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On Life's Edge

Whitebeards Söhne
von

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Fighter Heart [2]


 

V

Die Quiktrip war gut besucht, was Marco jedoch nicht verwunderte. Vermutlich hatte ihre Gegenüber diesen Ort nur ausgewählt, damit sie ihr keine Kugel in den Kopf jagten, sobald sie ihre Informationen verspielt hatte. Andererseits hätten sie die Schwarzhaarige auch einfach davon abhalten können hierher zu kommen, wenn sie es wirklich darauf angelegt hätten. Doch sie waren keine skrupellosen Mörder, zumindest stufte Marco sie nicht so ein. Nein, er versuchte stets eine friedliche Lösung zu finden, wurde aber meist dazu gezwungen, seine Bodyguard38 zu benutzen. Sie war eine Waffe der Verteidigung, niemals des Angriffs.

„Warum machst du dich nicht nützlich und besorgst mir einen Kaffee von drinnen?“, fragte die Schwarzhaarige und zog einige Scheine links aus ihrem Dekolleté, die sie mit einem vielsagenden Lächeln Thatch entgegen hielt.

„Schwarz?“ Dieser nahm ihr das Geld nur zu gerne ab. Einer hübschen Frau, selbst wenn sie nicht auf ihrer Seite stand, konnte er doch nicht widerstehen, und auch Marco musste zugeben, dass sie durchaus einen gewissen Charme besaß. „Oder mit Milch und Zucker?“

„Nur Milch.“

„Kommt sofort.“ Mit diesen Worten spazierte Thatch über den Parkplatz zu dem Tankstellenshop herüber. Sie selbst lehnten auch weiterhin an der Seite des Dodges nahe der Automaten mit den Staubsaugern. Teils weil es nichts Besseres zu tun gab, teils um die Einschusslöcher wenigstens für den Moment zu verdecken. Im Gegensatz zu dem fast gänzlich verlassenen Highway herrschte auf der Tankstelle ein reges Treiben. Sie lag am Rand der Stadt, umringt von Bäumen hinter denen man Hochhäuser ausmachen konnte, die meisten mit Schildern von Bankgebäuden oder Hotels versehen. Wagen kamen und gingen und an den Zapfsäulen standen sie bereits Schlange. Marco sah zu, wie ein Truck von einer wegfuhr, nur um von einem Lexus ersetzt zu werden.

„Wer bist du?“, richtete er unterdessen das Wort an die Schwarzhaarige, die gegen ihren eigenen Mitsubishi gelehnt stand.

„Miss Bloody Sunday“, erwiderte sie schmunzelnd. Ihre Stimme war in Amüsement getränkt. “Leider habt ihr keine Zeit für Smalltalk. Crocodiles Leute sind alarmiert und halten Ausschau nach euch. Wir sollten daher zum Punkt kommen, denkst du nicht auch, Marco?“ Dessen Augen hatten inzwischen den Shop ins Auge gefasst. Die Glasfront gab Sicht auf den Innenraum, wo Thatch noch immer durch die Regale stöberte, ehe er sich an der Kasse einreihte. Danach traf sein gelangweilter Blick auf Ace, der Miss Bloody Sunday unentwegt anstarrte. Am liebsten hätte Marco ihn auch weggeschickt bei dem schlechten Gefühl in seiner Magengegend. Ihm kam es vor, als wollten sie die Informationen der Schwarzhaarigen eigentlich gar nicht hören. Unwissenheit mochte schwer zu ertragen sein, einen quälen, doch so manches Mal war Wissen viel schädlicher. Es brachte Konsequenzen mit sich – für sie, als auch für andere.

„Sag’ uns, was du weißt“, forderte Ace, als Marco schwieg und lediglich die Arme locker vor der Brust verschränkte. Nicht sehr überraschend, wie der Blonde fand. Miss Bloody Sunday lächelte sie an, als würde sie seinen Gedanken teilen.

„Derjenige, der für den Sturz Whitebeards vera-“

„Whitebeard lebt!“, unterbrach Ace zornig. Er hatte die Hände so sehr zu Fäusten geballt, dass seine Knöchel gefährlich hervor standen, und seine Lippen waren zu einer schmalen Linie gepresst. Marco senkte den Blick auf den Boden zu seinen Füßen, wo ein ausgetretener Zigarettenstummel lag.

„Wie auch immer ihr das nennen wollt. Denjenigen, den ihr sucht, geht laut Crocodiles Quellen unter dem Namen Blackbeard.“ Man konnte ihrer Tonlage entnehmen, dass sie diesen Namen eher lächerlich als respekteinflößend fand. Marco musste ihr recht geben, als er die Augen schloss, hin und her gerissen zwischen Wut und Resignation. Er hatte sich schon gedacht, dass sie einen Verräter unter sich hatten, obwohl Blackbeard wohl der Letzte gewesen wäre, den er vermutet hätte. So ganz vertraute er den Informationen dieser Miss Bloody Sunday sowieso nicht, sie gehörte immer noch zu Crocodile.

„Warum erzählst du uns das, eh?“, fragte er, als er die Lider wieder öffnete und sie ansah. Nur im Augenwinkel bemerkte er das Beben, das durch Ace’ Körper ging.

„Sagen wir einfach, dass Verrat gegen meine Moralvorstellungen geht“, erwiderte sie schulterzuckend, dann ging ihr Blick an Marcos Kopf vorbei, was ihm sagte, dass Thatch auf dem Weg zurück war. Kurz darauf schob er sich an den beiden Männern vorbei, um Miss Bloody Sunday ihren Kaffeebecher zu reichen.

„Vorsichtig heiß“, murmelte er charmant grinsend, als die Schwarzhaarige ihn abnahm.

„Danke. So nett ich diese kleine Plauschrunde auch finde, es wäre doch höchst ungünstig, wenn man uns zusammen sieht“, erklärte sie dann. Sie umrundete ihren Wagen, wobei ihre Fingerspitzen über den Lack ihres Mitsubishi fuhren. „Nur gut, dass ich ihnen sagen werde, dass ich euch südlich von Atlanta verloren habe“, fügte sie noch hinzu, ehe sie einstieg und die getönten Scheiben jeden weiteren Blick auf ihre Gestalt verhinderten. Das Motorgeräusch mischte sich unter die anderen und dann fuhr sie bereits von der Tankstelle und den Weg zurück, den sie gekommen waren. Sie sahen ihr nach, wobei Thatch verdutzt dreinschaute, als konnte er nicht glauben, dass sie bereits gegangen war. Marco ging es ähnlich, obwohl es eher daran lag, dass er sich fragte, warum sie für ihnen lügen würde. Frauen.

Im nächsten Moment riss sich Ace jedoch aus seiner Starre heraus und stapfte zum Kofferraum. Marco sah ihm nach, sah zu wie er ihn öffnete und in der Reisetasche mit den Waffen und der Munition herum kramte. Ihm schwante Ärger. Genau deshalb wäre es besser gewesen, dass Ace nicht dabei gewesen wäre, verdammt aber auch! Entgegen dem, was ihm durch den Kopf ging, waren seine Gesichtszüge noch immer desinteressiert.

„Was hast du vor, Ace?“ Doch der Angesprochene antwortete nicht, sondern schob stattdessen hektisch ein paar Magazine in seine Hosentaschen. Erst nachdem Marco seine Frage wiederholte, hielt er kurzzeitig inne, begegnete ihm mit zusammengebissenen Zähnen. Genauso wie sonst standen ihm seine Gedanken praktisch auf der Stirn geschrieben. Marco wusste, was er vorhatte, ehe Ace überhaupt den Mund aufmachte.

„Ich werd’ Teach suchen gehen und er wird dafür bezahlen!“

„Das ist Selbstmord“, erwiderte Marco mit einem Hauch Unruhe, da er wusste, wie verdammt stur Ace sein konnte, wenn er sich erst einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte. Thatch, der mit großen Augen neben ihm stand, ignorierte er zunächst.

„Ist mir egal“, zischte Ace, als er den Kofferraumdeckel zu warf und an Marco vorbeigehen wollte. Wo er hinwollte oder wie genau sich der Junge das dachte, wusste der Blonde nicht, doch das machte keinen Unterschied. Nein, Marco würde ihn nicht einfach ziehen lassen. Nicht jetzt und nicht hier! Ace am Arm packend, hielt er ihn zurück.

„Du wirst nicht gehen“, stellte er klar, als sich beide einen Moment einfach nur anstarrten. Den Bruchteil einer Sekunde später riss sich Ace von ihm los und stiefelte ohne ein weiteres Wort an ihm vorbei Richtung Stadt. Abermals hielt Marco ihn auf, indem er nach seiner Schulter griff. Er drehte ihn herum und verpasste Ace einen Kinnhaken, der ihn zu Boden schickte. Angepisst sah Marco zu ihm herunter - und obwohl es gegen seine Prinzipien ging und er es im selben Moment, in dem er Hand gegen ihn erhoben hatte, bereits bereut hatte, musste er erkennen, dass es die gewünschte Wirkung gehabt hatte. Jeglicher Zorn war aus seinem Gesicht gewichen und hatte Erstaunen Platz gemacht. Marco fühlte dasselbe.

„Steig’ in den verdammten Wagen, Ace“, murrte er genervt. „Das wäre nicht ins Paps’ Sinne, das weißt du genauso gut wie ich.“ Damit wandte sich Marco ab und schob sich selbst in den Dodge. Er ließ den Motor an, als Thatch versuchte Ace auf die Beine zu ziehen, dieser ihn aber von sich stieß. Kurz glaubte Marco fast, dass Ace seine Worte übergehen würde, doch dann stieg er neben ihm ein und er atmete innerlich durch.
 


 

VI

„Eine Meile noch, dann sind wir da“, entrann es Marco. Es waren die ersten Worte, die in all den Stunden gefallen waren, in denen Ace nur stur aus dem Seitenfenster gesehen hatte. Die vorbeifliegende Landschaft, die inzwischen wieder nur aus Wäldern, weiten Wiesen und Flächen bestand, war einschläfernd und doch er fühlte sich viel zu aufgewühlt, um wegnicken zu können. Dabei hatte er für gewöhnlich kein Problem damit, andererseits pochte sein Kiefer noch immer und erinnerte ihn somit kontinuierlich an Marco. An Marcos Schlag und Marcos Worte und daran, dass er das nicht hatte kommen sehen, dass er diese Reaktion nicht erwartet hatte. Manchmal hatte er das Gefühl, dass er Marco durchschaute, dass er alles an ihm verstand, doch dann geschahen Dinge wie diese und Ace fühlte sich wieder, als würde er im Regen stehen. Glatt so, als wurde er von Marco im Regen stehen gelassen. Es war erdrückend und einfach beschissen, außerdem... hatte er noch nie Streit mit Marco gehabt. Hatten sie überhaupt Streit? Oder interpretierte er zu viel hinein? Ace presste die Augen zusammen, als er den Kopf gegen den Sitz lehnte.

Inzwischen kletterte der Dodge die sandige Straße empor, die direkt auf einen Hügel führte. Rechts und links wuchs hohes Gras mit gelben Wildblumen, das in der Ferne in ein Waldstück überging. Sobald sie auf der Anhöhe angekommen waren, entdeckten sie bereits das riesige Haus, das inmitten des Tals gebaut worden war und das Marco als ihr Versteck identifizierte. Es war das einzige Gebäude für mindestens eine Meile, mit einer Veranda, die das gesamte Haus umschloss und zwei Schornsteinen. Es war verwuchert, dichte Büsche ragten höher als einige der unteren Fenster und an der linken Seite des Hauses war Efeu hinauf geklettert. Wildnis war dabei die Oberhand zu gewinnen, was eigentlich kein Wunder war, wenn das Haus die ganze Zeit über leer gestanden hatte. Jetzt parkten auf der sandigen Auffahrt jedoch fünf Wagen, die unterschiedlicher nicht hätten sein können. Alte und neue, in rot, blau und schwarz, standen kreuz und quer.

„Sieht so aus, als seien wir nicht die Ersten“, entrann es Ace mit dem Ansatz eines Grinsens. Natürlich hätten es mehr sein können, viel mehr, aber dass überhaupt jemand dort war, ließ Erleichterung über ihn hereinbrechen. Als Marco den Dodge vorantrieb, den Hügel herunter rollen ließ, begann Thatch auf dem Rücksitz zu jubeln und auch Ace spürte, dass er hibbelig wurde.

Kaum hatte sich der Dodge zu den anderen Wagen gesellt, öffnete sich bereits die Eingangstür des Hauses und eine Gruppe von Männern trat hinaus auf die Veranda. Einige lehnten am Geländer, andere kamen die paar Stufen herunter gestiegen und trafen sie auf halbem Weg die Einfahrt hoch.

„Wir haben schon auf euch gewartet“, erklärte Rakuyou mit einem Grinsen im Mundwinkel. Das Stirnband, das seine Dreadlocks zurückhielt, fehlte und auch sonst sah er genauso mitgenommen aus wie Marco, Ace und Thatch. Fossa, Blenheim und die andere Jungs wirkten ebenfalls nicht ganz auf der Höhe, doch das machte nichts. Sie alle hatten es hierher geschafft, obwohl nicht nur die Polizei, sondern auch ihre Rivalen und Feinde sie davon hatten abhalten wollen.

„Ihr seht hungrig aus“, bemerkte Blenheim und kratzte sich den grauen Bart, ehe er ins Haus zeigte. „Haruta kocht gerade was auf, wenn ihr wollt.“

„Richtiges Essen!“, begann Thatch zu schwärmen und schob sich an den Jungs vorbei. Er verschwand im Inneren, während Blenheim kratzig auflachte. „Ist nur Dosenfutter, das im Keller gestapelt war. Einiges war glatt über’s Verfallsdatum, aber Haruta hat noch ein paar Ravioli gefunden.“ Ace sah Marco das Gesicht verziehen und obwohl es ihn grinsen ließ, zuckte er nur knapp mit den Schultern.

„Besser als gar nichts“, erwiderte er, als er mit den anderen die Stufen hochstieg.

„Klar, dass das von dir kommt, Ace“, erwiderte Rakuyou und schmunzelte zufrieden. Er legte einen Arm um Ace’ Schultern und führte ihn durch die Eingangshalle. Kurz erhaschte dieser einen Blick auf das Wohnzimmer, das mit drei Couchen vollgestellt worden war, die noch immer mit weißen Leinentüchern bedeckt waren. Entweder die Jungs waren noch nicht lange hier, oder sie waren einfach zu faul gewesen, es etwas wohnlicher zu machen. Schmunzelnd, tippte Ace gedanklich auf letzteres, als sie durch die Küche hindurch ins Esszimmer gelangten. Der breite Tisch, der ebenfalls mit einem Tuch bedeckt war, war dennoch mit Tellern beladen. Haruta verteilte gerade unordentlich die Servietten und Gabeln und schenkte Ace ein verschmitztes Grinsen, als sie ihn sah.

„Wurde aber auch Zeit, huh“, sagte sie. „Wir dachten schon, dass wir die Einzigen wären.“ Und obwohl ihre Stimme spöttisch klang und Rakuyou neben ihm lachte, wusste Ace, wie es gemeint war. Er kannte das Gefühl - die Angst, die Verzweiflung.

„Wir sind unterwegs in ein paar Schwierigkeiten geraten“, erklärte er heiter, als er sich mit Rakuyou am Tisch niederließ. Inzwischen gesellte sich auch Thatch mit nassen Händen zu ihnen, genauso wie die anderen Männer. Als alle sechs Stühle besetzt waren, griff sich der Rest weitere Teller und ließ sich an der Wand neben dem Tisch nieder.

„Schwierigkeiten?“, wiederholte Blenheim spöttisch. „Die Bullen haben uns bis zur Grenze von Georgia gestalkt. Was, Haruta?“

„Ja, die dachten, eine Polizeisperre würde es tun, diese Trottel.“ Unterdessen füllte die Braunhaarige jedem seine Portion Ravioli auf den Teller, welche die Jungs innerhalb von wenigen Minuten verputzten, während sie sich weiter über ihre Fahrt austauschten.

„Wo ist eigentlich Marco hin?“, entwich es Thatch zwischen zwei Bissen, als er seinen Blick über die Anwesenden gleiten ließ. Ace zuckte nur mit den Schultern. Jetzt wo Thatch ihn erwähnte, musste er zugeben, dass Marco ziemlich plötzlich verschwunden war.
 


 

VII

Der Himmel glich einem Flammenmeer, während die Sonne stetig hinter den hohen Bäumen verschwand. Einige Kardinale flatterten umher, ihre Flügel genauso rot wie der Sonnenuntergang. Marco beobachtete sie, als er dort mit einer Zigarette in den Fingern am Fenster stand und sich mit dem Arm auf dem Rahmen abstützte. Es war ein beruhigendes Bild, genauso wie das leise Stimmengewirr, das aus der Küche zu ihm hinauf schallte, da die Zimmertür offen stand. Eigentlich sollte er jetzt dort unten sein, aber er hätte vermutlich die Stimmung versaut. Die Erkenntnis, dass es nur so wenige waren, die es hierher geschafft hatten und dass ihr alter Herr nicht unter ihnen war, hatte seine Laune nicht verbessert. Ganz im Gegenteil, abermals fühlte er sich merkwürdig hilflos. Vielleicht war da sogar leichte Wut im Spiel, er konnte es nicht genau sagen.

„Du hast was verpasst“, ertönte plötzlich eine vertraute Stimme hinter ihm. Mit Ace hatte er nun wirklich nicht gerechnet. Nicht nach dem, was auf der Quiktrip vorgefallen war. „Die Ravioli waren gar nicht so schlecht.“

„Ich bin nicht hungrig genug für Ravioli“, murrte Marco, als er Schritte vernahm und Ace sich kurz darauf neben ihn stellte, mit der Seite gegen die Wand neben dem Fenster gelehnt.

„Seit wann rauchst du?“ Sein Tonfall enthielt Amüsement, aber in den Ohren des Blonden klang es gespielt.

„Glaub’s oder nicht, auch ich muss manchmal was Dummes tun.“ Es ging Marco leicht von den Lippen, während er mit den Schultern zuckte. „Da ich nicht einfach hier abhauen kann, um diesem Bastard eine Kugel zwischen die Augen zu verpassen, rauch’ ich halt.“

„Klingt so, als hättest du dir ganz genau ausgemalt, was du mit Teach machen willst“, fasste Ace zusammen, woraufhin Marco nachdenklich nickte. Ja, jetzt wo er das sagte,... er hatte es wirklich ganz genau im Kopf. Das änderte allerdings nichts daran, dass er Verantwortung zu tragen hatte und irgendjemand diese Idioten davon abhalten musste, sich selbst in unnötige Gefahr zu stürzen. So manches Mal wünschte sich Marco, dass er sein könnte wie Ace. Einfach von Augenblick zu Augenblick leben, ohne über die Konsequenzen seines Handelns nachdenken zu müssen. Einfach leben statt nachdenken.

„Vielleicht sollte ich auch anfangen zu rauchen“, schlug Ace vor und riss ihn somit aus seinen Gedanken.

„Untersteh’ dich!“

„Aber denk’ doch nach, Marco“, lenkte sein Gegenüber ein, seine Stimme plötzlich ernster. „Dann würde ich vielleicht nicht immer so einen Mist machen. Das hatte ich schon immer gut drauf – seit ich denken kann, glaub’ ich. Ich war schon immer ein Nichtsnutz, der nur Ärger gebracht hat.“ Marco wollte ihm eigentlich widersprechen, doch irgendetwas hielt ihn davon ab. Vielleicht war es das traurige Lächeln auf den Lippen des Schwarzhaarigen, als er ihn aus dem Augenwinkel heraus betrachtete. Vielleicht war es aber auch nur, dass er nicht wusste, wie er Ace klarmachen sollte, dass er Müll redete. Jedenfalls beließ er es dabei an seiner Zigarette zu ziehen und aus dem Fenster zu aschen.

„Mein Großvater ist Polizist, kannst du das glauben?“ Nun schwang ein Hauch Spott mit, doch Marco schwieg auch weiterhin. „Nachdem ich die Highschool mit Hängen und Würgen hinter mich gebracht hab’, hat er ein paar Fäden gezogen und mich in der Polizeiakademie angemeldet. Aber die Typen dort hatten auch keine Verwendung für mich. Ist wohl normal, dass man den Sohn eines dreifachen Mörders genau im Auge behält.“ Daraufhin richtete sich Marco ein wenig auf, wobei sein Blick nach draußen gerichtet blieb.

„Es war Selbstverteidigung“, verbesserte er trotzdem. Obwohl Ace ihm nie über seinen Vater erzählt hatte, hatte er sich selbst schlau gemacht. Irgendwie hatte er angenommen, dass Ace niemals mit der Sprache herausrücken würde. Übel nehmen konnte Marco es ihm nicht, da seine Vergangenheit keine war, die man mal eben während eines Smalltalks fallen ließ. Dennoch... wenn Ace seinen Vater als Mörder ansah, hatte er da offensichtlich etwas missverstanden. Ein Mann, der sein Hab und Gut, sein Grundstück schützte und die Typen erschoss, die nachts in sein Haus einbrachen, war kein Mörder. Nicht, wenn er einen fünfjährigen Sohn im Nebenzimmer schlafen hatte. Daran änderte auch das Gericht nichts, genauso wenig der Anwalt, der klagte, dass Mister Panabaker, Hall und Fisher vollkommen unbewaffnet gewesen waren und der Angeklagte sie dennoch ohne mit der Wimper zu zucken erschossen hatte.

„Das ändert nichts daran, wie das Rechtssystem das sieht oder dass die meisten denken, dass der Apfel nicht weit vom Stamm fällt“, antwortete Ace und zuckte mit den Schultern. Scheinbar war er nicht überrascht, dass Marco Bescheid wusste. Womöglich war er sogar ein bisschen froh darüber, obwohl sich Marco das auch hätte einbilden können. „Früher hab’ ich ihn dafür gehasst, weil niemand jemanden wie mich haben wollte.“

„Wir wollen dich.“ Marco drückte seine Zigarette auf dem Fenstersims aus, während er spürte, wie Ace ihn von der Seite her ansah.

„Deshalb will ich Teach finden und Paps und die anderen rächen“, presste der Schwarzhaarige schließlich hervor und ballte die Hände zu Fäusten. „Du hattest kein Recht, mich aufzuhalten!“

„Hätte ich es, wenn wir mehr als Sex hätten?“, fragte Marco und begegnete Ace’ Blick. Er hatte lange darüber nachgedacht, da er zwar das Gefühl hatte, darin Mitspracherecht zu haben, aber offiziell wusste, dass dem nicht so war. „Wenn ich mich zwischen ein Leben ohne dich und eine Beziehung mit dir entscheiden müsste, würde ich mich für dich entscheiden, Ace.“ So ernst Marco ihn anschaute, so erstaunt schaute Ace zurück. Zum ersten Mal erlebte Marco ihn vollkommen sprachlos. Es war ein verdammt angenehmes Gefühl.

„Dich an Blackbeard zu rächen ist nichts, was du alleine tun musst“, fügte der Blonde hinzu, als Ace nicht antwortete. „Das wollen wir alle und das werden wir auch, aber überstürzte Handlungen werden sicherlich nicht zum Erfolg führen.“ Mit diesen Worten trat er auf Ace zu, bis er direkt vor ihm stand und nur wenige Zentimeter ihre Körper voneinander trennten. Diese überbrückte Marco, als er mit einer Hand Ace’ Kinn umschloss und sich vorlehnte, um ihn zu küssen. Die Bewegung seiner Lippen war so energisch, dass es einen Moment dauerte, bis Ace den Kuss erwiderte. Erst dann fuhren Marcos Hände langsam seinen Armen hinauf, strichen das blaue Shirt von seinen Schultern, dass es raschelnd zu Boden fiel. Sein eigenes folgte, während er Ace Richtung Tür schob, diese schloss und ihn gegen das Holz drückte. Das leise Klacken des Türschlosses verriet Marco, dass Ace verstanden hatte, worauf er hinaus wollte.
 


 

VIII

Das weiße Leinentuch, das auf dem Einzelbett gelegen und es vor Staub geschützt hatte, war zerwühlt. Es lag halb auf dem Bett und halb auf dem Parkettfußboden, auf dem auch Klamotten verstreut herum lagen. Es war längst dunkel draußen und Grillenzirpen drang vom Garten durch das offenstehende Fenster herein, als es an der Tür zu hämmern begann.

„Marco, Ace, seid ihr da drin?“, erklang Thatchs Stimme laut und aufgeregt. „Hey Leute, macht die Tür auf! Neuigkeiten! Von Vista und Paps! Paps, hört ihr?“

Der Kopf des Blonden ruckte von der Matratze und auch Ace saß mit einem Mal senkrecht auf dem Bett. Sie tauschten nur einen Blick aus, ehe sie beide hektisch nach ihren Klamotten griffen und sich anzogen. Den Reißverschluss seiner Jeans hochziehend, stolperte Marco zur Tür, um sie Thatch zu öffnen. Dieser war zu euphorisch, um einen Kommentar fallen zu lassen. Stattdessen packte er Marco am Arm und zog ihn aus dem Zimmer und die Treppe hinunter. Ace folgte ihnen, spürte Adrenalin durch seine Venen pumpen, sein Herz Saltos schlagen - aus Angst und Freude zugleich.

Die Jungs waren in der Küche versammelt und Marco und Ace schoben sich durch sie hindurch, um die Anrichte zu erreichen, auf der ein schwarzes Telefon stand.

„Wir sind grad in Jacksonville“, erklärte Vistas Stimme über den Lautsprecher. Wind pfiff im Hintergrund, verriet, dass er irgendwo im Freien stand.

„Sie sind in Florida“, verkündete Thatch laut für alle, die es nicht verstanden hatten, und ein Murmeln ging durch die Reihen.

„Vista“, machte sich Marco bemerkbar und stützte die Arme links und rechts vom Telefon ab. „Wer ist alles bei dir? Ist Paps bei dir?“

„Ja, Paps ist hier“, bestätigte Vista belustigt. Ace spürte ein Grinsen an seinen Mundwinkeln ziehen und mit einem Blick zu Marco, stellte er fest, dass es diesem nicht anders ging. „Izou und Atomos ebenfalls.“

„Geht’s euch allen gut? Sollen wir euch abholen?“

„Keine Sorge, Marco“, sagte Vista. „Gib’ uns ein paar Tage und dann sind wir bei euch.“ Im Hintergrund ertönte ein geräuschvolles Lachen, das den Wind mit Leichtigkeit übertönte. „Und Paps sagt, dass du wirklich lockerer werden solltest. Das ist ein Befehl!“ Ace sah wie Marcos Ohrenspitzen erröteten, als Lachen von den Jungs um ihn herum ertönte. Es schwoll an, als Thatch ein „Tja, Whitebeards Söhne sind eben nicht so einfach unterzukriegen!“ verlauten ließ.

„Wir stehen immer wieder auf“, fügte Ace heiter hinzu und schlang einen Arm um Marcos Schultern, um zu sich ziehen zu können.

„Wie Stehaufmännchen!“, rief jemand anderes und Grölen ging durch die Küche. Ace war sich sicher, dass es bis nach Florida hallte.
 


 

End
 



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Hisoka_Hebi
2021-08-12T14:42:18+00:00 12.08.2021 16:42
Das Ende gefiel mir am besten. Der Actionfilm mit Happy Ende, na Gott sei Dank. Und das sich Ace und Marco wieder näher gekommen sind.
Jetzt müssen sie ihre Firma nur wieder aufbauen.
Von:  LittleBlueSky
2012-01-27T09:25:21+00:00 27.01.2012 10:25
Ich hebe gerade viel zu viel zeit und deine FF mit spanug gelesen. Erste sahne muss ich dir lassen =)
Mir gefält die art udn weise wie du schreibst und die idee ist super, wenn man es nicht besser wüste könnte man fast glauben das das nicht nur erfunden ist ^__°
Schade das der FF nur so kurz ist, würde jetzt gern noch weiter lesen sehnw as noch kommt und vorallem ob sie ihre rache bekommen. Vieleicht schreibst du ja ne vortsetztung =).....wenn ja lass es mich wissen =D

durchstöbere ich mal deine andern FF´s bis dann
VincentRaven
Von:  Skomia
2012-01-05T14:45:38+00:00 05.01.2012 15:45
Oh! noch eine so schöne FF von dir zu Ace und Marco!
Man habe ich mich gefreut, als ich sah, das es eine neue gibt. Die anderen One Shots zu dieser Reihe habe ich auch alle gelesen und liebe sie! Dein Schreibstil ist der hammer!
Oh man... Ace ist echt mega verfressen...
Ich freu mich, dass es gut geendet hat^^

(kann es sein, dass du das Wort 'nonchalant' irgendwie magst? Es ist aber auch cool)

Weiter so!
Skomia
Von: abgemeldet
2011-07-02T22:47:07+00:00 03.07.2011 00:47
Hach, wieder schoen <3
Was ich vergessen habe im letzten Kommentar zu erwaehnen: Das hat mich sehr traurig gestimmt, was du geschrieben hast, dass Ace sich in Sachen so sehr stuerzt, weil er zu viel Mut und zu wenig Selbstwertgefuehl hat. Ich glaube naemlich, dass das stimmt. :/ Genau wie dieses "Wo gehoere ich hin, wenn mich alle fuer den Sohn eines Verbrechers halten?"-Gefuehl. :( Und das mit Marco war auch toll. Da ging einem richtig das Herz auf. Und ehrlich, das war sauspannend, ob Whitebeard nun lebt oder nicht. Ich hatte schon ziemlich fest damit gerechnet, dass er gestorben ist :(
Schoen, dass es ihm gut geht! Ich hab' zum ersten Mal ds Gefuehl, nach vielen Kapiteln der Spannung, aufatmen zu koennen. Sehr elektrisierend :D
Von:  Puma_Ace
2011-07-01T14:32:32+00:00 01.07.2011 16:32
THE end
wie süüüüß

und ace du bist so verfressen das es schon peinlich ist!!
Von:  Raven
2011-06-28T05:24:19+00:00 28.06.2011 07:24
Oh mein Gott ist das ein schönes Ende ;__; *schnief* Ein Glück das Whitebeard noch lebt. Hab ja wirklich bis zum Schluss mitgefiebert.
War extrem Spannend, hat mir sehr gut gefallen deine FF.
Super ^__^

LG Raven


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