erklärt er mir kühl und ich seufze.
 

"Auch wenn es müßig ist dich darauf hinzuweisen, wenn ich Mokuba Hilfe anbiete, dann gilt das auch für dich, aber wir müssen nicht kleinlich sein. Hast du denn schon eine Idee, wie du diese Sache erledigen willst?" will ich wissen und er nickt, sagt jedoch nichts und ich schätze, es bringt nichts weiter nachzufragen. Er ist nicht gewillt seine Gedanken mit mir zu teilen. Typisch Kaiba eben. Stur, sturer, Kaiba. Ich schüttele leicht den Kopf und bemerke, dass er mich fixiert.
 

"Und was hat das mit Bakura und dir auf sich?"
 

Ich bereue die Frage, kaum das ich sie ausgesprochen habe. Nicht, weil ich deutlich merke, dass ein Ruck durch seinen Körper geht und sich seine Schultern schlagartig straffen, sondern weil ich die Frage nicht auf diese Weise stellen wollte. Ich habe sogar das Gefühl, dass meine Wangen sich leicht röten, aber zum Glück scheint Kaiba das nicht zu bemerken. Seine Züge verraten mal wieder nicht das Geringste und auch seine Augen sind verschlossen.
 

Er sieht mich vollkommen ungerührt an. "Ich habe Bakura einen Auftrag erteilt und wie sich gezeigt hat ist er auch ansonsten recht... nützlich." kommt nach ein paar Sekunden die nüchterne Erklärung. Ich nicke leicht als würden seine Worte Sinn für mich ergeben.
 

Und wieder frage ich was die Beiden eben im Bad getan haben. Die Frage kommt mir schlagartig in den Sinn und ich fühle wie sich ein seltsames Gefühl in mir breit macht. Die Vorstellung, dass Bakura und Kaiba vertraut miteinander umgehen, so vertraut, dass sie... Die Vorstellung behagt mir nicht. Bakura ist schließlich eine schwer einzuschätzende Variable und dass dieser Dieb Kaiba hilft, nun, das muss seine Gründe haben.
 

Gründe, die ich nur erahnen kann und einige davon gefallen mir keineswegs.
 

Seltsamerweise habe ich das Gefühl, dass Kaiba sich bei dieser Frage genauso unbehaglich fühlt wie ich mich.
 

Ich bemühe mich daher rasch das Thema zu wechseln.
 

"Was Mokuba anbelangt, er wird dir gleich bestätigen, dass es ihm gut geht. Ich mag den Kleinen wirklich sehr und ich glaube, er mag mich auch. Und wie ich vorhin bereits sagte, wenn du nicht weißt, wie es für dich weitergeht, nun, Mokuba kann so lange hier bleiben wie er will." erkläre ich ernst und spüre wie sich seine Züge schlagartig verhärten und seine Augen sich scharf auf mich richten. Deshalb fahre ich auch schnell fort. "Versteh mich nicht falsch, Kaiba, ich will dir deinen Bruder nicht weg nehmen, das könnte ohnehin keiner, aber naja, du weißt was ich meine... " Ich mache eine kurze Pause und lächele ihn freundlich an.
 

"Und wegen deinem Deck ..." Ich spüre wie erneut ein Ruck durch seinen Körper geht. "Ich habe es gekauft, ja. Aber ich will es nicht. Ich habe ein Deck, wie du weißt. Du kannst es haben. Ich wollte es dir ohnehin wiedergeben. Ich meine, du ohne die Drachen..."
 

Das Glas in seiner Hand zerspringt mit einem heftigen Klirren und ich zucke unwillkürlich zusammen.
 

"Wie großzügig von dir, Wheeler." höre ich ihn sagen und seine Stimme ist so scharf, dass ein Schauder mir über den Rücken läuft. "Danke, ich verzichte. Du hast das Deck erstanden, es gehört dir."
 

Angesichts einer solchen Verbohrtheit kann ich nur den Kopf schütteln. "Verdammt Kaiba, du bist wirklich unverbesserlich. Aber wie du willst." entgegne ich kühl. "Wenn du weiterhin auf dieser Ebene mit mir umgehen möchtest, bitte. Ich dachte, das hätten wir langsam hinter uns."
 

Gekränkt stelle ich mein Glas ab und stehe auf.
 

"Ich werde Mokuba wecken." erkläre ich und warte keine Erwiderung seinerseits ab, sondern setze mich in Bewegung.
 

Ich bin wütend. Wütender als ich es seit einer Ewigkeit war. Doch vor allem bin ich enttäuscht, ohne zu wissen warum. Denn was habe ich schließlich anderes von ihm erwartet? Gleichgültig wie die Positionen verteilt sind, er behandelt mich nach wie vor wie seinen Feind.
 

Dabei will ich doch nur... helfen?
 

"Mehr nicht?" fragt die böse, kleine Stimme. "Willst du nicht auch etwas von ihm? Seine Anerkennung vielleicht? Oder etwas anderes?
 

Ich schlucke hart.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  jyorie
2013-01-13T20:49:41+00:00 13.01.2013 21:49
Hi^^

>.< das alte Spiel wer hat welche Motive?? Also ich wüsste auch gern, was Bakura und seto im Bad getan haben und woher kommt die rote Linie auf seiner Wange?

Wird Joey langsam eifersüchtig auf den Dieb? :)

Schönes Kapitel :)

Liebe Grüße Jyorie

Von:  Erika6
2011-01-02T18:15:55+00:00 02.01.2011 19:15
also ich mag zwar dein bakura aber das er sich an seto ranmacht finde ich nicht gut und es stört mich voll seto gehört meiner Meinung nach zu joey und was sich zwischen ihnen im bad war interessiert mich nicht. bin aber trotztem gespannt wie es weiter geht
Von: abgemeldet
2011-01-02T18:05:54+00:00 02.01.2011 19:05
Ja, defintiv ist Joey wütend!
Ich glaube, ich würde mich da nicht anders verhalten,da Kaiba so
undankbar ist und so stur.

Ein großes Lob an dich, du hast diese völlig komplizierte Beziehung
zwischen Joey und Kaiba sehr gut dar gestellt. Ich bin auf jedenfall
gespannt wie es weitergeht, ich will unbedingt wissen, was im Bad
vorgefallen ist.

Man liest sich

LG Perpendikel
Von:  DarkTiger
2011-01-02T17:58:24+00:00 02.01.2011 18:58
hm...
also zum komi zum letzten kapi füge ich jetzt was hinzu
eine vermutung über bakuras vergangenheit:
Ich würde sagen das er was schlimmes durchgemacht hat und keinen eigenen besitz haben durfte
unterdrükt wurde und sowohl körperlich wie auch psychisch gedemütigt wie verletzt wurde
deshalb ist er auch ein dieb geworden
er will besitzen was er nicht haben darf
anderen etwas wegnehmen was er auch nicht haben durfte
er will es auch anderen heimzahlen
das was ihm angetan wurde will er anderen antun auch wenn es nicht die wirklich schuldigen sind
will anderen den schmerz zufügen der ihm zugefügt wurde
usw.

bei dem kapitel jetzt würde ich irgendwie sagen das joey enttäuscht ist
seto war ein vorbild für ihn
etwas unerreichbares
stolzes
unabhängig vom geld oder der firma
und jetzt benimmt er sich entteuschend
kindisch
unvernünftig


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