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Die, die aus dem Himmel kamen

Teil II: Wo das Grauen seine Wurzeln hat
von

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(XI) - It's just skin

- nach Sandalphons Angriff auf Sarah – 
 

Raphael sah auf den Messias hinunter, als jener den Raum betrat, wo sie das Mädchen Sarah untergebracht hatten. Sandalphon war noch immer in ihren Gedanken und fest glaubte sie, dass sie schwanger wäre. Ständig sprach Sarah von dem kleinen Baby mit den vielen roten Augen und lächelte, als gäbe es nichts Wichtigeres auf der Welt.
 

„Sie zeigt die gleichen Symptome wie Sevothtarte?“, fragte Uriel, als er neben ihn trat.
 

Raphael nickte und registrierte mit leichten Unbehagen, dass Michael sich ebenfalls zu ihm und Uriel gesellte. Der Feuerengel verschränkte locker die Arme vor der Brust und sah ausdruckslos auf Sarah herunter. Sie beide hatten mehr Zeit als Uriel mit Sarah verbracht und hatten an ihrer Seite gestanden, als sie Jibrils Körper wieder zum Leben erweckt hatte. Allerdings ohne ihr Bewusstsein hervor zu holen, wofür Raphael aber keine Erklärung fand. Doch wenn er Michaels Blick richtig deutete, dann war er genauso froh wie er, dass es zu einem weiteren Treffen mit Jibril nicht gekommen war.
 

„Es war nicht deine Schuld“, brach Michael das Schweigen und sah Raphael an. „Du kannst zwar ein Arschloch sein, aber für Sandalphon kannst du dir nicht die Schuld geben. Außerdem ist Schutzlosigkeit die Konsequenz, wenn man lieber ein Mensch als ein Engel sein will.“
 

Michael sprach mit gereizter Stimme, als wäre es unter seiner Würde sich mit Jibrils Reinkarnation zu beschäftigen. Der unterschwellige Ärger mit dem Michael derzeit kämpfte, schien ihn sogar die vorangegangene Begegnung mit seinem Bruder zu vergessen zu lassen. Zwar Luzifer der einzige Grund, warum Michael nicht die Armee unterstützte, um gegen die weiter einfallenden Dämonen zu kämpfen, aber Jibril rieb an ihr aller Nerven und der Grund, warum sie derzeit hier waren.
 

Bisher hatte Uriel geschwiegen, vielleicht weil Sarah als die Schwester des Messias eine gewisse Zurückhaltung von Uriel gegenüber gewonnen hatte, aber offenbar plagten ihn eigene Erinnerungen und Gefühle.
 

Er richtete seine Worte an Michael: „Du glaubst, Jibril vergräbt sich weiterhin in Sarahs Bewusstsein, weil sie dem Himmel entfliehen will?“
 

Die Frage dahinter konnte Raphael deutlich heraus hören, obwohl Uriel sich bemühte vorsichtig in seiner Wortwahl zu sein. Schließlich hatten sie das Thema nie offen angesprochen und alle Streitigkeiten, die sie dies betreffend gehabt hatten, existierten offiziell nicht. Auch würde keiner je einen der Anderen auf vergangene Ausfälligkeiten ansprechen, denn die verletzenden Worte waren alle aus ein und demselben Schmerz geboren worden. Außerdem musste sie es nicht hören, um zu wissen, dass sie alle drei gleichermaßen an Gabriels Tod gelitten hatten.
 

Und es immer noch taten.
 

Raphael wusste, dass Michael und Uriel genauso sehr mit dem schwarzen Abgrund in ihrer Seele kämpften, wie er selbst.
 

„Ganz gleich, ob sie als Mensch wieder geboren wurde oder nicht“, meinte Michael nun dunkel, „Jemanden wie Sandalphon hätte Jibril abschütteln sollen, wie einen Käfer, um ihn unter ihrer Fußsohle zu zerquetschen. Dass sie es nicht getan hat...“
 

„...heißt, dass sie vielleicht lieber ein Monster zur Welt bringt, als sich der Wahrheit zu stellen“, vollendete Uriel den Satz.
 

Einen Moment dachte Raphael darüber nach, bis er den Grund erkannte, warum Jibril nicht erwacht war. Warum sie vielleicht nie erwachen würde.
 

„Hat sie es gewusst?“, flüsterte er zu sich selbst. „Hat sie etwa erfahren, dass sie bloß ein Ersatz für Gabriel war?“
 

Michael und Uriel blickte ihn scharf und Raphael dämmerte, dass er es laut gesprochen anstatt bloß gedachte hatte. Doch sie beide verneinten seine Frage nicht.
 

Seine Schultern sackten nach unten und still beobachtete Raphael wie der Messias die Hände seiner Schwester ergriff. Vielleicht es Setsuna nicht bewusst, doch seine Liebe zu Sarah war alles andere als zufällig. Selbst für ihn machte es erst jetzt einen Sinn, wo er wusste, dass Jibril wahrscheinlich über Gabriel kannte, aber dadurch war ihre größte Gemeinsamkeit mit Alexiel, dass sie beide dem Himmel entkommen wollten. Sie waren beides Engel, die lieber ein Mensch sein wollten, weil sie das Antlitz des Himmels nicht ertrugen.
 

Nur war Alexiel weise genug, um zu wissen, dass sie vorher die größte Bedrohung eliminieren mussten, wenn sie in Frieden leben wollte. Ob das für sie nun Rosiel, Gott oder Luzifer war, machte im Grunde keinen Unterschied, aber sofern Setsuna und seine Schwester die folgenden Kämpfe überleben würden, bestand die Chance, dass sie danach auf die Erde gehen und de Himmel nie wieder betreten würden.
 

Es mochte falsch sein, aber Raphael fühlte Erleichterung.
 

Er hatte Sarah nichts Böses gewollt, doch solange sie in Jibrils Körper herumgelaufen war, war er stets versucht gewesen, seinen alten Fehler – die Erschaffung ihrer Existenz – zu korrigieren. Das Opfer einer unschuldigen Menschenseele wäre er bereit gewesen einzugehen.
 

„Ganz gleich, ob Jibril es wusste oder nicht“, sprach nun Uriel nach einer Weile und antwortete damit auf Raphaels Frage. „Ich bezweifle, dass sie je den Mut aufbringen wird, uns darauf anzusprechen. In all ihrer Zeit als Schutzengel für Alexiel hat es nie auch nur ein Anzeichen dafür gegeben, dass es sie mehr war als nur ein einfacher Mensch. Sie zieht die Unwissenheit wohl vor, ganz gleich was es für ihren Geist oder ihre Seele bedeutet.“
 

Es ist schön zu wissen, dass ich nicht der einzige bin, der froh über die Aussicht ist, Jibril nie wieder sehen zu müssen, dachte Raphael.
 

Denn Menschen konnten den Himmel nicht betreten.
 

„Mich wundert lediglich, warum Sandalphon ausgerechnet sie als Wirt für seine Wiedergeburt aussuchen wollte“, vollendete Uriel seine Überlegungen.
 

„Sandalphon war wahnsinnig“, meinte Michael jetzt mit einem Schulterzucken. „Er und sein Bruder wurden schließlich von Sevothtarte geschaffen, bevor er sich veränderte und zum Diktator wurde.“
 

„Dennoch hat Uriel Recht“, überlegte Raphael und war froh, dass sie sich von dem Thema Gabriel wegbewegten. „Layla als erneuten Wirtskörper zu benutzten macht Sinn, den Körper eines Menschmädchens jedoch nicht. Jede noch so gewöhnliche Engelsfrau wäre geeigneter gewesen. Es hätte ihm nichts gebracht, wenn Sarah die Schwangerschaft nicht lange genug durchgestanden hätte, um ihn wiederzugebären.“
 

Michael zuckte mit den Schultern.
 

„Was kümmert mich das? Sandalphon ist tot und das Mädchen da unten“, Michael nickte mit dem Kopf in Richtung Sarah, „ist auf dem besten Weg ein unangenehmes Ende zu finden und die Gedanken eines Monsters verstehen zu wollen, bringt auch nichts.“
 

Damit wandte sich Michael ab und stapfte davon. Offenbar war seine Ungeduld zurückgekehrt und Luzifer hatte seine Gedanken wieder in Besitz genommen, denn anders hätte Raphael den letzten Teil des Satzes nicht zu deuten gewusst. Dennoch ließ Raphael Sandalphons fragwürdige Wahl nicht los.
 

„Vielleicht findest du ja in Laylas Leichnam ein paar Antworten“, meinte Uriel.
 

Raphael zog kurz misstrauisch die Augenbrauen zusammen, doch dann nickte er. Er kannte den Blick Uriels, wenn es um die Angelegenheiten von Toten ging und die Geheimnisse, die sie mit in ihr Grab genommen hatten. Vermutlich wusste Uriel mehr, als er sagte und wies ihm die Richtung an, da er Raphael gut genug kannte, um zu wissen, dass es ihn nicht loslassen würde. Nicht, bis er nicht die Wahrheit kannte. Anders hatte er von Luzifer und Nanatsusaya auch nicht erfahren.
 

„Gut“, sagte und folgte Uriel zurück in die Zentrale des Kommandoraums, wo sie sich schon zuvor versammelt hatten
 

Es galt die letzten Pläne zu besprechen und Ziele aufeinander abzustimmen. Er selbst würde hier bleiben, er hatte kein Interesse an Gott und genug zu tun, würde er auch so haben.
 

Doch sobald er die Zeit dafür fand, würde er Sevothtarte obduzieren.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  VonArrcross
2011-05-31T13:33:29+00:00 31.05.2011 15:33
Nun hast du ein Kapit mitten ins Geschehen hinein gebracht und es kommt wie immer gut platziert daher. Auch greifst du ein paar Dinge auf, die im Band selbst eine nebensächliche oder gar keine Bedeutung haben. Aber wie immer sind ein paar Wörter hie und da zu viel oder fehlend, aber den Lesefluss stört das nicht.


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