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Die Geister die wir riefen...

von

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Kenny schaute auf Jana. Er beobachtete wie sie ihre winzige Zunge zwischen die Zähne klemmte. Ihre mandelförmigen Augen kamen ihm viel zu klein vor. Jana bemerkte nicht einmal, wie präzise sie von ihm gemustert wurde.

Sie spielte ungestört zu Mariahs Seite mit ihrem Stofftier, welche auf der Backsteinmauer saß und sich müde an dessen Pfosten lehnte. Offenbar war sie dabei einzudösen. Manchmal rief Jana während ihrem Spiel „Pui, Pui!“ und dann, urplötzlich, presste sie die kleine Katze in einem Anflug von inbrünstiger Zuneigung so fest an sich, dass Kenny froh war, es nicht mit einem echten Tier zu tun zu haben. Bei der Kraft die das Mädchen in die Umarmung steckte, wäre ein richtiges Lebewesen zerquetscht worden. Er blinzelte sie argwöhnisch an. Das Kind machte ihn irgendwie neugierig. Da er ohnehin nichts Besseres zu tun hatte, holte er seinen Ersatzlaptop aus der Tragetasche hervor, klappte ihn auf und setzte noch den Surfstick ein. Hana hatte sich zwischendrin aus dem Staub gemacht. Sie stand auf der anderen Straßenseite und telefonierte auf dem Gehweg mit jemanden, unweit von seinem Sichtfeld. Kenny vermutete dass es mit Hiro zu tun hatte. Sicherlich wollte sie vermeiden, dass Großvater Kinomiya etwas mitbekam. Der lief seit geraumer Zeit im Kreis. Zum einen aus Ungeduld, zum anderen weil ihm – so sein genauer Wortlaut – so kalt war, dass ihm der Arsch abfror.

Kenny wollte das erste Schlagwort in den Internetbrowser eingeben, da flimmerte ein Banner über seine benutzeroptimierten Startseite, welches die Eilmeldung verkündete, dass die Küste Skandinaviens von einer heftigen Welle getroffen wurde, die sich bis tief ins Landesinnere gefressen hatte. Irritiert klickte er auf den Bericht, wo prompt der Link zu einem Amateurvideo zu finden war, der von einem Einheimischem stammte, welcher vom Balkon seiner Wohnung aus, ein forttreibendes Auto filmte, bevor er verdutzt feststellte, dass das Wasser so schnell anstieg, dass er lieber in eine höher gelegene Etage verschwinden sollte. Es ließ Kenny den Kopf schütteln. Er hatte noch nie begriffen, wie manche Menschen, in einer so lebensbedrohlichen Situation, lieber zum Smartphone griffen, anstelle die Beine in die Hand zu nehmen. Da er nicht sonderlich viel von Skandinavien wusste und auch ohnehin andere Probleme hatte, klickte er irgendwann das Video wieder weg. Momentan kam es ihm vor, als sei die Welt verrückt geworden. Die ständigen negativen Nachrichten schlugen ihm aufs Gemüt, deshalb besann er sich lieber wieder seinem eigentlichen Vorhaben. Kenny begann im Internet einige Schlagwörter einzugeben.

„Kind streckt ständig Zunge heraus.“

Das Ergebnis waren lauter Bildchen, von irgendwelchen Rotznasen, die Grimassen zogen. Er verdrehte die Augen ob seiner eigenen Blödheit. Ein Computer war nur so klug, wie die Person, die ihn bediente und er hatte definitiv die verkehrte Frage gestellt. Er überlegte und zog dabei die Brauen zusammen. Kenny meinte sich an etwas zu erinnern, was zu Janas Äußerlichem passte. Er hatte eine beunruhigende Vermutung, aber ihm fiel nicht ein, wie die Krankheit hieß. Also ging er auf eine bekannte Homepage für Symptome und tippte einige von Janas Gesichtsmerkmalen ein. Mehrmals rückte Kenny seine Brille zurecht, schielte über den Monitor verstohlen zu ihr und tippte weiter. Irgendwann stockte er, weil er den Begriff gefunden hatte, der ihm vage durch den Kopf schwebte.
 

Trisomie 21
 

Er schaute das Wort lange an. Dann kopierte er es heraus und fügte es in die Suchmaschine ein. Er klickte den Reiter Bilder an, um sich einen Überblick zu verschaffen, wie Kinder mit dem Down-Syndrom aussahen. Dutzende lachende Kindergesichter schauten zu ihm auf. Manche mit ausgestreckter Zunge, aufgeklappten Mündern, aber alle mit kleinen, mandelförmigen Augen und einem strahlenden Ausdruck darin.

Er schluckte hart. Geschockt starrte Kenny aus geweitetem Blick zu Jana. Einen Moment blieb ihm fassungslos die Kinnlade offen. Er klickte auf einen Bericht, weil er irgendwo nachlesen wollte, ab welchem Alter man erkennen konnte, wenn Kinder an diesem Syndrom litten. Ein böser Verdacht keimte in seinem Kopf auf – und etwas in ihm hoffte inständig er würde sich widerlegen lassen. Dem war aber nicht so…

Die Diagnose konnte ziemlich genau nach der Geburt getroffen werden, manchmal sogar früher. Es gab also keine Möglichkeit dass Kai nichts davon wusste. Er hatte es ihnen verheimlicht – all die Jahre!

Kenny starrte Jana so lange mit steinerner Miene an, bis Mr. Kinomiya ihn aus den Gedanken riss. Der alte Mann hatte über seine Schulter gespäht und flüsterte: „Du hast es also auch bemerkt?“

Sofort klappte der Chef den Laptop entschieden zu und nickte. Mr. Kinomiya nahm neben ihm auf der zugeschneiten Mauer Platz. Während Kenny seinen Laptop zurück in die Tasche packte, fragte er sich ziemlich verstört, was er von dieser heimlichen Aktion nun wieder halten sollte. Da war ein Teil in ihm, der Kai bemitleidete und sich selbst nahe legte, mit seinem Freund nicht zu streng ins Gericht zu gehen. Sicherlich gab es irgendeinen plausiblen Grund, weshalb er es Kenny verschwiegen hatte – ganze fünf Jahre.

Wenn er sich recht erinnerte wurde Jana sogar bald sechs. Bei diesem Gedanken schürzten sich seine Lippen. Dennoch versuchte er analytisch zu bleiben. Sachlich.

So wie man es eben von ihm gewohnt war…

Doch da war ein weitaus größerer Part in ihm, den er geradezu vehement zu unterdrücken versuchte, weil dieser das Ganze doch verdammt persönlich nahm. Ray hatte ihnen schließlich auch bei der ersten Gelegenheit erzählt, dass er vorhatte sich von Mariah zu trennen und dadurch wusste Kenny jetzt, dass er sich ihr gegenüber nicht sonderlich freundschaftlich benehmen sollte. Er blieb höflich, aber auch etwas unterkühlt.

Der Feind seiner Freunde, war auch seiner. Das war zwar undiplomatisch, aber er war nun einmal in erster Linie Rays Freund, nicht der von Mariah. Weshalb Kai sie aber nicht auch Anteil an seinen Problemen haben ließ, war ihm total schleierhaft. Kenny verlangte ja nicht, dass er prompt zum Hörer griff, um ihm wie eine Klatschbase, alles brühwarm zu erzählen - aber fünf ganze Jahre!

Diesen Zeitraum musste man sich erst einmal auf der Zunge zergehen lassen. Er war doch auch im Krankenhaus dabei gewesen, als sie Kais Mutter, kurz nach Janas Geburt dort besuchten. Sie hatte als kleiner Säugling damals in seinen Armen gelegen, auch wenn Kai ihn mit Argusaugen beäugt hatte, als befürchtete er, Kenny könnte sie fallen lassen. Er kam nicht umhin sich zu fragen, ob er ihnen nach so vielen Jahren, immer noch nicht vertraute. Kenny räusperte sich, um über seinen Groll hinwegzutäuschen und wandte sich gefasst an Mr. Kinomiya. Obwohl er um Gelassenheit bemüht war, bemerkte er, dass seine Stimme vor unterdrücktem Ärger bebte.

„Wann ist es ihnen aufgefallen?“

„Schon als die Kleine mich im Krankenhaus aufgegriffen hat. Aber richtig davon erfahren habe ich bereits vorher, kurz bevor das ganze Drama hier losging.“

Kennys Kopf schnellte zum Großvater.

„Soll das etwa heißen sie wissen schon länger davon als ich?!“

„Jepp. Und ich verbitte mir den empörten Tonfall. Übrigens deine Freunde wissen es auch.“

„Oh… Cool. Schön.“, jetzt konnte er nicht einmal mehr verhindern das er die Lippen fest aufeinanderpresste.

„Du wirkst etwas angesäuert.“

„Nein, nein. Ist doch alles in Butter!“, beteuerte er mit einem falschen Lachen. Irgendwie bekam er den Sarkasmus in seiner Stimme nicht mehr in den Griff. „Kai und ich kennen uns ja noch gar nicht so lange. Ich meine zehn Jahre - was ist das schon?! Ich renne hier ja auch nicht durch die halbe Stadt, weil ich mich auch um ihn Sorge. Er ist ja nur ein flüchtiger Bekannter. Aber toll das wenigstens die anderen davon wissen! Da sieht man wem er wirklich vertraut!“

Seine Stimme wurde gegen Ende lauter.

„Hey Chef, ganz locker bleiben…“

„Ich bin immer locker!“, betonte er bockig.

„Die anderen wissen es auch erst seit eurer Feier.“

„Ich kann mich nicht erinnern, dass Kai das vor uns erwähnt hat. Da muss ich wohl auf dem Klo gewesen sein.“, kam es pampig zurück. Das Stimmchen der Vernunft redete panisch auf ihn ein, sich nicht weiter in seine Wut hineinzusteigern, aber verflucht, er war doch auch nur ein Mensch! Da war ein kleines Männchen in seinem Kopf, dass wie Rumpelstilzchen im Kreis tänzelte, während das andere Männchen, mit Engelsgewand und Heiligenschein, beschwichtigend auf seinen Gegenpart einredete.

„Das war ja auch am Morgen danach.“, erklärte Mr. Kinomiya. „Tyson hat ihn nach eurer Sauftour nachhause gefahren und Kai von eurem genialen Einfall mit seinem Terminplaner erzählt. Ihr habt den Arzttermin von der Kleinen abgesagt und der muss ziemlich wichtig gewesen sein. Er war so sauer, dass mein Grünschnabel einen saftigen Fausthieb dafür von ihm kassiert hat.“

Kenny hob verblüfft die Braue, die kleinen Männchen in seinem Kopf hörten verdutzt auf zu lärmen und er brauchte eine Weile um zu begreifen, was der alte Herr damit meinte, bis ein lautes Ausatmen davon kündete, das der Groschen gefallen war.

Der neun Uhr Termin bei Dr. Hamilton…

Ihm rutschte das Herz in die Hose.

Mit einem leisen „Shit!“ hob er die Hände an den Kopf und fluchte innerlich weiter.

„Ich hatte den anderen gleich gesagt, dass das eine bescheuerte Idee ist! Man hakt sich nicht einfach so in den Account von anderen Leuten, um ihre Termine zu verpfuschen. Das ist hochgradig kriminell!“

„Hoho! Du edler Ritter!“, spottete Mr. Kinomiya höhnisch. „Du bist doch auch nicht so unschuldig an dem Dilemma! Immerhin bist du das Computergenie in eurer Gruppe. Ohne dich hätten sie das gar nicht hinbekommen. Hast dich bestimmt wieder sang und klanglos breittreten lassen. So kennt man dich gar nicht anders…“

Die Aussage tat natürlich weh, da sie direkt ins Schwarze traf. Kenny biss sich ertappt auf die Unterlippe. Er schwankte zwischen seinem Argwohn und dem schlechten Gewissen.

„Sie haben ja Recht. Das war dumm von uns.“, räumte er versöhnlicher ein. „Aber ich begreife immer noch nicht, warum Kai uns das überhaupt verschwiegen hat? Rechnen wir mal hoch, wie lange wir uns kennen. Wir waren fast drei Jahre in einem Team. Nach der Bladebreakers Zeit kommen noch einmal sieben Jahre dazu. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir seine längsten Freunde sind! Also was soll das Ganze?!“

„Das der Junge verschlossen ist dürfte dir doch nicht neu sein.“

„Ja klar...“

„Aber natürlich hast du Recht. Was immer der Grund dafür war, ich verstehe ihn auch nicht. Auch wenn eure Idee einfach nur hirnverbrannt war! Aber was das angeht, habe ich Tyson schon den Kopf gewaschen.“

„Hat er wieder einmal eine mit ihrem Kendostab über den Schädel bekommen?“

„Er und Ray.“

„Tyson ist es gewohnt seine Gehirnzellen auf die Art zu verlieren. Wenn sie Ray auch noch auf sein Niveau herunterziehen…“

„Pah! Eine Trachtprügel hat noch niemandem geschadet! Den anderen Hornochsen habe ich aber noch nicht erwischt. Übrigens du stehst auch auf meiner Liste. Bild dir bloß nicht ein dass ich dich nicht im Visier habe! Deine Strafe kommt, wenn du es am wenigsten erwartest.“, Mr. Kinomiya deutete grimmig auf ihn, was Kenny kurz zurück zucken ließ, dann fuhr er aber bestimmt fort. „Ich kann dir nicht sagen, was in Kai vorgeht. Ich weiß nur so viel, dass er aus einer schwierigen Familie stammt. Zumindest hat mir das Mr. Dickenson erzählt, als die Sache mit seinem Großvater aufflog.“

„Das weiß ich auch.“

„Wir wissen aber nicht alles.“

„Weil er doch nie etwas aus sich herauslässt! Er ist wie eine verdammte Sphinx!“

„Und was willst du jetzt machen - ihn zwingen? So etwas geht nicht so schnell, vor allem Dingen, wenn man in so einem Drecksloch wie der Abtei großgeworden ist. Auch über diese Zeit wissen wir kaum etwas. Zumindest ich nicht. Daher sollten wir uns hüten voreilige Schlüsse zu ziehen.“, Mr. Kinomiya schüttelte bedauernd den Kopf und sprach weiter. „Weißt du, als meine Schwiegertochter gestorben ist, da hatte ich wirklich Angst um meine beiden Enkel. Es ist schwierig wenn ein Elternteil stirbt und der andere ständig weg bleibt. Aber man muss dennoch versuchen den Kindern beizubringen, dass das Leben auch seine Schokoladenseiten hat. Sonst verschließen sie sich davor oder werden gar misstrauisch. Nun sieh dir aber Kai an... Das was mit ihm passiert ist, das hätte meinen Jungs genauso passieren können.“

„Wie meinen sie das?“, blinzelte Kenny verständnislos.

„Meine Fresse, dass du das nicht selbst siehst, Chef? Aber gut… Nehmen wir mal Tyson als Beispiel. Mein Jüngster hatte auch keine Mutter die daheim auf ihn gewartet hat. Seinen Vater sieht er ebenfalls kaum. Hiro ist irgendwann einmal auch gegangen, also hatte er nur noch mich. Seine Lage ist fast dieselbe wie bei Kai. Was mit seinen Eltern ist, wissen allein die Götter. Er wurde auch von seinem Großvater aufgezogen. Nur liegt der feine Unterschied darin, dass ich versucht habe, Takao zu vermitteln, das seine Freunde und Familie im Ernstfall immer für ihn da sein werden. Und das er sich an seinem Leben erfreuen soll. Ich wollte ihm unter keinen Umständen das Vertrauen in die Welt nehmen. Eigenlob stinkt zwar, aber ich hoffe mal, dass ich meine Sache gut gemacht habe. Zumindest kann ich ohne schlechtes Gewissen behaupten, dass ich mich wirklich bemüht habe. Dagegen kann ich mir kaum vorstellen, dass so ein Ekel wie Voltaire darauf Rücksicht genommen hat. Der hatte doch nur seine Geschäfte im Sinn, sonst hätte er den Jungen nicht in die Abtei abgeschoben, wo er ihm nicht über die Füße stolpern kann, wenn er seine kriminellen Partner daheim empfängt.“

Kenny zog nachdenklich die Brauen zusammen. So hatte er das Ganze noch nie betrachtet. In Prinzip glichen sich Tyson und Kai tatsächlich. Zumindest in ihrem Familienverhältnissen. Sie waren wie zwei Samen, die im selben Beet gepflanzt, aber anders aufgezüchtet worden waren. Der eine mit bedingungslose Zuneigung, der andere in vornehmen Wohlstand. Was mehr Erfolg brachte, musste jeder für sich selbst entscheiden. Irgendwann nickte Kenny.

„Ja, mag schon sein. Es ist nur…“, er seufzte bekümmert. „Wann immer Kai so etwas macht, komme ich nicht umhin, mich total überfahren zu fühlen! Ich weiß dass er verschlossen ist. Wir wissen auch alle dass er ein übles Vertrauensproblem hat. Aber warum uns gegenüber? Was haben wir ihm getan, damit wir noch immer dieses Misstrauen verdienen?“

Er presste fröstelnd seine Handflächen zwischen seine Knie und schüttelte bedauernd den Kopf. Seine Stimme war lauter geworden als beabsichtigt, aber das Kenny sich aufregte, konnte er ohnehin kaum noch verbergen.

„Irgendwann muss Kai doch mal sehen, dass wir ihm nichts Böses wollen! Wir sind seine Freunde – keine Feinde.“

„Wenn du von Kind auf kein Vertrauen lernst, dauert das als Erwachsener umso länger. Das ist, wie wenn man eine Fremdsprache übt. Wenn du noch jung bist, saugst du die Wörter auf wie ein Schwamm. Bist du zu spät dran, versuchst du die Wörter schweißtreibend in Stein zu meißeln.“

„Ich dachte aber mit dem Auftauchen seiner Mutter, wäre er endlich aufgetaut - und mit der Geburt von der Kleinen! Ich dachte wirklich, er würde uns endlich als seine Freunde sehen. Menschen die an seinem Leben teilhaben wollen.“

Mr. Kinomiya brummte gequält. Es kam Kenny vor als würde er an etwas Unangenehmes denken.

„Ich befürchte, diese Frau ist mitunter der Ursprung allen Übels.“

„Wie meinen sie das?“

„Ach… Das musst du dir von Kai selbst erzählen lassen. Ich habe schon zu viel gesagt.“

„Er wird mir ohnehin nichts sagen! Dieser alte Geheimniskrämer... Da kann ich genauso gut darauf warten, dass meine Deckenleuchte mit mir eine Unterhaltung führt!“

„Du wirst dich gedulden müssen.“

„Aber wie lange noch? Nach zehn Jahre verliert man jede Hoffnung! Ich habe so langsam echt die Schnauze voll von seinen blöden Spielchen! Irgendwann muss es doch mal mit ihm Berg auf gehen! Müssen noch einmal zehn Jahre ins Land gehen?“

„Warum fragst du Kai nicht selbst?“

Beide fuhren mit einem Satz zurück, da fühlte Kenny auch schon einen Arm, der sich freundschaftlich um seine Schulter legte. Zunächst glaubte er ein Gespenst zu sehen. Es dauerte eine Sekunde, bis sowohl Mr. Kinomiya, als auch er begriffen, wer sich da klammheimlich von hinten angeschlichen hatte. Doch ein Blick in das dunkle Augenpaar seines Gegenübers genügte für ihn, um den üblichen Schalk darin zu erkennen, der für Tyson so typisch war. Kenny blinzelte verdutzt, öffnete den Mund, schloss ihn in Ermangelung eines gescheiten Satzbaus wieder, öffnete ihn erneut und starrte letztendlich doch nur perplex seinen Freund an. Da sprang auch schon Mr. Kinomiya von der Mauer auf und haute seinem Enkel mit einer Kopfnuss gegen den Schädel.

„Du blöder Esel, schleich dich nicht von hinten an! Willst du das ich vor Schreck krepiere?!“

„Hey! Verdammt Opa! Ein einfaches Hallo hätte gereicht!“, rief Tyson beleidigt aus, während er sich den Kopf rieb. Kurz darauf japste er aber auf, als sein Großvater sich über die Mauer lehnte und in eine stürmische Umarmung zog. Er drückte seinen Enkel herzlich an sich, tätschelte ihm den Rücken und irgendwann legte auch Tyson mit einem weiten Grinsen die Arme um ihn. Gleichzeitig schimpfte der alte Mann über seinen Jungen, der ihm ständig solche Sorgen bereitete. Es war ein aufwühlender Mischmasch zwischen Ärger und purer Erleichterung. Nun fühlte Kenny sich wahrhaftig überfahren. Wie gerädert erhob er sich von der Mauer und als er hinter seinen Rücken spähte, waren da weitere Gestalten aufgetaucht, die in Tysons Begleitung angekommen waren. Sein Blick huschte von einer Person zur Nächsten. Zunächst hielt Kenny geschockt den Atem an als er Kai sah.

Ihm wich jegliche Farbe aus dem Gesicht…

Ausgerechnet wenn er mit Mr. Kinomiya über ihn sprach, tauchte die Gruppe wie aus dem Nichts auf. Ihm schoss die Frage durch den Kopf, wie viel er von ihrer Unterhaltung mitbekommen hatte – all die Vorwürfe die laut über seine Lippen gekommen waren. Sein Herz machte einen unliebsamen Schlenker abwärts. Die kleinen Männchen in seinem Kopf schlichen heimlich, durch den Notausgang, aus seinem Kopf und hinterließen eine gähnende Leere. Kenny spürte wie seine Wangen vor Scham zu brennen begannen. Das passierte ständig wenn er in einer peinlichen Situation steckte und er hatte auch keine Kontrolle darüber. Ihm pochte das Blut gegen die Schläfe. Sein eigener Groll ebbte sofort ab, allerdings auch, weil er noch nie ein Freund von Konfrontationen gewesen war. Er hatte zu viel Respekt vor Kai, um ihn offen auf sein Verhalten anzusprechen. Er hätte sich zwar darüber geärgert, aber es doch stillschweigend ertragen.

Als er mit einem ertappten Grinsen zu Kai schaute, wandte der den Kopf von ihm ab. Kenny biss sich auf die Unterlippe und fragte sich, ob er wütend war. Doch den Anschein machte es nicht. Stattdessen schaute er lediglich nachdenklich in die Ferne. Sein Gesicht wirkte verschlossen - aber auch irgendwie betroffen.

Was Kai durch den Kopf ging, konnte man aber nie so genau sagen. Kenny wollte bereits zu einer reumütigen Entschuldigung ansetzen und ihm versichern, dass seine Worte nicht so ernst gemeint waren, da fiel ihm Max auf, der ihm zaghaft zuwinkte. Prompt schoss ihm durch den Sinn, dass dessen Mutter tot war. Sollte er warten, bis Max das Thema von sich aus ansprach, oder ihn gleich darauf ansprechen?

Er wirkte unglaublich abgekämpft. Dunkle Augenringe zeichneten sich in seinem Gesicht ab, als habe Max lange nicht mehr geschlafen – und in seinen Armen hielt er ein glänzendes Bündel. Überrascht weitete sich Kennys Blick, als er inmitten dieses Lichts die feinen Gliedmaße, eines Katzen ähnlichen Wesens erspähte. Auf ihrem Fell prangte ein anmutiges Leopardenmuster. Der Anblick zog ihn geradezu in seinen Bann, denn sofort begriff er, welches Bit Beast Kenny vor sich hatte. Es war Jahre her seit er eines aus der unmittelbaren Nähe betrachten durfte. Überhaupt kam es ihm vor, als wäre er einem Bit Beast noch nie so nahe gewesen, wie in jenem Moment. Ein Gefühl von tiefer Ehrfurcht befiel ihn. Etwas zaghaft stieg er über die Mauer hinweg, um sich Galux genauer anzuschauen. Überrascht stellte er fest, dass das Bit Beast schlief.

„Was ist nur mit euch passiert?“, fragte er verwundert an Max gewandt.

Ein mattes Lächeln war dessen Antwort. Gefolgt von einem hilflosen Schulterzucken.

„Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll.“, kam das ehrliche Geständnis und als Kenny noch einmal zu Kai blickte, bemerkte er, dass auch er ziemlich angeschlagen wirkte. Seine Aufmachung war zudem total seltsam. Anzughose, darüber ein Sweatshirt, mit Gummistiefel an den Füßen und die Kapuze hatte er sich tief über den Kopf gezogen. Weiße Wölkchen entstiegen mit seinem Atem in die Nachtluft. Seine Lippen waren dunkel von der Kälte. Das Gesicht sehr blass. Auf einmal fiel Kenny ein, dass er Ray noch nicht gesehen hatte.

Ziemlich fahrig fuhr er herum und machte ihn erleichtert hinter seiner Frau aus. Mariah war dabei aus ihrem Halbschlaf zu erwachen. Der Tumult den die Gruppe verursachte, schien sie gestört zu haben. Sie setzte sich wieder gerade auf, rieb sich schlaftrunken über die Augen, doch als sie die Hände wieder sinken ließ, legten sich fremde Finger auf ihr Gesicht. Verdutzt öffnete sich ihr Mund, da beugte sich Ray zu ihr herab und flüsterte ihr etwas ins Ohr, als würde er sie sanft aus dem Schlaf holen wollen.

Es brauchte eine Weile, bis sie begriff…

Kenny konnte beobachten, wie ihre Lippen zu zittern begannen. Da griff sie zaghaft nach den Händen, die ihre Augen verdeckt hielten, schob sie von ihrem Gesicht fort und blinzelte zu ihrem Mann auf. Er sah Ray auf sie herabschauen, bemerkte wie seine Finger zärtlich über ihre Wangenknochen spielten und sobald sich ihre Blicke trafen, schien Mariah die Situation zu übermannen. Kenny erkannte es am Beben ihrer Schultern, obwohl darauf die dicke Wolldecke ruhte. All die Furcht der letzten Stunden, all die Sorgen…

Sie brachen aus Mariah hervor. Unendlich langsam drehte sie sich zu ihrem Mann um, umarmte seine Taille und kurz darauf war auch schon ein lautes Schluchzen zu vernehmen. Verwundert bemerkte Kenny, dass Ray keinerlei Versuche unternahm, seine untreue Gattin von sich zu schieben, nein, ganz im Gegenteil… Er half der hochschwangeren Mariah sogar noch von der Mauer auf, umfasste anschließend ihr Gesicht und küsste sie liebevoll, während die nicht aufhören konnte zu weinen, ihm tränenerstickte Sätze entgegenhauchte – ihm beteuerte wie unendlich glücklich sie war, dass Ray endlich wieder zurück war. Perplex wandte Kenny sich Max zu, der das Ganze ebenfalls mit einem leichten Lächeln beobachtet hatte.

„Ich dachte sie hätte ihn betrogen?“, flüsterte er ihm die Frage zu.

„Nein.“, schüttelte Max den Kopf und schaute auf das Bit Beast in seinen Armen herab. Galux schlummerte dort weiterhin friedlich. „Sie hat uns gerettet.“

Noch bevor Kenny etwas entgegnen konnte, ging neben ihnen ein Ruck durch Kai. Er sah seinen Freund verwundert an seinem Körper hinabschauen, wo seine kleine Schwester die Augen zukniff, in ihrem angestrengten Versuch, Kais Bein so fest zu umklammern, dass ihm jegliche Blutzufuhr darin abgeschnitten wurde. Ihr Bruder blinzelte aus weitem Blick auf sie herab. Kenny fiel auf wie schwarz seine Augen in jenem Moment wurden. Er fragte sich, ob es nur eine optische Täuschung, aufgrund der Dämmerung war, oder ob seine Pupillen tatsächlich so groß wurden. Da schaute Jana mit einem strahlenden Lächeln, das eine kleine Zahnlücke entblößte, zu ihm auf. Mit der Ankunft ihres Bruders schien für sie die Sonne aufzugehen.

„Hab dich so vermisst!“, quiekte sie überglücklich. „Wo war du?“

Dann geschah es ganz schnell…

Kai sank so plötzlich auf die Knie, dass Kenny für einen Moment dachte, er klappte einfach zusammen. Doch stattdessen drückte der seine Schwester fest an sich. Noch nie hatte Kenny erlebt, dass Kai jemanden umarmte. Er fühlte wie Tyson neben ihn trat und ebenfalls auf dieses seltene Phänomen hinabschaute. Ein Lächeln lag um seinen Mund.

Seine Augen wirkten geradezu zärtlich…

„Kai, warum du so lang weg?“, wollte das Mädchen inzwischen vorwurfsvoll wissen. „Hat du andere Schwesterchen? Nich mehr Jana wolle?“

Sie sprach es aus, als wäre es ihre schlimmste Befürchtung. Doch Kai schüttelte nur den Kopf und drückt sie umso inniger. Etwas lag da um seine Mundwinkel, was ihn geradezu verbittert wirken ließ.

„Nein… Du allein bist meine Schwester.“, versicherte er ihr schließlich leise. Seine Stimme zeugte davon, dass er sich schwere Vorwürfe machte. „Es tut mir so leid. Wie konnte ich dich nur vergessen? Wie konnte ich dich nur einfach so vergessen…“

Beinahe hätte Kenny geglaubt, dass er kurz vor den Tränen stand. Seine Stimme klang geradezu erstickt. Etwas war anders an Kai. Noch nie hatte er ihnen einen so tiefen Einblick in seine Gefühlswelt gewährt. Jana schaute ihn inzwischen fragend an. Dieser Ausbruch schien auch ihr Sorgen zu machen, als wäre ihr das nicht ganz geheuer. Letztendlich lächelte sie aber, schlang ihre Ärmchen um seinen Hals und bettete den Kopf auf seine Schulter.

„Is okay, Kai. Hab dich lieb.“, sie tätschelte mitfühlend die Wange ihres Bruders. „Nich mehr weggehe. Ja? Bei Jana bleibe…“

Ihr Bruder schloss die Augen, drückte seine Finger sachte gegen das kleine Hinterköpfchen in seinen Armen. Und da vernahm Kenny auch schon, wie Kai seiner Schwester zuraunte: „Nein, nie mehr. Das schwöre ich.“
 


 

*
 

„Du hast mich erschöpft, Neffe.“

Der Totenbaum klang müde.

„Deine Ergreifung hat mich viel meiner kostbaren Energie gekostet. Ein Baum ist nicht dafür geschaffen sich zu rühren.“

Es war ein schwerfälliges Röcheln nahe Dragoons Ohr. Er hatte noch nie erlebt, dass einer der beiden Weltenbaumzwillinge, sich so bewegte, wie der Totenbaum heute. Überhaupt war er wohl einem Irrglauben erliegen, denn all die Jahre dachte er, Yggdrasil habe keine Stimme. Es war ohnehin sonderbar, zu was der Totenbaum imstande war. Nachdem er Dragoon gezwungen hatte, seine unterdrückten Gefühle, endlich wieder an die Oberfläche zu holen - seinem Schmerz verhalf aus ihm auszubrechen - überfiel den Drachen eine innere Ruhe, die er schon lange nicht mehr verspürt hatte. Früher, als Takao noch an Turnieren teilnahm, war es ihm danach ähnlich ergangen. Die Kämpfe verhalfen ihm dabei, sich wieder zu entspannen. Es war sein Ventil gewesen.

„Und deshalb konnte es erst soweit kommen.“, erläuterte ihm der Totenbaum und erriet auf wundersame Weise seine Gedanken. „Du bist der Wind. All die Jahre dientest du als Schutzgeist für die Familie deines Menschenkindes. Einer Blutlinie, die für ihren Kampfeswillen berüchtigt war. Für den Sturm in ihrer Seele. Doch die Zeiten haben sich geändert. Die Menschen greifen in manchen Landstrichen kaum noch zu den Waffen. Und dein Menschenkind ist den kindlichen Schuhen entwachsen. Es ließ dich nicht mehr als sein Schutzgeist, in Schlachten antreten und so konnte sich dein Schmerz wieder aufbauen, wurde auch noch genährt, von neuen Qualen. Wie zu jener Zeit, als dich dein Groll zu Wolborg zerfraß.“

Dragoon hatte ruhig den Worten gelauscht, denn nachdem der Sturm in seinem Herzen vorbei war, konnte sein Verstand endlich wieder klar denken. Es war wie eine Nebeldecke die sich lichtete.

„Ich konnte es beobachten. Wie die Böen in deiner Seele stärker wurden. Wie sie immer schnellere Kreise um denselben ewigen Hass zogen – bis in deinem Herzen ein zerstörerischer Tornado aufkam. Vergiss niemals, was du bist, mein Neffe! Du bist der Wind. Und wenn du drohst, dich zu einem Sturm aufzubäumen, musst du rechtzeitig einschreiten.“

Dragoon schloss die Augen. Ausgerechnet er musste sich erklären lassen, wie sein Herz funktionierte. All die Jahrhunderte hatte er sich mit seinen unterdrückten Gefühlen selbst geschadet.

„Wenn du trauerst – trauere. Wenn du liebst – liebe.“, sprach der Totenbaum. „Der Wind kann sich nicht einpferchen lassen. Weder körperlich noch seelisch. Es ist ein Teil deiner Natur deine Gefühle nah an der Oberfläche zu tragen. Du bist nicht dafür geschaffen sie zu unterdrücken. Das ist kein Lebewesen. Sowohl Fels, Wasser, als auch Feuer, haben ihre Momente, in welchen sie wüten müssen, um wieder zu ihrer Balance zu finden. Du brauchst diese Zeiten jedoch öfters als die anderen. Du bist nun einmal ein leibgewordener Sturm – in jeder Lebenslage.“

Das Knacksen des Totenbaums zeugte von seiner Erschöpfung. Selbst die spitzfindige Strommaus war still geworden, um die Wurzel nicht in ihrem Redefluss zu stören, bevor sie ausgesprochen hatte, was sie so dringend erläutern musste. Der Mäuserich hielt angestrengt sein Ohr gegen die Verästelungen um auch ja kein Wort zu verpassen.

„Meine Schwester und ich… Wir sind angeschlagen. Sie zerfrisst der Kummer um ihre verstorbenen Kinder. Mich ermüdet der Kraftakt den ich hier vollführen musste. Eure Fehde ist für uns fatal. Schon einmal habt ihr die Welt kurz vor den Abgrund gestellt. Es war unsere Energie, welche noch einmal dafür gesorgt hat, dass auf diesem Planeten wieder Leben entstehen konnte.“

Dragoon verstand prompt wovon der Weltenbaum sprach. Niemals hätte er geahnt, dass der Kampf zwischen den Uralten, der vor Millionen von Jahren, für die Ausrottung aller Lebewesen auf der Erde sorgte, auf dem Rücken von Yggdrasil ausgetragen wurde. Hätte er das geahnt, wäre er doch niemals auf die Idee gekommen, seine Kameraden zu einem Wettkampf, um die Krone der Bit Beasts anzustacheln.

„Ihr habt damals sehr gelitten.“

„Das haben wir…“

„Wieso habt ihr nichts gesagt?“

„Ich brauche meine Energie um das Geäst meiner Welt zu halten. Es ist so anstrengend, mit euch zu sprechen.“

Ein weiteres Knarzen schallte laut durch die Kammer. Es klang wie das Stöhnen eines alten kränkelnden Greises.

„Ich muss endlich ruhen. Meine Kräfte wieder dem zuwenden, was zu meiner Natur gehört… Deine Arbeit ist jedoch keinesfalls vorbei, Neffe. Also hör gut zu, denn das, was ich dir zu sagen habe, vermag ich nur einmal auszusprechen.“

Dragoon horchte auf und auch die kleine Strommaus auf seinem Schädel presste die Lauscher fester gegen die Wurzel.

„Eure Fehde hat die Welt ein weiteres Mal in arges Ungleichgewicht gebracht. Ein Ungleichgewicht das so fatal ist, dass ich kaum weiß, wie meine Schwester und ich, den Planeten noch einmal zum Erblühen bringen sollen. Auch unsere Kraft ist irgendwann am Ende. Auch wir sterben wenn die Zeit gekommen ist… Sieh dir nur einmal den Nachthimmel an. All die funkelnden Sterne dort draußen, sind manches Mal schon erloschen, noch bevor ihr Licht die Entfernung zu uns überwunden hat. Jeder kahle Planet dort draußen, ist doch nur ein weiteres Mahnmal dafür, was auch unseren beiden Welten einmal bevorsteht. Es sind Leichname die in der Finsternis treiben. Dort draußen schwebt der Tod durch den Raum. Doch das schien all die Jahre in ferner Zukunft für uns zu sein – bis jetzt.“

Dragoon keuchte. Er wusste das das Ableben seiner Kameraden nicht ohne Folgen bleiben konnte, doch das sie tatsächlich so rapide waren, war ihm nicht klar gewesen. Es hatte aber auch noch nie einen solchen Ernstfall wie heute gegeben. Beim Kampf um die Krone über die Bit Beats, war immerhin keiner der Uralten zu Tode gekommen. Lediglich die echsenartigen Wesen, die Dragoon so ähnlich geschaut hatten. Sein Verstand begann auf Hochtouren zu arbeiten. Wenn es der Wahrheit entsprach, was der Totenbaum erzählte und alles Leben absichtlich eine begrenzte Spanne besaß – selbst die Weltenbaumzwillinge – dann musste ihre Fehde dazu geführt haben, dass Yggdrasil nun kränkelte. Er war wie ein menschlicher Körper, der mit seiner gesamten Kraft, gegen einen Virus ankämpfte. Das mochte einmal gut ausgegangen sein, doch offenbar wusste der Totenbaum nicht, ob er und seine Schwester, genügend Energiereserven besaßen, um auch diesen Angriff noch einmal auszukurieren. Dragoon schloss gequält die Augen, als ihm klar wurde, wer diesen Virus heraufbeschworen hatte. Seine Taten schwächten Yggdrasils Immunsystem. Er selbst war die schleichende Krankheit, die an den Kräften der Weltenbaumzwillinge nagte.

„Was muss ich tun?“, kam die Frage aus seinem Mund. Und es war ernst gemeint…

Der Drache begriff, dass er für sein Handeln gerade stehen musste. Nun hieß es Schadensbegrenzung zu betreiben, koste es was es wolle. Es wäre auch sein Ende, wenn dieser Planet nicht mehr existierte.

„Hast du die Krankheiten der Menschen studiert?“

„Nur bedingt.“

„Kennst du den Blutkrebs?“

„Ich habe davon gehört… Doch alles weiß ich nicht darüber.“

„Aber ich!“, antwortete die Strommaus erpicht. Dragoon verzog genervt das Gesicht und verdrehte die Augen. Dieser kleine Wichtigtuer war ein schrecklicher Streber. „Ich war einmal in der Datenbank eines Arztes. Das ist eine Krankheit, in welcher sich die weißen Blutkörperchen, im Leib eines Menschen, gegen ihn selbst stellen, obwohl sie für gewöhnlich zu seinem Schutz da sind.“

„Wie wäre es wenn du kleiner Klugscheißer den Baum sprechen lässt?“

„Du Schurke hast mir gar nichts zu sagen! Von dir lasse ich mir den Mund nicht verbieten!“

„Pass auf das ich dich nicht fresse!“

„Schweigt!“, der Totenbaum ließ sein Geäst beben. Sofort verstummten die Streitenden. Es brauchte eine Weile bis er sich wieder zu Wort meldete, während die lockere Erdschicht über ihnen, an vereinzelten Stellen in feinen Rinnsalen abfiel. Dragoon hörte das Röcheln dicht an seinem Ohr.

„Zwar mag er klein von der Statur her sein, doch Recht hat der Mäuserich. Du hättest manches Mal gut daran getan, auch den kleineren Wesen mehr Geltung zu schenken.“

Dragoon verzog verstimmt den Mund, während die Strommaus ihm höhnisch die Zunge herausstreckte. Frechheit…

„Was sich in der Menschenwelt abspielt, könnte man mit diesem Krankheitsverlauf vergleichen. Nur ist der Virus der sich gegen uns schlägt, ausgerechnet deine Gefährtin.“

Sofort vergaß der Drache seinen Groll. Seine Augen weiteten sich…

Sein liebes Küken, seine wunderhübsche Phönixdame, sollte ein ekelhafter Virus sein?

„Nein! Das kann nicht sein!“, rief Dragoon fassungslos aus. „Nicht Dranzer! Als sie jünger war, da war sie so liebreizend! Sie ist keine abscheuliche Krankheit…“

„Was einmal war spielt jetzt keine Rolle mehr. Denn dein Phönix hat all die Jahre, genau wie du, wider ihrer Natur gehandelt. Nur macht sich dies bei euch beiden unterschiedlich bemerkbar. Wenn du deine Stürme nicht auslebst, bauscht du die Winde in deinem Inneren auf, bis sie umso verheerender herausbrechen und alles um sich herum zerstören. Dranzer jedoch verkümmert innerlich, wie die Flamme einer Kerze die herunterbrennt. Denn sie ist das einzige Wesen, was einen gesunden Nährboden braucht, um Liebe zurückzugeben. Feuer braucht immer eine Grundlage auf dem es gedeihen kann.“

Nun war Dragoon komplett verwirrt. Er blinzelte verdutzt und auch dem Mäuserich klappten für einen Moment die Ohren steil herab. Offenbar stand er mit seiner Verwunderung nicht alleine da. Dragoon verstand nicht, weshalb Dranzer etwas mit Liebe zu tun haben sollte. Ein leises Seufzen war zu vernehmen, wie von einem Lehrer, der mit seinem Latein am Ende war, weil sein Schüler das Offensichtliche nicht erkannte.

„Ihr Uralten… Ihr seid zu jung im Geiste. Meine Schwester hätte Dranzer zuerst erschaffen sollen. Doch da sie unschlüssig war und sich erst im Nachhinein dazu hinreißen ließ, ward ihr nicht in der Lage, mit euren Empfindungen, von Anfang an aufzuwachsen. Ihr habt nie begriffen was Dranzer wirklich darstellt.“

„Was soll dieser Vorwurf? Ich bin es nicht gewesen, der sie erschaffen hat!“, wehrte sich Dragoon. „Woher sollten wir also wissen, weshalb es ein zweites Feuer Bit Beast geben musste? Ich wusste bis jetzt noch nicht einmal, dass wir mit euch reden können, warum hätten wir eure Pläne also hinterfragen sollen? Mir war Dranzers Geburt ohnehin schleierhaft. Hättet ihr nicht wenigstes auf Wolborg verzichten können? Das hätte uns einiges an Ärger erspart!“

„Dummer Narr. Dranzer - ist mehr als Feuer! Sie ist die Energie in den Körpern. Sie ist das Feuer in den Herzen. Sie ist das Verlangen nach einem anderen Wesen.“

Ein Aufatmen kam vom Mäuserich.

„Mon dieu! Sie verkörpert auch die Liebe in Person!“

„So ist es. Die Liebe… Eines der wichtigsten Empfindungen! Man verspürt sie zu seinen Eltern, man verspürt sie zu seinen Kindern, man verspürt sie gar zu Geschwistern und manches Mal, können Lebewesen sogar ihr Herz, für einen zuvor Fremden öffnen. War es denn nicht auch so bei dir – als du Dranzer zum ersten Mal begegnet bist?“

Dragoon dachte nach. Sehr lange nach…

Desto tiefer er diese Aussage überdachte, desto weiter wurden seine Augen, als ihn nach und nach die Erkenntnis befiel. Es war auf einmal so offensichtlich. Gleich nachdem sein süßes Küken auf die Welt kam, hatte die Zuneigung sein Herz erfüllt. Dabei kannte er Dranzer noch kaum. Es war einfach so über ihn gekommen. Sofort nach ihrer Geburt…

„Doch durch eure erste Fehde, hast du deiner Gefährtin ihrer Basis beraubt, aus der sie ihre Liebe geschöpft hat. Wolborg war ihre Familie. Der erste Grundstein um Liebe in einer gewohnten Umgebung zu erlernen. Da war es kaum verwunderlich, dass ihre Zuneigung zu dir auch absterben musste. Der einzige Nährboden, der daraufhin noch für sie da war, war ihr unsagbarer Hass gegen dich.“

Der Satz bohrte sich in sein Herz. Schnürte ihm die Luft ab.

Es erinnerte ihn schmerzlich daran, was er verloren hatte.

„All die Jahre ohne ihre Quelle, haben Dranzer Fähigkeiten eingehen lassen. Denn auch zu dir konnte sie keine Liebe mehr empfinden. Das setzt Vertrauen voraus. Doch du hast durch dein Handeln dieses Vertrauen in Keim erstickt. Ihre Seele welkte vor sich hin wie eine Blume ohne Sonnenschein, zehrte nur noch von ihrem Hass. Sie drohte von einer Blume, zu Unkraut heranzureifen. Bis sie ihr Menschenkind traf…“

Daher also ihre ungesunde Fixierung auf Takaos Freund. Dragoon schloss die Lider. Endlich verstand er, was seine Gefährtin in den Wahnsinn trieb. Sie war ausgedörrt. Suchte krampfhaft nach einem Ersatz für ihre versiegte Energiequelle. Womöglich war Dranzer genauso wenig in der Lage, klar zu denken, wie Dragoon vor kurzem. Durch die Teilnahme an den Turnieren, war sie ihrem Menschenkind nahe gewesen. Diesem Objekt dem sie sich so verbunden fühlte. Zu welchem sie einen Hauch von Zuneigung empfinden konnte und vielleicht sogar zurückbekam. Doch auch diese Quelle blieb ihr irgendwann verwehrt, als der Junge zu einem Mann heranwuchs.

Daher also der Zorn.

Daher die kranke Eifersucht auf das kleine Menschenmädchen…

Zu seinem Schrecken musste er gestehen, dass er Dranzers Gefühle sogar nachempfinden konnte. Er selbst hatte ebenfalls so gefühlt, als Wolborg noch den Uralten angehörte. Es hatte ihn unsagbar gekränkt, wenn Dranzer ihre Schwester ihm vorzog.

„Du musst sie aufhalten…“

Die Aufforderung klang gebieterisch in seinem Ohr. Die Wurzel übte mehr Druck aus, wie ein drängender Griff.

„Deine Gefährtin schaufelt sich ihr eigenes Grab. Desto mehr Menschen sie tötet, desto mehr ihrer eigentlichen Energiequellen zerstört sie. Die lieblosen Hüllen die übrig bleiben, werden jagt auf die Lebenskraft der übrigen Lebenden machen. Es wird sich ausbreiten wie eine Seuche. Bis die Herzen sämtlicher Menschen erloschen sind! Wenn dann noch die Tierwelt ihnen zum Opfer fällt, ist alles aus! Dann wird Dranzer keine Energie mehr vorfinden – keine Wesen die noch fühlen können. Die Erde wird abgenagt sein.“

„Was wird dann aus uns?“, wollte Dragoon wissen.

„Zwei Uralten sind tot. Jene Bit Beats, die ihre Kraft von ihnen bezogen haben, brauchen ihre Menschen nur mehr denn je. Sie können Ihnen als Energiequelle dienen, bis die neuen Uralten auf die Welt kommen. Doch sollten diese Menschenkinder zuvor Dranzer zum Opfer fallen – wie sollen diese Bit Beasts dann überleben?“

Auf einmal kamen Dragoon die Menschen doch nicht so wertlos vor, wie noch vor einigen Stunden. Sie könnten eine große Stütze sein, zumal sie so Vielzählig waren. Da fuhr der Totenbaum unheilvoll fort: „Deine Gefährtin ist das fehlgeleitete weiße Blutkörperchen, das sich gegen den eigenen Wirt schlägt – bis dieser an der Krankheit zu Grunde geht. Und das wird auch ihr Untergang sein! Ein Krebsgeschwür wütet nur so lange, bis es seinen Körper getötet hat. Dann geht auch er zu Grunde…“

Der Drache schluckte hart.

Die Welt konnte sich keinesfalls die Abwesenheit eines weiteren Uralten erlauben. Wahrscheinlich liefen die ersten Bit Beasts bereits auf Sparflamme, weil sie keine Energie mehr von ihren Schutzpatronen erhielten… und Yggdrasil war geschwächt. Die beiden Zwillingsbäume könnten niemals die Kraft aufbringen, den Planeten noch einmal aufzuforsten. Nicht ohne die Uralten. Die Erde würde ein ebenso kahler Fleck werden, wie all die zahllosen Gestirne am Firmament.

„Ich bin erschöpft… So erschöpft. Lass mich ruhen.“

Der Totenbaum zog die pechschwarzen Wurzeln knisternd von Dragoons Schädel fort. Sie zogen sich langsam in den Untergrund zurück…

Aber einige starben auch einfach so ab. Sie wurden zu trockenen, mürben Zweigen, als wäre mit ihrem Kraftakt, sämtliche Energie aus ihnen entwichen. Der Baum war am Ende und wusste sich nicht anders zu helfen, als jene Triebe abzuwerfen, die er entbehren konnte. Wie ein Mensch, dem nach und nach die Zehen schwarz gefroren, damit der Körper jene Organe weiter mit Blut versorgte, die sein Überleben sicherten.

„Beeil dich Neffe…“

Es war das letzte was Dragoon vernahm. Er hätte noch so viele Fragen gehabt, denn der Totenbaum schien so voller Weisheit zu sein. Doch er musste ihm nun seine Ruhe gönnen, denn seine Macht wurde für anderes benötigt. Mit der letzten Wurzel, die vor seinen Augen verdorrte, wurde es auf einmal still in der Höhle. Kein Wort war mehr zu hören.

Dragoon erhob sich schwerfällig auf die Beine - zumindest jene die ihm geblieben waren. Er fragte sich, wie er Dranzer in die Schranken weisen sollte. Wenn er gegen sie kämpfte, könnte er sie töten – oder sie ihn. Keiner wusste was ihre Durststrecke aus ihr gemacht hatte. Nachdenklich sah Dragoon auf den felsigen Untergrund zu seinen Füßen. Da erhaschte er voller Wehmut einen Blick auf Drigers Reißzahn, der in der Finsternis leise vor sich hin leuchtete. Selbst die Explosion der Schildkröte hatte ihm nichts anhaben können. Langsam stakte der Drache durch die Trümmer um ihn herum. Die Höhle war stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Wie viele Jahrtausende mochte sie unversehrt geblieben sein, bis er auf die Idee kam, mit Draciel hier drinnen zu kämpfen?

Wäre er doch bloß eher zur Einsicht gekommen…

Dabei war er bereit gewesen, den Kampf aufzugeben und mit seinem verbliebenen Kameraden die Heimreise anzutreten. Auf einmal ging ein Aufatmen durch Dragoon. Als er Draciel sein Friedensangebot überreichte, hatte die Schildkröte eingewilligt. Womöglich war die beste Methode, gegen Dranzer zu kämpfen, indem er nicht gegen sie kämpfte. Er musste versuchen ihr ebenso ins Gewissen zu reden, wie er es bei Draciel geschafft hatte. Etwas verstimmt dachte er daran, dass das auch bedeuten könnte, seine Fehler ihr gegenüber einzuräumen – doch der Gedanke sie ebenfalls zu verlieren, war weitaus erschreckender, als über seinen Schatten zu springen. Es ließ sich schlecht leugnen. Nach all den Jahrhunderten, war er noch immer ein kleinwenig vernarrt in sie.

Ein Funken Zuneigung war geblieben.

Dragoon schloss die Augen. Er rief im Geiste nach seinem Menschenkörper. Bald vernahm er leise klirrende Laute, wie kleine Kieselsteine, die über das Eis rollten. Die Splitter seines Körpers stoben um ihn herum, wie winzige Luftpartikel, fügten sich zu einem großen Ganzen zusammen. Sein Drachenlaib zwängte sich in die schmale Hülle. Es gehörte starke Magie dazu, um sich in ein solches Gefäß hineinzudrängen. Besonders ungewohnt war es für ihn, auf zwei Beinen zu schreiten. Als er das erste Mal diesen Körper in Besitz nahm, war er aus Macht der Gewohnheit, auf allen Vieren vorangeschritten. Die ersten Menschen denen er begegnete, hatten ihm perplex nachgestarrt. Nun würden sie wahrscheinlich komisch schauen, wegen dem unschönen Stummel, an dem früher sein Arm befestigt war.

Dragoon beugte sich zu Drigers Reißzahn herab und steckte ihn ein.

Danach suchte er in den Trümmern der Höhle, nach einem Überbleibsel der Schildkröte. Wenn er tatsächlich zu Dranzer durchdringen sollte, mussten sie auf der Stelle klären, wer von ihnen, welches Element übernahm. Das empfand er doch als Herausforderung.

Sowohl mit Wasser, als auch Erde, hatte er nichts am Hut. Er müsste sich alles selbst beibringen.

„Was wirst du jetzt tun?“

Als er sich zur Strommaus umwandte, stand die leuchtende Gestalt auf einem Felsen und hielt die Ärmchen verschränkt. Geradezu argwöhnisch wurde Dragoon taxiert, dabei tippte der Mäuserich mit dem rechten Fuß, einen ungeduldigen Rhythmus auf dem Boden.

„Ich hoffe doch, du bist endlich zur Besinnung gekommen, Halunke!“

„Ach, halt die Klappe.“, spie er beleidigt aus.

„Hättest du wohl gerne… aber mich bekommst du nicht mundtot! Du siehst doch hoffentlich, was du angerichtet hast?“

Dragoon schnalzte genervt mit der Zunge, beließ es jedoch dabei.

„Ich werde das wieder gerade biegen.“, versicherte er. „Doch du kannst dich ausnahmsweise auch mal nützlich machen.“

„Das will ich mal überhört haben!“

„Wonach immer dir der Sinn steht.“, zuckte Dragoon mit den Schultern. „Ich habe jedenfalls ein Anliegen an dich.“

„Pardon, ich glaube ich habe Dreck in meinen Lauschern! Bittet der große Drache tatsächlich eine kleine Strommaus um Hilfe?“

Der Drache brummte angesäuert.

„Was immer du willst - ich höre es mir an. Ob ich dir allerdings wirklich helfen möchte, nach allem, was du meinen lieben Freunden angetan hast, werde ich mir schwer überlegen!“

Der Mäuserich deutete unerschrocken mit erhobenem Zeigefinger auf ihn.

„Ich bin mir durchaus dem Ernst der Lage bewusst. Aber verzeihen werde ich dir ganz gewiss nicht!“

„Darüber können wir später streiten.“, sprach Dragoon und trat näher heran. „Ihr Strommäuse seid doch zahlenmäßig sehr weit verbreitet. Ich will, dass du mithilfe deiner Sippe, folgende Botschaft in jede Ecke der Irrlichterwelt trägst. Berichte den Bit Beasts, die zur Elite gehören, dass sie unbedingt sparsam mit ihrer verbliebenen Energie umgehen müssen. Jene die ein Menschenkind besitzen, sollen es aufsuchen, falls sie drohen, zu verdursten. Doch sie sollen umsichtig bleiben. Kein weiterer Mensch darf grundlos sterben!“

„Hoho… Wie edelmütig.“

Dragoon ignorierte den Hohn.

Das hatte er wohl verdient.

„Jeder aus der Elite soll versuchen, seinen Aufgaben nachzugehen, allerdings mit dem geringsten Maß an Energie. Außerdem sollen sie Prioritäten setzen. Es mag sein, dass manche Bit Beasts nur für eine bestimmte Aufgabe geboren sind, doch jetzt gilt es, über den Tellerrand hinaus zu schauen! Es ist nicht notwendig, dass jede Rose auf der Welt, wunderhübsch blüht, wenn eine Region weiter, ganze Landstriche wegen einem Erdbeben einbrechen. Alle Bit Beast, die ihre Kraft vom Wasser beziehen, sollen zusammen arbeiten und gemeinsam an die wichtigsten Aufgaben herangehen. Alle Bit Beast, die ihre Kraft von der Erde beziehen, ebenfalls. Alles was der Natur nur zur Zierde dient, muss warten!“

Die Strommaus kratzte sich am Kinn, unterließ aber ein weiteres Kommentar und nickte.

Dragoon fuhr fort.

„Wir müssen die Zeit überbrücken, die es braucht, bis die neuen Uralten geboren werden. Zumindest so lange, bis Dranzer und ich uns einig über unsere Arbeitsverteilung sind. Bleibt also sparsam! Wir müssen das gesamte System, so lange am Laufen halten, bis die Geburt der neuen Uralten bereit ist. Es gilt Yggdrasil zu entlasten. Wenn die Weltenbäume zusammenbrechen, werden wir es auch!“

„Das hört sich überraschend vernünftig an.“

„Na dann… Nimm die Beine in die Hand! Hoffentlich bist du so schnell wie dein Mundwerk!“

„Ich habe noch kein Bitte heraus gehört.“

Die Strommaus schaute ihn mit verschränkten Ärmchen an. Dieses gerissene Biest wusste ganz genau, dass Dragoon beim besten Willen keine Zeit mehr hatte, um sich einen neuen Boten zu suchen. Er würde jetzt ohnehin recht lange damit beschäftigt sein, sich ein offenes Schlupfloch in die Menschenwelt zu wittern, da das Portal hier verschlossen war. Verstimmt knirschte er mit den Zähnen.

„Bitte…“

„Heureka!“, der Mäuserich klatschte in die Hände. „Der Esel macht große Fortschritte. Wenn ich das Mal so gemein sagen darf…“

„Bei allen Gestirnen am Himmel, mach dich endlich auf den Weg, du gehässiges Nagetier!“, herrschte Dragoon ihn wütend an. Da salutierte das kleine Männchen und hopste über den Felsen davon. Der Drache sah seiner funkelnden Gestalt nach, bis das Leuchten von der Finsternis verschluckt wurde. Als er sich umwandte, streifte er mit den Schuhspitzen etwas, was nicht aus Fels bestand. Ein abgebrochenes Stück aus Draciels Knochenpanzerung.
 


 

*
 

„Ich würde gerne ins Hotel zurück.“

Tyson nickte nachdenklich, denn er verstand Maxs Anliegen. Natürlich wollte der sobald es sich einrichten ließ, den nächsten Flieger in die USA nehmen.

„So lange die Straßen zugestopft sind, wird das schwierig.“, gab er zu bedenken.

„Ich weiß… Versuchen muss ich es aber. Zumindest muss ich Dad endlich anrufen. Ich will ihm sagen, dass ich auf dem Weg zu ihm bin.“

Tyson kramte in seiner Jackentasche, verzog dann aber das Gesicht. Er hatte überhaupt kein Bargeld dabei, damit Max wenigstens von einer Telefonzelle aus anrufen konnte. Wo seine Geldbörse war, fiel ihm zu allem Übel auch nicht mehr ein, genau wie sein Handy. Er meinte sie das letzte Mal gesehen zu haben, als sie im Krankenhaus waren.

„Da hilft wohl das hier…“, Hiros Verlobte hielt Max ihr Smartphone hin.

„Das wird ein Auslandsgespräch. Könnte teuer werden…“

„Schon in Ordnung. Nimm es.“

Nach anfänglichem Zögern, griff Max dankbar zu und versicherte ihr, dass er sich kurz fassen würde. Er trat einige Schritte von ihnen weg und begann die Nummer einzutippen. Sobald er ihnen den Rücken zuwandte, ließ Tyson seinen Blick über das Gelände schweifen. Die Gruppe war noch nicht dazu gekommen sich gegenseitig auszutauschen, doch Tyson stellte schnell fest, dass die anderen dank Mariah, schon sehr gut im Bilde waren. Ray und sie hatten sich ein wenig abgesetzt. Das Paar unterhielt sich schon sehr lange miteinander und da Tyson ahnte, dass es um ihre Ehe ging, wollte er sich nicht einmischen. Sie brauchten nun Zeit für sich. Auf Maos Schoß lag ihr Bit Beast, das sich liebevoll gegen ihr Menschenkind schmiegte.

Kurz bevor sie hier eintrafen, hatte Galux aufgehört zu sprechen. Sie war nicht mehr wachzubekommen gewesen, als wäre sie in ein Koma gefallen. Die Gruppe rannte daraufhin die letzten Meter und glücklicherweise hatte Ray prompt die Gegend wiedererkannt, weil er noch wusste, wo er Mariah hingebracht hatte, nachdem sie ihre letzte Unterhaltung geführt hatten. Sobald Galux in die Arme ihres Menschen gelegt wurde, war sie langsam erwacht. Auch hörte sie auf zu schrumpfen, bis sie sich stillschweigend auf Mariahs Schoß zusammenrollte. Diese war aus den dankbaren Beteuerungen gar nicht mehr herausgekommen und man konnte förmlich sehen, wie stolz Galux war, ihrem Menschenkind eine Freude gemacht zu haben. Offenbar schien ihr Mariahs Glück das höchste Gut zu sein.

Wie die drei nun dort zusammen saßen, Mann, Frau und Bit Beast…

Es wirkte wie eine kleine Familie.

Trotzdem konnte Tyson nicht aufhören an Dragoon zu denken, wie er Mariah so innig mit ihrem Bit Beast umgehen sah. Sie kraulte Galux hinter den Ohren, sprach davon, was für eine wundervolle Freundin sie doch war und dass sie sich keinen besseren Schutzgeist vorstellen könnte. Früher hatte Tyson ähnlich gedacht…

Für ihn war Dragoon das beste Bit Beast auf der Welt gewesen.

Er konnte sich noch an den Stolz erinnern, der seinen Körper durchflutete, sobald er nach einem gewonnenen Match Autogramme verteilte und gerade seine jüngeren Fans ihn dafür beneideten, das er einen so starken Partner an seiner Seite hatte.

„Das stärkste Bit Beast für den Weltmeister!“, hatte Tyson dann übermütig getönt.

Einmal fragte ihn ein Junge, ob es sehr schwer sei, Dragoon zu kontrollieren. Er hatte ihm kackfrech ins Gesicht gelacht und geprahlt, dass das selbstverständlich nicht jeder könne, immerhin müsse man bei einem starken Bit Beast, genauso viel auf dem Kasten haben, wie sein Partner. Er hatte sich aufgespielt, als habe er die komplizierte Psyche Dragoons begriffen. Dabei wusste er damals nicht das Geringste…

Tyson biss sich auf die Lippe und schaute noch einmal zu Ray. Offenbar gab es für ihn ein Happy End in dieser Geschichte, auch wenn er ebenfalls sein Bit Beast verloren hatte. Jana wollte inzwischen ihrem großen Bruder den lustigen „Opi“ zeigen, den sie kennengelernt hatte und zerrte an Kais Hand, um ihn zu seinem Großvater zu führen.

„Schau! Opa hat Rock an…“, erklärte sie und zerrte an Mr. Kinomiyas Jacke, damit ihr Bruder auch einen besseren Blick, auf die Kleidung darunter bekam. Sein Großvater schlang den Stoff panisch um seinen Leib und rief empört: „Das ist kein Rock sondern ein Patientenkittel, du Frechdachs!“

Tyson sah wie Kai inzwischen Mr. Kinomiya lange beobachtete. Seine Augen hefteten sich nachdenklich auf das altersgezeichnete Gesicht vor ihm. Womöglich begann er sich auch an ihn zu erinnern. Tysons Blick huschte weiter, zu der Frau an seiner Seite.

Er war aus allen Wolken gefallen, als er Hana ebenfalls hier sah. Fast wäre ihm recht pampig über die Lippen gerutscht, was sie hier zu suchen hatte, doch da erklärte ihm Kenny rechtzeitig, dass ausgerechnet sie ihn dabei unterstützt hatte, seinen Großvater und Jana zu finden. Als er vor der versammelten Gruppe irritiert fragte, wo Hiro war und ob er wisse, dass seine Verlobte hier sei, tauschten Kenny und sie einen komischen Blick aus.

Tyson schlussfolgerte daraus, dass sein Bruder es nicht wusste…

Es revidierte seine anfänglich schlechte Meinung über Hana, verstärkte aber seinen Groll gegen Hitoshi. Es wäre seine Aufgabe gewesen, sich um ihren Großvater in seiner Abwesenheit zu kümmern, stattdessen schickte er seine Verlobte vor. Dabei war Tyson sicher gewesen, in der Irrlichterwelt gesehen zu haben, wie sein Bruder mit Kenny durch die Straßen irrte um ihn zu suchen, kurz nachdem Kai das Phönixei im Fluss ausgespuckt hatte. Womöglich war es aber auch nur ein Trugbild gewesen. Was in der Irrlichterwelt real war, konnte man doch ohnehin nie so richtig sagen…

Der Gedanke an das Ei ließ ihn plötzlich stutzen. Das hätte er beinahe vergessen. Vielleicht konnte Kenny, mithilfe seiner schlauen Dizzy orten, wo sich Dranzer befand. Doch sobald die Überlegung ihm durch den Sinn schoss, wurde Tyson aschfahl.

Dizzy…

Er schloss gequält die Augen und fuhr sich nervös über den Mund. Irgendjemand musste Kenny erklären, dass sie tot war. Sein Blick huschte durch die Gruppe. Ob Kai wusste, was mit Dizzy passiert war bezweifelte er, immerhin war er zu jenem Zeitpunkt unter Dranzers Fluch gestanden. Wahrscheinlich konnte er sich momentan noch nicht einmal an sie erinnern. Überhaupt wollte Tyson ihn nicht als Sturmkrähe vorschicken. Genauso wenig wie einen der anderen…

Er schaute zu Max, der mit toternster Miene telefonierte. Seine Unterhaltung fand mittlerweile auf Englisch statt. Alles was Tyson aufschnappte drehte sich um Judy und den schnellsten Flug in die USA.

Er blickte zu Ray der mit seiner Frau ebenfalls so vieles zu bereden hatte. Wahrscheinlich waren alle noch so aufgewühlt von ihren Erlebnissen, dass sie komplett vergaßen, dass auch Kenny einen Verlust zu beklagen hatte. Selbst Tyson war das entfallen. Die letzten Tage waren aber auch so nervenaufreibend gewesen, dass sie alle nur damit beschäftigt waren, um ihr eigenes Leben zu bangen, und keinen Gedanken daran verschwendet hatten, wie sie ihrem Freund diese schlimme Botschaft überbringen sollten. Bis vor wenigen Stunden wussten sie auch gar nicht, ob sie es überhaupt noch aus der Irrlichterwelt schaffen würden. Weshalb hätten sie also das Thema aufgreifen sollen?

„Takao, ich muss mit dir dringend ein paar Worte wechseln…“, begann Hana inzwischen.

Ihm war schon länger aufgefallen, dass sie seine Nähe suchte. Sicherlich wollte sie sich für Hitoshis Abwesenheit entschuldigen. Beinahe hätte er verächtlich geschnaubt. Sein Bruder war so ein Weichei – schickte seine Verlobte vor, um die Drecksarbeit zu machen. Aus der Straße von der sie gekommen waren, sah er einen Schneepflug kommen. Augenblicklich schoss ihm eine Idee durch den Kopf.

„Kann das noch einen Moment warten? Ich muss meinen Wagen holen, bevor er dem Winterdienst den Weg versperrt. Danach können wir weiterreden.“

„Es ist aber wirklich dringend. Und wir sollten das besprechen, so lange dein Großvater-...“

„Ich komme ja auch gleich wieder.“, versicherte er ihr mit einem aufgesetzten Lächeln. „Da gibt es etwas, was ich noch vorher dringend erledigen muss. Pass du bitte so lange auf die anderen auf? Vor allem auf Kai…“

„Warum? Was ist mit ihm?“

„Er steht ziemlich neben sich.“, er drehte besagter Person den Rücken zu und verfiel in ein Flüstern. „Auf dich könnte er etwas… verwirrt herüberkommen. Das legt sich aber bald wieder. Wenn wir bei uns zuhause sind, erkläre ich dir die Einzelheiten näher. Allerdings müssten wir so lange aufpassen, dass niemand ihn erkennt.“

Er sah Hanas Braue argwöhnisch nach oben schießen, dann huschten ihre Augen zu Kai, doch letztendlich nickte sie.

„Danke. Du hast echt etwas gut bei mir.“, sprach Tyson. Er wandte sich dem Chef zu. „Kenny, kannst du mich begleiten?“

Der sah ihn verdutzt an, dann erhellte sich sein Gesicht, als ihm der Einfall durch den Kopf schoss.

„Ja klar! Ich muss sowieso noch Dizzy aus deinem Kofferraum holen!“

Einen Moment blickte Tyson seinen Freund starr an, fühlte wie ihm die Farbe aus den Wangen wich. Er wusste was für eine treue Gefährtin ihm sein Bit Beast gewesen war. Für Kenny würde es ein furchtbarer Schock werden. Er schluckte hart, nickte aber dann.

„Ja. Deshalb solltest du mitkommen…“

Als er sich umwandte, feilte Tyson bereits fieberhaft im Geiste an der richtigen Wortwahl, um die schlimme Botschaft zu überbringen, ohne zu bemerken, dass Hana seinem Freund mit einem Nicken zu verstehen gab, das auch er etwas Wichtiges zu berichten hatte.
 

Etwas später stakten beide zu seinem Wagen. Der Schneepflug hatte die weißen Massen zur Seite gedrängt. Nun war die Straße frei, aber der Gehweg blockiert. Einige Anwohner, die mit dem Kehren beschäftigt gewesen waren, begannen ihre Arbeit nun fluchend wieder von neuem vor ihrer Haustür. Doch die ersten Autos schlichen immerhin wieder im Schneckentempo voran. Tyson hatte den Wagen nur soweit es ging zur Seite gefahren, dass wenigstens eine Rettungsgasse möglich war. Er fragte sich, ob sein Hintermann mit der schnellen Hupe es vollbracht hatte, weiterzukommen. Falls nicht war dem Typen sicherlich die hochrote Birne vor Wut weggeflogen. Früher hätte er sich aufgeregt, aber jetzt war ihm das überraschend gleichgültig. Tyson kam es vor, als wäre er mit anderen Prioritäten, aus der Irrlichterwelt zurückgekommen. Er konnte sich nicht vorstellen, dass der Alltag so schnell wieder bei ihm Einzug halten würde. Kenny war recht ruhig an seiner Seite. Irgendwann tauchte am Ende der Straße sein Wagen auf. Sie waren nicht lange weg, dennoch hatte sich wieder eine zarte Schneeschicht auf der Windschutzscheibe gebildet. Während sie sich dem Ziel näherten, dachte Tyson mehrmals über den richtigen Ansatz nach. Irgendwann blieb sein Begleiter aber plötzlich stehen und schnaufte, sodass er sich verwundert zu Kenny umdrehte.

„Was ist?“

„Oh man, ich weiß echt nicht wie ich dir das erklären soll…“

Tyson bemerkte wie unruhig er wurde. Bei Kenny war das schon immer ziemlich offensichtlich gewesen. Der Chef besaß kein Pokerface. Er trug seine Gefühle nah an der Oberfläche. Dann huschten seine Augen immer wie wild umher, im verzweifelten Versuch, seinem Gegenüber nicht direkt ins Gesicht zu schauen.

„Was meinst du?“

„Naja…“, er fuhr sich nervös über den Nacken. „Seit wir losgelaufen sind, versuche ich die richtigen Worte zu finden, um dir etwas mitzuteilen.“

Tysons Braue schnellte überrascht hoch.

„Ich ehrlich gesagt auch.“, gestand er Kenny mit ernster Meine ein.

„Ja, aber meine Sache ist wichtig.“

„Meine auch. Sehr sogar...“

„Bitte, lass mir zuerst den Vortritt! Ich bin nicht gut in so etwas und muss das endlich loswerden! Du hast gar keine Vorstellung, wie schwer das auf mir lastet.“

Es kam so unglücklich von ihm, dass Tyson einen Moment irritiert blinzelte. Er schaute Kenny argwöhnisch an. „Okay, jetzt bin ich neugierig. Um was geht es?“

„Um deinen Bruder.“

Sofort kam ein verächtliches Schnalzen von ihm.

„Hör mal Chef, ich habe genug andere Probleme, als mir jetzt Gedanken zu machen, weshalb Hiro seine Verlobte vorschickt, um Opa zu suchen.“

„Du musst mir bis zum Ende zuhören. Dein Bruder steckt in ernsten Schwierigkeiten!“

„Was denn für Schwierigkeiten?“

„Er ist festgenommen worden!“, es brach förmlich aus ihm heraus.

Einen Moment wurde es totenstill. Tyson blinzelte seinen Gegenüber nur stumm an. Die Sekunden verstrichen und dennoch wollte ihm nicht in den Kopf gehen, was er soeben vernommen hatte.

„Was redest du da?“

„Hiro und ich sind bei euch zuhause auf Ming-Ming gestoßen. Sie wollte herumschnüffeln, wegen dem Brand im Hiwatari Anwesen. Und auch wegen den ganzen anderen Vorwürfen gegen euch!“

Tysons Brauen schossen nun total perplex hoch. Er öffnete den Mund zu einer Gegenfrage. Doch er kam gar nicht soweit…

„Die beiden haben sich angefangen zu streiten, weil sie eine tolle Story gewittert hat und das Ganze öffentlich machen wollte. Sie hat eine regelrechte Hexenjagd gegen euch gestartet! Hiro wollte sie fortschicken. Dann hat sich die Sache aber total hochgeschaukelt! Sie war so furchtbar hartnäckig!“, die Sätze sprudelten nun ohne Punkt und Komma aus Kenny heraus. Tysons Gedanken begannen sich dagegen chaotisch zu überschlagen. Dutzende Fragen blühten in seinem Kopf auf. Irritiert dachte er an Ming-Mings Geist zurück, dem sie auf dem Wurzelpfad begegnet waren. Ihn beschlich die böse Vorahnung, dass er gleich den Grund für ihr vorzeitiges Ableben erfahren würde. Dann fragte er sich, von was für anderen Vorwürfen Kenny sprach. Noch bevor er etwas entgegnen konnte, schlugen die nächsten Sätze wie eine Bombe ein.

„Es war nur ein Versehen! Ich war dabei! Es ging wirklich unglaublich schnell! Sie ist auf Hiro losgegangen und er hat ihr einen Schubs verpasst, dabei ist sie in einer Einfahrt gelandet und plötzlich kam von dort ein Wagen rückwärts heraus und der Fahrer hat sie nicht gesehen…“

„Moment mal, halt!“, sprach Tyson nun ein Machtwort. Sein Gegenüber verstummte, während er sich über die Schläfen rieb. Es bedurfte einige tiefe Atemzüge, um wieder den Faden zu finden. „Kenny, ich komme überhaupt nicht mit… Versuchst du mir gerade ernsthaft weiß zu machen, das mein Bruder, für Ming-Mings Tod verantwortlich ist?“

„Ja! Abes es war wirklich ein Unfall!“

„Ist deshalb Hana hier und nicht er?!“

Der Chef nickte wie wild mit dem Kopf.

„Hiro wollte das sie dich und auch euren Großvater weitersucht - weil er es doch nicht mehr konnte! Die Polizei hat ihn gleich mitgenommen. Ich weiß nicht ob sie ihn so schnell laufen lassen. Es gab dutzende Zeugen die gesehen haben, dass er mit ihr zuvor gestritten hat!“

Tyson Herz rutschte aus der gewohnten Halterung. Das wollte ihm Hana also erzählen…

Und er hatte sie kaltschnäuzig abgewimmelt, weil er nur das Schlimmste von seinem älteren Bruder dachte. Tyson packte Kenny unwirsch an den Armen und sprach mit düsterer Miene.

„Wo ist er jetzt?“

„Wahrscheinlich noch in Untersuchungshaft im örtlichen Revier.“

„Weiß mein Großvater davon?“

„Nein. Hana wollte nicht dass ich ihm das erzähle.“

Darüber war er mehr als froh. Sein Großvater hatte ohnehin ein schwaches Herz und wer konnte schon sagen, wann er das letzte Mal seine Medikamente bekommen hatte. Diese Nachricht würde ihn komplett aus der Fassung bringen. Hitoshis Verlobte war wohl glücklicherweise sehr vorrausschauend.

„Kein Wort zu ihm! Er hat sich ohnehin schon wegen mir genug aufgeregt. Ein Wunder das sein Herz noch nicht schlapp gemacht hat!“

„Tyson da ist noch mehr. Ihr alle werdet…“, auf einmal stutzte Kenny. Er starrte geradeaus, zu etwas, was sich hinter seinem Rücken abspielte. Dann weiteten sich seine Augen und er packte ihn am Handgelenk. „Wir müssen schnell weg!“

„Warum?“

„Da sind zwei Polizisten bei deinem Wagen.“

Tyson riss sich los und wandte sich um. Tatsächlich…

Da notierte sich einer sein Kennzeichen, während der andere die Nummer telefonisch auf seinem Handy durchgab. Das hätte ihm gerade noch gefehlt, wenn ihm jemand jetzt noch das Auto abschleppte. Kenny ergriff erneut sein Handgelenk, doch er zerrte nur unwirsch an den Fingern.

„Wir müssen hier weg!“, sprach er panisch und kämpfte gegen Tysons Gegenwehr an. Seine Stimme war ein warnendes Flüstern.

„Ich brauche den Wagen! Wie soll ich sonst zu meinem Bruder aufs Revier fahren? Das ist viel zu weit weg!“

„Das muss warten! Komm schnell weg!“

„Wie kannst du so etwas sagen?!“

„Geh da nicht hin!“, drängte Kenny ihn. Da hatte er sich aber so heftig losgerissen, dass der Chef auf dem Schnee ausrutschte und ins Rudern geriet. Sofort als er sich freibekam, eilte Tyson zu seinem Auto. Der eine Beamte sprach noch immer in sein Handy, während der andere die weiße Schicht auf der Frontscheibe wegwischte, um einen Blick ins Wageninnere zu werfen. Letzterer besaß ein ziemlich kantiges Kinn. Er wirkte dadurch richtig abgebrüht.

„Verzeihung, aber das ist mein Wagen!“, sprach Tyson hastig, sobald er schlitternd näher trat. „Ich fahre ihn gleich weg. Tut mir wirklich leid, aber ich musste einen Moment aussteigen.“

Der Beamte am Telefon verstummte, während sein Kollege die buschige Braue hochhob.

„Ihr Wagen?“, kam die Frage recht belustigt.

„Ja ich weiß… Ich dürfte hier nicht stehen. Böser Takao! Aber die Straße war komplett dicht und ich musste unbedingt etwas erledigen.“

„So so… Mussten sie das?“

„Sie haben ja Recht. Ich bin im Halteverbot. Tja, schuldig im Sinne der Anklage.“

Ein nervöses Lachen kam aus seinem Mund, doch noch immer war da nichts Versöhnliches in der Mimik der beiden Beamten zu sehen.

„Da kann ich mich wohl nicht herausreden. Den Strafzettel bezahle ich auch brav. Versprochen!“, verkündete Tyson reumütig, dann bettelte er förmlich weiter. „Ich brauche den Wagen. Bitte lassen sie ihn nicht abschleppen. Das ist lebensnotwendig für mich!“

Der Beamte mit dem kantigen Kinn kam auf ihn zu. Tyson seufzte und streckte die Hand aus. Um den Strafzettel würde er also nicht umhin kommen, doch es gab sicherlich schlimmeres. Da rastete etwas klackend an seinem Handgelenk ein. Er blinzelte verdutzt hinab - erhaschte kalten Stahl. Einen Moment dachte er, in einer dieser fiesen Gameshows zu sein, wo man arglose Passanten auf die Schippe nahm.

„Das ist doch wohl ein Scherz?“, fragte er perplex.

„Ganz und gar nicht.“

Plötzlich vollführte der Beamte eine ruckartige Bewegung, die Tyson geradewegs mit dem Oberkörper voraus, auf die Motorhaube beförderte. Er bekam eine Ladung Schnee zu schmecken, als sein Kinn auf dem Blech aufkam, spie fluchend aus und als er den Kopf zu Kenny wandte, raufte der sich entgeistert die Haare, um kurz darauf auf dem Absatz kehrt zu machen.
 


 

*
 

Hana schielte auf ihre Armbanduhr. Die beiden waren ziemlich lange weg. Sie schob die Verzögerung aber auf die unwegsamen Straßen. Momentan kam man zu Fuß wohl genauso schlecht voran, wie mit dem Auto. Sie hauchte sich auf die Finger und rieb die Handflächen gegeneinander. Manches Mal huschte ihr Blick zu Mariah. Wie sie so glücklich mit ihrem Mann sprach, es ließ Hana schwer schlucken. Wann würde sie Hitoshi wieder so nahe sein können?

Würden sie sich nur noch an den vorgeschriebenen Besuchstagen sehen?

Mit einer Trennscheibe zwischen ihnen, während sie sich über eine Sprechanlage unterhielten?

Inmitten ihrer düsteren Gedanken, schwebte auf einmal eine Hand vor ihrem Gesicht. Sie blinzelte irritiert, weil es sie so plötzlich aus ihren Überlegungen gerissen hatte und erhaschte ein tiefblaues Augenpaar vor sich.

„Danke dass ich telefonieren durfte.“, Takaos Freund Max sah etwas mitgenommen aus. Sie musste daran denken, wie verzweifelt dessen Vater am Telefon geklungen hatte, weil er so lange nichts von seinem Sohn zu hören bekam. Etwas anderes drängte sich ihr kurz darauf in den Sinn.

„Kein Problem. Übrigens… Mein herzliches Beileid.“

Max blinzelte verwirrt.

„Davon wisst ihr auch?“

Hana nickte.

„Wir waren in euren Hotelzimmern, weil wir nach einer Spur gesucht haben. Da hat dein Handy in deiner Tasche geklingelt. Wir haben uns mit deinem Vater unterhalten und er hat uns daraufhin erklärt, was passiert ist. Ich hoffe du nimmst es uns nicht übel, dass wir deine Sachen durchsucht haben. Wir haben einfach nach jedem Strohhalm gegriffen…“

„Es gibt schlimmeres.“, er vergrub seine Hände in der Jacke, sichtlich müde.

„Ich weiß nicht viel über deine Mutter, aber Kenny hat in den höchsten Tönen von ihr gesprochen.“

„Hat er das?“

„Sie soll ein lieber Mensch gewesen sein.“

„Ja, das ist sie…“

Etwas irritiert hob sie die Braue. Es klang zwar melancholisch, dennoch lächelte Max dabei. Diese Geste verwirrte Hana mehr, als das er von seiner Mutter sprach, als wäre sie noch am Leben. Als wäre sie nicht von dieser Welt verschwunden…

„Wo ist Tyson?“

Als Hana sich umwandte stand dort das Hiwatari Oberhaupt. Er hielt seine Schwester auf den Arm, denn sobald ihr Bruder eingetroffen war, klammerte sich das Mädchen an ihn, wie ein anhängliches Äffchen. Dabei plapperte sie munter vor sich her, über all die Dinge die sie erlebt hatte. Das große Highlight war für das Mädchen, dass sie mit dem Großvater eine Kissenburg, in Mariahs Hotelzimmer gebaut hatte. Es ließ Hana schmunzeln. Wie gerne wäre sie noch einmal Kind gewesen – noch einmal mit so einer wundervollen Arglosigkeit gesegnet.

„Er ist mit Kenny seinen Wagen holen gegangen.“

Kai schaute sie lange an. Plötzlich sprach er aus heiterem Himmel:

„Seine Ex hat den Lack zerkratzt.“

„Wie bitte?“, blinzelte sie perplex.

„Sie hat Arschloch auf die Motorhaube geritzt.“

„Ich verstehe nicht…“

Die Einzige welche sich nicht dadurch irritieren ließ, war seine kleine Schwester, die fröhlich gluckste, weil ihr Bruder ein schlimmes Wort gesagt und ihrer Ansicht nach, deshalb einen Groschen in eine Büchse werfen musste.

„Ist alles in Ordnung mit dir?“, fragte Hana schließlich geradeheraus. Anstatt einer Antwort stierte Kai gedankenverloren vor sich her, als würde er einen Punkt fixieren, den er doch nicht so wirklich sah. Noch bevor sie etwas nachlegen konnte, fühlte sie einen vorsichtigen Griff auf ihrem Arm. Als sie zu Max schaute, blickte der sie eindringlich an.

„Frag nicht.“

„Aber…“

„Nein.“

Er schüttelte entschieden den Kopf, was sie nur seufzen ließ. Diese Leute waren wirklich sonderbar. Da wurde an merkwürdige Fabelwesen geglaubt, man verschwand von der Bildfläche und das einer geistig verwirrt schien, wollte man einfach unter den Teppich kehren.

„Habt ihr Turteltäubchen eigentlich fertig getuschelt?“, Mr. Kinomiya war vor Ray und Mariah getreten und verschränkte ungeduldig die Arme vor der Brust. „Ich will eure Wiedervereinigung nicht trüben, aber nachdem wir alle den ersten Schrecken überwunden haben, müssen wir dringend mal einige Punkte klären. Da gibt es nämlich ein paar Probleme, die während eurer Abwesenheit aufgetreten sind.“

Hana biss sich auf die Unterlippe, denn so mit der Tür ins Haus fallen, wollte sie eigentlich nicht. Jedoch nickte Mariah langsam und erhob sich. Sie schaute sich um.

„Aber… Tyson ist ja verschwunden? Und Kenny auch…“

Das schien nicht einmal der Großvater bemerkt zu haben. In dem ganzen Menschengetümmel um sie herum, waren die beiden recht gut untergegangen.

„Er holt mit dem Chef den Wagen.“, antwortete Max. „Wir sollten warten bis er zurück ist.“

„Ich denke Kenny wird ihn schon auf den neusten Stand bringen.“, sprach Hana und näherte sich dem Rest der Gruppe. „Es gibt da tatsächlich noch einiges zu besprechen. Zunächst einmal aber eine Frage vorneweg. Habt ihr während eurem Ausflug, auch nur ansatzweise mitbekommen, was sich hier zugetragen hat?“

„Nein. Wir wussten nicht einmal das der Winter eingebrochen ist.“

So dünn wie die Gruppe angezogen war, hegte Hana keinen Zweifel an Maxs Aussage. Sie nickte langsam und fuhr fort: „Es gibt einige unschöne Ereignisse. Ich muss dazu erst einmal weiter ausholen. Zunächst einmal wäre da die Attacke auf Großvater Kinomiya. Wir müssen unsere Aussagen abgleichen.“

„Was denn für Aussagen?“, blinzelte Ray verblüfft.

„Naja, während eures Aufenthaltes im…“, Hana überlegte, wie sie es formulieren sollte, „…sagen wir einfach mal im Wunderland, hat sich hier das Gerücht aufgetan, dass Takao absichtlich seinen Großvater vergiftet haben soll.“

„Ha!“, lachte Ray trocken auf. „Wer erzählt denn so einen blöden Stuss?!“

„Leider ist das ausgerechnet eine übereifrige Reporterin vom Sender meines Vaters gewesen.“

„Okay. Du brauchst gar nicht weiterreden. Ich kann mir denken wer das war.“

Die Art wie er es sagte, ließ darauf schließen, dass Ray nicht gerade vorteilhaft von Ming-Ming dachte. Er stützte sich auf seine Arme, schaute in den Nachthimmel und murmelte nachdenklich vor sich her: „Ob sie deshalb auf der Wurzel noch lief?“

„Was denn für eine Wurzel?“

„Ach nichts. Das ist ein Insider.“, Max schnalzte bedauernd mit der Zunge. „Du sagst der Sender gehört deinem Vater?“

Hana nickte.

„Gibt es dann keine Möglichkeit die Berichterstattung zu stoppen?“

Sie schüttelte den Kopf.

„So funktioniert das nicht bei einem Nachrichtensender. Das ist Pressefreiheit. Aber natürlich habe ich Vater bereits telefonisch kontaktiert. Ich habe ihm nahegelegt, dass er vorsichtig mit den Informationen umgehen muss, da Ming-Ming nicht ausreichend recherchiert hatte, um solche Unterstellungen öffentlich zu machen. Das könnte sonst eine Klage mit sich ziehen. Die Gerüchteküche brodelt nun allerdings. Sobald ein Sender mit der Nachricht kommt, ziehen die anderen in der Regel nach.“

„Aber wieso wurde der Bericht dann überhaupt veröffentlicht?“, wollte Ray wissen.

„Ich weiß es nicht. Ehrlich gesagt, bin ich selbst überrascht darüber, dass diese Angelegenheit so dermaßen aufgebauscht wurde.“

„Wahrscheinlich weil Ming-Ming mir eins auswischen wollte.“, räumte Max langsam ein. „Und wie ginge das besser, als den Ruf eines meiner besten Freunde durch den Dreck zu ziehen.“

„Das hört sich nach einer Vorgeschichte an.“

Er wiegte den Kopf unwillig hin und her.

„Ich… Ich hatte mal etwas mit ihr und habe sie gleich danach in den Wind geschossen.“, Max vergrub die Hände in den Taschen und schaute betreten zur Seite. „Das ist schon ewig her, aber die Art wie ich mit ihr Schluss gemacht habe, war wohl im Nachhinein betrachtet, nicht gerade fair.“

„Ich traue mich kaum zu fragen, aber wie hast du mit ihr Schluss gemacht?“

„Also genaugenommen waren wir nie richtig zusammen! Ich wollte nur etwas… Spaß. Und sie hat nicht nachgefragt, ob ich an einer festen Beziehung interessiert bin, also habe ich die Sache einfach mal laufen lassen und mich aus dem Staub gemacht, sobald sie mit dem Thema begann.“

Aus der weiblichen Ecke kamen empörte Blicke. Es ließ Max den Kopf zwischen die Schultern ziehen.

„Hey, ich war da noch jünger! Und welche Frau die etwas Ernstes will, steigt mit einem Mann in die Kiste, nur weil er auf einer Party mal eine halbe Stunde mit ihr gesprochen hat? Sie hat mir eindeutig falsche Signale vermittelt!“

Es klang nach einer verzweifelten Rechtfertigung, doch die Blicke aus der weiblichen Ecke wurden nur finsterer. Mariah und Hana schauten sich vielsagend an. Auf einmal schien die weibliche Front zusammenzuhalten, wie Pech und Schwefel.

„Ihr haltet mich für ein Arsch, oder?“

„Ja.“, fauchten beide Frauen ihm zu.

„Eigentlich bin ich sehr…“

„Vergiss es Max. Wenn Frauen sich zusammenrotten, bist du immer der Arsch.“

Ray erhielt einen heftigen Ellbogenhieb von seiner Frau gegen die Rippe. Kurz darauf verschränkte Mariah erbost die Arme vor der Brust. Er sah seine Frau entschuldigend an und rieb sich über die Stelle, fuhr dabei fort: „Gut, belassen wir es dabei. Dann sollten wir Tyson so bald wie möglich Bescheid geben. Er muss wissen was die Leute über ihn reden!“

„Das hat aber leider sehr weite Kreise gezogen.“

„Wie weit?“

„Bis zur Polizei.“

Einen Moment wurde es still. Die jungen Männer tauschten fassungslose Blicke aus, da sprang Ray auch schon von der Mauer auf, die er zuvor als Sitzgelegenheit genutzt hatte.

„Wie bitte?!“, rief er geradezu wutentbrannt aus. „Das ist absoluter Mist! Tyson würde so etwas niemals tun – dafür lege ich meine Hand ins Feuer! Wenn es sein muss, bezeuge ich das auch.“

„Es war Dragoon!“, erklärte Max ebenso aufgebracht. „Er hat es selbst zugegeben, als wir ihm in der Irrlichterwelt begegnet sind!“

Hana wollte schon fragen, wer das war, da erklärte ihr Mr. Kinomiya, dass es sich dabei um das Bit Beast von seinem jüngsten Enkel handelte. Sie erinnerte sich daran, wie Hitoshi über dieses Wesen gesprochen hatte. Er schilderte es ihr als einen majestätischen Drachen. Doch als er ihr einmal eine Videoaufnahme, von dem Match seines kleinen Bruders präsentierte, hatte sie auch darauf nur einen ungelenkigen Pixelfleck erkannt und gelangweilt gefragt, ob Sex and the City nicht lief. Sie schüttelte den Kopf.

Diese Aussage könnt ihr gleich mal at acta legen. Wir sind uns alle einig, dass wir besser verfahren, wenn ihr diese Wesen gar nicht erst auf dem Revier erwähnt.“

„Warum?“, fragte Ray. „Es ist die Wahrheit! Soll ich etwa lügen?“

Mariah legte beruhigend die Hand auf den Arm ihres Gatten. Ihr Groll gegen ihn schien von sehr kurzer Dauer zu sein.

„Ich habe auch so gedacht, aber wir müssen realistisch bleiben, Ray. Viele Menschen besitzen nicht die Fähigkeit um ein Bit Beast zu sehen. Vor allem den Erwachsenen fällt es schwer. Weißt du nicht mehr, was uns Tao darüber gelehrt hat?“

Was immer dieser Tao ihm gesagt haben mochte, Ray schien über die Worte seiner Frau gründlich nachzudenken. Hana beobachtete wie er die Brauen nachdenklich ins Gesicht zog.

„Vielleicht… Habt ihr recht.“

„Aber was sollen wir dann sagen?!“, fragte Max wütend in die Runde. „Wir haben nichts Falsches gemacht! Ich sehe gar nicht ein, dass wir uns in irgendwelche Lügenmärchen verstricken sollen!“

„Die Wahrheit hört sich aber eher wie ein Lügenmärchen an…“

„Hitoshis Ehefrau in spe hat Recht, Jungs. Wir haben deshalb auch schon die Köpfe zusammengesteckt.“, antwortete Mr. Kinomiya grimmig. „Ich werde auf dem Revier behaupten, dass ich meine Medikamente falsch eingenommen haben. Damit dürfte der Vorwurf gegen meinen Enkel schnell verworfen sein.“

„Verstehe… Und wenn Ray und ich noch behaupten, dass wir im selben Raum wie Tyson waren, müsste er aus dem Schneider sein.“

„Theoretisch.“, erklärte Hana. „Allerdings steht ihr beide auch nicht in gutem Licht da.“

Beide starrten sie verdutzt an auf ihre Worte. In einem anderen Moment wäre es sogar recht witzig gewesen. Hana konnte gar nicht sagen, wer von den beiden, die größeren Augen bekam. Irgendwann deutete Ray auf sich selbst und fragte unschuldig: „Wir? Wieso?“

„Der Brand im Hiwatari Anwesen…“

Es dauerte bis die beiden begriffen. Man sah ihnen an, dass ihre Köpfe auf Hochtouren kombinierten. Auf einmal rief Max fassungslos aus: „Soll das heißen, man legt uns den Brand auch noch zur Last?!“

Hana nickte bedeutungsschwer.

„Da hat ja Ming-Ming die Gerüchteküche richtig toll angeheizt!“

„Sie war Reporterin. Die versuchen mit Vorliebe, jede Leiche aus dem Keller zu ziehen. Es sind allerdings auch viele Zufälle im Spiel. Wo immer ihr aufgetaucht seid, hat sich irgendetwas Schlimmes zugetragen.“

„Das war leider kein Zufall. Wir sind nämlich hier die Opfer!“, pochte Ray vehement auf seine Unschuld. „Der Brand ging auf Dranzers Kosten! Sie hat versucht Jana anzugreifen und Kai anschließend in die Irrlichterwelt verschleppt.“

„Das stimmt.“, sprach nun auch das Hiwatari Oberhaupt. Als Hanas Blick zu ihm huschte, schaute der erneut geistesabwesend zu Boden. Ihr fiel auf, wie weit seine Pupillen geworden waren. „Sie hat die Gestalt einer brennenden Frau. Jeder einzelne Schritt von ihr hinterlässt einen flammenden Abdruck auf dem Holzboden. Das Feuer bekommt Hände in ihrer Nähe. Es frisst sich in den Raum. Zentimeter für Zentimeter…“

Einen Moment wurde es still zwischen ihnen. Die Gruppe schaute Kai betroffen an, bis der mehrmals blinzelte, als würde er aus einem Tagtraum erwachen. Sobald er aufschaute, fielen ihm die Blicke auf, die sich auf ihn gerichtet hatten. Er tat einen hörbaren Atemzug und wandte ihnen den Rücken zu, während Hana stöhnend die Hand auf die Stirn legte.

„Jungs, bitte! Versucht von solchen Aussagen abzusehen, wenn wir auf dem Revier sind!“, sprach sie verzweifelt. „Mag sein das ihr Recht habt, aber das wollen die Polizisten nicht hören! Wir müssen das ganze so drehen, als wäre es eine unglückliche Aneinanderreihung, von richtig blöden Zufällen!“

„Das geht mir sowas von gegen den Strich.“, sprach Max und verschränkte bockig die Arme vor der Brust. „Als hätten wir nicht schon genug durchgemacht! Jetzt müssen wir uns für Dinge verantworten, die wir nie begangen haben!“

„Hast du eine bessere Idee?“

„Nein. Aber ärgern darf man sich doch wohl darüber!“

„Du darfst. Ob es hilft bezweifle ich aber! Also lass das Gejammer gefälligst bleiben!“, kam es frech zurück. Ihr Gegenüber zuckte zurück, ob ihrer schroffen Wortwahl, da wusste Hana schon, dass sie ihn mundtot bekommen hatte. Als sie triumphierend weitersprechen wollte, murrte Max etwas, was verdächtig nach „zickiger Hexenbesen“ klang. Ihr Blick schnellte düster zu ihm, da pfiff der Lümmel nur unschuldig vor sich her und schaute weg. Sie schnaufte einmal aus und bemerkte dass Kenny ihr viel angenehmer war, als diese beiden Rotzbengel. Die waren weitaus aufmüpfiger als er.

„Um zum Brand zurückzukommen.“, Hana wandte sich direkt an Kai. „Dein Freund meinte, es gäbe in eurem Haus eine Bibliothek mit einem riesigen Kamin. Er soll recht altmodisch sein und auch wartungsbedürftig.“

Er schaute sie nur starr an. Dieser Mann war wohl kein Freund von großen Worten. Da sie nicht sicher war, ob er überhaupt begriffen hatte, wovon sie sprach, hakte sie nach.

„Gibt es den wirklich?“

Kai blinzelte irritiert.

„Nun?“

„Ich… Ich weiß nicht.“, kam es recht unsicher zurück. Hana stutzte. Sie schaute zu Mr. Kinomiya und Mariah, die ebenso verdattert drein starrten. Offenbar teilten sie die Befürchtung, ihren schönen Plan als gescheitert zu sehen. Alle schienen sich zu fragen, ob Kenny sich vertan hatte. Da sagte Hana argwöhnisch: „Du musst doch wissen ob in eurer Bibliothek ein Kamin steht!“

„Ich erinnere mich nicht…“

„Wie du erinnerst dich nicht?“, blinzelte sie verwirrt. Dabei bemerkte sie nicht, wie seine beiden Freunde sich neben ihr vielsagende Blicke zuwarfen.

„Ich weiß nicht wie diese Bibliothek aussieht.“, erklärte Kai. Er klang recht hilflos, dabei dachte sie, dieser knallharte Firmenboss sei ein abgebrühter Hai. Unweigerlich fragte sie sich, wie reich man sein musste, um ein Haus von einer solchen Größe zu besitzen, dass man nicht einmal alle Zimmer kannte. Takao hatte zwar gesagt er sei verwirrt, aber das grenzte ja schon an Demenz.

„Das verstehe ich nicht. Kenny meinte ihr hättet einen zuhause…“

„Ich…“, er geriet ins Stottern. Da mischte sich auch Mariah ein.

„Kai, bitte! Das ist wichtig!“

„Ich habe keine Ahnung!“, rief er verzweifelt aus und wich vor der Gruppe zurück. „Ich weiß nicht wie das Haus aussieht. Ich kenne nur die Illusion aus der Irrlichterwelt!“

„Was denn für eine Illusion?“

„Hana, auf ein Wort!“, sprach Ray streng. Er hob an die anderen gewandt mahnend den Zeigefinger, um klar zu machen, dass sie Kai keine weiteren Fragen stellen durften. Dann gab er Max mit einem Nicken zu verstehen, dass er mitkommen sollte. Die Drei taten einige Schritte von der Gruppe weg, offenbar um aus Kais Hörweite zu gelangen, dessen Miene inzwischen steinern geworden war. Ihn schien dieser Vorfall hier auch zu beschäftigen. Kurz darauf sprach Ray an sie gewandt: „Hör auf ihn mit Fragen zu löchern!“

„Das ist aber wichtig! Wir wollten dass er den Brand auf seine Kappe nimmt und das geht nur, wenn auch wirklich ein Kamin in der Bibliothek steht! Wie sollen wir sonst das Ganze als einen Unfall verkaufen?“

„So habt ihr euch das also gedacht…“

„Natürlich! Ich frage das doch nicht aus Boshaftigkeit, das sind Dinge, die müssen wir einfach im Vorfeld klären!“

Max und er tauschten erneut einen Blick aus. Da sprach Ersterer: „Das wollen wir dir auch gar nicht unterstellen. Nur siehst du doch, dass er nicht ganz da ist. Er macht das genauso wenig mit Absicht.“

„Was ist denn mit ihm passiert? Er kommt mir von euch allen am seltsamsten vor!“

Sie starrten sie verdattert an. Dann kam es unisono: „Wir sind doch nicht seltsam…“

Hana verdrehte die Augen auf diese Aussage.

„Erklär einem Verrückten dass er verrückt ist.“

„Hey, wir stehen noch neben dir! Hast du das eigentlich bemerkt?“, fragte Ray zähneknirschend.

„Mir doch egal…“, kam es schnippisch zurück. Ein düsterer Blick traf sie.

Dann wandte er sich seinem Freund zu und sprach frei Schnauze heraus: „Einen Besen braucht Hiro so schnell nicht mehr kaufen - den nimmt er schon zur Frau!“
 

Bamm!
 

Es war wie ein Schalter der umklappte und schon sah Hana rot.

„Ich bin kein Besen!“, fauchte sie ihm zornentbrannt entgegen. Ihr adrett geschminktes Gesicht war eine beängstigende Fratze geworden. Die beiden Männer wichen panisch zurück. „Und pass auf wie du mit mir redest, ich bin nicht deine Frau und auch einige Jahre älter als du kleiner Macho!“

„Ähm…“

„Was – ähm?! Gerade noch so vorlaut und jetzt keine Eier mehr in der Hose?! Ich habe die Federn von stolzeren Pfauen gebrochen. Solche Marotten habe ich Hitoshi innerhalb von einer Woche abgewöhnt - da fresse ich dich doch zum Frühstück, du blöder Lümmel!“

„T-tut mir Leid…“

„Das hoffe ich auch! Beim nächsten frechen Wort von euch beiden, zerreiße ich euch in der Luft, bis nur noch Konfetti übrig bleibt! Ich bin eine Wahnsinns Frau und Hiro kann sich scheiße glücklich schätzen, so einen Feger wie mich abzubekommen! Geht das in euer Erbsenhirn hinein, ihr vorlauten Rotzbengel?!“

Sie nickten eifrig. Man sah den beiden regelrecht an, wie sie in sich zusammenschrumpften, während Hana sie mit hochrotem Kopf schnaubend taxierte. Der Rest der Gruppe, der etwas abseits stand, blickte ob ihres impulsiven Zornausbruchs verdattert zu ihnen herüber. Dem Großvater klappte sogar der Kiefer hinunter. Selbst einige der Passanten waren stehen geblieben. Es wurde einen Moment totenstill auf dem Platz, bis die beiden sich kleinlaut für ihre Aussagen entschuldigten.

„Vielleicht sollten wir zum Thema zurück kommen.“, sprach Max verlegen.

„Ja! Das würde ich auch begrüßen!“, spie Hana geradezu aus. Sie deutete auf Kai, der irritiert blinzelte, weil er jetzt genau merkte, dass man über ihn sprach. „Was stimmt mit dem nicht? Und jetzt mal ganz hoppla heraus mit der Antwort! Hat der Junge eine zu viel mit der Pfanne über den Schädel gezogen bekommen?!“

„Hey, man zeigt nicht mit dem Finger auf andere Leute!“, zischte Max panisch und ergriff ihre Hand, um sie zu senken. Er warf einen wachsamen Blick über seine Schulter, wo Kais kleine Schwester auf den Armen ihres Bruders, munter vor sich her kicherte, ohne zu bemerken, wie düster dessen Gesicht wurde. Offenbar fragte er sich, worüber die Gruppe tuschelte. Max winkte ihm heiter zu, doch der Blick von ihm, wurde nur noch argwöhnischer. Erst als er Hana noch etwas weiter weg drängte, begann Max zu erklären.

„Dranzer hatte ihm sämtliche Erinnerungen genommen. Bis vor wenigen Stunden wusste Kai noch nicht einmal, dass er eine kleine Schwester hat. Das alles kommt erst jetzt, nach und nach, in ihm wieder hoch.“

„Wer ist Dranzer?“

„Kais Bit Beast…“

Sie hob irritiert die Braue, da verpuffte ihr Zorn auch so schnell, wie er gekommen war, wich stattdessen ihrer ehrlichen Verblüffung. Es ließ beide perplex blinzeln, weil diese Stimmungsschwankung so schnell ging. Hana führte aber nur nachdenklich ihre Finger ans Kinn.

„Echt jetzt? Also Sachen gibt es…“

Ihr Atem stieg als kleine zarte Wolke vor ihr auf. Das alles klang so furchtbar verrückt und Hana musste zugeben, dass sie Schwierigkeiten bekam, den ganzen Hintergründen noch zu folgen. So vieles hier entzog sich jeglicher Logik. Es kam ihr vor, als würden alle über einen Film sprechen, den sie nie gesehen hatte und sie deshalb sämtliche Insider dazu nicht kennen. Jetzt bereute sie es fast, Hitoshis Hobby nicht mehr Beachtung geschenkt zu haben – aber es war nun einmal so furchtbar langweilig gewesen!

„Ich wünschte mein Verlobter wäre hier. Er würde eher bergreifen wovon ihr hier redet.“, gestand sie ein. „Ich kann noch nicht einmal sehen, wo Mariah denn ihr Haustier hat. Alle rufen, oh ja da ist es! Nur ich stehe da wie der letzte Trottel.“

Ein nachsichtiges Lächeln huschte um die Münder von Takaos Freunden.

„Falls es dich beruhigt, so einen Fall hatten wir auch schon mal bei uns in der Gruppe. Immerhin verdeutlicht uns deine Anwesenheit, wie die Polizisten denken könnten. “, sprach Ray versöhnlich. Hana wusste nicht, ob sie das als etwas Positives werten sollte. „Aber um zu Kai zurückzukommen. Bitte dräng ihn nicht mehr. Er wird sich deshalb nicht schneller erinnern. Wir wissen gar nicht, was manche Erinnerungen anstößt. Es passiert ganz plötzlich…“

„Das hättet ihr mir mal früher sagen können, bevor es so herüberkommt, als wäre ich ein taktloser Hexenbe-…“

Sie hielt ertappt inne, als ihr klar wurde, was sie das gerade aussprechen wollte. Ihre Braue zuckte dabei. Sie sah schon, wie die Mundwinkel der beiden, sich für ein schadenfrohes „HA!“ öffnen wollten.

„Nur ein kleiner Mucks…“, drohte sie düster. Sofort klappten die Münder zu. Hana kam wieder zur Sache und begann den beiden zu erklären, wie wichtig es sei, das Kai sich an die genaue Einrichtung der Bibliothek erinnerte, damit es sich nicht mit der Aussage der Spurensicherung biss. Sie war zwar nicht vom Fach, aber womöglich ließ sich selbst durch die verkohlten Überbleibsel rekonstruieren, ob es Abweichungen an seiner Aussage gab. „Wenn er sich nicht einmal daran erinnern kann, wo genau der Kamin stand, kann das zu ernsthaften Problemen führen. Er muss doch wenigstens wissen, wo der Brandherd war.“, sie war in ein drängendes Tuscheln verfallen, damit Kai nicht noch mehr von ihrer Unterhaltung mitbekam. „Die Kunst im Lügen ist, so nah wie möglich an der Wahrheit zu bleiben. Das wird so aber nicht funktionieren! Er weiß ja noch nicht einmal wie sein Haus aussieht, wahrscheinlich dann nicht einmal wo er genau wohnt. Was war das eigentlich für eine Illusion von der er gesprochen hat?“

„Das?! Oh Gott, vergiss es!“, rief Max panisch aus. „Da war ein Lavasee in der Eingangshalle! Wenn Kai das Anwesen so schildert, führen die ihn gleich in einer Zwangsjacke ab!“

Hana blinzelte total perplex.

„Also… Jetzt verarscht ihr mich doch.“

„Ganz und gar nicht!“, kam es wie aus einem Mund.

„Sorry, aber ich muss euch das jetzt fragen. Kifft ihr?“

„NEIN!“, fauchten beide sie wütend an. Hana hob beschwichtigend die Hände und wollte schon zu einer Entschuldigung ansetzen, da hörten sie einen panischen Zwischenruf. Als sich die Gruppe umwandte, kam Kenny so schnell auf sie zu gerannt, dass der Schnee unter seinen Füßen wild umher wirbelte. Da er noch nie besonders sportlich war, pfiff er aus dem letzten Loch, als er endlich vor ihnen zum Stehen kam. Sein Kopf war hochrot geworden. Er japste geradezu nach Luft und hielt sich an Maxs Ärmel fest, um sich zu stützen, während die anderen aus der Gruppe sich nun doch zu ihnen gesellten. Während Kenny noch schnaufte, bildete sich ein Kreis um ihn, bis Ray ihn fragte, wo denn Tyson abgeblieben sei. In Ermangelung von Luft brachte der Chef aber nur ein Wort zusammen: „Po… Polizei!“
 


 

ENDE Kapitel 40
 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Uff, diese Kursivschrift macht mich fertig! Das hat mich viel Überwindung gekostet, mich heute daran zu setzen, um das Kapitel endlich on zu stellen. Und dann hätte ich den ersten Abschnitt mit Kenny beinahe übersehen und ihn nicht eingefügt. XD

Tjaa, wie schon vermutet, Dragoon ist natürlich nicht tot. Aber ich denke da konnte ich den wenigsten hier etwas vor machen. Er muss den Schweinestall den er hinterlassen hat, ja noch aufräumen. Ob er das schafft werde ich natürlich nicht verraten. ^_~

Und auch der Gruppe wird so langsam klar, dass der Ärger noch nicht vorbei ist. Ich glaube Kai kam in diesem Kapitel kaum zur Geltung, bis auf den Abschnitt aus Kennys Sicht. Er hat bei mir fast genauso wenig Text wie in der Sendung, alles wird irgendwie nur von anderen Leuten beleuchtet. O_o

Ich hoffe ihr hattet auf jeden Fall Spaß und wünsche euch noch einen angenehmen Sonntag. Und danke Minerva für deinen lieben Kommentar! Ich würde gerne als manchmal mehr darauf eingehen, aber habe dann immer Angst, zu viel zu verraten. xD Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Arisa-sama
2017-06-07T11:08:36+00:00 07.06.2017 13:08
So ich hinterlasse dir jetzt auch mal ein Kommentar :)
Das Kapitel ist echt super geworden, außerdem kriegst du die Charaktere immer so super gut hin. Hana hat es mir sehr angetan und ich frage mich schon seit längerem, ob du für sie eine Inspiration hattest ;)
Tyson ist einfach toll <3
Hana tut mir echt leid... Sie opfert sich so auf für diese Truppe und die merken das ja gar nicht >.< zu allem Überfluss kann sie ja auch gar nicht verstehen was Sache ist obwohl sie eine so kluge Frau ist.
Hoffentlich kommt Tyson aus dieser Sache irgentwie raus :(
So das wars erstmal mit meinem Kommentar bis zum nächsten Mal :D

Von:  Minerva_Noctua
2016-12-11T17:20:50+00:00 11.12.2016 18:20
Hallo Eris!

Mein verspäteter Kommentar tut mir sehr leid. Studium und Familie haben mich ziemlich in Beschlag genommen~.~

Ich fand nicht, dass Kai hier zu wenig Szenen bekommen hat. Es hat sehr gut gepasst und ich fand die Zusammenführung mit Jana rührend. Ich freue mich, dass er sich gleich wieder an sie erinnert hat.

Takaos Auftritt in der Gruppe war genial:) Ich hätte es mir nicht besser vorstellen können, als ihn so von hinten auftauchen zu lassen und dann dieser Satz... Sehr sehr gut.
Sein Verhalten bei der Polizei bzw. seinem Beharren zu dem Wagen zu gehen sind so herrlich IC. Ich hätte dem Jungen am liebsten einen Arschtritt gegeben, weil er so typisch stur, übereilt und vorlaut handelt. Sehr gut beschrieben.

Die Szene mit Ray und Mariah war süß und ich konnte die Erleichterung regelrecht mitfühlen.
Sehr schön gemacht:)

Kennys Erkenntnis hinsichtlich Janas Krankheit war sehr gut beschrieben und seine Wut und tiefe Enttäuschung so verständlich und ich war froh, dass er seine Gefühle gezeigt hat. Seine Gestik und Worte waren dabei auch sehr IC.
Opas ehrliche Worte waren gut und ich finde es passend, dass Kenny sich nicht trauen würde Kai aufgrund seines Respekts vor ihm nicht darauf anzusprechen. Ob das gesund ist, ist wieder eine andere Sache. Glücklicherweise stürzen sich dafür Kennys Freunde (v.a. Tyson) in Konflikte mit Kai, sodass es ihm erspart bleibt und es dadurch dann zu einer Lösung kommt oder eben nicht.
Ich könnte Kenny nur ohrfeigen, dass er Tyson nicht noch schnell zugebrüllt hat, dass er von der Polizei gesucht wird. Vielleicht hätte er Tyson dann noch bremsen können.

Hanas Standpauke war gut, aber so gänzlich kann ich mich nicht für sie erwärmen. Allerdings finde ich die Dynamik zwischen ihr und den Jungs klasse:)

Das Gespräch mit dem Totenbaum war hochinteressant und ich bin so froh, dass Dragoon jetzt weiß, dass Dranzer das Element der Emotion darstellt:)
Ich liebe Allegro und bin begeistert von seiner Courage und seinem Tatendrang! Ich feiere die kleine Maus und hoffe, dass er mal ein liebes Menschenkind findet;)

Es ist faszinierend wie gut du eine Zombie-Apokalypse einbringst und es so genial in die Geschichte einbringst, dass man gar nicht auf die Idee kommen könnte die Nase darüber zu rümpfen.
Ich bin sehr gespannt, was da noch auf die Jungs zukommt und wie Dranzer am Ende beruhigt werden soll.

Es ist wirklich erstaunlich wie gut du die ganzen Charaktere darstellst und interagieren lässt, ohne dass man das Gefühl hat, dass da plötzlich einer fehlt. Ich liebe diese Geschichte und wenn du sie irgendwann beendet hast und es dir nichts ausmacht, werde ich sie mir ausdrucken, binden lassen und ins Bücherregal stellen! Du hast hier eine unglaubliche Welt geschaffen<3

Ich werde das nächste Kapitel bis Weihnachten kommentieren und habe mich sehr darüber gefreut:)
Schönen Abend und guten Wochenstart!

Bye

Minerva
Von:  Minerva_Noctua
2016-11-20T21:09:14+00:00 20.11.2016 22:09
Hi!

Ich hab das Kapitel noch nicht gelesen, da gerade entdeckt, aber ich muss sagen:

You made my day!

Wie eine Irre hab ich in den letzten Tagen ständig nach Updates Ausschau gehalten, gehofft, gebangt und heute morgen schon resigniert und mich damit abgefunden, dass es eben noch länger dauert.

Und nu da isses!

Danke! Danke! Danke! Danke! Danke!<3<3<3

Ich fange gleich an zu lesen, schaffe es heute vermutlich nicht mehr und werde im Laufe der Woche dann einen vernünftigen Kommentar hinterlassen. Ich werde die nächsten Abende leider keine Zeit dafür haben.
Ich wünsche dir einen schönen Wochenstart und nochmals vielen Dank für das lange Kapitel!

Liebe Grüße,

Minerva


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