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The Cursed and the Curious

von

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17.07.1978

Der Wind pfiff gespenstisch um das Haus herum und ließ die alten, morschen Bretter knarzen und knacken. Es war niemand hier, schon seit Jahren lag das Haus verlassen inmitten eines verwilderten Gartens. Efeu rankte sich an der Fassade empor und ließ sie grün und alt aussehen, ein Fensterladen hämmerte bei Sturm rhythmisch gegen die Außenwand. Der Geruch von vermodertem Holz und Spinnweben erfüllte die Räume.

Rosensträucher wucherten den ehemaligen Gehweg zu, wurden vom schmutzigen, ehemals weißen, Zaun beschränkt. Dachziegeln fehlten. Hinter den Fenstern war es finster.
 

Und dann.

Kinderstimmen aus dem Wald.
 

Geduld.

17.07.1987

Devin hielt sich die Taschenlampe unter das Kinn, sodass sein Gesicht von unten gespenstisch erleuchtet wurde.

"Heute", begann er mit tiefer Stimme zu erzählen, "vor genau neun Jahren ist es passiert."

Er machte eine Kunstpause und sah sich in der Runde um. Alle Kinder hatten vor Spannung die Luft angehalten und hingen an seinen Lippen.

"Eine Gruppe von Kindern und Jugendlichen gingen campen. Sie schlugen ihre Zelte genau an derselben Stelle auf." Er deutete auf das Lagerfeuer, das nur wenige Meter vor ihm leise knisterte. Die Flammen loderten in unregelmäßigen Abständen unkontrolliert auf und sandten Hitzewellen zu den gespannten Kindern herüber. "Die Camper beschlossen, dass Lisa Bloomfield die jährliche Mutprobe durchführen musste, denn sie war neu in der Stadt. Lisa und ihr Freund machten sich auf den Weg zu der verfluchten Villa! Zu dem Haus, in dem früher die schwarze Lady gewohnt hat. Man sagt, sie war eine Hexe!"

Obwohl es so warm war, zog Harriet die Knie an den Körper und ihre Unterlippe zitterte gefährlich. Sie war mit ihren sieben Jahren die jüngste und vielleicht hatte ihre Mutter recht gehabt, als sie gesagt hatte, dass sie besser nicht mitgehen sollte. Aber Devin, ihr älterer Bruder, hatte sie überreden können. Wenn Harriet vorher gewusst hätte, dass er so eine gruselige Geschichte erzählt, wäre sie ganz bestimmt nicht mitgegangen.

"Kurz, nachdem Lisa das Haus betreten hatte, hörte ihr Freund einen furcherregenden Schrei. Es war Lisa's Todesschrei. Danach ist sie nie wieder gesehen worden. Doch auch ihre Leiche wurde nicht aufgefunden in dem Haus..." Er holte Luft und seine Stimme klang noch tiefer, als er weiterredete. "...der schwarzen Lady."

Alle Kinder blieben still sitzen, als fürchteten sie, ihnen würde das gleiche zustoßen wie Lisa, wenn sie sich nur kurz rührten. Irgendwo im dunklen Wald hörte man einen Uhu gespenstisch schreien.

"Cool", flüsterte es dann inmitten der Reihen. "Das war genau an meinem Geburtstag!"

Alle Augen richteten sich auf das neunjährige Geburtstagskind. Haley hatte sich eine Gruselcampingparty gewünscht und alle Kinder aus der Straße versammelt. Und Devin durfte kommen, weil er so tolle Gruselgeschichten erzählen konnte. Und natürlich auch, weil ihre Schwester Macy ihn süß fand und Haley angebettelt hatte, ihn auch einzuladen, selbstverständlich unter dem Siegel der absoluten Verschwiegenheit.

"Okay!" Devin, der schon längst die Führung übernommen hatte, klatschte grinsend in die Hände. Mit seinen dreizehn Jahren galt er als der draufgängerische, coole Typ, und das wusste er auch. "Und wer will jetzt die Mutprobe machen?"

Niemand rührte sich. Jeder war damit beschäftigt, interessiert seine Zehenspitzen anzustarren und bloß keinen Blickkontakt mit ihm herzustellen. Alle, außer einer.

"Ich. Ich!" Haley sprang vom Baumstamm und warf ihre Arme in die Luft. "Ich mache die Mutprobe. Ich kann das!"

"Das ist keine gute Idee", protestierte Macy nervös. "Mom würde das nicht wollen."

"Mom ist aber nicht hiihiier." Haley streckte ihrer Schwester die Zunge heraus und tänzelte um Devin herum. "Das ist doch nur ein Märchen, mach dir nicht gleich ins Hemd!"

Unter dem amüsierten Blick Devins' errötete Macy. Sie war kein Angsthase und keine Heulsuse und er sollte das bloß nicht von ihr denken!

"Ich komme mit", entschied sie zögerlich. "Aber... wir schauen nur schnell und kommen dann wieder zurück. Sonst verlaufen wir uns noch."

Devin grinste sie an. "Ich komme auch und zeig euch den Weg. Ich war da schon tausendmal", prahlte er.

Mit leuchtenden Augen starrte Haley ihn an. "Echt? Und bist du auch schon ins Haus gegangen? Wie sieht es dort aus? Gibt es dort Spinnen?", wollte sie wissen und ihre Worte sprudelten nur so aus ihr heraus.

"Drinnen war ich noch nicht", gab Devin leicht verlegen zu und warf einen kurzen Blick zu Macy. "Bis jetzt, ähm... hatte ich noch keine Gelegenheit dazu gehabt", sagte er schnell und kratzte sich grienend am Hinterkopf.

"Echt mutig von dir, Haley", murmelte Celia, Haley's beste Freundin, bewundernd. "Ich würde mich das nicht trauen."

"Ach. Die macht sich doch bestimmt die Hose nass", prollte Freddy und entblößte eine Zahnlücke, als er sie berechnend angrinste. "Nicht wahr, Hale?" Er und Haley führten eine Art Krieg, wer in der Nachbarschaft der mutigste und coolste war. Heute Abend hatten sie Frieden geschlossen - vorrübergehend.

"Du wirst dich noch wundern." Haley wackelte Freddy mit ihrem Zeigefinger vor dem Gesicht herum. "Und wenn ich zurück bin, schauen wir, ob du auch genug Mumm hast, Weichei!"

"Ich wette, du wirst dich nicht mal trauen, einen einzigen Schritt in das Haus zu setzen. Und dann wirst du uns anlügen!", warf er ihr vor und hatte damit eindeutig ihre Ehre verletzt.

Sie stemmte die Hände in die Hüften und baute sich vor ihm auf. "Dann komm doch mit, du Versager, und du wirst es mit eigenen Augen sehen!"

"Wir gehen alle", entschied Devin mit einem Blick auf seine verängstigte kleine Schwester, trat zu ihr und nahm sie bei der Hand. "Und dann sehen wir, wer von euch beiden mutiger ist."

"Aber schnell", flüsterte Haley laut. "Bevor mein Dad nach uns gucken kommt."
 

"Ich war gestern in der Bibliothek", erklärte Macy, doch ihre Stimme zitterte, "um etwas herauszufinden. Es ist nie bewiesen worden, dass das Mädchen wirklich hier verschwunden ist. Man nimmt an, sie ist von zu Hause weggelaufen." Sie verschränkte die Arme vor der Brust und sah zur verfallenen Villa herüber.

Die Kinder standen vor dem bewachsenen Gartenzaun. Das Gatter stand weit offen, der Efeu verankerte es sicher im Boden.

Niemand erwiderte etwas auf Macy's Bekundungen. Jeder schien zu wissen, dass sie sich bloß selbst beruhigen wollte.

"Okay. Also. Du gehst rein", ordnete Devin an. "Steigst in das erste Stockwerk und schaust aus dem Fenster, damit wir den Beweis haben. Dann kannst du rauskommen. Alles klar?"

Haley nickte mit feierlichem Ernst. "Alles klar."

Noch bevor Macy sie davon abhalten konnte, betrat sie den verwilderten Garten. Als sie mit den Fingern über die moosbewachsene Oberfläche des Gatters fuhr, knarrte es. Sie leuchtete mit der Taschenlampe, die Devin ihr gegeben hatte, auf die Haustür und sah, dass jemand das Schloss herausgebrochen hatte. Haley stieß die Tür mit dem Fuß auf und half dann mit dem Ellbogen nach, als sie auf Widerstand stieß. Es knarzte - ein Geräusch, das sich wie rostiges Metal anhörte und ihr eine Gänsehaut verursachte. Aber sie hatte keine Angst. Es war ein großes, spannendes Abenteuer und sie wusste, dass sie in diesem Haus nicht mehr antreffen würde als Jahre alten Staub, dicke Spinnen und Dunkelheit.

Als sie eintrat, leuchtete sie das Zimmer aus, in dem sie stand. Es war eine schmutzige Diele, überall hingen dicke, weiße Spinnweben herum und Staub flirrte im Schein der Lampe. Genau, wie sie es erwartet hatte. Der Geruch nach feuchtem, vermodertem Holz lag in der Luft und stieg ihr sogleich in die Nase. Es roch auch ein bisschen nach Maden, fand Haley. Wenn Maden einen Geruch hatten, dann bestimmt so einen wie diesen, entschied sie. Aber das machte ihr nichts aus. In einem verwunschenen Haus musste es einfach nach Maden riechen. Ganz sicher.

Vor ihr führte eine Treppe nach oben, und sie konnte erkennen, dass ein paar Holzstiegen fehlten. Sie würde vorsichtig sein müssen, wenn sie sie benutzte, aber andererseits war sie auch keine Walze, also würde es schon irgendwie gehen.

Sie führte den Schein der Taschenlampe nach links und rechts. Links von ihr befand sich ein weiterer Raum, die Tür fehlte komplett, doch der Türrahmen war bedeckt von Spinnweben. Sie ging näher heran und versuchte mithilfe des fahlen Lichts hineinzuspähen, ohne dem weißen Netz zu Nahe zu kommen. Sie hatte keine Angst vor Spinnen, aber wenn ihr Dad das weiße, eklige Zeug auf ihrer Kleidung und in ihren Haaren bemerkte, würde er sofort wissen, was passiert war. Und das galt es auf jeden Fall zu verhindern.

Ihre Eltern hatten ihr und ihrer Schwester schon seitdem sie denken konnte eingebläut, sich ja niemals dem Haus zu nähern. Sie nannten es nur "das Haus" und wenn sie darüber redeten, flüsterten sie immer. Viele Eltern setzten sich dafür ein, dass es abgerissen wurde, aber die Stadtverwaltung befand, dass ein Abriss viel zu teuer wäre. Es einfach so im Wald vergammeln zu lassen kostete nichts. Das wusste Haley alles aus dem Geflüster ihrer Eltern. Sie fand das Haus schon immer interessant und wollte alles darüber wissen. Nur die Informationen, die ihre Schwester ihr immer anzudrehen versuchte mochte sie gar nicht. Sie tat so, als wäre das Haus ein ganz normales Haus, nichts Besonderes, und nichts Gruseliges, und sie wollte immer alles so hinstellen, als ob es eine normale Erklärung für alles gab. Das mochte Haley gar nicht. Sie lebte lieber in einer spannenden Welt und wollte spannende Abenteuer erleben. Macy nicht. Sie wollte immer nur normal sein und normale Sachen erleben. Trotzdem mochte sie ihre Schwester - zumindest meistens.

Bei dem Gedanken an Macy entschied Haley sich, das Erdgeschoss nicht weiter zu erkunden, sondern nach oben zu gehen und aus dem Fenster zu gucken. Macy machte sich bestimmt schon Sorgen und es könnte ja sein, dass sie Panik bekam und Dad rief. Das durfte nicht passieren.

Haley setzte einen Fuß auf die erste Treppenstufe und probierte vorsichtig aus, wie viel Gewicht das morsche Holz tragen konnte. Als es nicht einbrach, wurde sie mutiger und stellte sich ganz darauf. Noch immer passierte nichts. Schritt für Schritt, ganz vorsichtig, stieg sie langsam hoch und ließ die eingebrochenen Stufen aus.

Oben angekommen stank es noch viel schlimmer nach Schimmel und Moder, wahrscheinlich, weil das Dach undicht war und alles Regen durchließ. Haley leuchtete den Raum aus. Es war eine kleine Diele, genauso wie unten. Drei Türen führten in andere Zimmer. Haley entschied sich für die Tür vor ihr, denn diese musste direkt zum Garten hinausführen. Die Dunkelheit und Stille um sie herum machten sie ein bisschen nervös, aber das würde sie niemals jemandem gegenüber zugeben. Ihr eigener Atem kam ihr furchtbar laut vor und dann hörte sie Geräusche. Noch bevor sie darüber nachdenken konnte, huschte etwas über ihre Füße hinweg. Haley sprang zurück und leuchtete hektisch den Boden ab.

Ratten!, kam es ihr in den Sinn und sie stieß erleichtert die Luft aus. Sie hatte nicht einmal gemerkt, dass sie sie vor Schreck angehalten hatte. Ihr Herz schlug hart in ihrer Brust und sie legte eine Hand darauf, als ob sie es so beruhigen könnte. Das Fiepen der Ratten ignorierte sie und ging nun entschlossenen Schrittes auf die auserwählte Tür zu. Wenn sie in Bewegung blieb, würden die Tiere sie vielleicht in Ruhe lassen.

Haley wollte die Tür aufstoßen, aber sie klemmte und ließ sich kein Stück vom Fleck bewegen. Verzweifelt lehnte sie sich dagegen und drückte, aber es passierte nichts. Sie trat einen Schritt zurück und leuchtete die Tür ratlos mit ihrer Taschenlampe ab. Als das Licht auf den ehemals vergoldeten Türknauf fiel, trat sie heran und legte die Hand zögerlich darauf. Sie drehte. Es macht "Klack" und die Tür schwang auf. Haley knurrte. Wer hätte gedacht, dass in einem Haus voller Spinnweben, morschem Holz, kaputten Treppen und Moos und Efeu noch so etwas Einfaches wie ein Türgriff richtig funktionierte?

Sie trat ein und sah sich im dem Raum um. Ein Bücherregal nahm eine ganze Wandseite ein. Früher hatten sich wahrscheinlich Bücher darin befunden, aber nun war es leer und verstaubt und voller Weben. Sie leuchtete mit der Taschenlampe in eine Ecke an der Wand, und etwas großes Haariges krabbelte schnell aus dem Lichtkegel heraus. Das Etwas hatte acht schwarze, ebenfalls behaarte Beine und Haley wünschte sich, Macy wäre hier, um das zu sehen und wie eine Furie kreischend aus dem Zimmer zu rennen. Sie kicherte leise und schwenkte ihre Taschenlampe herum zur anderen Seite des Raumes. Dort befand sich ein Bettgestell aus Metall, das schon ganz angelaufen und rostig war. Die Matratze darauf war verschimmelt und stank so stark, dass Haley lieber einen Bogen darum machte. Neben dem Bett stand eine Kommode und auf der gegenüberliegenden Seite der Tür, genau neben dem Fenster, befand sich ein Sekretär. Einer dieser altmodischen Schreibtische von früher. Ihr Vater verkaufte in seinem Antiquitätengeschäft eine Menge solcher Möbel, deshalb kannte Haley sich damit ganz gut aus.

Zwischen Sekretär und Bett, in der linken Ecke des Zimmers, stand ein Schaukelstuhl aus Rattan. Auch mit Schaukelstühlen kannte Haley sich aus. Wenn sie ihren Vater in seiner Mittagspause nach der Schule bei der Arbeit besuchte, probierten sie und Macy oft alle Schaukelstühle im Laden aus und stritten sich dann darüber, welcher der beste war. Noch lieber aber mochte Haley die Verandaschaukel zu Hause im Garten, vor allem, wenn es Sommer war.

Sie trat an das Fenster heran. Das Glas war verstaubt, sodass man kaum hindurchsehen konnte. Sie wischte mit der bloßen Hand über das Fensterbrett und entdeckte prompt das rostige Schloss. Haley schüttelte die Spinnweben ab und widerstand dem Verlangen, den Rest an ihrer Kleidung abzuwischen, und dann versuchte sie, den Riegel des Fenster zur anderen Seite zu schieben. Es klappte nicht, denn er klemmte.

"Mist", murmelte sie. Sie musste aus dem Fenster herausgucken und winken. Obwohl die anderen auf der anderen Seite durch ihre Taschenlampe wahrscheinlich sowieso sehen konnten, dass sie oben war. Aber trotzdem, nur für alle Fälle.

Sie zerrte an dem Riegel, legte die Taschenlampe auf den Tisch neben sich, damit sie auch die andere Hand zur Hilfe nehmen konnte. Mit großer Anstrengung umklammerte sie den Verschluss mit einer Hand, legte die andere darüber und zog. Tatsächlich bewegte sich der Riegel ein Stück. Dann, ganz plötzlich, gab der ganze Mechanismus nach, und Haley, unvorbereitet auf die Bezwingung des Widerstands, taumelte verblüfft zur Seite und stieß gegen den Sekretär.

Die Taschenlampe rollte hinunter und fiel mit einem lauten Poltern zu Boden. Plötzlich herrschte unendliche Dunkelheit - und Stille.

"So ein Mist", hörte Haley sich selbst flüstern und es kam ihr viel lauter vor als gewöhnlich. Sie kniete sich hin und tastete mit dem Händen den Boden in ihrer unmittelbaren Nähe ab, ohne Erfolg. Als sie ein leises Geräusch aus der Ecke hörte, musste sie unwillkürlich schlucken. Nur die Ratten, sagte sie sich. Sie krabbelte vorsichtig ein paar Zentimeter weiter, tastete blind in der Dunkelheit die weichen Holzdielen ab, bis ihre Finger endlich an vertrautes Plastik stießen. Erleichtert schnaufte sie und knipste ihr Licht wieder an, stand auf und klopfte sich den Schmutz von ihrer Kleidung. Hoffentlich würde ihr Dad nicht misstrauisch werden, wenn er sie so sah.

Sie näherte sich wieder dem Fenster und schob es mühsam nach oben, leuchtete mit der Taschenlampe in den Garten, bis sie ihre Freunde hinter dem Zaun stehen sah. Das Gesicht ihrer Schwester war besorgt und bleich, Devin grinste und blinzelte, als der Lichtstrahl ihn traf. Seine Schwester hatte sich hinter ihm versteckt und sich an sein T-Shirt geklammert. Freddy sah zutiefst unzufrieden aus und Celia erleichtert. Aber auch so, als wäre sie kurz davor gewesen, sich in die Hose zu machen.

Macy legte sich die Hand über die Augen, weil das Licht sie blendete. "Haley?", rief sie leise zur ihr herauf. "Bist... du das?"

"Ja!", rief Haley und erst jetzt überkam sie der Stolz ob ihrer Leistung. Sie hatte allen bewiesen, wie mutig sie war. Und vor allem Freddy hatte sie damit ganz schön geärgert. Das hatte er verdient, dieser Waschlappen. "Hier ist es gar nicht gruselig!", informierte sie die Truppe prahlend. "Aber es stinkt ziemlich."

"Komm wieder runter", ordnete Devin an, ganz Anführer, der er war. "In einer halben Stunde ist es 23 Uhr und dein Dad kommt. Wir müssen davor wieder zurück sein."

Haley winkte übermütig. "Jaha, bin sofort unten."

Sie schob das Fenster hastig runter und legte den Riegel davor. Als sie den rostigen Verschluss berührte, zuckte ein schwacher Schmerz durch ihre Hand. Sie leuchtete mit der Taschenlampe darauf und bemerkte einen blutigen Kratzer. Den musste sie sich geholt haben, als sie versucht hatte, das Fenster zu öffnen und abgerutscht war. Macy würde ihr später ein Pflaster draufkleben. Als sie sich umdrehte, streifte der Lichtschein kurz den Schaukelstuhl und Haley sah aus den Augenwinkeln, dass er sich bewegte. Ihr Herzschlag setzte für eine kurzen Augenblick aus und sie richtete skeptisch die Taschenlampe wieder darauf. Tatsächlich. Der Schaukelstuhl wiegte sich sanft vor und zurück, er knarrte sogar ein wenig.

"Muss der Wind gewesen sein", entschied Haley matt, ließ ihn aber nicht aus dem Augen, bis sie das Zimmer verlassen hatte und die Tür ins Schloss fallen ließ.

Vorsichtig stieg sie die Treppe hinunter und stürmte dann jubelnd aus dem Haus. Devin und Celia klopften ihr bewundernd auf die Schultern, während Freddy nur ziemlich säuerlich dreinblickte.

Als sie zurück zu ihrem Lager gingen, nicht weit entfernt vom Garten ihres Elternhauses, erzählte Haley aufgeregt, was sie alles in dem Haus erlebt hatte, natürlich nicht, ohne ein bisschen zu übertreiben.

23.04.2001

Haley seufzte zum wiederholten Male und blieb stehen. Schon seit geraumer Zeit tigerte sie in der Küche ihres Elternhauses auf und ab, während ihre gesamte Familie sich im Krankenhaus befand. Nun ja, nicht ihre ganze Familie. Ihr Vater arbeitete, aber der Rest, bestehend aus ihrer Schwester, deren Ehemann und ihrer Mutter, war aufgebrochen zum wohl freudigsten Ereignis dieses Jahres – ach was! Des ganzen Jahrzehnts!

Haley hatte mitkommen wollen, aber Macy hatte ihr aufgetragen zu Hause zu bleiben und auf Dad zu warten. Da dieser sich seit Jahren weigerte, sich ein Handy anzuschaffen, war er unerreichbar. Normalerweise hätten sie ihn in seinem Laden unten in der Stadt angerufen, aber auch dort war er momentan nicht aufzufinden. Mal wieder war er auf einer „Möbel-Mission“, wie er es nannte. Es bedeutete, dass er durch die Gegend tuckerte und antike Möbel einkaufte, die ihm irgendjemand angeboten hatte. Es stand also in den Sternen geschrieben, wann er nach Hause kommen würde.

Und solange musste Haley hier auf ihn warten. Ein undankbarer Job!

Sie warf einen Blick auf die Uhr über der Tür und beobachtete den Sekundenzeiger. Wie um sie zu verspotten, bewegte er sich von Sekunde zu Sekunde langsamer - zumindest kam es ihr so vor. Sie war aufgeregt und wollte Macy heute unbedingt beistehen, wenn diese ihr erstes Kind zur Welt brachte, aber nicht mal was wurde ihr gestattet.

Haley versuchte den Gedanken aus ihrem Kopf zu verdrängen, dass sie ihrer Familie anscheinend nicht wichtig genug war, um bei diesem Ereignis dabei sein zu dürfen. Außerdem hatte sie eigentlich noch genug anderes zu tun - und Macy wusste das. Wahrscheinlich hatte sie Haley auch aus diesem Grund angeordnet, daheim zu bleiben. Sie kannte ihre Schwester gut genug, um zu wissen, dass Haley sich würde ablenken müssen von der ganzen elenden Warterei.

Ja, entschied Haley. Sie musste dringend noch ein paar Fotos machen. Der Abgabetermin war schon nächste Woche und bis dahin brauchte sie noch dringend ein paar Fotografien von besonderen Bauten. Das Problem war nur, dass es sich in einer Kleinstadt wie diesen hier nicht allzu viel großartige Architektur finden ließ.

Sie beschloss, einfach mal durch die Gegend zu spazieren und sich umzuschauen. Vielleicht würde sie ja etwas Neues entdecken oder sie würde etwas Altes in neuem Licht sehen. Sie schnappte sich ihre Kamera, hängte sie sich um den Hals und schlüpfte in ihre Sneakers, die vor der Tür standen. Nachdem sie die Tür abgeschlossen hatte, machte sie sich auf den Weg.

Sie schlenderte vorbei an Nachbarhäusern und Gärten, doch alles schien so zu sein wie immer. Die gleichen Häuser, die gleichen Vorgärten, die gleichen Pflanzen, Hunde, Menschen. Nur älter.

Als sie am Ende der Straße ankam, an der Kreuzung zur Appletree Ave, entdeckte sie einen Pfad, der in den Wald führte. Haley musste daran denken, wie sie früher als Kinder über diesen Weg immer in den Wald gelangt waren, um dort zu zelten oder Beeren zu suchen oder sich mit Freundinnen zu geheimen Clubtreffen in Baumhäusern zu treffen, die ihre Väter für sie gebaut hatten. Oder, viel später natürlich, zu heimlichen Dates im Gehölz - mit Jungs.

Ohne nachzudenken bog sie in den Wald und folgte dem Pfad. Dabei strömten Erinnerungen auf sie ein. Es war schon lustig, dass Macy und Devin geheiratet hatten. Die beiden mochten sich schon von klein auf, aber niemals hätte Haley gedacht, dass es wirklich so lange halten würde. Sie erinnerte sich daran, wie sie einmal, mit zwölf Jahren, in Macy's Zimmer gestürmt kam und sie mit Devin knutschend auf dem Bett vorgefunden hatte. Anstatt sich zu entschuldigen und sich wieder dezent zu entfernen, war sie wie angewurzelt stehen geblieben, hatte den Mund nicht mehr zubekommen und beide angestarrt, bis Macy sie fluchend aus dem Zimmer jagte. Haley grinste. Gott, musste ihrer Schwester das peinlich gewesen sein. Aber es hatte auch etwas Gutes gehabt - sie hatte endlich etwas, mit dem sie Macy im Zweifelsfall erpressen konnte.

Gedankenverloren schlenderte Haley weiter, bis sie sich plötzlich an jenem Ort wiederbefand, den sie damals am liebsten gehabt hatte: der Lagerfeuerplatz. Noch immer war er sich an genau derselben Stelle und sie sah an den kalten, schwarzen Kohlen, dass hier vor kurzem wieder irgendjemand gewesen war, um Feuer zu machen. Als sie den Müll und die leeren Bierflaschen bemerkte, die hier und da verteilt auf dem moosbewachsenen Waldboden herumlagen, runzelte sie die Stirn. Es schien, als sei das nicht mehr der Ort für Kinder und Gruselgeschichten und Abenteuer, sondern für Jugendliche mit ihren heimlichen Vorlieben wie Zigaretten und Alkohol, die es vor ihren Eltern zu verstecken galt.

Eine nostalgische Enttäuschung ereilte sie. Die Erkenntnis war für sie so erschreckend und plötzlich, dass sie erst einmal stehen bleiben und die Szenerie betrachten musste. Wie konnte man aus einem so schönen Ort etwas so... Schmutziges machen? Die heutige Jugend hatte einfach keinen Sinn mehr für das wirklich Schöne im Leben.

"Ich hör mich an wie meine Mutter", murmelte Haley dann leise zu sich selbst und schüttelte amüsiert den Kopf, während sie sich abwandte. Hier wollte sie nicht mehr bleiben. Den Ort der Gespenstergeschichten wollte sie lieber so in Erinnerung behalten, wie er früher gewesen war. Sie würde einfach ausblenden, dass sie diesen Saustall gesehen hatte.

Als sie der Lichtung den Rücken zuwandte, griff sie nach ihrer Kamera. Die Dämmerung setzte langsam ein und spätestens in einer halben Stunde würde es dunkel werden. Das Licht, das durch die Baumkronen fiel, war golden und warm und irgendwie auch traurig - es war genau das richtige, um jetzt Fotos von der Landschaft zu machen. Während sie versuchte, die Sonnenstrahlen und die sentimentale Stimmung, die sie überkommen hatte, in ihrem Bild einzufangen, merkte sie irgendwann, wohin ihr Weg sie unbewusst führte.

Natürlich!, schoss es ihr durch den Kopf. Das Haus!

Ein Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, als der Gedanke sie bebend durchzuckte. Das Haus - es war der perfekte Ort für ihre Fotografien. Haley liebte es in ihrer Freizeit düstere und geheimnisvolle Plätze zu fotografieren. Ob es nun ein kahler Baum im herbstlichen Nebel war oder eine verlassene Parkbank bei Nacht - alles Geheimnisvolle hatte es ihr angetan, schon damals. Und das Haus wäre die perfekte Kulisse. Vorausgesetzt natürlich, es stand noch und war nicht bereits abgerissen worden.
 

Nicht lange musste sie gehen, um ihren Zielort endlich zu erreichen. Nichts hatte sich hier verändert - der Ort sah noch genauso aus wie damals. Und es war noch nicht einmal dunkel geworden - sie würde also keine Taschenlampe brauchen. Das war die perfekte Ablenkung.

Langsam betrat sie den Garten. Das Gatter stand halboffen und auch das Schloss der Tür war noch immer nicht repariert worden. Und wer sollte sich auch darum kümmern?

Haley bemerkte den Müll, der im Vorgarten lag. Bierflaschen und Papierverpackungen eines bekannten Fast Food-Restaurants bedeckten die Fläche und hingen im Gebüsch. Nicht einmal vor einem Ort wie diesem schreckten die Jugendlichen zurück. Sie schüttelte den Kopf und zielte mit der Kamera nach oben. Eine Aufnahme von unten erwies sich immer gut - die schmutzige, bewachsenen Fassade, die kaputten Fensterläden, der düstere Himmel. Manche Leute bezahlen für solche Bilder ein Heidengeld.

Haley betrat das Haus, doch sie hielt sich nicht lange im Erdgeschoss auf. Vorsichtig wie damals stieg sie die Treppe hoch und bemerkte dabei, dass noch ein paar Stufen mehr eingebrochen waren. Ganz offensichtlich war das Hau seit damals von mehreren Personen betreten worden - was ja auch kein Wunder war, wenn man sich überlegte, wie viele betrunkene Halbwüchsige hier nachts herumschlichen.

Ihr Ziel war das Zimmer von damals. Das mit dem alten Sekretär und dem Schaukelstuhl und dem Fenster, das sich so schwer hatte öffnen lassen. Eine Tür von einem der Zimmer, die aus dem Flur im oberen Stockwerk wegführten, war eingebrochen und sie erkannte ein Badezimmer mit einer altmodischen Badewanne auf Metallbeinen und ein gelbliches Waschbecken, das diverse Risse aufwies und aus dem ein Flaschenhals herauslugte.

Dann legte sie die Hand auf den Türknauf des Schaukelstuhlzimmers. Sie drehte - und die Tür öffnete sich. Seltsamerweise sah in dem Raum alles noch genauso aus wie damals. Es lag kein Müll herum, keine leeren Flaschen. Nur eine dicke Schicht Staub bedeckte die Möbel und ein abartiger Geruch nach Schimmelpilzen lag in der Luft. Nach Schimmel und nach... Haley überlegte. Maden. Ja. Das war's!

Sie rümpfte die Nase. Was ihr vor vierzehn Jahren abenteuerlich und gruselig vorgekommen war, war jetzt einfach nur noch eklig. Aber was für großartige Bilder würde sie machen können! Sie trat ans Fenster und fotografierte durch das staubige Fensterglas hinaus in den Garten, was dem Bild etwas Gespenstisches verlieh. Dann zielte sie auf die Spinnweben, die sich in den Ecken des Bücherregals tummelten und drückte wieder den Abzug. Die Sonne am Horizont schickte ihre letzten Strahlen auf die Erde, aber die Schatten im Inneren des Hauses waren zu groß, als dass das Licht das Zimmer erreichen konnte.

Gedankenverloren fuhr Haley mit dem Finger über die Staubschicht auf einem der Regalbretter, als sie hinter sich ein Knarren hörte.

Die Situation kam ihr irgendwie bekannt vor.

Ganz langsam drehte sie sich um.

Der Schaukelstuhl - er wiegte sich langsam vor und zurück. Doch was noch schlimmer war - es saß jemand drin!

Haley stockte der Atem, als sie diese Person - wenn man es denn so nennen konnte - erblickte. Es war keine menschliche Gestalt, sondern sah vielmehr aus wie eine Mumie. Eine mumifizierte Leiche, um genauer zu sein.

Eine Gänsehaut überkam Haley und sie linste zur Tür. Sie wollte so schnell wie möglich von hier verschwinden, aber etwas hielt sie davon ab. Dieses Etwas war die Tatsache, dass das Skelett, das mit der dünnen, ledernen Hautschicht überzogen war und dessen Mund zu einem bitteren Grinsen, bestehend aus schwarzen Zähnen, verzogen war, Kleidung anhatte. Zerrissene, schmutzige Fetzen, die an ihren Knochen hingen.

Dieser Mensch war tot. Soviel wusste Haley. Und dieser Mensch war schon sehr lange tot! Erlaubte sich hier einer einen Scherz mit ihr? Hatten die Jugendlichen, die hier überall ihren Müll verteilt hatten, das etwa eingefädelt, um sich gegenseitig in Angst und Schrecken zu versetzen?

Sie dachte an die Mutprobe, die sie damals hatte machen müssen. Vielleicht war sie ja ein bisschen ausgebaut und aufgepeppt worden seit damals?

Sie wollte so etwas nicht sehen. Aber die morbide Faszination ließ sie nicht los. Und obwohl sie ihren Beinen befahl, langsam den Weg zum Ausgang einzuschlagen, konnte sie nicht verhindern, dass sich ihr Körper der grauenhaften Gestalt näherte. Sie betrachtete die tiefliegenden, dunklen Augenhöhlen und die eingefallenen Wangen.

War das wirklich echt? Haley zögerte. Das konnte sie nicht glauben. Wer würde so wagemutig sein, eine Leiche in einen Schaukelstuhl zu setzen?

Sie streckte die Hand aus - aber dann hörte sie eine altbekannte Melodie. Ihr Handy!

Verwirrt ob der Unterbrechung griff sie in ihre Jeanstasche und holte ihr Telefon heraus. Macy's Name und Nummer wurden auf dem Display eingeblendet und sie wollte gerade auf die Anrufannahmetaste drücken, als etwas... atmete!

Sofort schoss ihr Blick zu der toten Gestalt und im selben Augenblick öffnete diese ihre Augen. Blutunterlaufene, schwarze Augen. Voller Boshaftigkeit.

Haley wollte schreien, doch die Stimme blieb in ihrem Hals stecken - nur ein leises Krächzen brachte sie heraus. Das Telefon fiel ihr aus der Hand. Es kam scheppernd auf dem Boden an und klingelte dort weiter.

Haley's Gehirn befahl ihr zu rennen. Doch ihre Beine waren wie angewurzelt. Klebten am Boden fest wie einbetoniert.

Die Leiche bewegte sich, als ob sie sich aufrecht hinsetzen wollte - ihre Knochen knackten, das Knarren des Schaukelstuhl wurde unerträglich laut.

Doch Haley hörte nur ihren eigenen Herzschlag, der in ihren Ohren widerhallte wie hundert Dezibel laute Hammerschläge.

Ihr Fuß zuckte - sie tat einen Schritt zurück. Aber mit einer atemraubenden Geschwindigkeit schoss die knorrige Hand der Gestalt hervor und hielt Haley am Handgelenk fest. Der Griff war ungewöhnlich stark - und kalt wie die Nacht.

Eine Erkenntnis überkam Haley und sie hörte auf zu zappeln. "L...Lisa?", stammelte sie entsetzt. Das war unmöglich!

Unendlich langsam verzog die Mumie das Gesicht und öffnete den Mund - ihr Schlund war schwarz. Stinkend.

Haley fühlte dickflüssige, lähmende Dunkelheit um sich herum, als der Griff fester wurde. Das skelettierte, nach Tod stinkende Maul kam näher.

Ihr wurde schwarz vor Augen.

Endlich hörte das Klingeln des Handys auf.

23.04.2001

"Haley, wo steckst du denn? Es gibt gute Neuigkeiten! Das Baby ist auf der Welt. Du bist Tante! Es ist ein Mädchen, Haley. Wie du gesagt hast. Devin und ich sind so glücklich. Daddy ist auch schon hier! Komm schnell ins Krankenhaus und schau dir die Kleine an. Sie ist perfekt. Etwas Schöneres hast du noch nie gesehen, ich verspreche es dir. Beeil dich!"



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Kommentare zu dieser Fanfic (8)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Kerstin-san
2016-10-12T16:48:04+00:00 12.10.2016 18:48
Hallo,
 
hm, gar keine finale Auflösung, was jetzt mit Haley passiert ist? Schade! Aber gerade im Wissen um die Geschehnisse im letzten Kapitel, wirkt Macys freudiger Anruf jetzt natürlich umso bedrückender und man fragt sich unwirklich, wann sie bemerken wird, dass Haley nicht auftauchen wird.
 
Ich frag mich jetzt nur, warum ihr Vater auf einmal doch im Krankenhaus ist und wie Macy so schnell schon wieder so fit ist, dass sie Haley selbst anrufen kann, aber das wars mit den offenen Fragen dann auch schon.
 
Liebe Grüße
Kerstin
Von:  Kerstin-san
2016-10-12T16:44:49+00:00 12.10.2016 18:44
Hallo,
 
den Einstieg fand ich etwas holprig, weil ich so verdattert war, warum Haley so neidisch ist, dass alle im Krankenhaus sind. Vor dem Hintergrund, dass man da noch gar nicht weiß, dass Macy ein Kind erwartet, wirkt das etwas seltsam. Und ich hab mich gefragt, warum Haley unbedingt auf ihren Vater warten soll und sie ihm a) nicht einfach einen Zettel schreiben und b) Haley dann trotzdem einfach spazieren/ fotografieren geht. Find ich leider nicht so ganz stimmig.
 
Das Haleys Weg fast automatisch zu den Plätzen ihrer Kindheit und damit zu dem alten, verfallen Haus führen, fand ich gut umgesetzt. Es wirkt wirklich so, als würde sie zu Beginn einfach ziellos durch die Straßen streifen und dann ohne groß nachzudenken am Platz des Lagerfeuers landen. Auch, dass sie erkennen muss, wie sich der Platz im Vergleich zu ihrer Kindheit verändert hat, fand ich realistisch. Kann mir schon gut vorstellen, dass viele Jugendliche da ihre Partys feiern. Bei ihrem Gedanken über die heutige Jugend hab ich gestutzt, weil sie selbst ja gerade mal 23 Jahre alt ist und das wirklich sehr omamäßig rüber kam.
 
Insgesamt fand ich leider, dass der Plot um das Fotografieren schrecklich gestellt und auch nicht gut durchdacht gewirkt hat. Am Anfang streift Haley ja mit dem Hintergedanken durch die Stadt, dass sie irgendwas architektonisches beeindruckendes sucht, weil die Deadline für ihre Bilder schon nächste Woche ist und dann landet sie schon in der Nähe des Hauses, kommt aber ewig nicht auf die Idee es zu fotografieren, sondern macht lieber Landschaftsbilder? Das passt alles nicht so wirklich zusammen..
 
Am Haus selber hat mir gefallen, dass dort zwar auch Müll etc. rumliegt, es aber ansonsten auf Haley wie früher wirkt, so als hätte sich nichts verändert. Auch ihr Streifzug durch das Gebäude verlief ja ähnlich, wie als Kind, aber ich fand es toll, dass sie das Zimmer zuerst nur aus professioneller Sicht wahrnimmt und anfängt ihre Bilder zu schießen, bis sie mal die Mumie im Schaukelstuhl bemerkt. Herrlich auch, wie du diese Passage mit dem gespenstischen Knarzen des Schaukelstuhles eingeleitet hast. Das hatte wirklich was von einem Déjà-vu. Und ab diesem Moment hat alles in mir geschrien, dass Haley einfach verschwinden soll und sich der Mumie bloß nicht nähern soll. Wie nicht anders zu erwarten, kommt ihr das gar nicht in den Sinn, sondern sie ist fasziniert und neugierig. Gott, als sie die Hand ausgestreckt hat war ich so dankbar, dass ihr Handy geklingelt hat und dann raste gleich mein Puls weiter, als da jemand im Raum geatmet hat. Argh! Und dann, als die Mumie die Augen aufmacht und anfängt sich zu bewegen. Horror pur am Ende, das muss ich dir lassen.
 
Liebe Grüße
Kerstin
Von:  Kerstin-san
2016-10-12T16:17:24+00:00 12.10.2016 18:17
Hallo,
 
oho! Der Zeitsprung zwischen dem Prolog und diesem Kapitel hat mich schon mal überrascht, weil ich dachte, dass die Kinder aus dem Prolog die Gruppe um Haley ist, aber stimmungstechnisch macht das natürlich einiges her. Devins Gruselgeschichte ist wirklich klasse geworden. Insbesondere vor dem Hintergrund des prasselnden Lagerfeuers fand ich die richtig einnehmend. Normalerweise verbindet man mit einem Feuer ja Wärme und Sicherheit, aber sicher hab ich mich beim lesen ganz und gar nicht gefühlt. Ich bin so ein Hasenfuß. Harriet war mir da richtig sympathisch xD
 
Haley hingegen nimmt das Ganze sehr locker und vermutlich war insgeheim jeder in der Gruppe froh, dass es so einen enthusiastischen Freiwilligen für die Mutprobe gab. (Das wäre jedenfalls meine Reaktion. Keine zehn Pferde hätten mich alleine in das Haus reinbekommen und dann auch noch mit gerade mal neun Jahren. Schon ein bisschen jung, um mitten in der Nacht durch den Wald zu ziehen, Gruselcampingparty hin oder her o O)
 
Macys Versuch sich selbst Mut zu machen, indem sie ihr Wissen, das sie in der Bibliothek nachgelesen hat, jedem mitgetilt hat, fand ich ziemlich süß, weil das eben o ein typischer Trick ist, sich selbst davon zu überzeugen, dass es ein normales Haus sein muss und das Gespenster/ Geister nicht existieren. Haleys Furchtlosigkeit mit der sie dann ins Haus spaziert, hat mich nachhaltig fasziniert. Vielleicht weil ich von Natur aus ein komplett gegensätzlicher Typ bin, keine Ahnung, aber ich fand ihre Lockerheit wahnsinnig beeindruckend.
 
Im Haus selbst fand ich die Umgebung wahnsinnig detailliert beschrieben. Das gab einem wirklich das Gefühl hautnah dabei zu sein und gemeinsam mit Haley auf diese Mutprobe zu gehen. Die Spinnenweben fand ich dann schon super eklig. Oh Gott, wie viele Spinnen da wohl hausen? Und Haley macht sich nur Sorgen, dass man die an ihren Kleidern sehen könnte und dass sie deswegen eine Standpauke von ihren Eltern kriegt... Ich hätte mir einzig und allein noch gewünscht, dass die Treppenstufen beim Hochgehen geknarzt hätten. Das hat mir so ein bisschen gefehlt.
 
Ich fands richtig erfrischend, als dann auch Haley so langsam angefangen hat, sich etwas zu gruseln, einfach weil ich es komplett unrealistisch gefunden hätte, wenn eine neunjährige da so völlig angstfrei durchspaziert. Bei der Tür hab ich damit gerechnet, dass sie klemmt und urplötzlich einfach aufschwingt und Haley ins Zimmer hineinstolpert, deswgen fand ich es ganz gut, dass du mich damit überrascht hast, dass es einfach am Türgriff liegt.
 
Haleys Kampf mit dem widerspenstigen Fenster und dem Verlust der Taschenlampe hat meinen Puls dann wieder nach oben getrieben, weil ich einfach erwartet hab, dass sie bei der Suche von einer Hand aus der Dunkelheit gepackt wird, deswegen war ich schon irgendwie enttäuscht, dass einfach nichts passiert ist. Du hast da eine ziemliche Erwartungshaltung aufgebaut, die sich dann einfach in Nichts auflöst. Fand ich ein bisschen schade. Aber es gibt ja noch zwei weitere Kapitelchen, bei denen ich mich sicherlich noch etwas gruseln kann.
 
Liebe Grüße
Kerstin
Von:  Kerstin-san
2016-10-12T15:49:12+00:00 12.10.2016 17:49
Hallo,
 
huuu, schon der sehr kurze Einstieg lässt erahnen, was einen im Verlauf der Geschichte erwartet. Das alte Haus ist sehr anschaulich beschrieben und allein schon bei der Beschreibung des Geräusches, das der pfeifende Wind im Haus verursacht, ist mir eine leichte Gänsehaut die Arme hoch gekrochen.
 
Die Kinderstimmen sollten einen ja eigentlich beruhigen, weil die Umgebung damit lebendiger wirkt, aber ich hab einfach das dumpfe Gefühl, dass irgendjemand schon auf diese Kinder wartet und sich dabei in Geduld übt. Schon erstaunlich, wie du die Stimmung mit diesem einen, simplen Wort kippen lässt.
 
Liebe Grüße
Kerstin
Von: abgemeldet
2016-10-05T12:48:02+00:00 05.10.2016 14:48
Eine irre gruselige Geschichte mit richtig guter Atmosphäre. Die Kindergespräche und späteren Dialoge sind perfekt! Du machst aus einem klischeehaften alten Haus, das man schon oft gesehen hat, reinen Nervenkitzel! Das Telefon im Epilog ist mit Bandansage super realistisch.
Cool!
Von:  TommyGunArts
2011-04-03T15:21:56+00:00 03.04.2011 17:21
Hui.... also ich muss ehrlich zugeben, gruselig ist es! Anfangs baust du erst noch Spannung auf, wo Devin so schön die Geschichte über das Haus erzählt. Du berichtest hier von einem typischen Treffen unter Kids, die sich mit Gruselgeschichten gegenseitig schocken wollen.
An dieser Stelle habe ich diesen Satz entdeckt und ich finde ihn sehr gelungen, besonders vom sprachlichen her:
"Niemand rührte sich. Jeder war damit beschäftigt, interessiert seine Zehenspitzen anzustarren und bloß keinen Blickkontakt mit ihm herzustellen."
Und dann soll auch noch jemand die Mutprobe absolvieren und in das Haus hineingehen. Kein wunder, dass sie alle nach unten gucken^^ Ich hätte mich auch nicht freiwillig gemeldet. Aber Haley scheint da ja ganz locker zu sein. Sie hat ja schließlich vor, das Haus auf eigene Faust zu betreten und zu beweisen, dass sie die mutigste ist.
Weiterhin habe ich dann dieses Sätzchen entdeckt, das mir sogleich ins Auge gestochen ist.
"Devin grinste sie an. "Ich komme auch und zeig euch den Weg. Ich war da schon tausendmal", prahlte er."
Typisch Heranwachsende^^ Sie müssen ständig und bei jeder Gelegenheit eine kleine Lüge parat haben und etwas angeben^^ Gut getroffen!
Pu.. und dann wird es allmählich wirklich gruselig und eklig. "Es roch auch ein bisschen nach Maden, fand Haley." Also mit Maden verbindet man ja nun nicht gerade etwas schönes... Aber gut gewählt, um das Vermoderte zu unterstreichen.
Und wo Haley dann das Fenster öffnen will und die Taschenlampe dafür weglegen musste, da habe ich ja schon echt schreckliches geahnt.. Schließlich bekommt sie das Fenster ja noch auf, doch auch da musste ich teilweise echt den Atem anhalten^^ Du hast es wahrlich geschafft, mich mit diesem Kapitel in den Bann zu ziehen.
Hay... und dann noch dieser komische Stuhl, der sich plötzlich bewegt.. Natürlich kann man das ganze jetzt wieder rational erklären, aber jeder normale Mensch würde trotzdem ein mulmiges Gefühl dabei bekommen, wie du ja auch gut beschrieben hast.
Am Ende schafft Haley es ja zum Glück noch unbeschadet, bzw. fast unbeschadet, aus dem Haus.

Sehr herausragend in diesem längeren Kapitel fand ich deine Beschreibungen. Du hast so detailliert und genau beschrieben, wie das Haus aussieht, wie es riecht, wie die Atmosphäre ist, etc. Sehr beachtlich! Damit hast du es natürlich auch geschafft eine gute Gruselstimmung zu schaffen ;) Sehr gelungen, muss ich ja sagen!

Wow, ich habe sogar etwas bei dir zu verbessern XD Kommt ja nicht gerade häufig vor.
"Nock bevor Macy sie davon abhalten konnte, betrat sie im verwilderten Garten."
->ja^^ das "Nock" sollte wahrscheinlich ein "Noch" sein. Und es muss "betrat den verwilderten..." heißen.

" Es einfach so im Wald vergammeln zu lassen kostete nicht."
-> "kostete nichts." hört sich besser an^^

Hmm.. das war es aber auch schon wieder^^ Ich freue ich riesig auf das nächste Kapitel und hoffe natürlich, dass die Spannung weiterhin so stark ist, oder noch stärker, als hier :D
Bis dahin
lg
Schnorzel
Von:  TommyGunArts
2011-04-02T13:40:14+00:00 02.04.2011 15:40
Ein sehr schöner Prolog. Du hast die Umgebung, um die es sich hier handelt und in der die Geschichte anscheinend spielen wird, detailliert und dennoch knapp beschrieben. Ich stelle mir das ganze in etwa wie eine Filmszene vor. Man kann sich auch die Einsamkeit und die Verlassenheit in der das Haus steht sehr bildlich vorstellen. Auf mich wirkt es irgendwie sehr heruntergekommen und eben wie ein typisches "Hexenhäuschen" im Wald, nur etwas größer.
Im allgemeinen kommt es mir irgendwie so vor, als könnte man aus diesem Prolog einen guten Anfang für einen Film machen^^ Ich hätte da zumindest alles im Kopf, so wie die Kamera langsam an das Haus ranzoomt und die Stimmung irgendwie immer bedrohlicher wird.
Etwas fragwürdig finde ich diese Stelle:
"Der Geruch von vermodertem Holz und Spinnweben erfüllte die Räume."
Wie riechen denn Spinnweben? Also ehrlich, ich habe noch nie den Geruch von Spinnweben wahrgenommen^^
Schön fand ich da wieder das Ende des kurzen Prologs:
"Und dann.
Kinderstimmen aus dem Wald."
Auch hier kann man sich die Situation gut vorstellen. Erst geht es die ganze Zeit um das alte Haus und plötzlich um den Wald, aus dem Kinderstimmen zu hören sind. Das erhöht definitiv die Spannung. Gut gemacht!
Etwas seltsam aber doch passend finde ich das "Geduld", das plötzlich und ohne jedweden Zusammenhang einfach da steht. Auf den ersten Blick habe ich mich gefragt, warum und ob es nicht vollkommen überflüssig sei, doch irgendwie passt es absolut. Meiner Meinung nach ist es ein beängstigendes Wort. Ich interpretiere jetzt einfach mal: Vielleicht steht es ja da, weil der gesamte Prolog aus der Sicht eines Wesens geschildert wird, jemand oder etwas, dass genau auf diese Kinder wartet, die sich da im Wald befinden. Es/er will keine vorschnellen Handlungen durchführen und wartet deshalb in seinem Versteck und muss sich gedulden.
Joa^^ Vielleicht. Vielleicht auch nicht.
Ich bin zumindest gespannt, wie es weiter geht, denn bis jetzt gefällt es mir sowohl sprachlich als auch thematisch sehr gut und es klingt vielversprechend.
Bis dahin
lg
Schnorzel
Von:  Queen_Of_Wands
2011-03-03T17:22:01+00:00 03.03.2011 18:22
Hmmmm xD
Was soll ich sagen Oo
Erst einmal danke für die schöne Geschichte^^
Aber man merkt, dass Horror dir nicht liegt, passt auch nicht wirklich zu deinem Schreibstil O__o
Aber ich mag die Story trotzdem^^ Man merkt, dass du dir Mühe gegeben hast^^
Es ist eine schöne Geschichte, auch wenn sie nicht wirklich Horror ist. Dafür fehlt da irgendwie was O__o Ich weiß auch nicht...da ist einfach keine wirkliche unheimliche Stimmung drin. Vielleicht bin ich auch einfach zu viel gewohnt xDxD Sowohl was Filme als auch was Bücher angeht ^--^
Die Idee dahinter ist auch ein bisschen gewöhnlich ABER ich find das cool, dass da kleine Kinder die Hauptrolle spielen. Das merkt man auch daran, wie sie auftreten. Haley hat ja vor eigentlich gar nichts Angst so wirklich Oo Ich würde mich keine zwei Schritte darein wagen ^-^

Ich weiß auch nicht xD Die Story gefällt mir echt super gut ^-^Aber es ist in meinen Augen einfach kein Horror xDxD

Geht´s denn noch weiter oder ist die FF so fertig?


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