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Zeitlos -♠-

100 Storys -1-
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Auf Wiedersehen, Daddy

»Mummy, warum ist Daddy da drin? «, fragte Amy ihre Mutter und deutete auf eine Holzkiste. Susanna nahm ihre Tochter auf den Arm und hielt sie fest.

»Und warum weint der Himmel? Ist etwas Schlimmes passiert? «

Susanna sagte nichts. Sie konnte nichts sagen. Ihre Kehle war staubtrocken und ihre Stimmbänder verkrampft. Der Regen trommelte auf den Regenschirm, den sie in der Linken trug. Er spielte eine grausame Melodie der Trostlosigkeit.

»Mummy, warum tragen diese Männer Daddy weg? « Amys Augen waren groß und leuchtend blau. Susannas hingegen waren geschwollen und rotunterlaufen vom vielen weinen.

»Halt, Mummy! Sag den Männern sie sollen Daddy nicht in das Loch stecken! «

Die Sargträger ließen den Sarg in das Grab ein und senkten traurig ihre Köpfe.

»Dein Daddy ist im Himmel, mein Schatz. «, flüsterte Susanna unter Tränen und inneren Schmerzen. Der Regen prasselte unablässig auf den Schirm und spielte nun die Melodie der Toten. »Wir werden ihn irgendwann wieder sehen. Aber noch nicht. « Susanna presste Amy fest an sich. »Noch nicht. «

»Bleibt Daddy lange da unten? «, fragte die Tochter und rümpfte die Nase. Susanna schüttelte den Kopf und versuchte ihre Trauer zu unterdrücken, doch die Tränen liefen unaufhaltsam ihre Wangen hinunter, wie die Regentropfen vom Schirm. Die junge Mutter konnte es nicht fassen, dass sie Clay, ihren geliebten Ehemann, niemals mehr wiedersehen würde. Sie konnte es nicht wahr haben, dass er nun zu Grabe getragen wurde. Und sie konnte nichts tun, konnte die Zeit nicht zurückdrehen, konnte ihn nicht retten, nicht beschützen und nicht vor dem Jetzt bewahren, sondern einfach nur dastehen und zusehen, wie ihr Mann in der tiefen Erde für immer verschwand.

Mit dem Regen fielen auch die Tränen und mit den Tränen auch die Rosen, die die Angehörigen bei sich trugen. Susanna und Amy sahen noch einmal hinab. Regen. Kälte. Regen. Tod.

Und bevor Susanna sich unter Qualen abwandte flüsterte sie ihrer Tochter etwas ins Ohr. Diese winkte freundlich und lachend und rief mit ihrer lauten Kinderstimme »Auf Wiedersehen, Daddy! «



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  _-THE_JOKER-_
2011-05-09T16:27:13+00:00 09.05.2011 18:27
»Wir werden ihn irgendwann wieder sehen. Aber noch nicht. « Susanna presste Amy fest an sich. »Noch nicht. « Also mal echt, dass erinnert ja wahrhaft an Gladiator, das war das erste was mir hier durch den Kopf ging. Aber mir gefällt die Geschichte auch ehrlich gut, sie ist wahnsinnig traurig und das obwohl sie so kurz ist, gut gemacht. Ich lese ja auch gerne mal kürzere Sachen von dir. Mir gefällt dieses Fragen von der kleinen Amy, sie versteht es nciht udn stellt kindliche udn eigentlich dumme fragen, dass jedoch finde ich, macht das geschehen noch viel trauriger. Amy sagt die Mutter soll den Sargträgern sagen sie sollen den Vater nciht in das Grab werden, aber was soll die Mutter der Tochter hier sagen, das geht nciht, oder ich kann nicht? Ein Kind versteht so etwas nicht und weiß nicht vom Tod. Am traurigsten fand ich jedoch, dass Amy als die Mutter ihr etwas ins Ohr flüstert, lächelt und dann auf wiedersehen sagt, das ist wirklich traurig. ich frage mich, was hat ihr die Mutter wohl gesagt, vielleicht hat sie ihr einfach gesagt sie soll sich verabschieden und das sie ihn wiedersehen wird, wer weiß. Ergreifende Story, dass hast du gut gemacht.

jöker
Von: abgemeldet
2011-03-19T17:49:45+00:00 19.03.2011 18:49
Ich musste bei dieser Geschichte ganz, ganz schwer schlucken.
Du hast die Situation und die Gefühle sehr gut beschrieben, Trauer, Unverständnis, Verzweiflung und dann, die wunderbare Fähigkeit, die nur ein sehr kleines Kind haben kann: den unerschütterlichen Glauben, dass der Abschied nur von kurzer Dauer ist und alles wieder gut wird.



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