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Die, die aus dem Himmel kamen

Teil II: Wo das Grauen seine Wurzeln hat
von

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(II) - What a mess you made

- vor Luzifers Fall, aber nach seiner Ernennung zum Heerführer -
 

Aufruhr erschütterte den Himmel. Zuerst waren es nur kleine Wellen gewesen, die unaufhörlich gegen das Fundament des Himmels schlugen. Zuerst war es nicht mehr als ein Hintergrundgeräusch gewesen, etwas das man in der Lage war auszublenden, doch die Wellen wurden größter und klatschten immer aufgebrachter an Barrieren, die zu wanken begannen und bald zu brechen drohten, wie ein Damm unter dem Druck von gigantischen Wassermassen. Sie würden kommen, als mitreißen was nicht fest im Boden verankert war oder sich rechtzeitig retten. Sie würden alles berühren, unrettbar verändern und nichts als Schmutz und Zerstörung hinterlassen, wenn sich die herannahende Dunkelheit wieder zurückziehen würde.
 

Aber ganz verschwinden würde sie nie, dachte Gabriel und zog seinen Ärmel weit über seine Hand, damit niemand das Zittern sah. Die Spuren werden sich niemals ganz ausradieren lassen, selbst wenn die Flut sich zurück zieht.
 

Eine Flut, die erst am Heranrollen war.
 

„Gabriel“, wurde er von einer Stimme gerufen, die trotz ihres ruhigen Klangs dem Jagdschrei eines Seemonsters glich, dass in der Tiefe lauerte und auf den richtigen Moment wartete, um noch oben zu schwimmen, durch die Oberfläche zu stoßen und alles mit nach unten zu reißen, was es ergreifen konnte.
 

„Gabriel“, wurde er erneut angesprochen, doch als Antwort presste er seine Hand nur flach auf das Holz seines Schreibtisches. Für ihn glich es einem Treibgut im Wasser, an das man sich klammern konnte, wenn die Kraft nicht mehr zum schwimmen reichte, aber man sich oben halten musste, wenn man nicht wollte, dass man von Fangarmen in die Tiefe gerissen wurde, die zu dem Monster gehörten, dass in seinen See lebte.
 

Trügerisch warme Finger schlossen sich um sein Handgelenk und Gabriel schreckte hoch. Mit einer fließenden Bewegung wand er sich heraus und packte seinerseits den, dessen Einfluss er nicht mehr aus seinen Gedanken bekam. Dunkel und kalt wurden sie, gruben sich tiefer und tiefer bis kein Lebewesen noch die Untiefen erreichen konnte, in die sie vordrangen.
 

„Luzifiel“, antwortete Gabriel nun mit Erkennen in der Stimme, als er zu sich fand.
 

So fest griffen seine Finger Luzifiels Arm, sodass es gleichen musste, als ob ein Eisberg sich auf seinen ganzen Arm gelegt hatte und abwesend sah Gabriel die Muskeln sich abzukühlen und steif zu werden begannen, aber Luzifiel rührte sich nicht. Er war sicher dazu in der Lage sich aus Gabriels Griff zu winden, der nun ungleich fester wurde, geboren aus dem Wunsch das Seemonster hier und jetzt aus seiner Höhle zu zerren, um zu verhindern, dass es sich tiefer in die Felsen grub und den Damm zerstörte, der die Bewohner vor einer Katastrophe schützte.
 

„Tu es“, sprach Luzifiel, als die Zeit sich streckte und sein Arm blass und seiner Fingernägel blau wurden. „Tu es Gabriel und befreie den Himmel von der Kreatur, die es sich heranzüchtete und droht das ganze Reich zu vergiften.“
 

Flach ging sein Atem und bildete Wolken vor seinem Mund, als Gabriel nach Luft rang. Es wäre so einfach Flüssigkeit aus der Luft zu ziehen, sie über seine Fingernägel zu legen, um schließlich mit deren neuer Schärfe die Pulsadern des Morgensterns aufzuschlitzen. Oder ihn nicht mehr loslassen bis er ausgetrocknet war und nichts mehr übrig blieb als spröde Federn auf dem Fußboden.
 

Spröde weiße Federn.
 

Niemand würde je die schwarzen Flügel des Morgensterns zu Gesicht bekommen, sie würden weiß, hell und rein bleiben, keiner würde je erfahren das Luzifiel der verfluchte Sohn ihres Schöpfers war.
 

Nicht Michael, sondern Luzifiel.
 

Michael...
 

Der Name zerriss seine Gedanken wie Lichtstrahl die Gewitterwolken und Gabriels Griff lockerte sich bis er schließlich Luzifiels Arm freigab. Durcheinander blickte er Luzifiel an.
 

„Ich...“, begann Gabriel.
 

... sollte solche Gedanken nicht haben, dachte er und vollendete in Gedanken den Satz, den er nicht aussprechen konnte. Weil er nicht wusste, ob es eine Lüge oder die Wahrheit war. Weil er so keine Entscheidung treffen musste, was das Beste wäre.
 

Für den Himmel.

Für ihn.

Für Michael.

Für Luzifiel.
 

„...denke nicht, dass ich dich töten kann“, sprach Gabriel nun und sank in seinem Sessel zurück.
 

Er strich sich sein Haar zurück, dessen dunkelblaue Farbe ihn an die metaphorischen Gewässer erinnerte, in die er sich beinahe wieder besseren Wissens gewagt hatte. Offen sah er Luzifiel an, der seine Hand zur Faust ballte und wieder öffnete, um wieder etwas Gefühl in den Arm zu bekommen.
 

„Ich sollte es wollen und vielleicht werde ich das auch noch“, sagte Gabriel unnatürlich sanft, „Vielleicht werde ich eines Tages bereuen, dass ich nicht es nicht getan habe, als ich die Gelegenheit dazu hatte, aber...“
 

Der Engel des Wassers hielt sich damit zurück Tränen für Luzifiel zu vergießen, weil es keinem von ihnen helfen würde. Aber innerlich beweinte er das Schicksal des Morgensterns dennoch.
 

„...aber ich werde dich nicht töten können.“
 

Luzifiel sah ihn mitleidig an.
 

„Du bist der Einzige, der mein Schicksal voraus gesehen hat und dennoch tust du nichts dagegen. Auch werde ich dich niemals dazu bewegen können, dich mir anzuschließen. Was bleibt dir also noch, wenn du mich nicht hassen willst?“
 

Der Morgenstern drehte sich weg, um den Raum zu verlassen. Bevor er durch die Tür trat, drehte er sich noch einmal um und sagte mit einem traurigen Tonfall: „Oder hasst dich selbst für deine Machtlosigkeit bereits so sehr, dass du uns beide damit bestrafst morgen zu verkünden, dass ich mich nicht länger Engel nennen darf?“
 

Damit trat Luzifiel hinaus und ließ die Tür ins Schloss fallen.
 

Gabriel schlug die Augen nieder.
 

Er hatte vor einer Wahl gestanden und hatte keine Entscheidung treffen wollen. Er wollte Luzifiel nicht töten, aber sterben würde der Morgenstern so oder so, wenn er morgen als Bote des Herrn die Geburt des Teufels verkünden musste?
 

Auf alle Ewigkeit wird er über die Dunkelheit gebieten, dachte Gabriel. Und ich konnte ihn nicht davon erlösen.
 

Stattdessen verdammte er sich selbst, Luzifiel und Michael gleich noch mit dazu, weil er nicht stark genug gewesen war, sich gegen die Dunkelheit aufzulehnen.
 

Zur Strafe würde sie ihn in die Tiefe reißen und nie wieder an die Oberfläche lassen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  VonArrcross
2011-04-28T16:54:45+00:00 28.04.2011 18:54
Jetzt musste ich mich erstmal wieder reinfinden. Bin ja noch inmitten von "Licht ohne Wärme".

Da dies eine Geschichte weit vor vor den Bändern zur Serie ist, liegt dir eine große Freiheit zu Füßen und ich finde du nutzt sie sehr gut. Ich hätte nie gedacht, dass wer über Luzifels Schicksal Bescheid wusste (bis auf das Weib das ihn und Michael bediente, Bal glaube ich). Mir gefallen deine Beschreibungen/Umschreibungen bezüglich der Stärke/Gefühlslage der Engel. Dir fallen da immer so schöne Vergleiche ein, die alles sehr deutlich machen.

Vieleer habe ich nur sehr wenige gefunden, aber ein zwei Wörter zu viel und der ein und andere fehlende Buchstabe bis zum Wort sind aber eben noch alle da. ^^


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