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Die Geister die wir riefen...

von

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Ray sprach beruhigend auf das weinende Kind auf seinem Arm ein, streichelte ihr über den Rücken und flüsterte, dass alles gut werden würde – doch er konnte selbst nicht mehr daran glauben. Es war bereits eine halbe Stunde her, seid Tyson Jana aus dem brennenden Haus gerettet hatte, aber ihnen beichtete, dass er Kai nicht mehr rausholen konnte. Nach ihrem Anruf bei der Feuerwehr dauerte es keine zehn Minuten, da stand schon der erste Wagen vor dem Einfahrtstor. Zwei Männer brachen mit ihren Werkzeugen geübt das Schloss auf und fuhren in den Hof. Es vergingen weitere Minuten und der Platz vor dem Hiwatari Anwesen war gefüllt mit Löschfahrzeugen. Schaulustige gab es keine. Das Viertel war über die Wintermonate so gut wie unbewohnt, alle Nachbarn in wärmere Gebiete ausgeflogen.

Ein Notarzt bestand darauf sie zu untersuchen und fragte, ob sich noch weitere Personen im Haus befanden. Mit gesenktem Kopf und den Tränen nahe bejahte Tyson.

Nachdem er mit ansehen musste, wie Kai von dem Dickicht, an seiner Flucht gehindert wurde, hatte er verzweifelt versucht in das Zimmer zugelangen. Mal war er mit viel Anlauf so hoch wie möglich an ihm hochgesprungen, dann riss er aus Wut dutzende von Ranken heraus und irgendwann flehte er einfach nur um Einlass – es hatte nichts geholfen. Der Dickicht schnürte seine Zweige nur unnachgiebiger um das Fenster.

Als die Feuerwehrmänner ihn schließlich fanden, kniete Tyson mit bebenden Schultern im Rasen, während das Kind neben ihm bitterlich weinte. Für Jana war das alles unbegreiflich.

Warum leuchtete ihr Haus so seltsam?

Warum war der Mann so traurig?

Warum war Kai nicht hier und nahm sie in den Arm?
 

Einer der Ärzte nahm Ray das Kind schließlich ab. Dann beobachtete die Gruppe das lichterloh brennende Anwesen vom Rettungswagen aus. Die Hintertüren waren geöffnet und Jana wurde im Innenraum von einer fürsorglichen Ärztin betreut, während ein weiterer Arzt Tysons blutende Nase begutachtete, der am Rand saß, mit runterhängenden Schultern und die Beine aus dem Wagen baumeln ließ. Ray und Max blickten hoffnungslos zu Boden. Keiner von ihnen war in der Lage zu sprechen.
 

Plötzlich fuhr ein kleiner schwarzer Van mit einem Affenzahn in die Einfahrt und hielt neben dem Krankenwagen. Auf der Seite prangte das Logo des städtischen Nachrichtensenders und alle Anwesenden stöhnten genervt. Das konnte nur eines bedeuten…

Die Türen wurden aufgerissen und eine im schwarzen Anzug gekleidete Frau sprang aus dem Wagen, drängte den Fahrer zu Eile.

„Hol die Kamera! Beweg dich du Esel!“

Der blaue Haarschopf war zu einer eleganten Frisur hochgesteckt und zwei Strähnen umrahmten das hübsche braungebrannte Gesicht. Argwöhnisch verschränkte die Frau ihre Arme vor der Brust und beobachtete ihren Kameramann, wie er eilig die Seitentür des Vans aufriss und seine Geräte zusammensuchte. Der Unmut darüber, dass er so viel Zeit in Anspruch nahm, stand ihr ins Gesicht geschrieben. Schnippisch wandte sie ihren Kopf zur Seite und sah zum Krankenwagen.

Dann stutzte sie nachdenklich, bis sie erkannte wer da verarztet wurde. Ihr Gesicht erhellte sich und vollkommen unpassend, flötete Ming-Ming über den Platz:

„Juhu Jungs! Das ist ja eine Ewigkeit her!!!“

Lachend, wie ein kleines Mädchen, kam sie auf die Gruppe zu und Tyson hätte es nicht gewundert, wenn sie als Nachrichtensprecherin im Vietnamkrieg trotzdem so „fröhlich“ bei der Arbeit gewesen wäre.

Max schimpfte leise und zog sich seine Jacke tiefer ins Gesicht. Für Ming-Ming fehlten ihm jetzt wirklich die Nerven, wobei es bei ihm eher persönliche Gründe gab.

Vor seiner Auswanderung nach Amerika, war er mit seinen Freunden öfters nachts um die Häuser gezogen, da sie zu jeder Feier geladen wurden. Max und Tyson galten als die absoluten Stimmungsmacher, deshalb waren sie gerne gesehen. Der Zufall wollte es dass ausgerechnet Ming-Ming bei einer dieser Feiern auch eingeladen war.

Sie war angetrunken. Max war angetrunken.

Und irgendwann verschwanden beide spurlos für eine Stunde – sie hatten die Zeit nicht mit Dame spielen verbracht, soviel konnte schon mal gesagt werden.

Max fand das damalige Schäferstündchen zwar klasse (wie sollte es auch anders sein, er war ein Kerl), umso nerviger war aber wie Ming-Ming anschließend ihrem SMS-Terror frönte. Sie war unglaublich lästig und ausgesprochen hartnäckig. Einem Gespräch mit ihr wollte er mit allen Mitteln aus dem Weg gehen.

Zu seinem Glück, trat sie aber an den Krankenwagen und würdigte ihn keines Blickes.

Aus der jungen Kindersängerin war eine stadtbekannte Journalistin geworden. Tyson hatte die Kiefernstarre bekommen, als er ihre frühere Kontrahentin zum ersten Mal im Fernsehen erblickte, damals noch als Wetterfee. Kenny dagegen hatte entzückt an ihren Lippen geklebt - aufkommende Kumuluswolken hatten sich, seiner Meinung nach, noch nie so sexy angehört -während Ray und Max sich fragten, wie Ming-Ming es bloß so weit geschafft hatte. Natürlich gönnten sie ihr diesen Erfolg, doch wenn sie als Nachrichtensprecherin genauso untalentiert war, wie als Sängerin, konnte sie sich nicht lange halten. Ihrem hübschen Gesicht verdankte Ming-Ming mehr als ihr bewusst war.

„Ich habe mir irgendwie schon gedacht euch hier anzutreffen“, grinste sie keck. „Allerdings nicht in so einem erbärmlichen Zustand! Pfui! Ihr stinkt vielleicht, ist ja widerlich. Ray Schätzchen, du hast da Ruß an deiner Wange. Darf ich?“

Widerwillig zog Ray den Kopf weg, als sie ihre Hand nach ihm ausstreckte. Er hatte das Gefühl als Mittel für Eifersüchteleien herhalten zu müssen.

„Ne, lass mal.“

„Ach stimmt. Du hast ja dieses chinesische Bergmädchen geheiratet.“, sie zwinkerte ihm zu. „Schade eigentlich. Ich wüsste einiges mit dir anzustellen.“

Ray ging nicht weiter darauf ein. Um vom Thema abzuweichen fragte er:

„Wie hast du so schnell vom Brand erfahren?“

Ming-Ming lächelte und sagte nur mit hochgezogenen Brauen:

„Geschäftsgeheimnis. Das muss euch nicht interessieren. Aber euer Freund ist ja auch ein ganz großer Fisch in dieser Stadt. Wo ist Kai überhaupt?“

Die traurige Stille die durch die Runde ging war Antwort genug.

„Was?! Oh mein Gott! Das ist ja unglaublich! Was für ein Skandal!“

Tyson sah erbost auf, doch Ming-Ming wandte sich zu ihrem Kameramann und schrie:

„Beeil dich!“, aufgekratzt drehte sie sich zu ihnen um und plapperte. „Ich sehe die Schlagzeilen schon vor mir! Geschäftsmagnat Kai Hiwatari stirbt bei Brand und hinterlässt Familienunternehmen ohne Nachfolger! Diese Story wird noch weitere nach sich ziehen. Wartet erst in einpaar Tagen, wie sich alle Großkonzerne dieser Welt nach seiner Firma die Finger lecken! Oh das ist toll! Wirklich toll!“

„TOLL?!“, brüllte Max.

„Nicht nur toll! Wunderbar! Oh… Um euch tut es mir natürlich Leid, aber irgendwann holt der Sensenmann jeden von uns, das ist eine allseits bekannte Tatsache.“

Tysons Gesicht wirkte wie ein brodelnder Vulkan. Er stand kurz davor seine guten Manieren zu vergessen und auch der Rest der Gruppe sah zähneknirschend auf die ignorante Journalistin. Max ging sogar soweit, dass er seine Triebe als Mann verfluchte und sich wünschte, er wäre am Abend vor der Party an Syphilis erkrankt.

„Kai hinterlässt eine kranke Schwester und du geilst dich an ihrem Unglück auf?!“, erzürnte sich Ray und deutete auf das verstörte Mädchen im Krankenwagen.

„Kai hat eine Schwester?“, in Ming-Mings Augen blitzte es und der Kameramann kam endlich vom Wagen, auf den Schultern seinen schweren Apparat. „Und krank ist sie auch noch! Ich wusste der Kerl hat Dreck am Stecken! Deswegen wollte er sich nie in der Presse zu seiner Familie äußern! Habe ich dir nicht gesagt das er etwas verheimlicht, Shouta?“

Der Kameramann murrte. Man sah ihm an wie sehr ihn sein Beruf ankotzte. Er schien mit seinen Gedanken auf dem nächsten Strommast zu stehen und sich bereit für einen Sprung in die Tiefe zu machen.

Tyson brauste wütend auf und seine Faust erhob sich drohend, doch Ming-Ming war an ihm vorbei, in den Krankenwagen gerauscht, ignorierte die Ausrufe der Ärzte und bellte ihrem Kameramann entgegen.

„Ist die Kamera an Shouta?! Sieh zu das die Aufnahme nicht so verwackelt ist wie die Letzten!“ Shouta rollte mit den Augen und als sich Ming-Ming mit engelsgleichem Gesicht zu Jana wandte, zeigte er ihr heimlich den Mittelfinger. Sie wollte gerade mit ihrer Befragung loslegen, da sprangen die beiden Ärzte dazwischen und forderten sie auf zu gehen.

„Das können sie dem Kind nicht antun!“

„Sie ist noch vollkommen verstört!“

„Was bilden sie sich ein wer sie sind?!“

Ming-Ming zog die Brauen tief ins Gesicht und fauchte gekränkt:

„Meine Güte! Ich stelle ihr nur einpaar harmlose Frag-…“
 

Plötzlich herrschte vor dem Eingang das reinste Chaos. Ein reges Treiben und hektische Ausrufe drangen zum Krankenwagen, zogen die Blicke der Anwesenden auf sich. Schnell erkannten alle den Grund…

Die Flammen die zuvor bis zum Himmel peitschten, wurden kleiner, schwächer und erloschen an vereinzelten Stellen - völlig grundlos. Das zuvor brennende Dach, qualmte nur noch armselig vor sich hin und als Tyson einen Blick in Richtung der Haustür warf, sah er erstaunt, wie die Flammen in der Eingangshalle flackernd erloschen. Selbst die Feuerwehrmänner standen diesem Phänomen fassungslos gegenüber. Zuvor hatten sie noch damit gekämpft, die Flammen nicht bis zu den Nachbarhäusern wandern zu lassen, nun wabberten nur noch dicke Rauchschwaden aus der verkohlten Halle…

„Shouta! Halt die Kamera drauf!“, rief Ming-Ming aufgebracht und kletterte aus dem Wagen. Doch ihre Worte drangen nicht zu der Gruppe durch… Stattdessen beobachteten sie wie eine strauchelnde Gestalt aus dem Schatten der Halle ins Freie trat.

„Kai!“, rief Jana überglücklich, die ihren Bruder als Erste erkannte.
 


 

*
 

Stunden später saßen die Bladebreakers im Krankenhaus und warteten, bis die Ärzte ihrer Untersuchungen beendet hatten. Kai war kurz nachdem er aus dem niedergebrannten Gebäude getorkelt war zusammengebrochen und eilig auf eine Trage bugsiert worden. Anschließend ging es auf direktem Weg mit ihm und Jana ins Krankenhaus.

Die Ärzte befürchteten eine Rauchvergiftung und schon zum zweiten Mal an diesem Tag musste der Rest der Gruppe einem davonfahrenden Krankenwagen hinterher schauen. Doch als Ming-Ming mit ihrem Bericht begann und mit einem lasziven Lächeln Ray, für eine kurze Zeugenbefragung, in den Bildschirm ziehen wollte, stimmte sogar Max zu, mit Tysons Auto zu verschwinden.

Natürlich fuhr dieser wie befürchtet, in seiner Eile, über sämtliche roten Ampeln und als Ray und Max endlich das Krankenhaus erreichten, stieg Letzterer aus, umarmte eine Straßenlaterne und stotterte: „Tyson. Du bist der Satan… auf vier Rädern.“

Später im Wartezimmer redeten die jungen Männer nicht viel miteinander. Jeder hing seinen Gedanken nach. Der Raum war so gut wie leer, nur drei weitere Personen teilten ihr Schicksal und warteten ungeduldig darauf, ihre Freunde oder Verwandten besuchen zu dürfen. Nach und nach wurde jeder der Anwesenden aufgerufen, bis nur noch die Gruppe übrig blieb. Ray schritt gedankenverloren im Raum umher, während Max nervös in seinem Stuhl mit den Fußballen wippte. Irgendwann drückte die Stille auf Tysons Gemüt und er beschloss, die Gelegenheit zu nutzen und nach seinem Großvater zu schauen.
 

Doch Dr. Yamada behielt Recht als er meinte, Mr. Kinomiya würde seine Anwesenheit nicht einmal bemerken. Als Tyson ins Zimmer trat, ruhte der alte Mann auf dem Bett und regte sich nicht. Nur das Piepsen der angeschlossenen Geräte und die leisen Atemzüge seines Großvaters erfüllten den Raum. Sein Gesicht wirkte entspannt, ein beruhigender Kontrast zu dem schmerzverzerrten Ausdruck, als Tyson ihn diesen Morgen zuckend am Boden liegend fand.

Er setzte sich nachdenklich auf einen Hocker, den er aus einer Ecke des Raumes ans Bett zog.

Zaghaft strich er seinem Großvater über die Hand und sah voller Bedauern auf den alten Mann, der in eine Sache hineingezogen worden war, die ihn eigentlich nicht betraf.

Die ganze Angelegenheit wuchs Tyson mittlerweile über den Kopf.

Nun war nicht nur Dragoon sein Feind, sondern auch die Bit Beasts seiner Freunde. Mit einer Gänsehaut erinnerte er sich an das Bild, des riesigen brennenden Phönix, im Hiwatari Anwesen. In diesem Moment war Tyson sich so klein und hilflos vorgekommen. So musste es sich anfühlen, wenn eine Ameise auf einen Vogel traf. Kein Wunder hatten einige Kulturen früher Bit Beasts verehrt. Mit den Jahren hatte er vergessen, wie viel Ehrfurcht diese imposanten Gestalten einem einjagen konnten.

War es wirklich so falsch gewesen nicht mehr zu bladen?

Aber er war doch kein Kind mehr… Womöglich hätte er niemals damit anfangen sollen?

Seine Gedanken schweiften zurück in die Zeit als Beyblades noch der Sinn seines Lebens waren, da hörte er eine Stimme hinter ihm zaghaft fragen:

„Verzeihung, aber haben sie sich an der Rezeption angemeldet?

Tyson drehte sich um und eine junge Krankenschwester stand im Türrahmen zum Krankenzimmer. Sie sah ihn schüchtern an und hielt ihr Klemmbrett fest vor der Brust umschlungen. Tyson ahnte das sie noch nicht lange hier war, dazu gab sie sich viel zu unsicher. Ein entschuldigendes Lächeln huschte über seinen Mund und er antwortete:

„Nein. Tut mir Leid. Ich wollte nur zu meinem Großvater. Hätte ich das tun müssen?“

Die Krankenschwester nickte stumm, doch entgegnete erleichtert:

„Ist schon in Ordnung. Bitte achten sie das nächste Mal darauf. Aber immerhin lassen sie sich noch etwas sagen.“

Der letzte Satz kam so eingeschüchtert das Tyson die junge Frau richtig Leid tat. Es musste anstrengend sein, Tag für Tag, aufgebrachte Familienangehörige zu beruhigen.

„Hört sich an als ob sie schon einige Probleme hier hatten.“

„Oh Gott, ja!“, froh darüber jemanden zu haben, bei dem sie sich ausheulen konnte, erzählte sie. „Erst kurz nach meinem Schichtbeginn war da so ein Mann. Er wollte auch zu ihrem Großvater. Er ist einfach an mir vorbei und hat mich keines Blickes gewürdigt.“

Tyson horchte auf. Zuerst dachte er an Hitoshi, doch der wusste nicht dass ihr Großvater hier lag. „Ein Mann? Wie sah er aus?“

„Nun, er hatte schwarze Haare. Zu einem Pferdeschwanz gebunden genau wie sie, nur vorne etwas kürzer. Kennen sie ihn etwa nicht?“

Keine sehr präzise Beschreibung. So sah jeder zweite Japaner aus.

Verneinend schüttelte Tyson den Kopf.

„Das ist seltsam. Als ich ihn angesprochen habe, sagte er, er wolle Mr. Kinomiya sehen. Er wusste den Namen ihres Großvaters. Aber ehrlich gesagt…“

Die Schwester verstummte und druckste vor sich rum, sah beschämt auf ihre Füße und die Röte stieg ihr ins Gesicht.

„Was?“, hakte Tyson nach.

„Es hört sich kindisch an, aber ich fand diesen Kerl unheimlich. Ziemlich dämlich nicht wahr? Ich bin zwanzig Jahre und habe Angst vor den Besuchern meiner Patienten…“

Vor zwei Tagen hätte Tyson wohl bejaht. Doch er konnte sich keinen Reim daraus machen.

„War wohl einer seiner ehemaligen Kendo Schüler.“, antwortete er schließlich Schulter zuckend.
 

Als Tyson wieder ins Wartezimmer kam war nur noch Max dort. Er berichtete ihm, dass ein Arzt gekommen war und ihnen eine gute Nachricht übermittelt hatte - Kai war wieder bei Bewusstsein und Ray schon mal ins Krankenzimmer gegangen um nach ihm zusehen. Schließlich folgten die beiden Freunde.

Als sie das Zimmer betraten saß Ray auf einem Stuhl neben dem Krankenbett und schaltete Dizzy wieder ein, während er gedämpft auf Kai einredete, der aufrecht in seinem Bett ruhte.

Auf der kleinen Kommode neben dran, lagen die wenigen Dinge, welche die Sanitär in Kais Hosentasche gefunden hatte. Geradezu akkurat hatte die Krankenschwester die Zigarettenpackung, samt Feuerzeug, auf die Tischplatte gelegt. Tyson beschlich die Vorahnung, dass Kai nach einem solch stressigen Tag, auf den Gedanken kommen könnte, schon wieder zu rauchen. Er tänzelte unauffällig an die Kommode heran und als niemand hinschaute, schnellte seine Hand nach vorne und ließ das Feuerzeug in seiner Hosentasche verschwinden. Ohne Feuer, kein Rauchen…

Und der Schwester würde Tyson erzählen, dass Kai Lungenkrebs hatte, damit sie ihm kein neues Feuerzeug besorgte. Innerlich klopfte er sich auf die Schulter für diese Idee.

Man konnte ihm diese Behauptung sogar fast abnehmen, denn sein Freund machte auf Tyson einen recht kränklichen, aber auch abwesenden Eindruck. Nicht verwunderlich wenn man bedachte, was er vor kurzem alles durchgemacht hatte. Kais Blick schweifte nachdenklich aus dem Fenster und er schien Rays Worte gar nicht mitzubekommen.

„Ich kann gar nicht glauben das Dranzer so weit gegangen ist. Mein Gott, deine arme Schwester! Ich bin so froh dass dir nichts passiert ist, Kai. Wie hätten wir ihr das erklären sollen? Das muss endlich aufhören! Wir müssen so schnell wie möglich zusehen, dass wir uns vor unseren Bit Beasts wappnen. Dizzy weiß bestimmt…“

Max schnippte mit seinen Fingern vor Rays Gesicht, der sofort in seinem Redefluss stoppte und aufsah. Als er dem Wink seines Freundes folgte, erkannte er dass Kai kein einziges Wort mitgehört hatte. Sofort keimte die Sorge in ihm auf.

„Kai? Ist wirklich alles in Ordnung? Du hast mich nicht angelogen als ich gefragt habe wie du dich fühlst, oder? Das ist nicht der Augenblick um den harten Kerl zu markieren.“

Keine Antwort.

„Falls du dir Sorgen um Jana machst, sie wird vorerst auf der Kinderstation bleiben“, sprach Max auf ihn ein. „Ich bin mir sicher in einem überfüllten Krankenhaus kann ihr nichts passieren. Hier laufen so viele Menschen rum.“

„Da wäre ich mir nicht so sicher…“

Dizzy hatte sich zu Wort gemeldet und das Bit Beast schien ziemlich gestresst. Zum ersten Mal sah Kai auf und sein Blick haftete am Laptop.

„Wir hätten auch nicht gedacht dass eure Bit Beasts Menschen töten. Womöglich machen sie vor ein oder zwei Opfern mehr auch keinen Halt.“

„Glaubst du wirklich sie wären so skrupellos?“, fragte Ray.

„Ich weiß es nicht. Ihr Verhalten ist momentan schwer einzuschätzen. Ich male mir schon schreckliche Szenen aus. Wenn wenigstens das Halloween Wochenende vorbei wäre, dann würde ihre Macht in der Menschenwelt rapide abnehmen.“

„Das würde das Problem aber nur bis nächstes Jahr hinauszögern.“

„Aber immerhin hättet ihr eine Gnadenfrist! Wir könnten uns noch etwas einfallen lassen.“ Dizzy stoppte und schien nachzudenken, dann entgegnete sie: „Es hilft nichts. Ich muss einen kleinen Ausflug in die Geisterwelt wagen. Vielleicht kann mir dort jemand helfen.“

Ein überraschter Ausruf ging durch die Gruppe.

„Wie willst du das anstellen?“

„Das ist einfacher als ihr denkt. Jedenfalls für Bit Beasts. Aber ich brauche eine Energiequelle. Schwache Bit Beasts wie ich, können ohne einen zusätzlichen Energieschub nicht so einfach die Barriere unserer Welten durchbrechen. Stellt den Laptop in die Nähe einer Steckdose. Ich darf nicht zuviel Distanz zu meiner Ressource haben.“

Tyson und Ray tauschten ungläubige Blicke.

Konnte es wirklich so einfach sein?

Auf der gegenüberliegenden Seite des Bettes war ein kleiner Tisch platziert. Knapp darüber, waren einpaar Steckdosen in der Wand eingelassen. Ray legte den Laptop auf der Tischplatte ab und die Gruppe erwartete schweigend Dizzys nächsten Zug. Dann flackerte der Bildschirm und das Programm, auf dem Dizzys Stimme projiziert wurde, schloss sich von selbst. Der Laptop begann zu erzittern und plötzlich schoss ein kleiner Blitz aus einem der USB Zugänge, verschwand in der Steckdose und der Bildschirm verdunkelte sich.

„Das war ja wirklich einfach.“, meinte Tyson überrascht.

Ihm kam in den Sinn wie laut es zugegangen war, als Dragoon zum ersten Mal in seinen Beyblade fuhr. Er war riesig, nein, gigantisch gewesen! Blaues Licht hatte den Dojo hell erleuchtet und Tyson, damals noch keine vierzehn, war gebannt zur Salzsäule erstarrt.

Selbst der Boden unter seinen Füßen schien damals unter Dragoons Macht ehrfürchtig zu erzittern.

Wenn er aber an Dizzys Auftritt dachte… Geradezu schwach und kläglich.

Sie war wohl wirklich nur ein kleines Licht unter ihres gleichen. In welche Gefahr begab sich die Bit Beast Dame wohl für die Gruppe?

„Ich hoffe sie braucht nicht so lange“, meinte Max beunruhigt. „Nicht das uns tatsächlich ein Bit Beast angreift.“

„Ich kann mir nicht vorstellen dass es so einfach ist…“

„Aber du hast Dizzy gehört“

„Dizzy kann sich auch irren, Max. Sie ist nicht allwissend. Außerdem haben wir auch noch andere Probleme.“, entgegnete Tyson, denn zum ersten Mal seid dem Streit mit Kai, hatte die Gruppe die Gelegenheit, mit ihm ruhig und ohne Hast zu sprechen. Zuvor lagen Tyson aber unzählige Fragen auf der Zunge. Das brennende Hiwatari Anwesen lag noch gestochen scharf vor seinen Augen und mit einer Gänsehaut erinnerte er sich daran, wie er verzweifelt versucht hatte ins Haus zu kommen, während ihr Freund darin eingesperrt war.

Langsam ließ Tyson sich gegenüber von Kai aufs Bett sinken und sah ihn mit einem erschöpften Lächeln an. „Ich habe echt gedacht dich nicht mehr lebend zusehen. Du kannst dir gar nicht vorstellen wie erleichtert ich bin… Wie erleichtert wir alle sind.“

Ein bestätigendes Nicken kam von der Runde. Dann verfinsterte sich Tysons Blick und Kai erwiderte ihn ohne eine Regung.

„Was ist da oben bloß geschehen? Als dieser verdammte Efeu das Fenster überwuchert hat… ich dachte ich werde wahnsinnig! Wie hast du es geschafft aus dem Haus lebend raus zu kommen?“

Kai senkte nachdenklich den Kopf, dann fasste er sich an die Stirn und schloss erschöpft die Augen.

„Ich… Ich weiß es nicht.“

Die Gruppe starrte ihn verdutzt an.

„Kannst du dich an nichts erinnern?“, fragte Max vorsichtig. Doch Kai schüttelte nur den Kopf. Dann flüsterte er:

„Das Letzte was ich weiß ist dass ich in Flammen stand…"



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2011-07-18T18:44:04+00:00 18.07.2011 20:44
Gott bin ich froh das Kai lebt! Er ist mein Lieblingschara!
Ohne Kai wäre ich total gefrustet ^__^

Meinen Vorgängerinen nach scheint bei dir jemand gestorben zu sein, deshalb auch von mir mein Beileid (auch wenn es spät kommt)! Habe das wirklich nicht mitbekommen. War die letzten drei Monate selten online. Gomen!

Bye und alles Gute auch von mir!
Von:  Minerva_Noctua
2011-06-24T07:12:53+00:00 24.06.2011 09:12
Da sehe ich, dass es ein neues kapitel gibt und stelle fest, dass ich dieses noch gar nicht gelesen hatte.
Ich freue mich, dass Kai lebt.
Dragoon wollte Opa wohl wieder besuchen. Was das für einen Zweck hatte? Vielleicht einen Positiven?
Ming-Mings Auftritt war der Horror. Fürchterlich.
Lustig war deine Anmerkung, dass Max als Kerl die Nacht ja nur klasse finden konnte*g*
Das Kapitel war wirklich toll und trotz der Anspannung hast du lustige Szenen drin, die etwas aufgelockert haben.
Sehr gut.

Bye

Minerva
Von: abgemeldet
2011-05-12T15:21:12+00:00 12.05.2011 17:21
Als ich gesehen habe das du die FF auf pausieren gesetzt hast war ich echt sauer. Dann habe ich den Grund gelesen und jetzt schäme ich mich T__T

Ich denke ich spreche für alle wenn ich sage "Nimm dir Zeit".
Wie xulina bereits erwähnt hat, glaube ich aber auch das du das hinkriegst. Lass dich bloß nicht unter Druck sezten. Mach weiter wenn du dich besser fühlst.

LG und alles Liebe für dich und deine Familie!
Von:  psychokannickel
2011-05-10T20:24:30+00:00 10.05.2011 22:24
ich finde es toll das du, trotz dieses ereignisses der gerade bei dir passiert ist, die geschichte weiter schreiben willst und ich wünsche dir wirklich alles liebe und gute und hoffe, dass es dir und deiner familie bald besser gehen wird. ^___^
Von:  Xulina
2011-05-09T19:26:36+00:00 09.05.2011 21:26
Schön, dass du es noch geschaft hast dieses Kapitel hochzuladen.
Ich währe wohl frustriert duech die Weltgeschichte getorkelt, wenn ich nicht endlich erfahren hätte, dass der Eisklotz doch noch überlebt hat.
Es war wiedermal ein schönes Kapitel.

Mein Beileid, für dich, auf Grund der jüngsten Ereignisse.
Dem Galgenhumor, den du hier angewendet hast, entnehme ich allerdings, dass du ziemlich stark sein dürftest.
Ich bin mir sicher, du packst das schon.
Es ist immer schlimm einen Menschen zu verliehren, aber wenn sie Leiden, ist es noch viel schlimmer.
Hoffendlich kommst du bald wieder auf die Beine - und auch der Rest deiner Familie.

Man schreibt sich. ^^
Von: abgemeldet
2011-05-09T18:33:42+00:00 09.05.2011 20:33
Danke dass du dieses (gute!) Kapitel noch hochgeladen hast.

Ich wünsch dir alles Liebe!


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